Landgericht Bielefeld Urteil, 15. Apr. 2014 - 4 O 76/14
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Antragstellerin gibt unter anderem eine broschierte Gesetzessammlung als Taschenbuchausgabe zum Sozialrecht mit einer speziellen Zusammenstellung der für Krankenversicherungen wesentlichen Sozialgesetze heraus. Die Sozialrechtsbroschüren werden in Großmengen an gesetzliche Krankenversicherungen verkauft, wobei neben der finalen Inhaltszusammenstellung auch die Einbände entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Kunden – insbesondere bezüglich des abgedruckten Kundenlogos – angepasst werden. Ein Nutzungsrecht hinsichtlich dieser Broschüren wurde der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt eingeräumt.
3Die Antragsgegnerin ist sowohl als Verlag als auch als Agentur, insbesondere in den Bereichen Kranken- und Sozialversicherung und Gesundheitswesen, tätig. Sie vertreibt ein Werk mit dem Titel „Sozialversicherung 2014 Gesamtausgabe“. Die Vorbereitungen zur Erstellung eines solchen Werkes begannen im Juli 2013 mit dem Ziel, zum 01.01.2015 eine solche Broschüre herausgeben zu können. Da sich jedoch ein schnelleres Vorgehen abzeichnete, gelang es der Antragsgegnerin, bereits zum 01.01.2014 das Werk herauszugeben.
4Der Erwerb der Gesetzessammlungen zum Sozialrecht wird von größeren Krankenversicherungen aufgrund des Vergaberechts in der Regel ausgeschrieben. Am 09.12.2013 wurde die Antragstellerin von der Knappschaft-D., die bisher Kunde der Antragstellerin war, darüber informiert, dass sie den Zuschlag im Rahmen der Ausschreibung des Erwerbs von Sozialrechtsbroschüren erstmals nicht an die Antragstellerin, sondern an die Antragsgegnerin vergeben hat.
5Sowohl das Werk der Antragstellerin als auch das Werk der Antragsgegnerin sind unter Berücksichtigung der Ausschreibung der Knappschaft-D., einen der größten Einzelabnehmer sozialversicherungsrechtlicher Gesetzessammlungen, erstellt worden. Die Knappschaft-D. schreibt seit Jahren die Aufträge mit nahezu identischen Vorgaben aus. Unter anderem wurde vorgegeben, dass Historienanmerkungen – Änderungen, Streichungen und Ergänzungen – nicht in einer Fußnote, sondern direkt an der geänderten Textposition zu erfolgen haben. Gleiches gilt – neben anderem – für die Vorgabe des Broschürenformats, die Formatierung etwa von Überschriften und die Auswahl der Rechtsnormen sowie die Vorgabe der Berechnung von Jahreswerten und Größen. Ferner heißt es in der Ausschreibung:
6„Vorhandensein von Fußnoten:
7 Querverweise auf andere Vorschriften
8 „in der Fassung vom…“
9 „geändert durch…“
10 „angefügt durch…“
11 „in Kraft ab…“.
12Bei all diesen Vorgaben handelte es sich um sogenannte „Musskriterien“. Die Nichteinhaltung der Kriterien hätte – laut den Ausschreibungsunterlagen – zum Ausschluss des Angebots geführt. Im Übrigen wird auf die Ausschreibungsunterlagen der Knappschaft-D. in Anlage AG3 zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14.04.2014 Bezug genommen.
13Die Erstellung und insbesondere die kontinuierliche Pflege und Aktualisierung der Gesetzessammlung der Antragstellerin stellen einen erheblichen redaktionellen Aufwand dar, da der Gesetzgeber typischerweise nicht das Gesetz in der nunmehr aktuellen Fassung insgesamt neu, sondern lediglich die jeweiligen Änderungen veröffentlicht. Jede Gesetzesänderung aus dem Bundesgesetzblatt muss daher in die bislang aktuelle Fassung manuell übertragen und eingepflegt werden. In den Gesetzessammlungen wird jede Vorschrift, welche sich zu irgendeinem Zeitpunkt einmal geändert hat, mit einer Änderungshistorie versehen, wobei unter den einzelnen Absätzen der jeweiligen Paragraphen vermerkt wird, wann diese Absätze durch welche Gesetzesänderung abgeändert wurden. Neben dieser Änderungshistorie haben sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin hinsichtlich des vom Gesetzgeber veröffentlichten Gesetzeswortlauts insbesondere folgende redaktionelle Änderungen vorgenommen: Zum einen wurden die in den Vorschriften genannten Bundesministerien durch die offiziellen Abkürzungen des Bundes abgekürzt, etwa das Bundesministerium für Arbeit mit „BMAS“, das Bundesministerium für Gesundheit mit „BMG“ und das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit „BMELV“. Des Weiteren wurden bei den Datumsangaben die Monate nicht ausgeschrieben und es wurden nach den Punkten Leerzeichen eingefügt (etwa 1. 7. 2009 anstelle von 1. Juli 2009). Zahlen ab der Zahl Zwei wurden immer als Ziffer geschrieben (zum Beispiel „nach 2 Jahren“ anstelle von „nach zwei Jahren“), was auch für Zahlen innerhalb von Wörtern gilt (beispielsweise „2-malig“ anstelle von „zweimalig“). Ferner wurden im Gesetzestext erwähnte Gesetze sowie vom Gesetzgeber ausgeschriebene Prozentangaben abgekürzt (beispielsweise wurde aus „70 vom Hundert“ die Angabe „70 v. H.“). Darüber hinaus wurden in Fußnoten bestimmte berechnete Werte – etwa der aktuelle Rentenwert oder der Ausgleichsbedarf – angegeben und Historienanmerkungen wurden jeweils über den betroffenen Absatz geschrieben, wenn sich mehr als ein Absatz geändert hat beziehungsweise mehr als ein Absatz eingefügt wurde. Außerdem wurden nicht immer alle Paragraphen eines Gesetzes abgedruckt. Diese redaktionellen Änderungen wurden ebenfalls in der Broschüre der Antragsgegnerin verwendet.
