Landgericht Hamburg Urteil, 07. Jan. 2015 - 329 O 58/14

published on 07/01/2015 00:00
Landgericht Hamburg Urteil, 07. Jan. 2015 - 329 O 58/14
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagten jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf € 10.849,25 festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten im Wesentlichen aus sogenannter Prospekthaftung im weiteren Sinne geltend.

2

Die Beklagte zu 1) ist die Fondsgesellschaft, die mit einem Emissionsprospekt 2005 eine Beteiligung als Kommanditist oder über die Treuhandkommanditistin Dr. C.T. GmbH, der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3), an ihr anbot. Dabei handelt es sich bei der Beklagten zu 1) um ein Unternehmen, dass vor allem im Bereich von Leasinggeschäften tätig ist. Der Vertrieb erfolgte im Wesentlichen über die R. & C.. AG, deren Rechtsnachfolgerin ebenfalls die Beklagte zu 3) ist und die berechtigt war, Untervermittler einzuschalten. Vorliegend erfolgte die Vermittlung durch die F. AG, dort Herr St..

3

Ferner wird in Anspruch genommen die Beklagte zu 2) als Komplementärin der Beklagten zu 1) und angebliche Gründungsgesellschafterin.

4

Der Kläger unterzeichnete am 29.08.2005 den Beitritt für eine Anlage über die Treuhandkommanditistin und Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3), der Dr. C.T. GmbH (Anlage K 1). Das Konzept der Fondsgesellschaft sah drei verschiedene Anlagemöglichkeiten vor und zwar die Beteiligung durch eine Einmalanlage („Classic“), die Variante „Plus“, bei der die Ausschüttungen aus dem „Classic“-Programm sogleich als Rateneinlage gutgeschrieben werden, und ferner die Beteiligung durch eine in Raten zu erbringende Einlage („Sprint“).

5

Der Kläger beteiligte sich in Höhe von € 10.600,00 incl. Agio mit der Beteiligungsform „Classic“.

6

Nachdem die Beteiligung nicht erwartungsgemäß verlief, fordert der Kläger nunmehr Schadensersatz.

7

Der Kläger trägt vor, er habe keine hinreichend aufklärenden Angaben zu der Anlage erhalten. Es sei auf die Risiken, insbesondere das Risiko des Totalverlustes, nicht ausreichend hingewiesen worden. Der von der Fondsgesellschaft zur Aufklärung der Anlageinteressenten verwendete Prospekt sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.

8

So seien die Risiken einer Beteiligung in dem Emissionsprospekt nur unvollständig und fehlerhaft dargestellt worden. Auf das Risiko eines Totalverlustes sei nur ganz allgemein im Rahmen der Zusammenfassung der Risiken eingegangen worden, ohne eine genaue Darstellung, was hierunter zu verstehen sei und welcher Zusammenhang zwischen den Verlusten der Beklagten und dem Totalverlust des Anlegers bestehe. Das Risiko der bestehenden Nachschusspflicht des Anlegers sei innerhalb der allgemeinen Risikohinweise weder hinreichend erwähnt noch dargestellt worden. Die lediglich an anderer Stelle erfolgten Hinweise seien völlig unzureichend. Insbesondere sei die Darstellung der Folgen gewinnunabhängiger Ausschüttungen für eine Nachschusspflicht gerade auch im Insolvenzfall unzureichend. Über die fehlerhafte Darstellung der Risiken hinaus seien auch die Emissionskosten falsch bzw. in nur unzulänglicher Weise dargestellt worden. Es sei insgesamt die Unternehmensplanung nicht nachvollziehbar und letztlich von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Die Unternehmensprognosen seien deutlich verfehlt worden, worauf nicht hingewiesen worden sei. Emissionskosten seien falsch dargestellt worden. Es gebe Schulungsunterlagen für die Vermittler, die ebenfalls ein zu positives Bild der Anlagen schildern und dazu führen, dass eine erforderliche und realitätsnahe Aufklärung durch die Vermittler nicht möglich sei.

