Landgericht Köln Urteil, 30. Apr. 2015 - 15 O 532/14

ECLI:ECLI:DE:LGK:2015:0430.15O532.14.00
bei uns veröffentlicht am30.04.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des beizutreibenden Betrages.


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Landgericht Köln Urteil, 30. Apr. 2015 - 15 O 532/14 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 829 Pfändung einer Geldforderung


(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer

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bei uns veröffentlicht am 22.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 98/06 Verkündet am: 22. März 2007 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 280 Abs. 1,

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 249/09 Verkündet am: 8. Juli 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 195, 199 A

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juli 2003 - III ZR 390/02

bei uns veröffentlicht am 24.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 390/02 Verkündet am: 24. Juli 2003 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 276 Fb, H

Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2005 - XI ZR 170/04

bei uns veröffentlicht am 08.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 170/04 Verkündet am: 8. März 2005 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _________
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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 19. Okt. 2015 - 18 U 95/15

bei uns veröffentlicht am 19.10.2015

Tenor Die Berufung der Berufungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln (15 O 532/14) vom 30.04.2015 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Berufungsklägerin Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 390/02
Verkündet am:
24. Juli 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Haftung eines als Mittelverwendungstreuhänder vorgesehenen Treuhandkommanditisten
einer Publikums-Kommanditgesellschaft gegenüber Anlegern
vor Abschluß des Treuhandvertrags.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 - III ZR 390/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 3. Zivilsenat - vom 7. November 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger mehr als 50.010,74 97.812,50 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1999 zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


P. D. -L. und H. -J. P. warben mit einem Prospekt für Beteiligungen an der von ihnen gegründeten 2. P. D. -L. KG (im folgenden KG), der der Beklagte als Treuhandkommanditist beigetreten war. Der Prospekt enthielt den Gesellschaftsvertrag der KG sowie ein Angebot
zum Abschluß eines Treuhandvertrages zwischen dem Anleger und dem Beklagten.
Als Treuhandkommanditist hatte der Beklagte nach dem Gesellschaftsvertrag Treuhandverträge mit den Anlegern abzuschließen, seine Kommanditeinlage gemäß dem Umfang der geschlossenen Treuhandverträge zu erhöhen und im Interesse der Anleger zu verwalten (§§ 14 Satz 1 und Nr. 1; 15 Nr. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages). Gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrages sollte ein - von der Geschäftsführung der KG bestellter (§ 17 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages ) - Treuhänder die Zahlungsströme überwachen und die Mittelverwendung kontrollieren (§ 17 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages).
Im Eingang des prospektierten Angebotes zum Abschluß eines Treuhandvertrages war bestimmt, daß die der KG beitretenden Anleger "dem Treuhandgesellschafter W. K. <= Beklagter> (Steuerbevollmächtigter) ... - im folgenden 'Treuhänder' genannt - ... den Abschluß des nachstehenden Treuhandvertrages" antragen. Aufgabe des Treuhänders sollte es sein, die "Auskunfts- und Überwachungsrechte aus den §§ 118 und 166 HGB sowie die... durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Rechte im Interesse des Treugebers" wahrzunehmen (§ 4 Nr. 1 Buchst. d des Treuhandvertrages). Ferner sollte er die Kontrolle der allgemeinen Mittelverwendung bei der Gesellschaft übernehmen, sofern diese Funktion nicht von einem gesondert bestellten Zahlungstreuhänder ausgeübt würde (§ 4 Nr. 1 Buchst. e des Treuhandvertrages).
Der Beklagte kannte die die KG betreffenden Vertragsformulare, also den vorbeschriebenen Gesellschaftsvertrag und das Angebot zum Abschluß eines Treuhandvertrages.

Zu dem im Prospekt vorgesehenen Abschluß von Treuhandverträgen des Beklagten mit den Anlegern kam es nicht. Entsprechende Vertragsangebote der Anleger wurden dem Beklagten nicht zugeleitet. D. -L. warb ohne sein Wissen Beteiligungen an der KG. Die Anlagegelder flossen der KG unmittelbar zu. Sie unterlagen nicht der Mittelverwendungskontrolle durch den Beklagten oder einen anderen, von der Geschäftsführung der KG bestellten Treuhänder.
Der Kläger zeichnete am 6. Dezember 1997, 5. Januar 1998 und 13. August 1998 Beteiligungen an der KG in Höhe von insgesamt 115.000 DM. Die in den formularmäßigen "Beteiligungsangeboten" und im Prospekt vorgesehene Gegenzeichnung durch den Beklagten erfolgte nicht. Die KG wurde im Juni 1999 insolvent. Der Kläger verlor die gesamte Einlage. Er verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 115.000 DM nebst Zinsen.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist überwiegend unbegründet; soweit sie begründet ist, führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Beklagte hafte dem Kläger auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Er habe eine sich aus dem Vertrag zur Gründung der KG gegenüber den Anlegern ergebende Pflicht zum Tätigwerden verletzt. Im Gesellschaftsvertrag und in dem Treuhandvertragsangebot sei er mit seinem Wissen unter seiner Berufsbezeichnung (Steuerbevollmächtigter) als Treuhänder und als Treuhandkommanditist benannt worden. Aus Sicht der Anleger habe er damit dafür eingestanden, daß das Anlagekapital zweckentsprechend verwendet, insbesondere weder veruntreut noch unterschlagen werde. Deswegen hätte der Beklagte das Vertragswerk auf Mißbrauchsmöglichkeiten hin prüfen müssen. Dabei wäre ihm aufgefallen, daß die Initiatoren unkontrolliert Mittel abzweigen könnten. Das hätte ihm - bereits vor Eingang der ersten Beträge - Anlaß geben müssen, auf entsprechende Abänderung zu drängen. Oder er hätte nicht als Treuhandkommanditist zur Verfügung stehen dürfen; die KG hätte dann die Beteiligungen nicht einwerben können. Jeweils wäre es nicht dazu gekommen, daß die vom Kläger eingezahlten 115.000 DM zu vertragsfremden Zwecken verwandt worden und verlustig gegangen seien.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, durch den Gesellschaftsvertrag in Verbindung mit dem Angebot zum Abschluß eines Treuhandvertrages seien für den Beklagten Handlungspflichten zugunsten des Klägers als künftigem Anleger begründet worden, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Der Beklagte übernahm in der von D. -L. und P. gegründeten Publikums-KG die Stellung des Treuhandkommanditisten. Bei einer solchen vertraglichen Gestaltung erwirbt der Kapitalanleger nur eine mittelbare Beteiligung. Allein der Treuhandkommanditist ist Mitglied der KG und Inhaber der Rechte und Pflichten, die aus der Kommanditbeteiligung erwachsen. Er hat die Interessen der Treugeber (Anleger) sachverständig wahrzunehmen und alles Erforderliche zu tun, um deren Beteiligung und ihren wirtschaftlichen Wert zu erhalten und zu mehren und demgemäß alles zu unterlassen, was sie gefährden könnte. Der Treuhandkommanditist ist deshalb gehalten, sich die Kenntnis über die rechtlichen und wirtschaftlichen, insbesondere finanziellen, Grundlagen der Gesellschaft zu verschaffen; denn nur dann kann er seine Treuhänderpflichten erfüllen, vor allem die für den Anlagegesellschafter besonders wichtigen Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte ausüben. Sieht sich der Treuhandkommanditist dazu nicht in der Lage oder hält er dies für unzumutbar, so muß er die Übernahme der Treuhänderstellung ablehnen oder aber die Beitrittsinteressenten dahin unterrichten, daß die an sich gebotene Prüfung des Treugutes nicht erfolgt ist (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f).
Entsprechendes gilt im Streitfall für die Pflicht des Beklagten, im Hinblick auf seine Stellung als Treuhänder der noch zu werbenden mittelbaren Kommanditisten das von D. -L. und P. initiierte Anlagemodell darauf
zu überprüfen, ob die vertragsgemäße Verwendung der Anlagegelder sichergestellt war.

b) Das Berufungsgericht hat eine solche Prüfungspflicht rechtsfehlerfrei aus dem Gesellschaftsvertrag in Verbindung mit dem Angebot zum Abschluß eines Treuhandvertrages hergeleitet. Dabei ging es nicht um eine unzulässige Vermengung von Verträgen, wie die Revision meint, sondern um eine Gesamtschau der im Gesellschaftsvertrag einerseits, dem Angebot auf Abschluß eines Treuhandvertrages andererseits niedergelegten treuhänderischen Pflichten des Beklagten gegenüber den zukünftigen Anlegern. Diesen Pflichten mußte der Beklagte insgesamt, nicht nur bezüglich des Gesellschaftsvertrages, Rechnung tragen. Denn er hatte den Gesellschaftsvertrag unterschrieben und kannte das Treuhandangebot, das die Anleger bei Zeichnung einer mittelbaren Kommanditbeteiligung an ihn zu richten hatten.
aa) Nach dem Gesellschaftsvertrag oblag dem Treuhandkommanditisten nicht ohne weiteres die Kontrolle, daß die Anlegergelder vertragsgemäß verwandt wurden. Gemäß § 17 Nr. 1 und 3 des Gesellschaftsvertrages konnte mit der Mittelverwendungskontrolle ein anderer, von der Geschäftsführung der KG bestellter Treuhänder beauftragt sein. War das aber nicht geschehen, hatte der Treuhandkommanditist die Mittelverwendungskontrolle zu übernehmen (§ 4 Nr. 1 Buchst. e des Vertragsangebots).
bb) Aufgrund der vorbeschriebenen Regelung kam - für den Beklagten erkennbar - in Betracht, daß zu seinem Treuhandauftrag die Mittelverwendungskontrolle gehörte. Von der Verpflichtung, sich hierauf einzustellen, war er nur befreit, sofern ein Zahlungstreuhänder eingesetzt war und dieser die Mit-
telverwendungskontrolle ausübte. Letzteres war hier indes nicht der Fall. Die Geschäftsführung der KG hatte, wie die Revision eingeräumt hat, keinen Kontrolleur für die Mittelverwendung bestellt.

