Landgericht Bonn Beschluss, 22. Feb. 2016 - 4 T 32/16
Gericht
Tenor
Die Entscheidung des Amtsgerichts Königswinter vom 17.12.2015 wird aufgehoben.
Auf die Erinnerungen der Gläubigerin sowie der Beteiligten zu 1 werden die von dem weiter Beteiligten zu 2 festgesetzten Kosten auf 49,55 € reduziert. Dieser Kostenanspruch richtet sich gegen die Gläubigerin, deren weitergehende Erinnerung zurückgewiesen wird.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
Gründe:
2I.
3Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus einem Leistungsbescheid vom 14.10.2013 wegen eines Gesamtbetrages von 29,50 €. Unter dem 05.05.2015 beauftragte sie den Beteiligten zu 2 mit dem Bemerken „Amtshilfe/Vollstreckungsersuchen“ mit der Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen, namentlich einer möglichst gütlichen Erledigung gemäß § 802b ZPO, Pfändungsmaßnahmen sowie einer gegebenenfalls ergänzenden Vermögensauskunft. Die Schuldnerin hatte bereits am 02.06.2014 ein Vermögensverzeichnis errichtet. Die dort angegebene Bankverbindung war jedoch nicht mehr existent, sodass die Gläubigerin insoweit weitere Erkenntnisse erhoffte.
4Der Gerichtsvollzieher unternahm am 19.06. sowie am 06.07.2015 Pfändungsversuche, die jedoch erfolglos blieben. Er traf die Schuldnerin am Wohnort nicht an. Mit Schreiben vom 16.07.2015 lud er sie zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 18.08.2015, wobei die Ladung per Post-Zustellungsurkunde am 18.07.2015 zuging. Zu dem Termin erschien die Schuldnerin nicht.
5Unter dem 24.08.2015 ordnete der Gerichtsvollzieher daraufhin die Eintragung der Schuldnerin in das Schuldnerverzeichnis an. Diese Anordnung wurde ihr am 02.09. 2015 durch die Post zugestellt.
6Mit Schreiben vom 24.08.2015 stellte der Beteiligte zu 2 der Gläubigerin Kosten in einer Gesamthöhe von 56,60 € in Rechnung, wobei die Kammer hinsichtlich der Berechnung auf Bl. # d.A. Bezug nimmt. Hiergegen erinnerte die Gläubigerin unter dem 28.08.2015 mit der Begründung, sie genieße als Anstalt des öffentlichen Rechts Kostenfreiheit.
7Dieser Ansicht trat die Beteiligte zu 1 mit ausführlicher Begründung entgegen (Bl. ## ff. d.A.). Sie legte zudem ihrerseits Erinnerung gegen die Kostenrechnung insoweit ein, als diese auch Kosten für die Zustellung der Eintragungsanordnung nebst Auslagenpauschale enthält.
8Mit der vorliegend angefochtenen Entscheidung vom 17.12.2015 hat das Amtsgericht die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers aufgehoben und die Beschwerde zugelassen (Bl. ## f. d.A.). Es vertritt die Auffassung, die Gläubigerin genieße Kostenfreiheit. Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Bezirksrevisorin, bezüglich dessen Begründung die Kammer auf Bl. ## ff. d.A. Bezug nimmt. Die Gläubigerin hatte insoweit rechtliches Gehör.
9II.
10Die Beschwerde ist gemäß §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 2 S. 2 GKG statthaft und insgesamt zulässig. Sie hat in der Sache auch weitgehend Erfolg.
111. Entgegen der amtsgerichtlichen Entscheidung genießt die Gläubigerin vorliegend keine Kostenfreiheit.
12Nach § 2 Abs. 1 GvKostG sind unter anderem solche öffentlichen Körperschaften oder Anstalten – mit weiteren Einschränkungen – hinsichtlich der Kosten einer Zwangsvollstreckung befreit, die (nicht „soweit sie“) „nach dem Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes für Rechnung des Bundes oder eines Landes“ die Verwaltung ausführen. Diese Voraussetzungen liegen für die Gläubigerin nicht vor. Gemäß § 1 des Gesetzes über die Studentenwerke im Lande Nordrhein-Westfalen (StWG) ist diese mit dem Recht auf Selbstverwaltung ausgestattet. Gemäß § 10 StWG richtet sich ihre Wirtschaftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen, die Landeshaushaltsordnung findet mit Ausnahme der haushaltsrechtlichen Behandlung der Erstattung der Verwaltungskosten aus der Durchführung des BAföG keine Anwendung. Die Gläubigerin übt damit in Bezug auf Leistungen nach dem BAföG zwar eine Auftragsverwaltung aus, ist im Übrigen aber nicht in die haushaltsrechtlichen Organisationsstrukturen des Bundes oder des Landes eingebunden.
13Damit ist den Erfordernissen des § 2 Abs. 1 GvKostG nicht Genüge getan, da diese Ausnahmevorschrift nur solche Körperschaften oder Anstalten erfasst, die in ihrer Gesamtheit nach dem Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes verwaltet werden. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (Bl. ## ff. d.A.) an, da nur diese Interpretation eine einfache und klare Feststellung hinsichtlich der Kostenfreiheit erlaubt.
14Auch nach § 122 Abs. 1 JustG NRW besteht für die Gläubigerin keine Kostenfreiheit, da die Studierendenwerke dort nicht als befreit aufgeführt sind.
