Landgericht Hamburg Beschluss, 18. Aug. 2017 - 326 T 10/17

bei uns veröffentlicht am18.08.2017

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 16.02.2017 gegen den Beschluss des Amtsgericht Hamburg – Insolvenzgericht – vom 02.02.2017, Aktenzeichen 67a IN 395/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Über das Vermögen des Schuldners wurde am 03.12.15 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Dr. D. P. ernannt. Am 28.07.16 legte der Schuldner einen Insolvenzplan vor. Nachdem das Gericht den Plan in Teilen monierte, besserte der Schuldner nach.

2

Das Insolvenzgericht gewährte dem Insolvenzverwalter rechtliches Gehör und beraumte einen Erörterungs- und Abstimmungstermin an. Der Insolvenzverwalter erhob verschiedene Einwände gegen den Plan. Der Schuldner legte daraufhin eine neue Fassung des Insolvenzplans mit einer weiteren Anlage mit Schreiben vom 06.12.16 vor (Bl. 168 ff. d.A., Band: Insolvenzplan). Der Plan enthält nur eine Gläubigergruppe. Eine maßgebliche Besserstellung der Gläubiger soll dadurch gesichert werden, dass die Ehefrau des Schuldners den Gläubigern einen Betrag von 40.000 € zur quotalen Verteilung zur Verfügung stellt. Der Plan sieht ferner vor, dass eine Forderung des Schuldners gegen die P. AG Z. durch einen Treuhänder für die Gläubiger durchgesetzt und der erzielte Erlös verteilt werde. Die P. AG befindet sich selbst in einem noch nicht abgeschlossenen Insolvenzverfahren. Hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten der Planregelungen wird auf den Insolvenzplan an dieser Stelle ergänzend Bezug genommen.

3

Der Erörterungstermin wurde vom Gericht zur Sicherung der erneuten Gewährung rechtlichen Gehörs zugunsten des Insolvenzverwalters verlegt. Am 21.12.16 äußerte der Insolvenzverwalter erneut seine Bedenken gegenüber dem nunmehr angepassten Insolvenzplan. Das Insolvenzgericht leitete das Schreiben des Insolvenzverwalters mit dem Hinweis, dass es die Bedenken des Insolvenzverwalters teile, weiter.

4

Am 06.12.16 wurde der Erörterungs- und Abstimmungstermin durchgeführt. Der Insolvenzplan wurde mit der erforderlichen Mehrheit angenommen. Zwei Gläubiger beantragten die Zurückweisung des Insolvenzplans. Das Insolvenzgericht beraumte Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Insolvenzplan für den 02.02.17 an. Der Schuldner nahm mit Schreiben vom 30.01.17 noch einmal Stellung zu den im Raume stehenden Einwänden gegen den Insolvenzplan.

5

Mit Beschluss vom 02.02.2017, zugestellt am 08.02.17 (Bl. 231 d.A., Band: Insolvenzplan) wies das Insolvenzgericht den Insolvenzplan in der Fassung vom 06.12.16 gemäß § 250 Nr. 1 InsO zurück. Es führte aus:

6

Der Insolvenzplan ordne eine Nachtragsverteilung dergestalt an, dass der Insolvenzverwalter ermächtigt werde, auch noch nach Verfahrensaufhebung etwaige Anfechtungsansprüche für die Gläubiger gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Dies sei im Insolvenzplanverfahren so nicht vorgesehen (BGH 10.12.09, Az. IX ZR 206/08). Anfechtungsklagen dürften nicht erst nach Aufhebung des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter erhoben werden, er dürfe nur bereits während des laufenden Verfahrens erhobene Klagen nach der Verfahrensaufhebung zu Ende führen (§ 259 III InsO).

7

In Bezug auf die P. AG Z. sei die vertragliche Beziehung des Treuhänders zu den Gläubigern nicht klar geregelt. Unklar sei, in wessen Namen die entsprechende Verpflichtungserklärung (Anlage K2 zum Insolvenzplan) der als Treuhänderin auserkorenen Anwaltskanzlei abgegeben worden sei. Die Verteilung der Masse sei ferner auch im Planverfahren dem Insolvenzverwalter vorbehalten (§ 258 II InsO).

8

Auch sei die Verteilung der Masse im Plan nicht ausreichend sicher bestimmt, weil derzeit noch Massezuflüsse in Bezug auf die noch unbeglichenen Anfechtungsansprüche ausstünden und der Plan vorsehe, dass den Schuldnern dieser Ansprüche eine unbezifferte Rückstellung im Plan für wiederauflebende Forderungen zustehen solle. Wann und in welcher Höhe nichtverbrauchte Rückstellungen der Gläubigergesamtheit zur Verteilung zustehen solle, sei damit noch unbestimmt, zumal auch noch unklar sei, wann weitere Masse durch die Anfechtungen realisiert werden könne. Der Plan sei damit nicht vollstreckbar iSd. § 257 InsO.

9

Des Weiteren sei die Vergleichsrechnung im Plan fehlerhaft. Das pfändbare Einkommen des Schuldners werde auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Falle der Bestätigung des Insolvenzplanes für die Dauer der Wohlverhaltensphase des Regelinsolvenzverfahrens in die Berechnung mit eingestellt, obwohl in diesem Fall ein Pfändungsanspruch nicht mehr bestehe, der Schuldner vielmehr frei sei in der Verfügung über sein Vermögen. Es sei ferner derzeit nicht sichergestellt, dass die durch den Treuhänder durchzusetzende Forderung gegen die P. AG Z. dem Zugriff von Neugläubigern des Schuldners entzogen sei. Hierfür wären weitere rechtliche Schritte erforderlich. Nach Abstimmung über den Plan seien ergänzende rechtliche Regelungen jedoch nicht mehr zulässig. Trotz dieser Unsicherheiten werde die Forderung in der Vergleichsrechnung berücksichtigt. Schließlich setzte die Vergleichsrechnung die Verfahrenskosten im Falle der Planbestätigung falsch an, da die bereits zur Masse gehörenden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen dort fälschlich nicht als Berechnungsgrundlage der Verwaltervergütung berücksichtigt würden.

10

Diese fehlerhafte Vergleichsrechnung sei für die Gläubigerentscheidung wesentliche Grundlage gewesen. Die Planbestätigung sei daher von Amts wegen zu versagen.

