Landgericht Kiel Beschluss, 06. Mai 2009 - 2 O 112/09


Gericht
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin, der Beteiligten im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, bestimmte IP-Adressen und Verbindungszeitpunkte (Anlage 8 zu dem Antrag vom 4.5.2009) zu sichern, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.000,- € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die Antragstellerin, Inhaberin der Rechte an dem am 17.4.2009 in Deutschland erschienenen Langspieltonträgers des Künstlers Milow "mit Bezug auf Filesharing in Peer-2-Peer-Netzwerken ('Tauschbörsen')", beantragt im Zusammenhang mit der Verfolgung eines Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 UrhG bei dem angerufenen Gericht gemäß § 101 Abs. 9 UrhG die richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung von Verkehrsdaten, die die Beteiligte in der Zeit vom 1. bis zum 4. Mai 2009 erhoben hat. In diesem Zusammenhang hat sie vorgetragen, die Beteiligte lösche Verbindungsdaten fünf Tage nach Verbindungsende; um die Antragstellerin in die Lage zu versetzen, ihren Auskunftsanspruch durchzusetzen, sei erforderlich, die streitgegenständlichen Daten zu sichern.
- 2
Der Antrag auf einstweilige Anordnung hat keinen Erfolg.
- 3
Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin eine Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht hat. Sie hat lediglich behauptet, die Beteiligte lösche Verbindungsdaten fünf Tage nach Verbindungsende. An einer Glaubhaftmachung dieser Behauptung fehlt es.
- 4
Darauf kommt es jedoch nicht an, da die Antragstellerin einen Auskunftsanspruch aus § 101 Abs. 2 UrhG, dessen Durchsetzung die einstweilige Anordnung dienen soll, nicht besitzt. Zwar ist der Antrag nach § 101 Abs. 9 UrhG zulässig. Er ist jedoch mangels eines bestehenden Auskunftsanspruchs gegen die Beteiligte nicht begründet.
- 5
Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob überhaupt ausreichend glaubhaft gemacht ist, dass "offensichtliche" Rechtsverletzungen durch die jeweils im Wege der IP-Adresse ermittelten Anschlussinhaber begangen worden sind, da diese mit den potentiellen Verletzern keineswegs zwingend identisch sind, soweit die IP-Adressen z.B. WLAN-Anschlüssen im privaten oder öffentlichen Bereich, Internet-Cafés, Flughäfen, Hotels, Büchereien, Firmen oder Behörden zugeordnet sein können. Selbst wenn von offensichtlichen Rechtsverletzungen der Inhaber der IP-Adressen auszugehen wäre, fehlte es an der Glaubhaftmachung, dass die jeweiligen Anschlussinhaber urheberrechtlich geschütztes Material "in gewerblichem Ausmaß" zum Herunterladen angeboten haben.
- 6
Auch der Drittauskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 UrhG setzt entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin neben der Erbringung der Dienstleistung in "gewerblichem Ausmaß" durch den Dritten voraus, dass die Urheberrechtsverletzung nach § 101 Abs. 1 UrhG selbst in "gewerblichem Ausmaß" begangen worden ist. Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann sich ein gewerbliches Ausmaß sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus deren Schwere ergeben. In "gewerblichem Ausmaß" begangene Rechtsverletzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen werden. Handlungen, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen werden, fallen in der Regel nicht unter diesen Begriff. Er ist deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegen muss. Durch diese Einschränkung ist zumindest klargestellt, dass bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet über Tauschbörsen ein Umfang erreicht werden muss, der über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entspräche (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008, Aktenzeichen 3 W 184/08). Vorliegend spricht nichts für eine Einnahmeerzielungsabsicht oder eine nach außen deutlich werdende Teilnahme der Anschlussinhaber am Erwerbsleben.
- 7
Selbst wenn diese Einschränkung nicht zu machen wäre, wäre vorliegend nicht von einem Handeln der Anschlussinhaber in "gewerblichem Ausmaß" auszugehen. In welchem Umfange die jeweiligen Inhaber der IP-Adressen den oder die Musiktitel, an denen die Antragstellerin Rechte besitzt, auf ihre Computer geladen oder an andere Internet-Nutzer übermittelt haben, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht. Für eine Planmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit des Handelns der Anschlussinhaber sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Damit bleibt offen, ob es sich jeweils um einmaliges, rein privates Transfergeschehen handelt. Ein einmaliges Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein kein "gewerbliches Ausmaß" begründen, und zwar auch dann nicht, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht. Zudem besteht die Möglichkeit, durch entsprechende Konfiguration des Clientprogrammes auf dem Rechner des Anschlussinhabers oder durch eine entsprechende Systemkonfiguration das Hochladen von Daten gänzlich zu unterbinden, was von vornherein die Annahme eines Handelns in "gewerblichem Ausmaß" verböte.
