Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 11. Dez. 2014 - 3 TaBV 8/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:1211.3TABV8.14.0A
bei uns veröffentlicht am11.12.2014

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Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 01.04.2014 - 2 BV 12/14 - wird zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Gründe

1

I.  Die Beteiligten des vorliegenden Beschluss-Beschwerdeverfahrens streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle betreffend die Berechtigung der Beschwerde der Arbeitnehmerin Frau L. vom 18.12.2013.

2

Am 20.12.2013 reichte die Arbeitnehmerin Frau L., die zugleich Mitglied des Antragstellers ist, die Beschwerde beim Antragsteller ein. Die Arbeitnehmerin beschwert sich dort über ihre Behandlung durch Arbeitskolleginnen sowie durch die Department Managerin M.. Zu einer von Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeiterin gegründeten geschlossenen Facebook-Gruppe mit dem Namen "00", in der man auch Personaleinsatzpläne poste, Schichten tausche und über die Arbeit des Betriebsrats berichte, sei sie erst nach etwa einem Jahr eingeladen worden. Sie habe unter dem 27.01.2013 ein Bild von sich mit beleidigenden Kommentaren ("bitch") gefunden. Von der Department Managerin M., die Mitglied der Gruppe gewesen sei, hätte sie erwartet, dass diese für einen respektvollen Umgang ihr gegenüber sorge. Diese sowie ihre Kolleginnen hätten gegen die Firmenphilosophie verstoßen, wonach man sich mit Respekt und Achtung zu begegnen habe.

3

Der Antragsteller hat die Beschwerde als berechtigt erachtet und sie dem Filial-leiter Mü. vorgelegt, um auf Abhilfe hinzuwirken. Mit Schreiben vom 31.01.2014 erklärte dieser, dass er die Beschwerde nicht als eine solche im Sinne des § 85 BetrVG ansehe. Am 21.02.2014 beschloss der Antragsteller, seinen Verfahrensbevollmächtigten mit der Einleitung des vorliegenden Verfahrens zu beauftragen.

4

Der Antragsteller hat beantragt,

5
1. Herrn D., Konfliktlösungen in F. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle betreffend die Berechtigung der Beschwerde der Arbeitnehmerin  L. zu bestellen,
6
2. die Anzahl der Beisitzer pro Seite auf zwei festzusetzen.

7

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

8
1. die Anträge zurückzuweisen,
9
2. hilfsweise, die Anzahl der Beisitzer auf einen pro Seite festzulegen.

10

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen,
die beantragte Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Der Store-Manager sei nicht Mitglied der Facebook-Gruppe und habe sich im Sales-Adviser-Meeting davon distanziert. Es fehle mithin am betrieblichen Bezug, da die Arbeitgeberin keinen Einfluss auf den Inhalt der Posts habe. Der Ausdruck "bitch" sei zudem nicht zwingend negativ zu verstehen. Hinter der Beschwerde stünden völlig harmlose Vorfälle, die bereits objektiv nicht geeignet seien, bei der Arbeitnehmerin das Gefühl einer Benachteiligung auszulösen. Monatelang habe der Antragsteller nichts unternommen. Die Arbeitnehmerin sei nicht aufgrund ihrer Beschwerde benachteiligt, sondern ihrem Wunsch entsprechend im Obergeschoss eingesetzt worden. Nach einem am 09.01.2014 geführten Gespräch gehe sie davon aus, dass der Vorfall erledigt sei.

11

Das Arbeitsgericht Trier hat daraufhin durch Beschluss vom 01.04.2014 - 2 BV 12/14 - Herrn D., Konfliktlösungen, F. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle betreffend die Berechtigung der Beschwerde der Arbeitnehmerin L. bestellt und die Zahl der Beisitzer auf einen pro Seite festgesetzt; den weitergehenden Antrag hat das Arbeitsgericht zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Gründe der Entscheidung wird auf Bl. 31 bis 34 d. A. Bezug genommen.