14Des Weiteren wurden einzelne Paragraphen, welche über keine amtliche Überschrift verfügten, mit Titeln in eckigen Klammern versehen. Zum Beispiel hat das Inhaltsverzeichnis des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Gesetzessammlung der Antragstellerin folgendes Erscheinungsbild:
15 16Das Inhaltsverzeichnis in der Gesetzessammlung der Antragsgegnerin hat dagegen folgendes Erscheinungsbild:
17 18Als Beispiel für eine ähnliche Übernahme einer Änderungsanmerkung soll § 6 Abs. 2 KHEntG dienen. Diese Norm hat im Werk der Antragstellerin folgendes Erscheinungsbild:
19 20Im Werk der Antragsgegnerin ist § 6 Abs. 2 KHEntG folgendermaßen abgedruckt:
21 22Im Übrigen wird auf die Antragsschrift vom 28.03.2014, insbesondere auf Blatt 59 ff. der Akten, Bezug genommen.
23Das Werk der Antragsgegnerin weist aber zusätzlich Inhalte auf, die im Werk der Antragstellerin nicht enthalten sind: Das Werk der Antragsgegnerin enthält zum einen sämtliche Änderungshinweise ab Einführung einer Vorschrift. Dies gilt beispielsweise für Absatz 1a des § 35 SGB V: Das Werk der Antragstellerin, in welchem der Hinweis darauf fehlt, durch welches Gesetz Absatz 1a überhaupt eingefügt wurde, hat folgende Gestaltung:
24 25Im Werk der Antragsgegnerin finden sich hingegen sämtliche Änderungshinweise:
26 27Ferner wurden in dem Werk der Antragsgegnerin sämtliche Änderungsmitteilungen – auch im Falle kleinerer Änderungen, etwa der Einfügung von Absätzen oder Nummerierungen oder Zeichenänderungen – vollständig aufgenommen. Das betrifft beispielsweise eine Änderungsanweisung durch Gesetz vom 12.06.2007 (BGBl. I S. 1034):
28 29Obgleich durch dieses Gesetz auch die Nummer 19 der geänderten Norm tangiert ist, in welcher – lediglich – der Schlusspunkt durch ein Komma ersetzt wird, wird die entsprechende Änderung im Werk der Antragstellerin nicht wiedergegeben:
30 31In dem Werk der Antragsgegnerin ist die Änderung jedoch vollständig verzeichnet:
32 33Die Abkürzung „G“ in den Änderungshinweisen der Antragstellerin wird zur Bezeichnung des Singulars wie auch des Plurals von „Gesetz“ verwendet. So heißt es in dem auf Seite 15 der Antragsschrift abgedruckten Textteil des Werkes der Antragstellerin, auf den im Übrigen Bezug genommen wird:
34„Geändert durch G [= Gesetze] vom 20. 7. 1998 (BGBl I S. 1046) und 30. 6. 1989 (BGBl I S. 1294)“.
35Im Werk der Antragsgegnerin heißt es demgegenüber:
36„Absatz 2 geändert durch G [= Gesetz] vom 20. 7. 1998 (BGBl. I S. 1046) und G [= Gesetz] vom 30. 6. 1989 (BGBl. I S. 1294)“.
37Soweit ganze Paragraphen oder Absätze in Folge eines Änderungsgesetzes weggefallen sind, hat die Antragsgegnerin in ihrem Werk deutlich gemacht, durch welches Gesetz die entsprechenden Normenbestandteile aufgehoben wurden, während in dem Werk der Antragstellerin lediglich auf den Wegfall der Normen, nicht jedoch auf die zugrunde liegenden Änderungsgesetze hingewiesen wird.
38Darüber hinaus wurden teilweise Fehler bei der Einarbeitung von Änderungsgesetzen in dem Werk der Antragstellerin von der Antragsgegnerin nicht übernommen. Im Werk der Antragstellerin wurde beispielsweise eine Änderung gemäß Artikel 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 in Bezug auf § 145 SGB V wie folgt umgesetzt:
39 40Hierbei wurde der zweite Satz zu Absatz 2 Ziffer 2 fälschlicherweise als eigenständiger Absatz formatiert. Im Werk der Antragsgegnerin ist die Formatierung hingegen korrekt:
41 42Des Weiteren wird der entsprechende Änderungshinweis im Werk der Antragsgegnerin nicht nur an der jeweiligen Stelle angebracht, sondern es wird darüber hinaus präzise beschrieben, welcher Teil der Textposition geändert wurde. Beispielsweise heißt es in dem Änderungshinweis der Antragstellerin zu § 48 Abs. 2 SGB I nur:
43„Geändert durch G vom…“.
44In dem Werk der Antragsgegnerin ist jedoch niedergelegt:
45„Absatz 2 geändert durch G vom…“.
46Die Änderungshinweise der Antragsgegnerin unterliegen außerdem teilweise einer grundsätzlich anderen Logik: In deren Werk werden nämlich zunächst abschließend alle Einfügungen benannt und erst dann wird auf Änderungen – auch der eingefügten Sätze – hingewiesen. Dies gilt beispielsweise für § 48 Abs. 1 SGB I: Während in dem Werk der Antragstellerin zunächst darauf hingewiesen wird, dass ein neuer Satz 2 in die Norm eingefügt wurde und der bisherige Satz 2 zu Satz 3 wurde, woraufhin darauf aufmerksam gemacht wird, dass Satz 3 durch ein nachfolgendes Änderungsgesetz geändert wurde, werden im Werk der Antragsgegnerin demgegenüber zunächst alle Einfügungen benannt und erst im Anschluss wird auf Änderungen auch der eingefügten Sätze hingewiesen.