9

Der Restschaden unter Anrechnung der erfolgten Ausschüttungen in Höhe von € 9.346,25 sei zu zahlen zuzüglich eines entgangenen Gewinns von € 2.436,94 gegen Rückübertragung der Anlage.

10

Der Kläger beantragt,

11

1) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger € 9.346,25 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus der Gesellschaftsbeteiligung an der A. C. AG & Co. KG, Vertragsnummer 9....7;

12

2) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von € 2.436,94 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

13

3) festzustellen, dass sich die Beklagten mit der unter Ziffer 1) benannten Gegenleistung im Annahmeverzug befinden;

14

4) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen aus dem zwischen dem Kläger und der Beklagten unter Ziffer 1) bezeichneten Gesellschaftsvertrag freizustellen;

15

5) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Kläger von dessen Haftung gemäß §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB i.V.m. § 12 des Gesellschaftsvertrages in Falle einer Insolvenz der Beklagten freizustellen;

16

6) festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen finanziellen Schaden zu ersetzen, der über die unter Ziffer 1) und 2) bezifferten Schäden und den unter Ziffer 4) bezeichneten Freistellungsanspruch hinausgehen und der in der Zeichnung der in Ziffer 1) näher bezeichneten Beteiligung seine Ursache hat;

17

7) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den Kläger von dessen Kosten für die anwaltliche außergerichtliche Interessenvertretung freizustellen.

18

Die Beklagten beantragen,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie vertreten die Auffassung, der Emissionsprospekt sei nicht zu beanstanden, wie bereits von vielen Kammern des Landgerichts Hamburg und Senaten des Hanseatischen Oberlandesgerichts festgestellt. Aufklärungsfehler seien darüber hinaus nicht vorgetragen.

21

Im Übrigen seien geltend gemachte Ansprüche auch bereits verjährt. Es werde insoweit ebenfalls auf die zahlreichen Entscheidungen zu diesen Fragen verwiesen, die insbesondere von verschiedenen Kammern des Landgerichts Hamburg ergangen seien.

22

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die umfangreichen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage hat keinen Erfolg.

24

I) Die Klage ist gegen alle Beklagten unbegründet.

25

1.) Schadensersatzansprüche aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung gegen die Beklagten bestehen schon deshalb nicht, weil diese Ansprüche kenntnisunabhängig spätestens binnen drei Jahren nach Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages verjähren (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007, II. ZR 21/06, Tz. 29 - juris). Der Beitritt des Klägers erfolgte durch Unterzeichnung der Beitrittserklärung in 2005, so dass etwaige Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne mithin längst verjährt sind.

26

2.) Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne sind ebenfalls nicht gegeben.

27

Der Kläger kann sich nicht auf einen fehlerhaften Prospekt berufen.

28

Ein Emissionsprospekt hat dem Anleger ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, zutreffend, verständlich und vollständig dargestellt werden (BGH NJW 2010, 1077). Auch über die mit der speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken muss der Prospekt zutreffend, verständlich und vollständig aufklären (BGH NJW-RR 2010, 911). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen grundsätzlich eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (BGH, Urteil vom 28.02.2008 – III ZR 149/07).

29

Der vom Kläger beanstandete Prospekt ist nicht fehlerhaft.

30

Der maßgebliche Prospekt 2005 klärt hinreichend über die Risiken der Anlage auf. Das Gericht folgt insoweit der Auffassung einer erheblichen Anzahl von Zivilkammern beim Landgericht Hamburg und auch der Auffassung des 11. Senats des Hanseatischen Oberlandesgerichts, wonach der Prospekt der Beklagten aus dem hier vorliegenden Zeitraum nicht zu beanstanden ist. Zur Vermeidung permanenter Wiederholungen wird auf die von den Beklagten zitierten Entscheidungen der Zivilkammern des Landgerichts Hamburg verwiesen und ferner auf die die Prospekte der Fondsgesellschaft aus dem streitigen Zeitraum betreffenden Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts, so etwa vom 11.06.2013 (9 U 74/12 – später BGH II ZR 269/13 vgl. auch die Beschlüsse des 11. Senats vom 17.01.2013 und 11.03.2013 in der Sache 11 U 103/12, ferner das Urteil vom 27.06.2014 in der Sache 11 U 220/13 sowie den Beschluss vom 23.06.2014 in der Sache 11 U 317/13) verwiesen.