12

Gegen den hier am 10.04.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin durch am 24.04.2014 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

13

Die Beschwerdeführerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zwar hätten auf der sozialen Netzwerkseite Facebook nach Angaben des Betriebsrat etwa 50 aktuelle und ehemalige Mitarbeiter der Filiale 000 in Trier eine geschlossene und geheime Gruppe mit dem Namen "00" eingerichtet. Dem Storemanager Herrn Mü., der zwar eingeladen gewesen sei, der Gruppe beizutreten, diese Einladung aber abgelehnt habe, sei nicht bekannt, wer Mitglied dieser Gruppe sei. Die Arbeitgeberin sei zu keinem Zeitpunkt dort vertreten gewesen. Insofern sei ihr nicht bekannt, in welchem Umfang und in welchen Inhalt Beiträge auf der Gruppenseite gepostet würden und wer überhaupt Mitglied dieser Gruppe sei. Die Mitarbeiterin Frau L. habe Anstoß an Kommentar zu einem von ihr und zwei weiteren Personen auf der geschlossenen Facebookseite veröffentlichen Foto genommen, der wie folgt laute:

14
R.   
15
R.: will auch so ein Foto mit euch, Bitches!
16
G.: Das ist schon mal ein guter Ansatz
17
B. Ihr seit gemein!

18

Die Mitarbeiterin richtet ihre Kritik nun gegen drei verschiedene Mitarbeiterinnen der Arbeitgeber, Frau B., Frau E. und die Department Managerin Frau M., die ebenfalls Mitglied der Gruppenseite sei. Letztere habe die Kommentare von Frau B. unter dem Bild überhaupt nicht wahrgenommen. Am 09.01.2014 habe ein klärendes Gespräch zwischen dem Department Manager H., Frau L. und Frau B. stattgefunden. Die Arbeitgeberin gehe in Anbetracht dessen davon aus, dass sich der Vorfall erledigt habe.

19

Vorliegend sei die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig; eine Beschwerde im Sinne des § 84 BetrVG liege nicht vor, weil es offensichtlich bereits an einem betrieblichen Bezug fehle.

20

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründungsschrift vom 24.04.2014 (Bl. 51 bis 58 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 59, 60 d. A.) sowie deren Schriftsatz vom 30.06.2014 (Bl. 72 bis 75 d. A.) Bezug genommen.

21

Die Beschwerdeführerin beantragt,

22

den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 01. April 2014 - Az: 2 BV 12/14 - aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

23

Der Beschwerdegegner beantragt,

24

die Beschwerde zurückzuweisen.

25

Der Beschwerdegegner verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, auch wenn der Ausgangspunkt der Beschwerdeäußerung in einer privaten Facebookgruppe gewesen seien, wirkten sich diese Äußerungen nach dem Empfinden der sich beschwerenden Arbeitnehmerin doch auf ihr Arbeitsverhältnis aus. Somit sei auch ein betrieblicher Bezug gegeben. Dies gelte auch im Hinblick auf die unternehmensinterne Philosophie, wonach sich Arbeitnehmer untereinander und auch in den hierarchischen Strukturen mit Respekt und Anstand zu behandeln haben. Durch die Äußerungen der Kolleginnen und der Abteilungsleiterin habe sich die Arbeitnehmerin zurückgesetzt und zu Recht respektlos behandelt gefühlt. Dieses Verhalten der Kolleginnen strahle aufgrund des täglichen Aufeinandertreffens im Betrieb logischerweise auch auf das tägliche Miteinander aus. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei auch ein Zukunftsbezug gegeben. Die Tat-sache, dass es nach der Beschwerde der Arbeitnehmerin nicht zu einer erneuten Beleidigung gekommen sei, biete keinen Anlass zu der Schlussfolgerung, es werde dazu auch in Zukunft nie wieder kommen.

26

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens des Beschwerdegegners im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdeerwiderungsschrift vom 29.05.2014 (Bl. 74 bis 76 d. A.) sowie seinen Schriftsatz vom 13.11.2014 (Bl. 103 bis 105 d. A.) Bezug genommen.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

28

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 11.12.2014.