c) Für den Beklagten begründete der Umstand, daß er der KG als Treuhandkommanditist beigetreten war und als solcher - solange es keinen besonderen Mittelverwendungstreuhänder gab - die Mittelverwendungskontrolle innehatte , Pflichten gegenüber den zukünftigen Anlegern schon vor dem Abschluß eines Treuhandvertrages (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025). Er mußte sicherstellen, daß von Anfang an sämtliche Anlagegelder in seine (Mit-)Verfügungsgewalt (vgl. S. 1 Abschnitt "Mittelverwendungskontrolle" des Prospekts) gelangten. Sonst konnte er nicht auftragsgerecht deren Verwendung zu vertraglichen Zwecken gewährleisten. Hierzu gehörte es, das Anlagemodell darauf zu untersuchen, ob dem Treuhänder Anlagegelder vorenthalten und damit seiner Mittelverwendungskontrolle entzogen werden könnten.
aa) Die Überprüfung hatte spätestens zu erfolgen, nachdem die KG zum Handelsregister angemeldet (Eintragung am 2. Oktober 1997) und damit das Anlagemodell "einsatzbereit" war. Denn die Mittelverwendungskontrolle mußte naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger - wie der Kläger ab dem 6. Dezember 1997 - Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten. Es ist deshalb nicht erheblich, daß der Beklagte erst Ende 1998 von der "Aktivierung" der KG und dem Eingang der Anlagegelder erfuhr.
bb) Wie das Berufungsgericht festgestellt hat, hätte die vorbeschriebene Prüfung ergeben, daß das prospektierte Beitrittsverfahren eine unkontrollierte Mittelabzweigung für vertragsfremde Zwecke zuließ.
Die Anleger sollten ihre Einlage nicht auf ein vom Treuhänder kontrolliertes Konto, sondern unmittelbar auf ein Konto der KG überweisen (vgl. Absatz 1 Satz 2 Abschnitt "Beitrittsverfahren" des Prospekts). Damit war die Mittelverwendungskontrolle im Grunde ausgehebelt; sie konnte sich von vornherein nur auf die Einlagen erstrecken, die die KG dem Treuhänder mitteilte und in dessen Mitverfügungsbefugnis übertrug.
Es kam hinzu, daß für das Zustandekommen des Treuhandvertrages ein Zugang der Annahmeerklärung des Treuhänders beim Anleger nicht erforderlich sein sollte (§ 1 Nr. 3 Satz 2 des Angebots auf Abschluß eines Treuhandvertrags ). Das eröffnete - wie geschehen - den Initiatoren D. -L. und P. die Möglichkeit, dem Treuhänder, hier also dem Beklagten, die mit der Zeichnung der Einlage erklärten Treuhandangebote der Anleger nicht zur Gegenzeichnung vorzulegen, so daß er von den eingeworbenen Beteiligungen nichts erfuhr. Die Anleger mußten keinen Verdacht schöpfen, weil die Erklärung des Treuhänders über die Annahme ihres Vertragsangebots scheinbar abredegemäß ausblieb.
Nach Eingang der Zahlung "und nach Beginn der ertragsorientierten Anlage" hätten die Anleger allerdings, worauf die Revision hinweist, eine Bestätigung des Treuhänders über ihre KG-Beteiligung erhalten sollen (Absatz 2 Abschnitt "Beitrittsverfahren" des Prospekts). Diese, übrigens ziemlich unbestimmte , Regelung konnte für eine wirksame Mittelverwendungskontrolle nicht
genügen. Sie änderte nichts daran, daß die Anlegergelder, ohne daß es einer Freigabe durch den Treuhänder bedurfte, auf ein Konto der KG fließen sollten und damit seiner Kontrolle entzogen waren.
2. Der Beklagte ist wegen Verletzung vertraglicher und vorvertraglicher Pflichten schadensersatzpflichtig geworden. War die vertragsgemäße Verwendung der Anlegergelder nämlich nicht gesichert und konnte der Beklagte das bei gehöriger Prüfung - zu der er gegenüber den künftigen Anlegern aufgrund der im Gesellschaftsvertrag übernommenen Stellung als Treuhandkommanditist und im Hinblick auf den noch abzuschließenden Treuhandvertrag (vgl. Senatsurteil aaO) verpflichtet war - erkennen, durfte er nicht untätig bleiben. Er hätte auf Abänderung vor Werbung der ersten (mittelbaren) Kommanditisten hinwirken müssen. Ließen sich die KG oder die Betreiber des Anlagemodells darauf nicht ein, hätte er aus der KG ausscheiden, ihr und den Initiatoren die Werbung mit dem Prospekt verbieten und soweit möglich Interessenten in geeigneter Weise unterrichten müssen. In beiden Fällen wäre nach der unangefochtenen Feststellung des Berufungsgerichts dem Kläger ein Schaden nicht entstanden. Entweder wären die Mißbrauchsmöglichkeiten beseitigt und der Verlust der Anlagegelder durch Abzweigung zu vertragsfremden Zwecken verhindert worden, oder das Anlagemodell hätte nicht durchgeführt werden können , weil der Beklagte nicht als Treuhandkommanditist zur Verfügung gestanden hätte.
3. Für die Schadensberechnung ist davon auszugehen, daß der Kläger durch die Pflichtverletzung des Beklagten an die KG gezahlte Einlagen in Höhe von insgesamt 115.000 DM verlor. Die Revision beanstandet zwar diese Feststellung des Berufungsgerichts als verfahrensfehlerhaft (§ 286 ZPO). Die Rüge
greift aber nicht durch; der Senat sieht gemäß § 564 Satz 1 ZPO von einer Begründung ab.
4. Die Revision weist jedoch darauf hin, daß sich aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen ergebe, daß die KG Zinszahlungen geleistet habe. Solche Vorteile müßte sich der Kläger - wie die Revisionserwiderung nicht bezweifelt - auf den geltend gemachten Schaden (115.000 DM) anrechnen lassen. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen zur Klärung , ob dem Kläger Zinsen in Höhe von 17.187,50 DM zugeflossen sind.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 98/06
Verkündet am:
22. März 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der in ein Anlagemodell als Mittelverwendungskontrolleur eingebundene Wirtschaftsprüfer
ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Anlageinteressenten, der
vor seinem Beitritt einen Prospekt u.a. mit dem - allgemein verständlichen -
Text des abzuschließenden Mittelverwendungskontrollvertrages erhalten hat,
über Reichweite und Risiken dieses Vertrages aufzuklären.
BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger erwarb durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärungen vom 20. Dezember 1998 und vom 3. März 1999 Beteiligungen an der C. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. II) in Höhe von insgesamt 100.000 DM und vom 30. Dezember 2000 an der C. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Vierte Medienbeteiligungs KG (im Folgenden: C. IV) in Höhe von 25.000 DM. Gegenstand der Anlegergesellschaften ist die Entwicklung, die Herstellung und der Erwerb sowie die Beteiligung an Film- und Fernsehproduktionen im In- und Ausland, die Auswertung von Verleihrechten und der Lizenzhandel sowie die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an Unternehmen, die Geschäfte auf dem gleichen Gebiet tätigen. Die für C. II und C. IV im Wesentlichen gleichartigen Anlagemodelle, die in den jeweils von der persönlich haftenden Gesellschafterin der Anlegergesellschaft herausgegebenen Prospekten - unter Beifügung von Mustern der von den Beteiligten abzuschließenden Verträge - beschrieben wurden, gingen dahin, dass die Beteiligung der Anleger an der Kommanditgesellschaft jeweils über die beklagte Wirtschaftsprüfergesellschaft als Treuhandkommanditistin erfolgen sollte. Dementsprechend hatte der Anleger unter anderem mit der Beklagten einen "Treuhandvertrag" abzuschließen. Da zum prospektierten Angebot auch gehörte , dass die Zahlungen zur Filmproduktion sowie der Gebühren von der Freigabe durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abhängig sein sollten (Mittelfreigabe), schloss der Anleger darüber hinaus mit der Beklagten bei C. II einen "Mittelverwendungskontrollvertrag", für C. IV war ein einheitliches Vertragswerk "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" konzipiert.
2
Der Mittelverwendungskontrollvertrag für C. II enthält unter anderem folgende Bestimmungen: § 1 Gegenstand des Mittelverwendungskontrollvertrages 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin wird beauftragt, eine Mittelverwendungskontrolle der von den Anlegern zu leistenden Einlagen in dem in diesem Vertrag näher bestimmten Umfang durchzuführen.
2. Die Aufgaben und Rechte der Mittelverwendungskontrolleurin bestimmen sich nach diesem Vertrag. Weitere Pflichten übernimmt die Mittelverwendungskontrolleurin nicht. Insbesondere prüft sie nicht die Verwirklichung oder Verwirklichbarkeit des Gesellschaftszwecks der Gesellschaft, der jeweiligen Koproduzentin oder der Koproduktionsgemeinschaft, die Wirksamkeit und Rechtsfolgen der von der Gesellschaft abgeschlossenen Verträge, insbesondere des Kooperationsvertrages, die Wirtschaftlichkeit der von der Gesellschaft, der jeweiligen Koproduzentin bzw. der Koproduktionsgemeinschaft durchgeführten Investitionen , die Bonität der Personen bzw. Unternehmen, an die die Mittel entsprechend den Bestimmungen dieses Vertrages weitergeleitet werden sowie die Werthaltigkeit der gegenüber der Gesellschaft, der jeweiligen Koproduzentin bzw. der Koproduktionsgemeinschaft erbrachten Leistungen …
§ 2 Aufgaben der Mittelverwendungskontrolleurin/Mittelfreigabe/ Risiken aus vorzeitiger Mittelfreigabe 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin hat die von den Treugebern an die Treuhandkommanditistin geleisteten Einlagen inkl. Agio nach Maßgabe dieses Vertrages freizugeben, sofern und soweit die Gesellschaft die Zustimmung zur Produktion des jeweiligen Projektes im Rahmen der Koproduktionsgemeinschaft schriftlich gegenüber der Mittelverwendungskontrolleurin erteilt hat. Die Mittelverwendungskontrolleurin überprüft hierbei nicht, ob die in dem Kooperationsvertrag im einzelnen geregelten Voraussetzungen eingehalten sind und die Mittel tatsächlich entsprechend den vorgegebenen Budgets verwendet werden. 2. Die Mittelverwendungskontrolleurin darf die eingegangenen Zahlungen der Treugeber erst dann zur weiteren Verwendung durch die Gesellschaft freigeben, wenn - der Treuhandvertrag zwischen der Treuhandkommanditistin und dem Treugeber sowie der Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der Mittelverwendungskontrolleurin und dem Treugeber wirksam zustande gekommen und nicht wieder (z.B. durch Widerruf oder Rücktritt vom Vertrag) aufgelöst sind und
- die besonderen Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5 dieses Vertrages vorliegen. 3. Die Mittelverwendungskontrolleurin gibt die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängenden sowie folgende Gebühren , nämlich: … jeweils bezogen auf den Zeichnungsbetrag des einzelnen Treugebers nach Ablauf der auf der Beitrittsvereinbarung vorgesehenen Widerrufsfrist und Einzahlung von 30 % der gezeichneten Einlage sowie des Agios durch den Treugeber auf das Anderkonto frei … 4. Die Mittelfreigabe für die Produktion von Filmprojekten auf ein von der C. und der jeweiligen Koproduzentin eröffnetes Konto oder auf Weisung der C. unmittelbar auf ein Konto eines Vertragspartners erfolgt in Abhängigkeit von dem jeweiligen Projekt nur bei Vorliegen folgender zusätzlicher Voraussetzungen: (1) Vorlage eines Produktionsvertrages bzw. Koproduktionsvertrages zwischen der C. und dem jeweiligen Koproduzenten , der den folgenden Voraussetzungen nicht entgegensteht. (2) Vorlage eines von den Beteiligten, die eine Garantie oder Kreditzusage gegeben oder übernommen haben, gebilligten Produktionskostenbudgets; (3) Vorlage einer Fertigstellungsgarantie (Completion-Bond) eines Major Studios, einer Versicherungsgesellschaft oder einer Completion-Bond-Gesellschaft; (4) Finanzierungsnachweis über die Erbringung der Einlage durch den jeweiligen Koproduzenten oder Nachweis, daß die Erbringung der Einlage sichergestellt ist; (5) Vorlage einer Auszahlungsgarantie eines Kreditinstitutes, einer Versicherungsgesellschaft oder eines Major-Studios, die die Rückführung von mindestens 80 % des Anteils der Gesellschaft an den Produktionskosten entsprechend dem Produktionskostenbudget spätestens 24 Monate nach Lieferung des Films sicherstellt.
Hierzu genügt die Vorlage einer entsprechenden Verpflichtungserklärung eines Kreditinstitutes, einer Versicherungsgesellschaft oder eines Major-Studios, etwa in Form einer Versicherungspolice oder einer Garantieübernahmeerklärung , auch wenn die endgültige Übernahme der Verpflichtung durch die Garanten noch unter Bedingungen steht …
§ 3 Haftung 1. Die Mittelverwendungskontrolleurin wird die ihr in § 2 übertragenen Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns durchführen. … … 5. Die Mittelverwendungskontrolleurin übernimmt keine Haftung für den Eintritt der vom Treugeber oder der Gesellschaft gegebenenfalls angestrebten wirtschaftlichen und/oder steuerlichen Ergebnisse oder Erfolge. Ferner übernimmt die Mittelverwendungskontrolleurin keine Haftung für die Bonität der Vertragspartner der Gesellschaft, die Durchführbarkeit der Investition oder dafür, dass die Vertragspartner der Gesellschaft die eingegangenen vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. Unter anderem haftet die Mittelverwendungskontrolleurin nicht für die Erfolge der von der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar geplanten Investitionen sowie den Eintritt der vom Treugeber oder der Gesellschaft verfolgten sonstigen wirtschaftlichen Ziele. Sie überprüft nicht die Fragen des unternehmerischen Ermessens der Gesellschaft und der Zweckmäßigkeit der Investitionsentscheidung. Die Mittelverwendungskontrolleurin hat an der Konzeption und der Stellung des der Beitrittsvereinbarung des Treugebers zugrundeliegenden Emissionsprospektes nicht mitgewirkt und dessen Aussagen nicht auf ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten überprüft. Der Treugeber erkennt an, dass die Mittelverwendungskontrolleurin zu einer solchen Prüfung auch nicht verpflichtet war. …
3
Das Vertragswerk "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" für C. IV ist - in § 3 Abs. 3 und 4 sowie § 4 - inhaltlich ähnlich gestaltet.
4
Verschiedene Filme sind, jedenfalls bei C. II, inzwischen Versicherungsfälle , und der für diesen Anlagefonds von der Anlegergesellschaft mit der Versicherung betraute ausländische Versicherer bzw. Versicherungskonzern , die N. E. I. S. Inc. (im folgenden: NEIS), hat sich als zahlungsunfähig erwiesen.
5
Der Kläger hat von der Beklagten Schadensersatz in Höhe seiner Einzahlungen , abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen, Zug um Zug gegen Rückgabe der beiden Anlagebeteiligungen, verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der - soweit hier von Interesse - auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 37.324,31 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus C. II und auf Zahlung von 8.078,41 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus C. IV, gerichteten Berufung des Klägers stattgegeben. Diese Entscheidung bekämpft die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo), aufgrund dessen er so zu stellen sei wie er stünde, wenn er sich nicht an C. II und C. IV beteiligt hätte. Zwar habe, wie das erstinstanzliche Gericht zutreffend ausgeführt habe, die Beklagte nach den Mittelverwendungskontrollverträgen jeweils lediglich eine "formale" Prüfung geschuldet , weshalb eine positive Vertragsverletzung der Mittelverwendungskontrollverträge durch die Beklagte ausscheide. Wohl aber habe die Beklagte die vorvertragliche Verpflichtung gehabt, dem Kläger jeweils vor Abschluss des Treuhandvertrages und des Mittelverwendungskontrollvertrages darauf hinzuweisen , dass die Mittelverwendung nach dem Mittelverwendungskontrollvertrag ausschließlich nach formalen Kriterien, insbesondere ohne jede Bonitätsprüfung des vorgesehenen Garantiegebers, erfolgen werde. Diese Hinweispflicht habe sich daraus ergeben, dass das Wort Mittelverwendungskontrollvertrag dem an einem Investment Interessierten "suggeriere", durch Abschluss eines solchen Vertrages werde eine effektive Kontrolle der Mittelverwendung erreicht; die Verpflichtung der Beklagten sei dahin gegangen, dem Kläger vor Abschluss des Mittelverwendungskontrollvertrages auf dessen "ganz überwiegend die Haftung ausschließenden Inhalt“, mit dem der potentielle Kapitalanleger angesichts der Bezeichnung des Vertrages nicht habe rechnen müssen, hinzuweisen.
8
An einem schlüssigen Vortrag der Beklagten dazu, dass sie im Rahmen der Beitrittsgespräche der Anlagevermittler mit dem Kläger in diesem Sinne über die Bedeutung des Mittelverwendungskontrollvertrages gesprochen habe, fehle es. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch kausal dafür gewesen, dass der Kläger sich an C. II und C. IV beteiligt habe; die tatsächliche Vermutung streite dafür, dass der Kläger bei einem Hinweis, der vorgesehene Mittelverwendungskontrollvertrag sehe nur eine "formale" Prüfung vor, von der Zeichnung Abstand genommen hätte. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt.

