Landgericht Köln Urteil, 24. Feb. 2016 - 25 O 404/14
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 02.09.2015 wird aufrecht erhalten.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages. Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 02.09.2015 darf nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche wegen angeblich fehlerhafter ärztlicher Behandlung geltend.
3Der am 02.12.1963 geborene Kläger begab sich am 02.12.2010 in die ambulante Behandlung der Klinik für plastische Chirurgie im Klinikum N der Beklagten. Prof. Dr. T2 war zu dieser Zeit Direktor dieser Klinik für plastische Chirurgie.
4Bei dem Kläger wurden eine Aknehaut, Vernarbungen beider Wangen und des Kinns und Hautfalten am Unterlid diagnostiziert. Der Kläger wollte keine operative Korrektur dieser Gesichtspartien und man kam überein, eine Behandlung mit Hyaluronsäure und mit einem Laser beim Kläger vorzunehmen. Im Zeitraum vom 16.12.2010 bis zum 10.02.2011 wurden im Gesicht des Klägers Laserbehandlungen vorgenommen und es wurden die Augenlider auf beiden Seiten mit Hyaluronsäure unterspritzt. Der Kläger fand sich letztmalig am 21.04.2011 im Hause der Beklagten ein.
5Der Kläger behauptet, dass er eine bis heute andauernde Schwellung im Gesicht habe, die zu einer Entstellung seines Gesichts führe und sein Gesichtsfeld einenge. Diese Schwellungen hätten sich bereits unmittelbar nach Ende der Behandlung eingestellt. Hierzu behauptet der Kläger konkret, dass die Behandlung mit Hyaluronsäure bei ihm nicht indiziert gewesen sei. Jedenfalls sei das Hyaluron in viel zu hoher Konzentration verabreicht worden. Der Kläger behauptet auch, dass sein Gesicht nur durch zukünftige operative Eingriffe revidiert werden könne.
6Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte passivlegitimiert sei. Hierzu behauptet der Kläger, dass es zwischen ihm und Herrn Prof. Dr. T2 keinen isolierten Vertragsabschluss gegeben habe, der nur Herrn Prof. Dr. T2 als seinen Vertragspartner vorsehe. Daher sei der Vertragspartner des Klägers die Beklagte. Zudem sei die Behandlung des Klägers im Verantwortungsbereich der von der Beklagten betriebenen Klinik erfolgt. Ferner sei auch die eigentliche Behandlung durch Frau Dr. B erfolgt, die wiederum nur für die Beklagte gearbeitet habe. Durch diese sei auch das Aufklärungsgespräch erfolgt. Auch die Einverständniserklärung, die er unterschrieben habe, habe nur den Briefkopf der Klinik N getragen, was für einen Vertragsschluss mit der Beklagten spreche. Er habe nie den Eindruck gehabt, einen Vertrag mit Herrn Prof. Dr. T2 abgeschlossen zu haben, da er sich lediglich in die chirurgische Abteilung der Klinik N begeben habe, ohne feststellen zu können, dass überhaupt ein Vertrag mit Herrn Prof. Dr. T2 möglich sei.
7Zudem erhebt der Kläger die Aufklärungsrüge. Dazu behauptet er, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die Risiken der Behandlung nie in diese eingewilligt hätte.
8Ursprünglich hat der Kläger beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nicht jedoch unter 10.000,00 € festzusetzen sein sollte, nebst Zinsen hieraus i.H.v 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2015 zu zahlen;
102. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die aus der fehlerhaften Behandlung im Klinikum N, Klinik für plastische Chirurgie im Zeitraum vom 16.12.2010 bis 10.02.2011 entstanden sind, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.
11Die Beklagte hat ursprünglich beantragt, die Klage abzuweisen.
12Auf Antrag der Beklagten ist in der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2015 gegen den Kläger ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen worden. Gegen dieses Versäumnisurteil, das dem Kläger am 16.09.2015 zugestellt worden ist, hat er mit Schriftsatz vom 30.09.2015, eingegangen bei Gericht am 30.09.2015, Einspruch eingelegt und diesen auch begründet.
13Der Kläger beantragt nunmehr,
14das Versäumnisurteil vom 02.09.2015 aufzuheben und in der Sache nach den Anträgen der Klageschrift zu erkennen.
15Die Beklagte beantragt,
16das Versäumnisurteil vom 02.09.2015 aufrecht zu erhalten.
17Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie nicht passivlegitimiert sei. Dazu behauptet sie, dass der Kläger nicht mit ihr, sondern mit Herrn Prof. Dr. T2 einen Vertrag geschlossen habe. Herrn Prof. Dr. T2 sei es auf Grund einer Vereinbarung zwischen diesem und ihr gestattet gewesen, als Nebentätigkeit im Hause der Beklagten eine Sprechstundenpraxis für Selbstzahler zu unterhalten. Bereits aus den durch den Kläger vorgelegten Rechnungen gehe hervor, dass die streitgegenständlichen Behandlungen im fraglichen Zeitraum ambulante Behandlungen in der Chefarztambulanz gewesen seien, die Prof. Dr. T2 selbst liquidiert habe. Der Kläger habe schließlich auch an Prof. Dr. T2 gezahlt.
