Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12

ECLI:ECLI:DE:LGKIEL:2012:1212.2O185.12.0A
bei uns veröffentlicht am12.12.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites sowie die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten als Grundstückseigentümer die Bezahlung von Stromlieferungen.

2

Der Beklagte wurde am 29.01.2007 durch Zuschlag im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens Eigentümer des Grundbesitzes XXX. Er verpachtete das Grundstück durch Vertrag vom 2. Februar 2007 an den Streithelfer XXX, der dort bis zum 11.5.2011 eine Pizzeria betrieb. Nach § 2 des Pachtvertrages sollte das Pachtverhältnis am 15.02.2007 beginnen und am 15.02.2012 enden. § 3 des Pachtvertrages lautete:

3

㤠3
Pachtzins/Nebenkosten
Der Pachtzins beträgt ab dem 15.02.2007 monatlich 1.500,00 EUR netto. Die Nebenkosten, die der Verpächter auslegt, werden mit z.Z. monatlich 150,00 EUR netto berechnet.
Die Strom-, Wasser- und Gaskosten zahlt der Pächter unmittelbar gegenüber dem Versorgungsunternehmen aufgrund eines eigenen Vertrages.
Der Pachtzins ist mit den Nebenkosten bis zum jeweils dritten Werktag eines Monats fällig.“

4

Das Grundstück XXX in XXX verfügt über zwei Stromzähler, nämlich einen Eintarifzähler mit der Zählernummer XXX und einen Mehrtarifzähler mit der Zählernummer XXX. Über diese Stromzähler wurde in der Folgezeit Strom entnommen. Ablesungen erfolgten am 30./31.1.2007 (Kundenablesung), 1.2.2007, 22.7.2008, 23.7.2008, 31.7.2009, 1.8.2009, 23.7.2010, 24.7.2010, 31.7.2010, 1.8.2010, 30.11.2010. Auf der Grundlage der Ablesungen erstellte die Klägerin jeweils Rechnungen, die jedoch niemand bezahlte.

5

Durch ein Telefonat am 16.12.2009 erfuhr die Klägerin erstmals, dass der Beklagte das Grundstück durch Zwangsversteigerung seit dem 29.01.2007 erworben hatte. Dennoch sandte die Klägerin noch im Januar Verbrauchsabrechnungen an die XXX Sparkasse, die darauf unter dem 25.01.2010 an die Klägerin schrieb:

6

„Vertragskontonr. XXX
wg. XXX
Rechng. Nr. 504 002 185 417 und 504 002 185 408
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben heute die o.g. Rechnungen von Ihnen erhalten und teilen Ihnen nochmals mit, dass die o.a. Immobilie im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens im Januar 2007 an Herrn XXX übertragen wurde. Unser letztes Schreiben vom 25.11.09 fügen wir bei. Da wir mit Ihnen in keinerlei Vertragsverhältnis zu der o.a. Vertragskontonr. standen bzw. stehen, bitten wir Sie nochmals, die Korrespondenz mit uns einzustellen.“

7

Unter dem Datum vom 14.12.2010 erteilte die Klägerin dem Beklagten eine „Endrechnung“ über einen Betrag von 32.539,09 €. Diese Schlussrechnung umfasst die Forderungen für beide Stromzähler wie folgt:

8

- Stromverbrauch in Höhe von 2.102,16 € für den Verbrauchszeitraum vom 01.08.2010 bis 30.11.2010 für den Zähler XXX,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 01.02.2007 bis 31.07.2007 über 3.172,04 € aus der Rechnung vom 23.08.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 01.08.2007 bis 31.07.2008 über 6.339,03 € aus der Rechnung vom 23.08.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 01.08.2008 bis 31.07.2009 über 11.456,96 € aus der Rechnung vom 23.08.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 01.08.2009 bis 31.07.2010 über 7.054,21 € aus der Rechnung vom 23.08.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 30.01.2007 bis 26.07.2007 über 86,32 € aus der Rechnung vom 18.05.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 27.07.2007 bis 22.07.2008 über 415,11 € aus der Rechnung vom 18.05.2010, vom 23.07.2008 bis 24.07.2009 über 447,93 € aus der Rechnung vom 18.05.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 25.07.2009 über 23.07.2010 über 1.066,50 € aus der Rechnung vom 06.08.2010,
- Stromlieferung für den Zähler XXX für den Verbrauchszeitraum vom 24.07.2010 bis 30.11.2010 über 373,83 € aus der Rechnung vom 10.01.2011.