31

3.) Ein behauptetes zurechenbares Fehlverhalten des Vermittlers St., der möglicherweise nicht hinreichend über Risiken der Anlage aufgeklärt haben könnte, führt ebenfalls nicht zu einem Anspruch des Klägers, unabhängig von der ebenfalls streitigen Frage, ob eine Zurechnung eines etwaigen Verschuldens des Vermittlers rechtlich gegeben ist. Trotz des weiteren Vortrages des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 08.10.2014 konnten die Bedenken des Gerichts hinsichtlich der Substantiiertheit des Vortrages zum Aufklärungsgespräch nicht entscheidend ausgeräumt werden. Die Angaben zur Vermittlungssituation im neuen Schriftsatz sind nämlich weiterhin relativ pauschal. Es wird im Wesentlichen immer nur der Eindruck geschildert, den der Kläger in dem Gespräch gewonnen hat, wenn es dort heißt: „Nach den Darstellungen ging der Kläger davon aus…“, „Hierdurch wurde beim Kläger der Eindruck erweckt…“ oder „wurde zwar erwähnt, jedoch wieder relativiert“. Welche konkreten Angaben der Vermittler selbst gemacht hat, wird weiterhin nicht dargestellt. Zudem widerspricht der Vortrag des Klägers auch den vom Kläger unterschriebenen Erklärungen in der Beratungsdokumentation (Anlage 1 der Beklagten zu 3). Der Kläger hat nämlich selbst unterschrieben, dass er eine „ausgeprägte Risikobereitschaft mit spekulativer Neigung“ besitzt und dass er auf die wesentlichen Risiken hingewiesen wurde. Hier hätte es näherer Erläuterungen zu dem Umständen des Entstehens dieser Beratungsdokumentation bedurft, um überhaupt dem Vortrag des Klägers eine erhebliche Aufklärungspflichtverletzung zu entnehmen.

32

4.) Ansprüche des Klägers sind darüber hinaus verjährt.

33

Ob dabei hinsichtlich der Beklagten zu 3) auch die vertragliche kenntnisunabhängige Verjährung von fünf Jahren wirksam vereinbart worden und eingetreten ist (so wohl nunmehr auch vom BGH so gesehen: BGH Beschluss vom 20.03.2014, III ZR 269/13 in Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das diese Verjährung annehmende Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 11.06.2013, 9 U 74/12), kann offen bleiben.

34

Etwaige Ansprüche gegen die Beklagten sind nämlich jedenfalls gem. §§ 195, 199 Abs. 1 S. 2 BGB verjährt.

35

Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung vieler Zivilkammern des Landgerichts Hamburg in mehreren Parallelverfahren (vgl. u. a. Urteile in den Verfahren 317 O 286/10, 318 O 251/09 und 318 O 267/10, ferner die von der Beklagten zitierten aktuelleren Entscheidungen) an sowie der Auffassung mehrerer Senate des Hanseatischen Oberlandesgerichts (5 U 128/10 Beschluss vom 17.09.2012; 8 U 48/12, Urteil vom 13.09.2013; 1 U 89/12, Urteil vom 22.10.2013; vgl. ähnlich: OLG Celle, Urteil vom 29.12.2010, 9 U 49/10; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.20111, 9 U 28/10; OLG Stuttgart, 10 U 101/10, Beschluss vom 22.12.2010).

36

Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus § 280 BGB beläuft sich nach § 195 BGB auf drei Jahre. Im Streitfall begann die Frist spätestens mit Schluss des Jahres 2005 zu laufen. Denn nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem ein Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wäre im Jahre 2005 entstanden, da der durch die behaupteten Pflichtverletzungen eingetretene Schaden schon in der Zeichnung der Beteiligungen liegen würde (vgl. BGH, NJW 2010, Seite 3292, 3294).

