Landgericht Koblenz Beschluss, 03. März 2009 - 12 T 14/09

Gericht
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Altenkirchen vom 29. Januar 2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Antragsgegner hat den Ausbau der Gasmesseinrichtung mit der Zählernummer ... im Hause Sch. zu dulden;
2. Der Antragsgegner hat dem mit einem Ausweis versehenen Beauftragten der Antragstellerin sowie einem Gehilfen freien Zugang zu den Räumen im Hause Sch. zu verschaffen, in denen sich der Versorgungsanschluss sowie die Messeinrichtung und die Gasdruckregelanlage befinden.
3. Die weitergehenden Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden zurückgewiesen.
4. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 936,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach den §§ 940 ZPO, 16, 33 Abs. 2 AVBGasV begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner trotz wiederholter Aufforderungen aufgelaufene Rückstände wie auch laufende Abschlagszahlungen aus dem mit ihr bestehenden Gaslieferungsvertrag nicht beglichen hat. Nach entsprechender Androhung ist sie deshalb gemäß § 33 Abs. 2 AVBGasV berechtigt, die Versorgung einzustellen. Zur Durchführung der hierzu erforderlichen Maßnahmen hat die Antragstellerin das Recht, die Räumlichkeiten des Antragsgegners, in denen sich der Gasversorgungsanschluss und die Messeinrichtung sowie die Gasdruckregelanlage befinden, zu betreten. Hierbei handelt es sich um Wahrnehmung sonstiger Rechte im Sinne des § 16 AVBGasV.
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Im Gegensatz zur Ansicht des Amtsgerichtes liegt auch die für eine einstweilige Verfügung erforderliche Eilbedürftigkeit vor. Maßgeblich hierfür ist der Umstand, dass die Antragstellerin vorleistungspflichtig ist und ohne Unterbrechung der Gaszufuhr im Anwesen des Antragsgegners gezwungen wäre, ihren Lieferpflichten nachzukommen, ohne die vereinbarte Gegenleistung zu erhalten. Dies folgt aus der glaubhaft gemachten Tatsache, dass der Antragsgegner die geschuldeten monatlichen Abschlagszahlungen nicht geleistet hat. Dabei ist unerheblich, wie die Antragstellerin auf den Umstand reagiert hat, dass sich bereits aufgrund der Jahresabrechnung vom 13. Mai 2008 ein Rückstand des Antragsgegners ergeben hatte. Für die Frage der Eilbedürftigkeit ist vielmehr ausschließlich die Tatsache maßgeblich, dass der Antragstellerin im Falle der weiteren Belieferung des Antragsgegners von Monat zu Monat ein weiterer Schaden droht. Die Antragstellerin hat deshalb ein besonderes Interesse daran, sich möglichst schnell einen Anspruch auf Zutritt zu den Räumlichkeiten des Antragsgegners zu verschaffen. Nur im Falle einer zeitnahen Durchsetzung ihrer Ansprüche ist es ihr möglich, das ihr nach § 33 Abs. 2 AVBGasV zustehende Zurückbehaltungsrecht effektiv zu nutzen. Diese Regelung indiziert, dass für den Gesetzgeber im Vordergrund stand, das Energieversorgungsunternehmen bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen davor zu schützen, weiter liefern zu müssen, obwohl die Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit des Kunden nicht mehr gegeben ist. Die Interessen des Kunden werden durch Vorläufigkeit und jederzeitige Wiederaufnahmepflicht nach Zahlung gemäß § 33 Abs. 3 AVBGasV gewahrt.
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Nach alledem war die einstweilige Verfügung zu Ziffer 1. und zu Ziffer 2. wie aus dem Tenor ersichtlich zu erlassen.
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Allerdings kann die Antragstellerin im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch nicht die Hinzuziehung eines Gerichtsvollziehers (weiter gehender Antrag zu 2. und Antrag zu 4.) sowie die Zugangsverschaffung auf Kosten des Antragsgegners (Antrag zu 3.) verlangen. Diese Maßnahmen bleiben dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorbehalten, soweit der Antragsgegner auch nach Erlass der einstweiligen Verfügung keinen Zutritt zu den in seiner Wohnung befindlichen Versorgungseinrichtungen gewähren sollte (§§ 892, 887 ZPO).
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Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz und im Beschwerdeverfahren hat gemäß § 91 Abs. 2 ZPO der Antragsgegner zu tragen. Soweit der Antrag zu 2. modifiziert erlassen und die Anträge zu 3. und zu 4. zurückgewiesen wurden, fällt dies für die Frage der Kostenverteilung nicht ins Gewicht. Maßgeblicher Streitgegenstand war vorliegend die durchzuführende Gaslieferungssperre sowie das Recht der Antragstellerin auf Zutrittgewährung. Bezüglich dieses Streitgegenstandes hat die Antragstellerin in vollem Umfang obsiegt.
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Den Streitwert für das Beschwerdeverfahren veranschlagt die Kammer auf das 6-fache der vereinbarten Abschlagszahlungen. Das maßgebliche Interesse der Antragstellerin ist zu bemessen an der Zeit bis zur voraussichtlichen Durchsetzung der begehrten Zahlungssperre (vergl.: Zöller-Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3, Randnr. 16 "Zählerausbau" m.w.N.). Bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren ist mit dieser Durchsetzung spätestens innerhalb von 6 Monaten zu rechnen.

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
Leistet der Schuldner Widerstand gegen die Vornahme einer Handlung, die er nach den Vorschriften der §§ 887, 890 zu dulden hat, so kann der Gläubiger zur Beseitigung des Widerstandes einen Gerichtsvollzieher zuziehen, der nach den Vorschriften des § 758 Abs. 3 und des § 759 zu verfahren hat.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.