Landgericht Hagen Beschluss, 12. Feb. 2015 - 6 T 19/15
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwelm vom 07.01.2015 (Az.: 41 M 25/15) wie folgt abgeändert:
Für den Fall, dass das Konto als P-Konto geführt wird, wird angeordnet, dass die Ehefrau sowie das Kind G bei der Berechnung des Pfändungsfreibetrages unberücksichtigt bleiben.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner zu ¾ und die Gläubigerin zu ¼ nach einem Beschwerdewert von bis zu 300,- € (niedrigste Stufe).
1
Gründe:
2Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 06.01.2014.
3Mit Antrag vom 05.01.2015 hat die Gläubigerin den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses betreffend Forderungen des Schuldners gegen die Drittschuldnerin beantragt. Zugleich hat die Gläubigerin beantragt, für den Fall, dass bei der Drittschuldnerin ein Pfändungsschutzkonto für den Schuldner geführt wird, die Ehefrau des Schuldners und dessen Kind R bei der Festsetzung des dem Schuldner pfandfrei zu belassenden Betrages unberücksichtigt zu lassen und den Pfändungsfreibetrag auf 1045,04 € festzusetzen.
4Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter dem 13.01.2015 erlassen, ohne jedoch die beantragten weiteren Anordnungen zu treffen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antrag nach §§ 850k Abs. 4, 850c Abs. 4 ZPO sei vor der Pfändung nicht zulässig. Es sei nicht Nachgewiesen, dass ein Pfändungsschutzkonto bestehe und wie hoch der monatliche Freibetrag sei. Zudem sei der Schuldner zu dem Antrag zu hören, was nach § 834 ZPO nicht möglich sei.
5Gegen die Ablehnung der beantragten Anordnungen nach §§ 850k Abs. 4, 850c Abs. 4 ZPO hat die Gläubigerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 15.01.2015 sofortige Beschwerde eingelegt.
6Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 16.01.2015 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht Hagen zur Entscheidung vorgelegt.
7Auf einen Hinweis der Kammer hat die Gläubigerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11.02.2015 weiter ausgeführt, die Ehefrau des Schuldners verfüge ausweislich der Vermögensauskunft des Schuldners vom 17.10.2013 über ein eigenes Einkommen in Höhe von 1.800,- € und der Sohn des Schuldners verfüge über ein eigenes Einkommen in Höhe von 450,- €. Weitere unterhaltsberechtigte Personen sind ausweislich des beiliegenden Vermögensverzeichnisses nicht vorhanden. Angaben zum Einkommen des Schuldners wurden von der Gläubigerin nicht gemacht.
8Die gemäß § 793 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
9Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts kann die Gläubigerin bereits mit dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einen Antrag auf Nichtberücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen bei der Bemessung des dem Schuldner pfandfrei zu belassenden Betrages nach den §§ 850 k Abs. 4, 850 c Abs. 4 ZPO stellen (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 30. Auflage, § 850 c Rn. 13 m. w. N.).
10Die Gläubigerin hat nach Aufforderung der Kammer auch nunmehr einen substantiierten Tatsachenvortrag zu den Voraussetzungen der Nichtberücksichtigung der Ehefrau und des Sohnes des Schuldners vorgebracht, indem sie substantiiert vorgetragen hat, dass diese über ein eigenes Einkommen in ausreichender Höhe verfügen. Dem Antrag der Gläubigerin war daher zu entsprechen.
11Eine vorherige Anhörung des Schuldners hat nach § 834 ZPO auch insoweit nicht zu erfolgen (vgl. Stöber in Zöller, a.a.O.). Dies gilt auch für das sich bei Ablehnung des Antrages anschließende einseitige Rechtsmittelverfahren (vgl. Zöller in Stöber, a.a.O., § 834 Rn 2 m. w. N.).
12Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen, da die Festsetzung eines konkreten Pfändungsfreibetrages ohne Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Schuldners nicht möglich ist. Der dem Schuldner nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfandfrei zu belassende Betrag ist von der konkreten Einkommenshöhe abhängig.
13Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 3, 92 Abs. 1 ZPO.
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Referenzen - Gesetze
(1) Eine natürliche Person kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Satz 1 gilt auch, wenn das Zahlungskonto zum Zeitpunkt des Verlangens einen negativen Saldo aufweist. Ein Pfändungsschutzkonto darf jedoch ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden.
(2) Ist Guthaben auf dem Zahlungskonto bereits gepfändet worden, kann der Schuldner die Führung dieses Kontos als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf sein Verlangen folgenden Geschäftstages fordern. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut bleibt im Übrigen unberührt.
(3) Jede Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten. Bei dem Verlangen nach Absatz 1 hat der Kunde gegenüber dem Kreditinstitut zu versichern, dass er kein weiteres Pfändungsschutzkonto unterhält.
(4) Unterhält ein Schuldner entgegen Absatz 3 Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichnete Zahlungskonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. Der Gläubiger hat den Umstand, dass ein Schuldner entgegen Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten unterhält, durch Vorlage entsprechender Erklärungen der Drittschuldner glaubhaft zu machen. Eine Anhörung des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht unterbleibt. Die Anordnung nach Satz 1 ist allen Drittschuldnern zuzustellen. Mit der Zustellung der Anordnung an diejenigen Kreditinstitute, deren Zahlungskonten nicht zum Pfändungsschutzkonto bestimmt sind, entfallen die Wirkungen dieser Pfändungsschutzkonten.
(5) Der Kontoinhaber kann mit einer Frist von mindestens vier Geschäftstagen zum Monatsende von dem Kreditinstitut verlangen, dass das dort geführte Pfändungsschutzkonto als Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz geführt wird. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Vor der Pfändung ist der Schuldner über das Pfändungsgesuch nicht zu hören.
(1) Eine natürliche Person kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Satz 1 gilt auch, wenn das Zahlungskonto zum Zeitpunkt des Verlangens einen negativen Saldo aufweist. Ein Pfändungsschutzkonto darf jedoch ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden.
(2) Ist Guthaben auf dem Zahlungskonto bereits gepfändet worden, kann der Schuldner die Führung dieses Kontos als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf sein Verlangen folgenden Geschäftstages fordern. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Kreditinstitut bleibt im Übrigen unberührt.
(3) Jede Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten. Bei dem Verlangen nach Absatz 1 hat der Kunde gegenüber dem Kreditinstitut zu versichern, dass er kein weiteres Pfändungsschutzkonto unterhält.
(4) Unterhält ein Schuldner entgegen Absatz 3 Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichnete Zahlungskonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. Der Gläubiger hat den Umstand, dass ein Schuldner entgegen Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten unterhält, durch Vorlage entsprechender Erklärungen der Drittschuldner glaubhaft zu machen. Eine Anhörung des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht unterbleibt. Die Anordnung nach Satz 1 ist allen Drittschuldnern zuzustellen. Mit der Zustellung der Anordnung an diejenigen Kreditinstitute, deren Zahlungskonten nicht zum Pfändungsschutzkonto bestimmt sind, entfallen die Wirkungen dieser Pfändungsschutzkonten.
(5) Der Kontoinhaber kann mit einer Frist von mindestens vier Geschäftstagen zum Monatsende von dem Kreditinstitut verlangen, dass das dort geführte Pfändungsschutzkonto als Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz geführt wird. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
Vor der Pfändung ist der Schuldner über das Pfändungsgesuch nicht zu hören.
(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als
beträgt.(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):
- 1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1, - 2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2, - 3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für
- 1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt, - 2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt, - 3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.