Landgericht Dortmund Urteil, 17. Juli 2014 - 2 O 31/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von bis zu 19.000 € der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger beantragte mit Antrag vom 17.12.2012 über die Versicherungsmaklerfirma J den Abschluss einer privaten Krankenversicherung bei der Beklagten in den Tarifen GS II 2/100, CV 43/100, KS 150, Comfort, PVN und AV-P 1 für sich und seine beiden Kinder. Auf Seite 3 des Antrages auf Versicherungsschutz für den Kläger befinden sich die Gesundheitsfragen. Oberhalb dieser Gesundheitsfragen befindet sich im Fettdruck eine Belehrung über die vorvertraglichen Anzeigepflichten sowie über die Rechtsfolgen einer Verletzung. Im letzten Satz des Hinweises wird auf nähere Informationen zu den Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in der "Mitteilung nach § 19 (5) VVG" auf S. 7 des Antrages verwiesen. In diesem Antrag wurden auf Seite 3 die Antwortfelder zu den Gesundheitsfragen 2.) und die Antwort zur Frage 3.) jeweils mit „Nein“ beantwortet. Auch die Übrigen Gesundheitsfragen wurden mit Ausnahme der Frage 13 c) und 13 d), bei der Zahnersatz und der jeweilige Zeitpunkt der Behandlung angegeben wurde, verneint. Wegen der Einzelheiten der Belehrungen und der Gesundheitsfragen sowie der Antworten wird auf die Ablichtung des Antrages vom 17.12.2012 Bezug genommen (Anlage zur Klage vom 320.01.2014). Die Beklagte nahm den Antrag unter dem 18.12.2012 an und übersandte den Versicherungsschein. Der Kläger reichte im Sommer 2013 bei der Beklagten Behandlungsrechnungen des P zur Erstattung ein, deren Grundlage die Diagnose „Adaptionssyndrom“ war und weswegen dem Kläger das Präparat „Calmvalera hevert“ verschrieben worden war. Diesen Versicherungsfall nahm die Beklagte zum Anlass, Rückfragen bei dem behandelnden Arzt zu stellen. Der behandelnde Arzt teilte mit Schreiben vom 27.8.2013 (Anl. B4) mit, dass der Kläger wegen der Diagnosen „Adaptionssyndrom und Erschöpfungszustand“ bereits am 21.1.2008 und am 25.6.2010 ärztlich behandelt worden war. Als Grund für die Diagnose gab der behandelnde Arzt familiäre und berufliche Überlastungen des Klägers an. Diese Auskunft nahm die Beklagte zum Anlass, mit Schreiben vom 30.8.2013 (Anl. B5) den Rücktritt vom Versicherungsvertrag zu erklären. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger die Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet habe, da er wegen eines Adoptionssyndroms und eines Erschöpfungszustand im abgefragten Zeitraum ärztlich behandelt worden sei und sie, sofern der Kläger in dem Antrag die Angaben richtig gemacht hätte, den Antrag nicht angenommen hätte. Im Nachgang zu diesem Kündigungsschreiben teilte der
3behandelnde Arzt auf weitere Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 17.9.2013 mit, dass der Kläger wegen des Erschöpfungszustand im Jahr 2008 für fünf Tage sowie im Jahr 2010 für acht Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben worden war. Wegen des von der Beklagten erklärten Rücktritts schloss der Kläger bei einem anderen Krankenversicherer eine private Krankenversicherung ab, die jedoch monatlich 150,- € teurer ist, als seine vorhergehende Versicherung bei der Beklagten.
4Der Kläger behauptet, dass der Mitarbeiter G von der J mit dem Kläger die Gesundheitsfragen telefonisch besprochen habe. Der Mitarbeiter habe wissen wollen, ob gravierende Erkrankungen vorgelegen hätten. Der Kläger habe diese Frage verneint und hinzugefügt, dass er allerdings schon einmal einen kleinen Infekt oder etwas Ähnliches gehabt habe. Er habe außerdem auf eine vor wenigen Monaten erfolgte Zahnbehandlung hingewiesen. Im Nachgang zu diesem Telefonat habe der Kläger sodann einen vorausgefüllten Versicherungsantrag im PDF-Format per E-Mail zugesandt bekommen, bei dem die Gesundheitsfragen mit Ausnahme der Frage 13 mit „Nein“ vorausgefüllt gewesen seien. Diesen Antrag habe der Kläger sodann ausgedruckt und unterschrieben, das unterschriebene Exemplar eingescannt und sodann den gescannten Antrag an die J per E-Mail zurückgesandt. Der Kläger behauptet weiter, dass die Gesundheitsfragen auf S. 3 des Antrags von der Maklerfirma J selbst gestaltet worden seien, um bei vielen Versicherern Anfragen stellen zu können. Ferner behauptet er, dass der behandelnde Arzt P ihm die Diagnose seinerzeit nicht mitgeteilt habe. Er sei bei dem Hausarzt gewesen, da er sich körperlich kaputt gefühlt habe und von einer Grippe ausgegangen sei. Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende Diagnose gehandelt habe, die keinen Rücktritt rechtfertige. Es habe sich ferner um Maklerfragen gehandelt und nicht um Fragen des Versicherers. Ferner sei die Belehrung nach § 19 Abs. 5 VVG fehlerhaft erteilt worden, weil diese keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung enthalte. Darüber hinaus handele es sich um eine leicht fahrlässige vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung, da die Behandlung 2 ½ Jahre zurück gelegene habe, so dass das Rücktrittsrecht ausgeschlossen sei. Selbst wenn man jedoch von einer grob fahrlässigen Anzeigepflichtverletzung ausgehen wollte, sei das Rücktrittsrecht ausgeschlossen, da die Beklagte aufgrund der Einführung des Basistarifes dazu verpflichtet gewesen wäre, zu anderen Bedingungen abzuschließen.
5Der Kläger beantragt,
61. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Krankenversicherungsverhältnis durch das Rücktrittsschreiben vom 30.8.2013 nicht beendet worden ist;
72. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten Rücktritt vom 30.8.2013 ergibt.
83. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung von 1.100,51 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Die Beklagte behauptet, dass die Gesundheitsfragen, die die in J gestellt habe, von ihr vorgegeben worden seien. Sie vertritt deswegen die Rechtsansicht, dass es sich um Fragen des Versicherers handele. Ferner behauptet sie, dass bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen durch den Kläger das Angebot des Klägers auf Abschluss des privaten Krankenversicherungsvertrages nicht angenommen hätte. Die Risikobewertung, die die Beklagte anhand der Kölner Systematik der Krankheiten vornehme, hätte bei einer Anpassungsstörung zu einer Ablehnung geführt.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Es ist Beweis erhoben worden durch Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen G sowie des Zeugen I. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 17.7.2014 verwiesen.
14Entscheidungsgründe:
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16A.
17Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung des Fortbestehens des Krankenversicherungsverhältnisses, da das Krankenversicherungsverhältnis durch die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 30.08.2013 gem. § 19 Abs. 2 VVG wirksam beendet worden ist.
