Landgericht Kleve Beschluss, 12. Juni 2014 - 4 T 441/14

Gericht
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 11.04.2014 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.05.2014 wird aufgehoben.
Die Sache wird - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Kleve zurückverwiesen.
1
G r ü n d e
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3I.
4Das Amtsgericht Kleve hat nach Anhörung der Betroffenen und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens mit Beschluss vom 10.04.2013 eine Betreuung der Betroffenen angeordnet und Frau Y zur Betreuerin für alle Vermögensangelegenheiten, die Befugnis zum Empfang von Post, die Aufenthalts- bestimmung, die Gesundheitsfürsorge, Renten- und Sozialversicherungs- angelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern, Wohnungsangelegen- heiten, Immobilienangelegenheiten, Erbschaftsangelegenheiten, Krankenversiche- rungsangelegenheiten, juristische und Vertragsangelegenheiten bestellt. Zugleich wurde ein Einwilligungsvorbehalt für alle Vermögensangelegenheiten, die Aufenthaltsbestimmung, die Gesundheitsfürsorge, Renten- und Sozialversicherungsangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern, Wohnungsangelegenheiten, Immobilienangelegenheiten, Erbschaftsangelegen- heiten, Krankenversicherungsangelegenheiten, juristische und Vertragsangelegen- heiten angeordnet. Der Überprüfungszeitpunkt wurde auf spätestens den 10.04.2015 festgelegt. Mit Beschluss vom 07.05.2013 wurde Frau Y als Betreuerin entlassen und der weitere Beteiligte zum Berufsbetreuer der Betroffenen bestellt, alle übrigen Anordnungen des Beschlusses vom 10.04.2013 blieben unverändert. Mit Beschluss vom 22.08.2013 (Bl. 376 GA) ordnete das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Notwendigkeit der Fortführung der Betreuung an. Mit Beschluss vom 11.04.2014 wurde die Betreuung im angeordneten Umfange aufrechterhalten, der Einwilligungsvorbehalt jedoch auf alle Vermögensangelegenheiten beschränkt und im Übrigen aufgehoben. Der Überprüfungszeitpunkt wurde auf spätestens den 11.04.2021 festgesetzt. Die Entscheidung wurde gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. L vom 04.03.2014 (Bl. 681-712 GA) und dessen Ergänzungsgutachten vom 31.03.2014 (Bl. 771/772 GA) sowie auf die Anhörung der Betroffenen vom 11.04.2014 (siehe Anhörungsvermerk vom 11.04.2014, Bl. 831 GA). Das Gutachten des Sachverständigen Dr. L beruht auf dem Akteninhalt, fremdanamnestischen Angaben und einem kurzem Gespräch des Sachverständigen mit der Betroffenen. Das kurze Gespräch des Sachverständigen mit der Betroffenen erfolgte am 14.11.2013, als er die Betroffene unangemeldet aufsuchte und im Vorgarten antraf. Der Sachverständige teilte ihr dabei mit, dass er mit der Begutachtung beauftragt war und ob diese jetzt möglich sei. Darauf erwiderte die Betroffene in einem längeren Gerede, in dem von Familie und Besuch die Rede war, dass eine Begutachtung jetzt nicht möglich sei, ein Termin solle telefonisch vereinbart werden. Danach kam Herr T dazu und übernahm sogleich die Führung des Gespräches. Ein Termin mit dem Sachverständigen kam im Anschluss nicht zustande. Der Sachverständige erstellte dann das Gutachten auf den vorgenannten Grundlagen. Gegen den Beschluss vom 11.04.2014 richtet sich die Beschwerde der Betroffenen vom 25.04.2014, welcher das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.05.2014 nicht abgeholfen hat, weil es ein auf ausschließlich fremdanamnestischer Grundlage erfolgtes Sachverständigen-Gutachten für verwertbar hält, wenn die Betroffene sich der Untersuchung durch den Sachverständigen entziehen will. Mit Schriftsatz vom 30.05.2014 hat die Betroffene die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung an das Amtsgericht beantragt. Der weitere Beteiligte ist der Auffassung, eine Aufhebung und Zurückverweisung sei im vorliegenden Fall rechtlich unzulässig.
5II.
6Die Beschwerde der Betroffenen ist zulässig (§§ 58 ff. FamFG), insbesondere rechtzeitig und in gehöriger Form eingelegt.
7Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
8Die Betroffene hat mit Schriftsatz vom 30.05.2014 die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt.
