Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 16. Sept. 2015 - 3 TaBV 27/15

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2015:0916.3TABV27.15.0A
bei uns veröffentlicht am16.09.2015

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.04.2015 – Az.: 3 BV 38 b/14 – abgeändert:

Die Anträge der Beteiligten zu 1. werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Versetzung von 21 Arbeitnehmern auf die Positionen „Manager Netze und Strukturen“ in die Bereiche Diabetes und Business Unit Hospital.

2

Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) ist ein führendes Unternehmen der Pharmaindustrie mit annähernd 1000 Mitarbeitern. Neben der Produktion und dem Innendienst wird ein bundesweiter Außendienst eingesetzt, mit Mitte 2014 ca. 600 Mitarbeitern, die in drei sogenannten Linien beschäftigt werden. Eine dieser Linien ist der Bereich „Diabetes“, der im August 2014 noch ca. 300 Mitarbeiter hatte. Des Weiteren existieren die beiden Linien Klinik (Hospital) und Onkologie.

3

Bei dem Antragsgegner (Beteiligter zu 2) handelt es sich um den dort gebildeten 15-köpfigen Betriebsrat.

4

Im Juni/Juli 2014 gab es zwischen den Beteiligten Gespräche über Umstrukturierungen des Diabetes Außendienstes, die die Arbeitgeberin dann aber nicht weiterführte.

5

Am 05.08.2014 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die Schaffung 20 neuer Stellen “Manager Netze und Strukturen“ (MNS) für den Bereich Diabetes (Anlage Ast. 1, Bl. 21 d.A.), zu besetzen zum 01.09.2014 nach vorheriger interner Ausschreibung und Durchführung eines Auswahlprozesses gemäß der im Betrieb geltenden „Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien“. Diese Stellen sind dem Bereich Marketing (Brand Director Diabetes) zugeordnet. Die Mitarbeiter MNS erbringen den Großteil der Arbeit gemäß der Stellenbeschreibung jeweils in einem von 20 regional festgelegten Großräumen (Anlage Ast. 7, Bl. 84 f.). Sie sind verantwortlich für die Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden (Anlage Ast. 9, Bl. 273, 275 d.A.). Die Vergütung erfolgt – wie bei den Pharmareferenten – außertariflich. Die Standardwertprämie ist für einige geringfügig höher als bei der Pharmareferententätigkeit. (Anlage ASt. 3, Bl. 33 f d.A.).

6

Die BV-Auswahlrichtlinien regelt die personelle Auswahl bei Einstellungen und Versetzungen anhand einer Kombination fachlicher und sozialer Gesichtspunkte. Die Betriebsvereinbarung sieht unter Ziff. 5.3. die Berücksichtigung sozialer Kriterien (Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Betriebszugehörigkeit) und unter Ziff. 5.2.5. die Berücksichtigung einer Behinderung vor. Ziff. 5.2.3. regelt, dass der Arbeitgeber die vergebene Punktzahl nachvollziehbar darlegen können muss (Anlage Ast. 2, Bl. 22 – 32 d. A.).

7

Am 06.08.2014 erfolgte die interne Ausschreibung dieser 20 Stellen. Es wurde auch eine weitere MNS–Position im Bereich „Business Unit Hospital“ ausgeschrieben. Es bewarben sich 54 bei der Arbeitgeberin im Bereich Diabetes Außendienst eingesetzte Pharmareferenten.

8

Im Nachgang zu der Information vom 05.08.2014 bat der Betriebsrat am 08.08.2014 die Arbeitgeberin um Beantwortung konkreter Fragen, um zu überprüfen, ob es sich bei der Neuschaffung dieser 20 MNS-Stellen um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG handele. U.a. bat er um Erläuterung, ob und wie sich die Schaffung der 20 neuen Stellen auf die bestehenden Strukturen und den Beschäftigungsbedarf für Pharmareferenten im Bereich Diabetes auswirke und ob es insoweit einen Zusammenhang mit der dem Betriebsrat zuvor im Juni/Juli bereits erläuterten angedachten, dann nicht weiter verfolgten Umstrukturierung Diabetes gebe (Anlage ASt. 9, Bl. 272, 274 d. A.). Es entspann sich eine Mail-Korrespondenz der Beteiligten zu den 18 formulierten Fragen (Anlage Ast. 9, Bl. 272 – 278 d. A.). Die Arbeitgeberin verneinte u.a. unter Ziffer 16 die Frage des Betriebsrats, ob durch die Schaffung der MNS-Stellen andere Stellen im Bereich Diabetes entfallen (Bl. 275 d. A.). Unter Ziffer 17 bat der Betriebsrat um eine Zusicherung, dass innerhalb der nächsten 12 Monate in der Business Unit „Diabetes“ keine Stellen betriebsbedingt abgebaut werden. Die Arbeitgeberin erwiderte, weitergehende Erklärungen seien nicht erforderlich. Auf die erneute konkrete Nachfrage des Betriebsrats, ob beabsichtigt sei, innerhalb der nächsten 12 Monate im Bereich „Diabetes“ Stellen betriebsbedingt abzubauen, erwiderte die Arbeitgeberin, für die hier vorzunehmende Beurteilung sei diese Frage nicht von Bedeutung (Anlage ASt. 9, Bl. 275 d. A.). Auf den vollständigen Inhalt dieser Anlage wird verwiesen.

9

Am 26.08.2014 lief die Bewerbungsfrist ab.

10

Am 27.08.2014 beantragte die Arbeitgeberin nach Durchführung des Auswahlprozesses beim Betriebsrat die Zustimmung zu den streitbefangenen geplanten Versetzungen der 20 bisher im Bereich Diabetes-Außendienst eingesetzten Pharmareferenten in den Bereich MNS Diabetes unter Hinzufügung von Kreuztabellen in Anwendung der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien (Anlage Ast. 3, Bl. 33 ff.). Mit weiterem Schreiben vom 27.08.2014 wurde zusätzlich die Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters Dr. T... aus dem Bereich Diabetes Außendienst auf die Position MNS in der Business Unit Hospital beantragt (ASt. 6, Bl. 83 - 87). 33 Bewerber wurden abgelehnt.

11

Zwei Tage später, am 29. August 2014, unterrichtete die Arbeitgeberin den Wirtschaftsausschuss und den Betriebsrat über eine geplante Betriebsänderung in Form eines Personalabbaus im Bereich Diabetes-Außendienst von 285 Stellen (Stand 29.08.2014) auf null Stellen per 01.11.2014. Sie erklärte die übergebenen Unterlagen und mitgeteilten Informationen als streng vertrauliche Geschäftsgeheimnisse und erklärte sie ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig nach § 79 BetrVG. In einem zur Klärung der Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vom Betriebsrat eingeleiteten arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde durch zwei Instanzen, letztendlich mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 20.05.2015 – 3 TaBV 35/14 – festgestellt, dass rechtlich insoweit kein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG vorlag.

12

Bei der Unterrichtung des Betriebsrats am 29.08.2014 beschrieb die Arbeitgeberin auf Seite 9 ihrer Präsentation „die vorgesehene zukünftige Struktur der BU Diabetes“. In der Zustandsbeschreibung „PC Diabetes Heute“ sind die 285 Pharmareferentenstellen Außendienst und die neu geschaffenen, noch nicht besetzten Stellen „20 AZ MNS“ bereits enthalten. Unter „PC Diabetes in Zukunft – geplant 1.11.2014“ ist die Reduzierung aller 285 Pharmareferenten Außendienststellen auf null unter Beibehaltung der 20 MNS–Stellen ausgewiesen. Weiter heißt es:

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„Vorgesehene zukünftige Struktur:

BU Diabetes
Außendienst:
- Spezialisten für Spezialisten:
   Hochspezialisierte Beratung der Diabetologen durch AZ MNS
- Hausärzte betreut durch externen Vertrieb und somit Abbau der Funktionen bei AZ
- Externer Vertrieb durch Partner unter Vorbehalt
…….
(Anlage BR 1, Bl. 9)

14

Mit Schreiben vom 01.09.2014 erklärte der Betriebsrat in jeder der 21 eingereichten Personalien, die mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu den 21 Versetzungen eingereichten Auswahlunterlagen nicht nachvollziehen zu können. Er stellte eine Vielzahl von Fragen und erklärte sich ausdrücklich als nicht vollständig unterrichtet. Ferner verweigerte er am 01.09.2014 in allen 21 Fällen vorsorglich die Zustimmung mit sich wiederholenden, aber auch auf den Einzelfall bezogenen spezifischen Begründungen, gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 2, Ziffer 3 und Ziffer 5 BetrVG (Anlagen BR 9.1 bis 29.1). Er wies u.a. auf mögliche Nachteile durch diese Versetzungen für die abgelehnten Bewerber und die 285 im Bereich Diabetes Außendienst ohne soziale Auswahl von Kündigungen bedrohten Pharmareferenten hin.

15

Die Arbeitgeberin gab mit Schreiben vom 04.09.2014 unter 22 fortlaufenden Nummern Antworten auf die vom Betriebsrat gestellten Fragen (ASt. 5, Bl. 75 ff d. A.).

16

Im Anschluss daran verweigerte der Betriebsrat in allen 21 Fällen mit Schreiben vom 11.09.2014 die Zustimmung zu den Versetzungen, wiederum gestützt auf unvollständige Unterrichtung und individuell aufbereitet gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 2, Ziffer 3 und Ziffer 5 BetrVG (Anlagenkonvolut BR 9.2. bis 29.2.).

17

Am 12.09.2014 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Durchführung der 21 Versetzungen. Eine Vakanz der Positionen MNS für den Bereich Marketing Diabetes sei nicht länger hinnehmbar (Anl. ASt. 8, Bl. 90 f d.A.).

18

Am 15.09.2014 bestritt der Betriebsrat für sämtliche 21 Versetzungen die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahmen.

19

Daraufhin beantragte die Arbeitgeberin am 18.09.2014 beim Arbeitsgericht Elmshorn die Zustimmungsersetzung für 21 Versetzungen und die Feststellung der Erforderlichkeit der vorläufig durchgeführten Maßnahmen.

20

Nach Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen über den beabsichtigten Personalabbau aller Pharmareferenten im Diabetes Außendienst in der zuvor gerichtlich eingesetzten Einigungsstelle sprach die Arbeitgeberin am 30.03.2015 den verbliebenen Pharmareferenten im Bereich Diabetes Außendienst betriebsbedingte Kündigungen aus, soweit diese keinen besonderen Kündigungsschutz hatten. Nachdem zwischenzeitlich auch für Letztere, soweit beantragt, die Zustimmungserklärungen der Behörden vorliegen, erfolgte auch ihnen gegenüber zwischenzeitlich der Ausspruch von Kündigungen. Die Aufgaben wurden u.a. an die Firma S... vergeben. Die Betriebsratsmitglieder wurden versetzt.

21

Die Arbeitgeberin hat stets vorgetragen, der Betriebsrat sei gerade auch im Hinblick auf die umfängliche Beantwortung der diversen Rückfragen vollständig über die ausgewählten Bewerber und die zu besetzenden Arbeitsplätze informiert worden. Auch seien die erneute Rüge und weiteres schriftsätzliches Vorbringen dazu nicht innerhalb der Ein-Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG erhoben worden. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziff. 2 BetrVG liege nicht vor, da ein Verstoß gegen die Auswahlrichtlinien im Sinne des § 95 BetrVG nicht gegeben sei. Der Betriebsrat könne auch nicht gestützt auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Zustimmung wirksam verweigern. Es entstünden für die verbleibenden mehr als 200 Pharmareferenten im Bereich Diabetes Außendienst keine Nachteile „infolge“ der Versetzungen der 21 Arbeitnehmer des Diabetes Außendienstes auf die MNS-Stellen. Etwaige im Laufe des Jahres 2015 anfallende betriebsbedingte Kündigungen im Bereich Diabetes Außendienst seien nicht kausal. Es liege keine einheitliche Betriebsänderung vor. Die Besetzungen der 21 MNS-Positionen seien nicht Teil der Betriebsänderung „Schließung Außendienst Diabetes“. Beide Planungen seien unabhängig voneinander und nur zufällig zeitgleich. Es handele sich um zwei getrennte Maßnahmen. Ihnen liege keine einheitliche unternehmerische Entscheidung zugrunde. Die MNS-ler seien im Marketing und nicht im Außendienst tätig. Sie seien auch organisatorisch anders angebunden und berichteten nicht an die Regionalleiter. Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG seien ebenfalls nicht gegeben. Die in der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien vorgesehene Ausschreibungsfrist von 2 Wochen sei eingehalten worden. Eine Verpflichtung der Beteiligten zu 1) über eine spätere Ausschreibung gäbe es nicht. Die Behauptung des Betriebsrats, bei Kenntnis des Abbaus von beabsichtigten 285 Stellen hätten sich deutlich mehr Arbeitnehmer auf die Positionen beworben, sei bloße Spekulation. Die vorläufige Besetzung der 21 Stellen sei dringend erforderlich gewesen seien.

22

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

23
1. die von dem Beteiligten zu 2) am 11. September 2014 verweigerte Zustimmung zu den Versetzungen der Arbeitnehmer … auf die Positionen „Manager Netze und Strukturen“ für den Bereich Diabetes sowie des Arbeitnehmers T... auf die Position „Manager Netze und Strukturen“ in der Business Unit Hospital zu ersetzen,
24
2. festzustellen, dass die vorläufig durchgeführten Versetzungen der Arbeitnehmer ... zum 22. September 2014 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind.
25

Der Betriebsrat hat beantragt,

26

die Anträge zurückzuweisen.

27

Er hat stets vorgebracht, er sei bereits nicht ausreichend über die personellen Einzelmaßnahmen unterrichtet worden. Gerade bei Versetzungen müssten auch die Auswirkungen der geplanten Maßnahme auf das Personalgefüge dargelegt werden. Hierzu habe er bereits in der Zeit zwischen dem 08.08.2014 und der Zustimmungsverweigerung eine Reihe von Fragen gestellt, die die Arbeitgeberin aber teils nicht, teils falsch mit „Nein“, teils unvollständig beantwortet habe. Es liege ein Verstoß gegen § 99 Abs. 2 Ziff. 2 und 5 BetrVG vor, da die im Rahmen der Auswahlverfahren vergebenen Punkte nicht ausreichend im Sinne der Betriebsvereinbarung Auswahlrichtlinien begründet worden seien und auch die erforderliche Ausschreibung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Es hätten sich deutlich mehr Arbeitnehmer des Diabetes Außendienstes auf die in Frage kommenden Stellen beworben, wenn diese zum Zeitpunkt der Stellenausschreibung von der Gefährdung ihres eigenen Arbeitsplatzes durch den geplanten Abbau aller 285 Stellen im Bereich Diabetes Kenntnis gehabt hätten. Die Tätigkeit auf einer MNS-Stelle sei im Wesentlichen identisch, im Übrigen - das ist unstreitig – mit Ausnahme etwaiger Prämien auch gleich dotiert. Die Schaffung der neuen MNS-Struktur im Bereich Diabetes sei Teil der Betriebsänderung „Schließung des Diabetes Außendienstes“, die Aufspaltung in zwei getrennte Vorgänge künstlich, um nach der Besetzung der MNS-Stellen bei der Schließung des Diabetes Außendienstes keine soziale Auswahl durchführen zu müssen. Eine vorläufige Durchführung sei aus sachlichen Gründen nicht dringend geboten, das Produkt könne durch die Pharmareferenten bei den niedergelassenen Ärzten besprochen werden. Ein neuer Ansatz im Marketing entstehe nicht allein dadurch, dass die Mitarbeiter organisatorisch in einem Organigramm dem Außendienst weggenommen und der Marketingleitung zugeordnet würden.

28

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.04.2015 die verweigerte Zustimmung zu den Versetzungen der 21 im Antrag genannten Personen ersetzt und festgestellt, dass die vorläufige Durchführung der Versetzungen dringend erforderlich war. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.

29

Gegen diese dem Betriebsrat am 27.04.2015 zugestellte Entscheidung hat er am 06.05.2015 Beschwerde eingelegt, die nach Fristverlängerung bis zum 27.07.2015 innerhalb der Frist begründet wurde.

30

Der Betriebsrat ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

31

Der Betriebsrat beantragt,

32

den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 09.04.2015 – Az. 3 BV 38 b/14 – abzuändern und die Anträge der Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.

33

Die Arbeitgeberin beantragt,

34

die Beschwerde zurückzuweisen.

35

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle verwiesen.

II.

37

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG) und damit zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist begründet.

38

Das Arbeitsgericht hat die beantragte Zustimmung zu den 21 Versetzungen auf die 20 Positionen MNS für den Bereich Diabetes und die Position MNS in der Business Unit Hospital zu Unrecht ersetzt und die vorläufige Durchführung der Versetzungen für dringend erforderlich gehalten.

39

A. Der Betriebsrat durfte die Zustimmung zu allen 21 Versetzungen nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG verweigern. Die Schaffung von MNS-Stellen für den Bereich Diabetes und den Bereich der Business Unit Hospital und deren Besetzung mittels Versetzung von 21 Pharmareferenten aus dem Bereich Diabetes Außendienst und der anschließende vollständige Abbau der 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes Außendienst sind untrennbar miteinander verbunden. Es besteht ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen den Versetzungen und den auf anschließende Fremdvergabe zurückzuführenden Kündigungen der anderen Pharmareferenten, die nunmehr wegen der kompletten Schließung des Bereiches Diabetes keiner sozialen Auswahl mehr unterliegen. Das Arbeitsgericht hat die Kausalität zu Unrecht verneint.

40

1. Die Arbeitgeberin hat vor – rechtlich korrekter - Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens das erforderliche Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt. Zu Gunsten der Arbeitgeberin kann hier unterstellt werden, dass sie den Betriebsrat – letztendlich – vollständig im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG informiert hat. Das gilt selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens des Betriebsrats auch in Bezug auf die Auswirkungen der geplanten 21 Versetzungen auf die Tätigkeit der anderen Pharmareferenten, die die Arbeitgeberin bei der förmlichen Unterrichtung nicht genannt hat.

41

a) Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht dient dazu, dem Betriebsrat Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in der Lage ist, zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt.

42

b) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat nicht nur am 27.08.2014 über die streitbefangenen 21 geplanten Versetzungen aus dem Bereich der im Diabetesaußendienst eingesetzten Pharmareferenten in die Bereiche MNS Diabetes und MNS Business Unit Hospital unterrichtet, vielmehr weitere Informationen nachgeschoben. Sie hat zum einen mit Schreiben vom 04.09.2014 auf alle vom Betriebsrat am 01.09.2014 auf die einzelnen personellen Maßnahmen bezogenen Fragen geantwortet. Das ist auch unter Berücksichtigung der Vorgaben der BV-Auswahlrichtlinien vom 02.06.2010 geschehen. Die Arbeitgeberin hat die Auswahlkriterien beachtet und die vergebene Punktzahl nachvollziehbar dargelegt. Damit ist sie insbesondere ihrer sich aus Ziffer 5.2 ergebenden Verpflichtung spätestens mit ihrem Schreiben vom 04.09.2014 nachgekommen.

43

Zudem hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat noch während des Laufs der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG, nämlich am 29.08.2014 jedenfalls mittelbar über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme unterrichtet. An diesem Tag hat sie dem Betriebsrat die bei Existenz von 20 MNS-Stellen vorgesehene zukünftige Struktur im Bereich Diabetes-Außendienst bekannt gegeben, indem sie bekundet hat, die 285 Außendienststellen der Pharmareferenten zum 01.11.2014 auf null reduzieren zu wollen. Damit wurde das für diesen Bereich angedachte Personalgefüge deutlich. Es werden eigene, eingearbeitete 21 MNS-ler zur Betreuung der vorhandenen Schlüsselkunden für den Bereich Diabetes und Business Unit benötigt, um dann mittels Kündigung der verbleibenden Pharmareferenten im Diabetes Außendienst die Schließung dieses Bereiches und die Fremdvergabe der Betreuung der verbleibenden Kunden umsetzen zu können.

44

c) Vor diesem Hintergrund kann hier dahingestellt bleiben, ob sich der Betriebsrat im Zustimmungsersetzungsverfahren hier – ohne erneute außergerichtliche Rügen - weiterhin auf die Unvollständigkeitsrüge berufen kann. Jedenfalls beachten weder Arbeitgeber noch das Arbeitsgericht die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 05.05.2010 – 7 ABR 70/08 -; vom 27.10.2010 – 7 ABR 36/09 – und vom 09.03.2011 – 7 ABR 127/09 -. Hierauf kommt es aber vorliegend nicht entscheidend an.

45

2. Die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats vom 11.09.2014 sind in allen 21 Fällen auch beachtlich. Hinsichtlich der vorgebrachten Verweigerungsgründe und befürchteten Benachteiligung anderer Mitarbeiter sind sie hinreichend konkretisiert.

