Landgericht Karlsruhe Urteil, 21. Juli 2015 - 11 S 118/14

bei uns veröffentlicht am21.07.2015

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Tauberbischofsheim vom 19.09.2014, Az. 1 C 83/14 WEG, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ... und streiten über die Gültigkeit von Beschlüssen, die in der Eigentümerversammlung am 17. Februar 2014 gefasst wurden. Der Kläger ist der Sohn des Beklagten. Es bestehen drei Miteigentumsanteile, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, von denen der Kläger eine Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 333/1000 hält. Die beiden anderen Miteigentumsanteile verbunden mit den übrigen Wohnungen gehören dem Beklagten. Der Beklagte ist auch der Verwalter der Gemeinschaft. Gemäß § 6 Ziffer 4 der Teilungserklärung vom 4. August 1980 (Akten erster Instanz Seite 16) gilt bei Abstimmungen in der Eigentümerversammlung das Objektprinzip; jeder Wohnung kommt eine Stimme zu. Regelungen zur Zulässigkeit der Vertretung von Mitgliedern in den Eigentümerversammlungen enthält die Teilungserklärung nicht.
In der Eigentümerversammlung am 17. Februar 2014 erschienen die Parteien sowie die Ehefrau des Beklagten und sein anderer Sohn. Der Beklagte trat darin als Verwalter und Versammlungsleiter auf, seine Ehefrau und sein anderer Sohn als seine bevollmächtigten Vertreter für seine beiden Eigentumseinheiten. Der Kläger verließ die Versammlung noch vor der Abstimmung über den ersten Beschluss wieder. Zum Ablauf der Versammlung wird auf das Protokoll (Akten erster Instanz Seite 85 ff.) verwiesen.
Der Kläger ficht sämtliche in der Versammlung gefassten Beschlüsse an und rügt im Wesentlichen die Verletzung des Gebots der Nichtöffentlichkeit. Der Beklagte habe nicht seine Ehefrau und seinen anderen Sohn als seine Vertreter auftreten und teilnehmen lassen dürfen. Daneben rügt er auch materielle Fehler der Beschlüsse. Auf seine Schriftsätze wird verwiesen.
Das Amtsgericht gab in dem angegriffenen Urteil der Anfechtungsklage weit überwiegend statt und sah den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verletzt. Durch die Bevollmächtigung zweier Vertreter für jede Eigentumseinheit komme es zu einer unzulässigen Verdopplung der Mitgliedschaftsrechte. Zudem entstehe dadurch die Möglichkeit, dass beide Vertreter unterschiedlich abstimmen, während jeder Eigentümer anerkanntermaßen seine Stimmen nur einheitlich abgeben dürfe.
Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin die vollständige Abweisung der Klage beantragt. Nach dem vereinbarten Objektprinzip komme jeder Eigentumseinheit eine Stimme zu, es gebe daher keine Verdopplung der Stimmrechte. Die Gefahr unterschiedlicher Stimmabgabe sei lediglich hypothetisch gewesen und tatsächlich durch seine Vorgaben ausgeschlossen gewesen. Dazu hätte das Amtsgericht ihn anhören müssen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hebt hervor, dass das Amtsgericht zu Recht eine Verdopplung der Mitwirkungsrechte, nicht der Stimmrechte, für unzulässig gehalten habe.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die in der Eigentümerversammlung am 17. Februar 2014 gefassten Beschlüsse schon wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit für ungültig erklärt. Der Beklagte hätte nicht zusammen mit seinen Bevollmächtigten an der Versammlung teilnehmen dürfen.