47Das Werk der Antragstellerin hat dementsprechend folgendes Erscheinungsbild:
48 49Im Werk der Antragsgegnerin ist die Vorschrift hingegen folgendermaßen abgedruckt:
50 51Ferner wird der Begriff „Bundesgesetzblatt“ im Werk der Antragsgegnerin mit „BGBl.“, bei der Antragstellerin hingegen mit „BGBl“ – ohne Punkt am Ende – abgekürzt.
52Im Übrigen wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 14.04.2014 Bezug genommen.
53Mit Abmahnung vom 26.03.2014 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf, den Vertrieb der streitgegenständlichen Textausgabe zu unterlassen und gab ihr Gelegenheit, die Angelegenheit außergerichtlich zu erledigen, nachdem die Antragstellerin am 04.03.2014 ein Exemplar des Werkes der Antragsgegnerin erhalten hatte, welches Letztere an die BKK H. (H.) in I. geliefert hatte. Eine Reaktion der Antragsgegnerin erfolgte nicht.
54Die Antragstellerin behauptet, die Antragsgegnerin vertreibe die von ihr – der Antragstellerin – herausgegebene Zusammenstellung von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien zum Sozialrecht ohne ihre Zustimmung als broschiertes Taschenbuch gegenüber Krankenkassen. Das Produkt der Antragsgegnerin leite sich aus dem Datenbestand der Gesamtausgabe der Antragstellerin aus dem Jahre 2012 ab. Es gebe eindeutige Merkmale, die belegten, dass die Antragsgegnerin die Datenbank der Antragstellerin ohne deren Zustimmung nutze. Die Broschüre der Antragsgegnerin stelle daher eine rechtswidrige Kopie der Gesetzessammlung der Antragsstellerin dar. Zur Herstellung der Broschüren werde ein umfassender Datenbestand in einer Datenbank benötigt, auf welche die Antragstellerin bei der finalen Zusammenstellung der jeweiligen Broschüren zurückgegriffen habe. In dieser Datenbank seien weitergehende Informationen enthalten als in dem Werk der Antragstellerin aus dem Jahr 2012. Diese Informationen habe sich die Antragsgegnerin bei der Erstellung ihres Werkes zunutze gemacht. Die Antragsgegnerin verfüge über keine adäquate Redaktion, um ein Produkt mit derartig umfangreichem und aufwändig aufbereitetem Inhalt selbst zu erstellen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Knappschaft-D. – insofern unstreitig – ihre Ausschreibung erst am 14.10.2013 veröffentlicht habe, die Abgabefrist jedoch bereits am 04.12.2013 abgelaufen sei und als Bestandteil der Ausschreibung zwei Musterexemplare unstreitig hätten vorgelegt werden müssen. Es sei nur schwer vorstellbar, dass die Antragsgegnerin ein wettbewerbsfähiges Produkt mit einem solch aufwändig aufbereiteten Inhalt innerhalb so kurzer Zeit in rechtmäßiger Weise habe herstellen können.
55Die Antragstellerin behauptet ferner, der Aufwand für die Erstellung einschließlich der Änderungsdokumentation ihrer Gesetzessammlung belaufe sich auf ungefähr 3.000 Stunden eines juristisch versierten Mitarbeiters. Dies entspreche Investitionskosten in Höhe von etwa 50.000,00 Euro bis 60.000,00 Euro. Für die kontinuierliche Aktualisierung und Anpassung der Inhalte halte die Muttergesellschaft der Antragstellerin – die Wolters Kluwer Deutschland GmbH – eine 43-köpfige Redaktion vor, die unter anderem auch für das Werk der Antragstellerin zuständig sei.
56Die Antragstellerin hat mit am 28.03.2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Die Antragsgegnerin hat eine Schutzschrift vom selben Tag vorgelegt.
57Die Antragstellerin beantragt,
58es der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren –, zu verbieten, die Datenbank Sozialversicherung 2014 Gesamtausgabe, im Einzelnen identifizierbar durch die nachfolgend abgebildete Titelei
59 60sowie durch die dem Antrag beigefügte CD-ROM (Anlage Ast 1) zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten beziehungsweise solche Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen.
61Die Antragsgegnerin beantragt,
62den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der Schutzschrift aufzuerlegen.
63Sie ist zunächst der Auffassung, der Antrag sei zu unbestimmt, da im Antrag die eigene Datenbank der Antragstellerin nicht bezeichnet sei, sondern nur auf die Gesetzessammlung der Antragsgegnerin Bezug genommen werde. Es sei insofern unklar, ob es nur darum gehe, die Vervielfältigung beziehungsweise Verbreitung der Gesetzessammlung „Sozialversicherung 2014 Gesamtausgabe“ zu unterbinden oder auch weitere, darüber hinaus gehende Verletzungshandlungen, etwa die Vervielfältigung beziehungsweise Verbreitung der in Vorbereitung befindlichen Gesetzessammlung „Sozialversicherung 2015 Gesamtausgabe“.