46

3. Dem Betriebsrat steht der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zur Seite.

47

a) Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass in ihrer Folge im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Als sonstige Nachteile im Sinne des Gesetzes sind nicht unerhebliche Verschlechterungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Stellung des Arbeitnehmers anzusehen (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – Juris, Rz. 28 m.w.N.). Die Vorschrift des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG setzt nach ihrem Wortlaut beispielsweise voraus, dass aufgrund einer geplanten Maßnahme – in Frage kommen Einstellungen und Versetzungen anderer Arbeitnehmer – eine Kündigung ausgesprochen werden soll oder gleichzeitig ausgesprochen wird (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – zitiert nach Juris Rz. 21).

48

b) Für den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG ist ein rechtlich relevanter Zusammenhang zwischen der streitigen mitbestimmungspflichtigen Maßnahme und befürchteter Nachteile zu verlangen (BAG vom 30.08.1985, Rz. 29). Das ergibt sich schon aus dem Tatbestandsmerkmal „infolge“. Versetzung und Kündigung sind aber in diesem Sinne auch dann ursächlich miteinander verbunden, wenn beide Maßnahmen Folge derselben Betriebsänderung bzw. Umstrukturierungsmaßnahme sind und wenn diese eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG erforderlich gemacht hat (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – Leitsatz und Rz. 29, 30; LAG Brandenburg vom 02.11.2006 – 20 TaBV 14/05 – Rz. 34 m.w.N., jeweils zitiert nach Juris).

49

Fallen die Arbeitsplätze mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer weg und stehen nur für einen Teil dieser Arbeitnehmer andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung, so dass eine Sozialauswahl vorzunehmen ist (§ 1 Abs. 3 KSchG), begründet die Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen freien Arbeitsplatz im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG die Besorgnis, dass einem anderen Arbeitnehmer infolge dieser Maßnahme gekündigt wird. Der Betriebsrat kann – bei Vorliegen der persönlichen und fachlichen Eignung - die Zustimmung zu dieser Versetzung mit der Begründung verweigern, der Arbeitgeber habe soziale Auswahlkriterien nicht berücksichtigt (BAG a.a.O: LS 1).

50

Der Arbeitnehmer hat nach § 1 Abs. 3 KSchG Anspruch auf eine korrekte Sozialauswahl, die im Ergebnis dazu führen kann, dass er auf die umstrittene Stelle umzusetzen ist. Diese rechtliche Position wird beeinträchtigt, wenn die Stelle einem anderen Mitarbeiter übertragen wird (BAG a.a.O. Rz. 30).

51

Die (Änderungs-) Kündigung gegenüber dem nicht berücksichtigten Arbeitnehmer ist dann nicht allein durch den Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes bedingt, sondern zugleich unmittelbare Folge der Bevorzugung eines anderen Arbeitnehmers. Der kündigungsschutzrechtliche Zusammenhang zwischen Auswahlentscheidung und (Änderungs-) Kündigung ist auch im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG beachtlich, weil diese Vorschrift unnötige Kündigungen vermeiden und eine Stärkung des Kündigungsschutzgesetzes erreichen will. Der Betriebsrat soll vorbeugend mitprüfen, ob die personelle Maßnahme zu unnötigen oder unberechtigten Kündigungen anderer Arbeitnehmer des Betriebes führen würde. Der Arbeitgeber soll eine Kündigung nicht mit der Situation rechtfertigen können, die er durch seine personelle Maßnahme selbst erst geschaffen hat (BAG a.a.O., Rz. 31 m.w.N.).

52

c) Auf die zeitliche Reihenfolge kommt es nicht an. Maßgeblich ist, dass Versetzung und Entlassung auf einem einheitlichen Plan des Arbeitgebers beruhen (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – zitiert nach Juris Rz. 27). Eine Kündigung wäre nur dann keine Folge der Versetzung, wenn sie zeitlich und sachlich unabhängig von der geplanten Versetzung ausgesprochen würde. Der ursächliche Zusammenhang im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zwischen der geplanten personellen Einzelmaßnahme – wie hier der Versetzung – und der Gefährdung des Arbeitsplatzes eines anderen Arbeitnehmers erfordert keine Differenzierung zwischen beachtlichen unmittelbaren und unbeachtlichen mittelbaren Folgen der Einstellung oder Versetzung (BAG vom 15.09.1987 – 1 ABR 29/86 – Rz. 25).

53

d) Fallen beispielsweise bisherige Arbeitsabläufe nicht weg, sondern gestaltet der Arbeitgeber sie lediglich um, so dass auf dem neuen Arbeitsplatz im Wesentlichen nach wie vor die gleichen Tätigkeiten zu verrichten sind, kommt der Anwendungsbereich des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zum Zuge, denn der Betriebsrat hat gemäß § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG darauf zu achten, dass der Arbeitgeber sich nicht durch bloße Umgestaltung von Arbeitsabläufen den Pflichten des Kündigungsschutzgesetzes entzieht. Der Betriebsrat muss nur eine durch Tatsachen begründete Besorgnis vortragen. Das Gesetz verlangt nicht, dass wegen der Einstellung oder Versetzung einem im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt wird oder dieser sonstige Nachteile erleidet, sondern es lässt die Besorgnis genügen, dass es dazu kommen werde (Richardi/Thüsing, BetrVG, 14. Aufl. Rz. 211 zu § 99).

54

4. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist vorliegend von einem rechtlich relevanten Zusammenhang zwischen den 21 Versetzungen auf die MNS-Stellen im Bereich Diabetes und im Bereich Business Unit Hospital und dem anschließenden vollständigen Abbau aller Pharmareferentenstellen im Diabetes Außendienst ohne Sozialauswahl auszugehen. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die Planungen der Arbeitgeberin auf einem einheitlichen Konzept beruhen, nämlich der geplanten Schließung des Diabetes Außendienstes und Vergabe der Tätigkeit der Pharmareferenten an die Fa. S... bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Betreuung der Diabetes Schlüsselkunden durch eigene, nicht mehr Pharmareferenten genannte Arbeitnehmer, nämlich die neuen 21 MNS-ler.

55

a) Die Schaffung und Besetzung der 21 neuen MNS-Positionen ist nicht unabhängig und nur zufällig zeitgleich zur Planung der Arbeitgeberin. Vielmehr bedingt gerade die Schaffung und Besetzung der 21 MNS-Positionen für die Bereiche Diabetes und Business Unit Hospital die Möglichkeit zur Schließung des Diabetes-Außendienstes und Fremdvergabe der Tätigkeiten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden durch eigenes Personal. Unter Beachtung der von der Arbeitgeberin erarbeiteten vorgesehenen zukünftigen Struktur der BU Diabetes war das eine ohne das andere nicht möglich. Die von der Arbeitgeberin betriebene Umstrukturierungsmaßnahme kann nicht künstlich in zwei unterschiedliche Betriebsänderungen aufgespalten werden.

56

b) Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines einheitlichen Konzepts ist das Zeitfenster. Versetzungen und Entlassungen der Pharmareferenten im Bereich Diabetes-Außendienst beruhen auf einem einheitlichen Plan der Arbeitgeberin. Das ergibt sich bereits allein aus dem Zeitablauf. Schon im Juni/Juli 2014 führten die Beteiligten Gespräche über Umstrukturierungen des Diabetes-Außendienstes, weil die Arbeitgeberin auf veränderte Marktbedingungen reagieren wollte, um wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. wettbewerbsfähiger zu werden. Gegenstand war das Vertriebsmodell. Die Gespräche wurden dann von Arbeitgeberseite nicht weitergeführt, sie schaffte aber die 20 neuen MNS-Stellen für den Bereich Diabetes, zu besetzen zum 01.09.2014. Die Information des Betriebsrats hierüber erfolgte am 05.08.2014, in der bis zum 26.08.2014 laufenden Ausschreibungsfrist blieben viele Fragen des Betriebsrats offen. Am 27.08.2014 war bereits die Auswahl zwischen 54 aus dem Bereich des Diabetes-Außendienstes stammenden Bewerber von Arbeitgeberseite getroffen. Noch am gleichen Tag wurde um Zustimmung zur Versetzung von insgesamt 21 Pharmareferenten aus dem Bereich Diabetes auf die MNS-Stellen gebeten. Schon zwei Tage später wurde der Betriebsrat am 29.08.2014 unter bereits erfolgter struktureller Einarbeitung der im Bereich Diabetes geschaffenen 20 neuen, aber noch nicht besetzten MNS-Stellen über den beabsichtigten Abbau sämtlicher 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes-Außendienst informiert, mit einem geplanten Zeitfenster zum 01.11.2014. Bereits dieser Zeitfaktor zeigt die Einheitlichkeit der Planung.

57

b) Entgegen dem Vorbringen der Arbeitgeberin ist dieser Zeitfaktor keineswegs rein zufällig. Es handelt sich auch inhaltlich bei der von der Arbeitgeberin im August 2014 begonnenen Umstrukturierungsmaßnahme im Bereich Diabetes-Außendienst um ein einheitliches Konzept. Die Darstellung als zwei getrennte Betriebsänderungen ist konstruiert. Der Vertrieb im Bereich Diabetes ist als Einheit zu betrachten. Die 20 MNS-Stellen im Bereich Diabetes wurden zur Betreuung der größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden geschaffen. Diese wurden zuvor von den Pharmareferenten im Diabetes Außendienst neben anderen Kunden betreut. Schon damit ist die Schaffung dieser 20 neuen MNS-Stellen inhaltlich ein Teil des – neuen - Vertriebsmodells der Arbeitgeberin.

58

c) Die Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes ist die übergreifende geplante Maßnahme der Arbeitgeberin. Deren Folge sind die geplanten Versetzungen und die geplanten Entlassungen. Ausweislich der Mail vom 05.08.2014 (Anlage Antragsteller 1) war die Umstrukturierung des Diabetes-Außendienstes schon vor August zwischen den Betriebsparteien Thema. Zu diesem Zeitpunkt gab es im Bereich Diabetes noch keine MNS-Stellen zur Betreuung von Diabetes-Schlüsselkunden. Diese Stellen wurden erst unmittelbar vor der Ausschreibung Anfang August geschaffen. Seite 9 der dem Betriebsrat dann zwei Tage nach den Versetzungsanträgen am 29.08.2014 bekannt gegebenen Präsentation der Arbeitgeberin aus Anlass des geplanten kompletten Abbaus aller 285 Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes-Außendienst ist zu entnehmen, dass unter dem Stand „heute“ neben den 285 Pharmareferentenstellen im Außendienst die 20 neuen, noch nicht besetzen MNS-Stellen schon aufgeführt sind. Sie sind mithin in den Diabetes Außendienst eingeplant und eingearbeitet worden. Während diese 20 MNS-Stellen nach der Präsentation beibehalten werden sollen, war zum 01.11.2014 die Streichung aller 285 Pharmareferentenstellen angedacht. Nur durch diese Verzahnung konnte das Ziel der Arbeitgeberin, im Bereich Diabetes die wichtigsten und größten Schlüsselkunden durch eigene Mitarbeiter selbst zu betreuen, weiterverfolgt werden. Erst nach der Differenzierung zwischen „größten und wichtigsten Diabetes-Schlüsselkunden“ und weniger großen und nicht so wichtigen Diabetes-Kunden (Hausärzte) konnte – ohne Verlust der Möglichkeit zur unmittelbaren Einflussnahme auf Schlüsselkunden - der Bereich der Betreuung der Hausärzte ausgegliedert und damit der ursprüngliche Bereich Diabetes Außendienst vollständig abgebaut werden. Das war und ist die neue angedachte Vertriebsstruktur, das andere Vertriebsmodell. Die streitbefangenen Versetzungen und die beabsichtigten Kündigungen der Pharmareferenten stellen lediglich die Abwicklung dieser geplanten Betriebsänderung – Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes Außendienst - dar. Sie sind mittelbare und unmittelbare Folgen derselben. Beide Folgen sind aber betriebsverfassungsrechtlich gleich zu behandeln (BAG vom 15.09.1987, 1 ABR 29/86 – Rz. 25).

59

d) Die geplante Änderung des Vertriebsmodells, - Eigenbetreuung der Diabetes-Schlüsselkunden und externe Betreuung der restlichen Kunden - hat den Abbau des gesamten Personals im Bereich Diabetes-Außendienst mittels Entlassungen einerseits und die Versetzungen auf die neuen, gleichwertigen MNS-Stellen andererseits zur Folge. Beides ist aber untrennbar zur Herbeiführung der neuen Strukturen miteinander verbunden. Das eine ist inhaltlich ohne das andere nicht denkbar. Gerade dann ist der notwendige Zusammenhang im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG gegeben. Der Gesetzgeber schreibt für die Abwicklung solcher einheitlicher Pläne die Durchführung einer sozialen Auswahl vor. Denn es fallen insgesamt die Arbeitsplätze aller Pharmareferenten weg und es stehen nur für 21 dieser Pharmareferenten andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung, für die alle bisherigen Pharmareferenten persönlich und fachlich geeignet sind.

60

e) Dass seitens der Arbeitgeberin hier ein an sich einheitliches Konzept – Änderung des Vertriebsmodells – vorliegt, dass zur Umgehung der gebotenen sozialen Auswahl zwischen allen 285 Pharmareferenten künstlich in zwei verschiedene unternehmerische Entscheidungen aufgespalten wird, ergibt sich auch aus der zwischen den Beteiligten in der Zeit vom 08.08.2014 bis 15.08.2014 geführten E-Mail-Korrespondenz (Anlage Ast. 9, Bl. 272 bis 278 d. A.). Die Arbeitgeberin weicht jeder Antwort auf die gezielten Fragen des Betriebsrats nach den Auswirkungen der Schaffung der MNS-Stellen für den Bereich Diabetes, nach einem Wegfall von Stellen im Bereich Diabetes durch die Schaffung der MNS-Stellen und nach etwa anstehenden betriebsbedingten Kündigungen für den Bereich Diabetes konsequent aus. Auf ihre Antworten beispielsweise besonders zu den Fragen 6, 10, 13, 16 und 17 wird verwiesen. Die Frage 6, ob durch die Schaffung der MNS-Stellen Tätigkeitsinhalte bei den Pharmareferenten oder Beschäftigungsbedarf für Pharmareferenten entfallen, hat die Arbeitgeberin nicht beantwortet (Bl. 274 d. A.). Gerade aus dem stetigen Hinweis der Arbeitgeberin, diese Fragestellungen seien für die Besetzung der ausgeschriebenen MNS-Stellen nicht von Bedeutung (Frage 16, Frage 17), weiterer Informationen bzw. Erklärungen bedürfe es nicht, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits längst einheitliche Planungen zur Änderung des Vertriebsmodells im Bereich Diabetes mittels Schaffung von MNS-Stellen für Diabetes-Schlüsselkunden und anschließendem Abbau aller Pharmareferentenstellen im Bereich Diabetes gab, die Arbeitgeberin diese jedoch nicht offenlegen wollte. Andernfalls hätte nichts näher gelegen, als die Fragen des Betriebsrats zu beantworten.

61

f) Auch der Hinweis der Arbeitgeberin auf die mit den Pharmareferenten nicht vergleichbare andere organisatorische Anbindung der MNS-ler lässt keinen Rückschluss darauf zu, es handele sich konzeptionell um kein einheitliches Konzept. Die organisatorische Anbindung von Stellen in einem Organigramm sagt nichts darüber aus, ob damit einhergehende oder ihnen nachfolgende Maßnahmen auf einem einheitlichen Plan beruhen.

62

5. Mithin besteht ein kündigungsrechtlich relevanter Zusammenhang zwischen der Besetzung der MNS-Stellen im September 2014 im Wege der Versetzung von 21 ehemals im Bereich Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten auf diese Stellen und den späteren betriebsbedingten Kündigungen aller noch verbliebenen Pharmareferenten, die infolge der Stilllegung dieses Bereiches dann ohne soziale Auswahl erfolgen konnte. Die für das Vorliegen eines Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG notwendige beachtliche Verknüpfung von Versetzungen und Kündigungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 30.08.1995, 1 ABR 11/95 Rz. 41) liegt vor.

63

Dass die betriebsbedingten Kündigungen letztendlich erst mit Datum vom 30.03.2015 ausgesprochen wurden, ist rechtlich unbeachtlich. Sie waren ausweislich der Präsentation der Arbeitgeberin vom 29.08.2014 bereits zum 01.11.2014 vorgesehen. Die Zeitverzögerung beruht ausschließlich auf den auf jeder Ebene durchgeführten umfassenden rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten sowie der Tatsache, dass letztendlich erst Ende März 2015 die Interessenausgleichsverhandlungen in der Einigungsstelle scheiterten.

64

6. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu den 21 Versetzungen zu Recht verweigert, da die sich schon in der Anhörungsfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG anbahnenden Kündigungen der 285 im Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten mangels durchgeführter Sozialauswahl nicht im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG „aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt gewesen wären“.

65

a) Das Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG besteht in Anlehnung an § 1 Abs. 3 KSchG. Der Arbeitgeber hat grundsätzlich eine Sozialauswahl durchzuführen. Voraussetzung für eine berechtigte Zustimmungsverweigerung ist, dass die Arbeitsplatzinhaber hierfür persönlich und fachlich geeignet sind (BAG vom 30.08.1995 – 1 ABR 11/95 – zitiert nach Juris, Leitsatz 2).

66

b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die im Bereich Diabetes noch im August und September 2014 eingesetzten 285 Pharmareferenten waren persönlich und fachlich für eine Tätigkeit als MNS-ler im Bereich Diabetes geeignet. Die Arbeitgeberin hätte daher eine soziale Auswahl durchführen müssen.

67

aa) Bei den MNS-Stellen handelt es sich nicht um Beförderungsstellen. Die Tätigkeit als MNS-ler und die Tätigkeit als Pharmareferent ist im Wesentlichen gleich dotiert, mit Ausnahme geringer Unterschiede im Prämienbereich für einige.

68

bb) Die Tätigkeit ist vergleichbar. Die Vergleichbarkeit zeigt sich schon daran, dass sämtliche 21 zu versetzenden Personen zuvor bei der Arbeitgeberin als Pharmareferenten im Außendienst im Bereich Diabetes tätig waren und sich ganz überwiegend hinsichtlich des Einsatzgebietes örtlich kaum verändert haben. Die Tätigkeit ist nahezu inhaltsgleich. Es werden teilweise die gleichen Ärzte besucht, soweit diese als Schlüsselkunden eingeordnet wurden. Der Einsatz erfolgt deutschlandweit, aber sowohl für die MNS-ler als auch für Pharmareferenten in zugeordneten Gebieten. Dass der Zuschnitt der Großräume eventuell etwas anders erfolgte, ist für die Frage der fachlichen und persönlichen Eignung unbeachtlich. Umschulungsmaßnahmen etc. waren nicht erforderlich, Einarbeitungszeiten ebenso wenig. Auch die Pharmareferenten mussten ihre Akquise strukturieren.

69

c) Vor diesem Hintergrund waren alle 285 im Bereich Diabetes-Außendienst tätigen Pharmareferenten persönlich und fachlich für eine Versetzung auf eine der MSN-Stellen geeignet und erfüllten das Anforderungsprofil. Es hätte daher eine Sozialauswahl zwischen sämtlichen Arbeitnehmern des Außendienstes Diabetes vor einer Versetzung stattfinden müssen. Das hat die Arbeitgeberin mittels der Vorabversetzungen versucht zu umgehen.

70

d) Dem kann – anders als die Arbeitgeberin meint – auch nicht entgegengehalten werden, die 285 von Kündigungen potentiell betroffenen Pharmareferenten des Bereiches Diabetes-Außendienst hätten sich nicht beworben. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung und des Ablaufs der Ausschreibungsfrist am 26.08.2014 war allen diesen Pharmareferenten nicht bekannt, dass ihre Stellen entfallen sollten. Vor diesem Hintergrund gab es keinerlei Veranlassung für sie, sich auf eine nicht höher dotierte MNS-Stelle zu bewerben.

71

Der Betriebsrat hat daher die Zustimmung zu den streitbefangenen 21 Versetzungen auf die Positionen MNS für den Bereich Diabetes und MNS in der Business Unit Hospital zu Recht, gestützt auf § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG, verweigert, so dass der Zustimmungsersetzungsantrag zurückzuweisen war.

72

B. Die vorläufige Durchführung der 21 Versetzungen zum 22. September war auch nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich.

73

1. Ein Recht zur vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme hat der Arbeitgeber nur, wenn ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber im Interesse des Betriebes alsbald handeln muss, die geplante Maßnahme also keinen Aufschub duldet. Das Merkmal „aus sachlichen Gründen“ deutet darauf hin, dass die Dringlichkeit auf vom Arbeitgeber nicht rechtzeitig voraussehbaren Umständen beruhen muss. Der Arbeitgeber darf sich also nicht selbst in Zugzwang setzen, um nach § 100 BetrVG handeln zu können (LAG Schleswig-Holstein, vom 26.08.2008, 5 TaBV 18/08, zitiert nach Juris, Rz. 48; Fitting BetrVG, Rz. 4 zu § 100 m.w.N.).

