Landgericht Kempten (Allgäu) Beschluss, 02. Juli 2018 - 23 T 1483/17

published on 02/07/2018 00:00
Landgericht Kempten (Allgäu) Beschluss, 02. Juli 2018 - 23 T 1483/17
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Gericht

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Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die notarielle Kostenrechnung vom 19. Mai 2017 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Den Antragstellerinnen wurde durch einen notariellen Vertrag des Notars ... vom 15.05.2017 ein Grundstück in ... von ihren Eltern geschenkt. Der Notar hat in seiner am 19.05.2017 ausgestellten Kostenrechnung hinsichtlich dieses Vertrages einen Geschäftswert in Höhe von 800.000,00 EUR zugrundegelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Kostenrechnung wird auf Anlage ASt 1 Bezug genommen.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen diese Festsetzung des Geschäftswertes. Sie begründen dies insbesondere damit, dass im Zuge eines Erbvertrages vom 30.07.2015, der ausschließlich die Immobilie ...betraf, ein Geschäftswert von 455.000,00 EUR angesetzt wurde. Daneben berufen die Antragstellerinnen sich hinsichtlich der Ermittlung des zutreffenden Verkehrswertes der streitgegenständlichen Grundstücke auf ein Gutachten einer Steuerberatungsgesellschaft, das im schenkungssteuerlichen Kontext einen Wert von ca. 544.000,00 EUR ermittelt hatte. Daneben verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass der Großteil des Grundstückes sich im Außenbereich befinde und im Grundbuch als landwirtschaftliche Fläche eingetragen sei. Hierfür sei nach den örtlichen Vergleichswerten der Gemeinde ... lediglich Werte zwischen 2,0 und 4,40 EUR pro Quadratmeter anzusetzen. Insgesamt sei somit ein Geschäftswert von ca. 550.000,00 EUR anzusetzen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Notar vorgenommene Festsetzung des Geschäftswertes auf 800.000,00 EUR erweist sich nicht als unzutreffend.

Wie alle Verfahrensbeteiligten zutreffend ausführen, bemisst sich die Festsetzung des zutreffenden Geschäftswertes hinsichtlich der hier betroffenen Grundstücke nach § 46 GNotKG. Hierbei sind vorrangig die Kriterien des § 46 Abs. 2 GNotKG heranzuziehen, da ein Verkehrswert gem. § 46 Abs. 1 GNotKG nicht feststeht. Auch im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG ist zu berücksichtigen, dass die Festsetzung des Verkehrswertes nicht nach einer starren mathematischen Formel vorgenommen werden kann, wie die Notarkasse in ihrer Stellungnahme vom 29. Mai 2018 Seite 2 (= Bl. 25 d.A.) zutreffend feststellte. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass die Kriterien in § 46 Abs. 2 GNotKG nur Ausgangspunkte der Bewertung sind. Es ist nach Beschaffenheit der Sache stets zu prüfen, ob Auf- oder Abschläge veranlasst sind. Die Ermessensausübung nach § 36 Abs. 1 GNotKG wird insoweit durch § 46 Abs. 2 GNotKG nicht ausgeschlossen. Es ist hinreichend, wenn die Kriterien eine Ableitung des Wertes ermöglichen (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 10).

Insoweit, als die Antragstellerinnen eine Gebäudewertermittlung mit 360.830,80 EUR aufgrund der Brandversicherungswerte vorgelegt haben, ist dies für die Ermittlung des Wertes der Gebäude grundsätzlich ein geeigneter Anknüpfungspunkt. Insoweit, als die Antragstellerinnen im Rahmen der Bewertung des Grund- und Bodens von den Bodenrichtwerten ausgehen und diese obendrein für den weit überwiegenden Anteil des Grundstückes lediglich aufgrund der sehr geringen Werte für landwirtschaftliche Flächen ansetzen, ist der Auffassung der Antragstellerinnen nicht beizupflichten, dass hiermit zwingend der zutreffende Wert ermittelt wird.