9

Als Hauptforderung macht die Klägerin Vergütungsansprüche für die Lieferung von Strom in Höhe von 32.514,09 € nebst Verzugszinsen geltend, als Nebenkosten verlangt sie Mahnkosten für neun Mahnungen in Höhe von insgesamt 45,00 €.

10

Sie meint: Da für die streitgegenständlichen Zähler kein Versorgungsvertrag mit anderen, insbesondere Anwohnern oder Mietern des Objektes existiert habe, habe sich die in der Lieferbereitschaft liegende Realofferte an den Eigentümer gerichtet. Der Vertrag mit dem Beklagten sei dadurch zu Stande gekommen, dass über die Verbrauchsstelle Energie entnommen worden sei. Richte sich die Realofferte an den Eigentümer, so nehme dieser die Realofferte auch in dem Fall an, dass ein Dritter die Leistung aus dem Versorgungsnetz entnehme. In der Regel habe der Eigentümer aber bereits selbst die Realofferte angenommen, da er, wenn auch nur für eine kurze Zeit bis zur Weitergabe des Objektes, Strom entnehme. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte im Februar 2007 Energie entnommen habe. Die Parteien des Mietvertrages würden das Objekt nicht im Dunkeln besichtigt haben.

11

Die Klägerin habe ihren Anspruch schlüssig vorgetragen. Die Vorlage der Rechnungen sei ausreichend. Die Klägerin und andere Versorger trügen in einer großen Vielzahl von Fällen in der hier praktizierten Form vor. Mit den streitgegenständlichen Forderungen würden Vergütungsansprüche der Klägerin als Grundversorgerin auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben der StromGVV geltend gemacht. Die Grundversorgungstarife seien öffentlich bekannt gemacht. Aus jeder Rechnung seien der Anfangszählerstand, der Endzählerstand, die Differenz, die sich daraus ergebenden Kilowattstunden, die einzelnen Preisbestandteile, die sich daraus ergebende Vergütung und der Fälligkeitstermin ersichtlich.

12

Die Klägerin beantragt,

13

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 32.514,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 2.102,16 € seit dem 30.12.2010,
aus 3.172,04 € seit dem 08.09.2010,
aus 6.339,03 € seit dem 08.09.2010,
aus 11.456,96 € seit dem 08.09.2010,
aus 7.054,21 € seit dem 08.09.2010,
aus 86,32 € seit dem 03.06.2010,
aus 415,11 € seit dem 03.06.2010,
aus 447,93 € seit dem 03.06.2010,
aus 1.066,50 € seit dem 24.08.2010 und
aus 373,83 € seit dem 26.01.2011
sowie weitere Nebenkosten in Höhe von 45,00 € zu zahlen.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er behauptet: Das Objekt sei bereits zum 01.02.2007 an den Streithelfer übergeben worden. Seitdem habe der Streithelfer die alleinige Verfügungsmacht über den Versorgungsanschluss besessen. Einzig der Streithelfer habe an der Verbrauchsstelle Strom entnommen.

17

Im Übrigen vertritt der Beklagte folgende Auffassung: Nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte habe sich die Realofferte der Klägerin zum Strombezug an die Nutzer des Grundbesitzes XXX in XXX gerichtet. Hierbei habe es sich seit dem 01.02.2007 um den Streithelfer XXX gehandelt. Dieser habe das Angebot durch Entnahme der Energie angenommen und damit konkludent erklärt, Vertragspartner werden zu wollen.

18

Die klägerischen Abrechnungen seien für den Beklagten in keiner Weise nachvollziehbar. Sofern die Klägerin behauptet habe, dass am 1. Februar 2007 eine Ablesung erfolgt sei, werde dieses ebenso wie das Ableseergebnis mit Nichtwissen bestritten. Gleiches gelte für eine Ablesung am 31. Juli 2009.

19

Der Beklagte beruft sich auf die Einreden der Verjährung und Verwirkung. Der Beklagte habe erstmals im Oktober 2010 erfahren, dass er bei der Klägerin als Vertragspartner geführt werde. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass sein Mieter entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen Vertragspartner der Klägerin geworden sei.

20

Der Streithelfer macht geltend: Der von der Klägerin behauptete Verbrauch sei unzutreffend und überhöht.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist nicht begründet.

22

Die Klägerin hat nicht dargetan, mit dem Beklagten einen Vertrag über die Versorgung mit elektrischer Energie geschlossen zu haben.