11

Gegen diese Entscheidung legte der Schuldner mit Schreiben vom 16.02.17 sofortige Beschwerde ein und beantragte, unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Insolvenzgericht - Hamburg vom 02.02.2017, den Insolvenzplan vom 06.12.16 zu bestätigen. Ein Zurückweisungsgrund gemäß § 250 I Nr. 1 InsO liege nicht vor.

12

Die Verpflichtungserklärung des Treuhänders sei im Namen des Kanzleiinhabers abgegeben worden und dem Plan beigefügt gewesen. Die Forderung müsse lediglich formell noch vom Schuldner abgetreten werden. Damit sei die Forderung bereits vor dem Zugriff von Neugläubigern, die es im Übrigen auch gar nicht gebe, geschützt.

13

Der Treuhänder solle ferner lediglich eine bereits zur Tabelle im Insolvenzverfahren der P. AG Z. festgestellte Forderung einziehen und quotal verteilen. Er werde nicht durch den Plan ermächtigt, statt des Insolvenzverwalters Anfechtungsansprüche geltend zu machen und nehme keine Nachtragsverteilung, sondern nur eine Verteilung im Rahmen des Treuhandverhältnisses vor. Die Gläubiger hätten auf die Verteilung dieser Forderung innerhalb des laufenden Insolvenzverfahrens durch die Zustimmung zum Insolvenzplan verzichtet. Dies sei im Insolvenzplanverfahren möglich und zulässig (HH-Komm/Thies, 6. Aufl. § 217 Rn 8). Das Verteilungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 258 II InsO beziehe sich lediglich auf die Verteilung an die Massegläubiger. Es habe für die Verteilung an Insolvenzgläubiger keinen Vorrang. Die Gläubiger würden durch die Treuhandlösung nicht schlechter gestellt.

14

Der Insolvenzverwalter habe des Weiteren im Erörterungs- und Abstimmungstermin erklärt, die Anfechtungsansprüche anhängig machen zu können, so dass seine Prozessführungsbefugnis nach § 259 III InsO erhalten werden könne.

15

Auch sei der Insolvenzplan in Verbindung mit den Forderungsfeststellungen der Insolvenztabelle und dem Schlussverzeichnis ausreichend vollstreckbar im Sinne des § 257 InsO. Massezuflüsse seien im Insolvenzplanverfahren normal, insbesondere wenn noch Anfechtungsansprüche rechtshängig seien. Der Auszahlungszeitpunkt dieser Zuflüsse müsse nicht taggenau bestimmt sein. Die Regelung zu den Auszahlungsfristen im Insolvenzplan sei ausreichend.

16

Selbst wenn die Vergleichsrechnung des Insolvenzplans falsch sei, könne dies lediglich dann eine Versagung des Insolvenzplans begründen, wenn bei korrekter Vergleichsrechnung eine Schlechterstellung der Gläubiger oder eine Gläubigerbenachteiligung gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren bestehen würde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, denn das Regelinsolvenzverfahren ergebe eine freie Masse von 352.695,86 €, der Insolvenzplan eine freie Masse von 389.788,38 €.

17

Das Insolvenzgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vor.

18

Unabhängig davon, wann der Insolvenzverwalter die Anfechtungsklagen anhängig mache, enthalte der Plan (s. 15,18, 19) die Ermächtigung des Insolvenzverwalters über § 259 III InsO hinaus, auch noch nach Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans und nach Verfahrensaufhebung außergerichtlich und gerichtlich Anfechtungsansprüche für die Gläubiger geltend zu machen. Dies sei unzulässig.

19

Auch die Einschaltung des Treuhänders sei unzulässig. Selbst wenn in der Literatur die Auffassung vertreten werde, Forderungen des Schuldners könnten an den Verwalter zu eigenem Recht abgetreten werden (§ 228 InsO) und dieser könne sich verpflichten, die Forderung einzuziehen und entsprechend dem Plan zu verteilen, sei dies zumindest für Dritte, die nicht Insolvenzverwalter seien, abzulehnen. Der Insolvenzverwalter könne außerhalb des Verfahrens vielleicht als Treuhänder tätig werden, aber nicht jeder beliebige Dritte. Die Verteilung der Masse sei allein Sache des Insolvenzverwalters.

20

Die Regelung der Treuhandlösung sei im Plan auch unvollständig, da im Plan selbst hätte vorgesehen sein müssen, dass die fragliche Forderung abgetreten werde. Diese Abtretungserklärung sei jedoch im Plan weder im gestaltenden Teil noch andernorts enthalten. Auch sei die Verpflichtungserklärung des Treuhänders nicht von diesem selbst, sondern von einer Vertreterin ohne Vorlage einer entsprechenden Vollmacht abgegeben worden. Sie sei damit schwebend unwirksam, was nachträglich nicht durch Genehmigung geheilt werden könne.

21

Des Weiteren sei die Verpflichtungserklärung der Ehefrau bezüglich der von ihr zur Verfügung gestellten 40.000 € zu keiner Zeit als unterschriebenes Original vorgelegt worden. Die Unterschrift sei lediglich eingescannt vorgelegt worden, was die Verpflichtungserklärung unwirksam mache.

22

Hinsichtlich der fehlenden Vollstreckbarkeit bleibe es bei den bisherigen Ausführungen, die Rückstellungen seien nicht beziffert, der Plan daher zu unbestimmt.

23

Der Schuldner nahm mit Schreiben vom 13.03.17 im Beschwerdeverfahren Stellung. Er führt aus, dass auch ein Dritter im Insolvenzplan als Treuhänder bestimmt werden könne. Die Gläubigerautonomie ermögliche eine solche Regelung. Hier hätte die Mehrheit der Gläubiger der gewählten Konstruktion zugestimmt. Die Gläubiger seien durch die Regelungen im Plan ausreichend abgesichert. Eine Benachteiligung liege nicht vor.

24

Die Verpflichtungserklärung sei durch eine vom Treuhänder bevollmächtigte Rechtsanwältin abgegeben worden. Inhalt und Umfang seien zuvor mit dem Treuhänder abgesprochen worden. Das Amtsgericht habe die fehlende Vollmacht auch nicht unverzüglich moniert, wozu es verpflichtet gewesen wäre. Im Übrigen könne die fehlende Vollmacht auch im Beschwerdeverfahren noch geheilt werden.