74

2. Diese Voraussetzungen des § 100 BetrVG sind hier nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin hat den Zeitdruck selbst herbeigeführt. Sie wollte mit der Umsetzung ihrer geplanten Änderung der Vertriebsstruktur so schnell wie möglich beginnen. Allein vor diesem Hintergrund war für sie die Durchführung der Versetzungen dringend. Die Betreuung der Diabetes-Schlüsselkunden war aber auch ohne die Versetzungen gewährleistet. Diese Kunden wurden bisher von den Pharmareferenten betreut. Dabei hätte die Arbeitgeberin es belassen können, bis die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111,112 BetrVG sowie die individualrechtlichen Ansprüche aller Pharmareferenten auf Information über ihre Arbeitsplatzsituation, anschließende Ausschreibung und transparente Besetzung der 21 MNS-Stellen unter Beachtung der gesetzlich vorgegebenen sozialen Auswahlkriterien abgeschlossen waren.

75

3. Ungeachtet dessen kann dem Arbeitsgericht auch nicht gefolgt werden, soweit es davon ausgeht, für die Arbeitgeberin sei bei objektiver Beurteilung der Sachlage das Fehlen eines dringenden sachlichen Grundes nicht erkennbar gewesen. Die Arbeitgeberin wusste, dass ein Verlust von Marktpositionen im Bereich Diabetes nicht akut drohte, weil die Schlüsselkunden, die die MNS-ler betreuen sollten, noch von den tätigen Pharmareferenten betreut wurden.

76

C. Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern. Beide Anträge der Arbeitgeberin waren zurückzuweisen.

77

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

78

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen der §§ 92, 72 ArbGG lagen nicht vor. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.


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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

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§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

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(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. (2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 92 Rechtsbeschwerdeverfahren, Grundsatz


(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Sa

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In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 100 Vorläufige personelle Maßnahmen


(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der A

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Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 79 Geheimhaltungspflicht


(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeich

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In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.11.2014 – 3 BV 36 d/14 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine dem Betriebsrat mitgeteilte geplante Betriebsänderung in Form eines Personalabbaus der Geheimhaltung im Sinne des § 79 BetrVG unterliegt.

2

Die Arbeitgeberin ist ein führendes Unternehmen der Pharmaindustrie mit mehr als 1000 Mitarbeitern. Neben der Produktion und dem Innendienst wird ein bundesweiter Außendienst eingesetzt, in dem die Mitarbeiter in drei sogenannten Linien beschäftigt werden. Eine dieser Linien ist der Bereich „Diabetes“ mit bei Einleitung des Verfahrens ca. 300 Mitarbeitern.

3

Bei dem Antragsteller handelt es sich um den dort gebildeten 15-köpfigen Betriebsrat.

4

Am 07.07.2014 initiierte die Arbeitgeberin für sämtliche Arbeitnehmer eine bis zum 14.10.2014 laufende 100-Tage-Aktion: „Alle geben ihr Bestes“, mit der zu besonderem Einsatz, zu spezieller Prioritätensetzung und besonderer Kreativität aufgefordert wurde (Anlage 9, Bl. 36 d.A.).

5

Am 29.08.2014 unterrichtete die Arbeitgeberin den Wirtschaftsausschuss und den Betriebsrat in einer gemeinsamen Sitzung über eine geplante Betriebsänderung in Form eines Personalabbaus im Bereich Diabetes-Außendienst von 285 Stellen (Stand 29.08.2014) auf null Stellen per 01.11.2014. Als Zieltermin für den Abschluss aller erforderlichen Vorbereitungen und die Umsetzung wurde „spätestens 01.11.2014“ angegeben (Anlage 1, Bl. 20 d.A.). Die Arbeitgeberin unterbreitete zugleich konkrete Terminvorschläge für Verhandlungen zwischen den Beteiligten und teilte als “nächste Schritte“ die Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan mit.

6

Die Arbeitgeberin erklärte in diesem Zusammenhang die dem Betriebsrat und Wirtschaftsausschuss „übergebenen Unterlagen und mitgeteilten Informationen zu den noch nicht abgeschlossenen Vorüberlegungen zur Restrukturierung des Unternehmens mit möglichem Personalabbau als streng vertrauliche Geschäftsgeheimnisse“ und erklärte sie ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig nach § 79 BetrVG“ (Anlage 1, Bl. 12 ff. d. A., Anlage AGeg. 1, Bl. 82 d.A.). Die Geheimhaltungsbedürftigkeit begründete sie in der Power–Point–Präsentation wie folgt:

7

● Unruhe und Befürchtungen im Unternehmen bereits präsent

8

● Schwerwiegende und weitreichende Entscheidung, - gemeinsam eine Lösung erarbeiten

9

● Den Mitarbeitern helfen, indem gemeinsam eine Lösung kommuniziert wird.

10

(Anlage 1, Bl. 21 d.A.)

11

Mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2014 forderte der Betriebsrat unter Hinweis auf eine bald beabsichtigte Unterrichtung der Betriebsöffentlichkeit Klarstellung, warum es sich bei dem beabsichtigten Personalabbau um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handele (Anlage 2, Bl. 22 ff d. A.).

12

Hierauf antwortete die Arbeitgeberin auszugsweise wie folgt:

13

1. Sämtliche im Rahmen der Unterrichtung vom 29.08.2014 geteilten Informationen sind Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Sinne des Gesetzes und unterliegen der Geheimhaltung.

14

2. Die einseitige Veröffentlichung von Informationen stellt eine massive Belastung der vertrauensvollen Zusammenarbeit dar.

15

3. Die Arbeitgeberin wird jedes Betriebsratsmitglied persönlich straf- und haftungsrechtlich voll für seine Tätigkeit verantwortlich machen.

16

4. …..

17

(Anlage A3, Bl. 25 f d.A.).

18

Am 04.09.2014 wandte sich der Betriebsrat unter dem Betreff „geheim“ an die Mitarbeiter und teilte mit, dass er über eine geplante mitbestimmungspflichtige Maßnahme im Diabetes-Außenbereich unterrichtet worden sei und der Arbeitgeber die mitgeteilten Informationen unter Strafandrohung als geheimhaltungspflichtig deklariert habe. “Wir denken nicht, dass diese einschneidende Maßnahme der Geheimhaltungspflicht unterliegt und befinden uns gerade in anwaltlicher Klärung, denn wir möchten uns auch nicht dem Risiko einer fristlosen Kündigung und einem Jahr Gefängnis und möglicherweise Haftung in Millionenhöhe aussetzen.“ (Anlage 4, Bl. 30 d. A.)

19

Ebenfalls am 04.09.2014 wandte sich die Arbeitgeberin per Mail an die Mitarbeiter unter dem Betreff „Spekulationen nutzen niemandem“. Dort heißt es u.a., dass es, wie von der Geschäftsleitung seit Dezember 2013 angekündigt, richtig sei, dass im Bereich Diabetes strukturelle Veränderungen umgesetzt werden müssen. Weiter heißt es wie folgt:

20

„... Gerade auf der Grundlage früherer Erfahrungen wollen wir als Geschäftsleitung uns an zwei Grundsätze halten:

21

1. Wir wollen Entscheidungen so früh wie möglich kommunizieren.

22

2. Aber wir wollen sie auch erst dann kommunizieren, wenn sie konkret ausverhandelt sind, und jeder weiß, woran er ist,“ (Anlage B.5 Bl. 31 d. A.)

23

Am 05.09.2014 erschien in S... online ein Bericht mit der Überschrift „A... verpasst Betriebsrat Maulkorb“ (Bl. 88 d. A.).

24

Aus Anlass dieser Presse erläuterte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin am 6.9.2014 erneut per Mail den Mitarbeitern, warum ihr ein vertraulicher Rahmen so wichtig sei (Anlage 7, Bl. 33 d. A.).

25

Auf den Artikel bei S... online hin meldeten weitere regionale und überregionale Medien ihr Interesse an den Vorgängen an, beispielsweise der Nachrichtendienst „A…“, das H… sowie N…. Das H... ... meldete am 25.09.2014: „Konzern in W...: 300 Mitarbeiter bangen um Jobs“ (Anlage AGeg. 5, Bl. 91 d. A.).

26

Zwischen dem 08.09.2014 und der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens durch den Betriebsrats vom 12.09.2014 wechselten beide Seiten und auch ihre Prozessbevollmächtigten diverse Mails, in denen der BR u. a darlegte, er fühle sich in seiner BR-Arbeit behindert und erwäge eine Strafanzeige, während die Arbeitgeberin ihre Ansicht, sie habe Anspruch auf diese Vorgehensweise und beabsichtige nicht, die BR-Arbeit zu behindern, verteidigte. Gleichzeitig erklärte ihr Prozessbevollmächtigter u.a. nochmals, das Verhalten des Betriebsrates habe bereits jetzt zu einer rechtswidrigen Veröffentlichung geführt. Jedes BR-Mitglied werde persönlich und straf- und haftungsrechtlich voll für sein Handeln verantwortlich gemacht. Frühestens mit Beendigung der Verhandlungen über den Interessenausgleich könne sich die Rechtslage verändern. (Anlage 12, Bl. 40 f d. A.).

27

Am 12.09.2014 wurde das vorliegende Beschlussverfahren vom Betriebsrat eingeleitet, gerichtet auf Feststellung, dass der am 29.08.2014 mitgeteilte Personalabbau kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis war bzw. ist; auf Unterlassung einer Behinderung der Betriebsratsarbeit durch Deklaration einer geplanten Personalabbaumaßnahme als Geschäftsgeheimnis; und gerichtet auf Feststellung, dass über die mitgeteilte Maßnahme gegenüber der Belegschaft, mindestens aber gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern kommuniziert werden darf (Bl. 3, 4 d. A.).

28

Mit Schriftsatz vom 6.10.2014 beantragte die Arbeitgeberin, die Öffentlichkeit für die Dauer der Verhandlungen in diesem Verfahren auszuschließen (Bl. 66 ff d.A.).

29

Dieser Antrag wurde in der Güteverhandlung vom 09.10.2014 zurückgewiesen. Die anwesende Presse erhielt Kenntnis von dem geplanten Personalabbau. Daraufhin informierte die Arbeitgeberin ihre Mitarbeiter noch am selben Tag über die anstehende Betriebsänderung.

30

Die Arbeitgeberin hält seit diesem Datum den Vorgang nicht mehr für geheimhaltungsbedürftig und meint, das Begehren des Betriebsrats habe sich dadurch erledigt.

31

Zwischenzeitlich sind in der Einigungsstelle die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert erklärt worden. Der Personalabbau ist/ wird umgesetzt. Die Sozialplanverhandlungen dauern an.

32

Die Arbeitgeberin befindet sich seit längerem in umstrukturierenden Prozessen. In den zurückliegenden Jahren gab es bei der Arbeitgeberin bereits diverse betriebsändernde Maßnahmen mit Verhandlungen und Abschlüssen im Sinne der §§ 111, 112 ff BetrVG, ohne dass es Streitigkeiten um das Vorliegen eines Betriebsgeheimnisses gab.

33

Der Betriebsrat hat stets die Auffassung vertreten, der am 29.01.2014 mitgeteilte beabsichtigte Personalabbau stelle bereits an sich kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis dar. Das gelte auch in Bezug auf einzelne bekanntgegebene Details. Die Mitarbeiter hätten Anspruch auf Informationen über den geplanten Personalabbau, zumal zahlreiche Versetzungen anstehen würden. Dies gelte umso mehr, als die Arbeitgeberin zeitgleich mit dem umfangreichen Personalabbau die Arbeitnehmer anlässlich eines 100 Tageprogrammes anhalte, sich jetzt besonders einzusetzen und auszuprobieren, was man aus sich herausholen könne. Der Betriebsrat hat weiter behauptet, der geplante Personalabbau sei auch bereits Dritten bekannt gewesen. Schon im Juni 2014 sei der den Streit auslösende geplante Personalabbau zwischen dem Geschäftsführer, Arbeitnehmern und Herrn T..., der auch Betriebsratsmitglied ist, auf einer Regionaltagung Thema gewesen. Auch die zwischenzeitlich ausgeschiedene Regionalleiterin (Frau V...) habe das bei ihrer Verabschiedung im Juni 2014 erwähnt. Der Betriebsrat hat gemeint, er werde durch die unbegründete Geheimhaltungsstrategie und die angedrohten rechtlichen Konsequenzen verängstigt und in seiner Arbeit als Interessenvertretung der Arbeitnehmer behindert.

34

Der Antragssteller hat erstinstanzlich zuletzt nur noch beantragt,

35

festzustellen, dass der von der Arbeitgeberin mit Datum vom 29.08.2014 gegenüber dem Betriebsrat mitgeteilte geplante Personalabbau in der BU Diabetes von 285 FTE im Außendienst (Stand 29.08.2014) auf null FTE im Außendienst (Stand 01.11.2014) zum Zeitpunkt der Mitteilung am 29.08.2014 kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG war;

36

hilfsweise

37

festzustellen, dass der von der Arbeitgeberin mit Datum vom 29.08.2014 gegenüber dem Betriebsrat mitgeteilte geplante Personalabbau in der BU Diabetes von 285 FTE im Außendienst (Stand: 29.08.2014) auf null FTE im Außendienst (Stand 01.11.2014) zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG ist.

38

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

39

die Anträge zurückzuweisen.

40

Die Arbeitgeberin hat stets die Ansicht vertreten, Verhandlungen von Interessenausgleichen und diesen zugrundeliegenden Planungen seien Geschäftsgeheimnisse. Das gelte erst recht, wenn diesen eine Personalreduzierung zugrunde liege (vgl. Ss. vom 8.10.2014 - Bl. 122, 125 d. A.). Das Geschäftsgeheimnis an sich sei insoweit der Beschäftigungsabbau und dessen Volumen. Informationen über geplante betriebsändernde Maßnahmen, die für geheimhaltungsbedürftig erklärt wurden, dürften bis zum Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen auch nicht den Arbeitnehmern des Betriebes weitergegeben werden. Frühestens mit Beendigung der Verhandlungen über den Interessenausgleich könne der Geheimnischarakter des § 79 BetrVG enden. Daher sei sie berechtigt gewesen, den am 29.08.2014 mitgeteilten geplanten Personalabbau als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis und damit als geheimhaltungsbedürftig nach § 79 BetrVG zu bezeichnen. Die Kenntnis konkurrierender Unternehmen von der Planung der Maßnahme noch vor der Realisierung habe für die Arbeitgeberin einen erheblichen Wettbewerbsnachteil bedeutet und die Erfolgsaussichten insgesamt in Frage gestellt. Die vorzeitige Information der Belegschaft stelle eine massive Beeinträchtigung der Betriebsfähigkeit dar, weil potentiell betroffene Arbeitnehmer in Kenntnis solcher Verhandlungen möglicherweise völlig anders arbeiten würden als in Unkenntnis einer solchen. Das von der Arbeitgeberin im Sommer 2014 indizierte 100 Tage Programm der Motivation und Leistungssteigerung stehe nicht im Zusammenhang mit dem geplanten Personalabbau. Seit der Offenlegung der geplanten Betriebsänderung am 09.10.2014 sei das Verfahren aber erledigt. Ein Feststellungsinteresse sei nicht mehr gegeben.

41

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag des Betriebsrats stattgegeben. Aufgrund der angedrohten weitreichenden, auch strafrechtlichen Konsequenzen sei das Rechtsschutzinteresse gegeben. Bei einer geplanten Betriebsänderung könne unter Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses zwischen den Arbeitgeberinteressen an der Geheimhaltung und dem Interesse des Betriebsrates an einer effektiven und sachgerechten Wahrnehmung der Mitbestimmungsbefugnisse das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses nur im Stadium noch nicht abgeschlossener Vorüberlegungen bejaht werden, jedoch nicht mehr im Stadium der Aufforderung an den Betriebsrat zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Beschlusses vom 13.11.2014 verwiesen.

42

Gegen diese der Arbeitgeberin am 28.11.2014 zugestellte Entscheidung hat sie am Montag, den 29.12.2014 Beschwerde eingelegt, die nach Fristverlängerung bis zum 27.02.2015 am Tag des Fristablaufs begründet wurde.

43

Die Arbeitgeberin ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, der Beschluss sei schon aus Rechtsgründen fehlerhaft, jedenfalls sei das Anliegen des Betriebsrats durch die Information der Belegschaft vom 09.10.2014 erledigt, so dass kein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Verfahrens mehr bestehe. Ein Rechtsgutachten könne nicht vom Gericht eingeholt werden.

44

Die Arbeitgeberin beantragt,

45

den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.11.2014, 3 BV 36 d/14, der Beteiligten zu 2. zugestellt am 25.11.2014, aufzuheben und die Anträge des Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.

46

Der Betriebsrat beantragt,

47

die Beschwerde zurückzuweisen.

48

Er hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend.

49

Der Prozessbevollmächtigte der Arbeitgeberin hat im zweitinstanzlichen Anhörungstermin auf Frage des Gerichts erklärt, es sei nicht beabsichtigt, jedes Betriebsratsmitglied persönlich straf- und haftungsrechtlich verantwortlich zu machen. Auch Anträge auf Auflösung des Betriebsrats, Ausschluss aus dem Betriebsrat oder arbeitsvertragliche/ arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Betriebsratsratsmitglieder seien nicht beabsichtigt.

50

Der Betriebsrat hat einen Strafantrag nach § 119 BetrVG gestellt. Unter Hinweis auf den hier angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 13.11.2014 wird das staatsanwaltschaftliche Verfahren zwischenzeitlich nicht mehr betrieben.

51

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.

B.

52

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte und begründete und damit zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Der dem Betriebsrat im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan am 29.08.2014 mitgeteilte Personalabbau im Bereich Diabetes-Außendienst von 285 Beschäftigte auf Null war kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Davon geht das Arbeitsgericht Elmshorn zutreffend aus. Dem folgt das Beschwerdegericht. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und diesen zugrunde liegende Planungen zur Personalreduzierung können nicht per se zu einem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG erklärt werden. Der Beschäftigungsabbau an sich und dessen Volumen ist in der Regel kein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitgeber ein konkretes sachliches und objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung hat.

53

I. . Der Hauptantrag ist zulässig.

54

1. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag bedarf jedoch der Auslegung. Das Begehren des Betriebsrats ist vorliegend nicht ausschließlich vergangenheitsbezogen.

55

Die gebotene Auslegung der Anträge hat unter Berücksichtigung des Verfahrensziels und der Interessenlage zu erfolgen. Der Betriebsrat geht von einer konkreten Fallkonstellation aus, nämlich dem am 29.08.2014 mitgeteilten und als Geschäftsgeheimnis deklarierten geplanten Personalabbau in der BU Diabetes von 285 auf Null, die mit der Aufforderung zur Aufnahme von Interessenausgleichsverhandlungen verbunden war. Schon die ursprünglich mit der Antragsschrift gestellten Anträge, aber auch die Begründungen zeigen, dass der Betriebsrat, ausgehend von dieser konkreten Fallkonstellation, die Streitfrage geklärt haben will, dass geplante betriebsändernde Personalabbaumaßnahmen als solche nicht pauschal als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis deklariert und damit seiner Kommunikation gegenüber der Belegschaft, den betroffenen Arbeitnehmern und Dritten entzogen werden können. Dem Betriebsrat geht es darum zu klären, dass er im Rahmen der Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte bei Verhandlung und Bearbeitung eines mitgeteilten geplanten Personalabbaus im Sinne der §§ 111 ff BetrVG u.a. auch mit den Betroffenen über die Personalabbaupläne und deren Umfang kommunizieren kann, ohne sich dem Vorwurf der Verletzung von Geheimissen auszusetzen und entsprechende Konsequenzen tragen zu müssen. Diese Streitfrage will er zur Vermeidung eines Globalantrages, ausgehend von einer konkreten Fallkonstellation, geklärt haben, da sich die Arbeitgeberin auf den Standpunkt stellt, der Beschäftigungsabbau an sich und das Volumen des Personalabbaus seien das Geschäftsgeheimnis.

56

2. Der Antrag ist als allgemeiner Feststellungsantrag auch nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das für die erbetene Feststellung notwendige Rechtsschutzinteresse besteht. Das gilt auch, obgleich die Arbeitgeberin nach der Güteverhandlung am 09.10.2014 die Belegschaft über den geplanten Personalabbau im Außendienst der BU Diabetes informiert und damit einen etwaigen Geheimnischarakter beendet hat.