1. Gemäß § 23 Absatz 1 WEG erfolgt die Willensbildung der Gemeinschaft in der "Versammlung der Wohnungseigentümer". Daraus folgt, dass Personen, die nicht Wohnungseigentümer sind, grundsätzlich nicht teilnahmeberechtigt sind. Die Versammlung ist also nicht öffentlich (BGH, Beschluss vom 29. Januar 1993 - V ZB 24/92 BGHZ 121, 236; Bärmann/Merle WEG 12. Auflage 2013 § 24 Rn. 73). Die Nichtöffentlichkeit dient dem Zweck, die Eigentümerversammlung von fremdem Einfluss freizuhalten. Die Wohnungseigentümer sollen in ihrer Versammlung auftretende Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich allein unter sich austragen. Außenstehende Dritte sollen nicht auf den Ablauf der Versammlung und dadurch womöglich auf die Meinungsbildung der Wohnungseigentümer Einfluss nehmen können (OLG Köln, Beschluss vom 22. Juni 2009 - 16 Wx 266/08 - NJW 2009, 3245; Urteil der Kammer vom 27. Juli 2010 - 11 S 70/09 - ZMR 2013, 469; MünchKommBGB/Engelhardt, 6. Auflage 2013, § 24 WEG Rn. 22; Scheff/Schmidt, MDR 2010, 186).
a. Allerdings dürfen sich die Wohnungseigentümer durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen, sofern diese Möglichkeit in der Teilungserklärung oder durch andere Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern nicht beschränkt worden ist (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. Januar 2005 - 20 W 30/04 -, juris; LG Köln, Urteil vom 27. September 2012 - 29 S 61/12 - ZMR 2013, 218; Jennißen/Schultzky WEG 4. Auflage 2015 § 24 Rn. 78 und § 25 Rn. 60). Im vorliegenden Fall gab es keine Einschränkung des Rechts zur Bevollmächtigung in der Teilungserklärung oder in einer anderen Vereinbarung zwischen den Parteien. Der Beklagte durfte daher im Grundsatz einen Vertreter zur Versammlung schicken. Ob er für seine beiden Eigentumseinheiten auch jeweils einen Vertreter entsenden durfte, muss hier nicht entschieden werden.
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b. Denn der Verstoß gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit ergibt sich daraus, dass der Beklagte neben seinen Vertretern selbst an der Versammlung teilgenommen hat. Das Gebot der Nichtöffentlichkeit der Versammlung soll sicherstellen, dass die Wohnungseigentümer ihre Meinungsunterschiede unter sich austragen, und trägt damit auch den Gedanken eines Gebots der Waffengleichheit in sich (MünchKommBGB/Engelhardt, 6. Auflage 2013, § 24 WEG Rn. 23). Kein Mitglied der Gemeinschaft soll sich durch die Präsenz von Begleitern unterstützen oder seinem Auftreten mehr Gewicht verleihen lassen. Daraus folgt, dass der Eigentümer, der sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt, nicht selbst an der Eigentümerversammlung teilnehmen darf (Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 11. Auflage 2015 § 24 Rn. 43). Tut er es gleichwohl, wird sein Bevollmächtigter zum grundsätzlich nicht teilnahmeberechtigten Dritten (LG Köln, Beschluss vom 8. Januar 2013 - 29 S 183/12 - ZMR 2013, 378; Jennißen/Schultzky WEG 4. Auflage 2015 § 24 Rn. 78). Ließe man den Vertretenen und den Vertreter zugleich teilnehmen, wäre dies eine Umgehung des Verbots, Begleiter in die Versammlung mitzunehmen (Schmid, ZWE 2012, 480, 481).