64Ferner behauptet sie, bei derart engen Vorgaben, wie denen der Ausschreibung der Knappschaft-D., bleibe kaum noch Freiraum in der Gestaltung der Broschüren. Zahlreiche Übereinstimmungen seien zwingend vorgegeben, ohne dass dies als Indiz für die Übernahme von Daten beziehungsweise Texten gewertet werden könne. Die Schreibweise des Datumsformats (beispielsweise 1. 7. 2009 anstelle von 1. Juli 2009) sei nicht ungewöhnlich. Ein nahezu identischer Inhalt sei das Schicksal zahlreicher Gesetzessammlungen, weil diese in erster Linie die amtlichen Gesetzestexte wiedergäben. Manche – nichtamtlichen – Überschriften ließen sich zudem praktisch nicht anders formulieren. Es bestünden – umgekehrt – zudem zahlreiche Indizien dafür, dass sie – die Antragsgegnerin – nicht auf Inhalte der Antragstellerin zurückgegriffen habe. Wenn die Antragstellerin die These vertrete, dass sie – die Antragsgegnerin – zur Erstellung des Werkes „Sozialversicherung 2014“ auf ein Werk der Antragstellerin aus dem Jahre 2012 zurückgegriffen habe, gehe die Antragstellerin selbst davon aus, dass die Antragsgegnerin sämtliche Normen aus der Zeit von 2012 bis 2014 selbst bearbeitet haben müsse und dementsprechend auch dazu in der Lage sei. Zudem ergebe sich dies daraus, dass ihr Werk Inhalte aufweise, die im Werk der Antragstellerin gar nicht enthalten seien.
65Darüber hinaus behauptet die Antragsgegnerin, die Aufbereitung durch einen entsprechend geschulten Gesetzesredakteur nehme etwa nur sechs Monate in Anspruch, da sich viele Vorgänge durch technische Mittel automatisieren ließen. Keinesfalls bedürfe es einer 43-köpfigen Gesetzesredaktion. Vielmehr bearbeite die Gesetzesredaktion der Muttergesellschaft der Antragstellerin – wobei bestritten wird, dass es sich dabei um eine 43-köpfige Redaktion handelt – nicht nur die hier streitgegenständlichen circa 30 Vorschriften, sondern etwa 1.500 Vorschriften.
66Im Übrigen ist sie der Ansicht, es fehle am Verfügungsgrund, der Dringlichkeit. Da es um eine Gesetzessammlung mit Rechtsstand vom 01.01.2014 gehe, das Jahr 2014 aber bereits zu einem Viertel verstrichen sei, kaufe kein institutioneller Käufer jetzt noch Gesetzessammlungen diesen Rechtsstands.
67Entscheidungsgründe
68Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da der Antrag zwar zulässig, jedoch unbegründet ist.
69I.
70Es kann zunächst offenbleiben, ob es sich bei dem Werk der Antragstellerin um eine urheberrechtsfähige Datenbank im Sinne von § 87a UrhG handelt – wofür indes Einiges spricht (vgl. LG München I, Urt. v. 08.08.2002, Az. 7 O 205/02 m. w. N.) –, da die Antragstellerin mangels Vorliegens einer Verletzungshandlung jedenfalls keinen Schutz gegenüber der Antragsgegnerin gemäß §§ 97 Abs. 1, 87b Abs. 1 UrhG beanspruchen kann.
711.
72Das Vorliegen einer widerrechtlichen Verletzungshandlung der Antragsgegnerin ist zu verneinen.
732.
74Es sprechen zwar auf den ersten Blick einige Indizien dafür, anzunehmen, es liege eine widerrechtliche Übernahme der Inhalte der Gesetzessammlung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin vor, jedoch überwiegen die Hinweise darauf, dass das Werk der Antragsgegnerin durch diese eigenhändig erstellt worden ist und eine widerrechtliche Kopie gerade nicht vorliegt.
75a)
76Es erscheint zunächst allerdings nicht plausibel, wie es der Antragsgegnerin gelingen konnte, mit der Erstellung des Werkes erst im Juli 2013 zu beginnen, jedoch die Arbeiten bereits nach wenigen Monaten abgeschlossen zu haben, so dass es möglich war, an der Ausschreibung der Knappschaft-D. bereits für das Ausschreibungsjahr 2014 teilnehmen zu können, während die ursprünglichen Planungen dahin gingen, die sozialversicherungsrechtliche Gesetzessammlung erst zum 01.01.2015 herausgeben zu können. Angesichts der Vielzahl der einzuarbeitenden Änderungshinweise, der Kürze der Zeit und der Tatsache, dass die Antragsgegnerin auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht angeben wollte, über wieviele redaktionelle Mitarbeiter sie zur Erstellung des streitgegenständlichen Werkes verfügte und ob es sich dabei nur um interne oder auch um externe Mitarbeiter handelte, sprach dies zunächst dafür, anzunehmen, die Antragsgegnerin müsse sich – zumindest teilweise – bei der Antragstellerin bedient haben.
77b)
78Des Weiteren sprachen hierfür die sowohl durch die Antragstellerin als auch durch die Antragsgegnerin vorgenommenen – identischen – redaktionellen Änderungen bezüglich des vom Gesetzgeber veröffentlichten Gesetzeswortlauts.
79aa)
80Es erscheint zunächst auffällig, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin Zahlen durch Ziffern ersetzt haben, und zwar sogar untypischerweise Zahlen innerhalb von Wörtern; dies gilt insbesondere für die Schreibweise „2-malig“ anstelle von „zweimalig“ – eine Schreibweise, die unüblich erscheint.
81bb)
82Ebenfalls auffällig ist die bei beiden Parteien gleichermaßen vorgenommene Abkürzung der Prozentangaben sowie insbesondere für die identische Schreibweise des Datumsformats, in welchem der durch den Gesetzgeber ausgeschriebene Monat durch Ziffern ersetzt und darüber hinaus durch beide Parteien in gleicher Weise Leerzeichen jeweils nach den Punkten eingefügt worden sind.
833.
84Diese identischen Schreibweisen und Abkürzungen sind zwar auffällig, jedoch keineswegs derart untypisch, dass durch die identische Verwendung derselben durch die Antragsgegnerin davon ausgegangen oder sogar zwingend darauf geschlossen werden kann beziehungsweise muss, dass diese sich bei den Texten der Antragstellerin bedient hat.