18Nach § 19 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Abs. 1 verletzt hat. Nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hat der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Voraussetzung für eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers ist demnach, dass Fragen des Versicherers vorliegen, da – anders als nach altem Recht (§§ 16 f. VVG a.F.) – keine spontane Anzeigepflicht mehr besteht.
19I. Es handelt sich bei den Gesundheitsfragen auf S. 3 des Antrages vom 17.12.2012 um Fragen des Versicherers gem. § 19 Abs. 2 VVG, die dem Kläger in Textform gestellt wurden.
20Es liegen Fragen des Versicherers vor, weil die Beklagte dem Makler die in dem Antrag enthaltenen Fragen vorgegeben und unter Kontrolle gehalten hat. Davon ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Der Zeuge G hat ausgesagt, dass zwischen ihm als zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten und der J die Gesundheitsfragen in dem Antrag abgestimmt und sodann von der Beklagten freigegeben worden sind. Er schilderte, dass die Einheitsanträge von den Maklern der Beklagten vorgelegt werden, die Beklagte sodann Ihre Änderungswünsche bei den Maklern anmeldet, die Makler die Änderungswünsche einarbeiten und die Einheitsanträge sodann erneut bei der Beklagten zur Prüfung vorlegen. Nach erneuter Prüfung würden diese sodann für 1 Jahr freigegeben. Nach Ablauf dieses Jahres werde dieser Prozess erneut durchgeführt. Sofern sich während dieses Zeitraumes schon Änderungswünsche seitens der Beklagten ergäben, würden auch diese mit den Maklern abgestimmt. Die Aussage des Zeugen G ist glaubhaft, da der Zeuge den Abstimmungsprozess in allen Einzelheiten und bezogen auf den konkreten Fall darstellen konnte. Der Zeuge ist auch glaubwürdig.
21Die Fragen wurden auch unstreitig in Textform gem. § 19 Abs. 2 VVG i.V.m. § 126b
22BGB gestellt.
23II. Der Kläger hat die Gesundheitsfragen zu 2.) und 3.) objektiv falsch beantwortet.
24Die Frage 2.), „Bestanden in den letzten 3 Jahren oder bestehen zurzeit Krankheiten, Beschwerden, Unfallfolgen, Fehler organischer, körperlicher oder geistiger Art (auch wenn sie nicht behandelt wurden) oder Pflegebedürftigkeit?“ beantwortete der Kläger unstreitig mit „Nein“. Auch die Frage 3.), „Fanden in den letzten 3 Jahren ambulante Untersuchungen, Operationen oder aufgrund von Vorerkrankungen medizinische Kontroll- und Nachsorgeuntersuchungen oder Behandlungen von Ärzten, Zahnärzten oder anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen statt oder ist eine solche angeraten oder beabsichtigt?“ beantwortete der Kläger unstreitig mit „Nein“.
25Der Kläger hätte in der Antwort auf Frage 2.) sämtliche Beschwerden organischer, körperlicher oder geistiger Art angeben müssen, auch wenn sie nicht behandelt worden sein sollten. In der Antwort auf die Frage 3.) hätte der Kläger sämtliche Untersuchungen oder Behandlungen von Ärzten, die in den letzten drei Jahren vor Antragstellung durchgeführt wurden, angeben, müssen. Folglich hätte der Kläger die streitgegenständlichen Beschwerden, Untersuchungen und Behandlungen am 21.1.2008 und am 25.06.2010 wegen stressbedingter Erschöpfung angeben müssen.
26III. Es handelte sich bei den streitgegenständlichen Beschwerden, Untersuchungen und Behandlungen am 21.1.2008 und 25.06.2010 auch um Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers gefahrerheblich waren, § 19 Abs. 1 VVG.
27Entgegen der Auffassung des Klägers lag keine vergleichsweise unbedeutende Diagnose vor, die nicht hätte angegeben werden müssen. Die von dem Kläger zitierte Entscheidung des OLG Saarbrücken (NJW-RR 2005, 334) kann nicht herangezogen werden. Diese, noch zum alten VVG ergangene Entscheidung, beschäftigt sich mit der Frage, ob Arglist vorliegt, die zur Anfechtung berechtigt. Hier geht es aber um die vorgelagerte Frage, ob ein offenbarungspflichtiger Umstand vorlag, der gefahrerheblich ist.
28IV. Der Kläger hat die vorvertragliche Anzeigepflicht jedenfalls grob fahrlässig verletzt. Grob Fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände in ungewöhnlich hohem Maße verletzt
29und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (st. Rspr. des BGH seit BGHZ 10, 14, zuletzt BGH r+s 2005, 410 = VersR 2005, 1449; r+s 1992, 279 = VersR 1992, 1087; VersR 1989, 582; vgl. etwa auch BGH VersR 1989, 141; 1988, 509; 1986, 671; weitere Hinweise siehe § 81 Rn. 47). Dem Kläger hätte ohne weiteres Einleuchten müssen, dass die Beschwerden wegen einer familiären und beruflichen Überforderung und die deswegen erfolgten ärztlichen Untersuchungen, Behandlungen, Verordnungen und Krankschreibungen offenbarungspflichtige Umstände darstellten. Es vermag dem Kläger nicht zu entlasten, dass er sich zum Zeitpunkt der Beantwortung der Gesundheitsfragen nicht mehr habe daran erinnern können und dass er der Ansicht gewesen sei, der Grund für die Beschwerden sei eine Grippe gewesen. Der Kläger hat nach seinem eigenen Vortrag dem Makler gegenüber angegeben, in den letzten drei Jahren an „kleineren Infekten oder so etwas ähnlichem“ gelitten zu haben. Wenn sich der Kläger an derartige, aus seiner Sicht irrelevante Krankheiten erinnern kann, ist es nicht nachvollziehbar, warum er die ärztlichen Behandlungen wegen stressbedingten Erschöpfungszuständen nicht mehr in Erinnerung gehabt haben will. Dass er glaubte, an einer Grippe gelitten zu haben, entlastet ihn ebenfalls nicht. Der Kläger selbst hat in der Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass ihm der Arzt mitgeteilt habe, dass er sich überlegen müsse, ob er auf dem richtigen Arbeitsplatz arbeite und dass er sodann ein homöopathisches Mittel verordnet bekommen habe, welches er auch 2-3 Tage eingenommen habe. Er sei auch aufgrund der Beschwerden jeweils einige Tage krankgeschrieben worden. Warum der Kläger davon ausgegangen sein will, es habe sich lediglich um eine Grippe gehandelt, ist aufgrund dieser Tatsachen nicht nachvollziehbar und stellt eine Schutzbehauptung dar.
30V. Der Rücktritt ist nicht gem. § 19 Abs. 4 S. 1 VVG ausgeschlossen. Denn entgegen der Ansicht des Klägers liegt kein vertragsändernder sondern ein vertragshindernder Umstand vor.
