Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss, 19. Apr. 2006 - 2 Ta 57/06

ECLI:ECLI:DE:LARBGSH:2006:0419.2TA57.06.0A
bei uns veröffentlicht am19.04.2006

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.2.2006 – 5 Ca 1549/05 - aufgehoben:

Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes mit Schriftsatz vom 3.2.2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit der Beschwerde hatte sich die Beklagte gegen einen Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts gewandt, mit dem die Erteilung eines Zeugnisses erreicht werden sollte.

2

Die Parteien hatten sich mit Vergleich vom 20.6.2005 zu Ziff. 3 wie folgt geeinigt:

3

3. Die Beklagte verpflichtet sich, auf der Grundlage und mit dem Inhalt des Zwischenzeugnisses vom 14.4.2005 dem Kläger ein abschließendes Zeugnis zu erteilen unter dem Datum 1.6.2005, in dessen ersten Absatz aufgenommen wird, dass der Kläger ab 1.3.2005 als Pflegedienstleiter beschäftigt worden ist. Am Ende des Zeugnisses soll ein Hinweis erfolgen, dass die Beschäftigung des Klägers als Pflegedienstleiter ab dem 1.3.2005 wegen seines hervorragenden Fachwissens erfolgt ist. Das Zeugnis soll von der Heimleitung und dem Geschäftsführer der Beklagten unterschrieben sein. Außerdem soll als Schlussklausel folgender Satz aufgenommen werden:

4

Wir wünschen Herrn S. für den weiteren privaten und beruflichen Werdegang alles Gute.

5

Die Beklagte hat auf Erinnerung des Klägers vom 7.7.2005 ein Zeugnis erteilt, das der Kläger beanstandet hat, weil es nicht dem Zwischenzeugnis vom 14.4.2005, sondern dem Entwurf vom 13.4.2005 entspreche. Ein weiteres Zeugnis (Bl. 31 d.A.) hat der Kläger wegen 5 Fehlern (Bl. 35 d.A.) zurückgewiesen. Ein am 22.9.2005 übersandtes Zeugnis (Bl. 37 d.A.) hat der Kläger wegen noch zweier Fehler beanstandet. Ein weiteres am 7.10.2005 zugestelltes Zeugnis enthält in 3 Zeilen Druckstörungen, die in 2 Fällen die Zeilen „verschwimmen“ lassen und in einem Fall als unsaubere Unterstreichung gewertet werden können. Der Fehler in der 12. Zeile von unten „seht“ statt „sehr“ war nicht beseitigt. Am 5.11.2005 erhielt der Kläger ein weiteres Exemplar (Bl. 48 d.A.), auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 22.11.2005 gegen die Beklagte ein Zwangsgeld von 500 EUR festgesetzt, weil sie der Verpflichtung gem. Ziff. 3 des Vergleiches, dem Kläger ein (fehlerfreies und drucktechnisch einwandfreies) Zeugnis zu erteilen, nicht nachgekommen sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde (2 Ta 270/05) blieb erfolglos. Der Zwangsgeldbeschluss ist vom Kläger nicht vollstreckt worden.

6

Mit Schriftsatz vom 3.2.2006 hat der Kläger Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes beantragt, weil das nunmehr erteilte Zeugnis auf Seite 1 Druckschatten aufweise. Die Beklagte hat hierzu nicht Stellung genommen. Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.2.2006 ein Zwangsgeld von 1.000 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Am 22.2.2006 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers zwei Exemplare eines Zeugnisses erhalten, das ihren Anforderungen entspricht.

II.

7

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Das Arbeitsgericht hätte kein Zwangsgeld festsetzen dürfen.

8

Zwar hatte die Beklagte vor Erlass des Beschlusses vom 21.2.2006 nicht ordnungsgemäß erfüllt. Insoweit wird auf den Beschluss in gleicher Sache vom 16.12.2005 (2 Ta 270/05) verwiesen. Auch auffällige Druckschatten müssen vom Kläger nicht hingenommen werden.

9

Eine erneute Zwangsgeldfestsetzung hätte indes nicht erfolgen dürfen, da der Kläger nicht einmal den ersten Zwangsgeldbeschluss vollstreckt hat. Zweck eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO ist es, den Schuldner zur Erfüllung anzuhalten. Das geschieht durch Vollstreckung des Zwangsgeldes. Der Gläubiger hat die Vollstreckung zu Gunsten der Staatskasse vorzunehmen (Zöller Rn. 13 zu § 888 ZPO). Dem Kläger war am 29.11.2005 eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses vom 22.11.2005 erteilt worden, die er nicht genutzt hat. Eine wiederholte Zwangsgeldfestsetzung ist nur zulässig, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einem vorangegangenen Zwangsmittelbeschluss voll durchgeführt hat (OLG Brandenburg Beschluss vom 13.6.1997 - 10 W 37/96 - FamRZ 1998,180; Musielak Rn. 12 zu § 888 ZPO).

10

Der Kläger kann insoweit nicht damit gehört werden, er habe zunächst die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 16.12.2005 abwarten wollen. Die Beschwerde hat nicht aufschiebende Wirkung (Zöller Rn. 15 zu § 888 ZPO. § 570 Abs. 1 ZPO betrifft nicht die Vollstreckung eines Zwangsgeldes, sondern eines Ordnungs- oder Zwangsmittels (Putzo Rn. 1 zu § 570 ZPO).

11

Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben.

12

Die Kosten sind dem Kläger gem. § 91 ZPO aufzuerlegen.

13

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

14

gez. …


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Zivilprozessordnung - ZPO | § 570 Aufschiebende Wirkung; einstweilige Anordnungen


(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. (2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidu

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(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.

(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.