II.


9
Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Argumentation des Berufungsgerichts lässt sich eine Schadensersatzpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger aus culpa in contrahendo nicht begründen.
10
1. a) Ausgangspunkt ist, dass nach den vom Kläger mit der Beklagten entsprechend dem prospektierten Beteiligungsangebot abzuschließenden und abgeschlossenen Mittelverwendungskontrollverträgen die von der Beklagten geschuldete Mittelverwendungskontrolle ausschließlich nach den im Vertrag festgelegten ("formalen") Kriterien erfolgen sollte und keine Prüfung der Bonität der Partner der Anlagegesellschaft, einschließlich des vorgesehenen Garantiegebers , durch die Mittelverwendungskontrolleurin erforderte. Diese Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht als zutreffend aus dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts übernommen, das sich seinerseits hierfür auf § 2 Abs. 2 des Mittelverwendungskontrollvertrages für C. II bzw. die inhaltsgleichen Bestimmungen in § 4 Abs. 1 bis 4 des (Treuhand- und) Mittelverwendungskontrollvertrages für C. IV in einer Gesamtschau mit anderen Klauseln dieser beiden Vertragswerke gestützt hat. Es ist allerdings eher missverständlich , wenn die Vorinstanzen die Grenzen des Umfangs der von der Beklagten vertraglich geschuldeten Prüfungen mit der Formulierung beschreiben, es sei nur eine formale Prüfung vorzunehmen gewesen. Die Beklagte hatte mit berufsüblicher Sorgfalt zu prüfen, ob die im Vertrag im Einzelnen genannten Voraussetzungen für eine Freigabe der Mittel für die Filmproduktion vorlagen. Soweit es um bestimmte rechtsgeschäftliche Erklärungen Dritter (etwa Zahlungsgarantien und/oder –zusagen) ging, hatte die Beklagte nach dem Wissensstand und mit dem rechtlichen und wirtschaftlichen Durchblick, der von einem Wirtschaftsprüfer erwartet werden konnte, die ihr vorgelegten Unterlagen darauf zu prüfen, ob sie ordnungsgemäße, in sich schlüssige, rechtsgeschäftliche Erklärungen enthielten. Die Beklagte durfte sich zwar grundsätzlich darauf verlassen, dass die Anlagegesellschaft sich seriöse Geschäftspartner ausgesucht hatte, und sie brauchte deshalb regelmäßig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mittelverwendungskontrolleurin den rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieser - zumal ausländischen - Firmen nicht näher nachzugehen; sollten aber diesbezügliche Bedenken und Vorbehalte in Wirtschaftskreisen aufgekommen sein oder sich der Beklagten aufgedrängt haben, so durfte sie sich diesen nicht verschließen.
11
Bei diesem Verständnis lässt die Auslegung des Berufungsgerichts keinen Rechtsfehler erkennen. Da es nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Beklagte die von ihr geschuldete Prüfung vor der Mittelfreigabe für C. II und C. IV nicht vorgenommen hat, geht das Berufungsgericht mit Recht davon aus, dass eine (positive) Vertragsverletzung des Mittelverwendungskontrollvertrages durch die Beklagte ausscheidet.
12
Das b) vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Vertragsverständnis nach der objektiven Bedeutung des Textes der Vertragswerke betreffend die Mittelverwendungskontrolle indiziert jedoch zugleich, dass ein durchschnittlicher Anlageinteressent die in die Anlageprospekte für C. II und C. IV aufgenommenen Vereinbarungen über die Mittelverwendungskontrolle ebenfalls in demselben Sinne verstehen konnte wie die damit im vorliegenden Prozess befassten Gerichte sie verstanden haben. Voraussetzung dafür war nur, dass der Anlageinteressent die Vertragstexte im Einzelnen durchlas und - verständig - zur Kenntnis nahm. Hierzu hatte der Kläger Gelegenheit.
13
Die beklagte Wirtschaftsprüfergesellschaft hatte deshalb allein aufgrund ihrer Funktion als Mittelverwendungstreuhänderin ohne besonderen Anlass keinen Grund, die Seriosität der von der insoweit allein verantwortlichen Anlagegesellschaft aufgrund ihrer geschäftlichen Beziehungen über einen englischen Broker als Versicherung für C. II ausgewählten und verpflichteten , im Ausland ansässigen, NEIS zu überprüfen.
14
2. Bei dieser Sachlage gibt es aber auch für die Annahme einer vorvertraglichen Hinweis-(Warn-)Pflicht der Beklagten in Bezug auf den Umfang und die Grenzen der ihr als Mittelverwendungskontrolleurin vertraglich obliegenden Prüfung keine rechtliche Grundlage.
15
a) Zwar ist es nicht, wie die Revision meint, nach der Art der durch das vorliegende Anlagemodell unter Verwendung v on - nicht von der Beklagten herausgegebenen - Prospekten angebahnten vertraglichen Beziehungen ausgeschlossen , dass auch die Beklagte als angehende Mittelverwendungskontrolleurin bereits vorvertragliche Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich derjeni- gen Umstände, die für den Vertragsentschluss der Anleger von besonderer Bedeutung waren, treffen konnten; solche Hinweispflichten konnten sich auch und gerade dann ergeben, wenn der Mittelverwendungskontrolleur, wie hier, in dem Anlagemodell zugleich als Treuhandkommanditist fungierte (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - ZIP 2006, 849, 850 und Senatsurteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - ZIP 2006, 1631 f; für den Abwicklungsbevollmächtigten s. Senatsurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04 - ZIP 2005, 1599, 1601 ff; vgl. auch - zu Prüfungspflichten des als Mittelverwendungstreuhänder vorgesehenen Treuhandkommanditisten - Senatsurteil vom 24. Juli 2003 - III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342 f).
16
Ob derartige vorvertragliche Hinweispflichten bestehen und wie weit sie gehen, hängt vom Einzelfall ab. Sie sind beeinflusst und begrenzt durch das Aufklärungsbedürfnis des Anlageinteressenten. Ein Aufklärungsbedürfnis des Anlageinteressenten besteht aber - im Verhältnis zu den jeweils im Anlagemodell vorgesehenen Vertragspartnern – jedenfalls grundsätzlich (typischerweise) nicht in Bezug auf den Inhalt der abzuschließenden Verträge, wenn und soweit ein durchschnittlicher Anlageinteressent die (zukünftige) Vertragslage anhand der ihm mit dem Anlageprospekt vorgelegten Vertragstexte hinreichend deutlich erfassen kann. Denn von diesem muss erwartet werden, dass er die ihm vorgelegten Verträge (Vertragsentwürfe) durchliest und sich mit ihrem Inhalt vertraut macht.
17
Eine b) Verpflichtung der sich in Vertragsverhandlungen befindlichen Partei, der Gegenseite den Inhalt und Sinn eines vorgeschlagenen - für einen verständigen Leser ohne weiteres verständlichen - Vertragstextes zu erläutern, gibt es danach im Regelfall nicht. Besondere Umstände, die eine solche vorvertragliche Pflicht im Streitfall ausnahmsweise begründet haben könnten, sind weder dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, noch sind sie nach dem im Berufungsurteil festgestellten Sachverhalt sonst ersichtlich.
18
aa) Das Berufungsgericht führt als einzige Begründung für die von ihm angenommene Hinweispflicht der Beklagten an, das Wort "Mittelverwendungskontrollvertrag" suggeriere dem an einem Investment Interessierten entgegen den Tatsachen, dass durch Abschluss eines Vertrages nach dem vorgelegten Muster eine effektive Mittelverwendung erreicht werde. Ähnliches klingt in dem weiteren Satz an, angesichts "der Bezeichnung" des Vertrages habe der potentielle Kapitalanleger nicht mit dem "ganz überwiegend die Haftung der Beklagten ausschließenden Inhalt" des Vertrages rechnen müssen.
19
Diese Begründung überzeugt schon deshalb nicht, weil in aller Regel die bloße Überschrift eines Vertrages, insbesondere auch eines solchen, um den es hier geht, nur eine schlagwortartige Zusammenfassung dessen darstellen kann, was im Einzelnen im Vertragstext geregelt ist. Begriffe wie "Mittelverwendungskontrolle" oder die - vom Berufungsgericht angeführte - "effektive Kontrolle der Mittelverwendung" deuten auf kompliziertere wirtschaftliche Vorgänge hin. Sie sind im Zusammenhang mit Anlagemodellen der vorliegenden Art unter Verwendung komplexer Vertragsgeflechte für sich zunächst einmal ohne konkreten Inhalt und bedürfen erkennbar der näheren Ausfüllung durch detaillierte Einzelbestimmungen.
20
Entgegen dem, was im Berufungsurteil anklingt, waren die im vorliegenden Mittelverwendungskontrollvertrag im Einzelnen vorgesehenen Überprüfungsakte auch keineswegs von vornherein "ineffektiv". Selbst wenn noch weitere als die im Vertragstext aufgeführten Kontrollschritte denkbar gewesen sein mögen, handelt es sich um sinnvolle Schritte. Der Umstand, dass im Streitfall die vorgesehene Art der Prüfung sich im Nachhinein als nicht ausreichend gezeigt und das "Sicherheitssystem" des Anlagemodells sich als lückenhaft herausgestellt haben mag, weil einer der Mitwirkenden - der ausländische Filmversicherer bei C. II - betrügerisch agierte, besagt nicht, dass die mit der Beklagten vereinbarte Mittelverwendungskontrolle als Ganze von vornherein wirkungs- und wertlos war.
21
bb) Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Revisionserwiderung als Grund für eine besondere Aufklärungspflicht der Beklagten zu dem hier in Rede stehenden Punkt anführt, der Inhalt des abzuschließenden Mittelverwendungskontrollvertrages sei, da die vorgesehenen Kontrollmaßnahmen ineffektiv gewesen seien, überraschend gewesen. "Überraschend" sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht (vgl. § 305c Abs. 1 BGB). Dieser Gesichtspunkt kann hier, auch wenn die in Rede stehenden, im Anlageprospekt vorformulierten Vertragsklauseln Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, jedoch schon deshalb nicht (unmittelbar) ausschlaggebend sein, weil, wie ausgeführt, der konkrete Inhalt der vertraglich versprochenen - wie bereits dargelegt, auch keineswegs insgesamt nutzlosen - Mittelverwendungskontrolle sich erst aus den einzelnen Bestimmungen dieses Vertrages, nicht schon aus einem vorgegebenen, klaren "Leitbild" für solche Kontrollmaßnahmen ergibt.
22
cc) Soweit die Revisionserwiderung gleichwohl eine besondere Schutzund Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers als Anlageinteressent sieht, weil dieser mit den sonstigen Prospektangaben "gerade in die Irre geführt" werde, kann ihr nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt eben- falls nicht gefolgt werden. Das angefochtene Urteil enthält diesbezüglich keine Feststellungen. Die Revisionserwiderung verweist unter anderem darauf, dass es im Prospekt C. II in Teil A (S. 11) heißt: "Die optimale Sicherheit Die Mittelfreigabe erfolgt durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Mittelverwendungskontrolleurin"; und (S. 13) nach Beschreibung einer Herstellungsgarantie und der verschiedenen Möglichkeiten einer Rückflussgarantie: "Die Mittel für die Filmprojekte werden erst dann frei gegeben, wenn ein Completion-Bond und eine der oben beschriebenen Ab- sicherungen vorliegen."
23
Auch diese - werbenden - Hinweise verschleiern einem verständigen Leser , der den Prospekt und die beigefügten Unterlagen insgesamt liest, nicht, dass der konkrete Inhalt der Mittelverwendungskontrolle sich nach dem abzuschließenden Mittelverwendungskontrollvertrag richtet.