311. Die auf den Urteilen des Landgerichts Kiel (Urteil vom 23.11.2012, Aktenzeichen: 5 O 46/12, Juris Tz. 40) und das OLG Frankfurts (Urteil vom 19.1.2011, Aktenzeichen: 7 U 77/10, Juris Tz. 39) basierende Rechtsauffassung des Klägers, dass seit Einführung der Verpflichtung des Versicherers, Versicherungen im Basistarif gem. § 193 Abs. 5 VVG anzubieten, ein vertragshindernder Umstand nicht mehr angenommen werden könne, tritt die Kammer entgegen. Das Landgericht Kiel
32und das OLG Frankfurt führen dazu aus, dass der Versicherer nicht damit gehört werden könne, dass er bei Kenntnis der Umstände nicht abgeschlossen hätte, wenn er nach den Vorschriften zum Basistarif dazu verpflichtet gewesen wäre, diesen abzuschließen. Der Antrag auf Versicherung im Basistarif könne gem. § 193 Abs. 5 S. 4 VVG nur dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits bei dem Versicherer versichert war und der Versicherer den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist. Dies sei regelmäßig aber nicht der Fall.
33Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, dass der Versicherer eine Vertragsanpassung gem. § 19 Abs. 4 VVG gegenüber dem Versicherungsnehmer nur dann vornehmen kann, wenn der Versicherer „den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände (...) zu anderen Bedingungen geschlossen hätte“. Als „andere Bedingungen“ werden in der Literatur Risikoausschlüsse, Prämienerhöhungen, Selbstbehalt, andere Laufzeiten sowie eine andere Versicherungssumme oder Ähnliches bezeichnet. Bei Risikoausschlüssen, die andere Bedingungen darstellen können, kommt es für die Frage, ob der Versicherer das Risiko überhaupt versichert hätte, darauf an, ob ein Vertrag trotz der Möglichkeit eines Ausschlusses gescheitert wäre (Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, § 19, Rn. 54). Eine Vertragsänderung im Sinne des § 19 Abs. 4 VVG liegt folglich nur dann vor, wenn einzelne Vertragsbestandteile abgeändert werden, der Vertrag jedoch im Übrigen bestehen bleibt und insbesondere der abgeänderte Vertrag noch dem ursprünglichen Vertragstyp entspricht. Es handelt sich bei dem Basistarif und einem privaten Krankenversicherungstarif aber gerade nicht um miteinander vergleichbare Vertragstypen. Die Versicherung zum Basistarif stellt gegenüber dem beantragten privaten Krankenversicherungsvertragsverhältnis ein „Aliud“ dar. Es wird nicht der bestehende Vertrag mit anderen Bedingungen fortgeführt oder in andere Bedingungen geändert, sondern es findet eine Umwandlung des im jeweiligen Tarif vereinbarten privaten Krankenversicherungsvertrages in einen gänzlich anderen Vertragstyp, den Basistarif, statt. Es kann folglich nicht von einer Abänderung des ursprünglichen Vertrages, sondern es muss von einer Auflösung des Altvertrages und dem Neuabschluss eines gänzlich anderen Vertrages gesprochen werden.
34Gegen die dargestellte Rechtsansicht spricht ferner der Sinn und Zweck der Regelung des § 19 Abs. 4 VVG, der darin zu sehen ist, dass der Vertragszustand herzustellen ist, der bestehen würde, wenn der Versicherungsnehmer seine
35vorvertraglichen Obliegenheiten erfüllt hätte. Bei Beachtung der vorvertraglichen Obliegenheiten hätte der Versicherer den jeweils konkret abgeschlossenen Vertrag entweder zu anderen Bedingungen oder eben nicht abgeschlossen. Der Basistarif wäre jedoch in keinem der Fälle abgeschlossen worden, weil der Antragsteller diesen überhaupt nicht beantragt hat. Ein Krankenversicherer wäre auch nicht verpflichtet, bei Ablehnung des Antrages dem Kläger unmittelbar das Angebot auf Abschluss eines Basistarifs zu unterbreiten. Dies lässt die Argumentation der beiden Gerichte unberücksichtigt. Im Ergebnis führt die Rechtsansicht des LG Kiel und des OLG Frankfurt folglich dazu, dass über den Umweg der vermeintlichen Vertragsanpassung im Sinne des § 19 Abs. 4 VVG der Versicherer zum Abschluss eines Vertrages verpflichtet würde, den der Antragsteller gar nicht beantragt hat und den der Versicherer auch nicht hätte von sich aus anbieten müssen, wenn der Versicherte die Obliegenheiten erfüllt hätte.
36Der eingeführte § 193 Abs. 5 VVG steht der Annahme eines vertragshindernden Umstands folglich nicht per se entgegen.
372. Die streitgegenständlichen Behandlungen und Beschwerden stellen einen vertragshindernden Umstand dar. Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Krankenversicherungsvertrags bei Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände nicht zu anderen Bedingenden, sondern überhaupt nicht abgeschlossen hätte. Der Zeuge I hat ausgesagt, dass bei der Antragstellung eine computergesteuerte Risikoprüfung anhand der Kölner Systematik der Krankheiten erfolgt. Er hat dargelegt, dass bei einer Angabe eines Adaptionssyndroms die computergestützte Risikoerheblichkeitsprüfung für den abgefragten Zeitraum von drei Jahren „k. A.“ ausgegeben hätte, was bedeutet, dass der Versicherer kein Angebot abgegeben hätte, folglich überhaupt keinen Vertrag eingegangen wäre. Diesbezüglich hätte er auch keinen Spielraum gehabt. Die Aussage des Zeugen I war glaubhaft, da er detailliert den Prüfungsverlauf schilderte. An der Glaubwürdigkeit bestehen keine Zweifel. Deswegen folgt die Kammer dieser Aussage.
38VI. Der Rücktritt ist entgegen der Rechtsansicht des Klägers auch nicht gem. § 19 Abs. 5 VVG wegen einer fehlerhaften Belehrung über die Folgen der Anzeigepflichtverletzung ausgeschlossen. Die Belehrung auf S. 3 unter Verweis auf S. 7 des Antragsformulars entspricht entgegen der Rechtsansicht des Klägers den formellen und materiellen Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG.
39Der Kläger ist unter Verweis auf das Urteil des LG Dortmund vom 02.01.2013 (NJW-RR 2013, 1371) der Rechtsansicht, dass die Belehrung fehlerhaft sei, weil sie keinen ausdrücklichen und unmissverständlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung enthalte. Der Belehrung sei nicht zu entnehmen, dass es auch im Falle einer Vertragsanpassung zu einem „rückwirkenden“ Wegfall des Versicherungsschutzes kommen könne, sofern eine rückwirkende Einfügung eines Risikoausschlusses erfolge. Darüber hinaus fehle es an einem Hinweis, dass kein Versicherungsschutz bestehen könne.