25

Die Unterschrift der Ehefrau sei eine Originalunterschrift. Lediglich das gesamte Schreiben sei gescannt verschickt worden, um es dem Insolvenzplan beizufügen. Auch insoweit habe das Insolvenzgericht einen etwaigen Mangel nicht unverzüglich gerügt, sondern erstmals im Nichtabhilfebeschluss bemängelt.

26

Der Schuldner beantragte vorsorglich, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

II.

27

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

28

Das Insolvenzgericht hat den Plan zu Recht gemäß § 250 I S. 1 InsO zurückgewiesen. Der Plan verstößt gegen Vorschriften über den zulässigen Inhalt eines Insolvenzplans in wesentlichen Punkten und ist in Bezug auf die Annahme durch die Beteiligten fehlerhaft zustande gekommen. Die Mängel können nachträglich nicht behoben werden.

1.

29

Der Insolvenzplan ermächtigt den Insolvenzverwalter auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens neue Anfechtungsklagen erst noch anhängig zu machen. Eine derartige Regelung ist unzulässig. Eine analoge Ausweitung der Regelung des § 259 III InsO kommt insoweit wegen deren Ausnahmecharakter zu § 259 I InsO nicht in Betracht (BGH 10.12.09, IX ZR 206/08).

30

Der Hinweis des Beschwerdeführers, diese fehlerhafte Regelung wirke sich faktisch nicht aus, weil der Insolvenzverwalter in Aussicht gestellt habe, die Anfechtungsklagen noch vor Rechtskraft des Insolvenzplans einleiten zu können, ist insoweit nicht geeignet, die Fehlerhaftigkeit des Plans zu heilen. Im Interesse der Rechtssicherheit, für alle von dem Plan Betroffenen, ist es erforderlich, dass der Plan aus sich heraus keine Regelungen enthält, die mit der Rechtslage nicht in Einklang stehen. Sowohl für den Insolvenzverwalter, als auch für etwaige Anfechtungsgegner und etwaige später Schadenersatz beanspruchende Gläubiger muss aus dem Plan heraus unzweifelhaft ableitbar sein, wo die Befugnisse des Insolvenzverwalters enden bzw. seine Pflichten beginnen.

2.

31

Ferner muss der Plan aufgrund der Regelung des § 257 InsO in seinen inhaltlichen Regelungen so ausreichend bestimmt sein, dass eine Vollstreckung aus dem Plan für die betroffenen Gläubiger möglich sein muss. Auch dies ist vorliegend nicht gewährleistet.

32

Zu Recht hat das Insolvenzgericht insoweit darauf hingewiesen, dass die Rückstellungen für durch Anfechtung wieder auflebende Gläubigerforderungen im Insolvenzplan nicht beziffert sind. Ferner ist nicht geregelt, nach Ablauf welcher Frist die Insolvenzgläubiger die Auskehrung etwaiger endgültig nicht verbrauchte Rückstellungen fordern können. Wann die Gläubiger in diesen Teil der Insolvenzplanmasse vollstrecken können, ist mithin nicht ausreichend geregelt.

3.

33

Ebenso teilt die Beschwerdekammer die Auffassung des Insolvenzgerichts, dass die Verteilung der zukünftigen Erlöse aus den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (P. AG Z.) nicht dem im Plan genannten Treuhänder übertragen werden kann.

34

Dies gilt unabhängig von der Frage, ob eine solche „Nachtragsverteilung“ im Insolvenzplanverfahren überhaupt zulässig ist, und ob diese dann zumindest dem Insolvenzverwalter durch die Regelungen des Plans vorbehalten bleiben muss.

35

Im vorliegenden Fall hat der Treuhänder den Schuldner bei der Erarbeitung und Vorlage des Plans unterstützt und betreut nunmehr auch dessen Beschwerde als Verfahrensbevollmächtigter. Insoweit ist ein zukünftiger Interessenkonflikt, einerseits die Gläubigerinteressen bei der Erlösverteilung zu vertreten, andererseits das Mandatsverhältnis zum Schuldner nicht zu belasten, nicht auszuschließen. Nach Auffassung der Kammer sollte eine etwaige nachträgliche Erlösverteilung durch den Plan im Interesse der Gläubiger lediglich auf eine Person übertragen werden dürfen, deren Unabhängigkeit gegenüber dem Schuldner ähnlich einem Insolvenzverwalter oder Sachwalter außer Frage steht.

4.

36

Zu Recht rügt das Insolvenzgericht auch, dass die Vergleichsrechnung im Insolvenzplan erhebliche Fehler aufweist, die wesentliche Grundlage für die Entscheidung der Gläubiger gewesen sei dürften.

37

Bei korrekter Vergleichsrechnung ergibt sich im Planverfahren ein sofortiger Auskehrungsanspruch für die Gläubiger in Höhe von lediglich 381.513,69 € (nach Abzug einer Rückstellung für die zukünftigen Gläubiger aus den Anfechtungsprozessen, dazu sogleich), damit eine sofort an die Gläubiger zur Auszahlung mögliche Quote von lediglich 16,97% und d.h. von lediglich 1,28% über der Quote des Regelverfahrens. Angesichts des Umstandes, dass der Plan jedoch ein höheres Durchsetzungsrisiko bezüglich dieser Quote ausweist, weil wesentliche Vermögensplanungen allein vom guten Willen des Schuldners abhängen (auch dazu sogleich), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gläubiger bei Erkennbarkeit dieser Mängel der Vergleichsrechnung den Plan dennoch angenommen hätten.

38

Im Einzelnen:

a)

39

Es ist z.B. nicht ersichtlich, dass die für die Anfechtungsprozesse unstreitig erforderlich werdenden Rückstellungen in der Vergleichsrechnung für den Fall der Annahme des Insolvenzplans berücksichtigt wurden. Insoweit ist eine zeitnahe Auskehrung der vorhandenen Geldmittel aber ungewiss. Die zeitnahe Leistung - der soweit ersichtlich vorhanden Gelder in Gänze - an die Gläubiger betont der Plan allerdings ausdrücklich als angeblichen Vorteil des Plans.

b)

40

Ferner hat das Insolvenzgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verfahrenskosten für das Insolvenzplanverfahren zu Unrecht in der Vergleichsrechnung reduziert wurden. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gehörten bereits von Anfang an zur Insolvenzmasse und entfallen nicht als Berechnungsgrundlage für die Vergütungsfestsetzung des Insolvenzverwalters, wenn die Durchsetzung der Forderungen nach Aufhebung des Verfahrens auf einen etwaigen Treuhänder übertragen wird.

