Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 07. März 2013 - 10 Sa 507/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:0307.10SA507.12.0A
07.03.2013

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26. September 2012, Az.: 4 Ca 990/12, wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Der 1969 geborene, verheiratete Kläger war vom 01.10.1997 bis zum 31.03.2011 bei der Beklagten am Standort HG als technischer Angestellter zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt € 5.888,77 beschäftigt.

3

Im Jahr 2010 entschloss sich die Beklagte, den Betrieb von HG (Westerwald) mit etwa 170 Arbeitnehmern bis zum 31.12.2010 in das rund 160 Kilometer entfernte B. (Odenwald) zu verlagern. Diese Verlagerung wurde planmäßig durchgeführt. Der Kläger weigerte sich, am Standort B. zu arbeiten. Daraufhin hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.09.2010 gekündigt und dem Kläger angeboten, ab 01.04.2011 seine Tätigkeit am Standort B. bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Der Kläger hat das Änderungsangebot nicht angenommen. Seine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Koblenz (Az.: 4 Ca 2251/10) hat er mit Schriftsatz vom 04.03.2011 zurückgenommen.

4

Mit Klageschrift vom 13.03.2012 verlangt der Kläger die Zahlung einer Abfindung von € 84.588,33 brutto aus dem Sozialplan vom 16.09.2010, der - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:

5

㤠1
Leistungsberechtigte Arbeitnehmer

6

1. …
2. Keine Ansprüche aus diesem Sozialplan haben:

7

a) Arbeitnehmer, die eine Weiterbeschäftigung am Standort B. […] zu neben dem Standortwechsel im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen abgelehnt haben, obwohl ihnen die Weiterbeschäftigung am Standort B. zumutbar […] ist und deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer von Trelleborg ausgesprochenen Änderungskündigung […] endet;

8

§ 7
Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung am Standort B.

9

1. Volle Leistungen nach diesem Abschnitt erhalten Arbeitnehmer, denen der Arbeitsplatzwechsel zum Standort B. unzumutbar ist und die diese Gründe bis zum 31.10.2010 gegenüber Trelleborg schriftlich unter Beifügung entsprechender Nachweise geltend machen und aus diesem Grund die Weiterbeschäftigung am Standort B. berechtigterweise ablehnen. Die vorgebrachten Gründe müssen nach § 7 Nr. 1 Buchstaben a-f als berechtigte Gründe der Unzumutbarkeit geregelt sein.

10

a) Unzumutbar ist der Arbeitsplatzwechsel dann, wenn der Arbeitnehmer durch den Arbeitsplatzwechsel zum Standort B. die häusliche Pflege eines oder mehrerer unmittelbarer Angehöriger (Ehepartner, eingetragener Partner, Kinder, Eltern, Schwiegereltern, Geschwister) nicht aufrechterhalten kann. Die Pflegebedürftigkeit ist durch eine Bescheinigung des ärztlichen Dienstes der gesetzlichen Pflegekasse nachzuweisen;
b) bis f.) …

11

2. Macht ein Arbeitnehmer über die in § 7 Nr. 1 geregelte Unzumutbarkeit hinaus Gründe geltend, die aus seiner Sicht den Arbeitsortwechsel nach B. für ihn persönlich unzumutbar machen bzw. eine besondere Einzelfallhärte darstellen, und erkennt T. diese Gründe nicht als abfindungsberechtigend an, entscheidet eine paritätische Kommission über die Anerkennung dieser Gründe und darüber, ob dem betreffenden Arbeitnehmer aufgrund dessen die in § 8 geregelte Abfindung in voller Höhe oder geminderter Höhe zuerkannt wird. Die Gründe sind unter schriftlicher Darlegung gegenüber der Geschäftsleitung von Trelleborg bis spätestens zum 31.10.2010 geltend zu machen.

12

Die Kommission tritt binnen zwei Wochen nach ihrer Anrufung zusammen. Die Frist kann einvernehmlich von den Betriebsparteien geändert werden.