III.


24
Da nach allem die vom Berufungsgericht angenommene Pflichtverletzung der Beklagten entfällt, kommt es auf die weiteren sich hieran anschließenden Ausführungen im angefochtenen Urteil und die hiergegen von der Revision erhobenen Rügen nicht an. Das Urteil muss aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung des dem Berufungsgericht von den Parteien unterbreiteten Verfahrensstoffs an dieses zurückverwiesen werden.
Schlick Streck Kapsa
Dörr Herrmann

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 16.09.2005 - 15 O 25146/04 -
OLG München, Entscheidung vom 10.04.2006 - 21 U 5051/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 170/04 Verkündet am:
8. März 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Der auf Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens
beruhende Schadensersatzanspruch entsteht bereits
mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere.

b) Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG gilt auch für deliktische Schadensersatzansprüche
, die auf einer fahrlässig begangenen Informationspflichtverletzung
beruhen. Für Ansprüche aus vorsätzlich falscher Anlageberatung verbleibt es bei
der deliktischen Regelverjährung.

c) Die zur Berufshaftung von Rechtsanwälten entwickelten Grundsätze der Sekundärverjährung
sind auf die Haftung von Wertpapierdienstleistungsunternehmen
aus fehlerhafter Anlageberatung nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - KG Berlin
LG Berlin
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Appl und Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 11. März 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretene m Recht auf Schadensersatz wegen eines angeblichen Beratungsverschuldens bei Wertpapiergeschäften in Anspruch.
Die Zedentin erwarb am 8. Februar 2000 nach einer Beratung durch einen Angestellten der Beklagten Anteile an den Investmentfonds "D. -T. ", "D. -E. " und "B. W. ". Die Kurswerte der Fondsanteile sanken ab End e 2000 erheblich, was die Zedentin zum Anlaß nahm, der Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2001 ein grobes Beratungsverschulden vorzuwerfen.
Mit seiner am 28. Februar 2003 bei Gericht eingega ngenen und auf eine Beratungspflichtverletzung gestützten Klage hat der Kläger zunächst Schadensersatz in Höhe der bis zum 31. Dezember 2002 eingetretenen , von ihm auf 24.771,52 € bezifferten Verluste nebst Zinsen verlangt. Im Berufungsverfahren hat er in erster Linie Schadensersatz in Höhe des Anlagebetrages von 49.266,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Wertpapiere begehrt. Seinen ursprünglichen Antrag hat er hilfsweise aufrecht erhalten. Der Kläger behauptet, daß die Zedentin in dem Beratungsgespräch erklärt habe, ausschließlich an einer sicheren und risikolosen Geldanlage interessiert zu sein. Der Angestellte der Beklagten habe auf die Risiken der von ihm empfohlenen Anlage in Investmentfonds, insbesondere die Möglichkeit von Kursverlusten , nicht hingewiesen. Die Beklagte stellt eine fehlerhafte Beratung der Zedentin in Abrede und erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg gebl ieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht (WM 2004, 1872) hat seine Ent scheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch aus p ositiver Vertragsverletzung gegen die Beklagte sowie einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG schlüssig dargelegt. Nach seinem Vorbringen habe die Beklagte die Zedentin fehlerhaft beraten.
Ein etwa bestehender vertraglicher Anspruch sei je doch verjährt. Der Anspruch verjähre nach § 37 a WpHG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem er entstanden sei. Diese Voraussetzung sei nicht erst mit dem Eintritt von Kursverlusten, sondern schon mit dem Erwerb der Wertpapiere am 8. Februar 2000 erfüllt gewesen, da die Zedentin die risikoreichen Wertpapiere bei sachgerechter Beratung nicht erworben hätte. Bei Eingang der Klage am 28. Februar 2003 sei die Verjährungsfrist daher abgelaufen gewesen.
Ein - noch nicht verjährter - Schadensersatzanspru ch des Klägers ergebe sich auch nicht daraus, daß die Beklagte es nach dem 8. Februar 2000 unterlassen habe, die Zedentin auf die ungünstige Kursentwicklung der Fondsanteile hinzuweisen. Mangels Vorliegens eines Vermögensverwaltungsvertrages habe eine solche Hinweispflicht der Beklagten nicht bestanden.
Die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG erfasse auch die nach dem Klägervortrag bestehenden, mit dem Anspruch aus dem Beratungsvertrag konkurrierenden deliktischen Ansprüche wegen fahrlässiger fehlerhafter Beratung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Bei Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung unterliege zwar jeder Anspruch grundsätzlich seiner eigenen Verjährungsfrist. Etwas anderes gelte aber dann, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch den Zweck der kurz bemessenen vertraglichen Verjährungsfrist vereiteln oder die gesetzliche Regelung aushöhlen würde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Die Pflichten aus einem Beratungsvertrag und nach dem Wertpapierhandelsgesetz seien gleich und schützten dasselbe Interesse, nämlich eine anlegergerechte Beratung. Der Gesetzgeber habe die gemäß § 195 a.F. für Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung und Verschulden bei Vertragsschluß geltende dreißigjährige Verjährungsfrist abkürzen wollen, die er als international unüblich und als Hemmnis bei der Beratung von Aktienanlegern wegen des unüberschaubar langen Zeitraums einer möglichen Haftung angesehen habe. Ansprüche aus unerlaubter Handlung verjährten zwar gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F., §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ebenfalls in drei Jahren. Der Verjährungsbeginn hänge aber von subjektiven, für die Bank nicht kalkulierbaren Voraussetzungen ab. Insbesondere könne die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden erst Jahre nach der Beratung eintreten.
Ein vorsätzliches Handeln des Angestellten der Bek lagten, das nicht unter die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG falle, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

Schließlich stehe dem Kläger auch ein Sekundäransp ruch, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG darauf gerichtet sei, daß die Beklagte sich hinsichtlich des Primäranspruchs nicht auf Verjährung berufen könne, nicht zu, weil die zur Sekundärverjährung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG nicht anwendbar seien.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Erge bnis gelangt, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung der Zedentin gemäß § 37 a WpHG verjährt ist. Danach verjährt der Anspruch des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung oder Wertpapiernebendienstleistung in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist.

a) Die Beklagte hat als Wertpapierdienstleistungsu nternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) im Zusammenhang mit einer Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3 a Nr. 3 WpHG) nach dem in der Revisionsinstanz als wahr zu unterstellenden Vortrag des Klägers ihre Beratungspflichten verletzt.


b) Das Berufungsgericht hat, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, mit Recht angenommen, daß ein auf der Beratungspflichtverletzung beruhender Schadensersatzanspruch bereits mit dem Erwerb der Wertpapiere durch die Zedentin am 8. Februar 2000 entstanden ist. Das entspricht der zu § 37 a WpHG in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373 f.; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG 3. Aufl. § 37 a Rdn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 16.568 f.; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 4; Manfred Wolf EWiR 2005, 91, 92; a.A. LG Hof BKR 2004, 489, 490 f.; Schwark, Kapitalmarktrechts -Kommentar 3. Aufl. § 37 a WpHG Rdn. 4), der der Senat sich anschließt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtsho fs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt (BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305 und vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506). Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, daß die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2312; vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Diese Rechtsprechung ist auf den zu entscheidenden Fall, daß der Kunde eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens infolge der Verletzung einer Aufklärungspflicht oder fehlerhafter Beratung Wertpapiere erworben hat, die mit den von ihm verfolgten Anlagezielen nicht in Einklang stehen, übertragbar. Der Anleger ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung von diesem Zeitpunkt an nicht lediglich dem - bei spekulativen Wertpapieranlagen erhöhten - Risiko eines Vermögensnachteils ausgesetzt, sondern bereits geschädigt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Wertpapiere möglicherweise zunächst, solange ein Kursverlust nicht eingetreten ist, ohne Einbuße wieder veräußert bzw. zurückgegeben werden können. Denn bei einer Beratung schuldet das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine auf die Anlageziele des Kunden abgestimmte Empfehlung von Produkten (Senat BGHZ 123, 126, 128 f.). Der Erwerb einer diesen Zielen nicht entsprechenden empfohlenen Wertpapierkapitalanlage läßt auch bei objektiver Betrachtung bereits den Vertragsschluß den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit als nachteilig erscheinen.

c) Die Verjährungsfrist von drei Jahren, die demna ch mit Ablauf (§ 187 Abs. 1 BGB) des 8. Februar 2000 begann, wurde durch die Zustellung der am 28. Februar 2003 eingereichten Klage nicht mehr rechtzeitig gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon au sgegangen, daß der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines nach dem Erwerb der Kapitalanlage unterlassenen Hinweises auf eingetretene Kursverluste hat.

Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Zedentin nach dem 8. Februar 2000 ungefragt auf die nachteilige Wertentwicklung der erworbenen Fondsanteile hinzuweisen. Entgegen der Ansicht der Revision spricht nichts dafür, daß eine Bank außerhalb eines Vermögensverwaltungsvertrages nach beendeter Anlageberatung, die zum Erwerb von Wertpapieren geführt hat, ohne weitere Vergütung verpflichtet ist, die Entwicklung der Wertpapierkurse fortlaufend zu beobachten und den Kunden im Falle einer ungünstigen Entwicklung zu warnen (vgl. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 1256, 1257).
3. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht ang enommen, daß offen bleiben kann, ob § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist (so auch Senatsurteile BGHZ 142, 345, 356 und vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 26), da ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus einem allein zur Entscheidung stehenden fahrlässigen Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG ebenfalls nach § 37 a WpHG verjährt ist.

a) Es entspricht - soweit ersichtlich - der einhel ligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur , daß die Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG nicht nur für Ansprüche aus vertraglichen und vorvertraglichen Pflichtverletzungen gilt, sondern auch für Ansprüche aus fahrlässigen deliktischen Ansprüchen wegen der Verletzung der Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2375; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414 f.; LG Berlin BKR 2004, 127 (LS.); LG Göttingen EWiR 2005, 91;
Kümpel, aaO Rdn. 16.572; Schwark, aaO § 37 a WpHG Rdn. 5; MünchKomm /Ekkenga, HGB Bd. 5 Effektengeschäft Rdn. 248; Schäfer, WpHG § 37 a Rdn. 7 f.; ders., in: Festschrift für Schimansky S. 699, 712 ff.; Lang, aaO § 20 Rdn. 12 f.; Kritter BKR 2004, 261, 263; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 6; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 123 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 16; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 235 f.; Berg VuR 1999, 335, 337 Fn. 102). Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.
Sowohl nach dem Wortlaut des § 37 a WpHG als auch nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/8933 S. 96) unterfallen dieser Verjährungsvorschrift Informationspflichtverletzungen unabhängig davon, ob sie auf vertraglicher Grundlage beruhen oder gesetzlich - insbesondere durch § 31 Abs. 2 WpHG - angeordnet werden. Entscheidend spricht für diese Auslegung auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck. Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933 S. 59, 96). Da eine vertragliche Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzung stets auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG darstellt, würde dieser Gesetzeszweck verfehlt, wenn die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG bei deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen fahrlässiger Fehlberatung keine Anwendung fände. Wollte man dies anders sehen, würde sich durch die Rege-
lung des § 37 a WpHG für angestellte Anlageberater, die aus Verschulden bei Vertragsschluß oder bei einem Beratungsverschulden aus positiver Vertragsverletzung persönlich nicht haften, entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nichts ändern.

b) Demgegenüber verbleibt es für Schadensersatzans prüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen bei der Regelverjährung für deliktsrechtliche Ersatzansprüche (BT-Drucks. 13/8933 S. 97). Wie der Prozeßbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, stehen solche Ansprüche vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung.
4. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht in Übere instimmung mit der herrschenden Meinung (LG Zweibrücken BB 2004, 2373, 2374; LG Düsseldorf BKR 2004, 413, 414; Schwark, aaO Rdn. 6; Schäfer, Festschrift für Schimansky S. 699, 712; Kritter BKR 2004, 261, 263 f.; a.A. Koller, aaO § 37 a Rdn. 18; Ellenberger, Prospekthaftung im Wertpapierhandel S. 121 ff.; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 1 S. 15 f.; Roller/Hackenberg ZBB 2004, 227, 229 ff.; dies. VuR 2004, 46, 48 ff.), der sich der Senat anschließt, angenommen, daß die zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelte Sekundärverjährung (RGZ 158, 130, 134 und 136; BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 41/66, VersR 1967, 979, 980) auf die Fälle schuldhafter Anlageberatung durch Wertpapierdienstleister mangels eines vergleichbaren dauerhaften Vertrauensverhältnisses nicht übertragbar ist. Aus der Erwähnung der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG und 51 a WPO in der Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes, zumal die Sekundärverjährung der Absicht des Gesetzgebers, die Verjährungsfrist im Interesse von
Wertpapierdienstleistungsunternehmen und ihrer Anlageberater erheblich zu verkürzen, zuwider läuft.
Abgesehen davon ist es Aufgabe des Gesetzgebers, a ls zu kurz erachtete Verjährungsfristen aufzuheben, wie er das bei § 51 a WPO mit Gesetz vom 1. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2446, 2451) und bei §§ 51 b BRAO, 68 StBerG mit Gesetz vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214, 3217) getan hat und in bezug auf § 37 a WpHG in Erwägung zieht (BTDrucks. 15/3653 S. 30 und 32; siehe auch den am 17. November 2004 vom Bundeskabinett zurückgestellten Entwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes - KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044).