85Die auf den ersten Blick für eine widerrechtliche Übernahme sprechenden Gesichtspunkte vermochten die Kammer nämlich nicht davon zu überzeugen, dass eine solche Übernahme tatsächlich vorliegt. Vielmehr gibt es zahlreiche Anhaltspunkte, die gegen eine solche Übernahme sprechen und vielmehr belegen, dass das Werk der Antragsgegnerin durch diese selbstständig erstellt worden ist.
86a)
87Dies ist in erster Linie dadurch begründet, dass zahlreiche der verwendeten Formatierungen, Schreibweisen und Inhalte auf den ausschreibungsbedingten Vorgaben der Knappschaft-D. beruhen.
88aa)
89Dies gilt zuvörderst im Hinblick auf die Auswahl der in den Gesetzessammlungen abgedruckten Rechtsnormen. Die Knappschaft-D. hat in ihren Ausschreibungsunterlagen dezidierte Vorgaben gemacht, welche Rechtsnormen in die Gesetzesbroschüren aufgenommen werden sollen und auf den Abdruck welcher Vorschriften innerhalb dieser Gesetze verzichtet werden sollte. Hier verblieb beiden Parteien keinerlei Ermessensspielraum, vielmehr waren sie daran gebunden.
90bb)
91Des Weiteren hat die Knappschaft-D. explizite Vorgaben hinsichtlich des zu verwendenden Formats, des zu bedruckenden Papiers, der Formatierung der Überschriften und des Wortlauts in Fußnoten gemacht, welche beide Parteien umzusetzen hatten, um an der Ausschreibung teilnehmen zu können.
92cc)
93Überdies war durch die Ausschreibungsunterlagen der Knappschaft vorgegeben, dass in den Gesetzesvorschriften zu berechnende Größen – Jahreswerte und Berechnungsgrößen – anzugeben waren. Die Berechnungswerte, auf die in bestimmten Textstellen Bezug genommen wird, waren explizit zu berechnen und in einer Fußnote zu hinterlegen. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Historienanmerkungen zu geänderten Vorschriften direkt an der geänderten Textposition und nicht etwa in einer Fußnote zu erfolgen hatten und somit für den Benutzer direkt erkennbar sein sollte, an welchen Stellen Änderungen – Änderungen, Streichungen und Ergänzungen – in Kraft getreten sind.
94dd)
95Die Parteien hatten im Rahmen all dieser Vorgaben keinerlei Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung. Bei diesen Vorgaben handelte es sich nämlich um sogenannte „Musskriterien“, die von beiden Parteien zwingend zu erfüllen waren, während die Nichteinhaltung dieser Vorgaben zum Ausschluss von dem Angebot geführt hätte. Um sich eine realistische Chance auf einen Zuschlag zu erhalten, waren die Parteien gezwungen, die Kriterien einzuhalten und von diesen nicht abzuweichen.
96b)
97Des Weiteren führt die Tatsache, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin im Fließtext der Gesetze die erwähnten Bundesministerien mit den identischen Abkürzungen abgekürzt haben, nicht zu der Annahme, dass durch die Antragsgegnerin eine Übernahme der Inhalte der Gesetzessammlung der Antragstellerin erfolgt ist. Bei den verwendeten Abkürzungen – beispielsweise BMAS, BMELV, BMG – handelt es sich nämlich keineswegs um untypische Abkürzungen, sondern vielmehr um allgemein übliche und anerkannte, da die verwendeten Abkürzungen unbestritten den offiziellen Abkürzungen des Bundes entsprechen. Werden Abkürzungen jedoch einem offiziellen Abkürzungsverzeichnis entnommen, so kann aus der Verwendung derselben durch zwei Parteien nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass eine Partei Texte oder Textelemente der anderen übernommen hat. Vielmehr dient eine Verwendung dieser offiziellen Abkürzungen dem Textverständnis und der besseren Lesbarkeit der juristischen Normen.
98c)
99Der Umstand, dass die Antragsgegnerin – teilweise – ähnliche oder gleiche redaktionelle Überschriften im Hinblick auf diejenigen Vorschriften, welche keine amtlichen Titel haben, verwendet hat, spricht ebenfalls nicht für eine Verletzungshandlung.
100aa)
101Zum einen wurden die Titel der Vorschriften durch die Antragsgegnerin weder vollumfänglich noch in einem erheblichen und deshalb auffälligen Umfang von der Antragstellerin übernommen. Dies zeigt sich bereits anhand des von der Antragstellerin selbst angeführten Beispiels des Inhaltsverzeichnisses des Sozialgerichtsgesetzes. Lediglich sieben von sechzehn Titeln sind hier übernommen worden. Dies betrifft § 2 (Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit), § 3 (Besetzung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit), § 4 (Geschäftsstelle), § 11 (Ernennung der Berufsrichter), § 12 (Besetzung der Kammern), § 13 (Berufung der ehrenamtlichen Richter) und § 14 (Vorschlagslisten für ehrenamtliche Richter). Die übrigen Vorschriften haben voneinander abweichende Titel.
102bb)
103Zum anderen verhält es sich bei Überschriften von Normen dergestalt, dass die Überschriften in vielen Fällen durch den Gesetzeswortlaut praktisch vorgegeben sind und aus diesem Grunde nur bestimmte Titel Sinn ergeben. Hier besteht ein nur äußerst geringer bis praktisch nicht vorhandener redaktioneller Freiraum. So lautet etwa § 2 SGG: „Als Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden in den Ländern Sozialgerichte und Landessozialgerichte, im Bund das Bundessozialgericht errichtet“. Der Titel dieser Vorschrift lässt sich vernünftigerweise gar nicht anders fassen als „Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit“.