13

Die Kommission ist auch zuständig, wenn über das Vorliegen der Gründe nach § 7 Nr. 1 kein Einverständnis erzielt wird.

14

Je zwei Mitglieder der Kommission werden von der Geschäftsführung von Trelleborg und von dem Betriebsrat benannt. Sollte keine Einigung erzielt werden, kann jede Seite die Einigungsstelle anrufen. Einigen sich beide Seiten nicht auf die Person des Einigungsstellenvorsitzenden, ist dieser auf Antrag durch das Arbeitsgericht zu bestimmen.

15

§ 8
Abfindung

16

Arbeitnehmer, denen die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Ziffer 1) am Standort B. unzumutbar ist, [...] haben Anspruch auf eine Abfindung für den Verlust ihres Arbeitsverhältnisses, die sich wie folgt berechnet:

17

Abfindungsbetrag (brutto) = Betriebszugehörigkeit (in vollen Jahren und Monaten) x Bruttomonatsgehalt x 1,0
...

18

Die Mindestabfindung beträgt drei Brutto-Monatsgehälter. Der Höchstbetrag der Abfindung (Kappungsgrenze) beträgt 100.000,00 Euro brutto.“

19

Mit Anwaltsschreiben vom 13.10.2010 (Bl. 58-60 d.A) teilte der Kläger der Beklagten mit, er erfülle die Voraussetzungen des § 7 Nr. 1 Buchst. a des Sozialplans. Er sei als Pflegeperson für die häusliche Pflege seines Schwiegervaters verantwortlich. Eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Krankenkasse füge er bei. Er legte der Beklagten ein Schreiben der DAK vom 30.09.2010 (Bl. 24 d.A.) mit folgendem Inhalt vor:

20

„Bescheinigung als Pflegeperson
Sehr geehrter Herr A.,
hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie seit dem 16.08.2010 für Herrn R. B. als Pflegeperson angegeben sind.“

21

Die nach dem Sozialplan gebildete Paritätische Kommission tagte in drei Sitzungen im August 2011 und prüfte insgesamt 49 Anträge. Den Antrag des Klägers beschied sie (einstimmig) abschlägig, weil der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Nr. 1 Buchst. a des Sozialplans nicht erfülle und auch keine besondere Einzelfallhärte iSd. § 7 Nr. 2 vorliege.

22

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.09.2012 (dort Seite 2-11 = Bl. 109- 118 d.A.) Bezug genommen.

23

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

24

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 84.588,33 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Die Beklagte hat beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.09.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 7 Nr. 1 Buchst. a des Sozialplans nicht. Er habe nicht vorgetragen, inwieweit die häusliche Pflege seines Schwiegervaters bei einem Arbeitsortwechsel nicht aufrechterhalten werden könne. Er habe insbesondere nicht dargelegt, dass neben ihm und seiner Ehefrau keine anderen Personen die Pflege übernehmen könnten. Entscheidend sei jedoch der Umstand, dass der Kläger bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 7 Nr. 1 des Sozialplans am 31.10.2010 nicht durch Bescheinigung des ärztlichen Dienstes der gesetzlichen Pflegekasse belegt habe, dass eine Pflegebedürftigkeit seines Schwiegervaters bestehe. Die vorgelegte Bescheinigung der DAK vom 30.09.2010 über den Pflegepersonen-Status genüge nicht. Der Kläger habe erstmals in der Klageschrift vom 13.03.2012 - und damit verspätet - angegeben, dass sein Schwiegervater halbseitig gelähmt sei. Die nach dem 31.10.2010 vorgebrachten Umstände dürfe das Gericht seiner Entscheidung nicht zu Grunde legen. Sonstige Unzumutbarkeitsgründe iSd. § 7 Nr. 2 des Sozialplans habe der Kläger nicht vorgebracht. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 12 bis 23 des erstinstanzlichen Urteils vom 26.09.2012 (Bl. 119-130 d.A.) Bezug genommen.