57

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können das Bestehen und der Umfang eines betrieblichen Mitbestimmungsrechts im Beschlussverfahren auch losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (BAG vom 15.04.2008 - 1 ABR 14/07 - zitiert nach Juris, Rz. 17 m.w.N.; BAG vom 10.12.2012 – 1 ABR 7/02 -, Juris, Rn 18).

58

b) Die Maßnahme und die damit verbundene Streitfrage können sich vorliegend jederzeit wiederholen. Die Arbeitgeberin hat seit 2007 diverse betriebsändernde, Mitbestimmungsrechte nach §§ 111, 112 ff BetrVG auslösende Maßnahmen abgewickelt, darunter auch Personalabbau. Sie steht darüber hinaus auf dem auch ausführlich im Anhörungstermin erörterten Rechtsstandpunkt, bei dem am 29.08.2014 mitgeteilten geplanten Personalabbau seien der Beschäftigungsabbau an sich und das Volumen des Personalabbaus das Geschäftsgeheimnis. Vor Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen dürfe darüber nicht kommuniziert werden. Gerade diese Position zeigt die Wiederholungsgefahr und den Klärungsbedarf für den Betriebsrat.

59

Ungeachtet dessen ist die Frage etwaiger Folgen einer Verletzung von Geheimhaltungspflichten im Zusammenhang mit dem Personalabbau im Außendienst der BU Diabetes nicht abschließend geklärt. Die Protokollerklärung des Prozessbevollmächtigten der Arbeitgeberin bezieht sich nur auf gegenwärtige Absichten. Trotz ausdrücklicher Nachfrage des Betriebsratsvertreters im Anhörungstermin erfolgte keine abschließende Erklärung ihrerseits, dass in Bezug auf die behauptete Verletzung von Geheimhaltungspflichten gegenüber dem Gremium und Handelnden auf Betriebsratsseite nichts geschehen werde.

60

Letztendlich ergibt sich das Feststellungsinteresse auch aus Art. 6 Abs. 3 RL 2002/14 EG (Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der EG), wonach es einen Rechtsbehelf geben muss, falls ein Arbeitgeber in Bezug auf mitgeteilte Informationen Vertraulichkeit verlangt.

61

II. Die Beschwerde der Arbeitgeberin hat keinen Erfolg. Der (Haupt-)Antrag des Betriebsrats ist begründet. Verhandlungen über einen Interessenausgleich und diesen zugrunde liegende Planungen zur Personalreduzierung können nicht per se wirksam zu einem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG erklärt werden. Der dem Betriebsrat im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan am 29.08.2014 mitgeteilte Personalabbau im Bereich Diabetes-Außendienst von 285 Beschäftigte auf Null war kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis.

62

1. Gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 BetrVG sind die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten.

63

a) Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses wird weder im Betriebsverfassungsgesetz noch in anderen Gesetzen, die ihn verwenden, wie das UWG und das GWB, definiert. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen, wenn dieser an deren Geheimhaltung ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat (BAG vom 10.03.2009 – 1 ABR 87/07 – zitiert nach Juris, Rz. 25 m.w.N.; BAG vom 26.02.1987, 6 ABR 46/87 – Juris, Rz. 16 m.w.N.).

64

b) Offenkundig ist, was sich jeder Interessierte ohne besondere Mühe zur Kenntnis beschaffen kann (BAG vom 16.03.1982, 3 AZR 83/79, Juris, Rz.29).

65

c) Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf, insbesondere Herstellung und Herstellungsverfahren (BAG vom 15.12.1987, 3 AZR 474/86 – Juris, Rz. 26; Hess – Nicolai, 9. Aufl. § 9 BetrVG, Rz. 4). Hierunter können z.B. auch fallen: Diensterfindungen, Konstruktionsbezeichnungen, Unterlagen über neue technische Verfahren, Modelle, Versuchsprotokolle, chemische Formeln, Rezepturen u. Ä. (DKKW-Buschmann, 14. Aufl., § 79 BetrVG Rz. 11). Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens, also wirtschaftliche und kaufmännische Tatsachen, z.B. Absatzplanung, Vorzugspreise, Kalkulation, Liquidität, Auftragslage, Umsatzhöhe, Kundenlisten (GK - Oetker, § 79 BetrVG, Rz. 15, 16; ErfK-Kania, § 79 BetrVG Rz. 3, 4; Hess-Nicolai, § 79 BetrVG, Rz. 4 f; vgl .u.a. auch BAG vom 15.12.1987, 3 AZR 474/86 – Juris, Rz. 26) oder Fertigungsverfahren, an denen die Konkurrenz ebenfalls arbeitet und die für das Unternehmen entscheidend sind (Oetker, FS für Wißmann, 2005, S.402 m.w.N.). Mit § 79 BetrVG soll die ungestörte Ausübung des Gewerbes auch gerade aufgrund Dritten nicht zugänglicher Kenntnisse, Erfahrungen und Unterlagen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebsinhabers geschützt werden (BAG vom 26.02.1987, 6 ABR 46/84, Juris, Rz. 18 m.w.N.).

66

d) Der Arbeitgeber muss ein sachliches und objektiv berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung, also zur Anerkennung bestimmter Tatsachen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis haben (BAG vom 26.02.1987, 6 ABR 46/84 – Rz. 18; Oetker, FS für Wißmann, S. 402 m.w.N.). Ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt oder nicht, ist also objektiv feststellbar. Besteht kein objektives Geheimhaltungsinteresse, so kann eine Angelegenheit nicht willkürlich – etwa durch ihre Bezeichnung als vertrauliche Mitteilung – zum Geschäftsgeheimnis gemacht werden (Fitting, 27. Aufl. § 79 Rz. 3 m.w.N.; GK- Oetker, § 79 BetrVG, Rz. 19). Fehlt es an den objektiven Merkmalen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses, greift die besondere Schweigepflicht nicht ein (GK-Oetker a.a.O und Rz. 23 m.w.N.).Tatsachen, können nicht wirksam für geheimhaltungsbedürftig erklärt werden, wenn sie es objektiv nicht sind (BGH vom 05.06.1975, II ZR 156/73, zitiert nach Juris, Rz.12; so auch Oetker, Festschrift für Wißmann, 2005, S. 396 (398)). Das ergibt sich auch aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 RL 2002/14 EG. Dort wird ausdrücklich das Vorliegen eines nach objektiven Kriterien berechtigten Interesses der Unternehmer oder Betriebe für die Festlegung einer Vertraulichkeit von Informationen gegenüber Arbeitnehmervertretern mit damit einhergehendem Verbot zur Weitergabe an Arbeitnehmer oder Dritte in einzelstaatlichen Rechtsvorschriften verlangt.

67

2. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist das feststellende Begehren des Betriebsrats begründet. Bei der dem Betriebsrat am 29.08.2014 mit der Aufforderung zur Aufnahme von Interessenausgleichsverhandlungen mitgeteilten Maßnahme „geplanter Personalabbau im Außendienst BU Diabetes von 285 auf Null“ handelt es sich um kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Es bestand schon zu diesem Zeitpunkt kein sachlich begründetes und objektiv berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Arbeitgeberin.

68

a) In Betracht kommen kann hier nur das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses im Sinne des § 79 BetrVG. Gegenstand der hier streitigen Schweigepflicht sind keine Tatsachen, Erkenntnisse oder Unterlagen, die den technischen Betriebsablauf betreffen. Berührt ist hier allenfalls der allgemeine Geschäftsverkehr. Dabei ist allerdings hervorzuheben, dass die Arbeitgeberin auch auf ausdrückliches Befragen im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer explizit keine speziellen Einzelfaktoren der am 29.08.2014 erteilten Informationen über den geplanten Personalabbau im Diabetes-Außendienst als geheimhaltungswürdig benannt hat. Es geht ihr um die Gesamtheit der Planung „Beschäftigungsabbau und dessen Volumen“, wie sich auch aus Anlage AGeg. 1, Bl. 82; Anlage A 3, Bl. 25 u.a. Ss. vom 30.9.2014, Bl. 69 ff ergibt.

69

b) Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin fallen Informationen über einen geplanten betriebsändernden Personalabbau nicht generell bis zum Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen unter die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 79 BetrVG, auch wenn insoweit eine ausdrückliche Geheimhaltungserklärung der Arbeitgeberseite abgegeben wurde. Ein derart weiter Anwendungsbereich läuft bereits dem Normzweck und der Rechtsnatur des § 79 BetrVG zuwider.

70

c) Etwas anderes ergibt sich, anders als die Arbeitgeberin meint, auch nicht

71

aus einer gefestigten Rechtsprechung und/oder Literatur. Eine solche auf Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111, 112 ff BetrVG bei Betriebsänderungen mittels Personalabbau bezogene Rechtsprechung existiert nicht.

72

d) Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Schweigepflicht als Pendant und Sicherungsmittel zu den gesetzlichen Informationsrechten des Betriebsrats und anderer betriebsverfassungsrechtlicher Organe zwar dem Schutz des Arbeitgebers dient, aber eine restriktive Auslegung bei der Weitergabe arbeitnehmerrelevanter Daten und Informationen an die Beschäftigten erfordert, wenn das Spannungsverhältnis zwischen Schweigepflicht und Interessenvertretung berührt ist (so auch DKKW-Buschmann, § 79 BetrVG, Rz. 2, Rz. 8 ). Die Ansicht der Arbeitgeberin, insoweit handele es sich um eine absolute Mindermeinung, ist falsch. Sie verkennt, dass das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses im Sinne des § 79 BetrVG stets ein sachliches und objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung voraussetzt. Das ist eine Wertungsfrage. Diese kann nicht losgelöst vom jeweiligen Gegenstand und Sinn und Zweck eines vom Gesetzgeber geschaffenen Mitbestimmungstatbestands und den widerstreitenden Interessen beantwortet werden.

73

aa) Die Arbeitgeberin stützt ihre Ansicht auf BAG vom 17.10.1990, 7 ABR 69/89 (Schriftsatz vom 27.2.2015, S. 18, Bl. 200 d. A.). Ihr Verweis auf die Entscheidung des BAG vom 17.10.1990, 7 ABR 69/89 ist nicht einschlägig und komplett aus dem Zusammenhang gerissen.

74

Das Bundesarbeitsgericht enthält in seiner Entscheidung vom 17.10.1990, Az. 7 ABR 69/89, zwar den Satz „Denn die Vorschrift des § 79 BetrVG dient allein dem Schutz des Arbeitgebers“ (Juris in Rz. 20). Dort ging es um Protokollführung im Wirtschaftsausschuss. Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss hatten sich für ihre Gremien auf § 79 BetrVG berufen, weil sie an Stelle der Sekretärin des Arbeitgebers Protokolle von bzw. über Wirtschaftsausschusssitzungen allein von (Gesamt-) Betriebsratsmitgliedern erstellen lassen wollten. Die zitierte Aussage hat mit dem vorliegenden Fall daher gar nichts zu tun.

75

bb) Abgesehen davon ist unbestritten anerkannt, dass der Schutz des Geschäftsgeheimnisses im Hinblick auf die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses extensiver ausgestattet ist, als gegenüber dem Betriebsrat. Der Wirtschaftsausschuss ist gem. § 106 Abs. 2 BetrVG rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten zu unterrichten und ihm die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen. Insoweit ist anerkannt, dass die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses regelmäßig zeitlich vor der des Betriebsrates durchzuführen ist. Die mit dem Wirtschaftsausschuss zu erörternden Sachverhalte befinden sich noch in einem deutlich früheren Stadium, als die dem Betriebsrat geschuldete rechtzeitige Unterrichtung über schon geplante Betriebsänderungen. Daher hat auch das Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Wirtschaftsausschuss im Verhältnis zum Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Betriebsrat einen anderen Stellenwert (siehe nur Oetker, FS für Wißmann, S. 396 (405) m.w.N.; Fitting, Rz. 30 m.w.N.). Bereits das verkennt die Arbeitgeberin mit ihrer Vorgehensweise und ihren undifferenzierten Zitaten völlig. Auch Rieble (Strafrechtliche Risiken der Betriebsratsarbeit, NZA 2006, 758, 765) unterlässt hier schlicht die notwendige Differenzierung.

76

cc) Die auf Rieble, NZA 758 (765), Richardi/Thüsing § 79 Rz. 4 und GK-Oetker § 79 Rz. 18, gestützte Rechtsauffassung der Arbeitgeberin, es liege hier bereits deshalb im Zusammenhang mit der Information des Betriebsrats über den geplanten Personalabbau im Diabetes-Außendienst ein Geschäftsgeheimnis vor, weil personelle Vorgänge wie Entlassungen und Versetzungen bis zu ihrer Durchführung oder öffentlichen Bekanntmachung sowohl in Bezug auf die betroffenen Personen als auch in Bezug auf ihr Ausmaß generell Geschäftsgeheimnisse seien, ist rechtsfehlerhaft. Geheimhaltungsgegenstand, auf den bei Thüsing und Oetker verwiesen wird, waren personelle Vorgänge in Form von personellen Einzelmaßnahmen, Personalien, persönliche Daten, Gehaltsbestandteile, Eingruppierungen etc., über die in betrieblichen Veröffentlichungen des Betriebsrats informiert wurde. Dass diese nicht zur Unzeit veröffentlicht werden dürfen, ergibt sich bereits u.a. aus § 99 Abs. 1 Satz 3 BetrVG und steht außer Streit. Um die Geheimhaltungsbedürftigkeit personeller Einzelvorgänge geht es hier aber nicht.

77

Thüsing und Oetker stellen insoweit mit ihrer abstrahierenden Pauschalformulierung nur eine schlichte Behauptung auf, nur manifestiert durch wechselseitiges Zitieren, ohne auch nur zu erwähnen, dass stets ein sachliches und objektiv berechtigtes wirtschaftliches Interesse an der Geheimhaltung Voraussetzung ist. Es fehlt jede Auseinandersetzung mit den je nach Unterrichtungs- oder Mitbestimmungstatbestand unterschiedlichen vom Gesetzgeber getroffenen Abwägungsentscheidungen zwischen einem notwendig berechtigten Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers und einem Informations- und Kommunikationsbedürfnis der Mitbestimmungsgremien zum Zwecke der Interessenvertretung .

78

dd) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der sowohl von der Arbeitgeberin als auch von GK-Oetker; Richardi/Thüsing und auch Rieble stets zitierten Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13.09.1989, 16 BV 17/88, AiB 1992, 44. Der Beschluss ist nicht einschlägig, noch nicht einmal veröffentlicht, schon gar nicht unter der angegebenen Quelle. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg erfasst die Fallkonstellation der notwendigen Wahrnehmung von Mitbestimmungsbefugnissen nach §§ 111 ff BetrVG nicht. Es ging um einen laufenden „Informationsdienst“ des Betriebsrats über personelle Veränderungen, personelle Einzelmaßnahmen. Abgesehen davon wurden die Anträge der Arbeitgeberseite in der genannten Entscheidung zurückgewiesen.

79

d) Die zur Eröffnung von Interessenausgleichsverhandlungen am 29.08.2014 dem Betriebsrat erteilten Informationen über den geplanten Personalabbau und dessen Volumen im Diabetes-Außendienst sind objektiv kein Geschäftsgeheimnis.

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aa) Der gesamte Gegenstand einer rechtzeitigen Unterrichtung im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG über eine nach §§ 111, 112 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme kann gegenüber dem Betriebsrat regelmäßig nicht pauschal zu einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis deklariert werden. Das gilt auch, wenn aus einer solchen Maßnahme später in der Umsetzung personelle Vorgänge wie Entlassungen und / oder Versetzungen entstehen. Der Vorgang an sich genießt keinen Geheimschutz. Ein grundsätzliches Verbot, „Gegenstand, Verlauf und Ergebnis von Verhandlungen zu offenbaren“, lässt sich nicht mit einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse eines Unternehmens begründen. Der Gegenstand von Verhandlungen kann nicht uneingeschränkt dem Verschwiegenheitsgebot unterworfen werden (BGH vom 05.06.1975, II ZR 156/73 – Juris, Rz. 16 – zum Aufsichtsrat). Auch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2002/14/EG - die den allgemeinen Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der EG regelt – gestatten den Mitgliedsstaaten nur Rechtsvorschriften zum Geheimhaltungsschutz bei Vorliegen eines berechtigten Interesses der Unternehmen.

81

bb) Ein Arbeitgeber hat kein sachlich begründetes, objektiv berechtigtes Geheimhaltungsinteresse daran, dass ein Betriebsrat generell erst kommuniziert, wenn Entscheidungen „konkret ausverhandelt sind“, wie die Antragsgegnerin meint (Anlage 5, Bl. 31 d. A.). Ein Betriebsrat muss nicht vom Beginn der Unterrichtung im Sinne des § 111 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bis zum Ende von Interessenausgleichsverhandlungen schweigen. Anderenfalls liefe das für den Betriebsrat generell geltende Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit bei Fallkonstellationen wie der vorliegenden, beabsichtigter betriebsändernder Personalabbau im Sinne der §§ 111 ff BetrVG leer. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Belegschaft umfassend und grundlegend zu informieren. Die Einhaltung der allgemeinen Überwachungspflichten nach § 75 BetrVG bzw. § 80 BetrVG verlangt zwingend, sich mit den von ihnen zu vertretenden Mitarbeitern auszutauschen. Auch die sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte ist ohne einen Informations- und Meinungsaustausch zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht denkbar (BAG vom 9.6.1999, 7 ABR 66/97 – Rz. 24 – zu § 40 BetrVG).

82

Ein Betriebsrat muss daher in der Regel ab Beginn der Unterrichtung über konkret geplante Betriebsänderungen mit seinen Wählern und den von ihm vertretenen Arbeitnehmern kommunizieren können, erst Recht wenn sie betroffen sind. Anderenfalls kann er seine Mitbestimmungsrechte nicht effektiv und sachgerecht ausüben. Gegenüber den Arbeitnehmern besteht kein Konkurrenz- oder Wettbewerbsverhältnis (so auch DKKW-Buschmann, § 79 BetrVG Rz. 2, 8).

83

cc) Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn für die Arbeitgeberin ein konkretes sachlich begründetes, objektiv berechtigtes Geheimhaltungsinteresse tatsächlich besteht. Das ist hier nicht der Fall.

84

(1) Vorliegend führt die Arbeitgeberin als Geheimhaltungsinteresse an, sie stehe mit anderen Unternehmen in Bezug auf die Position am Markt und die dafür geeigneten Bearbeitungswege im Wettbewerb. Die Kenntnis konkurrierender Unternehmen von der Planung und Umfang einer solchen Maßnahme noch vor der Realisierung bedeute für sie einen Wettbewerbsnachteil und stelle die Erfolgsaussichten der Maßnahme insgesamt in Frage (Anlage AGeg.2, Bl. 70f und Bl. 85 d. A.). Dieses Anliegen der Arbeitgeberin stellt nur ein allgemeines, dem normalen Wettbewerb entspringendes Interesse dar. Ein solches globales Interesse hat jeder Arbeitgeber. Es fehlt jegliches spezifizierte Vorbringen, wieso und wodurch konkret die Erfolgsaussichten der Maßnahme bei fehlender Geheimhaltung in Frage gestellt werden. Ebenso fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, woraus sich ein konkreter, besonderer Wettbewerbsnachteil ergeben soll, der alle am Markt agierenden Unternehmen ständig trifft. Besonderheiten des betroffenen Unternehmensbereichs, die es hier zu schützen gilt, (siehe BAG vom 26.02.1987, 6 ABR 46/84), sind nicht ersichtlich. Mit dieser globalen Argumentation kann jede mitbestimmungspflichtige Information zu einem Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 79 BetrVG erklärt werden.