29

II.  Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also statthaft. Das Rechtsmittel erweist sich auch sonst insgesamt als zulässig.

30

Das Rechtsmittel der Beschwerde der Beschwerdeführerin hat jedoch in der   Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass vorliegend die gesetzlichen Voraussetzungen zur Bestellung des Vorsitzender einer Einigungsstelle (§§ 85 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, 98 ArbGG) gegeben sind.,

31

Der Antrag auf Bestellung des Vorsitzenden der Einigungsstelle und auf Bestimmung der Zahl der Beisitzer ist statthaft nach Maßgabe der zuvor zitierten Vorschriften (§§ 85 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, 98 ArbGG).

32

Mit dem Arbeitsgericht ist des Weiteren davon auszugehen, dass der Antrag vorliegend auch begründet ist.

33

Nach § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG darf ein Antrag auf Bestellung des Vorsitzenden und Bestimmung der Zahl der Beisitzer wegen der fehlenden Zuständigkeit der zu bildenden Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Das ist nur dann der Fall, wenn ihre Zuständigkeit im konkreten Streitfall nach den zur Antragsbegründung vorgetragenen Tatsachen auf den ersten Blick unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt als möglich erscheint bzw. wenn sich die Streitigkeit sofort erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsummieren lässt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 22.01.2010, LAGE § 98 ArbGG 1979 Nr. 56; Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 12. Auflage 2015, Kap. 13, Rn. 1335 = S. 2836 f.). Die damit gegebene weitgehende Beschränkung der Zuständigkeitsprüfung ist aus der Besonderheit des Verfahrens zu erklären. Denn das Einrichtungsverfahren hat zum erklärten Ziel, den Betriebspartnern möglichst schnell eine funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen (LAG Rheinland-Pfalz 21.11.2008, 6 TaBV 34/08).

34

Vorliegend beruft sich der Antragsteller und Beschwerdegegner auf § 85 Abs. 2 BetrVG. Nach § 85 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen, wenn zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung einer Beschwerde bestehen. Beschwerdegegenstand ist in diesem Zusammenhang die individuelle Benachteiligung, die ungerechte Behandlung oder eine sonstige Beeinträchtigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, einen Vorgesetzten oder andere Arbeitnehmer des Betriebs. Die Mitarbeiterin Frau L. hat sich darüber beschwert, dass - unter anderem - die Department Managerin M. sowie Arbeitskolleginnen ihr nicht den nötigen Respekt entgegengebracht hätten, was sie belastet. Damit ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass der erforderliche betriebliche Bezug gegeben ist. Zwar trifft auf die Darlegung der Beschwerdeführerin zu, dass es sich im Ausgangspunkt um Äußerungen in einer privaten Facebook-Gruppe handelt. Mit dem Arbeitsgericht ist allerdings auch davon auszugehen, dass diese Äußerungen jedenfalls nach Meinung der Arbeitnehmerin/Beschwerdeführerin auf ihr Arbeitsverhältnis ausstrahlen. Ob die Beschwerde letztlich berechtigt ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Denn über die Zuständigkeit hat die Einigungsstelle zunächst selbst zu befinden; die Einigungsstelle ist - und nur dies ist Prüfungsgegenstand im Rahmen des § 98 ArbGG - aber jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig.

35

Hinsichtlich der Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle bedarf es ebenso wenig wie hinsichtlich der Zahl der bestimmten Beisitzer weiterer Ausführungen, weil beide Betriebspartner im Rahmen des Beschwerdeverfahrens sich dazu schriftsätzlich nicht mehr geäußert haben, vorsorglich also sowohl mit der Person des Vorsitzenden als auch mit der Zahl der Beisitzer einverstanden sind.