III.


Die Revision war daher zurückzuweisen.
Nobbe Müller Wassermann Appl Ellenberger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/02 Verkündet am:
9. Mai 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 31, 249 Fb, Hd, 826 A, E; AktG §§ 57, 71

a) Im Rahmen der persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft
nach § 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ist nicht
etwa nur der Differenzschaden des Kapitalanlegers in Höhe des Unterschiedsbetrages
zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem
Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen
; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung
des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder
- sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden
sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises
verlangen (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; 1597
- z.V.b. in BGHZ 160, 149).

b) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die
Aktiengesellschaft, die für die von ihrem Vorstand durch falsche Ad-hocMitteilungen
begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen analog
§ 31 BGB einzustehen hat. Die Naturalrestitution als Form des Schadensausgleichs
ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften
über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) und das
Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Mai 2005 durch die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Münke und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Kläger zu 1, 3, 4, 9, 10, 11, 15, 16, 17, 22, 23, 24, 25, 29, 35, 36, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 52, 54, 55, 58 und 59 wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als deren Klagen abgewiesen worden sind.
II. Auf die Revisionen der Kläger zu 7, 8, 12, 19 und 20, 30, 32, 33 und 34, 39, 41 und 42, 46, 51 und 56 wird das vorbezeichnete Urteil weiter im Kostenpunkt und im nachfolgend näher bezeichneten Umfang der Abweisung ihrer Klagen aufgehoben : 1. Klägerin zu 7 in Höhe von insgesamt 8.075,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. April 2000 über 3.775,00 € und vom 9. Oktober 2000 über 4.300,00 €); 2. Kläger zu 8 in Höhe von insgesamt 15.245,00 € nebst Zinsen (Kauf vom 29. Juni 2000 über 6.120,00 € und vom 10. Oktober 2000 über 9.125,00 €); 3. Kläger zu 12 in Höhe von insgesamt 81.834,20 € nebst Zinsen (sämtliche Aktienkäufe mit Ausnahme desjenigen vom 11. November 1999 über 4.345,52 € abzüglich anteiliger Verkauf von 1.158,18 €); 4. Kläger zu 19 und 20 gemeinsam in Höhe von insgesamt 29.468,17 € nebst Zinsen (31.793,17 € abzüglich Nettoverkaufserlös von 2.325,00 €); 5. Kläger zu 30 in Höhe von insgesamt 19.327,27 € nebst Zinsen (Kauf vom 9. Oktober 2000 über 15.771,56 € sowie vom 22. November 2000 über 8.552,13 € abzüglich Verkauf vom 14. Dezember 2000 über 4.996,42 €); 6. Kläger zu 32 in Höhe von insgesamt 12.068,60 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 12.651,90 € abzüglich entsprechender Verkauf vom 28. Dezember 2000 über 583,30 €); 7. Kläger zu 33 und 34 gemeinsam in Höhe von 569,50 € nebst Zinsen (Kauf vom 28. November 2000); 8. Kläger zu 39 in Höhe von 2.454,73 € nebst Zinsen (Kauf vom 27. November 2000); 9. Kläger zu 41 und 42 gemeinsam in Höhe von 1.638,13 € nebst Zinsen (Kauf vom 30. August 2000); 10. Kläger zu 46 in Höhe von 1.286,35 € nebst Zinsen (Kauf vom 17. November 2000); 11. Kläger zu 51 in Höhe von insgesamt 15.460,07 € nebst Zinsen (Kauf vom 13. März 2000 über 7.981,32 € sowie vom 27. April 2000 über 8.352,09 € abzüglich Verkauf vom 9. Januar 2001 über 873,34 €); 12. Kläger zu 56 in Höhe von 2.381,61 € nebst Zinsen (Kauf vom 19. Mai 2000).
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsund Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger - soweit noch am Revisionsverfahren beteiligt - erwarben in der Zeit von Anfang März 2000 bis 1. Dezember 2000 Aktien der Beklagten zu 1, deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2 und deren Finanzvorstand der Beklagte zu 3 war. Der Kurs der Aktie der Beklagten zu 1 lag am 30. Oktober 1997 (Börseneinführung) bei 18,15 €, stieg bis Februar 2000 auf knapp 116,00 € und sank in der Folgezeit - von gewissen Spitzen abgesehen - bis Ende November 2000 auf ca. 20,00 € ab, ehe er nach einer von der Beklagten zu 1 am 1. Dezember 2000 herausgegebenen Gewinnwarnung auf deutlich unter 10,00 € abstürzte. Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz mit der Behauptung, Aktien der Beklagten zu 1 aufgrund bewußt falscher
Ad-hoc-Mitteilungen und anderer öffentlicher Informationen der Beklagten zu 2 und 3 zu Geschäftsvorgängen der Gesellschaft erworben bzw. nicht verkauft zu haben. Die angeblichen Falschinformationen betreffen folgende Sachverhaltskomplexe :
- Ad-hoc-Mitteilung vom 21. Februar 2000 über den Erwerb der J. Company (J.), der als wichtigster Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens bezeichnet wurde.
- Ad-hoc-Mitteilung vom 22. März 2000 zur Übernahme der S. Investment Ltd. (F.-Gruppe) für 1,8 Mrd. US-Dollar, die der wichtigste Abschluß in der Geschichte des Unternehmens gewesen sei.
- Als Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 bekannt gegebener Quartalsbericht über die Halbjahreszahlen des Unternehmens, in die zu Unrecht Umsatz- und Ergebnisbeiträge der J. und der F.-Gruppe eingestellt waren und die danach u.a. eine Steigerung des Konzernumsatzes um 195 % auswiesen; die diesbezügliche Korrekturmeldung vom 9. Oktober 2000 führte zu einem starken Kurssturz der Aktie.
- Wiederholte öffentliche Prognosen der Beklagten zu 2 und 3 in der Zeit vom 8. Mai 2000 bis zum 28. November 2000, nach denen für das Jahr 2000 ein Umsatz von ca. 1,6 Mrd. DM und ein Gewinn vor Steuern von ca. 600 Mio. DM zu erwarten sei.
In der Gewinnwarnung vom 1. Dezember 2000 wurde die Umsatzerwartung auf 1,38 Mrd. DM bei einem Fehlbetrag von 350 Mio. DM korrigiert. Am
2. Mai 2001 bezifferte der Vorstand der Beklagten zu 1 schließlich den Konzernverlust mit 2,8 Mrd. DM.
Das Landgericht hat die auf § 826 BGB und die Verletzung von Schutzgesetzen i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (darunter § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) gestützte Schadensersatzklage abgewiesen; dabei hat es - neben anderen Erwägungen - insbesondere darauf abgestellt, daß die Kläger nicht die von ihnen geltend gemachte Naturalrestitution, sondern allenfalls den Kursdifferenzschaden beanspruchen könnten, den sie jedoch nicht hinreichend dargelegt hätten. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen der 55 in dieser Instanz noch beteiligten Kläger zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat nur insoweit stattgegeben , als den Klagen Aktienkäufe ab Anfang März 2000 zugrunde lagen. Die danach am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger verfolgen - im Umfang der Zulassung ihrer Rechtsmittel durch den Senat - ihre Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen der Kläger sind im Umfang ihrer Zulassung begründet und führen insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht (NZG 2002, 1110) hat ausgeführt:
Es brauche nicht geklärt zu werden, ob die Beklagten zu 2 und 3 - der Beklagten zu 1 zurechenbar - durch vorsätzlich unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen und sonstige öffentliche Meldungen über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 gegen § 826 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S. des § 823 Abs. 2
BGB verstoßen und dadurch die Kläger zum Erwerb von Aktien der Beklagten zu 1 veranlaßt oder sie vom Verkauf solcher Aktien abgehalten hätten. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Kläger als wahr unterstelle, so hätten sie gleichwohl nicht hinreichend dargelegt, daß ihnen ein ersatzfähiger Schaden entstanden sei. Die von ihnen allein begehrte Naturalrestitution in Form der Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien oder unter Anrechnung eines zwischenzeitlich erhaltenen niedrigeren Verkaufspreises könnten sie nicht beanspruchen. Der Schadensersatz sei in diesen Fällen auf die Differenz zwischen dem infolge einer unrichtigen Meldung zu hohen Kurs und dem im Falle des Unterbleibens der Mitteilung hypothetischen angemessenen Kurs beschränkt. Die Kläger seien jedoch der ihnen insoweit obliegenden Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des konkreten Einflusses einer als unwahr zu unterstellenden, beschönigenden Mitteilung durch die Beklagten zu 2 und 3 auf den Kurswert der Aktie unter Angabe eines konkreten Euro-Betrages nicht nachgekommen. Ohnehin sei der konkrete Schaden nicht meßbar, weil der Kurswert einer Aktie zeitgleich von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt werde, deren genaue Auswirkungen sich nicht exakt feststellen ließen. Daher komme weder eine Schadensberechnung durch Sachverständige noch eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Den Ausführungen des Berufungsgerichts zum Ausschluß der Naturalrestitution - selbst in dem von ihm unterstellten Fall des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB wie auch des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein die Individualinteressen des einzelnen Kapitalanlegers schützenden Gesetzes i.S. von § 823 Abs. 2
BGB - liegt ein offenbar unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 249 ff. BGB zugrunde.
1. a) Auf der Grundlage der - für das Revisionsverfahren maßgeblichen - Wahrunterstellung können die Kläger, die durch die verschiedenen bewußt unwahren , kursrelevanten Ad-hoc-Mitteilungen der beklagten Vorstandsmitglieder über die Geschäftsentwicklung der Beklagten zu 1 zum Erwerb von Aktien der Gesellschaft vorsätzlich veranlaßt wurden, nach § 826 BGB nicht etwa nur den Differenzschaden in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, verlangen; die Anleger können vielmehr - wie der Senat nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils bereits für einen vergleichbaren Fall entschieden hat - Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien oder - sofern diese wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden sind - gegen Anrechnung des an ihre Stelle getretenen Veräußerungspreises beanspruchen (Sen.Urteile v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1724 = ZIP 2004, 1593, 1597 - z.V.b. in BGHZ 160, 149; II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729; - Infomatec). § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung. Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 - wie im vorliegenden Fall zu unterstellen ist - enttäuschte Anleger im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen
Mitteilung nachgekommen wären. Da die am Revisionsverfahren beteiligten Kläger in diesem Fall - wie ebenfalls zu unterstellen ist - die Aktien nicht erworben hätten, können sie nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger , die Beklagten zu 2 und 3, verlangen.

b) Schadensersatz in Form der Naturalrestitution können die Kläger nach den vorstehenden Grundsätzen von den Beklagten zu 2 und 3 auch insoweit verlangen, als diese aufgrund der Wahrunterstellung des Berufungsgerichts durch die ihnen vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich gegen ein dem Schutz der Anleger dienendes Gesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen haben. Hier stellt insbesondere der in Form einer Ad-hoc-Mitteilung von den Beklagten zu 2 und 3 zu verantwortende Quartalsbericht vom 24. August 2000 über die Konzern-Halbjahreszahlen einen schuldhaften Verstoß gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dar, wenn er - wie in dem gegen die Beklagten zu 2 und 3 geführten Strafverfahren festgestellt wurde - ein unzutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ermöglichte und den Eindruck der Vollständigkeit erweckte (vgl. BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, ZIP 2005, 78, 79 ff.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG dient als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB dem Schutz des Vertrauens potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse (Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO S. 1723; dem folgend: BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - 1 StR 420/03, aaO S. 79 - jeweils m.w.Nachw.).
2. a) Eine gesamtschuldnerische Haftung auf Naturalrestitution trifft auch die Beklagte zu 1, die als juristische Person für die von ihrem Vorstand als ver-
fassungsmäßig berufenem Vertreter durch falsche Ad-hoc-Mitteilungen begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigungen (§ 826 BGB) und vorsätzlichen Verstöße gegen ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB, § 400 AktG) analog § 31 BGB einzustehen hat. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG in der hier einschlägigen ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 26. Juli 1994 (im folgenden: a.F.) eine besondere Schadensersatzhaftung des Emittenten für die Verletzung der ihm gemäß § 15 Abs. 1-3 WpHG a.F. auferlegten Ad-hoc-Publizität ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Jedoch bleiben gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. ausdrücklich Schadensersatzansprüche , die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Dabei wurde im Gesetzgebungsverfahren besonders hervorgehoben (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), daß ein Haftungsausschluß zugunsten des Emittenten in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar wäre und eine sachlich nicht vertretbare Bevorzugung des Emittenten gegenüber anderen Unternehmen darstellen würde, die für betrügerisches Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters - gegebenenfalls mit existenzbedrohenden Konsequenzen für das Unternehmen - haften müßten. Danach ist es gerechtfertigt, die juristische Person über § 31 BGB (vgl. dazu: BGHZ 99, 298, 302) grundsätzlich für vorsätzliche Falschinformationen ihrer Organe gegenüber dem Anlegerpublikum des Sekundärmarktes, sofern dadurch - wie hier - § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 AktG verletzt sind, auf Schadensersatz haften zu lassen.

