Landgericht Köln Urteil, 30. Apr. 2015 - 15 O 532/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des beizutreibenden Betrages.
1
T A T B E S T A N D:
2Die Klägerin nimmt den Beklagten als Mittelverwendungskontrolleur wegen einer wirtschaftlich fehlgeschlagenen Fondsbeteiligung auf Schadensersatz in Anspruch.
3Die Klägerin beteiligte sich am 07.12.2004 mit 25.000,00 EUR zzgl. 5% Agio an der C1 Kinobeteiligungs-GmbH & Co. KG. Der Beklagte fungierte für diese als Mittelverwendungskontrolleur. Die Beteiligungszahlung erfolgte auf ein Konto, das auf die Fondsgesellschaft lautete. Die Klägerin zahlte auf die Beteiligung 20.000,00 EUR sowie 1.250,00 EUR Agio. Ausschüttungen erhielt sie in Höhe von 46,00 EUR.
4Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Verletzung seiner Pflichten als Mittelverwendungskontrolleur auf Schadensersatz in Anspruch, weil er die Gelder der Anleger nicht auf Konten habe einzahlen lassen, die auf seinen Namen gelautet hätten. Mit der Klage begehrt sie im Antrag zu 1. die Rückzahlung der Einlagen und des Agios abzüglich der Ausschüttung, einen entgangenen Gewinn von zwei Prozent für eine Alternativanlage und im Antrag zu 4. vorgerichtliche Anwaltskosten.
5Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
6Die Klägerin ist der Ansicht, es handele sich bei dem Geschäftsgirokonto nicht um ein Treuhandkonto. Weil Kontoinhaberin die Fondsgesellschaft, nicht der Beklagte gewesen sei, habe die Gefahr bestanden, dass die Fondsgesellschaft die Vollmacht des Beklagten widerrufe oder aber ohne dessen Zutun Verfügungen vornehme. Der Beklagte hätte auf Änderungen der vertraglichen Gestaltung hinwirken oder aber auf die vom Prospekt abweichende Handhabung hinweisen müssen.
7Die Klägerin beantragt sinngemäß,
81. den Beklagten zu verurteilen an sie 25.443,38 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
92. den Beklagten zu verurteilen, sie von sämtlichen Verpflichtungen aus seiner Beteiligung an der C1 Kino Beteiligung GmbH & Co. KG im Nominalwert von 25.000,00 EUR freizustellen;
103. die Verurteilung zu Ziffern 1. und 2. jeweils Zug um Zug gegen die Übertragung der Rechte an der C1 Kino Beteiligung GmbH & Co. KG im Nominalwert von 25.000,00 EUR erfolgend;
114. die Beklagte zu verurteilen, an sie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 EUR zu zahlen;
125. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung gemäß Ziffer 3. im Annahmeverzug befindet.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte ist der Ansicht, er sei unabhängig von der Nennung der Fondsgesellschaft Kontoinhaber geworden, weil er alleiniger Zeichnungsberechtigter war. Er behauptet, er habe tatsächlich auch sämtliche Verfügungen alleine ausgeführt.
16Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.
17E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
18Die Klage ist nicht begründet.
19Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, denn jedenfalls fehlt es an einem aus der Pflichtverletzung des Beklagten resultierenden Schaden.
20Der Beklagte hat aber durch einen Fehler jedenfalls keinen Schaden der Anleger herbeigeführt. Das richtige Verhalten des Beklagten hätte darin gelegen, das Konto für sich und auf seinen Namen zu eröffnen. Daneben sind in der Rechtsprechung Fälle entschieden worden, in denen dem Treuhänder vorgeworfen wurde, er habe die Anleger nicht auf die Abweichung von den vertraglichen Vorgaben hingewiesen (BGH, Urt. v. 24.07.2003 - III ZR 390/02; BGH, Urt. v. 22.03.2007 - III ZR 98/06). Das hat vorliegend keine Bedeutung. Der Beklagte hat die vertragliche Pflicht bereits dadurch verletzt, dass er selbst als Vertreter der Gesellschaft für diese das Konto eröffnete. Daneben haben Hinweispflichten kein eigenständiges Gewicht. Im Übrigen wäre zu erwägen, ob einer Hinweispflicht nicht durch die eindeutige Angabe im Zeichnungsschein von Seiten der Gesellschaft genüge getan worden ist.