152. Allerdings war die Kostenrechnung zu korrigieren. Dabei kann dahinstehen, ob der mit „Amtshilfe/Vollstreckungsersuchen“ überschriebene Auftrag in dieser Form überhaupt statthaft war, was angesichts der rechtlichen Unterschiede zwischen Amtshilfe und Vollstreckung nach den Regeln der ZPO zweifelhaft erscheint. Jedenfalls muss sich die Gläubigerin an ihrem Auftrag festhalten lassen.
16Zu beachten ist indes, dass die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers in Bezug auf die beantragte Vermögensauskunft gemäß § 5a Abs. 1 a.E. VwVG NRW vorliegend auf Maßnahmen im Sinne der §§ 802c – 802l ZPO begrenzt waren. Er war mithin in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt, von Amts wegen die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c ZPO anzuordnen. Die insoweit angesetzten Kosten können mithin insgesamt keine Berücksichtigung finden, und zwar ungeachtet des ansonsten zu berücksichtigen Umstandes, dass es sich ohnehin um ein amtswegiges Verfahren handelt.
17Beanspruchen kann der Beteiligte zu 2 mithin an Gebühren 3,00 € für die Zustellung der Ladung betreffend die Vermögensauskunft, jeweils 15,00 € für die nichterledigte Pfändung bzw. die nicht erledigte Vermögensauskunft, das im Rahmen der versuchten Pfändungsversuche in Anfall geratene Wegegeld (6,50 €), die Auslagen für eine Zustellung, nämlich diejenige betreffend die Ladung (3,45 €) sowie die Auslagenpauschale, allerdings lediglich bezogen auf die tatsächlich berechtigten Gebühren. Da diese sich auf 33,00 € (3,00 € + 2 x 15,00 €) belaufen, beträgt die Auslagenpauschale 6,60 € nämlich 20 % von 33,00 €. In der Gesamtsumme belaufen sich die Kosten mithin auf 49,55 €.
183. Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand nicht. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 14.01.2011 (25 W 223/10) bereits obergerichtlich geklärt.
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(1) Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein.
(2) Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. Soweit ein Zahlungsplan nach Satz 1 festgesetzt wird, ist die Vollstreckung aufgeschoben. Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.
(3) Der Gerichtsvollzieher unterrichtet den Gläubiger unverzüglich über den gemäß Absatz 2 festgesetzten Zahlungsplan und den Vollstreckungsaufschub. Widerspricht der Gläubiger unverzüglich, so wird der Zahlungsplan mit der Unterrichtung des Schuldners hinfällig; zugleich endet der Vollstreckungsaufschub. Dieselben Wirkungen treten ein, wenn der Schuldner mit einer festgesetzten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Rückstand gerät.
(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
(2) Über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 der Zivilprozessordnung das Vollstreckungsgericht zuständig ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat. Auf die Erinnerung und die Beschwerde ist § 66 Absatz 2 bis 8 des Gerichtskostengesetzes, auf die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Auf die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags oder die Aufrechterhaltung einer Vollstreckungsmaßnahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, und auf die Beschwerde ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden.
(1) Von der Zahlung der Kosten sind befreit der Bund, die Länder und die nach dem Haushaltsplan des Bundes oder eines Landes für Rechnung des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Körperschaften oder Anstalten, bei einer Zwangsvollstreckung nach § 885 der Zivilprozessordnung wegen der Auslagen jedoch nur, soweit diese einen Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen. Bei der Vollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.
(2) Bei der Durchführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind die Träger der Sozialhilfe, bei der Durchführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch die nach diesem Buch zuständigen Träger der Leistungen, bei der Durchführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und bei der Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben nach dem Bundesversorgungsgesetz die Träger der Kriegsopferfürsorge von den Gebühren befreit. Sonstige Vorschriften, die eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, gelten für Gerichtsvollzieherkosten nur insoweit, als sie ausdrücklich auch diese Kosten umfassen.
(3) Landesrechtliche Vorschriften, die in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Gerichtsvollzieherkosten gewähren, bleiben unberührt.
(4) Die Befreiung von der Zahlung der Kosten oder der Gebühren steht der Entnahme der Kosten aus dem Erlös (§ 15) nicht entgegen.
(1) Der zuständige Gerichtsvollzieher ordnet von Amts wegen die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an, wenn
- 1.
der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist; - 2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde, oder - 3.
der Schuldner dem Gerichtsvollzieher nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft oder Bekanntgabe der Zuleitung nach § 802d Abs. 1 Satz 2 die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde. Dies gilt nicht, solange ein Zahlungsplan nach § 802b festgesetzt und nicht hinfällig ist.
(2) Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Der Gerichtsvollzieher stellt sie dem Schuldner von Amts wegen zu, soweit sie ihm nicht mündlich bekannt gegeben und in das Protokoll aufgenommen wird (§ 763 Absatz 1). Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet abweichend von § 186 Absatz 1 Satz 1 der Gerichtsvollzieher.
(3) Die Eintragungsanordnung hat die in § 882b Abs. 2 und 3 genannten Daten zu enthalten. Sind dem Gerichtsvollzieher die nach § 882b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 im Schuldnerverzeichnis anzugebenden Daten nicht bekannt, holt er Auskünfte bei den in § 755 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen ein, um die erforderlichen Daten zu beschaffen. Hat der Gerichtsvollzieher Anhaltspunkte dafür, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetragen oder ein bedingter Sperrvermerk gemäß § 52 des Bundesmeldegesetzes eingerichtet wurde, hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner auf die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 882f Absatz 2 hinzuweisen.