401. Die Belehrung auf S. 3 unter Verweis auf S. 7 genügt den formellen Anforderungen des § 19 Abs. 5 VVG.
41Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nur dann formell ausreichend, wenn sie durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung in drucktechnisch ausreichendem Maße hervorgehoben hinweist. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform in diesem Sinne genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers in einem Antragsformularbogen aufnimmt, in welchen dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des Gesundheitszustandes gestellt werden. Die Platzierung und drucktechnische Gestaltung vom übrigen Text muss sich derart abheben, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist. Wird in einer Belehrung auf einen Hinweis an anderer Stelle in dem Antragsformular verwiesen, so ist es unverzichtbar, dass dieser Verweis deutlich im räumlichen Bereich und im Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen an hinreichend exponierter Stelle im Antrag mit genauen Fundort dargestellt wird (OLG Stuttgart, Urt. v. 17.4.2014 – 7U 253/13).
42Das von der Beklagten verwendete Antragsformular genügt diesen Grundsätzen. Zunächst ist oberhalb der Gesundheitsfragen auf Seite 3 des Antrages folgender Hinweis bezüglich der Folgen einer Anzeigepflichtverletzung im Fettdruck deutlich hervorgehoben an exponierter Stelle enthalten: „Wichtiger Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht und zu den Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht: Um ihren Antrag prüfen zu können, benötigt der Versicherer Antworten auf alle Fragen. Bitte beantworten Sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer berechtigen, (je nach Verschulden) vom Vertrag zurückzutreten, ihn zu kündigen oder anzupassen, was unter Umständen zur Leistungsfreiheit des Versicherers (auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle) führen kann. Nähere Informationen zu den Folgen
43einer Verletzung der Anzeigepflicht entnehmen Sie bitte der Seite 7 unter ‚Mitteilung nach § 19 (5) VVG‘.“ Dieser Hinweis steht im räumlichen Zusammenhang mit den Gesundheitsfragen. In diesem Hinweis wird konkret hinsichtlich näherer Informationen auf die „Mitteilung nach § 19 (5) VVG“ auf S. 7 des Antrages verwiesen. Die „Mitteilung nach § 19 (5) VVG“ wiederum wird durch eine Umrahmung deutlich drucktechnisch von dem anderem Text auf S. 7 abgesetzt. Dies genügt den Anforderungen in formeller Hinsicht.
442. Die Belehrung auf den Seiten 3 und 7 des Antrags ist entgegen der Auffassung des Klägers auch materiell nicht zu beanstanden.
45Insbesondere wird ausdrücklich auf die Rechtsfolgen einer Vertragsanpassung hingewiesen, die auch einen Verlust des Versicherungsschutzes bedeuten können. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt von der vom Kläger zitierten Entscheidung des LG Dortmund. Zunächst wird auf Seite 3 darauf hingewiesen, dass die Verletzung der vorvertraglicher Anzeigepflichten unter Umständen zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers auch für bereits eingetretene Versicherungsfälle führen kann. In der Belehrung auf S. 7 wird unter „1. Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes“ sodann wörtlich ausgeführt, dass „im Fall des Rücktritts (…) kein Versicherungsschutz“ besteht. Unter „3. Vertragsänderung“ wird sodann wörtlich ausgeführt: „Kann der Versicherer nicht vom Vertrag zurücktreten oder kündigen, weil er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Gefahrumstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte, werden die anderen Bedingungen auf Verlangen des Versicherers Vertragsbestandteil. Haben Sie die Anzeigepflicht fahrlässig verletzt, werden die anderen Bedingungen rückwirkend Vertragsbestandteil. Auch insoweit können Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren. Wenn Sie die Anzeigepflicht schuldlos verletzt haben, steht dem Versicherer das Recht zur Vertragsänderung nicht zu.“ Auch die Regelung des § 194 Abs. 1 S. 3 VVG wurde berücksichtigt. Damit ist der Rechtsprechung der Kammer genüge getan.
46B.
47Der mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachte Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der sich aus dem unberechtigten Rücktritt vom 30.8.2013 ergibt, ist ebenfalls unbegründet, da der Rücktritt rechtswirksam erklärt wurde und es folglich an einer Pflichtverletzung gem. § 280 Abs.. 1 BGB fehlt.
48C.
49Aus diesem Grund besteht auch kein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB.
50D.
51Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kostenentscheidung auf § 91 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
Tenor
Es wird festgestellt, dass das Versicherungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten mit der dortigen Versicherungs-Nr. 313/056845861A00016 fortbesteht.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt Feststellung, dass ihr Krankenversicherungsvertrag mit der Beklagten fortbesteht.
- 2
Die Klägerin schloss mit der Beklagten zum 01.01.2009 einen privaten Krankenversicherungsvertrag. Dieser beruht auf einem Antrag der Klägerin vom 15.09.2008. In diesem Antrag wurde die Klägerin unter anderem gefragt, ob in den letzten drei Jahren, und sofern bejaht welche, Beschwerden, Krankheiten, Anomalien und/oder Unfallfolgen vorgelegen hätten. Für den gleichen Zeitraum wurde die Frage gestellt, ob Behandlungen oder Untersuchungen von Ärzten oder Angehörigen anderer Heilberufe vorgenommen wurden. Die Klägerin beantwortete diese Fragen, indem sie eine selbst angefertigte Liste (Anlage K5) und einen Brief der Ärztin Dr. Sxxx einreichte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K5 und K9 Bezug genommen.
- 3
Mit Schreiben vom 27.05.2011 erklärte die Beklagte der Klägerin gegenüber den Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Diese Erklärung stützte die Versicherung darauf, dass die Klägerin folgende Beschwerden und Erkrankungen nicht angegeben habe: „chronische Sinusitis, Nasenseptumdeviation, Allergie, Durchschlafstörungen, Kniebeschwerden/ -erkrankungen, Colon irritable, Cardiainsuffizienz, Schluckstörungen (Dysphagie), periorale Dermatitis, unklare Belastungsdyspnoe, oft belegte Stimme und Fraktur des Handgelenks und Jochbeins“.
- 4
Die vorgebrachten Informationen der Beklagten stammen aus einer Leistungsüberprüfung durch Auskünfte vom vorherigen Versicherer und behandelnden Ärzten im Zeitraum vom 05.05.2011 bis 26.05.2011.
- 5
Im Jahr 2006 wurde die Klägerin nach einem Verdrehtrauma am Knie behandelt. Dauerhafte Beeinträchtigungen bestanden danach nicht. Betreffend die Diagnose einer Allergie legte die Beklagte eine Rechnung vor, auf der diese Diagnose vermerkt ist, weitere Diagnosen aber geschwärzt sind.
- 6
Mit Schriftsatz vom 3.8.2012 behauptete die Beklagte erstmals, bei der Klägerin seien ein Müdigkeitssyndrom, unklare Bauchschmerzen und ein unklarer Abdomen diagnostiziert worden. Kenntnis erlangte die Beklagte von diesen Diagnosen am 23. und 26.05.2011.
- 7
Die Klägerin behauptet, die angeführten Beschwerden seien ihr nicht bekannt gewesen. Sie habe den Fragebogen nach bestem Gewissen ausgefüllt.