21Die danach alleine maßgebliche Handlungsalternative führt nicht zur Annahme eines Schadens bei den Anlegern. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der auf Grund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Das gilt in gleicher Weise, wenn der Anleger infolge einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen (BGH, Urt. v. 08.03.2005 - XI ZR 170/04). In einem solchen Fall steht dem Anleger nicht nur ein Anspruch auf Erstattung des Differenzschadens zu; vielmehr kann er Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises verlangen, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Erworbenen (BGH, Urt. v. 09.05.2005 - II ZR 287/02). Abzugrenzen ist diese Fallkonstellation von Fällen, in denen es nicht bereits durch den Erwerb zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage gekommen ist, sondern lediglich zum Eintritt einer risikobehafteten Situation (BGH, Urt. v. 08.07.2010 - III ZR 249/09, Rn. 24). Darauf aufbauend hat OLG München (OLG München, Urt. v. 03.02.2009 – 5 U 2760/08, BeckRS 2009, 05025) in einer vom ihm entschiedenen Sache den Eintritt eines Vermögensschadens für den - hier nicht vorliegenden - Fall angenommen, dass infolge fehlerhaften Vorgehens des Mittelverwendungskontrolleurs, der ein auf sich selbst und auf die Geschäftsleitung laufendes „Und-Konto“ eröffnet hatte, von Anbeginn an eine Zugriffsmöglichkeit der Geschäftsleitung auf das Konto bestand und auch genutzt wurde.
22Vorliegend war demgegenüber der Beklagte alleiniger Unterschriftsberechtigter. Es bedurfte mithin eines gegen den jeweiligen Gesellschaftsvertrags verstoßenden Zugriffs der Geschäftsleitung, um den Beklagten aus seiner Treuhänderstellung und seinen Kontrollmöglichkeiten zu verdrängen. Auch Zugriffe von Gläubigern mussten zunächst stattfinden, bevor sie sich auf die Vermögenslage der Anleger tatsächlich auswirkten. Ihre erste Wirkung hätte zudem lediglich zu Zahlungsverboten nach § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO geführt, nicht hingegen zu einem unmittelbar eintretenden Vermögensverlust.
23Dem steht die Erwägung nicht entgegen, bei sofortiger Weiterveräußerung des Anteils sei denkbar gewesen, dass ein kritischer Erwerber die Abweichung des Beklagten vom Mittelverwendungskontrollvertrag zum Anlass nahm, einen Preisabschlag zu fordern. Darin läge eine gänzlich andere Schadensberechnung.
24Nach alledem ist hier durch die fehlerhafte Ausgestaltung des Kontos nur eine erhöhte Risikolage eingetreten, nicht hingegen ein bereits mit der Einzahlung eingetretener Schaden der Anleger. Ein Fehlverhalten des Beklagten bei der Mittelverwendungskontrolle selbst steht ohnehin nicht in Rede.
25Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
26Streitwert:
27Klageantrag zu 1. 21.204,00 EUR
28Klageantrag zu 2. + 4.036,80 EUR
29zusammen: 25.240,80 EUR
30Der geltend gemachte entgangene Zinsgewinn wirkt sich beim Klageantrag zu 1. nicht auf den Streitwert aus, vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2012, XI ZR 261/10. Beim Klageantrag zu 2. sind von der offenen Zeichnungssumme und den Ausschüttungen 80% in Ansatz gebracht worden.


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(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.
(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.
(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.