9Das erstinstanzliche Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel, weil das Amtsgericht seine Entscheidung auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. L gestützt hat. Das Gutachten ist aber unbrauchbar, weil es den gesetzlichen Anforderungen des § 280 FamFG an ein Sachverständigengutachten in Betreuungs- sachen nicht genügt. Entgegen der zwingenden Vorschrift des § 280 Abs. 2 FamFG hat der Sachverständige die Betroffene vor der Erstattung des Gutachtens nicht persönlich untersucht oder persönlich befragt. Das von ihm im Gutachten erwähnte „kurze Gespräch“ mit der Betroffenen ist keine persönliche Befragung im Sinne von § 280 Abs. 2 FamFG, weil es keine auf das Beweisthema zugeschnittene Exploration der Betroffenen zum Gegenstand hatte (vgl. MünchKomm/Schmidt-Recla, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 280, Rn. 17). Vielmehr war nur Gegenstand des Gespräches, ob eine Begutachtung zu jenem Zeitpunkt möglich sei, was die Betroffene verneinte. Ein ausschließlich auf fremdanamnestischen Angaben beruhendes Gutachten genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Der Beschluss des OLG München vom 02.06.2005, Az.: 33 Wx 47/05 (=BtPrax 2005, 154), den das Amtsgericht für seine entgegenstehende Rechtsauffassung anführt, erging noch unter Geltung des FGG, welches keine dem § 280 Abs. 2 FamFG entsprechende Vorschrift kannte. Für die seit Inkrafttreten des FamFG geltende Rechtslage lässt sich aus dem vorgenannten Beschluss nichts herleiten. Im Gegenteil zeigen die vom Gesetzgeber geschaffenen Regelungen der §§ 283, 284 FamFG, dass dieser es für geboten hält, die in § 280 Abs. 2 FamFG angeordnete persönliche Untersuchung notfalls auch gegen den Willen des Betroffenen – u.U. sogar mit Gewalt (§ 283 Abs. 2 S. 1 FamFG) – zu erzwingen (vgl. Jürgens/Kretz, BetreuungsR, 5. Aufl. 2014, § 295 FamFG, Rn. 3). Statt ein Gutachten auf fremdanamnestischer Grundlage zu erstellen, hätte sich der Sachverständige an das Gericht wenden müssen, als offenkundig wurde, dass sich die Betroffene nicht freiwillig zur Begutachtung einfinden würde, damit diesem die Möglichkeit gegeben worden wäre, über Maßnahmen nach §§ 283, 284 FamFG zu befinden.
10Die Verwertung dieses Gutachtens ist ein wesentlicher Verfahrensmangel und nicht ein (bloß) einfacher Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG, wie der weitere Beteiligte meint. Die Verwertung eines unzureichenden Gutachtens ist ein wesentlicher Verfahrensfehler (vgl. Jürgens/Kretz, BetreuungsR, 5. Aufl. 2014, § 69, Rn. 9 m.V.a. OLG Hamm BtPrax 1999, 238). Gemäß §§ 295 Abs. 1 S. 1, 280 FamFG hatte das Amtsgericht vor seiner Entscheidung ein den Anforderungen des § 280 FamFG genügendes Gutachten einzuholen (vgl. BGH NJW-RR 2011, 649). In dem angefochtenen Beschluss wurde nicht nur die Aufhebung der Betreuung abgelehnt, sondern überdies die Betreuung verlängert. Der Überprüfungszeitpunkt wurde vom 10.04.2015 auf den 10.04.2021 verlegt. Das Amtsgericht hat nicht nach § 295 Abs. 1 S. 2 FamFG von der Einholung eines Gutachtens abgesehen, weil es ausdrücklich die Einholung eines Gutachtens und nicht nur eines ärztlichen Zeugnisses angeordnet hat. Angesichts der in dem angefochtenen Beschluss erfolgten Einschränkung des Einwilligungsvorbehaltes kann auch nicht von einem unveränderten Bedürfnis im Sinne von § 295 Abs. 1 S. 2 FamFG ausgegangen werden. Letztlich kann dies aber dahinstehen. Nach § 295 Abs. 1 S. 2 FamFG wäre zumindest ein (ordnungsgemäßes) ärztliches Zeugnis erforderlich. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. L genügt auch den Anforderungen an ein ärztliches Zeugnis nicht, weil er die Betroffene entgegen §§ 281 Abs. 2, 280 Abs. 2 FamFG nicht persönlich untersucht oder persönlich befragt hat (vgl. MünchKomm/ Schmidt-Recla, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 295, Rn. 2; Jürgens/Kretz, BetreuungsR, 5. Aufl. 2014, § 295 FamFG, Rn. 3). Das von ihm im Gutachten erwähnte „kurze Gespräch“ mit der Betroffenen ist keine persönliche Befragung im Sinne von §§ 281 Abs. 2, 280 Abs. 2 FamFG, weil es keine auf das Beweisthema zugeschnittene Exploration der Betroffenen zum Gegenstand hatte (vgl. MünchKomm/Schmidt- Recla, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 280, Rn. 17). Vielmehr war nur Gegenstand des Gespräches, ob eine Begutachtung zu jenem Zeitpunkt möglich sei, was die Betroffene verneinte.
11Der Verfahrensfehler des Amtsgerichts macht auch eine umfangreiche bzw. aufwendige Beweiserhebung notwendig. Aufgrund des Verfahrensfehlers ist im Grunde das gesamte Verfahren erneut durchzuführen. Es bedarf der Einholung eines ordnungsgemäßen Sachverständigengutachtens sowie im Anschluss daran der erneuten Anhörung der Betroffenen.