23

Da entgegen § 2 Abs. 1 StromGVV, nach dem Grundversorgungsverträge über die Lieferung von Elektrizität grundsätzlich in Textform geschlossen werden sollen, ein Vertrag in der dort vorgeschriebenen Form weder mit dem Beklagten nicht geschlossen wurde, kommt ein Vertragsschluss nur in der Form des § 2 Abs. 2 StromGVV in Betracht. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens liegt danach grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte, die von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Empfänger der Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages ist typischerweise der Grundstückseigentümer oder derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt (ständiger Rechtsprechung, vgl. statt vieler BGH, Urteil vom 10.12.2008, Aktenzeichen VIII ZR 293/07).

24

Es spricht alles dafür, dass Empfänger der Realofferte der Klägerin nicht der Beklagte, sondern der Streithelfer war. An wen der Versorgungsunternehmer das Angebot gerichtet hat, ist im Wege der Auslegung gemäß § 133 BGB zu ermitteln. Dabei ist darauf abzustellen, wie die in Betracht kommenden Adressaten das Verhalten der Klägerin nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durften. Da hier die Gaststätte nicht von dem Beklagten, sondern allein von dem Streithelfer betrieben werden sollte, und in dem Pachtvertrag die Verpflichtung des Streithelfers vereinbart war, dass dieser allein die Stromkosten aufgrund eines eigenen Vertrages mit dem Stromlieferanten zu tragen haben sollte, konnte aus Sicht des Beklagten und des Streithelfers nur Letzterer Adressat des Angebotes der Klägerin zur Stromlieferung sein.

25

Das mag aber dahinstehen, denn jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte ein Angebot der Klägerin auf Belieferung mit Strom angenommen hat. Die Klägerin, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast für diese anspruchsbegründende Tatsache oblag, hat nicht dargetan, dass der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt Strom in dem fraglichen Gewerbeobjekt entnommen hat. Sie hat lediglich vorgetragen, es sei „davon auszugehen, dass der Beklagte im Februar 2007 Energie entnommen“ habe. Die Parteien des Mietvertrages würden „schlechterdings das Objekt im Dunkeln besichtigt haben“. Das sind bloße, ins Blaue hinein aufgestellte Mutmaßungen, die keinen substantiierten Tatsachenvortrag beinhalten. Zudem hat der Beklagte diese Mutmaßungen bestritten, ohne dass die Klägerin ihren diesbezüglichen Vortrag unter Beweis gestellt hätte.

26

Ohne dass es nach dem Gesagten darauf noch ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass auch der Vortrag der Klägerin zur Höhe der Forderung nicht schlüssig ist. Die Klägerin hat es sich einfach gemacht und nur unkommentierte Rechnungen vorgelegt in der Erwartung, das Gericht werde die Schlüssigkeit des Klägervortrages ausschließlich auf der Grundlage dieser Rechnungen feststellen können. Darin irrt die Klägerin. So ergibt sich zum Beispiel aus den Rechnungen nicht, wer welche Ablesungen vorgenommen hat. Soweit Leistungszeiträume berechnet werden, ohne dass diesen Zeiträumen Ablesungen zugrunde liegen, bleibt unklar, warum die Abrechnungszeiträume in der geschehenen Weise unterteilt wurden und warum sich der berechnete Preis pro Einheit verändert. Die Berechtigung zu Preisänderungen ist in keinem einzigen Fall dargelegt. Dass die Tarife, wie die Klägerin vorträgt, öffentlich bekannt gemacht worden sind, heißt nicht, dass sie offenkundig sind und das Gericht sie kennen müsste. Die in den Rechnungen enthaltenen Mahnkosten sind in keiner Weise hinsichtlich ihre Entstehung und ihres Rechtsgrundes beschrieben; es wird nicht einmal deutlich, inwieweit diese Mahnkosten mit den zusätzlich von der Klägerin als Nebenforderung geltend gemachten Mahnkosten identisch sein könnten. Vielfach erhalten die Rechnungen Positionen mit dem nicht aussagekräftigen Buchungstext „Umb. Forderung in die Rechnung“, ohne dass erkennbar ist, welche Leistung der jeweiligen Position zugrunde liegt. Soweit Rechnungen den Kommentar enthalten: „Der Zählerendstand für diesen Vertrag wurde maschinell errechnet. Bitte benachrichtigen Sie uns bei gravierenden Abweichungen.“, bleibt völlig offen, wie die geltend gemachte Forderung ermittelt worden ist. Wie die Klägerin die berechneten „Kosten für den Messstellenbetrieb“ und für „die Messung (Ablesung)“ berechnet hat, bleibt im Dunkeln.
Dass, wie die Klägerin behauptet, auch andere Versorger in einer großen Vielzahl von Fällen in der hier praktizierten Form vortragen, führt - die Richtigkeit dieser Behauptung unterstellt - nicht dazu, dass der unsubstantiierte Vortrag der Klägerin zur Höhe als substantiiert anzusehen wäre.