28

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 10.10.2012 zugestellt worden. Er hat mit am 09.11.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.01.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 10.01.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

29

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass er die Pflegebedürftigkeit seines Schwiegervaters nicht nachgewiesen habe. Die Bestätigung der Krankenkasse, dass er für seinen Schwiegervater als Pflegeperson eingetragen sei, beinhalte die Feststellung, dass bei seinem Schwiegervater Pflegebedürftigkeit iSd. § 14 SGB XI vorliege (§ 19 SGB XI). § 18 SGB XI enthalte lediglich Verfahrensvorschriften zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Da der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ärztliche Bescheinigungen für Pflegepersonen nicht ausstelle, sei die in § 7 Nr. 1 Buchst. a des Sozialplans geregelte Nachweispflicht durch Vorlage einer derartigen Bescheinigung auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Den Nachweis der Pflegebedürftigkeit seines Schwiegervaters habe er in der von ihm gewählten Form erbracht. Da sein Schwiegervater unbeteiligter Dritter sei, sei es aus Gründen des Datenschutzes rechtswidrig, dessen medizinische Daten zum Gegenstand einer betrieblichen Kommission zu machen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 10.01.2013 (Bl. 159-161 d.A.) Bezug genommen.

30

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

31

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.09.2012, Az.: 4 Ca 990/12, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 84.588,33 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Berufung als unzulässig zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.

34

Sie hält die Berufung bereits für unzulässig. Das Arbeitsgericht habe sein Urteil ua. mit der Erwägung begründet, dass der Kläger nicht vorgetragen habe, weshalb die häusliche Pflege seines Schwiegervaters bei einem Arbeitsortwechsel nicht aufrechterhalten werden könne. Insbesondere habe der Kläger nicht dargelegt, dass neben ihm und seiner Ehefrau keine andere Person die Pflege übernehmen könne. Mit diesen tragenden Erwägungen habe sich der Kläger nicht ansatzweise auseinandergesetzt. Die Berufung sei auch unbegründet. Der Kläger habe die Pflegebedürftigkeit seines Schwiegervaters nicht mit den notwendigen Dokumenten nachgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.01.2013 (Bl. 165-171 d.A.) Bezug genommen.

35

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

36

Der Kläger hat seine Berufung nicht in zulässiger Weise begründet, so dass sie als unzulässig zu verwerfen ist.

37

Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Hat das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung auf mehrere, voneinander unabhängige, das Urteil selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der mehreren, rechtlich selbständig tragenden Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. BAG 19.10.2010 - 6 AZR 118/10 - Rn. 8, NZA 2011, 62; 28.05.2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 14, AP Nr. 2 zu § 520 ZPO; 08.05.2008 - 6 AZR 517/07 - Rn. 28, NZA 2008, 1148; jeweils mwN.).

38

Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung nicht gerecht. Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Nr. 1 Buchst. a des Sozialplans vom 16.09.2010 nicht erfülle. Er habe nicht vorgetragen, inwieweit die häusliche Pflege seines Schwiegervaters bei einem Arbeitsortwechsel nicht aufrechterhalten werden könne. Er habe insbesondere nicht dargelegt, dass neben ihm und seiner Ehefrau keine anderen Personen die Pflege übernehmen könnten (zu I 2 c bb der Gründe, S. 22). Entscheidend sei jedoch der Umstand, dass der Kläger bis zum Ablauf der Ausschlussfrist des § 7 Nr. 1 des Sozialplans am 31.10.2010 nicht durch Bescheinigung des ärztlichen Dienstes der gesetzlichen Pflegekasse belegt habe, dass eine Pflegebedürftigkeit seines Schwiegervaters bestehe. Die vorgelegte Bescheinigung der DAK vom 30.09.2010 über den Pflegepersonen-Status genüge nicht (zu I 2 c bb der Gründe, S. 22).

