Landgericht Köln Urteil, 31. Juli 2014 - 15 O 549/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
3Die Parteien schlossen am 29.07.2010 einen Darlehensvertrag mit anfänglichem Festzins über einen Darlehensbetrag in Höhe von EUR 191.931,11. Der vereinbarte Sollzinssatz von 3,7% wurde bis zum 30.10.2020 festgeschrieben. Am Ende des Vertrages befindet sich eine Widerrufsbelehrung. Für Inhalt und Gestaltung von Vertrag und Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
4Im September 2013 schlossen die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung zu dem Darlehen. Diese sah zum 01.10.2013 für den Kläger einen Rückzahlungsbetrag in Höhe von EUR 170.796,47 vor. Hiervon entfielen EUR 14.931,26 auf eine Vorfälligkeitsentschädigung gemäß einer dem Vertrag beiliegenden Berechnung der Beklagten. Für den Inhalt der Vereinbarung im Einzelnen wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Vorfälligkeitsentschädigung nur unter Vorbehalt zahle. Mit weiterem anwaltlichem Schreiben vom 04.11.2013 widerrief er den Darlehensvertrag vom 29.07.2010 und forderte die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung bis zum 14.11.2013 auf.
6Der Kläger ist im Anschluss an Landgerichts Ulm, Urt. v. 17.07.2013 – 10 O 33/13, der Ansicht, er habe den Darlehensvertrag vom 29.07.2010 wirksam widerrufen, weil die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 14.931,26 zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.11.2013 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte ist der Ansicht, ein Widerruf des Darlehensvertrages sei am 04.11.2013 nicht mehr möglich gewesen, weil der Vertrag zu diesem Zeitpunkt durch den Aufhebungsvertrag bereits in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden sei. Im Übrigen sei die Widerrufsbelehrung nicht fehlerhaft gewesen, weshalb die Widerrufsfrist seit langem abgelaufen sei.
12Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe
14Die zulässige Klage ist nicht begründet.
15I. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.
161. Allerdings dürfte nicht schon der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung dem Widerruf des Darlehensvertrages entgegenstehen. Denn die einvernehmliche Aufhebung stellt lediglich eine Vertragsänderung dar (vgl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 488 BGB Rn. 27).
172. Der Darlehensvertrag konnte vom Kläger aber nicht mehr wirksam widerrufen werden, weil die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß gestaltet und dementsprechend die Widerrufsfrist in Gang gesetzt und abgelaufen war. Selbst wenn man mit LG Ulm, Urt. v. 17.07.2013 – 10 O 33/13, und der Berufungsentscheidung hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 24.04.2014 – 2 U 98/13, WM 2014, 995, davon ausgeht, dass Art. 247 § 6 Abs. 2 (in der am 29.07.2010 geltenden Fassung) eine hervorgehobene Gestaltung der Widerrufserklärung voraussetzt, so genügt die vorliegende Widerrufsbelehrung jedenfalls diesen Vorgaben. Der Gesetzeszweck erfordert es jedenfalls nicht, dass eine Hervorhebung der Widerrufsbelehrung in einer Form geschieht, die sich in dem Vertragsentwurf in gleicher Weise in Bezug auf keine andere zu gebende Belehrung oder Information befindet. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Gestaltung dem Gesetzeszweck genügt, ist auf den situationsadäquat aufmerksamen und informierten Durchschnittsverbraucher abzustellen (OLG Stuttgart, a.a.O., S. 997). Die Informationen zum Widerruf sind hier – zusammen mit anderen rechtlich gebotenen Belehrungen – mit einer stärker gedruckten Einrahmung versehen und in größerer Schrift abgedruckt worden, als dies bezüglich der weiteren Vertragsbestimmungen der Fall ist. Dem durchschnittlichen Verbraucher wird bereits hierdurch ausreichend deutlich, dass es sich um besondere Hinweise handelt, denen er entsprechende Aufmerksamkeit entgegenbringen sollte. Die Verwendung von Ankreuzoptionen hindert die Klarheit und Verständlichkeit der Informationen über das Widerrufsrecht nicht. Die einzelnen Belehrungen sind hier insbesondere durch Einrückungen so deutlich voneinander getrennt, dass der maßgebliche Durchschnittsverbraucher sie nicht miteinander vermengen wird. Ob die textliche Gestaltung in hier nicht angekreuzten Optionen inhaltlich zu beanstanden ist, bedarf keiner Entscheidung, denn sie sind nicht Vertragsbestandteil geworden. Streichungen oder andere potentiell verwirrende Zusätze sind hier nicht ersichtlich. Mit derartigen Ankreuzvarianten ist der Durchschnittsverbraucher zudem aus vielerlei Vertragstypen vertraut. Inhaltlich genügt die Belehrung den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in der am 29.07.2010 geltenden Fassung, indem sie die dort geforderten Angaben enthält.
18II. Die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
19III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
20Streitwert: EUR 14.931,26
Annotations
(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.
(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.