27

Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12

Referenzen - Gesetze

Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Stromgrundversorgungsverordnung - StromGVV | § 2 Vertragsschluss


(1) Der Grundversorgungsvertrag soll in Textform abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat der Grundversorger den Vertragsschluss dem Kunden unverzüglich in Textform zu bestätigen. (2) Kommt der Grundversorgungsvertr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landgericht Kiel Urteil, 12. Dez. 2012 - 2 O 185/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2008 - VIII ZR 293/07

bei uns veröffentlicht am 10.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 293/07 Verkündet am: 10. Dezember 2008 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Referenzen

(1) Der Grundversorgungsvertrag soll in Textform abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat der Grundversorger den Vertragsschluss dem Kunden unverzüglich in Textform zu bestätigen.

(2) Kommt der Grundversorgungsvertrag dadurch zustande, dass Elektrizität aus dem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung entnommen wird, über das der Grundversorger die Grundversorgung durchführt, so ist der Kunde verpflichtet, dem Grundversorger die Entnahme von Elektrizität unverzüglich in Textform mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht gilt auch, wenn die Belieferung des Kunden durch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen endet und der Kunde kein anschließendes Lieferverhältnis mit einem anderen Elektrizitätsversorgungsunternehmen begründet hat.

(3) Ein Grundversorgungsvertrag oder die Bestätigung des Vertrages muss alle für einen Vertragsschluss notwendigen Angaben enthalten, insbesondere auch:

1.
Angaben zum Kunden (Firma, Registergericht und Registernummer oder Familienname und Vorname sowie Adresse und Kundennummer),
2.
Angaben über die belieferte Verbrauchsstelle einschließlich der zur Bezeichnung der Entnahmestelle verwendeten Identifikationsnummer,
3.
Angaben zum Grundversorger (Firma, Registergericht, Registernummer und Adresse),
4.
Angaben zum Netzbetreiber, in dessen Netzgebiet die Grundversorgung durchgeführt wird (Firma, Registergericht, Registernummer und Adresse) und zum Messstellenbetreiber sowie
5.
Angaben zu den Allgemeinen Preisen nach § 36 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, wobei folgende Belastungen, soweit sie Kalkulationsbestandteil der geltenden Allgemeinen Preise sind, gesondert auszuweisen sind:
a)
die Stromsteuer nach § 3 des Stromsteuergesetzes vom 24. März 1999 (BGBl. I S. 378; 2000 I S. 147) in der jeweils geltenden Fassung,
b)
die Konzessionsabgabe nach Maßgabe des § 4 Absatz 1 und 2 der Konzessionsabgabenverordnung vom 9. Januar 1992 (BGBl. I S. 12, 407), die zuletzt durch Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung vom 1. November 2006 (BGBl. I S. 2477) geändert worden ist,
c)
jeweils gesondert die Umlagen und Aufschläge nach § 12 Absatz 1 des Energiefinanzierungsgesetzes, § 19 Absatz 2 der Stromnetzentgeltverordnung und § 18 der Verordnung zu abschaltbaren Lasten vom 28. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2998) in der jeweils geltenden Fassung,
d)
jeweils gesondert die Netzentgelte und, soweit sie nach § 1 Absatz 1 Satz 3 Gegenstand des Grundversorgungsvertrages sind, die Entgelte des Messstellenbetreibers oder die Entgelte der Betreiber von Energieversorgungsnetzen für den Messstellenbetrieb und die Messung.
Wenn dem Grundversorger die Angaben nach Satz 1 Nummer 1 nicht vorliegen, ist der Kunde verpflichtet, sie dem Grundversorger auf Anforderung mitzuteilen. Zusätzlich zu den Angaben nach Satz 1 Nummer 5 hat der Grundversorger den auf die Grundversorgung entfallenden Kostenanteil anzugeben, der sich rechnerisch nach Abzug der Umsatzsteuer und der Belastungen nach Satz 1 Nummer 5 von dem Allgemeinen Preis ergibt, und diesen Kostenanteil getrennt zu benennen. Der Grundversorger hat die jeweiligen Belastungen nach Satz 1 Nummer 5 sowie die Angaben nach Satz 3 in ihrer jeweiligen Höhe mit der Veröffentlichung der Allgemeinen Preise nach § 36 Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. Auf die Veröffentlichung der jeweiligen Höhe der in Satz 1 Nummer 5 Buchstabe c genannten Belastungen auf einer Informationsplattform der deutschen Übertragungsnetzbetreiber hat der Grundversorger ergänzend hinzuweisen. Zusätzlich ist in dem Vertrag oder der Vertragsbestätigung hinzuweisen auf
1.
die Allgemeinen Bedingungen der Grundversorgung und auf diese ergänzende Bedingungen,
2.
den Zeitraum der Abrechnungen,
3.
die Möglichkeit des Kunden, Ansprüche wegen Versorgungsstörungen gegen den Netzbetreiber nach § 6 Absatz 3 Satz 1 geltend zu machen,
4.
Informationen über die Rechte der Kunden im Hinblick auf Verbraucherbeschwerden und Streitbeilegungsverfahren, die ihnen im Streitfall zur Verfügung stehen, einschließlich der für Verbraucherbeschwerden nach § 111b Absatz 1 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes eingerichteten Schlichtungsstelle mit deren Anschrift und Webseite, und Informationen über die Verpflichtung des Grundversorgers zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren,
5.
die Kontaktdaten des Verbraucherservice der Bundesnetzagentur für den Bereich Elektrizität und Gas sowie
6.
das Muster der Abwendungsvereinbarung des Grundversorgers nach § 19 Absatz 5.
Die Hinweise nach Satz 6 Nummer 4 und 5 sowie das Muster der Abwendungsvereinbarung des Grundversorgers nach § 19 Absatz 5 hat der Grundversorger auch auf seiner Internetseite zu veröffentlichen. § 41 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes bleibt unberührt.