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c. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Beklagte als Verwalter und Versammlungsleiter in der Eigentümerversammlung auftrat. Die Einnahme dieser Rolle ist kein rechtfertigender Grund dafür, sich als Eigentümer vertreten zu lassen. Die Rolle macht es ihm nicht unmöglich, zugleich als Eigentümer seine eigenen Interessen zu vertreten.
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2. Dieser formelle Fehler des Verstoßes gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit ist auch ursächlich für die Beschlussfassung geworden. Allerdings sind bei einem Verstoß gegen die formellen Anforderungen einer ordnungsmäßigen Eigentümerversammlung die darin gefassten Beschlüsse nicht in jedem Fall anfechtbar, sondern nur, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der Fehler auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat (Palandt/Bassenge BGB 74. Auflage 2015 § 23 WEG Rn. 20; Reichel-Scherer in: jurisPK-BGB 7. Auflage 2014 § 23 Rn. 181). Die Kausalität wird widerleglich vermutet; sie fehlt nur, wenn feststeht, dass der betreffende Beschluss bei ordnungsgemäßer Einladung aller Mitglieder ebenso gefasst worden wäre, wobei die materielle Feststellungslast bei den Mitgliedern liegt, die den Beschluss verteidigen und für gültig halten, also beim Beklagten (LG München I, Urteil vom 28. Juni 2012 - 36 S 17241/11 - ZMR 2012, 819 und Urteil vom 6. November 2014 - 36 S 25536/13 WEG -, juris; Urteil der Kammer vom 15. Juli 2014 - 11 S 101/12). Diese Kausalitätsvermutung kann nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass der Beschluss mit Sicherheit - nicht nur mit hoher Wahrscheinlichkeit - auch ohne den Verstoß inhaltsgleich gefasst worden wäre (OLG Hamburg, Beschluss vom 21. Juni 2006 - 2 Wx 33/05 - 2MR 2006, 704; Jennißen/Schultzky WEG 4. Auflage 2015 § 23 Rn. 175). Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Versammlung das Teilnahmerecht beeinträchtigt hat und dies einen schweren Eingriff in den Kernbereich der mitgliedschaftlichen Rechte darstellt. Es darf nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Versammlung auch bei Einhaltung des Gebots der Nichtöffentlichkeit ebenso entschieden hätte. Das Abstimmungsverhalten kann auch durch die vorhergehende Diskussion beeinflusst werden. An die Widerlegung der Kausalitätsvermutung sind folglich hohe Anforderungen zu stellen (OLG Hamburg a.a.O.; Urteil der Kammer vom 21. Februar 2012 - 11 S 46/11 - ZWE 2013, 36; Urteil der Kammer vom 31. März 2015 - 11 S 104/14). Eine solche Ausnahmesituation, in der mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Versammlung auch bei Wahrung der formellen Anforderungen an eine Eigentümerversammlung ebenso abgestimmt hätte, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Beklagte hat gerade die Unterstützung durch seine Ehefrau und seinen anderen Sohn gesucht. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beschlüsse anders gefasst worden wären, wenn sich der Beklagte allein mit dem Kläger hätte auseinandersetzen müssen.
13 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ZPO.
14 
Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil die Kammer die Revision gegen das Urteil nicht zulässt und die Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 62 Absatz 2 WEG).
15 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO).