- 8
Auch die Schwere der behaupteten Rechtsverletzungen reicht vorliegend nicht aus, um ein "gewerblichen Ausmaß" anzunehmen. Zwar waren die Musiktitel, an denen die Antragstellerin die Rechte hat, zur Zeit der behaupteten Rechtsverletzung erst vergleichsweise kurz auf dem Markt. Dies allein reicht jedoch nicht, um eine Annahme einer "Schwere der Rechtsverletzung" im Sinne des § 101 Abs. 1 UrhG zu rechtfertigen. Vielmehr setzt die Bejahung dieser Verletzungsqualität voraus, dass der wirtschaftliche Wert der Nutzung des Urheberrechtes in erheblichen Umfang durch die Rechtsverletzung beeinträchtigt wird. Welchen wirtschaftlichen Wert ein Urheberrecht besitzt, richtet sich in erster Linie danach, welche Nachfrage am Markt nach dem geschützten Werk besteht. Diese Nachfrage wird zwar auch von der Aktualität des Werkes, insbesondere jedoch von der Bekanntheit des Interpreten und seines geschützten Werkes geprägt. Dazu findet sich im Internet unter http://acharts.us/album/43138 der Eintrag:
- 9
"The album Milow by Milow has been listed for 8 weeks in 5 different charts. Its first appearance was week 16/2009 in the Dutch Albums Top 100 and the last appearance was week 19/2009 in the Swiss Albums Top 100. Its peak position was number 3, on the Germany Albums Top 50, it stayed there for 1 week. Its highest entry was number 3 in the Germany Albums Top 50."
- 10
Daraus und aus http://de.wikipedia.org/wiki/Milow_(Sänger) ergibt sich, daß "Milow" ein vergleichsweise unbekannter Künstler ist, dessen Album "Milow" in Deutschland nur eine Woche lang auf Platz drei der "Germany Albums Top 50" platziert und in der letzten Aprilwoche letztmals überhaupt in den "Charts" verzeichnet war. Eine "Schwere der Rechtsverletzung" im Sinne des § 101 Abs. 1 UrhG läßt sich aus diesen Umständen daher nicht herleiten. Dabei darf auch nicht außer Betracht bleiben, dass die Auslegung des vom Gesetzgeber nicht näher definierten Begriffs des "gewerblichen Ausmaßes" im Lichte von Verfassungs- und Europarecht zu erfolgen hat, wonach auf gespeicherte Verkehrsdaten nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts derzeit nur bei Verdacht auf Vorliegen einer schweren Straftat nach § 100a Satz 2 StPO zugegriffen werden darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.10.2008, Aktenzeichen 1 BvR 256/08)
- 11
Die Auffassung des Oberlandesgerichts Köln in der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung vom 21.10.2008 (Aktenzeichen 6 Wx 2/08), dass derjenige, der ein gesamtes Musikalbum in der "relevanten Verkaufsphase" der Öffentlichkeit zum Erwerb anbiete, wie ein gewerblicher Anbieter auftrete und seine Tätigkeit daher ein "gewerbliches Ausmaß" habe, teilt die Kammer nicht. Die Unterscheidung zwischen einzelnen Titeln eines Albums und der Gesamtheit der Titel ist für die Frage der Schwere der Rechtsverletzung von untergeordneter Bedeutung. Von erheblich größerer Bedeutung sind der Wert des betreffenden Produktes und die aktuelle Nachfrage nach diesem Produkt auf dem Markt. Dazu ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nichts. Abgesehen davon ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin, dass vorliegend nur in wenigen Fällen das gesamte Album, überwiegend aber nur ein einziger Titel aus diesem Album Gegenstand der beanstandeten Transaktionen war.
- 12
Da bereits das Vorliegen eines Anspruchs nach § 101 Abs. 9 in Verbindung mit Abs. 2 UrhG nicht festgestellt werden kann, kommt es auf die Frage, ob ein solcher Anspruch im konkreten Einzelfall möglicherweise unverhältnismäßig wäre (§ 101 Abs. 4 UrhG) - was naheliegt, da lediglich der Inhalt eines einzigen Langspieltonträgers oder gar nur eines der darauf enthaltenen Titel, an dem die Antragstellerin Rechte besitzt, zum Herunterladen angeboten wurde, dessen Wert als CD etwa 20,- € betragen mag - nicht an.


Annotations
(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
In den Fällen der §§ 106 bis 108 und des § 108b wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn
- 1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat, - 2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und - 3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:
- 1.
aus dem Strafgesetzbuch: - a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a, - b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e, - c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h, - d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130, - e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4, - f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177, - g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2, - h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212, - i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b, - j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a, - k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255, - l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a, - m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist, - n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2, - o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5, - p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen, - q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen, - r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2, - s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen, - t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299, - u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c, - v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
- 2.
aus der Abgabenordnung: - a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen, - b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373, - c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
- 3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz: Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b, - 4.
aus dem Asylgesetz: - a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3, - b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
- 5.
aus dem Aufenthaltsgesetz: - a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2, - b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
- 5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz: Straftaten nach § 13 Absatz 3, - 6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz: vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes, - 7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz: - a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen, - b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
- 8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz: Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen, - 9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen: - a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, - b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
- 9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz: Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a, - 10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch: - a)
Völkermord nach § 6, - b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7, - c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12, - d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
- 11.
aus dem Waffengesetz: - a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3, - b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.
(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.
(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.
(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass
- 1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können: - a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder - b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
- 2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und - 3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren
- 1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes, - 2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen, - 3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und - 4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.
(1) Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Vervielfältigungsstücke in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Vervielfältigungsstücke, sonstigen Erzeugnisse oder Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.