36

Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

37

Dies gilt zum einen für den Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Abrede stellt, dass es sich überhaupt um eine Beschwerde gemäß § 85 BetrVG handelt. Denn insoweit ist davon auszugehen, dass unter Beschwerde im Sinne der § 84 ff. BetrVG jedes Vorbringen des Arbeitnehmers zu verstehen ist, mit dem er darauf hinweist, dass er sich selbst entweder vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebes benachteiligt, ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt und Abhilfe des belastenden Zustandes begehrt (BAG 22.11.2005 EzA § 85 BetrVG 2001, Nr. 1). Der Kreis der beschwerdefähigen Angelegenheiten ist umfassend. Es kann sich um tatsächliche oder rechtliche Beeinträchtigungen handeln; es kommt auf den subjektiven Standpunkt des Arbeitnehmers an. Notwendig ist allerdings, dass ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis besteht und der Arbeitnehmer sich selbst beeinträchtigt fühlt. § 84 BetrVG begründet insoweit kein Recht zur Popularbeschwerde (BAG 22.11.2005, a. a. O.; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, a. a. O., Kap. 13, Rnr. 1213 f.).

38

Diese Voraussetzungen sind vorliegend, wie dargelegt, ohne weiteres gegeben. Auch kann allein im Hinblick auf den bloßen Zeitablauf nicht davon ausgegangen werden, dass ein entsprechendes Beschwerderecht zwischenzeitlich verwirkt sein könnte; im Hinblick auf § 2 Abs. 1 BetrVG und das dort vorgesehene Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern lässt sich zwar die Frage stellen, inwieweit und warum eine zeitnahe inhaltliche Beschäftigung mit der Beschwerde zwischen den Betriebspartnern zwischenzeitlich nicht möglich war, nachdem insbesondere die beschwerdeführende Arbeitnehmerin selbst Mitglied des Betriebsrats der Beschwerdeführerin ist. Dies mag allenfalls im Rahmen der Überprüfung der Zuständigkeit der Einigungsstelle Beachtung finden, führt aber nicht zu ihrer offensichtlichen Unzuständigkeit. Gleiches gilt für die semantischen Erwägungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Wortbedeutung des verwendeten Begriffes "bitch". Unbehelflich ist auch der Hinweis, dass wohl nicht von Spannungen zwischen den Beteiligten ausgegangen werden könne, weil sie im Arbeitsalltag respektvoll miteinander umzugehen schienen.

39

Nach alledem war die Beschwerde der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.

40

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

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Diese Entscheidung wird zitiert Tenor Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrates gegen den am 12.09.2008 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - 10 BV 41/08 - wird zurückgewiesen. Gründe I. 1 In dem am 01. September 2008

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(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag

1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder
2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung geltend macht, durch die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.

(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.

(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.

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Tenor

Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrates gegen den am 12.09.2008 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - 10 BV 41/08 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

In dem am 01. September 2008 von der Arbeitgeberin eingeleiteten Beschlussverfahren geht es um die Errichtung einer Einigungsstelle zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Regelungsgegenstand "RFID-Einsatz (funkgesteuerte Warenerkennung) im Wareneingang".

2

Die antragstellende Arbeitgeberin, die ihren Sitz in C-Stadt, hat ist durch Unternehmenskauf aus den Firmen W-M Mitte GmbH & Co. KG und W-M Germany GmbH & Co. KG zum 01. April 2007 durch Vermögensanwachsung hervorgegangen. Die Arbeitgeberin betreibt ca. 70 großflächige SB-Warenhäuser sowie ein Zentrallager in Deutschland. In Düsseldorf und in Mönchengladbach laufen zentrale Server, auf die Daten aus allen Märkten übertragen werden und auf der zentrale Unternehmenssoftware für alle Märkte eingesetzt wird.

3

Die Arbeitgeberin beabsichtigt die Einführung einer funkgesteuerten Warenerkennung im Wareneingang.

4

Im Januar 2008 legte die Arbeitgeberin dem Gesamtbetriebsrat einen Entwurf einer entsprechenden Gesamtbetriebsvereinbarung vor. Fragen von Mitgliedern des Gesamtbetriebsrates wurden am 12. März 2008 beantwortet. Am 18. Juni 2008 kam es zur Besichtigung des Technologie-Zentrums der Arbeitgeberin in Neuss durch Mitglieder des Gesamtbetriebsrats.