(4) Der Grundversorger ist verpflichtet, jedem Neukunden rechtzeitig vor Vertragsschluss und in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 mit der Bestätigung des Vertragsschlusses sowie auf Verlangen den übrigen Kunden die Allgemeinen Bedingungen unentgeltlich auszuhändigen. Satz 1 gilt entsprechend für die ergänzenden Bedingungen; diese hat der Grundversorger öffentlich bekannt zu geben und auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

(5) Der Abschluss eines Grundversorgungsvertrages darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass Zahlungsrückstände eines vorherigen Anschlussnutzers beglichen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 293/07 Verkündet am:
10. Dezember 2008
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Vertrag über die Erbringung von Ver- und Entsorgungsleistungen für ein Grundstück
kommt dann nicht durch Annahme einer sog. Realofferte mit dem Grundstückseigentümer
zustande, wenn das Versorgungsunternehmen diese Leistungen
gegenüber einem Dritten (hier: Grundstücksnutzer) aufgrund eines mit diesem bestehenden
Vertrages erbringt (st. Rspr., zuletzt Senatsbeschluss vom 15. Januar
2008 - VIII ZR 351/06, WuM 2008, 139). Dafür ist es ohne Bedeutung, ob der mit
dem Dritten bestehende Vertrag ausdrücklich oder konkludent geschlossen ist.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - VIII ZR 293/07 - KG
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. Oktober 2007 aufgehoben und das Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 14. Dezember 2006 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist seit Sommer 2001 Eigentümerin des Grundstücks H. straße in B. . Die Klägerin versorgt das Grundstück mit Trinkwasser und entsorgt das auf dem Grundstück anfallende Schmutz- und Niederschlagswasser. Sie beansprucht von der Beklagten, die sie auf Grund deren Eigentümerstellung als ihre Vertragspartnerin ansieht, für die im Zeitraum von Dezember 2004 bis September 2005 auf privatrechtlicher Grundlage erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen Leistungsentgelte in Höhe von insgesamt 80.725,97 €. Die betreffenden Entgelte hatte die Klägerin - wie schon in der Zeit davor - der Grundstücksmieterin, der inzwischen insolventen C. GmbH (im Folgenden: C ), ohne Beteiligung der Beklagten direkt in Rechnung gestellt.
2
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet diese sich mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision ist begründet.

I.