- 8
Die von der Beklagten angeführte Cardiainsuffizienz sei angegeben worden. Es handele sich um die Refluxerkrankung mit Ösophagitis, welche die Klägerin auf der Anlage K5 angeführt habe. Wegen dieser Erkrankung habe es keine weiteren Behandlungen gegeben. Die angeführte Dysphagie gehe ebenfalls auf die angegebene Refluxerkrankung aus dem Jahr 2004 zurück. Eine chronische Sinusitis sei bei der Klägerin nicht diagnostiziert worden; sie leide nicht an dieser Erkrankung. Es habe lediglich eine einfache Erkältung vorgelegen, zu der Nasentropfen verschrieben worden seien. Hinsichtlich der Nasenseptumdeviation behauptet die Klägerin, diese sei auf ihren Fahrradunfall aus dem Jahr 2005 zurückzuführen, in dem die Nase gerichtet worden sei. Eine periorale Dermatitis sei flüchtig, ungefährlich und nicht pathologisch. Zudem meint die Klägerin, die Diagnose unklarer Belastungsdyspnoe sei eine unwichtige Diagnose. Gleiches gelte hinsichtlich der Colon irritabile. Zudem habe es sich nur um eine vorübergehende Verdauungsstörung gehandelt.
- 9
Die weiter als Rücktrittsgrund angegebenen Kniebeschwerden der Klägerin gingen zum Teil auf den in Anlage K5 angegebenen Fahrradunfall zurück. Die Kniebeschwerden vom Tanzen habe sie vergessen, weil sie beschwerdefrei und zudem nicht krankgeschrieben gewesen sei. Zudem meint die Klägerin, die Untersuchung im Sommer 2006 liege außerhalb des Dreijahreszeitraums. Weiter sei der Klägerin eine Allergie nicht bekannt. Sie sei nie wegen Allergie behandelt worden, sondern lediglich ohne Befund untersucht worden. Die im Rücktrittsschreiben angegebene Jochbeinfraktur sei im Antrag an die Versicherung angegeben worden. Die Klägerin behauptet, es habe keine Handgelenksfraktur gegeben. Zudem meint sie, diese habe mehr als drei Jahre vor Vertragsschluss gelegen.
- 10
Hinsichtlich des Müdigkeitssyndroms und der unklaren Bauchschmerzen meint die Klägerin, diese dürften keine Berücksichtigung finden, weil sie mehr als drei Jahr vor Vertragsschluss diagnostiziert worden seien.
- 11
Die Klägerin beantragt,
- 12
festzustellen, dass das Versicherungsverhältnis vom 01.01.2009 zur Versicherungs-Nr. 313/056845861A00016 Zug um Zug gegen Entrichtung der Beiträge seit Juni 2011 unverändert fortbesteht,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Krankenversicherungsvertrag mit der Klägerin auf der Grundlage des Basistarifs seit Mai 2011 fortzuführen.
- 13
Die Beklagte beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Die Beklagte meint, die Angabe der Refluxerkrankung reiche im Hinblick auf die Cardiainsuffizienz nicht aus. Die Klägerin habe im Fragebogen angegeben, es bestünde kein weiterer Behandlungsbedarf. Allerdings habe eine weitere Behandlung im Jahr 2010 stattgefunden. Bei der Klägerin sei unklare Belastungsdyspnoe diagnostiziert worden. Weiter seien Colon irritabile zwei Mal diagnostiziert worden. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B12 Bezug genommen.
- 16
Hinsichtlich der Kniebeschwerden behauptet die Beklagte, es hätten am linken Knie persistierende mediale Schmerzen bestanden. Zudem behauptet die Beklagte, die Klägerin habe diverse Allergiebehandlungen seit August 2006 gehabt. Diese seien von Frau Dr. Sxxx diagnostiziert worden. Weiter sei die Klägerin am 14.09.2005 aufgrund einer Handgelenksfraktur behandelt worden.
- 17
Diese Diagnosen habe die Klägerin der Beklagten aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht mitgeteilt.
- 18
Bei Kenntnis dieser Umstände hätte die Beklagte den Versicherungsvertrag mit der Klägerin im Ergebnis nicht abgeschlossen. Zunächst hätte sie für den stationären Tarif Leistungsausschlüsse und im ambulanten Bereich sechs Zuschläge erhoben. Im Gesamtbild hätte ein Vertragsschluss dann keinen Sinn mehr gemacht, sodass der Antrag der Klägerin abgelehnt worden wäre. Das gelte umso mehr angesichts der Vielzahl vorhandener Diagnosen. Das Gesamtrisiko wäre zu groß gewesen, sodass eine Versicherung der Beklagten nicht mehr zuzumuten gewesen wäre.
- 19
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
- 20
Die Klage ist zulässig und begründet.
- 21
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat insbesondere ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Ein Feststellungsinteresse besteht insbesondere, wenn eine Partei Rechte ernsthaft bestreitet. (BGH NJW 1986, 2507). Die Beklagte hat den Rücktritt erklärt und bestreitet sowohl prozessual wie auch außerprozessual, dass ein Versicherungsvertrag besteht.
- 22
Die Klage ist auch begründet. Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht ein Versicherungsvertrag mit der dortigen Versicherungsnummer 313/056845861A00016. Dieser Vertrag wurde geschlossen, indem die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 15.09.2008 angenommen hat. Er ist nicht durch die Rücktrittserklärung vom 27.05.2011 erloschen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zum Rücktritt berechtigt gewesen ist. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt gemäß § 19 Abs. 2 VVG hat die Beklagte nicht nachgewiesen.
- 23
Gemäß § 19 Abs. 2 VVG kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht verletzt. Diese Anzeigepflicht wird in § 19 Abs. 1 VVG dahingehend konkretisiert, dass der Versicherungsnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände anzuzeigen hat, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Die Beklagte fragte die Klägerin auf dem Antragsformular, ob in den letzten drei Jahren Beschwerden, Krankheiten, Anomalien und/oder Unfallfolgen bestanden hätten. Für diesen Zeitraum wurde auch gefragt, ob Behandlungen oder Untersuchungen von Ärzten oder Angehörigen anderer Heilberufe vorgenommen wurden. Eine Anzeigepflichtverletzung ist danach nicht gegeben.
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Die Beklagte stützt ihre Rücktrittserklärung unter anderem darauf, dass die Klägerin auf eine Fraktur des Jochbeins nicht hingewiesen habe. Mit ihrer Anlage zum Krankenversicherungsantrag vom 15.09.2008 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie im April/Mai 2005 einen Fahrradunfall gehabt habe und unter anderem eine Jochbeinfraktur erlitten habe. Eine Anzeigepflichtverletzung liegt insoweit nicht vor.
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Hinsichtlich des Vorwurfs, die Klägerin habe eine „oft belegte Stimme“ nicht angegeben, fehlt es an jeglichen Darlegungen. Es ist nicht ersichtlich, ob und wenn ja wann dies aufgetreten ist und ob darin ein Krankheitswert zu sehen ist. Aus dem Vortrag lässt sich eine Anzeigepflichtverletzung nicht erkennen.