c)

41

Ebenso zutreffend ist der Hinweis des Insolvenzgerichts, dass der Schuldner zur Abführung des pfändbaren Teils seines Einkommens nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch den Plan nicht mehr verpflichtet ist. Der Plan sieht eine wirksame Verpflichtung des Schuldners zur (damit nur freiwilligen) Abführung dieses Einkommensanteils nicht vor. Dennoch werden die pfändbaren Einkommensanteile des Schuldners in die Vergleichsrechnung auch im Planverfahren als sicher eingestellt, obwohl die Gläubiger hierauf keinen durchsetzbaren Anspruch haben.

d)

42

Schließlich ist auch der Einwand des Insolvenzgerichts erheblich, dass die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegen die P. AG Z. durch den Schuldner nicht bereits als verbindlicher Planinhalt zugunsten der Gläubiger durch Abtretung an den Treuhänder übertragen wurden. Diese Abtretung soll erst noch erfolgen. Mit Planbestätigung bestünde jedoch keine Verpflichtung des Schuldners mehr zur Abtretung. Es besteht daher nach dem vorgelegten Plan kein durchsetzbarer Anspruch der Gläubiger gegen den Schuldner, die Forderung abzutreten, was ein höheres Risiko der Gläubiger beinhaltet, die Quote des Plans auch realisieren zu können.

5.

43

Die sofortige Beschwerde war daher schon aus diesen Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Ob auch die weiteren Einwände des Insolvenzgerichts gegen den eingereichten Plan greifen, kann dahinstehen.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 4 InsO.

45

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Die Entscheidung hat grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsfortbildung.

46

Soweit ersichtlich liegt eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur den unter Ziffer 1 bis 3 aufgeworfenen Fragestellungen noch nicht vor. Ebenso wenig wurde bisher höchstrichterlich geklärt, ob eine teilweise unzutreffende Vergleichsrechnung die Bestätigung des Insolvenzplanes durch das Insolvenzgericht ausschließt, wenn die abweichende korrekte Vergleichsrechnung eine Besserstellung der Gläubiger im Falle der Plandurchführung zwar nicht gänzlich aufhebt, aber nicht nur ganz unerheblich vermindert.

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Dez. 2009 - IX ZR 206/08

bei uns veröffentlicht am 10.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 206/08 Verkündet am: 10. Dezember 2009 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 259 Abs. 3 A

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Die Bestätigung ist von Amts wegen zu versagen,

1.
wenn die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Insolvenzplans sowie über die Annahme durch die Beteiligten und die Zustimmung des Schuldners in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind und der Mangel nicht behoben werden kann oder
2.
wenn die Annahme des Plans unlauter, insbesondere durch Begünstigung eines Beteiligten, herbeigeführt worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 206/08
Verkündet am:
10. Dezember 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auf der Grundlage eines Insolvenzplans kann der Insolvenzverwalter nur einen bereits
rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen, aber nicht einen neuen einleiten.
Eine solche Befugnis kann dem Insolvenzverwalter nicht durch eine Entscheidung
des Insolvenzgerichts eingeräumt werden.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08 - LG Erfurt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp

für Recht erkannt:
Die Sprungrevision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 30. September 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger wurde in dem auf den Eigenantrag vom 25. Juni 2007 durch das Amtsgericht Dresden am 16. Juli 2007 über das Vermögen der B. GmbH eröffneten Insolvenzverfahren zum Verwalter bestellt. In der Gläubigerversammlung vom 6. September 2007 bestätigten die Gläubiger einen Insolvenzplan, der keine Regelung zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters enthält. Das Amtsgericht Dresden hob durch Beschluss vom 28. September 2007 das Insolvenzverfahren auf; zugleich wurde der Kläger ermächtigt, Anfechtungsansprüche im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.
2
der Mit am 19. November 2007 eingereichten und am 12. Dezember 2007 zugestellten Klage verlangt der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Zahlung in Höhe von 15.000 €. Das Landgericht hat die Kla- ge unter Berufung auf eine fehlende Prozessführungsbefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Sprungrevision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Landgericht hat ausgeführt, die Klage sei als unzulässig abzuweisen , weil dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Prozessführungsbefugnis fehle, eine Anfechtungsklage zu erheben. § 259 Abs. 3 InsO eröffne die Möglichkeit einer fortgesetzten Prozessstandschaft des Insolvenzverwalters lediglich für den Fall, dass bereits ein Rechtsstreit über die Insolvenzanfechtung anhängig und die Prozessführungsbefugnis im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen sei. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die durch den Beschluss des Amtsgerichts ausgesprochene Ermächtigung verleihe keine weiterführenden Rechte. Die Anordnung sei unwirksam, weil die Prozessführungsbefugnis nicht ohne Rechtsgrundlage verliehen werden könne. In die gesetzlichen Vorgaben des § 259 Abs. 1, 3 Satz 1 InsO könnten die Gerichte nicht eingreifen, weil die Befugnisse der Parteien kraft Amtes nach der Systematik des Zivilverfahrensrechts durch die objektive materielle und formelle Rechtsordnung vorgegeben seien.
5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.