85

(2) Das gilt auch für das weitere vorgebrachte Geheimhaltungsinteresse. Die Arbeitgeberin führt an, der Einfluss einer vorzeitigen Information der Belegschaft, insbesondere wenn die Maßnahme und deren Umsetzung noch nicht verhandelt sind und sich noch verändern könne, stelle eine massive Beeinträchtigung der Betriebsfähigkeit dar, weil potentiell betroffene Arbeitnehmer in Kenntnis solcher Maßnahmen möglicherweise anders arbeiten als bei unbeeinträchtigtem Betrieb (Anlage AGeg. 2, Bl. 70f und Bl. 85 d. A). Auch das ist kein sachlich begründetes, objektiv berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Sinne des § 79 BetrVG und des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 der RL 2002/14/EG. Geplante Betriebsänderungen und geplanter Personalabbau im Sinne der §§ 111 ff BetrVG lösen immer Unruhe und Reaktionen der Belegschaft aus. Das liegt in der Natur der Sache, da die Existenzgrundlage der Arbeitnehmer oftmals in Gefahr gerät und auch die Motivation sinkt. Das hat ein Arbeitgeber aber hinzunehmen, sobald er über einen geplanten betriebsändernden Personalabbau in die kraft Gesetzes notwendigen Verhandlungen nach §§ 111, 112 ff BetrVG mit dem Betriebsrat eintritt. Anderenfalls dürfte der Betriebsrat auch keine Betriebsversammlungen trotz anstehender Betriebsänderung in Form von Personalabbau durchführen, bis dieser beschlossene Sache ist. Mit einer solchen Betrachtungsweise laufen seine Informationsansprüche nach §§ 111, 112 BetrVG und die sich daraus ergebenden Interessenvertretungspflichten leer. Der Betriebsrat kann im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen über einen Personalabbau und deren Zeitfenster beispielsweise dann nicht eruieren, wie viele Kündigungen erforderlich wären, ob und in welchem konkreten Umfang mildere Maßnahmen wie Aufhebungsverträge in Betracht kommen, zu welchem Zeitpunkt ein einvernehmlicher oder schubweiser Personalabbau erfolgen kann bzw. soll; ob durch Gehaltsverzicht der geplante Personalabbau ganz oder teilweise aufgefangen werden könnte, etc.. All diese Fragen des „ob, wann, wie und in welchem Umfang“ sind der klassische Gegenstand der Verhandlungen eines Interessenausgleiches mit dem Betriebsrat. Darüber muss er während der Verhandlungen mit der Belegschaft und den – hier 285 – betroffenen Mitarbeitern kommunizieren können, unter Beachtung des sich aus § 2 BetrVG ergebenden Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Daher stellt der Wunsch der Arbeitgeberin nach maximal ungestörtem Betriebsablauf ab Einleitung von Interessenausgleichsverhandlungen bei/trotz konkret geplantem Personalabbau – hier für 285 Arbeitnehmer – kein sachliches und objektiv berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung im Sinne des § 79 BetrVG dar.

86

(3) Ungeachtet dessen bestand zum Zeitpunkt der erteilten und zum Betriebsgeheimnis deklarierten Information vom 29.08.2014 die Unruhe auch bereits im Betrieb, wie die Geschäftsleitung selbst schrieb (Anlage 1, Bl. 20 d. A., Anlage 5, Bl. 31 d. A.).

87

3. Angesichts dessen ist die ausdrückliche Geheimhaltungserklärung der Arbeitgeberin unbeachtlich. Ebenso kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Maßnahme bereits offenkundig war, weil andere Personen die Planungen eventuell kannten und unstreitig im Betrieb schon entsprechende, auch der Geschäftsführung bekannte Gerüchte kursierten (Anlage 1, Bl. 21, Anlage 5, Bl. 31).

88

4. Die Beschwerde der Arbeitgeberin war daher zurückzuweisen. Der angefochtene Beschluss war antragsgemäß zu bestätigen.

89

Dieser Beschluss ergeht gerichtskosten- und gebührenfrei.

90

5. Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Die hier streitigen Rechtsfragen sind höchstrichterlich noch nicht entschieden und von grundsätzlicher Bedeutung.


(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.

(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 10. Juli 2008 - 3 TaBV 3/08 - wird insoweit als unzulässig verworfen, als mit ihr die Abweisung der Anträge der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Mitarbeiter O, F und Me begehrt wird.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 10. Juli 2008 - 3 TaBV 3/08 - im Übrigen aufgehoben. In diesem Umfang wird das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die zutreffende Umgruppierung von Arbeitnehmern in ein neu eingeführtes tarifliches Vergütungsschema.

2

Die Arbeitgeberin ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Köln. In ihrem Unternehmen sind in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Sie führt ua. in Bremen einen Betrieb, in welchem der zu 2. beteiligte Betriebsrat gewählt worden ist.

3

Die Vergütung des bei der Arbeitgeberin beschäftigten Bodenpersonals richtete sich zunächst nach dem Vergütungsrahmentarifvertrag für das Bodenpersonal, gültig ab 1. April 1989 in der Fassung vom 17. Februar 1999. Nach Tarifverhandlungen für ein neues Vergütungssystem vereinbarten die für den Bodenbetrieb der Arbeitgeberin zuständigen Tarifpartner - die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg eV und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft - am 8. April 2005 ein „Neues Vergütungssystem Boden für die DLH AG“. Dieser Vereinbarung war eine vorläufige, nur auf der ersten Seite von den Tarifpartnern paraphierte sog. TKM-Liste mit einer Gegenüberstellung der bisherigen und der neuen Tätigkeiten beigefügt. Mit (Rück-)Wirkung zum 1. Dezember 2005 schlossen die Tarifparteien für die Mitarbeiter der Arbeitgeberin im Bodenbereich neue Tarifverträge zu Vergütungssystemen. Hierbei handelt es sich um den Tarifvertrag Vergütungssystem Boden DLH(TV VS Boden) und den Vergütungstarifvertrag Nr. 1 Bodenpersonal DLH (VTV Nr. 1). Das Unterschriftenverfahren zu diesen Tarifverträgen endete am 14. August 2006.

4

Am 30. November 2005 unterzeichneten die Verhandlungsführer der Tarifvertragsparteien eine zum 1. Dezember 2005 in Kraft tretende „Vereinbarung der Tarifpartner zur Überleitung in das neue Vergütungssystem DLH Bodenpersonal“(Überleitungsvereinbarung), in der einzelne Aspekte der Zuordnung der Tätigkeit der Mitarbeiter zu einer Vergütungsgruppe des TV VS Boden festgelegt wurden. In einer am 25. April 2006 von den Verhandlungsführern der Tarifvertragsparteien vereinbarten Ergänzung zur Überleitungsvereinbarung wurde niedergelegt, dass „die Tarifpartner die Eingruppierung der Mitarbeiter anhand der Tätigkeitsmerkmale des TV VS abschließend vorgenommen“ haben, wobei die Überleitung „aus der bisherigen Tätigkeit/Eingruppierung in die Vergütungsgruppen des neuen Systems … durch die Tarifpartner entsprechend der Tabelle gemäß Protokollnotiz III TV VS auf der Grundlage der beigefügten Liste (TKM-Liste)“ erfolgte.

5

Der TV VS Boden enthält folgende Protokollnotiz III:


        

        
Aus Anlass der Umstellung der bisherigen Vergütungsrahmentarifverträge (VRTV für das Bodenpersonal der Deutschen Lufthansa AG vom 1. April 1989 in der Fassung vom 17. Februar 1999 und VRTV Neue Bundesländer vom 1. Januar 1991) auf die Regelungen des Tarifvertrags Vergütungssystem Boden (TV VS Boden) der Deutschen Lufthansa AG und der dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrages zugeordneten Gesellschaften vom 1. Dezember 2005 sind alle vom Geltungsbereich erfassten Mitarbeiter durch die Tarifpartner neu eingruppiert worden. Die Dokumentation der Eingruppierung wurde wie folgt vorgenommen:
        
Die Eingruppierung erfolgte durch Beschluss der Tarifpartner anhand der zwischen den Tarifpartnern vereinbarten Listen für jeden einzelnen Mitarbeiter und jede vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages umfasste Gesellschaft nach folgenden Daten:

        

-       

Name und Vorname des Mitarbeiters
        
-       

Pk-Nr.
        
-       

Abteilung
        
-       

Bisherige Tätigkeits-/Stellenbezeichnung
        
-       

Bisherige Vergütungsgruppe
        
-       

Künftige Tätigkeits-/Stellenbezeichnung
        
-       

Künftige Vergütungsgruppe
        
-       

Funktionszulage (soweit anwendbar)
        
Die Tarifpartner haben getrennt nach den vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages umfassten Gesellschaften jede einzelne Seite dieser Liste unterzeichnet.“
6

Die Arbeitgeberin ersuchte den Betriebsrat mit Schreiben vom 9. November 2005 um Zustimmung zur Umgruppierung ihres am Standort Bremen beschäftigten Bodenpersonals, ua. der Arbeitnehmer P, O, D, F, G, Me, Mi, Sch, R und S. Beigefügt waren die am 7. November 2005 von den Verhandlungsführern der Tarifvertragsparteien paraphierten Entwürfe des VTV Nr. 1 und des TV VS Boden, die Tätigkeitsprofile sowie die Überleitungsvereinbarung vom 30. November 2005 in paraphierter Fassung vom 7. November 2005. Eine von den Tarifvertragsparteien nicht unterschriebene oder paraphierte Überleitungsliste nach der Protokollnotiz III des TV VS Boden ging dem Betriebsrat am 12. November 2005 zu. Er erhielt auch am 23. Januar 2006, 7. Februar 2006, 16. Februar 2006 (mit Ergänzung vom 28. Februar 2006) und 13. Juni 2006 Überleitungslisten, die von den Tarifvertragsparteien weder paraphiert noch unterzeichnet waren. In der Zeit nach dem 9. November 2005 vereinbarten die Betriebsparteien innerhalb offener Frist eine Verlängerung der Frist des Betriebsrats zur Stellungnahme zu den Umgruppierungen zunächst bis zum 29. November 2005 und sodann bis zum 31. März 2006. Am 6. Dezember 2005 schlossen sie eine „Regelungsvereinbarung“ folgenden Inhalts:


        

„Präambel
        
Aus Anlass der Umstellung des bisherigen Vergütungsrahmentarifvertrages für das Bodenpersonal der Deutsche Lufthansa AG auf die Regelungen des Tarifvertrages Vergütungssystem Boden der Deutschen Lufthansa AG sind alle Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa AG durch die Tarifpartner Deutsche Lufthansa AG/Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e. V. und ver.di neu eingruppiert worden. Dem Betriebsrat sind entsprechende Listen mit der für jeden Mitarbeiter vorgesehenen Eingruppierung überreicht und damit das Verfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet worden.
        
1.   

Es besteht Einvernehmen darüber, dass es erforderlich ist, die korrekte Eingruppierung der Mitarbeiter durch den Betriebsrat in jedem Einzelfall zu überprüfen. Da eine nachvollziehbare Überprüfung der Umgruppierungen bzw. Eingruppierungen innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Frist nicht möglich ist, besteht Einvernehmen, dass die gesetzliche Stellungnahmefrist nach § 99 BetrVG bis zum 31. März 2006 verlängert wird.
        
2.   

Es besteht Einvernehmen darüber, dass alle Mitarbeiter zum 1. Dezember 2005 entsprechend der von den Tarifpartnern vorgesehenen Eingruppierung in das neue Tarifsystem übergeleitet werden.
        
3.   

Geschäftsleitung und Betriebsrat werden abteilungsbezogen die korrekte Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter besprechen. Kommt zwischen den Betriebsparteien eine Einigung hinsichtlich der Eingruppierung zustande, so gilt der Mitarbeiter rückwirkend ab 1. Dezember 2005 als korrekt eingruppiert. Die Geschäftsleitung wird dem Betriebsrat Anfang Dezember eine um Änderungen bei Mitarbeiter, die nach dem 31.10.05 aufgrund von Stufensteigerungen, Umgruppierungen, Vergütungserhöhungen, Versetzungen etc. ergänzte Liste aller Mitarbeiter überreichen, die Grundlage der Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat sein wird.
        
4.   

Sollte bis zum 31. März 2006 eine vollständige Beurteilung der korrekten Eingruppierung nicht möglich sein, erfolgt für die noch offenen Fälle eine Verlängerung der Frist bis zum 30. Juni 2006. Für die Fälle, die bis dahin nicht einvernehmlich geregelt werden, gilt die Zustimmung zur Eingruppierung als verweigert. Der Arbeitgeber wird dann die entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten …“
7

Vor dem 31. März 2006 vereinbarten die Betriebsparteien ua. wegen zeitlicher Verzögerungen im Zusammenhang mit den laufenden Betriebsratswahlen eine Verlängerung der Stellungnahmefrist des Betriebsrats zu den beantragten Umgruppierungen der Arbeitnehmer bis zum 30. Juni 2006.

8

Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 nahm der Betriebsrat zu den Umgruppierungen gegenüber der Arbeitgeberin wie folgt Stellung:


        

„Sehr geehrter Herr …,
        
der Betriebsrat BRE YB/R stellt fest:
        
Der Betriebsrat BRE YB/R hat die Namensliste mit den vorgesehenen Eingruppierungen/Überleitungen erhalten. Er sieht sich aus folgenden Gründen nicht in der Lage den vorgesehenen Umgruppierungen zuzustimmen:
        
Es ist dem Betriebsrat nicht möglich gewesen, die Umgruppierung in jedem Einzelfall anhand der ihm zugestellten Namenslisten innerhalb der bis zum 30.06.2006 verlängerten Frist zu prüfen. Dazu fehlen dem Betriebsrat BRE YB/R zur Entscheidungsfindung noch wichtige Informationen:
        
In der Protokollnotiz III zum Tarifvertrag Vergütungssystem Boden DLH, welche dem Betriebsrat bislang nur als Entwurf (Redaktionsstand 4.11.2005) vorliegt, ist bestimmt, dass die Eingruppierung durch Beschluss der Tarifpartner anhand der zwischen den Tarifpartnern vereinbarten Listen erfolgt, wobei die Tarifpartner jede einzelne Stelle dieser Listen unterzeichnen. Die dem Betriebsrat vorliegenden Listen sind nicht unterzeichnet.
        
Dem Betriebsrat ist bekannt, dass trotz Ihrer Übersendung der überarbeiteten Tätigkeits- und Funktionsprofile am 13. Juni 2006 weitere Veränderungswünsche Ihrerseits an die Tarifpartner gestellt wurden. Nach heutiger Kenntnis ist die Meinungsfindung und Beschlussfassung in der Tarifkommission erst Anfang Juli geplant.
        
Der Betriebsrat BRE YB/R stellt somit fest, dass die zugesandten Profile nicht dem letzten Verhandlungsstand entsprechen.
        
Ohne die beschlossenen Tätigkeits- und Funktionsprofile ist es dem Betriebsrat jedoch unmöglich zu entscheiden, ob die Eingruppierung/Überleitung korrekt ist. Der Tarifvertrag Vergütungssystem Boden DLH sagt im § 2 (Zitat):
        
…       
        
Vor diesem Hintergrund ist offen, ob die Wochenfrist für die Anträge auf Umgruppierung aller Kolleginnen und Kollegen unseres Zuständigkeitsbereiches gemäß § 99 BetrVG trotz der gemeinsam geschlossenen Regelungsvereinbarung, die ein Ende der Frist mit Datum 30. Juni 2006 vorsieht, läuft.
        
Der Betriebsrat stellt fest, dass bislang eine einvernehmliche Lösung nicht zustande gekommen ist und damit gemäß der entsprechenden Ziffer 4 der Regelungsvereinbarung die Zustimmung des Betriebsrates für alle Kolleginnen und Kollegen als verweigert gilt.
        
Wie fordern Sie auf, dem Betriebsrat eine vollständige Überleitungsliste mit Stand 1.12.2005, sowie die beschlossenen Fassungen der Tätigkeits- und Funktionsprofile zuzusenden.
        
Zusätzlich widerspricht der Betriebsrat BRE YB/R den Versetzungen/Einstellungen folgender Kolleginnen und Kollegen gemäß § 99 Abs. 2 Ziffer 1 und 4 BetrVG:
        
Der ‚übertariflichen’ Überleitung aller 1. Fachkräfte in die VG D.
        
Eine Umgruppierung kann nur unter Anwendung der regulären Oberbegriffe und Tätigkeitsmerkmale des Vergütungstarifvertrages erfolgen. Der BR ist der Auffassung, dass die den 1. Fachkräften übertragenen Aufgaben nicht den Oberbegriffen der Gruppe D zuzuordnen sind, sondern den Oberbegriffen der Gruppe E als Allrounder entsprechen. Diese Mitarbeiter erfüllen die dort vorgesehenen Oberbegriffe/Tätigkeitsmerkmale, da ihnen ihr Aufgabengebiet zur selbstständigen Bearbeitung übertragen worden ist und Entscheidungsbefugnisse enthält.
        
Namentlich:
        
… F … Me … O …
        
…“   
9

Am 27. Oktober 2006 schlossen die Betriebsparteien eine „Regelungsvereinbarung in Ergänzung zur Regelungsvereinbarung vom 6.12.2005“, ausweislich derer sie darin übereinstimmten, dass eine Einigung zu den Umgruppierungen der Mitarbeiter am Standort Bremen nicht erzielt worden sei und die Zustimmung des Betriebsrats zu den Umgruppierungen aufgrund der in Nr. 4 der Regelungsvereinbarung vom 6. Dezember 2005 getroffenen Abrede als verweigert gelte. Die Arbeitgeberin hat sodann das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet. Während der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht am 16. April 2007, an der die Betriebsratsvorsitzende teilnahm, legte die Arbeitgeberin Überleitungslisten sowie die sog. TKM-Liste im Original vor, die von den Tarifvertragsparteien paraphiert waren. Der Betriebsrat erhielt Kopien dieser Unterlagen.

10

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, das Zustimmungsverfahren sei durch ihr Schreiben vom 9. November 2005 ordnungsgemäß eingeleitet worden. Bei den Mitarbeitern P, Mi, D, Sch, R, G und S gelte die Zustimmung zur Umgruppierung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt, weil der Betriebsrat bis zum Ablauf der vereinbarten Frist am 30. Juni 2006 seine Zustimmung nicht unter Angabe von Gründen verweigert habe. Hinsichtlich der Beschäftigten O, F und Me treffe der vom Betriebsrat angegebene Zustimmungsverweigerungsgrund nicht zu. Jedenfalls sei bei allen zehn Arbeitnehmern die Zustimmung nach § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen, denn die beabsichtigten Umgruppierungen verstießen nicht gegen tarifliche Regelungen.

11

Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,


        

die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Beschäftigten
        
-       

P, O, D, F, G und Me in Vergütungsgruppe D,
        
-       

Mi und Sch in Vergütungsgruppe C,
        
-       

R in Vergütungsgruppe E und
        
-       

S in Vergütungsgruppe F
        
nach Tarifvertrag Vergütungssystem Boden vom 30. November 2005 zu ersetzen.
12

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat gemeint, es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Unterrichtung über die Umgruppierungen seitens der Arbeitgeberin. Auch sei die Vereinbarung der Betriebsparteien, nach welcher die Zustimmung zu den nicht einvernehmlich geregelten Umgruppierungen als verweigert gelte, wirksam. Die Zustimmung zu den Umgruppierungen sei zu Recht verweigert worden.

13

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Beschäftigten P, D, G, Mi, Sch, R und S als erteilt gelte. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat weiterhin die Antragsabweisung. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

14

B. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Mitarbeiter O, F und Me wendet. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Mit der Begründung des Beschwerdegerichts kann nicht angenommen werden, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Mitarbeiter P, Mi, D, Sch, R, G und S als erteilt gilt. Da es für eine abschließende Entscheidung an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt, ist die Sache insoweit zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

15

I. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unzulässig, soweit mit ihr die Abweisung der Anträge der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Mitarbeiter O, F und Me begehrt wird. Die Rechtsbeschwerdebegründung genügt insoweit nicht den Anforderungen des § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG.

16

1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält(BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 13, BAGE 126, 176). Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG 16. Juni 2004 - 5 AZR 529/03 - zu I der Gründe, AP ZPO 2002 § 551 Nr. 2 = EzA ZPO 2002 § 520 Nr. 3; 12. November 2002 - 1 AZR 632/01 - zu B I der Gründe, BAGE 103, 312).

17

2. Danach ist die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats im genannten Umfange unzulässig. Bei den auf die Umgruppierung verschiedener Arbeitnehmer gerichteten Zustimmungsersetzungsanträgen der Arbeitgeberin handelt es sich um jeweils gesonderte prozessuale Gegenstände. Das Landesarbeitsgericht hat seine die Zustimmung zu den Umgruppierungen der Arbeitnehmer O, F und Me ersetzende Entscheidung damit begründet, der Betriebsrat habe hinsichtlich dieser Mitarbeiter die Zustimmung zwar rechtzeitig und unter Angabe eines konkreten und beachtlichen Grundes schriftlich verweigert. Die mitgeteilte Umgruppierung entspreche aber der neuen Vergütungstarifsystematik, so dass kein Zustimmungsverweigerungsgrund vorliege. Mit dieser Argumentation befasst sich die Rechtsbeschwerdebegründung nicht. Es findet sich allenfalls der Passus, der Betriebsrat wende sich „nur deshalb gegen die beabsichtigte Umgruppierung, weil die Mitarbeiter seiner Meinung nach die Eingruppierungsmerkmale einer höheren Vergütungsgruppe erfüllten und damit ein Verstoß gegen die neue Vergütungsordnung“ vorliege. Dies lässt jegliche Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung des Landesarbeitsgerichts, warum die bei den Beschäftigten O, F und Me mitgeteilte Zuordnung zur Vergütungsgruppe D des TV VS Boden zutreffe, vermissen.