104d)
105Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Historienanmerkungen eine teilweise andere logische Vorgehensweise gewählt, die von der Praxis der Antragstellerin in auffälligem Maße abweicht. Zwar stellen der Umstand, dass der Buchstabe „G“ bei der Antragstellerin das Wort „Gesetze“ im Plural bezeichnet, während bei der Antragsgegnerin der Singular bezeichnet wird und daher bei mehreren Änderungsgesetzen jeweils neu der Buchstabe „G“ verwendet wird, sowie die Tatsache, dass ein entsprechender Änderungshinweis im Werk der Antragsgegnerin nicht nur an der jeweiligen Stelle angebracht, sondern darüber hinaus präzise beschrieben wird, welcher Teil der Textposition geändert wurde – etwa „Absatz 2 geändert durch G vom…“ anstelle von „Geändert durch G vom…“ – keine durchgreifenden Indizien dafür dar, dass von einer eigenen redaktionellen Leistung der Antragsgegnerin auszugehen ist. Jedoch spricht die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, dass zunächst abschließend alle Einfügungen benannt und erst dann auf Änderungen – auch der eingefügten Sätze – hingewiesen wird, dafür, anzunehmen, dass die Antragsgegnerin erhebliche eigene Aufwendungen in die redaktionelle Erstellung der Änderungsanmerkungen investiert hat und nicht lediglich Anmerkungen der Antragstellerin ohne Weiteres dupliziert hat. Für derartige Umstellungen ist angesichts der Vielzahl der mit Historienanmerkungen versehenen Vorschriften nämlich ein nicht unerheblicher Aufwand erforderlich.
106e)
107Das Werk der Antragsgegnerin enthält überdies sämtliche Änderungshinweise ab Einführung einer Vorschrift. Dies gilt beispielsweise für Absatz 1a des § 35 SGB V, in welchem im Werk der Antragstellerin der Hinweis darauf fehlt, durch welches Gesetz Absatz 1a überhaupt eingefügt wurde, während diese Anmerkung in der antragsgegnerischen Gesetzessammlung vorhanden ist. Solche Änderungen durch die Antragsgegnerin bedürfen indes aufwändiger eigener redaktioneller Arbeiten und Recherchen im Bundesgesetzblatt. Dafür dass in der Datenbank der Antragstellerin mehr Informationen als in dem Werk der Antragstellerin aus dem Jahr 2012 vorhanden sind und die Antragsgegnerin sich diese Informationen bei der Erstellung ihres Werkes zunutze gemacht hat, hat die Antragstellerin keinen Beweis angetreten.
108Ferner wurden (Formatierungs-)Fehler vonseiten der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin nicht übernommen.
109Schließlich hat die Antragsgegnerin in ihrem Werk darauf hingewiesen, durch welches Gesetz im Falle des Wegfalls von Vorschriften die entsprechenden Normenbestandteile aufgehoben wurden, während in dem Werk der Antragstellerin lediglich auf den Wegfall der Normen, nicht jedoch auf die zugrunde liegenden Änderungsgesetze hingewiesen wird. Auch dies bedarf erheblicher eigener redaktioneller Bemühungen und Recherchen.
1104.
111All diese Umstände führten zu durchgreifenden, dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegenstehenden Zweifeln an dem Vorliegen einer Verletzungshandlung der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin.
112II.
113Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 709 S. 2, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. In den Gruppen sollen Arzneimittel mit
- 1.
denselben Wirkstoffen, - 2.
pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, - 3.
therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen,
(1a) Bei der Bildung von Gruppen nach Absatz 1 Satz 2 bleiben Arzneimittel mit altersgerechten Darreichungsformen und Wirkstärken für Kinder unberücksichtigt. Der Gemeinsame Bundesausschuss nimmt für Arzneimittel mit altersgerechten Darreichungsformen und Wirkstärken für Kinder, die nach der erstmaligen Bekanntmachung der nach Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste in Verkehr gebracht werden und für die kein Erstattungsbetrag nach § 130b vereinbart oder festgesetzt worden ist, eine fiktive Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe vor. Das Nähere hierzu regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die in Satz 2 genannten Arzneimittel setzt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen fiktiven Festbetrag fest, der bei einer Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe entsprechend der fiktiven Eingruppierung nach Satz 2 auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer gelten würde. Die Absätze 7 und 8 sind auf die Festsetzung des fiktiven Festbetrags entsprechend anzuwenden.
(1b) Eine therapeutische Verbesserung nach Absatz 1 Satz 6 liegt vor, wenn das Arzneimittel einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Gruppe vorzuziehen ist. Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe. Ein höherer Nutzen nach Satz 1 kann auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrads therapierelevanter Nebenwirkungen sein. Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Begründung zu dem Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 fachlich und methodisch aufzubereiten, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. Vor der Entscheidung sind die Sachverständigen nach Absatz 2 auch mündlich anzuhören. Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekannt zu machen, sobald die Vorlage nach § 94 Abs. 1 erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger. Ein Arzneimittel, das von einer Festbetragsgruppe freigestellt ist, weil es einen therapierelevanten höheren Nutzen nur für einen Teil der Patienten oder Indikationsbereiche des gemeinsamen Anwendungsgebietes nach Satz 1 hat, ist nur für diese Anwendungen wirtschaftlich; das Nähere ist in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu regeln.
(2) Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann einheitliche Festbeträge für Verbandmittel festsetzen. Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
(4) (weggefallen)
(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 zu Grunde zu legen. Hebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen Festbetrag auf und findet anschließend § 130a Absatz 3a Anwendung, gilt § 130a Absatz 3d Satz 2.