4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte sei bei ihrem Grundstückserwerb zwar nicht ausdrücklich in den Vertrag eingetreten. Sie hafte jedoch für die Ver- und Entsorgungsleistungen der Klägerin aufgrund konkludenten Vertragsschlusses. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens liege regelmäßig ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer Realofferte. Dieses Angebot werde von demjenigen angenommen, der die Versorgungsleistungen aus dem Leitungsnetz entnehme. Zwar scheide ein derart konkludenter Vertragsschluss aus, wenn das Versorgungsunternehmen seine Leistungen einem Dritten aufgrund eines mit diesem bestehenden ausdrücklichen Vertragsverhältnisses erbringe. Das sei hier aber nicht gegeben, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen sei, dass mit den jeweiligen Eigentümern bzw. schuldrechtlich Nutzungsberechtigten des Grundstücks in der Vergangenheit nie ein ausdrücklicher Vertrag geschlossen worden sei. Dass die Klägerin die Rechnungen in der Vergangenheit der C. übersandt und diese mit Ausnahme der offen gebliebenen Rechnungen den Zahlungsausgleich vorgenommen habe, stehe dem nicht entgegen. Allein die langjährige Übersendung der Rechnungen an den Mieter rechtfertige noch keinen Rückschluss auf einen Vertrag mit diesem, weil der Vertragsschluss mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer vorgehe und eine Zahlung auch durch Dritte erfolgen könne. Ein Ausnahmefall nach den ergänzenden Bedingungen der Klägerin zu § 2 AVBWasserV, wonach der Vertrag auch mit dem Nutzungsberechtigten geschlossen werden könne, liege nicht vor, zumal sich der Eigentümer dann zur Erfüllung des Vertrages hätte mitverpflichten müssen. Dass bis zum Eigentumserwerb der Beklagten eine Haftung des Voreigentümers auf Grund eines durch die Entnahme oder Duldung der Entnahme erfolgten konkludenten Vertragsschlusses bestanden habe, stehe dem ebenfalls nicht entgegen , da diese Verpflichtung durch den Übergang des Eigentums an einen anderen auflösend bedingt gewesen sei. Entsprechendes gelte für die hier erfolgte Entsorgung von Schmutz- und Regenwasser.

II.