37

Der Kläger hat die streitgegenständliche Beteiligung ausweislich des Zeichnungsscheins am 29. August 2005 unterzeichnet (vgl. Anlage K 1). Hierbei befand sich der Kläger grob fahrlässig in Unkenntnis der den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände und damit auch der Person der Beklagten als Schuldnerinnen. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH NJW 2011, 3573, 3574 mwN), wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH NJW 2001, Seite 1721). In dem vom Kläger unterschriebenen Zeichnungsschein hieß es ausdrücklich, dass es sich nicht um eine sogenannte mündelsichere Kapitalanlage, sondern um eine unternehmerische Beteiligung handelte. Weiter wurde im Zeichnungsschein darauf hingewiesen, dass für die zutreffende Beurteilung die Beachtung des im Emissionsprospekt genannten Kapitels „Risikohinweise“ von wesentlicher Bedeutung sei. Der Kläger hat zudem durch seine Unterschrift bestätigt, dass er den Emissionsprospekt erhalten habe, ihm der Inhalt des Prospekts bekannt sei und er ihn billigend in Kauf nehme, insbesondere die dort genannten Risiken. Er hat dies durch seine Unterschrift unter die Beratungsdokumentation vom gleichen Tag (Anlage 1 der Beklagten zu 3) bekräftigt und den Hinweis auf eine Reihe wichtiger Risiken unterzeichnet.

38

Befasste sich der Kläger trotz dieser deutlichen Hinweise gleichwohl nicht mit dem Emissionsprospekt und dort insbesondere mit dem Abschnitt zu den „Risiken“ der Anlage, nutzte er auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht aus.

39

Dies gilt vor allem deswegen, weil dem Kläger die gegenüber den Warnhinweisen in der Beitrittserklärung grob abweichenden Erklärungen des Vermittlers hätten auffallen müssen, der - so der allerdings recht pauschale Vortrag des Klägers - eine sichere Kapitalanlage quasi ohne jedes Risiko versprochen haben soll. Bei dieser Sachlage ist es grob fahrlässig, eine solche Beitrittserklärung quasi blanko zu unterzeichnen und sich auf die Angaben des Vermittlers zu verlassen (vgl. HansOLG, Beschluss vom 28.5.2010, 9 U 195/09; Beschluss vom 8.8.2008, 15 U 12/07; Hinweisverfügung vom 14.11.2012, 5 U 122/10; Hinweisbeschluss vom 17.09.2012, 5 U 128/10).

40

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Umstand, dass in einem Emissionsprospekt "Chancen und Risiken" der Kapitalanlage hinreichend deutlich dargestellt sind, kein Freibrief für den Vermittler ist, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, dass die Hinweise im Prospekt entwertet oder die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. BGH, ZIP 2007, Seit 1866). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass der Kläger bereits im Zeichnungsschein und zusätzlich noch in der Beratungsdokumentation eine ganz andere als die von ihm behauptete Beratung bestätigen sollte. Wer sich trotz solcher nahe liegender, jedem anderen anstelle des Klägers ins Auge fallender Umstände nicht Gewissheit über die Richtigkeit der Beratung verschafft, handelt grob fahrlässig (vgl. auch Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 8. August 2008 - 15 U 13/07).

41

Soweit der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 8. Juli 2010 (III ZR 249/09) und vom 22. Juli 2010 (III ZR 203/09), später auch vom 27.09.2011 (VI ZR 135/10) entschieden hat, dass sich eine grobfahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers nicht schon daraus ergebe, dass es der Anleger unterlassen habe, den ihm überreichten Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren, steht dies der Annahme grober Fahrlässigkeit in dem vorliegend zu entscheidenden Fall nicht entgegen. In Abweichung zu der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht es im vorliegenden Fall nicht nur darum, dass der Kläger den Emissionsprospekt nicht zur Kenntnis genommen hat. Vielmehr wurde der Kläger durch die von ihm gesondert zu unterschreibenden Erklärungen im Zeichnungsschein und der Beratungsdokumentation gerade "mit der Nase darauf gestoßen", dass es sich hier nicht um eine sichere Anlage mit fester Rendite und ohne Verlustrisiko handelte, sondern um eine unternehmerische Beteiligung, für deren zutreffende Beurteilung die Beachtung der im Emissionsprospekt genannten „Risiken“ von wesentlicher Bedeutung seien. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung, dass Hinweise im Zeichnungsschein einer Kapitalanlage den Anlageberater nicht von der Verpflichtung entbinden, den Anleger ordnungsgemäß über die Risiken der Anlage aufzuklären (BGH, Urteil vom 18.04.2005 - II ZR 195/04).