18

II. Im Übrigen hat die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Erfolg.

19

1. Allerdings stützt sich die Rechtsbeschwerde nur darauf, das Landesarbeitsgericht habe die Abrede der Betriebsparteien über eine Zustimmungsverweigerungsfiktion nach Nr. 4 der Regelungsvereinbarung vom 6. Dezember 2005 rechtsfehlerhaft für unwirksam erachtet. Dieser Angriff ist unbegründet. Die Betriebsparteien können nicht wirksam vereinbaren, dass die Zustimmung des Betriebsrats als verweigert gilt, wenn zwischen ihnen bis zum Ablauf der Äußerungsfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG oder einer vereinbarten längeren Stellungnahmefrist kein Einvernehmen über eine vom Arbeitgeber beantragte Umgruppierung erzielt wird. Für den damit verbundenen Eingriff in das Zustimmungsersetzungsverfahren des § 99 Abs. 4 BetrVG fehlt ihnen die Regelungskompetenz(BAG 18. August 2009 - 1 ABR 49/08 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 128 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 14).

20

2. Das Rechtsbeschwerdegericht ist jedoch bei einer zulässigen Rechtsbeschwerde nicht auf eine Prüfung der ausdrücklich geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe beschränkt. Der angegriffene Beschluss ist vielmehr vollumfänglich auf seine materiell-rechtliche Richtigkeit zu überprüfen. Dieser Prüfung hält der angefochtene Beschluss nicht stand.

21

a) Die auf die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmer P, D, G, Mi, Sch, R und S gerichteten Anträge des Arbeitgebers sind zulässig. Insbesondere besteht hierfür das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Daher bedarf es bei einer Umgruppierung, zu der auch die durch eine Modifikation des bislang geltenden Vergütungsschemas veranlasste Änderung der bisherigen Einreihung bei unveränderter Tätigkeit des Arbeitnehmers zählt, gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats(vgl. BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - Rn. 15, BAGE 118, 141). Weil der Betriebsrat den Umgruppierungen seine Zustimmung verweigert hat, kann die Arbeitgeberin diese gerichtlich ersetzen lassen, § 99 Abs. 4 BetrVG.

22

b) Die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, die Anträge der Arbeitgeberin seien begründet, weil die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Mitarbeiter P, Mi, D, Sch, R, G und S gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gelte, hält auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand.

23

aa) Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Voraussetzung für den Eintritt dieser gesetzlichen Fiktion, wie auch für eine gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG, ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf(BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 27, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 127 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 12; 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 113, 109). Dazu hat der Arbeitgeber den Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend zu unterrichten(BAG 28. Juni 2005 - 1 ABR 26/04 - Rn. 21 mwN, BAGE 115, 173).

24

(1) Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt(BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B II 2 b bb [2] der Gründe, BAGE 113, 109). In den Fällen der Ein- und Umgruppierung besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 und 2 BetrVG in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage im Sinne einer Richtigkeitskontrolle(BAG 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zu II 1 c der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 3). Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden(BAG 21. März 1995 - 1 ABR 46/94 - zu B II 1 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 127). Bei Umgruppierungen gehört daher zu einer vollständigen Unterrichtung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Angabe der bisherigen und der vorgesehenen Vergütungsgruppe sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer anders als bisher einzureihen ist. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber auch über alle ihm bekannten Umstände zu informieren, welche die Wirksamkeit der Vergütungsordnung betreffen. Ein Grund für die Zustimmungsverweigerung zu einer Ein- und Umgruppierung kann nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nämlich dann gegeben sein, wenn der Arbeitgeber die Ein- und Umgruppierung in einen nicht zur Anwendung kommenden Tarifvertrag vornehmen will(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 114, 162).

25

(2) Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn es der Betriebsrat unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen(BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B II 2 d bb der Gründe, BAGE 113, 109). Durfte der Arbeitgeber hingegen davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der erteilten Auskünfte zu bitten (BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B II 2 d aa der Gründe, aaO). Gelten die für die Ein- oder Umgruppierung maßgeblichen Tarifverträge - etwa mangels Unterzeichnung - noch nicht, ist der Arbeitgeber prinzipiell verpflichtet, dies dem Betriebsrat ebenso mitzuteilen wie die Gründe dafür, dass die Ein- oder Umgruppierung gleichwohl erfolgen soll. Kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass diese Umstände bekannt sind, ist es Sache des Betriebsrats, weitere Informationen zu verlangen, wenn er nicht über alle für die Ausübung seines Mitbeurteilungsrechts erforderlichen Angaben verfügt.

26

bb) Vorliegend durfte die Arbeitgeberin zunächst davon ausgehen, ihre Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vollständig erfüllt zu haben. Erst aufgrund der Rüge des Betriebsrats vom 29. Juni 2006, die innerhalb der wirksam bis zum 30. Juni 2006 verlängerten Zustimmungsverweigerungsfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfolgte, musste die Arbeitgeberin erkennen, dass der Betriebsrat nicht über alle zur Mitbeurteilung der Umgruppierung erforderlichen Informationen verfügte. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von demjenigen, der dem Beschluss des Ersten Senats vom 18. August 2009(- 1 ABR 49/08 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 128 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 14) zugrunde lag; in diesem hatte der Betriebsrat innerhalb offener Frist keine entsprechende Rüge erhoben.

27

(1) Die Arbeitgeberin durfte vorliegend zunächst annehmen, den Betriebsrat hinreichend unterrichtet zu haben. Sie hat in ihrem Schreiben vom 9. November 2005 die Notwendigkeit der Umgruppierungen mit der beabsichtigten Einführung des neuen Vergütungssystems für die im Bodendienst beschäftigten Arbeitnehmer begründet. Die betroffenen Arbeitnehmer waren in der am 12. November 2005 nachgereichten Überleitungsliste mit ihrer Personalnummer namentlich aufgeführt und damit hinreichend individualisierbar bezeichnet. Die Arbeitgeberin hat dem Betriebsrat die Tarifgruppe der betroffenen Arbeitnehmer mitgeteilt und angegeben, welcher Vergütungsgruppe nach dem TV VS Boden diese nunmehr zugeordnet werden sollen. Durch die Angaben in der Überleitungsliste war der Betriebsrat des Weiteren darüber informiert, welche Tätigkeit die von dem Antrag betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich ausüben und welchem neuen Tätigkeitsmerkmal diese entsprechen soll. Insoweit durfte die Arbeitgeberin davon ausgehen, dem Betriebsrat alle für die Ein- und Umgruppierungen erforderlichen Umstände vollständig mitgeteilt zu haben(vgl. hierzu BAG 18. August 2009 - 1 ABR 49/08 - Rn. 14 ff., AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 128 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 14).

28

(2) Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 hat jedoch der Betriebsrat zu Recht beanstandet, er sei für die von ihm vorzunehmende Mitbeurteilung der Umgruppierungen noch nicht hinreichend informiert. Das Schreiben der Arbeitgeberin vom 9. November 2005 enthielt keine Informationen dazu, dass die anzuwendenden maßgeblichen Tarifverträge noch nicht unterschrieben und auch die Überleitungslisten von den Tarifvertragsparteien weder unterzeichnet noch paraphiert waren. Diesen Umstand hat der Betriebsrat mit Schreiben vom 29. Juni 2006 aufgegriffen und beanstandet, dass ihm zu seiner Entscheidungsfindung noch wichtige Informationen - namentlich die von den Tarifvertragsparteien abgezeichneten Überleitungslisten und beschlossenen Tätigkeits- und Funktionsprofile - fehlten. Damit hat er deutlich gemacht, dass und weshalb er sich für die Mitbeurteilung der Umgruppierungen noch nicht als hinreichend informiert erachtete. Jedenfalls unter Berücksichtigung des Umstands, dass am 29. Juni 2006 die Tarifverträge und Überleitungslisten von den Tarifvertragsparteien noch nicht (end-)unterzeichnet waren, ist diese Rüge auch berechtigt. Dem Betriebsrat fehlten Informationen über die Entwicklung und den Stand der Tarifverhandlungen. Nur bei einer insoweit vervollständigten Unterrichtung ist der Betriebsrat in der Lage zu prüfen, ob die beabsichtigten Umgruppierungen den tariflichen Vorgaben entsprechen. Die Arbeitgeberin durfte im Hinblick auf die berechtigte Beanstandung des Betriebsrats nicht mehr davon ausgehen, ihrer Unterrichtungsverpflichtung mit Schreiben vom 9. November 2005 und der Zuleitung der Übergangsliste am 12. November 2005 vollständig genügt zu haben.

29

(3) Die Rüge des Betriebsrats zu seiner unvollständigen Unterrichtung war nicht deshalb unbeachtlich, weil sie außerhalb der gesetzlichen Wochenfrist für die Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfolgte. Die Betriebsparteien haben die Zustimmungsverweigerungsfrist für den Betriebsrat wirksam bis zum 30. Juni 2006 verlängert.

30

(a) Die einvernehmliche Verlängerung der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG durch die Betriebsparteien ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig(BAG 17. Mai 1983 - 1 ABR 5/80 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 42, 386, 391 ff.; 16. November 2004 - 1 ABR 48/03 - zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 112, 329). Das Fristende muss allerdings anhand der getroffenen Abreden eindeutig bestimmbar sein (BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 2/05 - zu B II 1 b aa der Gründe, BAGE 118, 141).

31

(b) Vorliegend haben die Arbeitgeberin und der Betriebsrat zunächst vor Ablauf der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG per E-Mail eine Fristverlängerung für die Stellungnahme des Betriebsrats zu den Umgruppierungen der Arbeitnehmer bis zum 29. November 2005 und sodann innerhalb dieser Frist bis zum 31. März 2006 verabredet. In der Regelungsvereinbarung vom 6. Dezember 2005 ist erneut die Fristverlängerung bis 31. März 2006 vereinbart und vor deren Ablauf Übereinstimmung dahingehend erzielt worden, die gemäß Ziffer 4 der Regelungsvereinbarung mögliche Fristverlängerung bis zum 30. Juni 2006 auszunutzen. Eine solche Fristverlängerung um mehr als sieben Monate unterscheidet sich von der gesetzlichen Konzeption der Zustimmungsverweigerungsfrist erheblich. Sie begegnet aber im vorliegenden Fall keinen Bedenken. Denn sie trägt angesichts der Anzahl der Umgruppierungen nachvollziehbaren praktischen Bedürfnissen Rechnung. Die Tarifvertragsparteien haben außerdem die Überleitungs- und TKM-Listen noch während der verlängerten Frist abgestimmt und zugleich vorgesehen, dem neuen Vergütungssystem Rückwirkung zum 1. Dezember 2005 beizumessen. In Anbetracht dieser Umstände erscheint es angemessen, bei der dem Betriebsrat zur Verfügung stehenden Frist die noch nicht endgültig abgeschlossenen Verhandlungen der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen.

32

(4) Dem Betriebsrat ist es nicht etwa im Hinblick auf Regelungsvereinbarungen vom 6. Dezember 2005 und vom 27. Oktober 2006 verwehrt, sich auf die unvollständige Unterrichtung zu berufen. Weder aus der Verabredung über die Verlängerung der Zustimmungsverweigerungsfrist noch aus der übereinstimmenden Äußerung, dass die Zustimmung des Betriebsrats als verweigert gelte und nunmehr das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen sei, folgt, dass sich der Betriebsrat auf sein betriebsverfassungsrechtliches Recht auf eine umfassende Unterrichtung zu den personellen Maßnahmen wegen des in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht mehr berufen könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit der Betriebsrat durch den Abschluss dieser Vereinbarungen bei der Arbeitgeberin ein schützenswertes Vertrauen darauf hervorgerufen hätte, er werde die Unvollständigkeit der ihm erteilten Informationen nicht geltend machen.

33

cc) Ob die erforderliche Vervollständigung der Unterrichtung des Betriebsrats im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 16. April 2007 erfolgt und dadurch die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt worden ist, die dann am 23. April 2007 abgelaufen wäre, vermag der Senat anhand der festgestellten Tatsachen nicht zu beurteilen.

34

(1) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber in Fällen, in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert hat, auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen kann(BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 24 mwN, BAGE 126, 176). Mit der Nachholung der Unterrichtung und Vervollständigung der Informationen wird nunmehr die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt(vgl. BAG 10. August 1993 - 1 ABR 22/93 - zu B I 1 der Gründe mwN, NZA 1994, 187). Allerdings muss für den Betriebsrat insbesondere bei einer Vervollständigung der Informationen während des Zustimmungsersetzungsverfahrens erkennbar sein, dass der Arbeitgeber diese jedenfalls auch zur Ergänzung seiner etwa noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungsverpflichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG vornimmt. Erforderlich - aber auch ausreichend - ist, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat deutlich macht, mit der nachgereichten oder zusätzlichen Information seiner Verpflichtung zur vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats genügen zu wollen, und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt ansieht. Dies muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann sich auch aus den Umständen der Informationsnachreichung ergeben. Einer Wiederholung des bereits an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens bedarf es ebenso wenig wie eines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass nunmehr die Zustimmungsverweigerungsfrist für den Betriebsrat erneut zu laufen beginnt.

35

(2) Hiervon ausgehend genügt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts allein die Übergabe der von den Tarifvertragsparteien paraphierten TKM- und Überleitungslisten im Gütetermin am 16. April 2007 nicht, um die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG in Lauf zu setzen. Maßgeblich ist vielmehr, ob und aufgrund welcher Erklärungen oder Umstände der Betriebsrat der Listenübergabe durch die Arbeitgeberin den Erklärungswert beimessen musste, diese wolle damit ihre Unterrichtung im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG vervollständigen. Hierzu fehlen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen. Insbesondere ist noch aufzuklären, ob die Arbeitgeberin gegenüber dem Betriebsrat deutlich gemacht hat, sie betrachte dessen Unterrichtung nunmehr als abgeschlossen. Musste der Betriebsrat dies so verstehen, hat er seine Zustimmung nicht innerhalb der dann bis zum 23. April 2007 laufenden gesetzlichen Wochenfrist verweigert. Erst im gerichtlichen Verfahren hat er mit Schriftsatz vom 25. Juli 2007 unter Beifügung von Tätigkeitsbeschreibungen dargelegt, warum aus seiner Sicht die Umgruppierungen unrichtig sind und damit gegen die Tarifvorschriften verstoßen. Musste der Betriebsrat die Listenübergabe nicht als nachgeholte Unterrichtung verstehen, wäre der Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen. In diesem Fall ist die Zustimmungsverweigerungsfrist wegen der unvollständigen Unterrichtung des Betriebsrats nicht in Lauf gesetzt. Die Zustimmung zu den Umgruppierungen der Arbeitnehmer P, D, G, Mi, Sch, R und S kann weder als erteilt gelten noch ersetzt werden. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung die hiernach erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.


        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Hoffmann    

        

    Deinert    
                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 4. März 2009 - 9 TaBV 113/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über den Umfang der Unterrichtungspflicht der Arbeitgeberin bei der Einstellung von Arbeitnehmern.

2

Die aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tarifgebundene Arbeitgeberin wendet in ihrem Betrieb am Standort München, in dem ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt sind und der antragstellende Betriebsrat gewählt ist, den Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern - zuletzt in der Fassung vom 21. April 2008 - (MTV) an. Im MTV ist auszugsweise bestimmt:

        

㤠III

        

Arbeitszeit

        

1.    

Wöchentliche Arbeitszeit

        

1.1.   

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt 36 Stunden, verteilt auf fünf zusammenhängende Werktage.

                 

…       

        

1.4.   

Für einzelne Arbeitnehmer kann die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden. Dies bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers.

                 

Der Betriebsrat ist über die vereinbarte Verlängerung zu unterrichten.

                 

Lehnen Arbeitnehmer die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen.

                 

Bei der Vereinbarung einer verlängerten Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer wählen zwischen

                 

-       

einer dieser Arbeitszeit entsprechenden Bezahlung

                 

-       

dem Ausgleich der Differenz zur tariflichen Arbeitszeit gemäß Ziffer 1.1 durch einen Freizeitblock oder mehrere Freizeitblöcke innerhalb von 2 Jahren. Die Bezahlung richtet sich nach der tariflichen Arbeitszeit.

                 

Die vereinbarte Arbeitszeit kann sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber mit einer Ankündigungsfrist von 3 Monaten geändert werden, es sei denn, sie wird einvernehmlich früher geändert.

                 

Mit Arbeitnehmern, die neu eingestellt, aus dem Ausbildungsverhältnis übernommen oder auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt wurden, kann eine verlängerte Arbeitszeit frühestens 6 Monate nach der Einstellung, Übernahme oder Versetzung vereinbart werden.

                 

…       

        

§ IV   

        

Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

        

…       

        

1.5.   

Eine Pauschalabgeltung der Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit entsprechend dem geschätzten durchschnittlichen Umfang der tatsächlich zu leistenden zuschlagpflichtigen Arbeit kann vereinbart werden; sie ist bei der Abrechnung gesondert auszuweisen.

        

…       

“       

3

Die Arbeitgeberin vereinbart mit neu eingestellten Arbeitnehmern eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 36 Stunden und schließt mit ihnen - nach ihren Angaben bei Bedarf - eine Zusatzvereinbarung folgenden Inhalts:

        

„Der Tarifvertrag lässt einen 40-Stunden-Vertrag erst ab dem siebten Beschäftigungsmonat zu. Sie erhalten deshalb für den Zeitraum von (Datum) bis (Datum) für die zusätzlichen vier Stunden/Woche eine Überstundenpauschale in Höhe von (Betrag) brutto/Monat. Ab (Datum) wird ihr Arbeitsverhältnis auf 40 Stunden/Woche umgestellt mit einem Bruttomonatsentgelt von (Betrag).“

4

Die Arbeitgeberin teilt dem Betriebsrat bei Einstellungen von Arbeitnehmern die im Arbeitsvertrag vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mit. Über eine ggf. geschlossene Zusatzvereinbarung des wiedergegebenen Inhalts wird der Betriebsrat nicht informiert.

5

Arbeitgeberin und Betriebsrat haben am 9. Februar 2006 eine „Regelungsabsprache zum Verfahren bei der Anhörung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG zu Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen und Versetzungen bei der M“ getroffen, in der ua. die dem Betriebsrat bei einem Zustimmungsersuchen vor einer Einstellung vorzulegenden Unterlagen und die schriftlich zu gebenden Mitteilungen aufgeführt sind und in der es unter Ziffer 4 heißt:

        

„Wenn der Betriebsrat, falls erforderlich, weitere Informationen und Unterlagen anfordert, sind ihm diese, soweit vorhanden, unverzüglich zu übergeben.“

6

In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat die Unterrichtung bei seiner Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG über ein „fest vereinbartes wöchentliches Überstundenvolumen“ mit neu einzustellenden Arbeitnehmern verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein entsprechender Informationsanspruch zu. Die Arbeitgeberin umgehe mit der arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung die einschlägigen tariflichen Regelungen.

7

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm im Rahmen der Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Einstellung eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin - leitende sowie außertariflich beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ausgenommen - nicht nur die im Arbeitsvertrag vereinbarte wöchentliche Regelarbeitszeit, sondern auch das darüber hinaus fest vereinbarte wöchentliche Überstundenvolumen mitzuteilen.

8

In der Anhörung vor dem Senat hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats erklärt, der Antrag möge hilfsweise als Feststellungsantrag verstanden werden.

9

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und den Standpunkt vertreten, der vom Betriebsrat geltend gemachte Unterrichtungsanspruch bestehe nicht.

10

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

11

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Entgegen der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts ist der als Leistungsbegehren formulierte Antrag des Betriebsrats bereits unzulässig. Das Begehren kann aber als - hilfsweiser - Feststellungsantrag verstanden werden. Als ein solcher ist der Antrag zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Entscheidung stellt sich somit insgesamt aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

12

I. Der Antrag, mit dem der Arbeitgeberin aufgegeben werden soll, bei der Einstellung eines Arbeitnehmers den Betriebsrat über einen näher beschriebenen Aspekt der arbeitsvertraglichen Gestaltung zu informieren, ist nicht zulässig. Denn er ist auf die Erfüllung erst in der Zukunft entstehender Unterrichtungsverpflichtungen gerichtet.

13

1. Ein auf die Vornahme einer künftigen Handlung gerichteter Antrag ist nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 259 ZPO zulässig, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 106, 111). Die Besorgnis der Leistungsverweigerung kann sich auf einen bedingten Anspruch beziehen, sofern abgesehen vom Eintritt der Bedingung die Verpflichtung des Schuldners zur Erbringung der künftigen Leistung in ihrem Bestand gewiss ist. § 259 ZPO ermöglicht aber nicht die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs. Er setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist (vgl. BGH 12. Juli 2006 - VIII ZR 235/04 - Rn. 11, NJW-RR 2006, 1485).

