Landgericht Dortmund Urteil, 06. März 2015 - 3 O 308/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger nach einem Streitwert von 20.806,22 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Unter dem 07.07./08.07.1997 schlossen die Parteien einen formularmäßigen Darlehensvertrag (Anlage B 1, Bl. 59 bis 62 d. A.) unter anderem mit folgenden Konditionen:
31. Höhe des Darlehens: DM 220.859,76
43. Konditionen:
53.1. Verzinsung: 5,7 % jährlich festgeschrieben bis 30.06.2002
6„Die Bank kann bei einer Erhöhung des Zinsniveaus am Geldmarkt den Zinssatz in angemessener Weise anheben; bei sinkendem Zinsniveau wird sie den Zinssatz in angemessener Weise herabsetzen. Bei einer Zinsfestschreibung können Änderungen frühestens mit deren Ablauf erfolgen. Sofern keine neue Zinsvereinbarung getroffen wird, kann die Bank den Zinssatz dem dann aktuellen Zinsniveau am Geld- und Kapitalmarkt anpassen. Zinsanpassungen wird die Bank dem Darlehensnehmer mitteilen. Bei einer Erhöhung des Zinssatzes kann der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Änderung mit sofortiger Wirkung kündigen. Kündigt der Darlehensnehmer, so wird der erhöhte Zinssatz nicht zugrunde gelegt. Die Bank wird zur Abwicklung eine angemessene Frist einräumen.“
74. „Darlehensrückzahlung: ….in Raten für Zins und Tilgung von DM
81.375,00 jeweils fällig am 30. des Monats ….“
97. Sicherheit:
10„Vorh. Grd DM 220.000,-- a/ETW P-Straße 239, E.“
11Unter dem 23.06.2008 schlossen die Parteien eine „Änderungsvereinbarung“ (Blatt 7 der Akten) mit folgendem Inhalt:
12„Darlehensnehmer und Bank vereinbaren, den unter Nr. ########## am 08.07.1997 geschlossenen Darlehensvertrag in der geänderten Fassung vom 23.03.1999 …. in den nachfolgend aufgeführten Regelungen zu ändern:
13Konditionen:
14Verzinsung:
15Das Darlehen ist ab dem 30.06.2008 mit 5,3500 % jährlich zu verzinsen. Der Zinssatz ist festgeschrieben bis zum 30.06.2018.
16….
17Darlehensrückzahlung:
18Das Darlehen ist in voller Höhe am 30.06.2018 zurückzuzahlen.
19Alle übrigen nicht in dieser Änderungsvereinbarung genannten Regelungen behalten unverändert Gültigkeit.“
20Beigefügt waren die von dem Kläger unterschriebene „Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge“ (Blatt 9 der Akten) und die „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ (Blatt 10 bis 12 der Akten).
21Der Kläger zahlte das Darlehen im Juli 2013 zurück.
22Mit der vorliegenden Klage begehrt er die Rückzahlung der von ihm unter Vorbehalt (Blatt 31 der Akten) gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 20.806,23 € (Einzelheiten Blatt 24 bis 30 der Akten). Mit Anwaltsschreiben vom 28.01.2014 erklärte der Kläger den Widerruf des Vertrages vom 23.06.2008.
23Der Kläger meint, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft.
24Der Kläger beantragt,
25die Beklagte zu verurteilen, an ihn 20.806,22 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2014 und weitere 1.171,67 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der unstreitig geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 20.806,22 € gemäß § 346 BGB oder gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Kläger hat den Darlehensvertrag und die Änderungsvereinbarung nicht wirksam widerrufen und die Leistung erfolgte mit Rechtsgrund, nämlich § 490 Abs. 2 S. 3 BGB.
30Dem Kläger stand kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB in der zum Zeitpunkt der „Änderungsvereinbarung“ geltenden Fassung zu.
31Bei einer unechten Abschnittsfinanzierung steht einem Verbraucher kein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über die Verbraucherdarlehensverträge gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB zu, wenn nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist mit der darlehensgebenden Bank lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenanpassung entsprechend dem ursprünglich geschlossenen Darlehensvertrag vollzogen wird (BGH, XI ZR 6/12, Urteil vom 28.05.2013, Rn. 20 ff.).
32Diese Voraussetzungen liegen vor, denn im Vertrag vom 08.07.1997 wird keine feste Darlehenslaufzeit vereinbart und im Vertrag vom 23.06.2008 kein neues Kapitalnutzungsrecht.
33Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die der Vereinbarung vom 23.06.2008 beigefügten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entgegen dem Wortlaut der Vertragsurkunde „alle übrigen nicht in dieser Änderungsvereinbarung genannten Regelungen behalten unverändert Gültigkeit“ Vertragsbestandteil geworden ist, denn die geänderte Regelung zur Vorfälligkeitsentschädigung begründet allenfalls eine Konditionenänderung und kein neues Kapitalnutzungsrecht.
34Dem Kläger stand auch kein Widerrufsrecht des ursprünglichen Darlehensvertrages vom 08.07.1997 zu. Das Widerrufsrecht richtet sich, sofern kein Haustürgeschäft – wie vorliegend – vorliegt, nach §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 7 VerbrKrG in der damals geltenden Fassung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestand bei Realkreditverträgen kein Widerrufsrecht. Nach § 7 VerbrKrG erlosch das Widerrufsrecht zudem spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung, also spätestens 1998.
35Dahinstehen kann schließlich auch, ob dem Kläger durch die Beifügung der Widerrufsbelehrung zu der Vereinbarung vom 23.06.2008 ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden ist (zweifelnd BGH, XI ZR 401/10, Urteil vom 06.12.2011, Rn. 17), denn der Kläger hat sein vertragliches Widerrufsrecht nicht fristgemäß ausgeübt.
36Für den Widerrufsbeginn kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrungen den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht (BGH, II ZR 88/11, Urteil vom 22.05.2012, Rn. 14, 16 bis 18, Beck OK, § 355 Rn. 7).
37Festzuhalten bleibt damit, dass mangels wirksamen Widerrufs kein Rückgewährschuldverhältnis entstanden ist und die Zahlung der Nutzungsentschädigung mit Rechtsgrund erfolgt ist.
38Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.