5

Ein erneuter Entwurf der Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 4, 5 d. A.) wurde dem Gesamtbetriebsrat am 4. Juli 2008 übermittelt. Dieser wurde unter dem 6. August 2008 um Stellungnahme bis 19. August 2008 gebeten.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.09.2008 Bezug genommen.

7

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,

8

1. Es wird eine Einigungsstelle zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Regelungsgegenstand "RFID-Einsatz (funkgesteuerte Warenerkennung) im Wareneingang" eingerichtet.

9

2. Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle wird der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg, Herr Dr. F, hilfsweise der Direktor des Arbeitsgerichts Pforzheim, Herr W, bestellt.

10

3. Die Einigungsstelle wird mit jeweils zwei Beisitzern besetzt.

11

Der Gesamtbetriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,

12

Antragsabweisung beantragt und hilfsweise,

13

1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Regelungsgegenstand "RFID-Einsatz (funkgesteuerte Warenerkennung) im Wareneingang" wird Herr Direktor des Arbeitsgerichts Köln a. D. Franz-Joachim T bestellt.

14

2. Die Anzahl der Beisitzer je Betriebspartei wird auf fünf festgesetzt.

15

Das Arbeitsgericht hat dem Begehren der Arbeitgeberin durch Errichtung der beantragten Einigungsstelle entsprochen und den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Dr. K D zum Vorsitzenden bestellt sowie die Zahl der Beisitzer auf jeweils 3 festgesetzt.

16

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitgeberin fehle nicht das Rechtschutzbedürfnis. § 98 ArbGG enthielte außer einem Hinweis auf die §§ 76 Abs. 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes keinerlei Voraussetzungen im Hinblick auf eine vorgeschalteten Verhandlungsphase der Betriebsparteien. § 76 Abs. 1 BetrVG sei ausdrücklich nicht in Bezug genommen. Auch sei dort nur geregelt, dass zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden sei. Die Vorschrift konkretisiere das für den Antrag auf Bestellung der Einigungsstelle erforderliche Rechtschutzbedürfnis und knüpfe an die die in § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG statuierte Verhandlungsobliegenheit der Betriebspartner an. Die Anforderungen an den "ernsthaften Verhandlungsversuch" dürften nicht überspannt werden. Habe eine Seite die Kernelemente ihrer künftigen Verhandlungsposition der anderen Seite dargestellt, könne sie vom Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsversuches ausgehen, wenn die andere Seite keine Verhandlungsbereitschaft zeige, oder die andere Seite Anlass für die Annahme böte, dass die Verhandlung nicht, zumindest nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führten. Seit Vorlage eines Entwurfes einer Gesamtbetriebsvereinbarung im Januar.2008 sei mehr als ein halbes Jahr bis zu einer Einreichung des Antrages auf Einsetzung einer Einigungsstelle vergangen und habe der Gesamtbetriebsrat innerhalb dieses Zeitraumes bis auf die Mitteilung, es fänden im Zeitraum vom 27. bis zum 29.08.2008 Ausschusssitzungen und im Zeitraum vom 02. bis zum 05.09.2009 Gesamtbetriebsratssitzungen statt, die sich mit dem Thema beschäftigen würden, nichts vorgetragen.

17

Im Übrigen sei die Einigungsstelle auch nicht offensichtlich unzuständig. Sie sei aufgrund des Mitbestimmungstatbestandes gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einzurichten. Ferner scheitere die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht an § 50 Abs. 1 BetrVG und sei auch nicht aufgrund der vorgelegten Gesamtbetriebsvereinbarungen ausgeschlossen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe unter II (Bl. 4 - 13 = Bl. 39 d. A.) Bezug genommen.

19

Gegen den am 24.09.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07.10.2008 eingelegte Beschwerde des Gesamtbetriebsrats mit gleichzeitiger Begründung.