39

Mit der das Urteil des Arbeitsgericht selbständig tragenden Begründung (zu I 2 c bb der Gründe), dass der Kläger bislang nicht vorgetragen habe, inwieweit die häusliche Pflege seines Schwiegervaters bei einem Arbeitsortswechsel nicht aufrechterhalten werden könne, er habe insbesondere nicht dargelegt, dass neben ihm und seiner Ehefrau keine anderen Personen die Pflege übernehmen könnten, setzt sich die Berufungsbegründung nicht eigenständig auseinander. Die Klageabweisung ergibt sich aus jedem der beiden angeführten rechtlichen Gesichtspunkte allein; jede der beiden Begründungen kann für sich allein genommen hinweggedacht werden, ohne dass sich das Ergebnis der rechtlichen Würdigung des Arbeitsgerichts ändern würde.

40

Der nach Ablauf der bis zum 10.01.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 07.03.2013 gehaltene Sachvortrag des Klägers ist nicht geeignet, die Zulässigkeit der Berufung herbeizuführen. Der Kläger hat im Verhandlungstermin erstmals unter Vorlage einer Kopie des Bescheids der DAK-Pflegekasse vom 11.04.2007 vorgetragen, sein Schwiegervater erfülle seit dem 01.01.2007 die medizinischen Voraussetzungen der Pflegestufe II und beziehe deshalb Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Er hat außerdem erstmals vorgetragen, dass seine Ehefrau bis Mitte 2010 den Hauptteil der Pflege ihres Vaters geleistet habe. Sie habe jedoch im Sommer 2010 einen Bandscheibenvorfall erlitten und sei körperlich nicht mehr in der Lage, ihren halbseitig gelähmten Vater beim Aufstehen und Zubettgehen zu unterstützen. Ohne seine tägliche Unterstützung könne die häusliche Pflege des Schwiegervaters nicht gewährleistet werden.

41

Eine Berücksichtigung dieses Vortrags kommt nach § 67 Abs. 3 ArbGG iVm. § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG nicht in Betracht. Unter den dort genannten Voraussetzungen können neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel noch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht werden. Unabhängig davon, dass der Kläger keine neuen Tatsachen vorgetragen hat, setzt die Anwendung des § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG voraus, dass die eingelegte Berufung zulässig ist (BAG 25.04.2007 - 6 AZR 436/05 - Rn. 20, NZA 2007, 1387, mwN.).

II.

42

Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, hätte die Berufung des Klägers auch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der ausführlichen Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger keine Sozialplanabfindung beanspruchen kann.

43

Ansprüche auf eine volle Abfindung, die der Kläger mit € 84.588,33 brutto beziffert hat, haben gemäß § 7 des Sozialplans vom 16.09.2010 nur die Arbeitnehmer, denen der Arbeitsplatzwechsel zum Standort B. unzumutbar ist und die bis zum 31.10.2010 gegenüber der Beklagten berechtigte Gründe schriftlich unter Beifügung entsprechender Nachweise geltend gemacht haben. Die vorgebrachten Gründe müssen nach § 7 Nr. 1 Buchstaben a-f als berechtigte Gründe der Unzumutbarkeit geregelt sein. In Satz 1 des Buchstaben a ist geregelt, dass der Wechsel zum Standort B. unzumutbar ist, wenn der Arbeitnehmer durch den Arbeitsplatzwechsel die häusliche Pflege von Angehörigen - ua. Schwiegereltern - nicht aufrechterhalten kann. Satz 2 des Buchstaben a legt fest, dass die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen durch eine Bescheinigung des ärztlichen Dienstes der gesetzlichen Pflegekasse nachzuweisen ist.