Im Rahmen des § 46 Abs. 2 GNotKG wird keine höhere Wertigkeit hinsichtlich der unterschiedlichen Bewertungsmöglichkeiten vorgegeben. Der Notar darf insbesondere auch gem. § 46 Abs. 2 Nr. 3 allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Bewertung berücksichtigen. Amtsbekannt sind solche Tatsachen, die zwar nicht für jedermann offenkundig, aber für den jeweiligen Notar bzw. das jeweilige Gericht im amtlichen Zusammenhang bekannt und insoweit offenkundig sind (siehe Baumann/Diehn/Sommerfeldt/Diehn, § 46 GNotKG Rn. 20). In diesem Zusammenhang hat der Notar in seiner Stellungnahme vom 25.10.2017 Seite 4 unter Anführung seiner eigenen Erkenntnisse hinsichtlich der Nachbargrundstücke und des hier streitgegenständlichen Grundstückes ausführlich und nachvollziehbar darlegen können, dass er bei seiner Wertberechnung noch eher von sehr konservativen Faktoren ausgegangen ist und auch noch ein deutlich höherer Geschäftswert zu rechtfertigen gewesen wäre.

Auch insoweit, als man an der strikten Bewertung des überwiegenden Teils des Grundstücks als Außenbereich und Landwirtschaftsfläche festhalten wollte, ergibt sich nach den bereits vorbezeichneten Grundsätzen keine starre Verpflichtung, einen durchschnittlichen Bodenrichtwert als verbindlich anzusetzen. Der Notar ... hat in seiner Stellungnahme darlegen können, dass das gesamte Ensemble im Zusammenhang zu bewerten ist. Eine Parkfläche, welche unmittelbar den streitgegenständlichen Gebäuden angeschlossen ist, ist insofern in ihrer Wertigkeit mit Sicherheit höher zu bewerten als eine reine Ackerfläche. Die vom Notar dargelegten Erkenntnisse decken sich auch mit den gerichtlichen Erkenntnissen hinsichtlich des Marktes für Immobilien in derart hervorragender Lage, wie die hier streitgegenständliche. Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Gebäude sich in der äußerst privilegierten Lage mitten im weltbekannten Ort... befindet, was durch die Sackgassensituation und insbesondere auch das antragstellerseits als äußerst minderwertig betrachtete rückwärtige Parkland sich noch weiter verstärkt.

III.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (vgl. Sikora, in: Korinthenberg, GNotKG, 20. Auflage 2017, § 127 Rn 52 ff).

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(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit sich in einer nichtvermögensrec

(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).
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published on 21/08/2018 00:00

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 02.07.2018, Az. 23 T 1483/17, wird zurückgewiesen. 2. Die Antragstellerinnen tragen als Gesamtschuldner die Kosten
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Annotations

(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).

(2) Steht der Verkehrswert nicht fest, ist er zu bestimmen

1.
nach dem Inhalt des Geschäfts,
2.
nach den Angaben der Beteiligten,
3.
anhand von sonstigen amtlich bekannten Tatsachen oder Vergleichswerten aufgrund einer amtlichen Auskunft oder
4.
anhand offenkundiger Tatsachen.

(3) Bei der Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks können auch herangezogen werden

1.
im Grundbuch eingetragene Belastungen,
2.
aus den Grundakten ersichtliche Tatsachen oder Vergleichswerte oder
3.
für Zwecke der Steuererhebung festgesetzte Werte.
Im Fall der Nummer 3 steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.

(4) Eine Beweisaufnahme zur Feststellung des Verkehrswerts findet nicht statt.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.

(1) Der Wert einer Sache wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (Verkehrswert).

(2) Steht der Verkehrswert nicht fest, ist er zu bestimmen

1.
nach dem Inhalt des Geschäfts,
2.
nach den Angaben der Beteiligten,
3.
anhand von sonstigen amtlich bekannten Tatsachen oder Vergleichswerten aufgrund einer amtlichen Auskunft oder
4.
anhand offenkundiger Tatsachen.

(3) Bei der Bestimmung des Verkehrswerts eines Grundstücks können auch herangezogen werden

1.
im Grundbuch eingetragene Belastungen,
2.
aus den Grundakten ersichtliche Tatsachen oder Vergleichswerte oder
3.
für Zwecke der Steuererhebung festgesetzte Werte.
Im Fall der Nummer 3 steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.

(4) Eine Beweisaufnahme zur Feststellung des Verkehrswerts findet nicht statt.