20

Er führt zweitinstanzlich insbesondere aus, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Die Anträge könnten auch aus anderen Gründen zurückgewiesen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 98 ArbGG seien nicht erfüllt. Zwischen den Betriebsparteien sei mit keinem Wort vorgerichtlich über die Person eines Vorsitzenden oder die Anzahl der Beisitzer gesprochen worden. Im Übrigen hätten innerbetriebliche Gespräche in der Zeit vom 02. bis 05.09.2008 stattgefunden, währen die Antragsschrift bereits vom 29.08.2008 datiere.

21

Der Gesamtbetriebsrat beantragt zweitinstanzlich,

22

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.09.2008 zum AZ: 10 BV 41/08 abzuändern und die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen

23

hilfsweise

24

nach den diesseitigen Anträgen I. Instanz zu erkennen.

25

Die Arbeitgeberin hat

26

Zurückweisung der Beschwerde

27

beantragt und erwidert, die Auffassung der Arbeitgeberin sei unzutreffend. Die Prüfung der offensichtlichen Unzuständigkeit bezöge sich auch auf die Frage, ob vorgerichtlich über die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer gesprochen worden sei. Gemäß § 98 ArbGG gelten unverändert die Voraussetzungen, die vor der Einfügung des § 98 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bestanden hätten. Der Antrag zur Bildung der Einigungsstelle sei wegen fehlender Zuständigkeit nur dann unbegründet, wenn sie für den beantragten Verfahrensgegenstand offensichtlich unzuständig sei.

28

Im Übrigen hätte der Gesamtbetriebsrat spätestens im Bestellungsverfahren die Möglichkeit gehabt, sich zur Frage der Besetzung der Einigungsstelle zu äußern.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Gesamtbetriebsrats vom 07.10.2008 (Bl. 72 - 73 d. A.), sowie auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 17.10.2008 (Bl. 65 - 68 d. A.) Bezug genommen.

30

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

II.

31

1. Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrates ist zulässig und fristgemäß innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts erhoben worden (§ 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG).

32

2. Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.09.2008 - 10 BV 41/08 - zutreffend entschieden, dass auf Antrag der Arbeitgeberin eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "RFID-Einsatz (funkgesteuerte Warenerkennung) im Wareneingang" mit jeweils drei Beisitzern und dem Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Dr. D einzurichten ist.

33

Der Vorsitzende nimmt zunächst Bezug auf die umfassenden Feststellungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss (Seite 5 - 13 = Bl. 40 - 47 d. A.) und sieht unter Übernahme der Gründe und zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab.

34

3. Lediglich wegen der Angriffe der Beschwerde besteht Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

35

Soweit diese der Auffassung ist, eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle resultiere daraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 98 Abs. 1 ArbGG, wonach in den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des BetrVG der Vorsitzende alleine entscheide, nicht vollständig vorlägen, vermag dem der Vorsitzende für das verfolgte Bestellungsbegehren gemäß § 98 ArbGG aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht zu folgen.

36

§ 98 Abs. 1 Satz 1 - ArbGG -" in den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des BetrVG entscheidet der Vorsitzende allein -"steht im engen Zusammenhang mit Satz 2 - "wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist". Ursprünglich war Voraussetzung für das Verfahren nach § 76 Abs. 2 BetrVG lediglich, dass sich die Betriebspartner über die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle und/oder über die Zahl der Beisitzer nicht geeinigt haben. Seit dem Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 bestanden unterschiedliche Auffassungen darüber, ob in dem Verfahren nach § 98 ArbGG auch zu prüfen ist, ob die zu errichtende Einigungsstelle überhaupt zur Beilegung der jeweiligen Meinungsverschiedenheit der Betriebspartner zuständig sei. Diese Streitfrage ist durch die Arbeitsgerichtsnovelle vom 21.05.1979 dadurch entschieden worden, dass § 98 ArbGG um den heutigen Satz 1 ergänzt worden ist.

37

Ein Antrag auf Bestellung des Vorsitzenden oder Bestimmung der Zahl der Beisitzer darf danach nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (vgl. Germelmann/Matthes, Arbeitsgerichtsgesetz, Aufl. 2008, § 98 Rz. 6).