18Die Beklagte meint, dass sich keine Haftung ihrerseits aus Rechtsscheingesichtspunkten ergebe, da auf der Einverständniserklärung, die der Kläger unterschrieben hat, ein Aufkleber angebracht gewesen sei, der eindeutig belege, dass Herr Prof. Dr. T2 auf eigene Rechnung und Verantwortung gehandelt habe, da dort „MPL, Privatsprechst. Plast. Ch.“ angegeben sei.
19Die Beklagte behauptet weiter, dass die klägerseits behaupteten Schwellungen ein typisches Risiko dieser Behandlung seien, über das der Kläger ausreichend aufgeklärt worden sei. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass beim Kläger starke Schwellungen unterhalb der Augenlider bestünden, die dessen Gesichtsfeld einschränken, den Kläger dauerhaft entstellen und diesem Schmerzen bereiten.
20Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und den Einwand der hypothetischen Einwilligung.
21Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie die zur Gerichtsakte gereichten Behandlungsunterlagen Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe
23Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 02.09.2015 ist zulässig, wodurch der Rechtsstreit in den Stand vor der Säumnis des Klägers zurückversetzt wird. Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Ansprüche aufgrund der streitgegenständlichen ärztlichen Behandlung gemäß §§ 280 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB.
24Der Kläger kann die Passivlegitimation der Beklagten nicht hinreichend darlegen. Hierfür trägt er die Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs tritt der Privatpatient, der sich im Krankenhaus ambulant behandeln lässt, grundsätzlich in vertragliche Beziehungen zu dem Chefarzt, der die Ambulanz betreibt und aufgrund der Abmachung mit dem Krankenhausträger liquidierungsberechtigt ist (vgl. BGHZ 105, 189 ff., mit sehr ausführlicher Begründung, zitiert nach juris; vgl. auch Lipp in Laufs/Katzenmeier/Lipp Kapitel B, Rn. 6). Das gilt auch dann, wenn in Abwesenheit des Chefarztes nur der diensthabende nachgeordnete Krankenhausarzt tätig wird (BGH aaO).
25Der Krankenhausträger hatte Herrn Prof. Dr. T2 als Chefarzt der Abteilung für plastische Chirurgie die Erlaubnis erteilt, als Nebentätigkeit eine Ambulanz zu betreiben und u.a. für die Behandlung der die Ambulanz aufsuchenden Privatpatienten zu liquidieren (vgl. Anlage B 1, dort unter § 8 Abs. 1 des Vertrages). Ob der Kläger sich Vorstellungen darüber gemacht hat, wer sein Vertragspartner im Krankenhaus sein werde, hat er nicht hinreichend dargetan. Unter diesen Umständen muss durch Auslegung des Verhaltens der Beteiligten unter Berücksichtigung aller objektiven Umstände ermittelt werden, was sie gewollt haben und welchen Erklärungswert ihr tatsächliches Verhalten gehabt hat. Eine solche Auslegung ergibt nach Ansicht der Kammer, dass der Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und Prof. Dr. T2 als Betreiber der plastisch-chirurgischen Ambulanz des Krankenhauses zustande kam.
26Ein wichtiges Indiz dafür, dass gegenüber Privatpatienten im Haus der Beklagten praktisch auch so verfahren wurde, ist die Handhabung der Liquidation durch Prof. Dr. T2. Die Selbstliquidation durch den Arzt ist ein starkes Indiz für eine Vertragspartnerschaft zwischen Patient und dem einzelnen Arzt (Lipp in Laufs/Katzenmeier/Lipp Kapitel B, Rn. 10). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den klägerseits eingereichten Rechnungen zu der streitgegenständlichen Behandlungen vom 16.12.2010, 13.01.2011 und 10.02.2011, dass Herr Prof. Dr. T2 die Behandlungen (Unterspritzung und Laserbehandlungen) jeweils unter dem 22.03.2011 selbst liquidierte (vgl. Rechnungen im grünen Anlagenhefter SH I unter Ziffer 1). Eine vertragliche Anspruchsgrundlage des Klägers gegen die Beklagte kommt mithin nicht in Betracht. Dass die Beklagte durch ihre Mitarbeiter gegenüber dem Kläger deliktisch gehandelt haben, hat dieser ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Angesichts der klägerseits vorgelegten Rechnungen dürfte es sich um Tätigkeiten des privat liquidierenden Prof. Dr. T2 und dessen Vertretern gehandelt haben. Gegenteiliges hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen.
27Eine Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus Rechtsscheingesichtspunkten. Die Einverständniserklärung, die der Kläger unterzeichnet hat (Anlage B 2), weist zwar auf der rechten Seite den Briefkopf des Krankenhaus Ns, Klinik für Plastische Chirurgie auf, allerdings ergibt sich aus dem auf der linken Seite aufgebrachten Aufkleber ("MPL, Privatsprechst., Plast. Ch.") eindeutig, dass es sich um eine Privatsprechstunde des Prof. Dr. T2 handelt.
28Zudem hat der Kläger die Auflagen aus der Verfügung vom 27.01.2015 (Bl. 6 f. d.A.) nicht erfüllt, trotz Fristsetzung und Wiederholung in der Ladungsverfügung vom 23.12.2015 (Bl. 79 d.A.), und somit die Beiziehung der Behandlungsunterlagen sämtlicher Behandler durch die Kammer nicht möglich gemacht.
29Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderungen.
30Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 ZPO.
31Streitwert: 15.000,00 €
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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.