44

Der Kläger hat innerhalb der bis zum 31.10.2010 laufenden Geltendmachungsfrist mit Anwaltsschreiben vom 13.10.2010 lediglich behauptet, er sei als Pflegeperson für die häusliche Pflege seines Schwiegervaters verantwortlich. Weshalb dessen häusliche Pflege bei einem Arbeitsplatzwechsel nicht aufrechterhalten werden kann, erklärte der Kläger mit keinem Wort. In der Klageschrift vom 13.03.2012 führte er erstmals aus, sein Schwiegervater sei seit September 2006 halbseitig gelähmt, seine Ehefrau leide seit 15 Jahren an einer chronischen Erkrankung und sei auf die tägliche Injektion von Medikamenten angewiesen, die durch ihn erfolge. Eine Pflege des Schwiegervaters durch seine Ehefrau sei aufgrund deren gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht möglich. Wer den Schwiegervater bis zum 16.08.2010 (ab diesem Datum wurde der Kläger laut Bescheinigung der DAK vom 30.09.2010 erst als Pflegeperson angegeben) gepflegt hat, erklärte der Kläger nicht. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich darauf aufmerksam gemacht, dass der Kläger - auch im Rechtsstreit - jedwede Ausführungen dazu schuldig geblieben ist, weshalb die häusliche Pflege seines Schwiegervaters durch den Arbeitsortwechsel nicht aufrechterhalten werden könne. Da der Kläger auch bislang während seiner Arbeitszeit (40-Stunden-Woche) keine Pflegeleistung habe erbringen können, müsse ein Arbeitsortwechsel nicht zwingend zu einem vollständigen Ausfall der Pflege führen. Der Kläger hat auch innerhalb der um einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht ansatzweise erklärt, weshalb sich die häusliche Pflege seines Schwiegervaters bei einem Arbeitsortwechsel nicht aufrechterhalten lasse.

45

Soweit die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 07.03.2013 erstmals vorgetragen hat, dass der Schwiegervater des Klägers seit dem 01.01.2007 die medizinischen Voraussetzungen der Pflegestufe II erfülle und deshalb Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung beziehe, dass die Ehefrau des Klägers bis Mitte 2010 den Hauptteil der Pflege ihres Vaters geleistet, jedoch im Sommer 2010 einen Bandscheibenvorfall erlitten habe und körperlich nicht mehr in der Lage sei, ihren halbseitig gelähmten Vater beim Aufstehen und Zubettgehen zu unterstützen, so dass die häusliche Pflege des Schwiegervaters ohne die tägliche Unterstützung des Klägers nicht gewährleistet werden könne, kann dieses Vorbringen keine Berücksichtigung mehr finden. Nach § 67 Abs. 4 ArbGG sind neue Angriffsmittel vom Berufungskläger in dessen Berufungsbegründung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Im Streitfall hat die Klägervertreterin ihren neuen Vortrag nicht in der Berufungsbegründungsschrift, sondern erstmals in der letzten mündlichen Verhandlung gehalten. Die diesem Sachvortrag zugrunde liegenden Tatsachen sind nicht erst nach Einreichung der Berufungsbegründung am 10.01.2013 entstanden, sondern waren spätestens seit Sommer 2010 bekannt. Entschuldigungsgründe für das verspätete Vorbringen hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Zulassung hätte zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt, weil die Beklagte das Vorbringen zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten hat.

III.

46

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

47

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


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(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 o

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(1) Die Pflegekassen beauftragen den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Im Rahmen dieser Prüfungen haben der Medizinisch

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Pflegepersonen im Sinne dieses Buches sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 erhält eine Pflegeperson nur dann, wenn sie eine

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

Pflegepersonen im Sinne dieses Buches sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 erhält eine Pflegeperson nur dann, wenn sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegt.