14

2. Hiernach ist das Leistungsbegehren des Betriebsrats nicht zulässig. Nach dem Wortlaut des Antrags und seiner Begründung begehrt der Betriebsrat einen Leistungstitel, durch den die Arbeitgeberin verpflichtet wird, ihm „im Rahmen der Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG“ bei jeder - künftig beabsichtigten - Einstellung eines Mitarbeiters ein „fest vereinbartes wöchentliches Überstundenvolumen“ mitzuteilen. Ungeachtet der betriebsverfassungsrechtlichen Anspruchsgrundlage entsteht ein solcher Anspruch erst, wenn eine Einstellung überhaupt erfolgen soll. Der Umstand „bei der Einstellung“ ist anspruchsbegründender Sachverhalt und keine bloße Bedingung oder Fälligkeitsvoraussetzung. Der verfahrensgegenständliche Antrag ist mithin auf künftig erst entstehende Unterrichtungsansprüche gerichtet. Der Betriebsrat verfolgt mit ihm die Titulierung eines zukunftsoffenen Dauerbegehrens, dessen Voraussetzungen erst mit dem Tatbestandsmerkmal der beabsichtigten Einstellung eines Arbeitnehmers gegeben sein können.

15

II. Als Feststellungsbegehren ist der Antrag zwar zulässig, aber nicht begründet.

16

1. Das unzulässige Leistungsbegehren kann - hilfsweise - als Feststellungsantrag verstanden werden. Als solcher ist er zulässig. Insbesondere genügt er den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und des § 256 Abs. 1 ZPO.

17

a) Eine unzulässige oder unbegründete Leistungsklage kann ohne Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO in eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO umgedeutet werden(vgl. zB BAG 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 19, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68; zur Umdeutung bei einer unzulässigen Klage auf künftige Leistung: BGH 12. Juli 2006 - VIII ZR 235/04 - Rn. 15 mwN, NJW-RR 2006, 1485). Dies gilt auch für einen unzulässigen Leistungsantrag im Beschlussverfahren. Die Antragsumdeutung kann noch durch das Rechtsbeschwerdegericht erfolgen (vgl. [für das Revisionsverfahren] BAG 16. März 2010 - 3 AZR 744/08 - Rn. 19, NZA-RR 2010, 610). Vorliegend ist in dem Antrag des Betriebsrats, der Arbeitgeberin eine bestimmte Unterrichtungsverpflichtung aufzugeben, der Antrag auf Feststellung enthalten, dass die Arbeitgeberin eine derartige Unterrichtungspflicht hat. Wie der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats in der Anhörung vor dem Senat bestätigt hat, soll der Antrag hilfsweise als Feststellungsantrag verstanden werden.

18

b) Der Feststellungsantrag ist - nach Auslegung - hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

19

aa) Ein Antrag, mit dem ein Informationsrecht des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber in bestimmten Situationen gerichtlich festgestellt werden soll, muss wegen der Anforderungen der §§ 308, 322 ZPO den Inhalt der begehrten Information sowie den betrieblichen Vorgang, bei dem die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers geltend gemacht wird, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung feststeht, wann der Arbeitgeber zu welcher Information verpflichtet ist(vgl. zur Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei Maßnahmen des Arbeitgebers oder betrieblichen Vorgängen BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 44/01 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 101, 277).

20

bb) Dem genügt das als Feststellungsantrag zu interpretierende Begehren des Betriebsrats. Es bedarf allerdings der Auslegung. Dem Antragswortlaut nach geht es dem Betriebsrat um die Verpflichtung der Arbeitgeberin, ihm bei der Einstellung eines Arbeitnehmers, der weder leitender Angestellter noch außertariflich Beschäftigter ist, ein neben der vereinbarten wöchentlichen Regelarbeitszeit „fest vereinbartes wöchentliches Überstundenvolumen“ mitzuteilen. Wie sich insbesondere aus der Antragsbegründung ergibt, wertet der Betriebsrat den Passus der Zusatzvereinbarung

        

„Sie erhalten deshalb für den Zeitraum von (Datum) bis (Datum) für die zusätzlichen vier Stunden/Woche eine Überstundenpauschale in Höhe von (Betrag) brutto/Monat.“

als solch eine „feste Vereinbarung“ eines „wöchentlichen Überstundenvolumens“. Mit der in dem Antrag formulierten rechtlichen Würdigung ist mithin die arbeitsvertragliche Abrede nach Satz 2 der mit den einzustellenden Arbeitnehmern zumindest bisweilen geschlossenen Zusatzvereinbarung gemeint. Der Betriebsrat will bei der Einstellung über eine mit dem einzustellenden Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung des - und sei es sinngemäßen - Inhalts, dass der Arbeitnehmer für einen festgelegten Zeitraum für die zusätzlichen vier Stunden/Woche eine Überstundenpauschale in einer bestimmten Höhe erhält, unterrichtet werden. Bei diesem Verständnis sind Inhalt und Anlass des Unterrichtungsverlangens hinreichend bestimmt. Unklarheiten über den Umfang der objektiven Rechtskraft einer dem Antrag stattgebenden oder ihn abweisenden gerichtlichen Sachentscheidung sind nicht zu besorgen.

21

c) Auch die Voraussetzungen des im Beschlussverfahren anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Das mit dem Feststellungsantrag verfolgte Unterrichtungsrecht des Betriebsrats gegenüber der Arbeitgeberin ist ein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen einer gerichtlichen Feststellung zugänglich ist. Das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts können im Beschlussverfahren losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (vgl. BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 35/01 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 101, 232). Hiervon kann im vorliegenden Verfahren ausgegangen werden. Der Betriebsrat hat an der begehrten alsbaldigen Feststellung ein berechtigtes Interesse, da die Arbeitgeberin eine entsprechende Informationspflicht bestreitet.

22

2. Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Dem Betriebsrat steht der geltend gemachte Unterrichtungsanspruch weder nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG noch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG zu. Der verfahrensgegenständliche Anspruch kann auch nicht auf den in § III Ziff. 1.4. Satz 3 MTV geregelten Informationsanspruch des Betriebsrats über die mit einem Arbeitnehmer getroffene Vereinbarung einer längeren Regelarbeitszeit gestützt werden.

23

a) Der Anspruch folgt nicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG.

24

aa) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat ua. vor jeder Einstellung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an (BAG 23. Juni 2010 - 7 ABR 1/09 - Rn. 10 mwN, NZA 2010, 1302). Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber ferner nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.

25

(1) Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG dient dazu, dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt(BAG 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zu B II 2 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 109; 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 24, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich damit nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme (BAG 10. August 1993 - 1 ABR 22/93 - zu B I 1 der Gründe, NZA 1994, 187).

26

(2) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen dient vornehmlich den kollektiven Interessen der Belegschaft (vgl. BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 59/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 113, 206). Es ist dagegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle (BAG 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - zu B II 4 b bb (3) (a) der Gründe mwN, BAGE 113, 218). Dementsprechend kann der Betriebsrat gestützt auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG einer Einstellung seine Zustimmung nur dann verweigern, wenn diese als solche untersagt ist(vgl. BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29 mwN, BAGE 126, 176).

27

(3) Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme ua. dann verweigern, wenn diese gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag verstößt. Voraussetzung dieses Zustimmungsverweigerungsgrundes ist bei Einstellungen und Versetzungen, dass der Verstoß gegen die tarifliche Bestimmung nur durch das Unterbleiben der personellen Maßnahme verhindert werden kann. Das kann der Fall sein, wenn die Tarifnorm die Beschäftigung als solche verbietet oder sie nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 29 mwN, BAGE 126, 176). Als derartige Verbotsnormen kommen insbesondere sog. qualitative tarifliche Besetzungsregeln in Betracht. Sie verbieten - etwa aus Gründen des Schutzes vor Überforderung, der Förderung der Arbeitsqualität sowie des Beschäftigungsschutzes für Fachkräfte - auf bestimmten Arbeitsplätzen die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die bestimmte Anforderungen nicht erfüllen. Sie stellen regelmäßig Betriebsnormen iSv. § 3 Abs. 2 TVG dar, die unabhängig von der Tarifgebundenheit der Arbeitnehmer für alle Betriebe gelten, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist(BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - aaO). Anders ist dies bei tariflichen Bestimmungen über die Dauer der Arbeitszeit. Bei ihnen handelt es sich regelmäßig um Inhaltsnormen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Ein Verstoß gegen diese Tarifbestimmungen ist ggf. bei der - der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 BetrVG unterliegenden - Festlegung der Lage der Arbeitszeit und ihrer vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung zu beachten. Er steht aber der Einstellung oder Versetzung auf einen bestimmten Arbeitsplatz als solcher nicht entgegen. Denn auch soweit der Betriebsrat bei einer Einstellung darüber zu wachen hat, dass die personelle Maßnahme nicht gegen einen Tarifvertrag verstößt, geht es allein darum, ob die vorgesehene Einstellung, also die Eingliederung in den Betrieb, von den tariflichen Vorschriften untersagt ist, nicht aber darum, ob die Bestimmungen des Arbeitsvertrags einen Tarifverstoß beinhalten (so bereits BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu B I 1 b der Gründe, BAGE 60, 57).

28

bb) Hiernach ist der Betriebsrat bei der Einstellung über ein mit dem einzustellenden Arbeitnehmer „fest vereinbartes wöchentliches Überstundenvolumen“ auch dann nicht zu informieren, wenn in dieser Vereinbarung eine Umgehung der tariflichen Vorgaben über die wöchentliche Arbeitszeit und deren einzelvertragliche Verlängerungsmöglichkeiten nach § III Ziff. 1.1. und Ziff. 1.4. MTV liegen sollte. Der Betriebsrat benötigt diese Information nicht, um sein Recht zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können.

29

(1) Dem Betriebsrat obliegt im Rahmen seiner Mitbestimmung bei der Einstellung nicht die Vertragsinhaltskontrolle, ob individuelle Absprachen zwischen der Arbeitgeberin und dem einzustellenden Arbeitnehmer tarifwidrig sind.

30

(2) Geht man mit dem Betriebsrat davon aus, dass mit Satz 2 der geschilderten arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung die tarifliche Regelarbeitszeit unter Umgehung der zwingenden Vorgaben des MTV von Beginn des Arbeitsverhältnisses an verlängert werden soll, würde jedenfalls die Einstellung - die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb - keinen Tarifvertragsverstoß darstellen. Der Betriebsrat könnte der Einstellung seine Zustimmung nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG mit dem Argument der Tarifwidrigkeit der Vereinbarung nach § III Ziff. 1.1. Satz 1 und Ziff. 1.4. Satz 8 MTV verweigern.

31

(a) Zwar bestimmt § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV, dass mit neu eingestellten Arbeitnehmern eine nach § III Ziff. 1.4. Satz 1 und 2 MTV mögliche Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden frühestens sechs Monate nach der Einstellung vereinbart werden kann. Diese Tarifbestimmungen verbieten hingegen nicht die Eingliederung von Arbeitnehmern in den Betrieb, die mit der Arbeitgeberin eine Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden bereits im Zeitpunkt der Einstellung verabredet haben. § III Ziff. 1.4. Satz 1, 2 und 8 MTV sind für die Dauer der Arbeitszeit maßgebliche tarifliche Inhaltsnormen. Sie enthalten kein tarifliches Verbot, das nur dadurch gewahrt werden könnte, dass die Einstellung als personelle Einzelmaßnahme ganz unterbleibt.

32

(b) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats kommt der Tarifnorm auch kein Regelungsgehalt etwa im Sinne einer auf den Arbeitsvertrag bezogenen Abschlussverbotsnorm zu. Nicht die Einstellung, sondern die vertraglich vereinbarte Abweichung von dem tarifvertraglichen Standard - konkret: die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit - sind tarifvertraglich reguliert. In der im vorliegenden Streitfall allenfalls anzunehmenden tarifwidrigen Vereinbarung der Verlängerung der Arbeitszeit liegt im Übrigen auch der entscheidende Unterschied zu der Konstellation, die dem vom Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts am 28. Januar 1992 (- 1 ABR 45/91 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 95 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 103) entschiedenen Verfahren zugrunde lag: Dort ging es um eine Tarifvorschrift, in der die Tarifvertragsparteien für den Regelfall die Arbeitszeit auf mindestens 20 Stunden in der Woche festgelegt hatten. Damit hatten sie zugleich eine Regelung getroffen, nach der Arbeitsverhältnisse mit einer Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden in der Woche nicht begründet werden durften. Der Zweck der dort verletzten Tarifnorm konnte nur erreicht werden, wenn die Einstellung insgesamt unterblieb. Im vorliegenden Streitfall ist die Sachlage hingegen nicht anders zu beurteilen, als wenn die Arbeitgeberin mit neu eingestellten Arbeitnehmern unter einem offenkundigen Verstoß gegen tarifliche oder gesetzliche Bestimmungen eine zu lange Arbeitszeit vereinbaren würde. Auch dann könnte der Betriebsrat der beabsichtigten Einstellung die Zustimmung nicht mit einem Hinweis auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern. Entsprechend erstreckt sich sein Unterrichtungsanspruch nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG auch nicht auf - und sei es unwirksame, weil gesetzes- und/oder tarifwidrige - individuelle Arbeitszeitverlängerungen.

33

cc) Die Arbeitgeberin schuldet die geltend gemachte Information nicht im Hinblick auf Ziffer 4 der Regelungsvereinbarung „zum Verfahren bei der Anhörung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG zu Einstellungen, Ein- und Umgruppierungen und Versetzungen bei der M“. Die Betriebsparteien haben mit dieser Vereinbarung nicht etwa die bei der Mitbestimmung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen gesetzlich vorgesehenen Unterrichtungsverpflichtungen des Arbeitgebers erweitert. Sie haben sich vielmehr über die Verfahrensabläufe bei der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG näher verständigt und prozedurale Aspekte festgelegt. Dabei trägt Ziffer 4 der Regelungsvereinbarung offensichtlich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung, nach der zwar die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt wird, wenn es der Betriebsrat unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen, es aber durchaus Sache des Betriebsrats sein kann, um Vervollständigung der erteilten Auskünfte zu bitten, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben(vgl. BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 25 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Erteilung und Vorlage weiterer Informationen und Unterlagen im Falle der Anforderung durch den Betriebsrat ein über § 99 BetrVG hinausgehendes Mitbestimmungsrecht im Sinne einer arbeitsvertraglichen Inhalts- und Wirksamkeitskontrolle eröffnet werden sollte.

34

b) Der Feststellungsantrag kann nicht auf den allgemeinen Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG gestützt werden. Der Antrag umfasst zumindest auch Fallgestaltungen, in denen er sich als unbegründet erweist.

35

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Globalantrag, der eine Vielzahl von Fallgestaltungen erfasst, insgesamt als unbegründet abzuweisen, wenn es darunter zumindest auch Fallgestaltungen gibt, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Antrag auf voneinander zu trennende und gegeneinander klar abgrenzbare Sachverhalte bezieht und der begründete Teil schon dem Antrag selbst als Teilziel des Verfahrens zu entnehmen ist (vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 AZR 460/04 - Rn. 47 mwN, BAGE 117, 137). Sofern sich dem Begehren des Antragstellers nicht zuverlässig entnehmen lässt, dass dieser - hilfsweise - ein genau bestimmtes Teilziel verfolgt, darf das Gericht auch nicht dahin erkennen, dass der geltend gemachte Anspruch unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben ist (BAG 6. Dezember 1994 - 1 ABR 30/94 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 78, 379).

36

bb) Hiernach rechtfertigt § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG den Feststellungsantrag nicht.

37

(1) Allerdings ist der allgemeine Auskunftsanspruch des § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht etwa durch den im Zusammenhang mit der Mitbestimmung bei Einstellungen geregelten anderweitigen Unterrichtungsanspruch nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG „gesperrt“. Die den Arbeitgeber anlässlich der Beteiligung des Betriebsrats bei einer personellen Einzelmaßnahme obliegenden Unterrichtungspflichten lassen die aufgrund anderer Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere die sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergebenden Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers, grundsätzlich unberührt(BAG 31. Januar 1989 - 1 ABR 72/87 - zu B I 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 33 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 34).

38

(2) Der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG normierte Auskunftsanspruch begründet die begehrte Feststellung aber zumindest nicht in allen von ihr erfassten Fallgestaltungen.

39

(a) Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat zur Durchführung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu informieren. Der Informationsverpflichtung des Arbeitgebers korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats. Der Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats besteht nicht nur dann, wenn allgemeine Aufgaben oder Beteiligungsrechte feststehen. Die Unterrichtung soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben iSd. Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und er zu ihrer Wahrnehmung tätig werden muss. Dabei genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben. Die Grenzen des Auskunftsanspruchs liegen erst dort, wo ein Beteiligungsrecht oder eine sonstige betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe offensichtlich nicht in Betracht kommt. Daraus folgt eine zweistufige Prüfung daraufhin, ob überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben und ob im Einzelfall die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist (BAG 10. Oktober 2006 - 1 ABR 68/05 - Rn. 17 f., BAGE 119, 356). Zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats gehört es nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, auch darüber zu wachen, dass ua. die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge durchgeführt werden. Zur Durchführung dieser Aufgabe kann er gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch haben, über einzelne Vereinbarungen in den Arbeitsverträgen unterrichtet zu werden (BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu B I 1 d der Gründe, BAGE 60, 57). Dabei ist ein allein auf § 80 Abs. 2 BetrVG gestützter Unterrichtungsanspruch unabhängig von einer konkreten Einstellung und dem dabei stets gegebenen Unterrichtungsanspruch nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG(vgl. BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - aaO).

40

(b) Vorliegend kann im Ergebnis dahinstehen, ob die vom Betriebsrat begehrte Auskunft hinsichtlich tarifgebundener Arbeitnehmer einen hinreichenden Bezug zu einer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgabe iSd. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat. Jedenfalls hinsichtlich nicht tarifgebundener Arbeitnehmer fehlt ein solcher Bezug. Auch erscheint eine dauerhafte, auf jede künftige Einstellung bezogene Auskunft zur Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrats nicht erforderlich.

41

(aa) Dem Betriebsrat geht es um die Mitteilung einer mit dem einzustellenden Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung des - und sei es sinngemäßen - Inhalts:

        

„Sie erhalten deshalb für den Zeitraum von (Datum) bis (Datum) für die zusätzlichen vier Stunden/Woche eine Überstundenpauschale in Höhe von (Betrag) brutto/Monat.“

Sofern eine solche individualvertragliche Abmachung als mit der Tarifnorm des § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV unvereinbar anzusehen wäre, könnte es nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu den Aufgaben des Betriebsrats gehören, darüber zu wachen, dass derartige tarifwidrige Vereinbarungen nicht geschlossen werden. Ob die individualvertragliche Vereinbarung gegen § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV verstößt, erscheint fraglich. Dem Wortlaut nach regelt die Abrede eine Pauschalabgeltung für Überstunden. Eine solche Vereinbarung kann nach § IV Ziff. 1.5. MTV auch mit neu eingestellten Arbeitnehmern getroffen werden. Sie ist nicht erst - wie die Verlängerung der Arbeitszeit nach § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV - frühestens sechs Monate nach der Einstellung möglich. Allerdings liegt nach den Gesamtumständen die Annahme nicht fern, dass es sich bei der Individualabrede der Sache nach nicht um eine Pauschalabgeltung für Überstunden iSv. § IV Ziff. 1.5. MTV handelt, sondern vielmehr § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV umgangen werden soll. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass die für zusätzliche vier Stunden vereinbarte Überstundenpauschale für die ersten sechs Monate der Beschäftigung vorgesehen ist, in der § III Ziff. 1.4. Satz 8 MTV eine verlängerte Arbeitszeit gerade nicht zulässt, und ab dem siebten Beschäftigungsmonat die Arbeitszeit bereits in der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag auf 40 Stunden umgestellt wird. Die Frage bedarf vorliegend jedoch keiner abschließenden Beurteilung.

42

(bb) Auch wenn mit dem Betriebsrat angenommen wird, eine Zusatzvereinbarung mit dem vorliegenden Inhalt verstoße bei tarifgebundenen Arbeitnehmern gegen den MTV, begründet dies den geltend gemachten Auskunftsanspruch nicht für alle künftigen Einstellungen. Zum einen steht der MTV der benannten Vereinbarung jedenfalls bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht entgegen. Die tariflichen Regelungen des § III Ziff. 1.1. Satz 1 und Ziff. 1.4. Satz 8 MTV sind Inhaltsnormen iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Sie gelten unmittelbar und zwingend nur zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Für eine Überwachung der Einhaltung tariflicher Inhaltsnormen durch den Betriebsrat ist daher bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern kein Raum. Zum anderen erscheint es zur Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrats auch nicht erforderlich, ihn bei allen künftigen Einstellungen über den etwaigen Abschluss der streitbefangenen Zusatzvereinbarung zu unterrichten. Anderenfalls würde der allgemeine Auskunftsanspruch zu einem Instrument der Vertragsinhaltskontrolle bei Einstellungen, zu welcher der Betriebsrat nicht berufen ist. Um der Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gerecht zu werden, kann es geboten sein, aus gegebenem Anlass über einzelne Vereinbarungen in Arbeitsverträgen unterrichtet zu werden(vgl. BAG 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 - zu B I 1 d der Gründe, BAGE 60, 57). Ein über § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG hinausgehender Informationsanspruch des Betriebsrats bei allen künftigen Einstellungen folgt aber aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht.