42

Denn vorliegend geht es nicht um die Frage, ob die Risikohinweise im Zeichnungsschein für die objektgerechte Beratung des Klägers ausreichend waren, sondern darum, ob sich der Kläger aufgrund der deutlichen Hinweise im Zeichnungsschein in grobfahrlässiger Unkenntnis der von ihm behaupteten Beratungsfehler des Beraters befand, was zu bejahen ist. Dass es sich nicht um eine sichere Kapitalanlage ohne Verlustrisiko, sondern um eine unternehmerische Beteiligung mit dem Risiko des Totalverlustes handelte, hätte der Kläger unschwer den Hinweisen im Prospekt entnehmen können, wobei auch davon auszugehen und es zu erwarten ist, dass der durchschnittliche Anleger den Prospekt aufmerksam durchsieht und ihm das Wesentliche der Anlage bekannt ist. Die deutlichen Hinweise im Prospekt, der von den Gerichten bisher nicht beanstandet wurde, und die auffälligen Warnhinweise auf dem Zeichnungsschein berechtigten den Kläger daher nicht, sich auf die abweichenden Angaben des Vermittlers zu verlassen und vor solch gravierenden Anhaltspunkten die Augen zu verschließen, weil er nämlich ausdrücklich im Zeichnungsschein aufgefordert war, diese Umstände zur Kenntnis zu nehmen und dies auch gesondert gegenzuzeichnen.

43

Dies gilt auch nicht nur hinsichtlich solcher behaupteter Falschangaben des Vermittlers, deren Unrichtigkeit oder jedenfalls Zweifelhaftigkeit sich ohne weiteres bereits aus dem Zeichnungsschein ergab, sondern auch im Übrigen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei mehreren abgrenzbaren Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzungen bezüglich jeder von ihnen gesondert über die Frage der Verjährung zu entscheiden ist und hierbei auch nicht großzügig von einer sachlichen Einheit ausgegangen werden kann (vgl. BGH NJW-RR 2011, 842 m.w.N.). Hierauf kommt es aber nicht an, denn dem Kläger ist im vorliegenden Fall hinsichtlich sämtlicher geltend gemachter Fehler des Vermittlers grob fahrlässige Unkenntnis seit Zeichnung der Anlage oder kurz danach vorzuwerfen. Denn die Kenntnis von einzelnen die mündlichen Aussagen des Vermittlers widerlegenden Angaben im Zeichnungsschein hätten ihn nunmehr, nachdem sie sein schützenswertes Vertrauen in den Vermittler erschüttert hätten, veranlassen müssen, auch die weiteren für seine Anlageentscheidung wesentlichen Angaben zu überprüfen. Dies wäre – wie bereits erörtert – durch eingehende Lektüre des Prospektes möglich gewesen.

44

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Ausführungen im Prospekt in jeder Hinsicht vollständig und zutreffend waren, solange sie nur – wie es vorliegend der Fall ist – hinreichend deutlich erkennen ließen, dass die vom Kläger geltend gemachten Beratungsfehler vorlagen.

45

Soweit der Kläger darauf hinweist, dies könne nicht für die Prospektfehler gelten, die aus dem Prospekt selbst nicht ersichtlich seien, so mag dies zwar dem Grundsatz nach richtig sein, nähere Anhaltspunkte sind hier aber nicht konkret vorgetragen.

46

Nach allem sind etwaige Ansprüche des Klägers verjährt.

47

II.) Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 709 ZPO.

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(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.

(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.