b) Die dabei als Schadensausgleich gemäß § 249 BGB vorrangig geschuldete Naturalrestitution ist nicht durch die besonderen aktienrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57
AktG) und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) begrenzt oder gar ausgeschlossen.
aa) Allerdings lehnte das Reichsgericht in seiner frühen Rechtsprechung zunächst die Haftung einer Aktiengesellschaft nach §§ 823 ff., 31 BGB in Fällen , in denen ihr Vorstand Anleger durch Täuschung zum Erwerb ihrer Aktien verleitet hatte, ab und räumte damit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zum Schutze von Drittgläubigern der Gesellschaft den Vorrang vor den allgemeinen Haftungsnormen des BGB ein (vgl. RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; ähnlich auch RGZ 72, 290, 293); jedoch differenzierte es später nach der Art des Aktienerwerbs: Nur für solche Aktionäre, die ihre Aktien durch Zeichnung oder in Ausübung eines (primären) Bezugsrechts erworben hätten, sei sowohl eine allgemeine bürgerlich-rechtliche Haftung des Emittenten als auch dessen Prospekthaftung nach dem Börsengesetz ausgeschlossen, während die Gesellschaften nach diesen Normen hafteten, wenn der Wertpapiererwerb auf einem gewöhnlichen (derivativen) Umsatzgeschäft beruhe und der Aktionär der Gesellschaft wie ein außenstehender Gläubiger gegenüberstehe (RGZ 71, 97 ff.; 88, 271, 272). Ob es dieser - bis in neuere Zeit sowohl von obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Frankfurt ZIP 1999, 1005, 1007 f.) als auch von der herrschenden Lehre im Schrifttum (vgl. nur Henze in GroßkommAktG 4. Aufl. § 57 Rdn. 18 ff.; ders. in: NZG 2005, 115 - jew. m. umfangr. Nachw.) angewandten - Unterscheidung zur Lösung des Problems der Konkurrenz zwischen kapitalmarktrechtlicher (Prospekt-) Haftung und dem aktienrechtlichen Grundsatz der Vermögensbindung (§ 57 AktG) im Hinblick auf die eindeutig in die Richtung auf eine uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers (vgl. zum Sekundärmarkt: BT-Drucks. 12/7918 S. 102 - zu § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG, neuerdings zudem: §§ 37 b, 37 c WpHG; zum Primärmarkt: Begr.RegE BT-Drucks. 13/8933 S. 78, sowie §§ 44 f., 47
Abs. 2 BörsG) noch bedarf, kann dahinstehen. Denn auch auf der Grundlage dieser bislang herrschenden Meinung muß jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung nach § 826 BGB und eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 400 AktG als anlegerschützendes Gesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB der Kapitalschutzgedanke des § 57 AktG zu Lasten der Beklagten zu 1 zurückstehen. Die Kläger haben - infolge der vorsätzlich falschen Ad-hoc-Mitteilungen des Vorstandes der Beklagten zu 1 - die Aktien der Beklagten zu 1 durch derivative Umsatzgeschäfte auf dem Sekundärmarkt, und zwar nicht einmal unmittelbar von der Beklagten zu 1, sondern von dritten Marktteilnehmern, erworben. Die Ersatzforderungen der in sittenwidriger Weise geschädigten Kläger gegen die Gesellschaft beruhen daher in erster Linie nicht auf ihrer - durch die unerlaubten Handlungen des Vorstands erst begründeten - mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung als Aktionäre, sondern auf ihrer Stellung als Drittgläubiger; die deliktische Haftung der Aktiengesellschaft knüpft an die Verletzung von gesetzlichen Publizitätspflichten (§ 15 WpHG) an, die ihr in erster Linie zum Schutz der Funktionsfähigkeit des (sekundären) Kapitalmarktes auferlegt wurden (vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot und Ad-hocPublizität 1999, S. 141 f.; Schwark/Zimmer, KMRK 3. Aufl. § 37 b, § 37 c WpHG Rdn. 12 m.w.Nachw.). Das Gesellschaftsvermögen wird also durch die Belastung mit einer derartigen Schadensersatzverbindlichkeit nicht anders als bei sonstigen Deliktsansprüchen außenstehender Gläubiger in Anspruch genommen. Angesichts dessen besteht bei der kapitalmarktbezogenen sittenwidrigen Beeinträchtigung der Willensfreiheit des Anlegers durch das Leitungsorgan kein Anlaß, die Gesellschaft wegen des aktienrechtlichen Vermögensbindungsgrundsatzes von jeglicher Ersatzverpflichtung freizustellen oder auch nur die Haftung auf das sog. freie Vermögen, d.h. auf einen das Grundkapital und die gesetzliche Rücklage übersteigenden Betrag, zu beschränken (vgl.
Schwark/Zimmer aaO Rdn. 14 m.w.Nachw.; a.A. Henze, NZG 2005, 109, 120 f.).
bb) Einem Schadensausgleich in Form der Naturalrestitution steht auch nicht entgegen, daß diese unter Umständen dazu führt, daß die Beklagte zu 1 gegen Erstattung des von den geschädigten Klägern aufgewendeten Kaufpreises die von diesen erworbenen Aktien übernehmen muß und dadurch formal gesehen - entgegen § 71 AktG - eigene Aktien "erwirbt". Auch insoweit hat das Integritätsinteresse der durch vorsätzlich sittenwidriges oder strafbares - der Gesellschaft zurechenbares - Handeln des Vorstandes geschädigten Anleger auf Herbeiführung eines Zustandes, der dem schadensfreien möglichst nahe kommt (§ 249 Abs. 1 BGB), Vorrang vor dem - ähnlich wie § 57 AktG auch der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung dienenden - Verbot des Erwerbs eigener Aktien (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ohnehin ist die Tatsache, daß es im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs zu einer Übernahme eigener Aktien durch die Gesellschaft kommen kann, lediglich Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und als solche von der ersatzpflichtigen Gesellschaft hinzunehmen: Während die eigentliche Belastung des Vermögens der Gesellschaft durch die Pflicht zur Erstattung des von den Anlegern aufgewendeten Kaufpreises stattfindet, beruht die Verpflichtung des Geschädigten , die etwa noch in seinem Besitz befindlichen Aktien Zug um Zug an den am Erwerb nicht beteiligten Schädiger herausgeben zu müssen, vor allem darauf, daß ihm aus Anlaß der Schädigung kein über den Ersatz des Schadens hinausgehender Vorteil ("Bereicherungsverbot") verbleiben soll. Haben die geschädigten Anleger etwa die Aktien schon (wieder) veräußert, so findet aus demselben Grunde bei der Schadensabwicklung eine wertmäßige Anrechnung des aus dem Verkauf der Aktien erlangten Kaufpreises statt. Auch unter Wertungsaspekten wäre eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Fallkon-
stellationen - Schadensersatz bei zwischenzeitlichem Verkauf der Aktien, Ausschluß des Ersatzes bei deren Vorhandensein im Hinblick auf § 71 AktG - nicht gerechtfertigt, zumal der nur in der zweiten Variante auftretende Gesichtspunkt des "Erwerbs eigener Aktien" mehr oder minder zufällig ist und im übrigen durch den getäuschten Anleger durch jederzeit zulässigen Verkauf der Aktien vermieden werden kann. Entsprechendes gilt im übrigen, sofern sich der geschädigte Anleger - was zulässig wäre - auf die alternativ bestehende Möglichkeit der Geltendmachung des Differenzschadens beschränken würde. Auch deshalb gebührt dem Grundsatz der Naturalrestitution, sofern er im Zuge der Schadensabwicklung mit dem formalen Aspekt des faktischen Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG) in Widerstreit gerät, der Vorrang.
3. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird, die Kläger verlangten als Folge der den Beklagten angelasteten falschen Ad-hocMitteilungen Schadensersatz hinsichtlich des Erwerbs "bzw." des Nichtverkaufs von Aktien, finden sich bezüglich der zweiten Konstellation im Urteil keine weiteren quantitativen oder qualitativen Ausführungen oder Differenzierungen hinsichtlich der Form des Schadensersatzes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts machen sämtliche Kläger jedoch konkret allein Naturalrestitution für den aufgewendeten Kaufpreis geltend; in Übereinstimmung damit ergibt sich aus dem von den vorinstanzlichen Entscheidungen in Bezug genommenen Schriftsatz der Kläger vom 18. Juli 2001, daß solche Kläger, die mehrfach Aktien der Beklagten zu 1 erworben haben, vortragen, durch die Äußerungen der Beklagten zu 2 und 3 zum "Halten" der bisherigen Aktien und zum Erwerb weiterer Aktien veranlaßt worden zu sein; gesonderte schadensersatzrechtliche Konsequenzen werden daraus neben oder anstelle des begehrten Ersatzes für den Erwerb von Aktien (bislang) nicht gezogen. Damit bleiben die Ausführungen des Berufungsgerichts für diese Konstellation derzeit ohne prozessuale
Relevanz. Insoweit merkt der Senat lediglich an, daß solche Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstandes nachweisbar von dem zu einem bestimmten Zeitpunkt fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, selbstverständlich nicht den Erwerbspreis als Schadensersatz beanspruchen könnten, sondern den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin (gegen Überlassung der etwa noch vorhandenen Aktien oder unter Anrechnung des zwischenzeitlich etwa tatsächlich erzielten Verkaufserlöses). Auch insoweit würde es sich allerdings um eine Form der Naturalrestitution, nicht hingegen um einen Differenzschaden handeln.
4. Darauf, daß auch die Annahme des Berufungsgerichts, ein etwaiger Differenzschaden lasse sich in Bezug auf den Aktienkurs nicht feststellen, durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. dazu unter III 3), kommt es danach nicht mehr entscheidend an.
III. Der unter II 1 f. aufgezeigte Rechtsfehler macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht etwa durch abschließende Endentscheidung des Senats mit anderer Begründung aufrechterhalten (vgl. § 561 ZPO). Als hinreichende Beurteilungsgrundlage reicht dem Senat insoweit hinsichtlich der am Revisionsverfahren noch beteiligten 42 Kläger die bloße Bezugnahme des Oberlandesgerichts auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils nicht aus. Zwar hat das Landgericht abgesehen von der nicht tragfähigen , auf einer Wahrunterstellung beruhenden Verneinung des geltend gemachten Schadens die Klageabweisung auch darauf gestützt, daß die meisten Kläger nicht substantiiert vorgetragen hätten, aufgrund welcher konkreten Hand-