43

c) Schließlich kann der Betriebsrat die festzustellende Unterrichtungsverpflichtung der Arbeitgeberin nicht auf § III Ziff. 1.4. Satz 3 MTV stützen. Nach dieser Tarifbestimmung ist der Betriebsrat „über die vereinbarte Verlängerung“ der Arbeitszeit „zu unterrichten“. Dieser auf eine mit einem Arbeitnehmer getroffene Verlängerungsvereinbarung gerichtete tarifvertragliche Informationsanspruch ist nicht Verfahrensgegenstand. Der Betriebsrat begehrt keine Information über die Abrede einer Arbeitszeitverlängerung im Sinne des Satzes 3 der geschilderten Zusatzvereinbarung, sondern allein die Mitteilung zu „fest vereinbarten wöchentlichen Überstundenvolumen“ im Sinne deren Satzes 2.

        

    Linsenmaier    

        

    Gallner    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Vorbau    

        

    Willms    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 24. Juli 2009 - 5 TaBV 141/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung einer Arbeitnehmerin.

2

Die Arbeitgeberin betreibt ua. das Krankenhaus M, in dem der zu 2. beteiligte Betriebsrat gebildet ist. In ihrem Unternehmen sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitnehmerin H ist Inhaberin der Stelle „Abteilungsleitung Pflege“. Diese Stelle ist nach einer sog. Stellenhebung mit Einverständnis des Betriebsrats „zum 15. März 2005 nach BAT II“ bewertet worden. Frau H ist mit Verwaltungs- und Querschnittsaufgaben befasst und verfügt über keine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung.

3

Mit Schreiben vom 8. September 2005 erbat die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur Höhergruppierung der Mitarbeiterin H in Vergütungsgruppe (VergGr.) II nach der Anlage 1a zu § 22 Abs. 1 des Bundes-Angestelltentarifvertrags(in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung - BAT/VKA -). In dem Schreiben machte sie Angaben zum beruflichen Werdegang und zu - zT noch nicht abgeschlossenen - Weiterbildungen der Arbeitnehmerin H. Der Betriebsrat widersprach dem ihm am 13. September 2005 zugeleiteten Zustimmungsersuchen mit Schreiben vom 20. September 2005 - der Verwaltungsdirektion der Arbeitgeberin am selben Tag zugegangen - mit der näher begründeten Auffassung, er sehe „gegenwärtig die tariflichen Voraussetzungen zur Höhergruppierung in BAT II nicht erfüllt“.

4

Mit formularmäßigen Antrag vom 18. September 2006 - beim Betriebsrat eingegangen am 21. September 2006 - begehrte die Arbeitgeberin abermals die Zustimmung zur Höhergruppierung der Mitarbeiterin. Neben Angaben zu Personalien von Frau H sind in dem Antrag der „Dienstantritt/Wirkungszeitpunkt“, die von der Arbeitnehmerin besetzte Planstelle und ihre „Persönl. Einwertung incl. Stufe (alt)“ mit „Kr. IX“ sowie ihre „Persönl. Einwertung incl. Stufe (neu)“ mit „BAT II, ab 01.10.2005: E 13, Stufe +5“ - angegeben. Mit Schreiben vom 27. September 2006 nahm der Betriebsrat hierzu wie folgt Stellung:

        

„…    

        

Der Antrag fand u.a. aus folgenden Gründen keine Mehrheit:

        

Wie am 09.08.2006 zwischen Frau … und Herrn Dr. … besprochen wurde, sollte die Angelegenheit der Höhergruppierung der PDL`s einer Lösung zugeführt werden. Es wurde vereinbart, dass neue Höhergruppierungsanträge für die einzelnen Stelleninhaber mit den entsprechenden individuellen Begründungen beim Betriebsrat eingereicht werden. Die entsprechende individuelle Begründung lag Ihrem Antrag aber nicht bei.

        

…“    

5

In dem am 12. Januar 2007 eingeleiteten Beschlussverfahren hat die Arbeitgeberin die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Höhergruppierung der Mitarbeiterin H begehrt. In einem an das Arbeitsgericht gerichteten Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13. März 2007 hat sie angegeben, Frau H habe zwischenzeitlich ihr Pflegemanagementstudium absolviert, und hierzu ein Anlagenkonvolut eingereicht. Dieses enthält ua. die Kopie einer von der W-Akademie e.V. erstellten Urkunde, nach der Frau H in der Zeit vom 19. Mai 2003 bis 16. März 2006 „den Lehrgang Pflegemanagement Leitung des Pflegedienstes im Krankenhaus mit Erfolg besucht hat“. In einem gleichfalls an das Arbeitsgericht gerichteten Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20. Juli 2007 hat die Arbeitgeberin die von Frau H auszuübenden Tätigkeiten näher beschrieben und zu den aus ihrer Sicht bei der Mitarbeiterin vorliegenden Fähigkeiten und Erfahrungen, die einer abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung gleichwertig seien, vorgetragen. Der Betriebsrat hat sich ausweislich eines von seinem Verfahrensbevollmächtigten an das Arbeitsgericht gerichteten Schriftsatzes in einer Sitzung am 11. September 2007 mit der Höhergruppierung von Frau H erneut befasst. Das Protokoll vom 12. September 2007 zu dieser Betriebsratssitzung lautet auszugsweise:

        

„… Nachdem der Betriebsrat bereits mit seinem Schreiben vom 27.09.2006 darauf hingewiesen hat, dass die Unterrichtung gem. § 99 Abs. 1 BetrVG in dem Antrag vom 18.09.2006 nicht ausreichend war, damit der Betriebsrat zu einer Entscheidung gem. § 99 Abs. 2 BetrVG kommen konnte, wurde im nun anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahren alle bis zum heutigen Tag … eingegangenen Schriftsätze berücksichtigt im Hinblick auf die Erwiderungsfrist (17.09.2007) im laufenden Verfahren. Die Arbeitgeberseite bat im Rahmen einer Fristverlängerung um erneute Überprüfung der Qualifikation von Frau H im Vergleich zu einem Hochschulstudium. Hierzu wurden aber keine neuen Unterlagen und Nachweise eingereicht.

        

Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung auf Höhergruppierung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, da die Höhergruppierung gegen den Tarifvertrag verstößt. Die Arbeitnehmerin H ist als Pflegedienstleitung beschäftigt. Somit liegen die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nach BAT II Anlage 1a nicht vor. Denn Pflegedienstleitungen sind nach den spezielleren Vorschriften des BAT in die Anlage 1b einzugruppieren. Somit handelt es sich bei der Arbeitnehmerin H nicht um eine sonstige Arbeitnehmerin nach BAT II Anlage 1a.

        

...“   

6

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Zustimmung zur Umgruppierung gelte als erteilt. Die Begründung des Betriebsrats zur Ablehnung seiner Zustimmung im Schreiben vom 27. September 2006 beziehe sich auf keinen der Zustimmungsverweigerungsgründe iSd. § 99 Abs. 2 BetrVG. Jedenfalls sei die Zustimmung zu ersetzen, weil Frau H die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung erfülle.

7

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

        

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Höhergruppierung der Arbeitnehmerin H in die Vergütungsgruppe E 13 Stufe +5 TVöD (zuvor BAT II) ab 15. März 2005 zu ersetzen.

8

Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat den Standpunkt vertreten, über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme nicht ausreichend unterrichtet worden zu sein. Aus dem Zustimmungsantrag der Arbeitgeberin gehe nicht hervor, warum Frau H höhergruppiert werden solle.

9

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

10

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Frist für die Verweigerung der Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin H ist wegen der unvollständigen Unterrichtung des Betriebsrats nicht in Lauf gesetzt worden. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt daher weder als erteilt noch kann sie ersetzt werden.

11

I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

12

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (nur) die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zum Ersuchen der Arbeitgeberin vom 18. September 2006, mit dem sie die Zustimmung zur Höhergruppierung von Frau H in VergGr. II BAT/VKA sowie ihre Überleitung ab dem 1. Oktober 2005 in Entgeltgruppe 13, Stufe +5 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) erbeten hat.

13

a) In den Fällen der Ein- und Umgruppierung besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage im Sinne einer Richtigkeitskontrolle(BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 24 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Die nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung ist keine rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung(BAG 14. April 2010 - 7 ABR 91/08 - Rn. 11 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 44 = EzA BetrVG 2001 § 99 Eingruppierung Nr. 5). Gegenstand eines die Ein- oder Umgruppierung betreffenden Zustimmungsersetzungsverfahrens ist mithin die Mitbeurteilung des Betriebsrats auf der Grundlage einer konkreten Bekundung der Rechtsansicht des Arbeitgebers zur „richtigen“ Einreihung eines Arbeitnehmers in eine Vergütungsordnung. Der Arbeitgeber muss an einer einmal bekundeten Einschätzung der Rechtslage nicht festhalten. Er kann hiervon Abstand nehmen und nach einer weiteren oder nochmaligen Prüfung zu einer anderen oder auch der gleichen Ein- bzw. Umgruppierungsbeurteilung kommen, bei der der Betriebsrat zu beteiligen ist. In solch einem Fall handelt es sich regelmäßig um ein neues Zustimmungsgesuch (vgl. zur Rücknahme und erneuten Anbringung eines Zustimmungsgesuchs nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 21 bis 26, BAGE 117, 123).

14

b) Vorliegend hat die Arbeitgeberin an ihrem Zustimmungsersuchen vom 8. September 2005 ersichtlich nicht festgehalten. Im Anschluss an die frist- und formgerechte Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats vom 20. September 2005 hat sie nicht etwa ein Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet, sondern sich mit Schreiben vom 18. September 2006 erneut an den Betriebsrat gewandt, ihre Rechtsansicht der für Frau H zutreffenden Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe geäußert und hierzu die Zustimmung des Betriebsrats erbeten. Damit geht es vorliegend allein um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung auf der Grundlage der in dem Schreiben vom 18. September 2006 bekundeten Einschätzung der Rechtslage durch die Arbeitgeberin.

15

2. Für den auf die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin H gerichteten Antrag besteht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Im Unternehmen der Arbeitgeberin sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Daher bedarf es bei einer Umgruppierung gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Weil der Betriebsrat der Höhergruppierung seine Zustimmung verweigert hat, kann die Arbeitgeberin diese gerichtlich ersetzen lassen, § 99 Abs. 4 BetrVG. Dem im Antrag angegebenen Datum „ab 15. März 2005“ kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Zustimmungsersuchen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und Zustimmungsersetzungsanträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG sind nicht vergangenheits-, sondern zukunftsbezogen. Das im Antrag genannte Datum bezeichnet lediglich den Zeitpunkt, ab dem Frau H aus Sicht der Arbeitgeberin entsprechend der VergGr. II BAT/VKA (nunmehr Entgeltgruppe 13 TVöD) zu vergüten ist. Es drückt kein - unzulässiges - Begehren aus, die Zustimmung des Betriebsrats mit Rückwirkung zu ersetzen.

16

II. Der Antrag ist unbegründet. Der Betriebsrat ist nicht ausreichend über die Umgruppierung unterrichtet worden. Die von ihm verweigerte Zustimmung gilt daher weder als erteilt noch kann sie ersetzt werden.

17

1. Voraussetzung für eine gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt für den Betriebsrat die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf. Dazu hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend zu unterrichten( BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 23 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16).

18

a) Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt. Bei Umgruppierungen gehört zu einer vollständigen Unterrichtung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Angabe der bisherigen und der vorgesehenen Vergütungs- oder Entgeltgruppe sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer anders als bisher einzureihen ist(BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 24 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Solche Gründe können beispielsweise in der Zuweisung einer anders bewerteten Tätigkeit an den Arbeitnehmer liegen. Gruppiert der Arbeitgeber einen eingereihten Arbeitnehmer bei unveränderter Rechtsgrundlage und Tätigkeit um, hat er die Beurteilungskriterien zu nennen, die er der anderen Einstufung zugrunde legt. Sind persönliche Qualifikationsanforderungen an den Arbeitnehmer ein- oder umgruppierungsrelevant, sind diese dem Betriebsrat mitzuteilen. Nur so wird der Betriebsrat in die Lage versetzt, die Richtigkeit der Ein- oder Umgruppierung mitzubewerten.

19

b) Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn der Betriebsrat es unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen. Durfte der Arbeitgeber dagegen davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten (vgl. BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 25 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die ein- und umgruppierungsrelevanten Umstände bekannt sind, ist es Sache des Betriebsrats, weitere Informationen zu verlangen, wenn er nicht über alle für die Ausübung seines Mitbeurteilungsrechts erforderlichen Angaben verfügt.

20

2. Hiernach ist der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß über die Umgruppierung von Frau H unterrichtet worden.

21

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Arbeitgeberin davon ausgehen durfte, mit dem Zustimmungsersuchen vom 18. September 2006 ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vollständig zu genügen. Das Schreiben erläutert die Gründe für die Umgruppierung nicht näher. Dem Betriebsrat wird nicht mitgeteilt, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Arbeitgeberin zu dem Ergebnis kommt, die Arbeitnehmerin sei nicht mehr wie bisher in der „Kr. IX“, sondern in „BAT II, ab 01.10.2005: E 13, Stufe +5“ korrekt eingereiht. Der Betriebsrat vermag die Richtigkeit der tariflichen Zuordnung Frau H zu der VergGr. II BAT/VKA nur mitzubeurteilen, wenn er über ihre Tätigkeit sowie ihre Fähigkeiten und Erfahrungen informiert wird. Denn die VergGr. II BAT/VKA stellt hierauf entscheidend ab. So lautet die Vergütungsbestimmung des BAT/VKA VergGr. II Fallgruppe 1a (andere in Betracht kommenden Fallgruppen nehmen darauf Bezug):

        

„Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. (…)“

22

Es ist auch nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Arbeitgeberin die Tatsachengrundlage für die Umgruppierung deshalb nicht mehr näher darstellen musste, weil der Betriebsrat der Einstufung der von Frau H besetzten Stelle nach VergGr. II BAT/VKA zugestimmt hatte sowie über die Gründe für die Höhergruppierung bereits mit Zustimmungsersuchen vom 8. September 2005 informiert worden war. Selbst wenn die von Frau H geschuldete Arbeitsleistung wegen der vorangegangenen Stellenhebung dem Betriebsrat bekannt und er daher in der Lage gewesen sein sollte, den akademischen Tätigkeitszuschnitt iSd. tariflichen Anforderung beurteilen zu können, müssen bei einer Einstufung nach VergGr. II BAT/VKA zusätzlich persönliche Qualifikationsmerkmale erfüllt sein. Da Frau H keine wissenschaftliche Hochschulbildung abgeschlossen hat, kommt es auf ihre „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen“ an. Die Beurteilungsgrundlage hierfür hatte die Arbeitgeberin zwar in dem Zustimmungsersuchen vom 8. September 2005 beschrieben. Dieses Schreiben lag aber im Zeitpunkt des Zustimmungsersuchens vom 18. September 2006 bereits mehr als ein Jahr zurück und fiel darüber hinaus noch in die vorherige regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats, so dass es nicht ohne Weiteres als bekannt vorausgesetzt werden konnte. Auch war in dem erneuten Zustimmungsersuchen vom 18. September 2006 auf das frühere Ersuchen vom 8. September 2005 nicht Bezug genommen. Zudem hatte sich die Beurteilungsgrundlage im Zeitpunkt des allein verfahrensgegenständlichen Zustimmungsersuchens geändert. Im Zustimmungsersetzungsverfahren weist die Arbeitgeberin bspw. darauf hin, dass Frau H die berufsbegleitende Weiterbildung im Pflegemanagement im März 2006 erfolgreich abgeschlossen habe. Über solche - die Umgruppierung und ihre Richtigkeitskontrolle beeinflussende - Umstände hätte der Betriebsrat bereits bei Einleitung des Zustimmungsersuchens mit Schreiben vom 18. September 2006 unterrichtet werden müssen.

23

b) Selbst wenn aber davon ausgegangen würde, die Arbeitgeberin habe zunächst berechtigt annehmen dürfen, ihre Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vollständig erfüllt zu haben, wäre die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht in Lauf gesetzt worden. Aufgrund der innerhalb der einwöchigen Frist erhobenen Beanstandung des Betriebsrats vom 27. September 2006, es fehle an einer „individuellen Begründung“ des Antrags, musste die Arbeitgeberin erkennen, dass der Betriebsrat nicht über alle zur Mitbeurteilung der Umgruppierung notwendigen Informationen verfügte. Weil das Zustimmungsersuchen vom 18. September 2006 jegliche arbeitnehmerbezogene Rechtfertigung der Umgruppierung und die hierzu unerlässlichen Angaben vermissen lässt, musste der Betriebsrat nicht näher ausführen, welche Informationen er im Einzelnen benötigt.

24

3. Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin die für die Umgruppierung unerlässlichen Informationen während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nachgeholt und die Unterrichtung damit vervollständigt hat.

25

a) In Fällen, in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert hat, kann der Arbeitgeber auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen. Mit der Nachholung der Unterrichtung und der Vervollständigung der Informationen wird nun die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt. Für den Betriebsrat muss allerdings erkennbar sein, dass der Arbeitgeber die Informationen während des Zustimmungsersetzungsverfahrens auch deswegen vervollständigt, weil er seiner gegebenenfalls noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG nachkommen möchte. Das muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann sich aus den Umständen der nachgereichten Informationen ergeben. Das Zustimmungsersuchen muss nicht wiederholt werden. Ein Hinweis darauf, dass jetzt die Zustimmungsverweigerungsfrist für den Betriebsrat erneut zu laufen beginnt, ist nicht erforderlich (vgl. BAG 6. Oktober 2010 - 7 ABR 80/09 - Rn. 39, ZTR 2011, 254; 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 34, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Die ergänzende Information des Betriebsrats kann entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts auch durch einen in dem gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren eingereichten Schriftsatz oder ihm beigefügte Anlagen erfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbarer Adressat eines solchen Schriftsatzes oder der Anlagen nicht der Betriebsrat, sondern das Gericht ist. Allerdings besteht in einem solchen Fall die erhebliche Gefahr, dass der Betriebsrat die Mitteilung nicht als ergänzende abschließende Unterrichtung versteht und auch nicht als solche verstehen muss. Außerdem beginnt der Lauf der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erst dann, wenn die nachgereichte Mitteilung beim Betriebsrat - nicht bei dessen Verfahrensbevollmächtigten - eingeht. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist zur Entgegennahme von Erklärungen, die dem Betriebsrat gegenüber abzugeben sind, der Vorsitzende des Betriebsrats oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt. Das Risiko einer verspäteten oder unterbliebenen Weiterleitung eines Verfahrensschriftsatzes, in dem erkennbar Informationen an den Betriebsrat nachgeholt werden, trägt mithin der Arbeitgeber.

26

b) Im vorliegenden Fall sind die für die Mitbeurteilung der Umgruppierung notwendigen Informationen ausschließlich in an das Arbeitsgericht gerichteten Schriftsätzen des Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin enthalten. Die Arbeitgeberin hat gegenüber dem Betriebsrat nicht deutlich gemacht, mit den Angaben in diesen Schriftsätzen zugleich ihrer Verpflichtung zur vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats genügen zu wollen und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt anzusehen. Aus den äußeren Umständen der Informationsnachreichung konnte der Betriebsrat dies auch nicht schließen. Die Begleitumstände - gerichtliche Auflage mit Fristsetzung, Fristverlängerungsantrag, Stellungnahme der Arbeitgeberin mit Bezug auf die gerichtliche Auflage - sprechen vielmehr dafür, dass die Arbeitgeberin ausschließlich ihrer Beibringungspflicht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nachkommen wollte. Eine andere Sichtweise ist nicht wegen der im Protokoll vom 12. September 2007 wiedergegebenen Beschlussfassung des Betriebsrats geboten. Zwar hat sich der Betriebsrat mit den in den Verfahrensschriftsätzen der Arbeitgeberin gegebenen Informationen befasst und seine Zustimmung zur Umgruppierung (erneut) verweigert. Allerdings betrifft diese Beschlussfassung allein das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren. Das Protokoll weist aus, dass „im Hinblick auf die Erwiderungsfrist (17.09.2007) im laufenden Verfahren“ die eingegangenen Schriftsätze der Arbeitgeberseite berücksichtigt seien. Eine Beschlussfassung als Reaktion auf eine Informationsnachreichung und die Stellungnahmefrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auslösendes Zustimmungsersuchen liegt hierin nicht.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Deinert    

        

    Strippelmann    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.