38

§ 98 ArbGG in der Fassung durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl I 2001, 3443) will vor allem eine beschleunigte Bildung der Einigungsstelle ermöglichen (vgl. Schwab/Weth, Kommentar zum ArbGG, 2. Aufl., m. w. N. auf BAG, Beschluss vom 24.11.1981 - 1 ABR 42/79 - = DB 1982, 1413; LAG Hamburg, Beschluss vom 02.11.1988 - 4 TaBV 6/88 und Walker, der einstweilige Rechtschutz Rz 778).

39

Das Gericht soll nicht in eine umfassende und zeitraubende Zuständigkeitsprüfung verstrickt werden. Aus diesem Grunde genügt es, wenn sich der Antragsteller vergeblich um Verhandlungen bemüht hat und der andere Betriebspartner dazu nicht bereit ist. Andernfalls könnte der verhandlungsunwillige Teil das Einigungsstelleverfahren dauerhaft blockieren (vgl. Düwell/Lipke, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Aufl., § 98 Rz. 10).

40

Daraus folgt, dass im Vordergrund des Bestellungsverfahrens materiellrechtlich die Frage der - vorliegend nicht streitigen - Zuständigkeit der einzurichtenden Einigungsstelle steht. Insoweit wird zu Recht gefordert, dass im Tenor des gerichtlichen Beschlusses ausgesprochen wird, für welchen Regelungsgegenstand die Einigungsstelle gebildet wird (Germelmann/Matthes, a. a. O., § 98 Rz. 27).

41

Hiervon zu unterscheiden ist das für das Bestellungsverfahren nötige Rechtschutzinteresse, das nicht mit der Begründung verneint werden kann, es bestünde kein Streit über die Person des Vorsitzenden oder die Anzahl der Beisitzer.

42

Die Errichtung einer Einigungsstelle ist grundsätzlich mit der Bestellung eines Vorsitzenden und einer bestimmten Anzahl von Beisitzern verbunden. Hierüber hat das Gericht zu befinden, um eine Funktionsfähigkeit dieser betriebsverfassungsrechtlichen Institution sicherzustellen.

43

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der weiteren Antragserwiderungsschrift vom 10.09.2008 und dem dort gestellten Antrag, den Direktor des Arbeitsgerichts Köln a. D. Franz-Joachim T zu bestellen sowie die Anzahl der Beisitzer auf je fünf festzusetzen, zwangsläufig, dass zumindest während des Bestellungsverfahrens eine andere Auffassung über die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer vorlag; denn die Antragsschrift sah sowohl andere Personen als Vorsitzende und eine geringere Zahl von Beisitzern vor (Bl. 2 d. A.).

44

Aus vorgenannten Gründen kommt es - wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat - auf vorgeschaltete Verhandlungsphasen über die Besetzung der Einigungsstelle nicht an. In zwingenden Mitbestimmungsverfahren - wie vorliegend - genügt es, dass für den die Einigungsstelle Anrufenden ein Nichtverhandelnwollen erkennbar ist. Hierfür spricht im vorliegenden Verfahren auch der Zeitablauf, denn die antragstellende Arbeitgeberin hat dem Gesamtbetriebsrat im Januar 2008 bereits den Entwurf für eine entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarung übermittelt und erst Monate später - am 01.09.2008 - das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.

45

Dreh- und Angelpunkt einer zurückweisenden Entscheidung ist allein die offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle. Dies ist nur dann der Fall, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Aspekt in Frage kommt und sich die beizulegenden Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und (Gesamt-) Betriebsrat erkennbar nicht unter einem mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 11.02.2008 - 10 TaBV 111/07 - m. w. N. auf weitere Rechtsprechung). Hiervon kann nach der gegebenen Sachlage und den in Bezug genommenen Feststellungen des Arbeitsgerichts nicht ausgegangen werden.

46

Soweit der Gesamtbetriebsrat seinen Hilfs(wider)antrag auch in der Beschwerde aufrechterhält, fehlt es an einer ausreichenden Darstellung von Gründen, die Zweifel an der Fähigkeit und Geeignetheit des vom Arbeitsgericht bestellten Vorsitzenden erkennen lassen.