6
1. Dem Kläger fehlte nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Anwendbarkeit des § 259 Abs. 3 InsO die Prozessführungsbefugnis, einen neuen Anfechtungsprozess rechtshängig zu machen.
7
a) Die Ausübung des Anfechtungsrechts ist im Regelinsolvenzverfahren ausschließlich dem Insolvenzverwalter überantwortet, weil der Erfolg der Anfechtung der seiner Verwaltung und Verfügung unterliegenden (§ 80 InsO) Insolvenzmasse zugute kommt. Die Anfechtungsbefugnis des Verwalters geht als Bestandteil seiner allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit der rechtskräftigen Beendigung des Insolvenzverfahrens, gleich ob sie auf einer Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§ 215 InsO) beruht, unter (BGHZ 83, 102 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 210). Darum entfällt mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens neben der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis zugleich die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f). Eine von dem Insolvenzverwalter noch in Ausübung seines Amts rechtshängig gemachte Anfechtungsklage erledigt sich mit der Beendigung des Verfahrens (MünchKomm /Kirchhof, aaO § 129 Rn. 225; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 129 Rn. 6; ebenso BT-Drucks. 12/2443 S. 214).
8
b) Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen. Da der Anfechtungsanspruch ein Masseaktivum darstellt, kommt auch insoweit die Anordnung einer Nachtragsverteilung in Betracht. Gegebenenfalls ist der Insolvenzverwalter legi- timiert, einen Anfechtungsprozess erst nach vollzogener Schlussverteilung einzuleiten (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 211; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 85; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 129 Rn. 25; vgl. ferner BGHZ 83, 102, 103; BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 aaO).
9
Ermächtigung Die des Insolvenzgerichts, der Insolvenzverwalter dürfe nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens Anfechtungsansprüche gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen, bedeutet nicht die Anordnung einer Nachtragsverteilung. Eine solche ist im Insolvenzplanverfahren nicht vorgesehen. Für den Fall, dass ein Konkursverfahren nicht durch eine Schlussverteilung mit möglicher Nachtragsverteilung (§§ 149 ff KO), sondern durch einen Zwangsvergleich (§§ 173 ff KO) beendet worden ist, hat der Bundesgerichtshof lediglich ein Recht des Insolvenzverwalters zur Fortführung eines anhängigen Anfechtungsprozesses in Betracht gezogen und dies auch nur dann, wenn der Zwangsvergleich den Anfechtungsprozess erwähnt (BGHZ 83, 102, 104). Diesen Rechtsgedanken hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung für das Insolvenzplanverfahren mit der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO aufgenommen. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann nicht auf den Rechtsgedanken einer "Nachtragsverteilung" zurückgegriffen werden.
10
c) § 259 Abs. 3 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Mit Hilfe dieser Regelung soll abweichend vom früheren Rechtszustand vermieden werden, dass sich der Anfechtungsprozess mit der Aufhebung des Verfahrens erledigt und der Anfechtungsgegner aus diesem Grund den gegen ihn eingeleiteten Rechtsstreit zu verschleppen sucht (BT-Drucks. 12/2443 S. 214). Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifi- sches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO auf Grund einer Entscheidung der Gläubiger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten (Otte in Kübler/ Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Der Vorbehalt nach § 259 Abs. 3 InsO ermöglicht dem Verwalter, noch im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung auf der Grundlage erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen Anfechtungsklage zu erheben (BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005 - IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39, 40 f Rn. 11). Die auf einen noch nicht beendeten (BT-Drucks. 12/2443 S. 214), "anhängigen Rechtsstreit" zugeschnittene Regelung erlaubt aber nicht, eine Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Verfahrens zu erheben (HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 85 a.E.; FKInsO /Jaffé, 5. Aufl. § 259 Rn. 19 ff; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 259 Rn. 21; Otte in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, schließt das Gesetz eine Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu machende Anfechtungsklagen schlechthin aus (vgl. BGHZ 175, 86, 89 f Rn. 10). Angesichts ihres Ausnahmecharakters kann die Vorschrift auf andere als schwebende Verfahren nicht analog angewendet werden (FK-InsO/Jaffé InsO 5. Aufl. § 259 Rn. 21; Uhlenbruck/Lüer, aaO § 259 Rn. 20).
11
d) Mit Rücksicht auf dieses eindeutige Auslegungsergebnis kommt die Regelung des § 259 Abs. 3 InsO auf den von dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtshängig gemachten Anfechtungsprozess bereits im Ansatz nicht zur Anwendung. Neben dem unabdingbaren Merkmal eines anhängigen Rechtsstreits (vgl. BGHZ 175, 86, 90 Rn. 10) fehlt es auch an dem von § 259 Abs. 3 InsO vorausgesetzten Vorbehalt im Insolvenzplan (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, aaO S. 40 ff). Das Landgericht hat im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich ausgeführt, dass der Plan zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters keine Regelung enthält. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von dem Kläger gestellten Tatbestandberichtigungsantrags für das Revisionsverfahren bindend (BGH, Urt. v. 5. Februar 2009 - IX ZR 78/07, WM 2009, 662, 663 Rn. 13). Soweit der Kläger geltend macht, der Erlös aus Anfechtungsprozessen sei bereits in die Insolvenzquote eingeflossen, wird damit nicht vorgetragen, dass die Notwendigkeit, weitere Anfechtungsprozesse zu führen, in dem Insolvenzplan offen gelegt wurde.
12
2. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers kann nicht aus dem - nach dem Klägervorbringen einer ständigen Praxis entsprechenden - Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28. September 2007 hergeleitet werden.
13
a) Zwar ist der Kläger nach dem Inhalt dieses Beschlusses zur gerichtlichen Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen ermächtigt worden. Diese Entscheidung ist jedoch insoweit nichtig und darum nicht geeignet, für die Beurteilung der Prozessführungsbefugnis des Klägers in vorliegendem Rechtsstreit eine Bindungswirkung zu entfalten. Eine Anordnung, welche eine Behörde innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises trifft, darf aus Gründen der Rechtssicherheit in ihrer Wirksamkeit nicht allein deshalb in Frage gestellt werden , weil sie mit dem materiellen Recht nicht im Einklang steht. Jedoch ist ihr wegen Nichtigkeit jede Rechtswirkung zu versagen, wenn die getroffene Maßnahme jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309; 121, 98, 101; 142, 51, 57 f; 172, 278, 282 Rn. 15; BGH, Urt. v. 20. März 2008 - IX ZR 2/07, WM 2008, 838, 839 Rn. 8; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl.
§ 51 Rn. 29; MünchKomm-ZPO/Lindacher Rn. 21 vor §§ 51, 52; Musielak/ Weth, ZPO 7. Aufl. § 51 Rn. 12; Gehrlein in Prütting/Gehrlein, ZPO 2009 § 53 Rn. 3).
14
b) Materiellrechtliche Fehler bei der gerichtlichen Anordnung einer Pflegschaft führen nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit der Maßnahme (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Gericht kraft gesetzlicher Regelung grundsätzlich zur Bestellung eines Pflegers berufen ist und mithin ein bloßer Rechtsanwendungsfehler nicht ohne weiteres über die Rechtswidrigkeit hinaus zur Nichtigkeit der Maßnahme führt. Demgegenüber wird die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach Verfahrensaufhebung an zwei nicht in die gerichtliche Zuständigkeit fallende Voraussetzungen geknüpft, nämlich die Anhängigkeit eines Anfechtungsprozesses und eine von den Gläubigern beschlossene Klausel in dem Insolvenzplan über die Fortführung des Prozesses. Wenn die Ermächtigung im Insolvenzplan für die Fortsetzung eines Rechtsstreits über eine Insolvenzanfechtung (§ 259 Abs. 3 InsO) nicht besteht oder den konkreten Anfechtungsprozess nicht erfasst, entfällt das Anfechtungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, WM 2008, 1615, 1617 Rn. 15). Dem Insolvenzverwalter ist die Fortsetzung eines anhängigen Verfahrens also nur auf der Grundlage eines Beschlusses der Gläubiger gestattet. Danach ist das Gericht in die Entscheidung, ob ein anhängiger , eine Insolvenzanfechtung betreffender Rechtsstreit fortgeführt werden darf, nach dem im Wortlaut des § 259 Abs. 3 InsO zum Ausdruck gekommenen eindeutigen Willen des Gesetzgebers gar nicht eingebunden. Räumt das Gericht dem Insolvenzverwalter gleichwohl die Befugnis zur Geltendmachung von Anfechtungsklagen ein, handelt es sich, weil das Gericht unter keinen wie auch immer gearteten Umständen mit der Sache befasst sein kann, um einen Fall der absoluten Unzuständigkeit, der zur Nichtigkeit der Anordnung führt (vgl.
BVerwG NJW 1974, 1961, 1963; BSGE 24, 162, 168; Kopp/Ramsauer, VwVfG 10. Aufl. § 44 Rn. 14; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 7. Aufl. § 44 Rn. 170). Bei dieser Sachlage geht eine gerichtliche Anordnung über die Geltendmachung von - überdies noch gar nicht anhängigen - Anfechtungsansprüchen durch den Insolvenzverwalter mangels Eingreifens einer jeglichen Rechtsgrundlage von vornherein als nichtig ins Leere.
15
3. Die Nichtigkeit der Ermächtigung über die Verfahrensfortsetzung berührt nicht die Wirksamkeit des zugleich ergangenen Beschlusses über die Verfahrensaufhebung.
16
Da ein Hoheitsakt die Vermutung der Richtigkeit und Gültigkeit für sich hat, ordnet § 44 Abs. 4 VwVfG abweichend von § 139 BGB an, dass die teilweise Nichtigkeit einen Hoheitsakt nicht im Ganzen ergreift, sondern vielmehr Teilnichtigkeit die Regel ist. Die Nichtigkeit des gesamten Hoheitsakts ist damit die Ausnahme und tritt nur ein, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Hoheitsakt ohne ihn nicht erlassen hätte (BT-Drucks. 7/910 S. 65). Maßgeblich für diese Bewertung ist nicht der hypothetische Wille der Behörde oder der für sie handelnden Amtsträger, sondern der mutmaßliche Wille einer sachgemäß entscheidenden Behörde (Kopp/Ramsauer, aaO § 44 Rn. 61; Knack, VwVfG 8. Aufl. Rn. 55). Diese Grundsätze sind auf den hier zu beurteilenden Fall einer Anordnung des Insolvenzgerichts zu übertragen. Hatte das Insolvenzgericht nach der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO das Insolvenzverfahren aufzuheben, so wird die Gültigkeit dieser Anordnung durch die Erteilung einer nichtigen Ermächtigung, von der bei ordnungsgemäßem Vorgehen aus Rechtsgründen abzusehen war, nicht beeinträchtigt.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanz:
LG Erfurt, Entscheidung vom 30.09.2008 - 3 O 1801/07 -