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(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Die Wo

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift


(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. (2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrig

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bei uns veröffentlicht am 21.02.2012

Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 12.01.2011 – Az. 9 C 234/10 – wird zurückgewiesen.2. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten zu 88% und der Kläger zu 12%.3. Die Revision wird nicht zug

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(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.

(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.

(3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.

(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.

(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.

(2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.

(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.

(4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.

(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.

(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.

(7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut

1.
der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung,
2.
der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und
3.
der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,
soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Fall einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen gemäß den Sätzen 3 bis 6 sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, ist auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben.

(8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben.

(1) Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne ihrer Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.

(2) Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist.

(3) Auch ohne Versammlung ist ein Beschluss gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt.

(4) Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 12.01.2011 – Az. 9 C 234/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten zu 88% und der Kläger zu 12%.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in .... Bei den Beklagten handelt es sich um die übrigen Wohnungseigentümer.
Hinsichtlich des Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil – soweit sie nicht von den Feststellungen dieses Urteils abweichen – Bezug genommen.
Der Kläger wendete sich mit seiner Klage gegen mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.05.2010 und beantragte zudem die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung sowie die gleichzeitige Kündigung des Verwaltervertrages aus wichtigem Grund.
Mit Urteil vom 12.01.2011 erklärte das Amtsgericht den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft zu TOP 3 Nr. 2a über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen 2009 hinsichtlich der Abrechnungspositionen "Gebäudeversicherung" und "besondere Verwaltervergütung Wasserschaden" für ungültig. Außerdem erklärte es die Entlastung des Verwalters unter TOP 5 Nr. 4, die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags unter TOP 20 Nr. 16 und die Beauftragung von Rechtsanwalt ... mit einer umfangreichen Beratung betreffend das weitere Vorgehen gegen den Kläger auf Kosten der restlichen Eigentümer ohne den Kläger (TOP 23 Nr. 18) sowie die Übernahme der dem Verwalter im Rechtsstreit 9 C 468/08 vor dem Amtsgericht Karlsruhe auferlegten Kosten von EUR 244,60 durch die übrigen Eigentümer mit Ausnahme des Klägers (TOP 24 Nr. 19) für unwirksam. Im übrigen wies es die Klage ab, soweit sie sich gegen die Beschlüsse unter TOP 3 Nr. 2b und c richtete.
