Landgericht Magdeburg Beschluss, 13. Sept. 2018 - 2 S 45/18

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2018:0913.2S45.18.00
bei uns veröffentlicht am13.09.2018

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Aschersleben vom 30.01.2018 als offensichtlich unbegründet gem. § 522 Abs. 2 ZPO mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung des Beklagten ist offensichtlich unbegründet.

2

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht den Beklagten zur Leistung von Regress wegen von der Klägerin ausgeglichener Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall verurteilt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung verfangen nicht.

3

Im Ausgangspunkt nimmt das Berufungsgericht Bezug auf die angefochtene Entscheidung. Das Berufungsgericht teilt die dortigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen.

4

Soweit der Berufungsführer die Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts angreift, ist das Berufungsgericht an diese nach § 529 Abs. 1 ZPO gebunden, da an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen. Das Amtsgericht ist zunächst auf Grundlage sachverständiger Beratung zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte seine Obliegenheiten nach den vertraglichen Bestimmungen vorsätzlich dadurch verletzt hat, dass er den Ereignisort in Kenntnis des Unfalls verlassen hat. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts lässt keinen Fehler erkennen. Sie ist ausführlich, sorgfältig, frei von inneren Widersprüchen und steht im Einklang mit den Feststellungen des Sachverständigen. Diese Feststellungen des Sachverständigen ihrerseits begegnen entgegen der Auffassung der Berufung ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Der Sachverständige gelangt aufgrund seiner Untersuchungen zu dem Schluss, dass der Unfall für den Beklagten sowohl visuell, als auch akustisch und insbesondere taktil und vestibulär wahrnehmbar gewesen sei. Das Berufungsgericht hat die Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten nachvollzogen. Sie erweisen sich als in sich widerspruchsfrei und plausibel. Es ist für das Berufungsgericht insbesondere angesichts der ganz erheblichen Schäden an der Fahrerseite des Unfallfahrzeugs auch kaum vorstellbar, dass der Beklagte von einem Anstoß nichts bemerkt haben will. Insoweit drängt sich aus dem Gesamtzusammenhang seiner Einlassung auf, dass es sich lediglich um eine Schutzbehauptung handelt. Denn selbst wenn der Beklagte aufgrund des behaupteten Sekundenschlafs die gegenständliche Kollision nicht bemerkt hätte, so hätten ihm die Unfallschäden an seinem Fahrzeug jedenfalls beim Aussteigen auffallen müssen. Auch dies nimmt der Beklagte jedoch in Abrede. Eine solche fehlende Wahrnehmung ist nicht nachvollziehbar. Die aus den Lichtbildern des Gutachtens ersichtlichen Schäden sind so eindrucksvoll, dass sie zweifellos auch bei einem nur flüchtigen Blick auf den PKW beim Aussteigen ohne Weiteres aufgefallen wären. Es herrschte bei Fahrtbeendigung Tageslicht. Zudem hat der Sachverständige – naheliegend – ausgeführt, dass die Fahrertür aufgrund der Schäden geklemmt haben müsse und beim Öffnen erhebliche ungewöhnliche Geräusche verursacht habe. Es ist fernliegend, dass dem Beklagten dies alles nicht aufgefallen sein soll.

5

Im Übrigen kann die vermeintlich fehlende Wahrnehmung der Kollision zum Unfallzeitpunkt auch deshalb nicht mit einem Sekundenschlaf erklärt werden, weil ein solcher Zustand auszuschließen ist. Wie der technische Sachverständige ausgeführt hat, zeigt die Spurenlage, dass vor dem Anprall an die Leitplanke eine Bremsung verbunden mit der Lenkausweichbewegung vorgenommen wurde. Dies zeigt wiederum, dass der Fahrer im wachen Zustand versucht hatte, die Kollision zu verhindern. Soweit der Beklagte meint, dies alles könne auch im Schlafzustand ungezielt erfolgt sein, hält die Kammer dies für fernliegend. Dann hätte der Beklagte nämlich im Schlaf unwillkürlich in der gleichen Weise reagieren müssen, wie ein wacher Fahrer. Eine solche Zufälligkeit vermag das Berufungsgericht nicht als realistisch anzusehen.

6

Der Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens zur Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten, war nicht veranlasst. Der Beklagte trägt schon keine Umstände vor, die in seinem Fall aus gesundheitlicher Sicht darauf schließen lassen, dass er gegebenenfalls altersbedingt den Anstoß nicht bemerkt haben will. Allein sein Lebensalter von 62 Jahren gibt hierfür keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte. Es ist allgemeinkundig, dass auch Menschen im Alter des Beklagten in der Regel in der Lage sind, sowohl Kollisionen ihres Fahrzeugs mit Hindernissen wahrzunehmen, als auch erhebliche Unfallschäden beim Aussteigen zu erkennen.

7

Ob der Beklagte zum Unfallzeitpunkt unter Alkoholeinfluss stand, ist im Ergebnis unerheblich. Entsprechenden Beweisangeboten der Beklagtenseite war daher nicht mehr nachzugehen. Denn allein wegen des vorsätzlichen Entfernens vom Unfallort und des damit einhergehenden Verstoßes gegen vertragliche Obliegenheiten ist die Klägerin im Ergebnis leistungsfrei geworden. Einen Kausalitätsgegenbeweis i.S.d. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG kann der Beklagte nicht führen, weil keine objektiven Feststellungen mehr dazu getroffen werden können, ob der Beklagte als Versicherungsnehmer bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand. Allenfalls könnten Zeugen zu ihren Wahrnehmungen befragt werden. Eine solche Beweisaufnahme stünde jedoch nicht dem Aussagewert einer Blutanalyse im unmittelbaren zeitlichen Nachgang zum Unfallgeschehen gleich. Eine Blutanalyse hätte bei Eintreffen von Polizeibeamten am Unfallort veranlasst werden können (vgl. zum Ganzen OLG Frankfurt vom 02.04.2015, Aktenzeichen: 14 U 208/14; zitiert nach juris). Die Veranlassung einer entsprechenden Blutuntersuchung durch die Polizei hätte auch nahegelegen, da - wie die Klägerin zu Recht ausführt - das Unfallgeschehen die Besonderheit aufweist, dass das Beklagtenfahrzeug auf gerader Strecke bei guten Sichtverhältnissen in die Leitplanke geraten war. Der Einfluss berauschender Mittel ist bei dieser Sachlage durchaus naheliegend.

8

Da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, beabsichtigt die Kammer, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.


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Landgericht Magdeburg Beschluss, 13. Sept. 2018 - 2 S 45/18 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 28 Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit


(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Ke

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)