(1) Aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. § 202 gilt entsprechend.

(2) Gleiches gilt für die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der durch eine dem Insolvenzgericht eingereichte schriftliche Erklärung für die Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen hat.

(3) Macht ein Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Falle eines erheblichen Rückstands des Schuldners mit der Erfüllung des Plans zustehen, so hat er zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung die Mahnung und den Ablauf der Nachfrist glaubhaft zu machen, jedoch keinen weiteren Beweis für den Rückstand des Schuldners zu führen.

Sollen Rechte an Gegenständen begründet, geändert, übertragen oder aufgehoben werden, so können die erforderlichen Willenserklärungen der Beteiligten in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans aufgenommen werden. Sind im Grundbuch eingetragene Rechte an einem Grundstück oder an eingetragenen Rechten betroffen, so sind diese Rechte unter Beachtung des § 28 der Grundbuchordnung genau zu bezeichnen. Für Rechte, die im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, gilt Satz 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 206/08
Verkündet am:
10. Dezember 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auf der Grundlage eines Insolvenzplans kann der Insolvenzverwalter nur einen bereits
rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen, aber nicht einen neuen einleiten.
Eine solche Befugnis kann dem Insolvenzverwalter nicht durch eine Entscheidung
des Insolvenzgerichts eingeräumt werden.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08 - LG Erfurt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp

für Recht erkannt:
Die Sprungrevision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 30. September 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger wurde in dem auf den Eigenantrag vom 25. Juni 2007 durch das Amtsgericht Dresden am 16. Juli 2007 über das Vermögen der B. GmbH eröffneten Insolvenzverfahren zum Verwalter bestellt. In der Gläubigerversammlung vom 6. September 2007 bestätigten die Gläubiger einen Insolvenzplan, der keine Regelung zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters enthält. Das Amtsgericht Dresden hob durch Beschluss vom 28. September 2007 das Insolvenzverfahren auf; zugleich wurde der Kläger ermächtigt, Anfechtungsansprüche im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.
2
der Mit am 19. November 2007 eingereichten und am 12. Dezember 2007 zugestellten Klage verlangt der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten Zahlung in Höhe von 15.000 €. Das Landgericht hat die Kla- ge unter Berufung auf eine fehlende Prozessführungsbefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Sprungrevision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Landgericht hat ausgeführt, die Klage sei als unzulässig abzuweisen , weil dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Prozessführungsbefugnis fehle, eine Anfechtungsklage zu erheben. § 259 Abs. 3 InsO eröffne die Möglichkeit einer fortgesetzten Prozessstandschaft des Insolvenzverwalters lediglich für den Fall, dass bereits ein Rechtsstreit über die Insolvenzanfechtung anhängig und die Prozessführungsbefugnis im gestaltenden Teil des Insolvenzplans vorgesehen sei. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die durch den Beschluss des Amtsgerichts ausgesprochene Ermächtigung verleihe keine weiterführenden Rechte. Die Anordnung sei unwirksam, weil die Prozessführungsbefugnis nicht ohne Rechtsgrundlage verliehen werden könne. In die gesetzlichen Vorgaben des § 259 Abs. 1, 3 Satz 1 InsO könnten die Gerichte nicht eingreifen, weil die Befugnisse der Parteien kraft Amtes nach der Systematik des Zivilverfahrensrechts durch die objektive materielle und formelle Rechtsordnung vorgegeben seien.
5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.

