Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 26. Aug. 2016 - 1 Sa 89/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:0826.1SA89.16.0A
bei uns veröffentlicht am26.08.2016

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.01.2016 - 7 Ca 2540/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren darüber, ob das zwischen ihnen bestehende, nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterliegende Arbeitsverhältnis, durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.07.2015 aufgelöst worden ist. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind weiter Differenzvergütungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum Februar bis Juni 2015 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs und der Entgeltfortzahlung.

2

Die Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.08.2014 seit dem 15.09.2014 bei der beklagten Ärztin, die weitaus weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, als medizinische Fachangestellte tätig. Der genannte Arbeitsvertrag sieht eine wöchentliche Arbeitszeit von 12 Stunden bei einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 725,78 EUR zzgl. vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 15,00 EUR monatlich vor. § 2 des Arbeitsvertrages nimmt Bezug auf den Manteltarifvertrag für medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen vom 30.11.2012. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 12 ff. d. A. verwiesen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es Anfang Februar 2015 anlässlich eines Gesprächs zur mündlichen Vereinbarung einer fortan geltenden Arbeitszeit von nur noch 8 Stunden bei entsprechender Herabsetzung der Vergütung kam.

3

§ 3 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrages lautet wie folgt:

4

§ 3
Arbeitsvertrag

5

(1) Der Arbeitsvertrag wird schriftlich abgeschlossen; der medizinischen Fachangestellten/Arzthelferin ist eine Ausfertigung auszuhändigen. Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, die Bestimmungen dieses Tarifvertrages einschränken, sind unwirksam…

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie des Tarifvertrages gem. § 37 ff. d. A. Bezug genommen.

7

Seit Februar 2015 rechnete die Beklagte das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit von 8 Stunden ab. Die Klägerin widersprach den Diensteinteilungen auf der Grundlage von wöchentlich 8 Stunden nicht. Soweit sie darüber hinaus Stunden absolvierte, wurden diese mit einer Überstundengrundvergütung vergütet, so im Mai 2015 in Höhe von 230,51 Euro brutto.

8

Im Jahr 2015 war die Klägerin wiederholt arbeitsunfähig erkrankt, so ab (Montag, den) 02. Februar 2015 bis zum 08.04.2015 sowie im Zeitraum vom 20.07. bis 15.08.2015. Auf die Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gemäß Bl. 66 ff. d. A. wird Bezug genommen. Nach den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum ab dem 20.07.2015 handelte es sich um sog. Folgebescheinigungen. Demgegenüber teilte die Krankenkasse der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 11.08.2015 mit, dass hinsichtlich der seit dem 20.07.2015 bestehenden Erkrankung kein ursächlicher Zusammenhang mit einer Vorerkrankung bestehe.

9

Seit dem 08.06.2015 ist bei der Beklagten im Bereich der medizinischen Assistenz die Mitarbeiterin O. bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt.

10

Mit Schreiben vom 14.07.2015, der Klägerin am Folgetag zugegangen, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 15.08.2015 ordentlich gekündigt. Im Kündigungsschreiben (Bl. 11 d. A.) heißt es, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen notwendig sei.

11

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. Januar 2016, Az. 7 Ca 2540/15 (Bl. 90 ff. d. A.).

12

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 14.07.2015 nicht beendet worden ist sowie die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 878,77 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

13

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt:

14

Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten sei nach § 242 BGB trotz der Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes rechtsunwirksam. Die Beklagte habe die Kündigung selbst als aus betriebsbedingten Gründen notwendig bezeichnet, dem gegenüber aber im Juni 2015 noch zwei Neueinstellungen vorgenommen. Die Auswahlentscheidung der Beklagten lasse daher ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme vermissen. Der Vorwurf willkürlicher Ausübung des Kündigungsrechts werde auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die Beklagte sich auf krankheitsbedingte Fehlzeiten der Klägerin berufen habe. Der Gesetzgeber habe in § 3 EFZG eine Wertung dahingehend vorgenommen, dass Fehlzeiten bis zu 42 Tagen im Jahr dem Arbeitgeber grundsätzlich zumutbar seien. Er habe hierbei gewusst, dass diese Regelung auch für Kleinstbetriebe gelte. Diese gesetzgeberische Wertung sei im Rahmen der Prüfung des § 242 BGB nachhaltig und maßgeblich zu berücksichtigen.