5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Denn ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Entgelte für die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen (§ 433 Abs. 2, § 631 Abs. 1 BGB) hängt nicht entscheidend davon ab, ob die Klägerin mit der C. einen Vertrag über die Inanspruchnahme dieser Leistungen ausdrücklich geschlossen hat. Es genügt, dass sich ein solcher Vertragsschluss - wie hier - den Umständen entnehmen lässt. In solch einem Fall ist daneben für eine eigenständige, nur aus einer bestimmten Interessenlage abgeleitete Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Raum mehr.
6
1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, dass in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen ist, welche von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität , Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Durch diesen Rechtsgrundsatz, der im seinerzeit geltenden § 2 Abs. 2 der Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Energie- und Wasserversorgung (AVBEltV, AVBGasV, AVBWasserV, AVBFernwärmeV) lediglich wiederholt worden ist, wird der Tatsache Rechnung getragen, dass in der öffentlichen leitungsgebundenen Versorgung die angebotenen Leistungen vielfach ohne ausdrücklichen schriftlichen oder mündlichen Vertragsschluss in Anspruch genommen werden. Er zielt darauf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden (Senatsurteil vom 15. Februar 2006 - VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667, Tz. 15 m.w.N.). Empfänger der im Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens liegenden Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages ist typischerweise der Grundstückseigentümer bzw. derjenige, der die Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss am Übergabepunkt ausübt. Diese Richtung kommt einem Leistungsangebot des Versorgungsunternehmens aber dann nicht zu, wenn der Abnehmer der Versorgungsleistung bereits anderweitig feststeht, weil das Versorgungsunternehmen oder der Abnehmer zuvor mit einem Dritten eine Liefervereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer die Leistung in ein bestehendes Vertragsverhältnis eingebettet ist (zuletzt Senatsbeschluss vom 15. Januar 2008 - VIII ZR 351/06, WuM 2008, 139 m.w.N.).
7
2. Das Berufungsgericht versteht das aus seiner Sicht auch hier einschlägige Senatsurteil zur Stromversorgung vom 17. März 2004 (VIII ZR 95/03, WM 2004, 2450) dahin, dass ein solcher konkludenter Vertragsschluss durch Entnahme von Energie mit dem Grundstückseigentümer nur dann nicht in Betracht komme, wenn bereits ein ausdrückliches Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden. Dies rügt die Revision zutreffend als rechtsfehlerhaft.
8
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Senat habe in seinem Urteil vom 17. März 2004 (aaO, unter II 2 a) zum Ausdruck gebracht, dass nur ein ausdrücklicher Vertragsschluss des Versorgungsunternehmens mit dem Mieter der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses aufgrund einer Realofferte mit dem Grundstückseigentümer entgegenstehen könne, trifft nicht zu. Soweit es dort heißt, dass zwecks Vermeidung unterschiedlicher Versorgungsverträge für das gleiche Versorgungsverhältnis grundsätzlich von dem Vorrang des durch ausdrückliche Vereinbarung begründeten Vertragsverhältnisses gegenüber einem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten auszugehen sei, nimmt dies ersichtlich Bezug auf die dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhaltsgestaltung, die durch einen ausdrücklichen Vertragsschluss geprägt war. Dass der Senat Vertragsverhältnissen mit Dritten, die auf andere Weise zustande gekommen sind, eine solche Vorrangwirkung nicht beimessen wollte, kann den Ausführungen nicht entnommen werden, zumal es dort auch eingangs nur heißt, dass die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlten, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden (aaO). Eine Einschränkung der Vorrangwirkung auf ausdrücklich begründete Versorgungsverhältnisse geht im Übrigen auch aus späteren Entscheidungen des Senats nicht hervor, die auf das Urteil vom 17. März 2004 Bezug nehmen. Im Gegenteil heißt es dort nur, der Senat habe bereits ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlten, wenn ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten bestehe, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht würden (Senatsurteile vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 1/04, ZNER 2005, 63, unter II 1 b, und VIII ZR 66/04, WM 2005, 1089, unter II 1 b bb).
9
b) Es besteht keine Veranlassung, die genannte Vorrangwirkung auf Vertragsverhältnisse mit Dritten zu beschränken, die ausdrücklich abgeschlossen sind. Entscheidend ist, dass sie abgeschlossen sind, weil allein schon dadurch dem Umstand hinreichend Rechnung getragen wird, dass eine von den Beteiligten ersichtlich nicht gewollte Erbringung von Versorgungsleistungen ohne vertragliche Grundlage vermieden wird. Dagegen besteht weder Anlass noch Bedürfnis , den Grundstückseigentümer selbst in den Fällen als (weiteren) Vertragspartner heranzuziehen, in denen das Versorgungsunternehmen seine Leistungen unmittelbar gegenüber einem Grundstücknutzer erbringt, es jedoch verabsäumt, diese vertragliche Leistungsbeziehung in gehöriger Form zu dokumentieren. Denn für das Zustandekommen einer Vertragsbeziehung zu dem Grundstücksnutzer macht es keinen Unterschied, ob der Vertrag ausdrücklich oder konkludent geschlossen worden ist. Beide Verträge äußern vielmehr trotz der unterschiedlichen Art ihres Zustandekommens die gleichen rechtlichen Wirkungen.
10