6
1. Dem Kläger fehlte nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Anwendbarkeit des § 259 Abs. 3 InsO die Prozessführungsbefugnis, einen neuen Anfechtungsprozess rechtshängig zu machen.
7
a) Die Ausübung des Anfechtungsrechts ist im Regelinsolvenzverfahren ausschließlich dem Insolvenzverwalter überantwortet, weil der Erfolg der Anfechtung der seiner Verwaltung und Verfügung unterliegenden (§ 80 InsO) Insolvenzmasse zugute kommt. Die Anfechtungsbefugnis des Verwalters geht als Bestandteil seiner allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit der rechtskräftigen Beendigung des Insolvenzverfahrens, gleich ob sie auf einer Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§ 215 InsO) beruht, unter (BGHZ 83, 102 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 210). Darum entfällt mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens neben der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis zugleich die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 - II ZR 88/91, ZIP 1992, 1152 f). Eine von dem Insolvenzverwalter noch in Ausübung seines Amts rechtshängig gemachte Anfechtungsklage erledigt sich mit der Beendigung des Verfahrens (MünchKomm /Kirchhof, aaO § 129 Rn. 225; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 129 Rn. 6; ebenso BT-Drucks. 12/2443 S. 214).
8
b) Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen. Da der Anfechtungsanspruch ein Masseaktivum darstellt, kommt auch insoweit die Anordnung einer Nachtragsverteilung in Betracht. Gegebenenfalls ist der Insolvenzverwalter legi- timiert, einen Anfechtungsprozess erst nach vollzogener Schlussverteilung einzuleiten (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 211; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 85; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 129 Rn. 25; vgl. ferner BGHZ 83, 102, 103; BGH, Urt. v. 15. Juni 1992 aaO).
9
Ermächtigung Die des Insolvenzgerichts, der Insolvenzverwalter dürfe nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens Anfechtungsansprüche gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen, bedeutet nicht die Anordnung einer Nachtragsverteilung. Eine solche ist im Insolvenzplanverfahren nicht vorgesehen. Für den Fall, dass ein Konkursverfahren nicht durch eine Schlussverteilung mit möglicher Nachtragsverteilung (§§ 149 ff KO), sondern durch einen Zwangsvergleich (§§ 173 ff KO) beendet worden ist, hat der Bundesgerichtshof lediglich ein Recht des Insolvenzverwalters zur Fortführung eines anhängigen Anfechtungsprozesses in Betracht gezogen und dies auch nur dann, wenn der Zwangsvergleich den Anfechtungsprozess erwähnt (BGHZ 83, 102, 104). Diesen Rechtsgedanken hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung für das Insolvenzplanverfahren mit der Vorschrift des § 259 Abs. 3 InsO aufgenommen. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift kann nicht auf den Rechtsgedanken einer "Nachtragsverteilung" zurückgegriffen werden.
10
c) § 259 Abs. 3 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Mit Hilfe dieser Regelung soll abweichend vom früheren Rechtszustand vermieden werden, dass sich der Anfechtungsprozess mit der Aufhebung des Verfahrens erledigt und der Anfechtungsgegner aus diesem Grund den gegen ihn eingeleiteten Rechtsstreit zu verschleppen sucht (BT-Drucks. 12/2443 S. 214). Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifi- sches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO auf Grund einer Entscheidung der Gläubiger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten (Otte in Kübler/ Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Der Vorbehalt nach § 259 Abs. 3 InsO ermöglicht dem Verwalter, noch im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung auf der Grundlage erst jetzt bekannt gewordener Tatsachen Anfechtungsklage zu erheben (BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005 - IX ZR 36/02, ZIP 2006, 39, 40 f Rn. 11). Die auf einen noch nicht beendeten (BT-Drucks. 12/2443 S. 214), "anhängigen Rechtsstreit" zugeschnittene Regelung erlaubt aber nicht, eine Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Verfahrens zu erheben (HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 85 a.E.; FKInsO /Jaffé, 5. Aufl. § 259 Rn. 19 ff; MünchKomm-InsO/Huber, aaO § 259 Rn. 21; Otte in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 259 Rn. 11). Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, schließt das Gesetz eine Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu machende Anfechtungsklagen schlechthin aus (vgl. BGHZ 175, 86, 89 f Rn. 10). Angesichts ihres Ausnahmecharakters kann die Vorschrift auf andere als schwebende Verfahren nicht analog angewendet werden (FK-InsO/Jaffé InsO 5. Aufl. § 259 Rn. 21; Uhlenbruck/Lüer, aaO § 259 Rn. 20).
11
d) Mit Rücksicht auf dieses eindeutige Auslegungsergebnis kommt die Regelung des § 259 Abs. 3 InsO auf den von dem Kläger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtshängig gemachten Anfechtungsprozess bereits im Ansatz nicht zur Anwendung. Neben dem unabdingbaren Merkmal eines anhängigen Rechtsstreits (vgl. BGHZ 175, 86, 90 Rn. 10) fehlt es auch an dem von § 259 Abs. 3 InsO vorausgesetzten Vorbehalt im Insolvenzplan (vgl. BGH, Urt. v. 6. Oktober 2005, aaO S. 40 ff). Das Landgericht hat im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich ausgeführt, dass der Plan zu den Befugnissen des Insolvenzverwalters keine Regelung enthält. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von dem Kläger gestellten Tatbestandberichtigungsantrags für das Revisionsverfahren bindend (BGH, Urt. v. 5. Februar 2009 - IX ZR 78/07, WM 2009, 662, 663 Rn. 13). Soweit der Kläger geltend macht, der Erlös aus Anfechtungsprozessen sei bereits in die Insolvenzquote eingeflossen, wird damit nicht vorgetragen, dass die Notwendigkeit, weitere Anfechtungsprozesse zu führen, in dem Insolvenzplan offen gelegt wurde.