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Soweit die Beklagte als Rücktrittsgründe anführt, die Klägerin habe in ihrem Antrag nicht angegeben, dass bei ihr ein Müdigkeitssyndrom, unklare Bauchschmerzen und ein unklares Abdomen diagnostiziert worden seien, kann die Beklagte diese Rücktrittsgründe nicht anführen, weil die Frist des § 21 Abs. 1 VVG abgelaufen war. Demnach kann der Versicherer das Rücktrittsrecht nur innerhalb eines Monats, beginnend mit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung, geltend machen. Es handelt es sich um Gründe, die die Beklagte in ihrem Rücktrittsschreiben vom 27.05.2011 nicht angegeben hat. Auch nachgeschobene Rücktrittsgründe unterliegen gemäß § 21 Abs. 1 S. 3 VVG der Monatsfrist des § 21 Abs. 1 VVG (Bruck/Möller-Rolfs VVG, 9. Aufl. 2009, § 21 Rn. 20). Kenntnis erlangte die Beklagte insoweit am 23.05.2011 und am 26.05.2011. Erstmals geltend gemacht hat die Beklagte diese Gründe erst mit Schriftsatz vom 03.08.2012, mithin mehr als ein Jahr nach Ablauf der Frist.
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Soweit die Beklagte ihren Rücktritt darauf stützt, die Klägerin habe eine Cardiainsuffizienz und Schluckbeschwerden nicht angegeben, liegt ebenfalls kein Rücktrittsgrund vor. Die Klägerin genügte insoweit ihrer Aufklärungspflicht. Es handelt sich bei Cardiainsuffizienz um eine Inkompetenz oder Undichtigkeit des Verschließmechanismus am Mageneingang. Die Klägerin wies mit ihrer Selbstauskunft darauf hin, dass sie an der Refluxkrankheit mit Ösophagitis leide. Insofern zeigt sich die Refluxkrankheit, auf die die Klägerin ausdrücklich hingewiesen hat, offensichtlich als das Symptom der Cardiainsuffizienz. Darauf hat das Gericht bereits im Termin vom 13.07.2012 hingewiesen. Die Klägerin hat mit der Angabe der Refluxerkrankung das Krankheitsbild ausreichend wiedergegeben. Die möglicherweise exaktere medizinische Bezeichnung muss der Klägerin gar nicht bekannt gewesen sein. Jedenfalls aber waren der Beklagten die grundsätzlich damit zusammenhängenden Beschwerden bekannt und eine entsprechende Risikoeinschätzung möglich. Die Klägerin wies die Beklagte auch erläuternd ausdrücklich darauf hin, dass das Ventil am Mageneingang minimal undicht sei. Die weitere Behandlung im Jahr 2010 ist nicht aufklärungsrelevant, weil der Versicherungsvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits bestand. Darauf beruhen auch die Schluckbeschwerden der Klägerin.
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Auch die Nichtangabe einer Nasenseptumdeviation stellt keine Anzeigenpflichtverletzung dar. Eine Nasenscheidewandverkrümmung ist entweder angeboren oder durch eine Verletzung bedingt. Die Klägerin hat in ihrem Antrag einen Fahrradunfall aus dem Jahr 2005 angegeben, aufgrund dessen die Nase gebrochen war und ambulant gerichtet worden ist. Insofern liegt es nahe, dass diese Diagnose aus dem Jahr 2006 auf dem angegebenen Nasenbruch beruht. Einer besonderen Mitteilung der Nasenscheidewandverkrümmung neben dem Bruch war nicht erforderlich.
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Soweit die Beklagte ihren Rücktritt auf eine nicht angegebene Handgelenksfraktur stützt, führt sie dazu aus, diese sei am 14.09.2005 in der Kartei einer behandelnden Ärztin erkennbar. Darauf kann die Beklagte keinen Rücktrittsgrund stützen. Die Beklagte fragte sowohl hinsichtlich der Krankheiten und Beschwerden, wie auch hinsichtlich Behandlungen und Untersuchungen einen Zeitraum von drei Jahren ab. Die Klägerin gab ihre Erklärungen am 15.09.2008 ab, sodass der erfragte Dreijahreszeitraum bis zum 16.09.2005, höchstens bis zum 15.09.2005 zurückreicht, jedenfalls aber nicht bis zum 14.09.2005. Dass diesbezüglich weitere Behandlungen stattfanden oder weitere Beschwerden vorlagen, ist nicht vorgetragen worden.
- 30
Bei der behaupteten chronischen Sinusitis ergibt sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Antwortbogen des behandelnden Arztes, dass laut Angaben der Klägerin gegenüber dem Arzt die Krankheitsmerkmale „Nasenkribbeln und Niesreiz“ waren. Derartige Bagatellbeschwerden müssen nicht angegeben werden. In dem Antragsformular heißt es ausdrücklich, dass kurzfristige Erkrankungen wie Husten und Schnupfen nicht anzeigepflichtig sind. Es ist nicht dargetan, dass hier eine häufigere Behandlung notwendig war, sie ergibt sich auch nicht aus den Behandlungsunterlagen. Vielmehr ist dort nur ein Behandlungstermin verzeichnet.
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Auch die von der Beklagten genannten Durchschlafstörungen brauchten von der Klägerin nicht besonders angegeben zu werden. Sie sind Teil der Beschwerden, die zu dem Krankheitsbild, wie im Arztbrief von Frau Dr. Sxxx beschrieben, gehören. Dieser Arztbrief lag der Beklagten bei Antragstellung vor.
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Die Beklagte kann vom Vertrag nicht zurücktreten, weil die Klägerin die Beklagte nicht über Colon irritabile (unklare Bauchbeschwerden), periorale Dermatitis (Bläschenausschlag um den Mund) und unklare Belastungsdyspnoe (Atembeschwerden) aufgeklärt habe. Hier fehlt es an der Gefahrerheblichkeit dieser Umstände. Es handelt sich jeweils um vergleichsweise unbedeutende Diagnosen, die im Regelfall mit nur vorübergehender Beeinträchtigung einhergehen und dann schnell in Vergessenheit geraten. Dass mit diesen Diagnosen dauerhafte Beeinträchtigungen einhergingen, ist nicht dargelegt.
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Gefahrerheblich sind solche Umstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Der Versicherungsnehmer genügt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er pauschal behauptet, der betreffende Umstand sei nicht gefahrerheblich. Liegt die Gefahrerheblichkeit nicht auf der Hand, ist es Sache der Versicherers, substantiiert seine Risikoprüfungsgrundsätze vorzutragen (BGH, VersR 2000, 1486). Bei den insoweit herangezogenen Diagnosen ist eine solche offensichtliche Gefahrerheblichkeit nicht erkennbar. Weder waren bei den hier vorliegenden Beschwerden häufigere Behandlungen notwendig, noch ist aus den Unterlagen überhaupt eine Therapie zu entnehmen. Auch die Zusammenschau der einzelnen Beschwerden vermag nicht das Gesamtbild einer offenkundig gefahrerheblichen Gesundheitsstörung zu vermitteln.