12Aufhebung und Zurückverweisung sind auch geboten. Der Betroffenen soll keine Instanz genommen werden, zumal diese die Aufhebung und Zurückverweisung ausdrücklich begehrt. Damit hat sie ihr Interesse an der Erhaltung zweier Tatsacheninstanzen deutlich gemacht (vgl. MünchKomm/Fischer, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 69, Rn. 47). Entgegen der Auffassung des weiteren Beteiligten steht der Aufhebung und Zurückverweisung auch nicht das Verböserungsverbot entgegen. Bei Verfahrensverstößen ist eine Aufhebung und Zurückverweisung selbst dann in vollem Umfange zulässig, wenn der Rechtsmittelführer ausdrücklich nur die Aufhebung des für ihn ungünstigen Teils der angefochtenen Entscheidung beantragt hat (BGH NJW 1961, 1813, 1814). Aufhebungen und Zurückverweisungen nach § 69 S. 3 FamFG können nur bei Verfahrensverstößen erfolgen. Vorliegend hat die Betroffene überdies die (vollständige) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht ausdrücklich beantragt. Damit ist diese zulässig, weil dem Willigen kein Unrecht geschieht und das Verböserungsverbot überdies im Betreuungsverfahren ohnehin nicht uneingeschränkt gilt (vgl. Jürgens/Kretz, BetreuungsR, 5. Aufl. 2014, § 69 FamFG, Rn. 6).
13Rechtsmittelbelehrung
14Gegen diesen Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt, die binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses durch Einreichung einer schriftlichen Beschwerdeschrift beim Bundesgerichtshof eingelegt werden kann. Die Beschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde eingelegt wird, die Erklärung, dass die Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird und sie muss unterschrieben sein. Die Beschwerde kann nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (§§ 10 Abs. 4, 70 Abs. 3 Nr. 2, 71 Abs. 1 FamFG).

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(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.
(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.
(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.
(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:
- 1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung, - 2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse, - 3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen, - 4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und - 5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird. Der Betroffene soll vorher persönlich angehört werden.
(2) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. Die zuständige Behörde ist befugt, erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.
(3) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht dies zu dessen Vorführung zur Untersuchung ausdrücklich angeordnet hat. Vor der Anordnung ist der Betroffene persönlich anzuhören. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch die zuständige Behörde ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgen. Durch diese Regelung wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt.
(1) Das Gericht kann nach Anhörung eines Sachverständigen beschließen, dass der Betroffene auf bestimmte Dauer untergebracht und beobachtet wird, soweit dies zur Vorbereitung des Gutachtens erforderlich ist. Der Betroffene ist vorher persönlich anzuhören.
(2) Die Unterbringung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, um die erforderlichen Erkenntnisse für das Gutachten zu erlangen, kann die Unterbringung durch gerichtlichen Beschluss bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten verlängert werden.
(3) § 283 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Gegen Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 findet die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung statt.
(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.
(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:
- 1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung, - 2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse, - 3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen, - 4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und - 5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird. Der Betroffene soll vorher persönlich angehört werden.
(2) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. Die zuständige Behörde ist befugt, erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.
(3) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht dies zu dessen Vorführung zur Untersuchung ausdrücklich angeordnet hat. Vor der Anordnung ist der Betroffene persönlich anzuhören. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung durch die zuständige Behörde ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgen. Durch diese Regelung wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt.
(1) Das Gericht kann nach Anhörung eines Sachverständigen beschließen, dass der Betroffene auf bestimmte Dauer untergebracht und beobachtet wird, soweit dies zur Vorbereitung des Gutachtens erforderlich ist. Der Betroffene ist vorher persönlich anzuhören.
(2) Die Unterbringung darf die Dauer von sechs Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, um die erforderlichen Erkenntnisse für das Gutachten zu erlangen, kann die Unterbringung durch gerichtlichen Beschluss bis zu einer Gesamtdauer von drei Monaten verlängert werden.
(3) § 283 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Gegen Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 2 findet die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung statt.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.
(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.
(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.
(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:
- 1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung, - 2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse, - 3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen, - 4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und - 5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.
(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.
(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.
(1) Anstelle eines Sachverständigengutachtens nach § 280 genügt ein ärztliches Zeugnis, wenn der Betroffene die Bestellung eines Betreuers beantragt und auf die Begutachtung verzichtet hat und die Einholung des Gutachtens insbesondere im Hinblick auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers unverhältnismäßig wäre.
(2) § 280 Abs. 2 gilt entsprechend.
(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.
(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.
(1) Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Beteiligten das Verfahren selbst betreiben.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte, soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen; - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und die Beteiligten, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht; - 3.
Notare.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Verfahrenshandlungen, die ein nicht vertretungsbefugter Bevollmächtigter bis zu seiner Zurückweisung vorgenommen hat, und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Verfahren über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen und im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Für die Beiordnung eines Notanwaltes gelten die §§ 78b und 78c der Zivilprozessordnung entsprechend.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.