47

Eine Kostenentscheidung ist nach § 2 Abs. 2 GKG nicht zu treffen, da das Beschlussverfahren gerichtskostenfrei ist.

48

Gegen diese Entscheidung ist nach § 98 Abs. 2 ArbGG ein Rechtsmittel nicht gegeben.

(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 wird das Verfahren eingeleitet auf Antrag

1.
jeder natürlichen oder juristischen Person oder
2.
einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern,
die nach Bekanntmachung der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung geltend macht, durch die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

(2) Für Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 ist das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat.

(3) Für das Verfahren sind § 80 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3, §§ 81, 83 Absatz 1 und 2 bis 4, §§ 83a, 84 Satz 1 und 2, § 91 Absatz 2 und §§ 92 bis 96 entsprechend anzuwenden. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Absatz 4 und 5 entsprechend. In dem Verfahren ist die Behörde, die den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt hat oder die Rechtsverordnung erlassen hat, Beteiligte.

(4) Der rechtskräftige Beschluss über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung wirkt für und gegen jedermann. Rechtskräftige Beschlüsse von Gerichten für Arbeitssachen im Verfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 sind alsbald der obersten Arbeitsbehörde des Bundes in vollständiger Form abschriftlich zu übersenden oder elektronisch zu übermitteln. Soweit eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung rechtskräftig als wirksam oder unwirksam festgestellt wird, ist die Entscheidungsformel durch die oberste Arbeitsbehörde des Bundes im Bundesanzeiger bekannt zu machen.

(5) In den Fällen des § 2a Absatz 1 Nummer 5 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch dann statt, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung oder einer Rechtsverordnung darauf beruht, dass ein Beteiligter absichtlich unrichtige Angaben oder Aussagen gemacht hat. § 581 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(6) Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Allgemeinverbindlicherklärung oder eine Rechtsverordnung wirksam ist und hat das Gericht ernsthafte Zweifel nichtverfassungsrechtlicher Art an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung oder der Rechtsverordnung, so hat das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 auszusetzen. Setzt ein Gericht für Arbeitssachen nach Satz 1 einen Rechtsstreit über den Leistungsanspruch einer gemeinsamen Einrichtung aus, hat das Gericht auf deren Antrag den Beklagten zur vorläufigen Leistung zu verpflichten. Die Anordnung unterbleibt, wenn das Gericht die Allgemeinverbindlicherklärung oder die Rechtsverordnung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand für offensichtlich unwirksam hält oder der Beklagte glaubhaft macht, dass die vorläufige Leistungspflicht ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Auf die Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht finden die Vorschriften über die Aussetzung entsprechend Anwendung; die Entscheidung ist ein Vollstreckungstitel gemäß § 794 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. Auch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens können die Parteien die Änderung oder Aufhebung der Entscheidung über die vorläufige Leistungspflicht wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Ergeht nach Aufnahme des Verfahrens eine Entscheidung, gilt § 717 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Falle des Satzes 1 sind die Parteien des Rechtsstreits auch im Beschlussverfahren nach § 2a Absatz 1 Nummer 5 antragsberechtigt.

(1) Der Betriebsrat hat Beschwerden von Arbeitnehmern entgegenzunehmen und, falls er sie für berechtigt erachtet, beim Arbeitgeber auf Abhilfe hinzuwirken.

(2) Bestehen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Beschwerde, so kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Dies gilt nicht, soweit Gegenstand der Beschwerde ein Rechtsanspruch ist.

(3) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Behandlung der Beschwerde zu unterrichten. § 84 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

(2) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Behandlung der Beschwerde zu bescheiden und, soweit er die Beschwerde für berechtigt erachtet, ihr abzuhelfen.

(3) Wegen der Erhebung einer Beschwerde dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

(2) Zur Wahrnehmung der in diesem Gesetz genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs, zwingende Sicherheitsvorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen.

(3) Die Aufgaben der Gewerkschaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.