- 34
Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, dass sie den Vertrag nicht, auch nicht zu einer höheren Prämie oder mit einem teilweisen Leistungsausschluss geschlossen hätte, wenn ihr diese Umstände bekannt gewesen wären. Dabei genügt nicht das pauschale Vorbringen, der Versicherer lehne grundsätzlich alle Risikoerhöhungen ab, noch reicht die Ausführung, der Vertrag wäre allenfalls zu anderen Bedingungen zustande gekommen (MüKo-Langheid VVG, 2009, § 19 Rn. 185 m.w.N.).
- 35
Die Beklagte hat ausgeführt, sie hätte im stationären Tarif Leistungsausschlüsse vereinbart und im ambulanten Bereich insgesamt sechs Zuschläge erhoben. Ein Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Die Beklagte muss zwischen Erheblichem und Unerheblichem unterscheiden und erläutern, nach welchen Kriterien sie die Grenzziehung vornimmt (vgl. OLG Düsseldorf, r+s 1994,81). Das ist nicht geschehen. Sie hat nicht ausgeführt, welche Diagnose zu Beitragsanpassung oder zu Leistungsausschlüssen geführt hätte. Zudem fehlen Ausführungen dazu, in welchem Umfang Beitragsanpassungen vorgenommen wären und welche Leistungen im Nachgang zu einer Diagnose ausgeschlossen worden wären. Warum bei mehreren Modifikationen, die ein untragbares Risiko mildern oder gar ausschließen sollen, ein Vertragsschluss gänzlich unterblieben wäre, ist aus dem Vortrag der Beklagten ebenfalls nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht von selbst.
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Entsprechender substantiierter Vortrag der Beklagten zur Gefahrerheblichkeit der vorgebrachten Rücktrittsgründe erfolgte auch nach richterlichem Hinweis nicht. Da keine offensichtliche Gefahrerheblichkeit gegeben ist, ist die Beklagte nicht von ihrer sekundären Darlegungslast befreit. Genügt die auf sekundärer Ebene darlegungspflichtige Partei, wie hier die Beklagte, diesen Anforderungen nicht, ist der gegnerische Vortrag nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen (Zöller-Greger ZPO, 28. Aufl. 2010, § 138 Rn. 8b). Ein weiterer richterlicher Hinweis (vgl. Zöller-Greger ZPO, § 139 Rn. 14a) war nicht angezeigt.
- 37
Auch die diagnostizierten Kniebeschwerden rechtfertigen nicht den Rücktritt. Soweit die Klägerin Kniebeschwerden im Frühjahr 2005 hatte, liegen diese Beschwerden nicht im anzeigepflichtigen Zeitraum. Die Klägerin gab ihre Erklärungen zum Gesundheitszustand am 15.09.2008 ab. Sie war damit nicht verpflichtet, über den Herbst 2005 hinausgehend Auskünfte zu erteilen. Wenn die Klägerin darüber hinaus überobligatorische Auskünfte erteilt, dürfen ihr eventuelle Unrichtigkeiten an dieser Stelle nicht zum Nachteil gereichen. Weitere Kniebeschwerden hatte die Klägerin im Jahr 2006. Soweit die Klägerin meint, diese Diagnose liege außerhalb der relevanten Dreijahresfrist, ist ihr darin nicht zu folgen. Wie bereits ausgeführt, war die Klägerin bis in das Jahr 2005 hinein auskunftspflichtig. Es handelte sich um ein Verdrehtrauma, das die Klägerin beim Tanzen erlitt. Es muss also der Umstand berücksichtigt werden, dass es sich um eine anlassbezogene Verletzung handelte, die auf stärkere Beanspruchung zurückgehen kann. Unstreitig war diese zu der Zeit für die Klägerin schmerzhaft. Sie leidet aber zum jetzigen Zeitpunkt unter keinen weiteren Beeinträchtigungen. Für diese Fälle berücksichtigt die Rechtsprechung besonders den Anlass der Diagnose, sodass es zu Erleichterungen für den Versicherungsnehmer kommt (BGH VersR 1991, 578; OLG Hamburg VersR 1990, 610; vgl. auch BGH VersR 2000, 1486). Denn bei gewöhnlichen Sportverletzungen, auch wenn sie behandelt worden sind, gilt nicht zwingend, dass diese den Versicherer veranlasst hätten, den Vertrag gar nicht oder zu anderen Bedingungen abzuschließen (BGH VersR 1991, 578). Auch insoweit gilt daher, dass die Beklagte, nachdem die Klägerin dies entsprechendes behauptet hat, substantiiert ihre Risikoprüfungsgrundsätze hätte darlegen müssen und insbesondere ausführen müssen, wann sie Zuschläge oder Leistungsausschlüsse vereinbart. Dies ist hier nicht geschehen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte durch Übersendung des Arztberichtes aus der radiologischen Gemeinschaftspraxis bereits mit Antragstellung informiert war.
- 38
Hinsichtlich der behaupteten Allergie der Klägerin fehlt es ebenfalls an substantiierten Darlegungen der Beklagten. Sie behauptet bloß unter Vorlage einer Arztrechnung, dass diverse Allergiebehandlungen stattgefunden hätten, wobei jedoch weitere Teile der Rechnung, insbesondere der Diagnosen geschwärzt sind. Zweifelhaft ist insoweit bereits die objektive Pflichtverletzung, da mit Anlage K8 ein Brief eben jener behandelnden Ärztin an die Klägerin bei der Beklagten mit dem Antrag vorgelegt wurde, in der eine Akupunkturbehandlung nachgewiesen ist, jedoch keine Allergie. Fraglos kann eine vorhandene Allergie einen gefahrerheblichen Umstand darstellen, der jedoch näherer Darlegung bedürfte. Allergien sind weit verbreitet und verschiedenster Natur. Inwieweit diese gefahrerheblich in einem Umfang sein soll, dass die Versicherung den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, auch im Zusammenwirken mit weiteren Diagnosen, ist nicht dargelegt. Eine Überprüfung, ob die vorhandene Allergie offensichtlich gefahrerheblich war, ist in Anbetracht der insoweit unsubstantiiert vorgetragenen Diagnose nicht möglich. Seitens der Beklagten wird lediglich unter Vorlage einer Arztrechnung behauptet, die Klägerin leide unter einer Allergie. Wogegen die Klägerin allergisch reagiere und in welchem Ausmaß, hat die Beklagte nicht dargelegt. Das ergibt sich auch nicht aus den vorgenommenen Behandlungen, weil dort im Wesentlichen Akupunkturbehandlungen aufgeführt sind, die die Klägerin zudem in ihrem Antrag grundsätzlich angegeben hat. Auch insoweit, unterstellte man zugunsten der Beklagten ein Allergieleiden der Klägerin, ist dieses aufgrund der Darstellungen nicht offensichtlich gefahrerheblich, sodass die Beklagte auch insoweit ausführlich hätte darlegen müssen, aufgrund welchen Risikoprüfungsgrundsatzes sie welche vertraglichen Modifikationen verlangt hätte.
