Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 04. Mai 2016 - 3 O 442/15

Gericht
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, das Forsthaus A, Ort, zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Herausgabe einer von diesem genutzten Gewerbeimmobilie in Anspruch.
- 2
Die Parteien haben am 17.11.2013 einen Vertrag geschlossen (Anlage 1, Bl. 4 ff. d.A.).
- 3
Im Vertrag heißt es wie folgt:
- 4
„§ 1
- 5
Die Ortsgruppe ist Pächter des Forsthauses A und Inhaberin der Vollkonzession für den Gast- und Schankwirtschaftsbetrieb. Eigentümer des Forsthauses A ist die Forstbehörde, vertreten durch das Forstamt Kaiserslautern.
- 6
Die Ausübung des Gast- und Schankwirtschaftsbetriebes erfolgt mit Wirkung zum 01.01.2014 durch den Wirt als Stellvertreter der Ortsgruppe.
- 7
Die Stellvertretererlaubnis nach § 9 des Gaststättengesetzes hat der Wirt bei der zuständigen Behörde auf eigene Kosten einzuholen.
( ... )
§ 13
- 8
Der Vertrag läuft zunächst für ein Jahr auf Probe. Er kann innerhalb dieser Zeit von beiden Vertragsparteien mit dreimonatiger Kündigung gelöst werden. Nach diesem Jahr verlängert sich der Vertrag automatisch um jeweils ein weiteres Jahr. Danach kann der Vertrag von beiden Vertragsparteien mit jährlicher Kündigungsfrist zum 30.09. gelöst werden. Der Wirt verpflichtet sich ausdrücklich, das Forsthaus A zum gleichen Zeitpunkt zu räumen, an dem die Kündigung des Vertrages wirksam wird, d.h. das ganze Haus ist mit Ablauf der Kündigungsfrist zu räumen.“ ( ... )
- 9
Mit Schreiben vom 21.01.2015 (Anlage 2, Bl. 8 ff. d.A.) hat die Klägervertreterin gegenüber dem Beklagten neben einer fristlosen Kündigung die ordentliche Kündigung mit Vertragsende zum 30.09.2015 erklärt.
- 10
Die Kündigung hat der Beklagtenvertreter jedenfalls vor dem 30.09.2015 erhalten.
- 11
Der Kläger trägt vor,
dass mit Schreiben vom 21.01.2015 sowie nochmal mit Schreiben vom 06.03.2015 die ordentliche Kündigung ausgesprochen worden sei. Diese wäre wirksam. Gemäß § 13 des Vertrages könne das Vertragsverhältnis jedes Jahr mit Wirkung zum 30.09. gekündigt werden. Vereinbart sei eine dreimonatige Kündigungsfrist.
- 12
Der Kläger beantragt:
- 13
Der Beklagte wird verurteilt, das Forsthaus A, Ort, zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
- 14
Der Beklagte beantragt
- 15
Klageabweisung.
- 16
Der Beklagte trägt vor,
dass, da der Vertrag im Jahr 2014 nicht gekündigt worden sei, sich dieser automatisch bis zum 31.12.2015 verlängert hätte. Erst nach dem 31.12.2015 hätte der Vertrag sodann von beiden Vertragsparteien mit jährlicher Kündigung und einer Kündigungsfrist von drei Monaten gelöst werden können. Die Kündigung sei somit gemäß § 13 Satz 3 des Vertrages erst zum 31.12.2016 wirksam.
- 17
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 18
Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht ein vertragliches Kündigungsrecht gemäß § 13 des Vertrages zu, welches er mit seinem Schreiben vom 21.01.2015, welches vor dem 30.09.2015 bei dem Beklagtenvertreter eingegangen ist, ausgeübt hat, so dass der Vertrag jedenfalls zum 31.12.2015 beendet war.