(5a) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erstellt nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats erstmals bis zum 27. Juli 2023 eine aktuelle Liste von Arzneimitteln, die auf Grund der zugelassenen Darreichungsformen und Wirkstärken zur Behandlung von Kindern notwendig sind. Die nach Satz 1 erstellte Liste sowie die Änderungen dieser Liste sind vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Sofern Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Bekanntmachung im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hebt innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntmachung der nach Satz 1 erstellten Liste oder einer Änderung dieser Liste die für die in der Liste aufgeführten Arzneimittel festgesetzten Festbeträge auf. Abweichend von Satz 4 hebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die für die in der nach Satz 1 erstellten Liste aufgeführten Arzneimittel festgesetzten Festbeträge erstmals ab dem 1. Februar 2024 auf.
(5b) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats für Arzneimittel mit einem versorgungskritischen Wirkstoff erstmals ab dem 1. Oktober 2023 die Anhebung des Festbetrags auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer um 50 Prozent oder des für die Anwendung maßgeblichen Preisstands nach § 130a Absatz 3a um 50 Prozent empfehlen. Die Empfehlung ist unter Angabe des Wirkstoffs und der betroffenen Darreichungsformen schriftlich zu begründen. Auf der Grundlage der Empfehlung kann das Bundesministerium für Gesundheit nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen für die betroffenen Arzneimittel einmalig eine Anhebung des Festbetrags auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer oder des für die Anwendung maßgeblichen Preisstands nach § 130a Absatz 3a um 50 Prozent bestimmen. Die Bestimmung nach Satz 3 ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntmachung nach Satz 4 einen neuen Festbetrag auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer für die betroffenen Arzneimittel fest, der um 50 Prozent höher als der bisher festgesetzte Festbetrag ist. Der neue Festbetrag gilt bis zur nächsten Anpassung des Festbetrags nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, mindestens jedoch für einen Zeitraum von zwei Jahren ab der Bekanntmachung seiner Festsetzung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(6) Sofern zum Zeitpunkt der Anpassung des Festbetrags ein gültiger Beschluss nach § 31 Absatz 3 Satz 4 vorliegt und tatsächlich Arzneimittel auf Grund dieses Beschlusses von der Zuzahlung freigestellt sind, soll der Festbetrag so angepasst werden, dass auch nach der Anpassung eine hinreichende Versorgung mit Arzneimitteln ohne Zuzahlung gewährleistet werden kann. In diesem Fall darf die Summe nach Absatz 5 Satz 5 den Wert von 100 nicht überschreiten, wenn zu erwarten ist, dass anderenfalls keine hinreichende Anzahl zuvor auf Grund von § 31 Absatz 3 Satz 4 von der Zuzahlung freigestellter Arzneimittel weiterhin freigestellt wird.
(7) Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 6, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 8 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt und veröffentlicht Übersichten über sämtliche Festbeträge und die betroffenen Arzneimittel und übermittelt diese im Wege der Datenübertragung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur abruffähigen Veröffentlichung im Internet. Die Übersichten sind vierteljährlich zu aktualisieren.
(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen rechnet die nach Absatz 7 Satz 1 bekannt gemachten Festbeträge für verschreibungspflichtige Arzneimittel entsprechend den Handelszuschlägen der Arzneimittelpreisverordnung in der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung um und macht die umgerechneten Festbeträge bis zum 30. Juni 2011 bekannt. Für die Umrechnung ist die Einholung von Stellungnahmen Sachverständiger nicht erforderlich. Die umgerechneten Festbeträge finden ab dem 1. Januar 2012 Anwendung.
(1) Innungskrankenkassen sind Krankenkassen, die durch eine Handwerksinnung allein oder gemeinsam mit anderen Handwerksinnungen für die Handwerksbetriebe ihrer Mitglieder, die in die Handwerksrolle eingetragen sind, errichtet wurden. § 144 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) Eine Satzungsregelung nach § 173 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in der bis zum 31. März 2020 geltenden Fassung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen und kann nicht widerrufen werden.
(1) Laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in angemessener Höhe an den Ehegatten, den Lebenspartner oder die Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Kindergeld, Kinderzuschläge und vergleichbare Rentenbestandteile (Geldleistungen für Kinder) können an Kinder, die bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung des § 54 Abs. 5 Satz 2 ergibt, ausgezahlt werden. Für das Kindergeld gilt dies auch dann, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Ehegatten, dem Lebenspartner oder den Kindern Unterhalt gewährt.
(2) Absatz 1 Satz 1, 2 und 4 gilt entsprechend, wenn unter Berücksichtigung von Kindern, denen gegenüber der Leistungsberechtigte nicht kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist, Geldleistungen erbracht werden und der Leistungsberechtigte diese Kinder nicht unterhält.
(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.
(2) Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen hat.
(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
Als Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit werden in den Ländern Sozialgerichte und Landessozialgerichte, im Bund das Bundessozialgericht errichtet.
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. In den Gruppen sollen Arzneimittel mit
- 1.
denselben Wirkstoffen, - 2.
pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, - 3.
therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen,
(1a) Bei der Bildung von Gruppen nach Absatz 1 Satz 2 bleiben Arzneimittel mit altersgerechten Darreichungsformen und Wirkstärken für Kinder unberücksichtigt. Der Gemeinsame Bundesausschuss nimmt für Arzneimittel mit altersgerechten Darreichungsformen und Wirkstärken für Kinder, die nach der erstmaligen Bekanntmachung der nach Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste in Verkehr gebracht werden und für die kein Erstattungsbetrag nach § 130b vereinbart oder festgesetzt worden ist, eine fiktive Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe vor. Das Nähere hierzu regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die in Satz 2 genannten Arzneimittel setzt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen fiktiven Festbetrag fest, der bei einer Eingruppierung in eine Festbetragsgruppe entsprechend der fiktiven Eingruppierung nach Satz 2 auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer gelten würde. Die Absätze 7 und 8 sind auf die Festsetzung des fiktiven Festbetrags entsprechend anzuwenden.
