Landgericht Karlsruhe Beschluss, 23. Feb. 2006 - 2 Qs 17/06

bei uns veröffentlicht am23.02.2006

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 2. Februar 2006 - 7 Cs 430 Js 55595//05 -

aufgehoben.

Die Höhe der Tagessatzes wird auf 1,20 Euro festgesetzt. Dem Angeklagten wird gestattet, die Geldstrafe in monatlichen Raten von 10,- Euro zu tilgen.

2. Die Kosten der Beschwerde und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

 
Bei der Berechnung der Höhe des Tagessatzes einer Geldstrafe sind gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 StGB die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Angeklagten zu beachten. Dabei sind den anzurechnenden Einkünften die Gesamtheit der Leistungen inklusive etwaiger Sachbezüge zu Grunde zu legen (Tröndle/Fischer, § 40 Rn. 12).
Es entspricht jedoch allgemeiner Meinung, dass sich bei der Berechnung der Tagessatzhöhe bei einkommensschwachen Personen im Einzelfall die Notwendigkeit ergeben kann, die Höhe des sich bei strikter Anwendung des Nettoeinkommensprinzips unter Einrechnung etwaiger Sachbezüge ergebenden Tagessatzes zu korrigieren. Der Empfänger von Sachleistungen ist nämlich gehindert, diese zu kapitalisieren und daran Einsparungen vorzunehmen, um nach Beschränkung der persönlichen Bedürfnisse davon Geldzahlungen zu leisten. Bei einem vermögenslosen Asylbewerber sind deshalb bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe einer gegen diesen verhängten Geldstrafe die dem Asylbewerber gewährten Sachbezüge außer Acht zu lassen (OLG Dresden, Urteil vom 7. 8. 2000, 1 Ss 323/00) und die Höhe des Tagessatzes allein nach dem dem Asylbewerber zur Verfügung gestellten Bargeldbetrag zu bemessen. Unter Zugrundelegung eines monatlichen Taschengeldes von 40,- Euro ergibt sich danach eine Tagessatzhöhe von 1,20 Euro.
Die dem Angeklagten gewährten Zahlungserleichterungen in Form der Ratenzahlungen waren erneut zu gewähren, weil der Angeklagten zur sofortigen vollständigen Zahlung der Geldstrafe nicht in der Lage ist. Dass er sich auch bei Ratengewährung angesichts des ihm zur Verfügung stehenden nicht allzu großen Bargeldbetrages für drei Monate bei der Erfüllung seiner mit finanziellen Mittels stillbaren Bedürfnisse in gewisser Weise einschränken muss, ist bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Juli 2008 - 2 Ss 346/08

bei uns veröffentlicht am 21.07.2008

Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 13. März 2008 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend

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(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.