Landgericht Hagen Beschluss, 22. Aug. 2013 - 7 S 21/13
Tenor
Die Kammer beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren und die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.
Dem Berufungskläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
1
Gründe:
2I.
3Die Berufung des Klägers bietet keine Aussicht auf Erfolg, so dass die Kammer von einer mündlichen Verhandlung absehen und gemäß § 522 Abs. 2 ZPO verfahren, mithin die Berufung durch Beschluss zurückweisen will.
4Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Lüdenscheid ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
5Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zur Kürzung ihrer Leistungspflicht gemäß § 81 Abs. 2 VVG berechtigt war, da sich der Kläger den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gefallen lassen muss. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Gründe auf des angefochtenen Urteils verwiesen.
6Soweit der Kläger hiergegen vorbringt, es handele sich bei dem „Vergessen“ der Fahrräder auf dem Dach seines Fahrzeuges bei der Einfahrt in das Parkhaus um ein Augenblicksversagen, ist dem entgegenzuhalten, dass ein solches alleine nicht ausreicht, um subjektiv den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entfallen zu lassen. Es müssen vielmehr – wie auch das Amtsgericht ausgeführt hat – weitere in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGH, NJW 1992, 2418).
7Solche Umstände liegen hier nicht vor. Das Einfahren in ein Parkhaus ist keine Dauertätigkeit, sondern erfordert besondere Aufmerksamkeit insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der vorgegebenen Abmessungen. Dem entsprechend wird im Einfahrtsbereich ausdrücklich auf die zulässige Einfahrtshöhe hingewiesen. Von einem durchschnittlichen Kraftfahrer kann und muss das Mindestmaß an Konzentration verlangt werden, das es ihm ermöglicht, die eingeschränkte Durchfahrtshöhe wahrzunehmen und zu beachten. Eine vorher etwa erfolglose Parkplatzsuche ist nicht geeignet, eine Ablenkung des Fahrers zu entschuldigen. Das gleiche gilt für eine mangelnde Ortskenntnis, die im Gegenteil eine besondere Aufmerksamkeit erforderlich gemacht hätte. Schließlich führt auch der Umstand, dass der Kläger zum ersten Mal nach langer Zeit Fahrräder auf dem Dach transportierte und sich ansonsten in seinem gewohnten Fahrzeug befand, also nicht ständig an die veränderten Abmessungen erinnert wurde, nicht zu einer Abmilderung seines Verschuldens. Denn auch insoweit ist von ihm das Mindestmaß an Konzentration zu verlangen, das erforderlich ist, um während der gesamten Fahrt die Besonderheiten seines durch die Dachlast veränderten Fahrzeuges im Auge zu behalten.
8Andere Gründe für ein Augenblicksversagen – etwa eine besondere Gefahrensituation für andere Personen, die die volle Aufmerksamkeit des Klägers in Anspruch genommen hätte – sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
9II.
10Auch die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 ZPO sind gegeben, denn die Rechtssache hat weder eine allgemeine grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine tatsächliche Entscheidung der Berufungskammer in der Sache.
11Die Kammer erachtet ferner eine mündliche Verhandlung für nicht geboten. Eine mündliche Verhandlung ist dann geboten im Sinne des § 522 Abs. 2 Ziffer 4 ZPO, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung gestützt wird und diese angemessen mit dem Berufungsführer nicht im schriftlichen Verfahren erörtert werden kann (Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage 2012, § 522 Rz. 40). Vorliegend deckt sich die der Auffassung der Kammer zugrunde liegende rechtliche Begründung mit derjenigen des Amtsgerichts und bedarf daher einer mündlichen Erörterung nicht. Schließlich hat der Rechtsstreit auch keine existenzielle Bedeutung für eine der Parteien.
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Referenzen - Gesetze
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Der Versicherer ist nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den Versicherungsfall herbeiführt.
(2) Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.