An der Prozessfähigkeit des Klägers bestanden nach Ansicht des Amtsgerichts keine Zweifel. Er verfolge mit seiner Klage sachliche Anliegen, die weitgehend begründet seien. Die Jahresabrechnung 2009 enthalte unstreitig unter den Positionen "Gebäudeversicherung" und "besondere Verwaltervergütung Wasserschaden" saldierte Positionen, bei denen Einnahmen aus dem Folgejahr berücksichtigt worden seien. Die Abrechnung sei daher bezüglich dieser beiden Positionen für ungültig zu erklären. Der Entlastungsbeschluss unter TOP 5 Nr. 4 sei zu Recht angefochten worden, weil der Verwalter die Abrechnung für 2009 nicht vollständig vorgelegt habe und insoweit noch Ansprüche der Eigentümer auf Ergänzung bestünden. Außerdem scheide eine Entlastung des Verwalters aus, weil er ohne jede Berechtigung die Kosten des gegen ihn gerichteten Rechtsstreits im Verfahren 9 C 468/08 vom Konto der Wohnungseigentümer entnommen habe. Auf Grund dieser und weiterer Verfehlungen des Verwalters erscheine eine weitere Zusammenarbeit mit ihm unzumutbar. Deshalb sei auch der weitere Klageantrag begründet, den Verwalter abzuberufen und den Verwaltervertrag fristlos zu kündigen. Die Beschlüsse zu TOP 23 Nr. 18 und TOP 24 Nr. 19 seien für ungültig zu erklären, weil der Kläger vor der Beschlussfassung rechtswidrig von der Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen worden sei.
Die Beklagten haben gegen das ihnen am 24.01.2011 zugestellte Urteil am 18.02.2011 Berufung eingelegt, soweit das Amtsgericht der Klage stattgegeben hat. Sie tragen vor, der Kläger sei prozessunfähig. Zudem sei die Klage dem Verwalter zugestellt worden, obwohl sie ihm nicht habe zugestellt werden dürfen, weil aufgrund des Streitgegenstands die Gefahr bestanden habe, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten werde. Schließlich sei es um die Entlastung und die Abberufung des Verwalters gegangen. Die Klage habe vielmehr mangels eines Ersatzzustellungsbevollmächtigen den einzelnen Beklagten zugestellt werden müssen. Deshalb sei keine wirksame Zustellung innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt und Bestandskraft der Beschlüsse der Versammlung vom 26.05.2010 eingetreten. Hinsichtlich des Beschlusses unter TOP 3 Nr. 2a könne der Kläger lediglich eine Ergänzung der Abrechnung und nicht die Ungültigerklärung des Beschlusses verlangen. Die Entlastung des Verwalters sei nicht zu beanstanden. Ihm seien keine Verfehlungen anzulasten, die eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar erscheinen ließen. Seine Erklärung, die Kosten des Verfahrens 9 C 468/08 seien den übrigen Wohnungseigentümern auferlegt worden, habe auf einem Irrtum beruht. Der Betrag sei mittlerweile vom Verwalter erstattet worden. Die übrigen Wohnungseigentümer seien jedoch entschlossen, die Kosten zu übernehmen. Die Beschlüsse unter TOP 23 Nr. 18 und TOP 24 Nr. 19 seien nicht Gegenstand der Eigentümerversammlung gewesen. Sie seien erst nach der offiziellen Eigentümerversammlung, die bereits nach der vorgezogenen Abstimmung über TOP 25 beendet gewesen sei, gefasst worden. Zudem beträfen sie den Kläger inhaltlich nicht. Der Kläger sei der Bitte, den Sitzungssaal zu verlassen, freiwillig nachgekommen.
Die Beklagten haben den Antrag verlesen:
Das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 12.01.2011 – 9 C 234/10 – wird im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er tritt der Berufung entgegen. Die Klage sei wirksam innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG an den Verwalter zugestellt worden. Der Verwalter habe die veruntreuten Gelder dem Girokonto der Eigentümer nicht wieder gutgeschrieben. Auch die fehlenden Eintragungen in der Beschlusssammlung habe der Verwalter nicht nachgeholt. Er selbst habe die Versammlung am 26.05.2010 nicht freiwillig verlassen.
13 
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die von den Parteien vorgelegten Unterlagen verwiesen.
II.
14 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber in der Sache erfolglos.
15 
1. An der Prozessfähigkeit des Klägers bestehen keine Zweifel. Zwar hat er sich mehrfach in nicht hinnehmbarer Weise über den Prozessbevollmächtigten der Beklagten geäußert. Diese Äußerungen bieten jedoch unabhängig von möglichen strafrechtlichen Konsequenzen keine Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit, weil es keine Anzeichen dafür gibt, dass sie auf eine psychische Krankheit des Klägers zurückzuführen wären.
16 