(1) Die Pflegekassen beauftragen den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Im Rahmen dieser Prüfungen haben der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter durch eine Untersuchung des Antragstellers die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten bei den in § 14 Absatz 2 genannten Kriterien nach Maßgabe des § 15 sowie die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln. Darüber hinaus sind auch Feststellungen darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit einschließlich der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation geeignet, notwendig und zumutbar sind; insoweit haben Versicherte einen Anspruch gegen den zuständigen Träger auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Jede Feststellung hat zudem eine Aussage darüber zu treffen, ob Beratungsbedarf insbesondere in der häuslichen Umgebung oder in der Einrichtung, in der der Anspruchsberechtigte lebt, hinsichtlich Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach § 20 Absatz 5 des Fünften Buches besteht.

(1a) Die Pflegekassen können den Medizinischen Dienst oder andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung beauftragen, für welchen Zeitanteil die Pflegeversicherung bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen, die einen besonders hohen Bedarf an behandlungspflegerischen Leistungen haben und die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 und der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Absatz 2 des Fünften Buches beziehen, die hälftigen Kosten zu tragen hat. Von den Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 sind nur Maßnahmen der körperbezogenen Pflege zu berücksichtigen. Bei der Prüfung des Zeitanteils sind die Richtlinien nach § 17 Absatz 1b zu beachten.

(2) Der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter haben den Versicherten in seinem Wohnbereich zu untersuchen. Erteilt der Versicherte dazu nicht sein Einverständnis, kann die Pflegekasse die beantragten Leistungen verweigern. Die §§ 65, 66 des Ersten Buches bleiben unberührt. Die Untersuchung im Wohnbereich des Pflegebedürftigen kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn auf Grund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht. Die Untersuchung ist in angemessenen Zeitabständen zu wiederholen.

(2a) Bei pflegebedürftigen Versicherten werden vom 1. Juli 2016 bis zum 31. Dezember 2016 keine Wiederholungsbegutachtungen nach Absatz 2 Satz 5 durchgeführt, auch dann nicht, wenn die Wiederholungsbegutachtung vor diesem Zeitpunkt vom Medizinischen Dienst oder anderen unabhängigen Gutachtern empfohlen wurde. Abweichend von Satz 1 können Wiederholungsbegutachtungen durchgeführt werden, wenn eine Verringerung des Hilfebedarfs, insbesondere aufgrund von durchgeführten Operationen oder Rehabilitationsmaßnahmen, zu erwarten ist.

(2b) Abweichend von Absatz 3a Satz 1 Nummer 2 ist die Pflegekasse vom 1. November 2016 bis zum 31. Dezember 2016 nur bei Vorliegen eines besonders dringlichen Entscheidungsbedarfs gemäß Absatz 2b dazu verpflichtet, dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu benennen, wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist.

(3) Die Pflegekasse leitet die Anträge zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit unverzüglich an den Medizinischen Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter weiter. Dem Antragsteller ist spätestens 25 Arbeitstage nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse die Entscheidung der Pflegekasse schriftlich mitzuteilen. Befindet sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung und

1.
liegen Hinweise vor, dass zur Sicherstellung der ambulanten oder stationären Weiterversorgung und Betreuung eine Begutachtung in der Einrichtung erforderlich ist, oder
2.
wurde die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder
3.
wurde mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart,
ist die Begutachtung dort unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen; die Frist kann durch regionale Vereinbarungen verkürzt werden. Die verkürzte Begutachtungsfrist gilt auch dann, wenn der Antragsteller sich in einem Hospiz befindet oder ambulant palliativ versorgt wird. Befindet sich der Antragsteller in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und wurde die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart, ist eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchzuführen und der Antragsteller seitens des Medizinischen Dienstes oder der von der Pflegekasse beauftragten Gutachter unverzüglich schriftlich darüber zu informieren, welche Empfehlung der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter an die Pflegekasse weiterleiten. In den Fällen der Sätze 3 bis 5 muss die Empfehlung nur die Feststellung beinhalten, ob Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14 und 15 vorliegt. Die Entscheidung der Pflegekasse ist dem Antragsteller unverzüglich nach Eingang der Empfehlung des Medizinischen Dienstes oder der beauftragten Gutachter bei der Pflegekasse schriftlich mitzuteilen. Der Antragsteller ist bei der Begutachtung auf die maßgebliche Bedeutung des Gutachtens insbesondere für eine umfassende Beratung, das Erstellen eines individuellen Versorgungsplans nach § 7a, das Versorgungsmanagement nach § 11 Absatz 4 des Fünften Buches und für die Pflegeplanung hinzuweisen. Das Gutachten wird dem Antragsteller durch die Pflegekasse übersandt, sofern er der Übersendung nicht widerspricht. Das Ergebnis des Gutachtens ist transparent darzustellen und dem Antragsteller verständlich zu erläutern. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die Anforderungen an eine transparente Darstellungsweise und verständliche Erläuterung des Gutachtens. Der Antragsteller kann die Übermittlung des Gutachtens auch zu einem späteren Zeitpunkt verlangen. Die Pflegekasse hat den Antragsteller auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich bei Beschwerden über die Tätigkeit des Medizinischen Dienstes vertraulich an die Ombudsperson nach § 278 Absatz 3 des Fünften Buches zu wenden.