(1b) Eine therapeutische Verbesserung nach Absatz 1 Satz 6 liegt vor, wenn das Arzneimittel einen therapierelevanten höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Gruppe vorzuziehen ist. Bewertungen nach Satz 1 erfolgen für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe. Ein höherer Nutzen nach Satz 1 kann auch eine Verringerung der Häufigkeit oder des Schweregrads therapierelevanter Nebenwirkungen sein. Der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung erfolgt aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Bewertung sind in der Begründung zu dem Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 fachlich und methodisch aufzubereiten, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. Vor der Entscheidung sind die Sachverständigen nach Absatz 2 auch mündlich anzuhören. Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekannt zu machen, sobald die Vorlage nach § 94 Abs. 1 erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger. Ein Arzneimittel, das von einer Festbetragsgruppe freigestellt ist, weil es einen therapierelevanten höheren Nutzen nur für einen Teil der Patienten oder Indikationsbereiche des gemeinsamen Anwendungsgebietes nach Satz 1 hat, ist nur für diese Anwendungen wirtschaftlich; das Nähere ist in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 zu regeln.
(2) Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann einheitliche Festbeträge für Verbandmittel festsetzen. Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
(4) (weggefallen)
(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten; soweit wie möglich ist eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl sicherzustellen. Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen. Der Festbetrag für die Arzneimittel in einer Festbetragsgruppe nach Absatz 1 Satz 2 soll den höchsten Abgabepreis des unteren Drittels des Intervalls zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis einer Standardpackung nicht übersteigen. Dabei müssen mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und mindestens ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein; zugleich darf die Summe der jeweiligen Vomhundertsätze der Verordnungen und Packungen, die nicht zum Festbetrag erhältlich sind, den Wert von 160 nicht überschreiten. Bei der Berechnung nach Satz 4 sind hochpreisige Packungen mit einem Anteil von weniger als 1 vom Hundert an den verordneten Packungen in der Festbetragsgruppe nicht zu berücksichtigen. Für die Zahl der Verordnungen sind die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtages zuletzt verfügbaren Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 zu Grunde zu legen. Hebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen Festbetrag auf und findet anschließend § 130a Absatz 3a Anwendung, gilt § 130a Absatz 3d Satz 2.
(5a) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erstellt nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats erstmals bis zum 27. Juli 2023 eine aktuelle Liste von Arzneimitteln, die auf Grund der zugelassenen Darreichungsformen und Wirkstärken zur Behandlung von Kindern notwendig sind. Die nach Satz 1 erstellte Liste sowie die Änderungen dieser Liste sind vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Sofern Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Bekanntmachung im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hebt innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntmachung der nach Satz 1 erstellten Liste oder einer Änderung dieser Liste die für die in der Liste aufgeführten Arzneimittel festgesetzten Festbeträge auf. Abweichend von Satz 4 hebt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die für die in der nach Satz 1 erstellten Liste aufgeführten Arzneimittel festgesetzten Festbeträge erstmals ab dem 1. Februar 2024 auf.
(5b) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats für Arzneimittel mit einem versorgungskritischen Wirkstoff erstmals ab dem 1. Oktober 2023 die Anhebung des Festbetrags auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer um 50 Prozent oder des für die Anwendung maßgeblichen Preisstands nach § 130a Absatz 3a um 50 Prozent empfehlen. Die Empfehlung ist unter Angabe des Wirkstoffs und der betroffenen Darreichungsformen schriftlich zu begründen. Auf der Grundlage der Empfehlung kann das Bundesministerium für Gesundheit nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen für die betroffenen Arzneimittel einmalig eine Anhebung des Festbetrags auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer oder des für die Anwendung maßgeblichen Preisstands nach § 130a Absatz 3a um 50 Prozent bestimmen. Die Bestimmung nach Satz 3 ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt innerhalb von vier Monaten nach der Bekanntmachung nach Satz 4 einen neuen Festbetrag auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer für die betroffenen Arzneimittel fest, der um 50 Prozent höher als der bisher festgesetzte Festbetrag ist. Der neue Festbetrag gilt bis zur nächsten Anpassung des Festbetrags nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, mindestens jedoch für einen Zeitraum von zwei Jahren ab der Bekanntmachung seiner Festsetzung durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(6) Sofern zum Zeitpunkt der Anpassung des Festbetrags ein gültiger Beschluss nach § 31 Absatz 3 Satz 4 vorliegt und tatsächlich Arzneimittel auf Grund dieses Beschlusses von der Zuzahlung freigestellt sind, soll der Festbetrag so angepasst werden, dass auch nach der Anpassung eine hinreichende Versorgung mit Arzneimitteln ohne Zuzahlung gewährleistet werden kann. In diesem Fall darf die Summe nach Absatz 5 Satz 5 den Wert von 100 nicht überschreiten, wenn zu erwarten ist, dass anderenfalls keine hinreichende Anzahl zuvor auf Grund von § 31 Absatz 3 Satz 4 von der Zuzahlung freigestellter Arzneimittel weiterhin freigestellt wird.
(7) Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 6, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 8 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig.
(8) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt und veröffentlicht Übersichten über sämtliche Festbeträge und die betroffenen Arzneimittel und übermittelt diese im Wege der Datenübertragung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur abruffähigen Veröffentlichung im Internet. Die Übersichten sind vierteljährlich zu aktualisieren.
(9) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen rechnet die nach Absatz 7 Satz 1 bekannt gemachten Festbeträge für verschreibungspflichtige Arzneimittel entsprechend den Handelszuschlägen der Arzneimittelpreisverordnung in der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung um und macht die umgerechneten Festbeträge bis zum 30. Juni 2011 bekannt. Für die Umrechnung ist die Einholung von Stellungnahmen Sachverständiger nicht erforderlich. Die umgerechneten Festbeträge finden ab dem 1. Januar 2012 Anwendung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.