2. Die Klage ist innerhalb der Klagefrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG wirksam an den Verwalter zugestellt worden. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG, die den Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ausschließt, greift vorliegend nicht ein. Es bestand nicht aufgrund des Streitgegenstandes die konkrete Gefahr, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer über den anhängigen Rechtsstreit und seinen Fortgang nicht sachgerecht informieren würde. Die Berufung der Beklagten kann daher nicht darauf gestützt werden, dass das Amtsgericht die Klage wegen Versäumung der Klagefrist als unbegründet hätte abweisen müssen. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten ist allerdings nicht verspätet. Der unstreitige Vorgang der Zustellung der Klage an den Verwalter muss auch in der Berufungsinstanz rechtlich beleuchtet werden.
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a) Der Ausschlussgrund des § 45 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG kann erst dann angenommen werden, wenn eine konkrete Gefahr eines Interessenkonflikts des Verwalters gegeben ist und nicht schon bei Vorliegen eines abstrakten Interessenkonflikts. Diese restriktive Anwendung und Auslegung der Vorschrift knüpft an die Rechtsprechung vor der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes an. Gründe für eine Änderung dieser Handhabung sind nicht ersichtlich. Ansichten, nach denen der Verwalter als Zustellungsvertreter bereits ausscheidet, wenn die Möglichkeit einer nicht sachgerechten Unterrichtung im Hinblick auf den Streitgegenstand nicht fern liegt (so Bärmann/Klein, WEG, 11. Aufl. 2010, § 45 Rn. 18), finden im Gesetzeswortlaut keine Stütze und sind daher als zu weitgehend abzulehnen (Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl. 2010, § 45 Rn. 13 ff. m. w. N.).
18 
b) Erforderlich ist daher für ein Eingreifen des Ausschlussgrundes ein in der Sache begründeter Interessenkonflikt, der konkret die Befürchtung rechtfertigt, der Verwalter werde die übrigen Wohnungseigentümer über den Verlauf des anhängigen Verfahrens nicht ordnungsgemäß informieren (Jennißen/Suilmann, a. a. O., § 45 Rn. 15 m. w. N.; Timme/Elzer, WEG, 2010, § 45 Rn. 34). Eine Zustellung an den Verwalter ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn eine Klage über die Ungültigerklärung eines Beschlusses über die Entlastung des Verwalters oder auf Abberufung des Verwalters erhoben wird (Jennißen/Suilmann, a. a. O., § 45 Rn. 17). Eine konkrete Gefahr ist erst dann gegeben, wenn ein echter Konflikt zwischen den Interessen des Verwalters und den übrigen von ihm vertretenen Wohnungseigentümern auftritt (BayObLG NJW-RR 1989, 1168 (1169); BayObLG NZM 2002, 346 (347); Jennißen/Suilmann, a. a. O., § 45 Rn. 16). Dies kann angenommen werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Verwalter und einigen oder allen von ihm vertretenen Wohnungseigentümern aufgrund von Pflichtverletzungen des Verwalters nachhaltig gestört ist.
19 
Dies ist hier nicht der Fall. Zwar hat der Verwalter im vorliegenden Fall Pflichtverletzungen begangen, die seine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Das Vertrauensverhältnis zu den Beklagten und damit zur weit überwiegenden Mehrheit der Wohnungseigentümer war jedoch zu keinem Zeitpunkt nachhaltig gestört. Die Beklagten haben dem Verwalter auf der Versammlung am 26.05.2010 ihr Vertrauen ausgesprochen und wenden sich in der Berufungsinstanz weiter gegen seine Abberufung. Zudem ist der Verwalter seiner Informationspflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG unstreitig tatsächlich nachgekommen, weshalb eine konkrete Gefahr zu keinem Zeitpunkt bestand.
20 
3. Das Amtsgericht hat die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ... vom 26.05.2010 zu TOP 3 Nr. 2a, TOP 5 Nr. 4, TOP 20 Nr. 16, TOP 23 Nr. 18 und TOP 24 Nr. 19 zu Recht für ungültig und die sofortige Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund sowie die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund für beschlossen erklärt. Die Ausführungen des Amtsgerichts sind in Ergebnis und Begründung zutreffend.
21 