(3a) Die Pflegekasse ist verpflichtet, dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu benennen,

1.
soweit nach Absatz 1 unabhängige Gutachter mit der Prüfung beauftragt werden sollen oder
2.
wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist.
Auf die Qualifikation und Unabhängigkeit des Gutachters ist der Versicherte hinzuweisen. Hat sich der Antragsteller für einen benannten Gutachter entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen. Der Antragsteller hat der Pflegekasse seine Entscheidung innerhalb einer Woche ab Kenntnis der Namen der Gutachter mitzuteilen, ansonsten kann die Pflegekasse einen Gutachter aus der übersandten Liste beauftragen. Die Gutachter sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nur ihrem Gewissen unterworfen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat.

(3b) Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder wird eine der in Absatz 3 genannten verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich der Antragsteller in vollstationärer Pflege befindet und bereits bei ihm mindestens erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (mindestens Pflegegrad 2) festgestellt ist. Entsprechendes gilt für die privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen. Die Träger der Pflegeversicherung und die privaten Versicherungsunternehmen veröffentlichen jährlich jeweils bis zum 31. März des dem Berichtsjahr folgenden Jahres eine Statistik über die Einhaltung der Fristen nach Absatz 3. Die Sätze 1 bis 3 finden vom 1. November 2016 bis 31. Dezember 2017 keine Anwendung.

(4) Der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter sollen, soweit der Versicherte einwilligt, die behandelnden Ärzte des Versicherten, insbesondere die Hausärzte, in die Begutachtung einbeziehen und ärztliche Auskünfte und Unterlagen über die für die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit wichtigen Vorerkrankungen sowie Art, Umfang und Dauer der Hilfebedürftigkeit einholen. Mit Einverständnis des Versicherten sollen auch pflegende Angehörige oder sonstige Personen oder Dienste, die an der Pflege des Versicherten beteiligt sind, befragt werden.

(5) Die Pflege- und Krankenkassen sowie die Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Medizinischen Dienst oder den von der Pflegekasse beauftragten Gutachtern die für die Begutachtung erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. § 276 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(5a) Bei der Begutachtung sind darüber hinaus die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten in den Bereichen außerhäusliche Aktivitäten und Haushaltsführung festzustellen. Mit diesen Informationen sollen eine umfassende Beratung und das Erstellen eines individuellen Versorgungsplans nach § 7a, das Versorgungsmanagement nach § 11 Absatz 4 des Fünften Buches und eine individuelle Pflegeplanung sowie eine sachgerechte Erbringung von Hilfen bei der Haushaltsführung ermöglicht werden. Hierbei ist im Einzelnen auf die nachfolgenden Kriterien abzustellen:

1.
außerhäusliche Aktivitäten: Verlassen des Bereichs der Wohnung oder der Einrichtung, Fortbewegen außerhalb der Wohnung oder der Einrichtung, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Nahverkehr, Mitfahren in einem Kraftfahrzeug, Teilnahme an kulturellen, religiösen oder sportlichen Veranstaltungen, Besuch von Schule, Kindergarten, Arbeitsplatz, einer Werkstatt für behinderte Menschen oder Besuch einer Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege oder eines Tagesbetreuungsangebotes, Teilnahme an sonstigen Aktivitäten mit anderen Menschen;
2.
Haushaltsführung: Einkaufen für den täglichen Bedarf, Zubereitung einfacher Mahlzeiten, einfache Aufräum- und Reinigungsarbeiten, aufwändige Aufräum- und Reinigungsarbeiten einschließlich Wäschepflege, Nutzung von Dienstleistungen, Umgang mit finanziellen Angelegenheiten, Umgang mit Behördenangelegenheiten.
Der Medizinische Dienst Bund wird ermächtigt, in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die in Satz 3 genannten Kriterien im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen pflegefachlich unter Berücksichtigung der Ziele nach Satz 2 zu konkretisieren.

(6) Der Medizinische Dienst oder ein von der Pflegekasse beauftragter Gutachter hat der Pflegekasse das Ergebnis seiner Prüfung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch Übersendung des vollständigen Gutachtens unverzüglich mitzuteilen. In seiner oder ihrer Stellungnahme haben der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter auch das Ergebnis der Prüfung, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen der Prävention und der medizinischen Rehabilitation geeignet, notwendig und zumutbar sind, mitzuteilen und Art und Umfang von Pflegeleistungen sowie einen individuellen Pflegeplan zu empfehlen. Die Feststellungen zur Prävention und zur medizinischen Rehabilitation sind durch den Medizinischen Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter auf der Grundlage eines bundeseinheitlichen, strukturierten Verfahrens zu treffen und in einer gesonderten Präventions- und Rehabilitationsempfehlung zu dokumentieren. Beantragt der Pflegebedürftige Pflegegeld, hat sich die Stellungnahme auch darauf zu erstrecken, ob die häusliche Pflege in geeigneter Weise sichergestellt ist.

(6a) Der Medizinische Dienst oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter haben gegenüber der Pflegekasse in ihrem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abzugeben. Die Empfehlungen gelten hinsichtlich Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die den Zielen von § 40 dienen, jeweils als Antrag auf Leistungsgewährung, sofern der Versicherte zustimmt. Die Zustimmung erfolgt gegenüber dem Gutachter im Rahmen der Begutachtung und wird im Begutachtungsformular schriftlich oder elektronisch dokumentiert. Bezüglich der empfohlenen Pflegehilfsmittel wird die Notwendigkeit der Versorgung nach § 40 Absatz 1 Satz 2 vermutet. Bezüglich der empfohlenen Hilfsmittel, die den Zielen nach § 40 dienen, wird die Erforderlichkeit nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet; insofern bedarf es keiner ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches. Welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel im Sinne von Satz 2 den Zielen von § 40 dienen, wird in den Begutachtungs-Richtlinien nach § 17 konkretisiert. Dabei ist auch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 des Fünften Buches über die Verordnung von Hilfsmitteln zu berücksichtigen. Die Pflegekasse übermittelt dem Antragsteller unverzüglich die Entscheidung über die empfohlenen Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel.

(7) Die Aufgaben des Medizinischen Dienstes werden durch Pflegefachkräfte oder Ärztinnen und Ärzte in enger Zusammenarbeit mit anderen geeigneten Fachkräften wahrgenommen. Die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern ist in der Regel durch besonders geschulte Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderärztin oder Kinderarzt vorzunehmen. Der Medizinische Dienst ist befugt, den Pflegefachkräften oder sonstigen geeigneten Fachkräften, die nicht dem Medizinischen Dienst angehören, die für deren jeweilige Beteiligung erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln. Für andere unabhängige Gutachter gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.