Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. März 2010 - 8 Ta 40/10

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2010:0317.8TA40.10.0A
17.03.2010

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.01.2010 - 4 Ca 2302/08 - unter Aufhebung des (richterlichen) Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 12.02.2010 wie folgt abgeändert:

2. Die den Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gemäß § 55 RVG wird auf 935,94 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Mit seiner am 11.12.2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25.11.2008 aufgelöst wird. Zugleich stellte der Kläger einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dem das Arbeitsgericht entsprochen hat. In der Güteverhandlung vom 19.01.2009 erklärte die Beklagte, sie nehme die Kündigung zurück. Daraufhin erklärte der Kläger, er nehme das hierin liegende Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an. Zugleich nahm der Kläger seine Klage zurück.

2

Mit Schriftsatz vom 19.01.2009 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Festsetzung seiner Anwaltsvergütung im PKH-Verfahren (§ 55 RVG) auf insgesamt 935,94 Euro beantragt und dabei u.a. eine Einigungsgebühr in Höhe von 219,00 Euro in Ansatz gebracht. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 27.01.2010 die beantragte Einigungsgebühr nicht anerkannt und die aus der Landeskasse zu zahlende Anwaltsvergütung aus 675,33 Euro festgesetzt. Die gegen die Nichtberücksichtigung der beantragten Einigungsgebühr eingelegte Erinnerung hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12.02.2010 zurückgewiesen. Gegen diesen, ihnen am 18.02.2010 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.02.2010 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

3

Die (befristete) Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und insgesamt zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für die außer Ansatz gelassene Einigungsgebühr übersteigt 200,00 Euro. Auch ist die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG einzuhaltende Rechtsmittelfrist gewahrt.

4

Die Beschwerde ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist eine Einigungsgebühr (Nr. 1000, 1003 VV RVG) entstanden. Diese Gebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

5

Vorliegend haben die Parteien den Streit über die Wirksamkeit der Kündigung vom 25.11.2008 vertraglich beigelegt. Die Beklagte hat dem Kläger mit der "Rücknahme" der Kündigung angeboten, das Arbeitsverhältnis so fortzusetzen, als sei die Kündigung nicht ausgesprochen worden. Dieses Angebot hat der Kläger angenommen.

6

Die damit zustande gekommene vertragliche Einigung beschränkte sich auch nicht auf ein Anerkenntnis der Beklagten. Die Parteien haben mit ihrer Vereinbarung über den Fortbestand und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mehr geregelt, als es der Beklagten einseitig durch ein Anerkenntnis möglich gewesen wäre, indem sie z.B. die Kündigung als rechtsunwirksam anerkannt hätte. Da es sich bei der Kündigung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, kann sie nach Zugang vom Kündigenden nicht mehr einseitig zurückgenommen werden (BAG vom 19.08.1982 - 2 AZR 230/80 - AP Nr. 9 zu § 9 KSchG 1969). Vielmehr bedarf es diesbezüglich der Zustimmung des Kündigungsempfängers, etwa in Form einer - wie vorliegend - Vereinbarung über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus begibt sich der Arbeitnehmer mit einer solchen Einigung der für ihn im Einzelfall bestehenden Rechte aus §§ 9, 12 KSchG. Demzufolge entsteht eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 VV RVG auch dann, wenn die Parteien eines Kündigungsrechtsstreits sich auf die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses einigen und der Arbeitnehmer daraufhin die Klage zurücknimmt (ebenso LAG Berlin v. 08.06.2005 - 17 Ta (Kost) 6023/05 - NZA-RR 2005, 488; LAG Niedersachsen v. 18.02.2005 - 10 Ta 129/05 - LAGE § 11 RVG Nr. 1; LAG Köln v. 02.09.2005 - 5 Ta 134/05 - LAGE § 11 RVG Nr. 2; LAG Düsseldorf v. 06.06.2006 - 16 Ta 307/06 - MDR 2007, 59).

7

Hinsichtlich der Höhe der von den Beschwerdeführern in Ansatz gebrachten Einigungsgebühr und damit auch bezüglich des zur Festsetzung beantragten Gesamthonorars bestehen keine Bedenken.

III.

8

Nach alledem war der Beschwerde unter Abänderung des Festsetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts stattzugeben.

9

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. März 2010 - 8 Ta 40/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. März 2010 - 8 Ta 40/10

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 17. März 2010 - 8 Ta 40/10 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers


(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältni

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 55 Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse


(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 11 Festsetzung der Vergütung


(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 12 Neues Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers, Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses


Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, ist jedoch der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, so kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten

Referenzen

(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, ist jedoch der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, so kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem verweigern. Die Frist wird auch durch eine vor ihrem Ablauf zur Post gegebene schriftliche Erklärung gewahrt. Mit dem Zugang der Erklärung erlischt das Arbeitsverhältnis. Macht der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch, so ist ihm entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. § 11 findet entsprechende Anwendung.

(1) Soweit die gesetzliche Vergütung, eine nach § 42 festgestellte Pauschgebühr und die zu ersetzenden Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehören, werden sie auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch das Gericht des ersten Rechtszugs festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der jeweiligen Verfahrensordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren mit Ausnahme des § 104 Absatz 2 Satz 3 der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszugs ist gebührenfrei. In den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind die von dem Rechtsanwalt gezahlten Auslagen für die Zustellung des Beschlusses aufzunehmen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt; dies gilt auch im Verfahren über Beschwerden.

(3) Im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Sozialgerichtsbarkeit wird die Vergütung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Die für die jeweilige Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren gelten entsprechend.

(4) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat (§§ 32, 33 und 38 Absatz 1).

(5) Die Festsetzung ist abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Hat der Auftraggeber bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen oder Einreden erhoben, ist die Erhebung der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend.

(7) Durch den Antrag auf Festsetzung der Vergütung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten bei Rahmengebühren nur, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat. Die Festsetzung auf Antrag des Rechtsanwalts ist abzulehnen, wenn er die Zustimmungserklärung des Auftraggebers nicht mit dem Antrag vorlegt.