a) Der Beschluss über die Genehmigung der Gesamt- und Einzelabrechnungen 2009 unter TOP 3 Nr. 2a war hinsichtlich der Abrechnungspositionen "Gebäudeversicherung" und "besondere Verwaltervergütung Wasserschaden" für ungültig zu erklären. Die Jahresabrechnung muss sämtliche Einnahmen und Ausgaben ohne Saldierung enthalten und darf keine Einnahmen berücksichtigen, die erst im Folgejahr anfielen. Unstreitig weist die Jahresabrechnung jedoch für die beiden angegriffenen Positionen nicht die im Abrechnungsjahr tatsächlich getätigten Gesamtausgaben, sondern einen Betrag aus, der Erstattungen aus dem Jahr 2010 berücksichtigt.
22 
b) Das Amtsgericht hat auch die unter TOP 5 Nr. 4 beschlossene Entlastung des Verwalters zu Recht für ungültig erklärt. Ein Entlastungsbeschluss ist anfechtbar, wenn nicht vollständig auszuschließen ist, dass Ansprüche gegen den Verwalter geltend gemacht werden können (BGH NJW 2003, 3124; Jennißen/Jennißen, a. a. O., § 28 Rn. 22). Die Ungültigerklärung der Jahresabrechnung lässt in der Regel die Voraussetzungen der Entlastung entfallen, weil der Verwalter seine Abrechnungspflicht noch nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, so dass der Wohnungseigentümergemeinschaft noch Ansprüche gegen ihn zustehen können (Bärmann/Merle, a. a. O., § 28 Rn. 127). Vorliegend bestanden wegen der fehlerhaften und angefochtenen Abrechnung für das Jahr 2009 Ergänzungsansprüche gegen den Verwalter.
23 
c) Der unter TOP 20 Nr. 16 gefasste Negativbeschluss war aufzuheben, weil der Antrag des Klägers auf Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrages begründet ist. Vorliegend war der Verwalter aus wichtigem Grund abzuberufen, weil die Voraussetzungen des besonderen Abberufungsgrundes des § 26 Abs. 1 S. 4 WEG erfüllt sind. Nach diesem einzigen ausdrücklich gesetzlich geregelten Abberufungsgrund ist der Verwalter regelmäßig abzuberufen, wenn er die Beschlusssammlung nicht ordnungsgemäß führt.
24 
Dies ist hier der Fall. Der Verwalter hat die in den Gerichtsverfahren 9 C 119/07 und 9 C 468/08 gegen ihn ergangenen Entscheidungen entgegen seiner Pflicht aus § 24 Abs. 7 und 8 WEG nicht in die von ihm zu führende Beschlusssammlung aufgenommen. Aus § 24 Abs. 7 S. 2 Nr. 3 WEG ergibt sich eindeutig, dass die Urteilsformeln aller Rechtsstreitigkeiten nach § 43 WEG in die Beschlusssammlung eingetragen werden müssen. Davon umfasst sind auch die Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten des Verwalters.
25 
Eine nachträgliche Ergänzung der Beschlusssammlung ändert am Vorliegen des Abberufungsgrundes nichts, weil sie verspätet erfolgte. Nach § 24 Abs. 7 S. 7 WEG sind Eintragungen in die Beschlusssammlung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu erledigen. Davon ist maximal ein Zeitraum von drei Tagen umfasst (Jennißen/Jennißen, a. a. O., § 26 Rn. 157), der hier deutlich überschritten wurde. Dabei ist unerheblich, ob die Nichtaufnahme, wie die Beklagten behaupten, auf einem Irrtum des Verwalters beruht. Wegen der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung zur Führung der Beschlusssammlung ist ein Versäumnis des Verwalters aus Unkenntnis fahrlässig und damit schuldhaft.
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Eine Abmahnung des Verwalters vor einer Kündigung war nicht erforderlich. Der Gesetzgeber führt selbst aus, dass ein wichtiger Abberufungsgrund in der Regel schon bei einmaliger Verletzung der Pflicht aus § 24 Abs. 7 WEG vorliegt (BT-Drucksache 16/887, S. 35; so auch Jennißen/Jennißen, a. a. O., § 26 Rn. 157). Hier hat der Verwalter sogar mehrere, jeweils für ihn nachteilig ausgegangene Entscheidungen nicht in die Sammlung aufgenommen.
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Gründe, die eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass dem Verwalter eine weitere schwere Verfehlung anzulasten ist. Unstreitig hat er den Wohnungseigentümern gegenüber angegeben, sie seien verurteilt worden, die Kosten des Verfahrens 9 C 468/08 zu tragen, obwohl die Kosten im Urteil ihm selbst auferlegt wurden. Angesichts der eindeutigen Kostenregelung kann nicht von einem Irrtum des Verwalters ausgegangen werden. Ohne jede Berechtigung hat er den Betrag vom Konto der Wohnungseigentümer entnommen. Zwar handelte es sich um einen relativ geringen Betrag. Dies fällt jedoch angesichts des strafrechtlich relevanten Verhaltens des Verwalters nicht ins Gewicht. Auch die Rückgängigmachung ändert an dieser Bewertung nichts.