lung der Beklagten sie zu einem Kauf der Aktien veranlaßt worden seien; selbst der Vortrag der übrigen Kläger sei letztlich nicht hinreichend, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Das Berufungsurteil läßt aber nicht erkennen , inwiefern es sich mit den Einwänden der Berufung gegen die beiden Argumentationslinien des Landgerichts konkret auseinandergesetzt hätte. Da es sich bei den Anlageentscheidungen der zahlreichen Kläger um individuell geprägte Willensentschlüsse handelt, die im Regelfall nicht durch typisierende Betrachtungsweise erfaßt werden können (vgl. zur grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Anscheinsbeweises: Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, WM 2004, 1731, 1734 f. = ZIP 2004, 1599, 1602 ff., z.V.b. in BGHZ 160, 134; II ZR 217/03 aaO S. 1731 - Infomatec), eignen sich die Klagen der einzelnen Kläger, auch wenn sie hier im Wege der Klagehäufung - wenig zweckmäßig - zu einem Prozeß verbunden sind, grundsätzlich nicht für eine pauschalierende Behandlung wie in einem Massenverfahren.
2. Das Berufungsgericht wird sich daher in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung jeweils im einzelnen mit den Klagen der diversen nach Durchführung der Revision noch verbliebenen Kläger zu befassen haben; nur soweit die Klagen tatsächlich gleichgelagert sind, bestehen gegen eine zusammengefaßte Behandlung unter Darlegung der vergleichbaren Umstände in einer erneuten Berufungsentscheidung keine Bedenken.
Im übrigen wird für das weitere Verfahren auf die bereits erwähnten, zu vergleichbaren Fallkonstellationen ergangenen drei Grundsatzentscheidungen des Senats vom 19. Juli 2004 (aaO - Infomatec) hingewiesen.
Abgesehen von einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt hier in bezug auf den in Form einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichten Quartalsbericht vom 24. August 2000 eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2 und 3
- für die die Beklagte zu 1 einzustehen hätte - nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG in Betracht; auf die diesbezüglichen Feststellungen des 1. Strafsenats in dem die Beklagten zu 2 und 3 betreffenden Revisionsverfahren (1 StR 420/03 aaO S. 78) wird nochmals ergänzend hingewiesen. Soweit es für die Beurteilung der individuellen Anlageentscheidungen der Kläger im weiteren Verfahren auf das Zeitmoment der Nähe der jeweiligen Kaufentschlüsse zu den behaupteten unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen der Beklagten zu 2 und 3 ankommt , weist der Senat darauf hin, daß u.a. der Kläger zu 35 nach seinem Vorbringen die entsprechende Anlageentscheidung noch am Tag der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes vom 24. August 2000 und der Kläger zu 22 seine diesbezügliche Entscheidung am Folgetage getroffen hat. Ein derartiges Zeitmoment kann auch ausschlaggebend für die erforderliche Anfangswahrscheinlichkeit im Rahmen der beantragten Parteivernehmung nach § 448 ZPO sein, zumal dann, wenn die Kläger - wie sie in den Vorinstanzen vorgetragen haben - hinsichtlich ihrer individuellen Anlageentscheidung über keine anderen Beweismittel als ihre eigene Vernehmung als Partei verfügen.
3. Sofern Kläger in der neu eröffneten Berufungsinstanz etwa im Rahmen ihres Schadensersatzbegehrens von der Naturalrestitution zu der alternativ möglichen Differenzschadensberechnung übergehen sollten, weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der Differenzschaden in Form des Unterschiedsbetrages zwischen dem tatsächlich gezahlten Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich ermittelbar. Bei der Berechnung der Wertdifferenz steht zunächst der von dem getäuschten Anleger gezahlte Kaufpreis fest, während sich lediglich der wahre Wert bei Geschäftsabschluß im Falle pflichtgemä-
ßem Publizitätsverhaltens als eine hypothetische Größe der unmittelbaren Wahrnehmung entzieht. Selbst wenn - wie das Oberlandesgericht meint - Kursbewegungen niemals monokausal sind (vgl. dazu Groß, WM 2002, 477, 486), so besteht doch in der herrschenden Meinung der Literatur Übereinstimmung, daß sich trotz aller Schwierigkeiten der hypothetische Transaktionspreis mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft durchaus mit der erforderlichen Sicherheit errechnen läßt, um - ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen - zumindest eine richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu ermöglichen (vgl. insbesondere zur vergleichbaren Problematik im Rahmen der Schadensberechnung zu §§ 37 b, 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff. m. umfangr. rechtsvergleichenden Nachw.; Steinhauer aaO S. 272 ff., 281 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Rützel, AG 2003, 69, 76 f.; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 55; Sethe, WpHG § 37 b, 37 c Rdn. 60 ff.). Als geeignete Hilfsgröße zur Ermittlung des hypothetischen Preises kann auf die Kursveränderung unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage zurückgegriffen und sodann "vermittels rückwärtiger Induktion" auf den wahren Wert des Papiers am Tage des Geschäftsabschlusses näherungsweise geschlossen werden (vgl. Fleischer aaO S. 1873 m.w.Nachw.). Auch wenn es dabei - ähnlich wie bei der Unternehmensbewertung - im Detail unterschiedliche methodische Ansätze für die Näherungsrechnung geben mag, so wird dadurch die Berechenbarkeit als solche nicht in Frage gestellt. Der Tatrichter ist auf der Grundlage entsprechenden Vortrags der geschädigten Anleger zu den hier relevanten Zeitpunkten in der Lage, sich mit sachverständiger Hilfe zumindest
die gebotene wissenschaftlich abgesicherte Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Vermögensschadens der Kapitalanleger i.S. von § 287 ZPO zu verschaffen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Münke Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 249/09
Verkündet am:
8. Juli 2010
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters
oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers ergibt sich nicht schon
allein daraus, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten
Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte
des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 25. August 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Empfehlung Auf des Beklagten zeichnete der Kläger am 28. Oktober 1999 über eine Summe von 150.000 DM zuzüglich 5 % Agio (7.500 DM) eine Beteiligung an der C. G. GmbH & Co. Vermietungs KG (Turmcenter F. ), einem geschlossenen Immobilienfonds. Die hierfür benötigten Mittel hatte der Kläger aus dem Verkauf eines von seinem Vater ererbten Hausgrundstücks gewonnen. Der Fonds wurde zum 31. Dezember 1999 nach Vollplatzierung geschlossen. Nach anfänglichen Ausschüttungen geriet der Fonds aufgrund deutlichen Rückgangs der Mieteinnahmen ab dem Jahre 2002 in zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten. Der Versuch, die im Eigentum des Fonds stehende Büroturm-Immobilie - als wesentlichen Teil des Fondsvermögens - zu veräußern, blieb ohne Erfolg. Auf Antrag der finanzierenden Bank wurde am 4. August 2005 die Zwangsverwaltung des Objekts angeordnet. Die Hauptmieterin kündigte das Mietverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 2005. Am 17. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht München die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der Fondsgesellschaft an.
3
Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung unter Einberechnung der Kosten für die Beteiligung an dem Fonds und entgangener anderweitiger Anlagezinsen - nach Abzug ihm verbliebener Ausschüttungen - mit 102.879,46 € beziffert und geltend gemacht, der Beklagte habe seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt, da er ihm mit der Fondsbeteiligung eine Anlage empfohlen habe, die seinem erklärten Anlageziel einer sicheren Altersvorsorge widersprochen habe. Der Beklagte habe ihn nicht auf die spezifischen Risiken dieser Anlage, insbesondere nicht auf das Risiko eines Totalverlusts, hingewiesen , die gebotene Überprüfung der wirtschaftlichen Plausibilität, Seriosität und Tragfähigkeit des Beteiligungsangebots unterlassen und negative Pressestimmen nicht berücksichtigt. Als Fachmann habe der Beklagte erkennen müssen, dass das Beteiligungsangebot auf eine Täuschung der neu eintretenden Anleger abgezielt und von vornherein keine Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg gehabt habe.
4
Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
5
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist im Wesentlichen - bis auf einen geringfügigen Teil der erstinstanzlich zugesprochenen Zinsen - ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht (GWR 2010, 93) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen Vertragspflichtverletzung des Beklagten zu. Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Die ihm hieraus erwachsenen Pflichten habe der Beklagte verletzt, da er keine anlegergerechte - das heißt dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe. Der Beklagte habe dem Kläger eine Kapitalanlage empfohlen, die für das Ziel einer Altersvorsorge erkennbar ungeeignet gewesen sei. Die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds berge das Risiko des Totalverlusts. Nach den zu Grunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts habe der Kläger eine Kapitalanlage gewünscht, die gerade auch dem Zweck der Altersversorgung habe dienen sollen. Durch den von ihm zu vertretenden Beratungsfehler habe der Beklagte einen Schaden in der mit der Klage geltend gemachten Höhe herbeigeführt. Ein anrechnungsfähiges Mitverschulden falle dem Kläger nicht zur Last, da er auf den Rat des Beklagten habe vertrauen dürfen. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei auch nicht verjährt. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger vor dem 1. Januar 2004 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gehabt oder sich insoweit grob fahrlässig in Unkenntnis befunden habe. Für eine grob fahrlässige Unkenntnis genüge es nicht, dass er den ihm überlassenen Anlageprospekt nicht durchgelesen habe.