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Selbst wenn man von einer objektiven Verletzung der Anzeigenobliegenheit ausginge, wäre ein Rücktritt gemäß § 19 Abs.3 VVG ausgeschlossen. Hat der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt, ist das Rücktrittsrecht des Versicherers ausgeschlossen. Vorsätzliches Verhalten der Klägerin ist auszuschließen. Grobe Fahrlässigkeit fällt demjenigen zur Last, der die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich grobem Maß verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Das Fehlen grober Fahrlässigkeit muss der Versicherungsnehmer beweisen (Bruck/Möller/Rolfs VVG § 19 Rn.100, 107). Von grober Fahrlässigkeit ist hier nicht auszugehen. Die Klägerin durfte die nicht aufgeführten Beschwerden als Bagatellen einordnen. Wie bereits oben ausgeführt, hatten die von der Beklagten genannten Diagnosen nur einmalige Arztbesuche und keine erkennbaren Therapien zur Folge. Die Beschwerden lagen bei Antragstellung zudem meist schon zwei Jahre zurück. Lediglich wegen unklarer Bauchschmerzen hat die Klägerin im Jahr 2008 erneut einen Arzt aufgesucht. Da sich keine Behandlung anschloss, durfte die Klägerin von harmlosen Störungen ausgehen.
- 40
Auch bei grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht ist das Rücktrittsrecht ausgeschlossen, wenn die Beklagte zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte (§ 19 Abs.4 VVG). Seit Einführung der Verpflichtung des Versicherers, Versicherung zum Basistarif gemäß § 193 Abs.5 VVG zu gewähren, wird diese Voraussetzung zu bejahen sein, denn der Versicherer wird nicht damit gehört werden können, dass er nicht abgeschlossen hätte, wenn er dazu verpflichtet war (OLG Frankfurt Urteil vom 19.1.2011, 7U 77/10). Der Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits bei dem Versicherer versichert war und der Versicherer den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder vom Vertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
- 41
Der Klage war ohne den einschränkenden Zug um Zug Ausspruch stattzugeben. Das Bestehen des Krankenversicherungsvertrages ist nicht von der Beitragszahlung abhängig. Das Vorbringen der Klägerin ist so zu verstehen, dass sie davon ausgeht, dass bei Feststellung des Fortbestehens der Versicherung auch die dann rückständigen Beiträge zu zahlen sind. Dies ist aber nicht im Tenor auszusprechen.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
(1) Die Krankenversicherung kann auf die Person des Versicherungsnehmers oder eines anderen genommen werden. Versicherte Person ist die Person, auf welche die Versicherung genommen wird.
(2) Soweit nach diesem Gesetz die Kenntnis und das Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, ist bei der Versicherung auf die Person eines anderen auch deren Kenntnis und Verhalten zu berücksichtigen.
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten; für Beihilfeberechtigte ergeben sich die möglichen Selbstbehalte durch eine sinngemäße Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils auf den Höchstbetrag von 5.000 Euro. Die Pflicht nach Satz 1 besteht nicht für Personen, die
- 1.
in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind oder - 2.
Anspruch auf freie Heilfürsorge haben, beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben im Umfang der jeweiligen Berechtigung oder - 3.
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder - 4.
Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und Empfänger von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind für die Dauer dieses Leistungsbezugs und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von weniger als einem Monat, wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat.
(4) Wird der Vertragsabschluss später als einen Monat nach Entstehen der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 beantragt, ist ein Prämienzuschlag zu entrichten. Dieser beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel eines Monatsbeitrags. Kann die Dauer der Nichtversicherung nicht ermittelt werden, ist davon auszugehen, dass der Versicherte mindestens fünf Jahre nicht versichert war. Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlages verlangen, wenn den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist zu verzinsen. Wird der Vertragsabschluss bis zum 31. Dezember 2013 beantragt, ist kein Prämienzuschlag zu entrichten. Dies gilt für bis zum 31. Juli 2013 abgeschlossene Verträge für noch ausstehende Prämienzuschläge nach Satz 1 entsprechend.
(5) Der Versicherer ist verpflichtet,
- 1.
allen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten - a)
innerhalb von sechs Monaten nach Einführung des Basistarifes, - b)
innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der im Fünften Buch Sozialgesetzbuch vorgesehenen Wechselmöglichkeit im Rahmen ihres freiwilligen Versicherungsverhältnisses,
- 2.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt, - 3.
Personen, die beihilfeberechtigt sind oder vergleichbare Ansprüche haben, soweit sie zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 3 Satz 1 ergänzenden Versicherungsschutz benötigen, - 4.
allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,
- 1.
den Versicherungsvertrag wegen Drohung oder arglistiger Täuschung angefochten hat oder - 2.
vom Versicherungsvertrag wegen einer vorsätzlichen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zurückgetreten ist.
(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Der Versicherungsnehmer hat für jeden angefangenen Monat eines Prämienrückstandes an Stelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 Prozent des Prämienrückstandes zu entrichten. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge zwei Monate nach Zugang der Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, mahnt der Versicherer ein zweites Mal und weist auf die Folgen nach Satz 4 hin. Ist der Prämienrückstand einschließlich der Säumniszuschläge einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung höher als der Prämienanteil für einen Monat, ruht der Vertrag ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist oder wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Versicherungsnehmers vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen.
(7) Solange der Vertrag ruht, gilt der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse und Selbstbehalte entfallen während dieser Zeit. Der Versicherer kann verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, solange die Versicherung nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes besteht. Ein Wechsel in den oder aus dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist ausgeschlossen. Ein Versicherungsnehmer, dessen Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gilt als in einer Variante des Notlagentarifs nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes versichert, die Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten vorsieht, abhängig davon, welcher Prozentsatz dem Grad der vereinbarten Erstattung am nächsten ist.
(8) Der Versicherer übersendet dem Versicherungsnehmer in Textform eine Mitteilung über die Fortsetzung des Vertrages im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und über die zu zahlende Prämie. Dabei ist der Versicherungsnehmer in herausgehobener Form auf die Folgen der Anrechnung der Alterungsrückstellung nach § 153 Absatz 2 Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes für die Höhe der künftig zu zahlenden Prämie hinzuweisen. Angaben zur Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken.
(9) Sind alle rückständigen Prämienanteile einschließlich der Säumniszuschläge und der Beitreibungskosten gezahlt, wird der Vertrag ab dem ersten Tag des übernächsten Monats in dem Tarif fortgesetzt, in dem der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Ruhens versichert war. Dabei ist der Versicherungsnehmer so zu stellen, wie er vor der Versicherung im Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes stand, abgesehen von den während der Ruhenszeit verbrauchten Anteilen der Alterungsrückstellung. Während der Ruhenszeit vorgenommene Prämienanpassungen und Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen gelten ab dem Tag der Fortsetzung.
(10) Hat der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung auf die Person eines anderen genommen, gelten die Absätze 6 bis 9 für die versicherte Person entsprechend.
(11) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 152 Absatz 4 des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
(1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzuwenden. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre.
(2) Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenversicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung verlangen kann, wenn der Versicherungsnehmer sie gegenüber dem Versicherer in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann nur der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung verlangen. Einer Vorlage des Versicherungsscheins bedarf es nicht.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.