12
2. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers kann nicht aus dem - nach dem Klägervorbringen einer ständigen Praxis entsprechenden - Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28. September 2007 hergeleitet werden.
13
a) Zwar ist der Kläger nach dem Inhalt dieses Beschlusses zur gerichtlichen Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen ermächtigt worden. Diese Entscheidung ist jedoch insoweit nichtig und darum nicht geeignet, für die Beurteilung der Prozessführungsbefugnis des Klägers in vorliegendem Rechtsstreit eine Bindungswirkung zu entfalten. Eine Anordnung, welche eine Behörde innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises trifft, darf aus Gründen der Rechtssicherheit in ihrer Wirksamkeit nicht allein deshalb in Frage gestellt werden , weil sie mit dem materiellen Recht nicht im Einklang steht. Jedoch ist ihr wegen Nichtigkeit jede Rechtswirkung zu versagen, wenn die getroffene Maßnahme jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309; 121, 98, 101; 142, 51, 57 f; 172, 278, 282 Rn. 15; BGH, Urt. v. 20. März 2008 - IX ZR 2/07, WM 2008, 838, 839 Rn. 8; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl.
§ 51 Rn. 29; MünchKomm-ZPO/Lindacher Rn. 21 vor §§ 51, 52; Musielak/ Weth, ZPO 7. Aufl. § 51 Rn. 12; Gehrlein in Prütting/Gehrlein, ZPO 2009 § 53 Rn. 3).
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b) Materiellrechtliche Fehler bei der gerichtlichen Anordnung einer Pflegschaft führen nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit der Maßnahme (BGHZ 33, 195, 201; 41, 303, 309). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Gericht kraft gesetzlicher Regelung grundsätzlich zur Bestellung eines Pflegers berufen ist und mithin ein bloßer Rechtsanwendungsfehler nicht ohne weiteres über die Rechtswidrigkeit hinaus zur Nichtigkeit der Maßnahme führt. Demgegenüber wird die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach Verfahrensaufhebung an zwei nicht in die gerichtliche Zuständigkeit fallende Voraussetzungen geknüpft, nämlich die Anhängigkeit eines Anfechtungsprozesses und eine von den Gläubigern beschlossene Klausel in dem Insolvenzplan über die Fortführung des Prozesses. Wenn die Ermächtigung im Insolvenzplan für die Fortsetzung eines Rechtsstreits über eine Insolvenzanfechtung (§ 259 Abs. 3 InsO) nicht besteht oder den konkreten Anfechtungsprozess nicht erfasst, entfällt das Anfechtungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 2008 - II ZR 26/07, WM 2008, 1615, 1617 Rn. 15). Dem Insolvenzverwalter ist die Fortsetzung eines anhängigen Verfahrens also nur auf der Grundlage eines Beschlusses der Gläubiger gestattet. Danach ist das Gericht in die Entscheidung, ob ein anhängiger , eine Insolvenzanfechtung betreffender Rechtsstreit fortgeführt werden darf, nach dem im Wortlaut des § 259 Abs. 3 InsO zum Ausdruck gekommenen eindeutigen Willen des Gesetzgebers gar nicht eingebunden. Räumt das Gericht dem Insolvenzverwalter gleichwohl die Befugnis zur Geltendmachung von Anfechtungsklagen ein, handelt es sich, weil das Gericht unter keinen wie auch immer gearteten Umständen mit der Sache befasst sein kann, um einen Fall der absoluten Unzuständigkeit, der zur Nichtigkeit der Anordnung führt (vgl.
BVerwG NJW 1974, 1961, 1963; BSGE 24, 162, 168; Kopp/Ramsauer, VwVfG 10. Aufl. § 44 Rn. 14; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 7. Aufl. § 44 Rn. 170). Bei dieser Sachlage geht eine gerichtliche Anordnung über die Geltendmachung von - überdies noch gar nicht anhängigen - Anfechtungsansprüchen durch den Insolvenzverwalter mangels Eingreifens einer jeglichen Rechtsgrundlage von vornherein als nichtig ins Leere.
15
3. Die Nichtigkeit der Ermächtigung über die Verfahrensfortsetzung berührt nicht die Wirksamkeit des zugleich ergangenen Beschlusses über die Verfahrensaufhebung.
16
Da ein Hoheitsakt die Vermutung der Richtigkeit und Gültigkeit für sich hat, ordnet § 44 Abs. 4 VwVfG abweichend von § 139 BGB an, dass die teilweise Nichtigkeit einen Hoheitsakt nicht im Ganzen ergreift, sondern vielmehr Teilnichtigkeit die Regel ist. Die Nichtigkeit des gesamten Hoheitsakts ist damit die Ausnahme und tritt nur ein, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Hoheitsakt ohne ihn nicht erlassen hätte (BT-Drucks. 7/910 S. 65). Maßgeblich für diese Bewertung ist nicht der hypothetische Wille der Behörde oder der für sie handelnden Amtsträger, sondern der mutmaßliche Wille einer sachgemäß entscheidenden Behörde (Kopp/Ramsauer, aaO § 44 Rn. 61; Knack, VwVfG 8. Aufl. Rn. 55). Diese Grundsätze sind auf den hier zu beurteilenden Fall einer Anordnung des Insolvenzgerichts zu übertragen. Hatte das Insolvenzgericht nach der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 258 Abs. 1 InsO das Insolvenzverfahren aufzuheben, so wird die Gültigkeit dieser Anordnung durch die Erteilung einer nichtigen Ermächtigung, von der bei ordnungsgemäßem Vorgehen aus Rechtsgründen abzusehen war, nicht beeinträchtigt.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanz:
LG Erfurt, Entscheidung vom 30.09.2008 - 3 O 1801/07 -

(1) Aus dem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. § 202 gilt entsprechend.

(2) Gleiches gilt für die Zwangsvollstreckung gegen einen Dritten, der durch eine dem Insolvenzgericht eingereichte schriftliche Erklärung für die Erfüllung des Plans neben dem Schuldner ohne Vorbehalt der Einrede der Vorausklage Verpflichtungen übernommen hat.

(3) Macht ein Gläubiger die Rechte geltend, die ihm im Falle eines erheblichen Rückstands des Schuldners mit der Erfüllung des Plans zustehen, so hat er zur Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Rechte und zur Durchführung der Vollstreckung die Mahnung und den Ablauf der Nachfrist glaubhaft zu machen, jedoch keinen weiteren Beweis für den Rückstand des Schuldners zu führen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.