c) Dem steht nicht entgegen, dass beim Abschluss eines Vertrages über die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung von Abwasser eine Abschlussund Versorgungspflicht des Versorgungsunternehmens nur gegenüber dem Grundstückseigentümer besteht (Hempel in: Hempel/Franke, Recht der Energie - und Wasserversorgung, Stand Oktober 2008, III AVBWasserV § 2 Rdnr. 8, 15 f.), mit dem hier für die Grundstücksentwässerung sogar noch ein An- schluss- und Benutzungszwang des Grundstückseigentümers nach § 2 Abs. 6 Nr. 2, § 3 des Berliner Betriebegesetzes vom 9. Juli 1993 (GVBl. S. 319) und aus § 40 Abs. 2 der Bauordnung für Berlin idF vom 3. September 1997 (GVBl. S. 421, 512) einher geht. Zwar hat der Senat bei diesen Gegebenheiten in seinem Urteil vom 30. April 2003 (VIII ZR 279/02, WM 2003, 1730, unter II 1 b, 3) für die Wasserversorgung und die Grundstücksentwässerung ausgeführt, dass sich das Angebot des Versorgungsunternehmens auf Erbringung von Versorgungsleistungen typischerweise an den Grundstückseigentümer richtet, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zusteht und Wasserversorgungsunternehmen ihre Versorgungsaufgabe durch Abschluss des Wasserversorgungsvertrages mit diesem Personenkreis erfüllen. Ebenso wird in der Kommentarliteratur betont, dass die Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages über die Belieferung mit Wasser, das häufig schon aus technischen Gründen über einen einzigen Messpunkt geleitet und von dort aus grundstücksintern weiterverteilt werde, grundsätzlich an den Grundstückseigentümer bzw. sonstige dinglich Berechtigte gerichtet sei und dass nur diese Personen Vertragspartner eines durch schlüssiges Verhalten über die Belieferung eines Grundstücks abgeschlossenen Wasserlieferungsvertrages würden, gleich ob der Grundstückseigentümer selbst Wasser beziehe oder das Grundstück verpachtet oder vermietet habe und das Wasser von den Pächtern oder Mietern entnommen werde (Hempel in: Hempel/Franke, aaO, III AVBWasserV § 2 Rdnr. 12, 14 f., 18 f. m.w.N.).
11
Diese auf den Grundstückseigentümer als Vertragspartner weisende Ausgangslage besteht jedoch dann nicht, wenn gegenläufige Auslegungsgesichtspunkte vorliegen, die unübersehbar in eine andere Richtung weisen (vgl. auch Hempel in: Hempel/Franke, aaO, AVBWasserV § 2 Rdnr. 21). Hierzu gehört der Fall, dass das Versorgungsunternehmen über die für das Grundstück erbrachten Leistungen ungeachtet einer an sich nur gegenüber dem Eigentü- mer bestehenden Abschluss- und Versorgungspflicht eigenständig mit einem Grundstücksnutzer abschließt. Dabei steht es gleich, ob dies ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten geschieht, wenn und soweit nur erkennbar bleibt, dass der Nutzer selbst Vertragspartner und nicht lediglich Rechnungsempfänger zum Zwecke einer aus Vereinfachungsgründen praktizierten Direktabrechnung sein soll. Ein etwaiger Wille des Versorgungsunternehmens, zumindest daneben auch stets mit dem Grundstückseigentümer abzuschließen, bleibt dagegen unbeachtlich, solange mit diesem nicht eigens Entsprechendes vereinbart ist.
12
3. Das Berufungsgericht hat sich, von seinem Standpunkt aus folgerichtig , mit der danach entscheidungserheblichen Frage nicht mehr befasst, ob zwischen der Klägerin und der C. ein Vertrag über die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen zumindest durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen ist. Eine Zurückverweisung kommt indessen nicht in Betracht, weil die Sache im Sinne der Klageabweisung entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Senat kann die unterbliebene Auslegung der für einen konkludenten Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der C. sprechenden Umstände selbst nachholen, weil die hierzu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGH, Senatsurteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 387/04, NJW-RR 2007, 1309, Tz. 10; Urteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05, NJW 2006, 3777, Tz. 12, jew. m.w.N.).
13
Danach hat die Klägerin nur mit der C. , nicht hingegen (auch) mit der Beklagten ein Vertragsverhältnis begründet. Die Klägerin hat die von ihr erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen die ganze Zeit über ausschließlich direkt gegenüber der C. abgerechnet, die diese Leistungen mit Ausnahme der hier streitigen Rechnungsbeträge auch bezahlt hat. Sie hat der C. in diesem Zusammenhang ein eigenes Vertragskonto eingerichtet und eine eigene Vertragskontonummer zugeteilt, wie sie nach einem von ihr beigefügten Erläuterungsschreiben "alle Kunden der Berliner Wasserbetriebe haben". Sie hat die C. dabei als "ihre Kundin" angesprochen und in weiteren Erläuterungsblättern der an sie gerichteten Rechnungen auf eine Speicherung der "aus dem bestehenden Vertragsverhältnis" anfallenden Daten hingewiesen. Dass sie die C. nur als Rechnungsempfänger für einen hiervon abweichenden Grundstückseigentümer oder als Mitverpflichtete neben diesem ansehen wollte, hat sie dagegen nirgends zum Ausdruck gebracht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin sich jemals an die Beklagte zwecks Begründung einer eigenen Kundenbeziehung gewandt oder ihr gesonderte Rechnungen übersandt hat. Vor diesem Hintergrund hat der Umstand, dass in den der C. gestellten Rechnungen als Bezugsgegenstand der berechneten Leistungen jeweils das Grundstück benannt war, lediglich leistungsbeschreibenden Charakter. Eine Aussage zu einem anderen oder weiteren Vertragspartner der erbrachten Leistungen liegt darin nicht.

III.

14
Da hiernach nur zwischen der Klägerin und der C. ein Vertragsverhältnis über die erbrachten Ver- und Entsorgungsleistungen begründet worden ist, fehlt es an einer rechtlichen Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der hier streitigen Beträge. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand ha- ben. Es ist auf die Revision der Beklagten vielmehr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aufzuheben, und die Klage ist abzuweisen. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 14.12.2006 - 9 O 277/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.10.2007 - 23 U 46/07 -

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.