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d) Das Amtsgericht hat nach den vorstehenden Erwägungen zu Recht die sofortige Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund sowie die fristlose Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund für beschlossen erklärt. Nach § 21 Abs. 8 WEG kann das Gericht nach billigem Ermessen entscheiden, wenn die Wohnungseigentümer wie hier eine nach dem Gesetz erforderliche Maßnahme nicht treffen. Der unter TOP 5 Nr. 4 gefasste Entlastungsbeschluss steht einer Kündigung des Verwaltervertrages nicht entgegen (dazu Jennißen/Jennißen, a. a. O., § 26 Rn. 162), weil er ebenfalls wirksam angefochten wurde.
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e) Die unter TOP 23 Nr. 18 und TOP 24 Nr. 19 gefassten Beschlüsse waren aufzuheben, weil der Kläger rechtswidrig von der weiteren Teilnahme an der Versammlung vom 26.05.2010 ausgeschlossen wurde. Der Kläger hatte ein Recht darauf, an der gesamten Versammlung teilzunehmen (Bärmann/Merle, a. a. O., § 24 Rn. 94). Das Teilnahmerecht ist nicht davon abhängig, ob ein Wohnungseigentümer stimmberechtigt ist (Jennißen/Elzer, a. a. O., § 24 Rn. 56). Daher ist unerheblich, ob die Abstimmungsgegenstände den Kläger persönlich betrafen oder nicht. Die Versammlung war entgegen dem Vortrag der Beklagten auch nicht vor dem Ausschluss des Klägers bereits beendet worden. Von einer Beendigung der Versammlung vor der Abstimmung über die beiden Tagesordnungspunkte ist im Protokoll nicht die Rede. Vielmehr spricht das einheitliche Protokoll dagegen, von zwei getrennten Versammlungen auszugehen. Auch der Protokollwortlaut spricht für eine einheitliche Versammlung. Unter TOP 1 ergibt sich insoweit, dass der Verwalter den Kläger gebeten hat, "die Versammlung" zu verlassen und der Kläger "die Eigentümerversammlung" vor der Behandlung der Tagesordnungspunkte Nr. 23 und 24 verließ.
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Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht soll es für die Ungültigerklärung eines Beschlusses schon genügen, dass er gefasst wurde, nachdem ein Wohnungseigentümer rechtswidrig von der Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer ausgeschlossen worden ist (so Bärmann/Merle, a. a. O., §, 23 Rn. 176, § 24 Rn. 94). Dafür spricht, dass sich ex post nicht mit Sicherheit feststellen lässt, inwieweit die berechtigte Teilnahme sich auf die Willensbildung und damit auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hätte. Zudem stellt die Verletzung des Teilnahmerechts des Wohnungseigentümers einen schweren Eingriff in den Kernbereich der mitgliedschaftlichen Rechte dar. Auch wenn mit der Rechtsprechung (BayObLG NJW-RR 1991, 531 (533); OLG Düsseldorf WuM 1999, 181 (182); OLG Hamm ZWE 2002, 486 (489)) auf die hypothetische Kausalität des Versammlungsausschlusses für das Beschlussergebnis abgestellt wird, gelten daher strenge Anforderungen. Im Ergebnis lässt es sich nicht ausschließen, dass die Eigentümer im Beisein des Klägers anders entschieden hätten.
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4. Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zwar ist die Frage, ob der Ausschlussgrund des § 45 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG eine konkrete oder eine abstrakte Gefahr voraussetzt, bisher nicht höchstrichterlich entschieden worden (vgl. hierzu BGH NZM 2011, 752). Eine höchstrichterliche Klärung ist jedoch nicht erforderlich, weil die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Ansicht folgt, die das Vorliegen einer konkreten Gefahr fordert (dazu Jennißen/Suilmann, a. a. O., § 45 Rn. 13 ff. und Timme/Elzer a. a. O. mit zahlreichen Nachweisen). Zudem führen beide Ansichten nicht zwingend zu unterschiedlichen Ergebnissen. Selbst für den Fall, dass eine abstrakte Gefahr als ausreichend angesehen wird, kann nicht ohne weiteres von einer unwirksamen Zustellung ausgegangen werden, da eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO in Betracht kommt.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Nachdem der Kläger seine Berufung mit Schriftsatz vom 18.03.2011 zurückgenommen hat, waren ihm die durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen, § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.