- 19
Dies ergibt sich allein auf Grund einer Auslegung von § 13 des Vertrages, so dass es insoweit auf den weitergehenden Vortrag im Schriftsatz vom 17.02.2016, welcher im Übrigen unstreitig geblieben ist, nicht ankommt. Ausweislich § 13 Satz 1 i.V.m. § 1 des Vertrages haben die Parteien zunächst für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 ein Probejahr vereinbart, innerhalb dessen beide Vertragsparteien das Mietverhältnis binnen drei Monaten kündigen konnten. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2015 kein Verlängerungsjahr vereinbart worden, in welchem eine Kündigung ausgeschlossen sein sollte. Die Regelungen in § 13 Satz 2 und 3 bilden eine zusammenhängende Regelung, dass nach Ablauf des ersten Probejahres gemäß § 13 Satz 1 der Vertrag sich jeweils um ein Jahr verlängert und zum 30.09. eines jeden Jahres zum Jahresende gekündigt werden konnte. Bezugspunkt von § 13 Satz 3 ist eindeutig § 13 Satz 1 und nicht § 13 Satz 2. Die in § 13 Satz 2 verwendete Formulierung„jeweils“ beschreibt einen unbegrenzt langen Zeitraum und gilt auch nach der insoweit übereinstimmenden Auslegung der Parteien für den Zeitraum nach Ablauf des ersten Probejahres. Dies gilt auch für § 13 Satz 3. Die dortige Formulierung „danach“ beschreibt eine Anschlussregelung und kann sich somit denklogisch nicht auf den Abschluss des in § 13 Satz 2 beschriebenen, unbegrenzt langen Zeitraum beziehen, sondern hat als Bezugspunkt ebenfalls die Phase unmittelbar nach Ablauf des in § 13 Satz 1 beschriebenen ersten Probejahres. Eine Anschlussregelung nach einem unbegrenzt langen Zeitraum wäre sinnentleert.
II.
- 20
Die Entscheidung erfolgt entgegen der Anregung der Parteien auf Grund des Sachstands der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016. Eine Wiederaufnahme der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO war nicht geboten. Wiederaufnahmegründe gem. § 156 Abs. 2 ZPO liegen ersichtlich nicht vor.
- 21
Eine Wiederaufnahme gem. § 156 Abs. 1 ZPO war ebenfalls nicht geboten. Die von den Parteien vorgebrachten Gründe für eine Wiederaufnahme tragen durchgehend nicht. Insbesondere aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung war eine Wiederaufnahme nicht angezeigt.
- 22
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 09.03.2016 einen Hilfsantrag angekündigt hat, wäre selbst im Falle einer Wiederaufnahme des Verfahrens über diesen nicht zu entscheiden gewesen, da - wie oben dargestellt - bereits der ursprüngliche Klageantrag erfolgreich ist.
- 23
Gründe für eine Wiederaufnahme ergeben sich auch nicht auf Grund des Inhalts des in der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2016 übergebenen Schriftsatzes. Wie dargestellt kommt es auf den Inhalt des Schriftsatzes auf Grund des eindeutig auslegbaren Vertragsinhalts nicht an. Im Übrigen ist der Inhalt des Schriftsatzes unstreitig geblieben.
- 24
Gründe, warum bei einer beabsichtigten Vergleichsverhandlung die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten sein soll, werden in der von der Klagepartei genannten Kommentarliteratur nicht genannt. Darüber hinaus scheint vorliegend ein Vergleichsschluss fernliegend. Soweit die Klägervertreterin sich mit Schreiben vom 13.04.2016 (Anlage 7, Bl. 98 ff. d.A.) an den Beklagtenvertreter gewandt und eine Herausgabe der Mietsache zum Ende des Monats Mai 2016 vergleichsweise vorgeschlagen hat, erscheint eine Einigung der Parteien auf dieser Grundlage fernliegend. Der Beklagtenvertreter hatte bereits in der mündlichen Verhandlung einen ursprünglichen Vorschlag des Gerichts, welcher eine Herausgabe der Gewerberäumlichkeiten zum 30.09.2016 angedacht hatte, mit der Begründung abgelehnt, dass der Beklagte bis dahin seine Investitionen nicht amortisiert hätte. Seinen damaligen Vorschlag einer Räumung zum 31.12.2016 hat er mit Schriftsatz vom 29.04.16 nochmals bekräftigt, so dass auch aktuellen Vorstellungen einer vergleichsweisen Einigung bei einem unstreitigen Vertragsende zum 31.12.2016 beinahe maximal weit auseinander liegen.
III.
- 26
Beschluss
- 27
Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

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Wer ein erlaubnisbedürftiges Gaststättengewerbe durch einen Stellvertreter betreiben will, bedarf einer Stellvertretungserlaubnis; sie wird dem Erlaubnisinhaber für einen bestimmten Stellvertreter erteilt und kann befristet werden. Die Vorschriften des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 4 sowie des § 8 gelten entsprechend. Wird das Gewerbe nicht mehr durch den Stellvertreter betrieben, so ist dies unverzüglich der Erlaubnisbehörde anzuzeigen.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.