II.


9
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger den geforderten Schadensersatz nach den Grundsätzen der Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
10
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien sei - über eine reine Anlagevermittlung hinausgehend - ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, der den Beklagten zu einer eingehenden anlegergerechten, an den konkreten Anlagezielen des Klägers orientierten Beratung verpflichtet habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
11
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , dass der Beklagte seine Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verletzt habe, da er keine anlegergerechte - dem erklärten Anlageziel des Klägers gemäße - Beratung geleistet habe.
12
a) Nach den Feststellungen beider Vorinstanzen, die maßgeblich auf die Würdigung der Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen R. -H.. E. , des Sohnes des Klägers, gestützt worden sind, hatte der Kläger dem Beklagten im Beratungsgespräch erklärt, dass es ihm neben dem Aspekt der Steuerersparnis gerade auch darum gehe, dass das Kapital "sicher" sei und so angelegt werden solle, dass es für das Alter reiche; der Zweck der Alterssicherung und -vorsorge sei ausdrücklich mitgeteilt worden.
13
Diese Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
14
Soweit der Beklagte einwendet, dass es weitere Gespräche zwischen den Parteien gegeben habe, an denen der Zeuge E. nicht beteiligt gewesen sei, weist die Revisionserwiderung in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass der Beklagte nicht dargetan hat, dass der Kläger in diesen weiteren Gesprächen von dem bekundeten Anlageziel abgewichen wäre, insbesondere das Ziel einer "sicheren Altersvorsorge" aufgegeben hätte. Dass die Ziele einer einerseits steuersparenden und andererseits zur Altersvorsorge geeigneten, "sicheren" Kapitalanlage in einen Konflikt geraten können - jedoch nicht: geraten "müssen" -, steht der Schlüssigkeit und Widerspruchsfreiheit der Beweiswürdigung nicht entgegen.
15
Auch mit seiner Rüge, das Berufungsgericht habe - ebenso wie schon das Landgericht - fehlerhaft davon abgesehen, ihn selbst zum Inhalt der Beratungsgespräche als Partei zu vernehmen oder anzuhören, vermag der Beklagte nicht durchzudringen. Mangels Zustimmung des Klägers (§ 447 ZPO) kam hier allein eine Parteivernehmung des Beklagten nach § 448 ZPO in Betracht. Diese setzt freilich voraus, dass aufgrund einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die durch die Parteivernehmung zu beweisende Tatsache spricht ("Anbeweis"; s. etwa BGHZ 150, 334, 342; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002, 1003 m.w.N.). Hiervon ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen, ohne dass ihm dabei ein Rechtsfehler unterlaufen ist.
16
Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch - anders als die Gegenpartei - keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (Senat, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10 sowie Beschlüsse vom 25. September 2003 - III ZR 384/02 - NJW 2003, 3636 und vom 30. September 2004 - III ZR 369/03 - BeckRS 2004, 09779; BGH, Urteile vom 9. Oktober 1997 - IX ZR 269/96 - NJW 1998, 306 f; vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363, 364; vom 19. Dezember 2002 aaO; vom 27. September 2005 - XI ZR 216/04 - NJW-RR 2006, 61, 63 und vom 23. April 2008 - XII ZR 195/06 - NJW-RR 2008, 1086, 1087 Rn. 13; BVerfG, NJW 2001, 2531 f; NJW 2008, 2170 f; EGMR, NJW 1995, 1413 f). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Bei dem vom Zeugen E. bekundeten Gespräch handelt es sich nicht um ein Vier-Augen-Gespräch. Der Zeuge E. hat bei dem Beratungsgespräch nicht anstelle des Klägers als dessen Vertreter gehandelt, sondern als weitere Person teilgenommen. Dass er dem Kläger als dessen Sohn nahe steht, rechtfertigt es nicht ohne weiteres, das Gespräch als ein zwischen den Parteien geführtes "Vier-Augen-Gespräch" einzuordnen (s. auch BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; für den Fall des Gesprächs zwischen einer Prozesspartei und einem "außenstehenden" bzw. "nicht ausschließlich im Lager" der gegnerischen Partei stehenden Zeugen s. BGHZ 150, 334, 341 ff und Senatsbeschluss vom 30. September 2004 aaO). Hinzu kommt, dass sich der Beklagte für seine gegenteilige Behauptung, dass es dem Kläger stets und allein um die Steuerersparnis - als "einzige Richtschnur" - gegangen sei, nicht aber (auch) um eine sichere, zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage, auf das Zeugnis der Steuerberaterin F. -F. berufen hat; diese Zeugin hat in ihrer Vernehmung vor dem Landgericht freilich bekundet, an den Gesprächen nicht beteiligt gewesen zu sein beziehungsweise sich hieran nicht mehr erinnern zu können. Bei dieser Lage einer - behaupteten - Gesprächsbeteiligung zweier weiterer als Zeugen vernommener Personen fordert der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht die Anhörung oder Vernehmung derjenigen Partei, zu deren Nachteil die Beweisaufnahme ausgegangen ist. Abgesehen davon ist den Belangen der in Beweisnot geratenen Partei zureichend Genüge getan, wenn diese bei oder nach der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung ) vor Gericht persönlich anwesend war und daher die Möglichkeit hatte, ihre Darstellung vom Verlauf des Gesprächs durch eine Wortmeldung gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich vorzutragen oder den Zeugen zu befragen (Senatsbeschlüsse vom 25. September 2003 aaO und vom 30. September 2004 aaO; BGH, Urteil vom 23. April 2008 aaO; BVerfG, NJW 2008, 2170, 2171). Der Beklagte war bei sämtlichen Verhandlungs- und Beweisterminen in beiden Vorinstanzen persönlich anwesend; zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht war zudem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden. Dafür, dass er daran gehindert gewesen wäre, in diesen Terminen seine Sicht der Gesprächsinhalte zu schildern, ist nichts vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17
b) Ausgehend davon, dass der Kläger ausdrücklich - auch - eine "sichere" , zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage wünschte, hat das Berufungsgericht einen Beratungsfehler des Beklagten zu Recht schon darin gesehen, dass dieser dem Kläger die Anlage in dem hier streitgegenständlichen geschlossenen Immobilienfonds empfohlen hat.
18
Eine solche Empfehlung verletzte die Pflicht zur "anlegergerechten", auf die persönlichen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden zugeschnittene Beratung. Soll gemäß dem Anlageziel des Kunden eine sichere Geldanlage getätigt werden, so kann, wie dies der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos schon für sich genommen fehlerhaft sein (Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - BeckRS 2008, 13080 Rn. 6 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08 - BKR 2010, 118, 120 Rn. 21). Zwar ist bei der Beteiligung an einem Immobilienfonds das Risiko eines anteilmäßig hohen Kapitalverlusts meist gering zu veranschlagen; dies gilt insbesondere für das Risiko eines Totalverlusts, da dem Fonds in aller Regel der Sachwert des Immobilienvermögens verbleibt (vgl. dazu BGHZ 167, 239, 249 Rn. 26 sowie BGH, Urteile vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08 - NJW-RR 2010, 115, 116 Rn. 25 und - XI ZR 338/08 - BB 2010, 15, 16 Rn. 28). Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine "unternehmerische Beteiligung", die als solche das Risiko birgt, dass das eingesetzte Kapital zumindest zu einem Teil verloren gehen kann. Dieses Risiko hängt in seinem Ausmaß unter anderem von der Eigenkapital -/Fremdkapitalquote, der Entwicklung der Immobilienpreise und Mieteinkünfte und den zu Grunde gelegten Wertansätzen ab. Da die hier empfohlene Fondsanlage - worauf der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme auf entsprechende Angaben im Anlageprospekt hingewiesen haben will - sogar (im "Extremfall" ) ein "Totalverlustrisiko" aufwies, durfte diese Beteiligung nicht als praktisch (weitgehend) "risikofrei" und mithin "sichere", zur Altersvorsorge geeignete Kapitalanlage eingeordnet werden. Gegenteiliges hat der Beklagte in den Vorinstanzen auch nicht geltend gemacht.
19
Unter diesen Umständen hätte der Beklagte dem Kläger die hier eingegangene Beteiligung nicht empfehlen dürfen, sondern davon abraten müssen. Dafür, dass der Kläger, etwa unter dem Eindruck entsprechender deutlicher Hinweise des Beklagten, von seinem Anlageziel einer "sicheren", zur Altersvorsorge geeigneten Kapitalanlage abgerückt wäre und sich letztlich bewusst auf eine diesem Anlageziel widersprechende Fondsbeteiligung eingelassen hätte, hat der Beklagte keinen tragfähigen Anhaltspunkt vorgetragen, und ein solcher ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
20
3. Die Kausalität des Beratungsfehlers des Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers und den ihm daraus erwachsenen Schaden hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Diesen Punkt greift die Revision auch nicht an. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Beratung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (s. etwa Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f Rn. 22 ff; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8; vom 5. November 2009 aaO S. 351 Rn. 21 und vom 19. November 2009 aaO S. 121 Rn. 26 sowie Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - BeckRS 2009, 11192 Rn. 8 m.w.N.). Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht.
21
4. Auch gegen den Umfang des zuerkannten Schadensersatzanspruchs und die Ablehnung eines anrechnungsfähigen Mitverschuldens des Klägers (§ 254 BGB) bringt die Revision nichts vor. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Mitverschulden des Anlageinteressenten im Falle eines Schadensersatzanspruchs wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung kommt, weil sich der Anleger regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf (s. dazu BGHZ 100, 117, 125; BGH, Urteile vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; vom 26. September 1997 - V ZR 65/96 - NJW-RR 1998, 16 und vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02 - NJW 2004, 1868, 1870, jeweils m.w.N.).
22
5. Entgegen der Ansicht der Revision greift auch der Einwand der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) nicht durch. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist habe nicht vor Ablauf des Jahres 2004 zu laufen begonnen und sei daher durch Zustellung des Mahnbescheids am 13. Februar 2007 gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
23
a) Der hier in Rede stehende Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung ist im Jahre 1999, nämlich mit dem vom Beklagten empfohlenen Erwerb der Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds, entstan- den (§ 198 Satz 1 BGB a.F.) und unterlag mithin zunächst der 30jährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
24
Zwar ist der Eintritt eines Schadens regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn es zu einer konkreten Verschlechterung der Vermögenslage des Gläubigers gekommen ist; der Eintritt einer risikobehafteten Situation genügt dafür grundsätzlich nicht (BGHZ 73, 363, 365; 100, 228, 231 f; 124, 27, 30; BGH, Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1499). Allerdings kann der auf einer fehlerhaften Beratung beruhende Erwerb einer für den Anlageinteressenten nachteiligen, seinen konkreten Anlagezielen und Vermögensinteressen nicht entsprechenden Kapitalanlage bereits für sich genommen einen Schaden darstellen und ihn deshalb - unabhängig von der Werthaltigkeit der Anlage - dazu berechtigen, im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Erwerbs der Anlage zu verlangen; der Schadensersatzanspruch entsteht hierbei schon mit dem (unwiderruflichen und vollzogenen) Erwerb der Kapitalanlage (BGHZ 162, 306, 309 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991 - IX ZR 188/90 - NJW-RR 1991, 1125, 1127; vom 27. Januar 1994 - IX ZR 195/93 - NJW 1994, 1405, 1407; vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - NJW 1998, 302, 304 und vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02 - NJW-RR 2004, 1407). So liegt es auch hier.
25
b) Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit dem 1. Januar 2002 für den bis dahin nicht verjährten Schadensersatzanspruch die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB n.F., wobei für den Fristbeginn zusätzlich die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen müssen; der Gläubiger muss von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt haben oder seine diesbezügliche Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhen (BGHZ 171, 1, 7 ff Rn. 19 ff; 179, 260, 276 Rn. 46; BGH, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07 - NJW 2008, 506 Rn. 8; Senatsurteil vom 19. November 2009 aaO S. 119 Rn. 13). Für eine dahingehende Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers trägt der Beklagte als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast (BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06 - NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25).
26
c) Die Würdigung des Berufungsgerichts, eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den Anspruchsvoraussetzungen ergebe sich nicht schon daraus, dass dieser es unterlassen hat, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hierbei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen, hält den Angriffen der Revision stand.
27
aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer Partei der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt , bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat (st. Rspr.; s. nur BGHZ 10, 14, 16 f; 10, 69, 74; 145, 337, 340; 163, 351, 353; BGH, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 Rn. 17 m.w.N. und vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08 - VersR 2010, 214, 215 Rn. 12 m.w.N.).
28
Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (s. BGH, Urteile vom 23. September 2008 aaO Rn. 16 und vom 10. November 2009 aaO Rn. 13 m.w.N.; Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 108 unter anderem mit Hinweis auf BGHZ 10, 14, 16 und 89, 153, 161; Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 199 Rn. 36; MünchKommBGB/ Grothe, 5. Aufl., § 199 Rn. 28; Henrich/Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 199 Rn. 19 f). Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können (BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO m.w.N.; Grothe aaO). Ihn trifft generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (s. BGH, Urteil vom 10. November 2009 aaO S. 216 Rn. 15 f m.w.N.; s. auch Grothe aaO).
29
bb) Nach diesen Maßgaben ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anlageinteressent den ihm überlassenen Emissionsprospekt nicht durchgelesen hat, genüge für sich allein noch nicht, um die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Beratungsfehler zu begründen, nicht zu beanstanden.
30
Diese Frage wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte allerdings nicht einheitlich beantwortet. Eine Reihe von Oberlandesgerichten hält es für einen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigenden schweren Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses des Anlageinteressenten, wenn er es im Zusammenhang mit einer bedeutsamen Investitionsentscheidung unterlässt, den ihm von einem Anlageberater oder einem Anlagevermittler zur Verfügung gestellten Anlageprospekt durchzulesen, und aus diesem Grunde nicht bemerkt , dass er falsch beraten oder ihm eine unrichtige Auskunft erteilt worden ist (so OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 880, 881 f und Beschluss vom 20. September 2007 - 14 W 75/07 - juris Rn. 5; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 18. April 2008 - I-16 U 275/06 - juris Rn. 58 ff; OLG Köln, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 13 U 10/08 - juris Rn. 7 f; Brandenburgisches OLG, Urteile vom 19. Februar 2009 - 12 U 140/08 - juris Rn. 26 ff und vom 30. April 2009 - 12 U 225/08 - juris Rn. 24; OLG Celle, OLGR 2009, 121) Dabei wird teilweise grob fahrlässige Unkenntnis selbst für den Fall bejaht, dass der Prospekt erst bei oder sogar kurz nach der Zeichnung übergeben worden ist (OLG Köln aaO; Brandenburgisches OLG aaO), teilweise nur für den Fall, dass der Prospekt ausreichende Zeit vor dem abschließenden Beratungsgespräch vorgelegen hat (OLG Celle aaO). Die Gegenansicht verweist demgegenüber darauf, dass der Anlageinteressent regelmäßig auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ihm erteilten Anlageberatung vertrauen und ihm eine unterbliebene "Kontrolle" dieser Beratung durch Lektüre des Prospekts deshalb nicht ohne weiteres als grobe Fahrlässigkeit vorgehalten werden dürfe (s. OLG München, Urteil vom 6. September 2006 - 20 U 2694/06 - juris Rn. 63; OLG Hamm, Urteile vom 20. November 2007 - 4 U 98/07 - juris Rn. 49 und vom 26. November 2009 - I-4 U 224/08 - juris Rn. 50).
31
Der erkennende Senat hält die letzterwähnte Ansicht für zutreffend.
32
Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
33
Andererseits misst der Anleger, der bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers in Anspruch nimmt, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Anlageberaters oder -vermittlers, die dieser ihm in einem persönlichen Gespräch unterbreitet, besonderes Gewicht bei. Die Prospektangaben, die notwendig allgemein gehalten sind und deren Detailfülle, angereichert mit volks-, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält, treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut daher der Anleger auf den Rat und die Angaben "seines" Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb davon ab, den ihm übergebenen Anlageprospekt durchzusehen und auszuwerten, so ist darin im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst" zu sehen. Unterlässt der Anleger eine "Kontrolle" des Beraters oder Vermittlers durch Lektüre des Anlageprospekts, so weist dies auf das bestehende Vertrauensverhältnis zurück und ist daher für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar".
34
Eine andere Betrachtungsweise stünde zum einen in einem Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Frage des anspruchsmindernden Mitverschuldens (siehe oben 4.). Zum anderen würde sie den Anleger unangemessen benachteiligen und seinen Schadensersatzanspruch oftmals leer laufen lassen. Denn die Risiken und Nachteile einer Kapitalanlage wirken sich vielfach erst einige Jahre nach dem Erwerb finanziell spürbar aus (Reduzierung oder gar Wegfall von Ausschüttungen etc.). Fiele dem Anleger bereits die unterbliebene Lektüre des Anlageprospekts als grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Last, so wäre sein Schadensersatzanspruch häufig schon verjährt, bevor sich die Risiken oder Nachteile der Kapitalanlage für ihn "bemerkbar" machen und er sich daher veranlasst sieht, die Richtigkeit der ihm von einem Anlageberater oder -vermittler gegebenen Empfehlungen und Auskünfte zu hinterfragen.
35
cc) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, auch nach der Zeichnung der Anlage habe sich in der Zeit bis zum 1. Januar 2004 kein dringender , den Vorwurf der grob fahrlässigen Unkenntnis rechtfertigender Anlass für die Lektüre des Emissionsprospekts ergeben, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.09.2008 - 29 O 102/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 25.08.2009 - 24 U 154/08 -

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.