15

Der Klägerin stünden auch die geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche zu. Soweit die Beklagte behaupte, in einem Gespräch Anfang Februar 2015 sei eine Herabsetzung der Arbeitszeit von 12 auf 8 Wochenstunden vereinbart worden, sei der Sachvortrag unsubstantiiert. Jedenfalls aber stünde der Wirksamkeit einer entsprechenden mündlichen Vereinbarung § 3 des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Manteltarifvertrags, dem zufolge Nebenabreden nur wirksam getroffen werden können, wenn sie schriftlich vereinbart werden, entgegen. Soweit die Klägerin Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges geltend mache, lägen dessen Voraussetzungen vor, da die Beklagte der Klägerin über die 8 Wochenstunden hinaus keine Arbeit zugeteilt habe. Die Geltendmachung der Ansprüche sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Schließlich entfalle auch ein Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 20.07. bis 31.07.2015 nicht. Soweit die Beklagte sich unter Hinweis auf die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung darauf berufe, es habe eine Fortsetzungserkrankung vorgelegen, ergäbe sich Gegenteiliges aus der Erklärung der Krankenkasse der Klägerin.

16

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 10. März 2016 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 09. März beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 11.04.2016 bis zum 09. Mai 2016 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 05. Mai 2016, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 09. Mai 2016, begründet.

17

Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 171 ff. d. A.) macht die Beklagte zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen geltend:

18

Das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an eine Kündigung überspannt. Die Einstellung der Mitarbeiterin W. am 11.06.2015 stelle sich als Ersatzeinstellung für die aufgrund Eigenkündigung ausgeschiedene Fachangestellte M. dar. Eine Vergleichbarkeit mit der Klägerin scheitere bereits daran, dass Frau W. - unstreitig - vollzeitig tätig ist. Die ab 08.06.2015 tätige Frau O. sei nicht vergleichbar, da mit dieser eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbart sei. Zudem hätte die Klägerin nur im Labor eingesetzt werden können. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Kündigung stünden auch die nicht nur unerheblichen Fehlzeiten der Klägerin im Jahre 2015 entgegen. Die Ausfallzeiten hätten eine Umorganisation des Praxisbetriebs in Form der Verteilung der Laboraufgaben auf andere Mitarbeiterinnen bedingt.

19

In einem Gespräch am Morgen des 02. Februar 2015 wegen aufgetretener Leistungsmängel habe die Klägerin sinngemäß auf gesundheitliche Schwierigkeiten bei einer Fortführung der Tätigkeit neben der anfallenden Kindererziehung hingewiesen. Anlässlich dieser Besprechung habe die Beklagte der Klägerin vorgeschlagen, die Arbeitszeit von 12 auf 8 Stunden pro Woche zu reduzieren und fortan regelmäßig nur noch montags und dienstags vier Stunden lang zu arbeiten. Hiermit sei die Klägerin einverstanden gewesen und habe in der Folge eine entsprechende Arbeitseinteilung niemals moniert. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch ab dem 20.07.2015 scheide in Anbetracht der ärztlich attestierten Fortsetzungserkrankung aus. Der Beweiswert dieser Bescheinigung wäre durch die Äußerung der Krankenkasse nicht entkräftet.

20

Die Beklagte beantragt,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28. Januar 2016, Az: 7 Ca 2540/15 abzuändern und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 13.06.2016, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 200 ff. d. A.), als zutreffend. Entgegen der Darstellung der Beklagten sei sie in der Lage, alle üblichen beruflichen Tätigkeiten einer medizinischen Fachangestellten auszuüben. Eine Reduzierung der Arbeitszeit sei im Februar 2015 nicht vereinbart worden. Eine mündliche Vereinbarung sei zudem in Anwendung von § 3 des Tarifvertrages unwirksam. Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der Entgeltfortzahlung ab dem 20.07.2015 auf eine Fortsetzungserkrankung berufe, handele es sich bei der entsprechenden Bezeichnung in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung um einen Fehler des Arztes.

23

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

24

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich ausreichend - begründet.

B.

25

Die Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die streitgegenständliche ordentliche Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet. Ebenso wenig bestehen Differenzvergütungsansprüche der Klägerin.

I.

26

Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet.

27

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei der Arztpraxis der Beklagten um einen sogenannten Kleinbetrieb handelt und daher auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung finden.

28

2. Die Kündigung verstößt auch nicht gegen die gemäß § 242 BGB bei jedem Rechtsgeschäft zu beachtenden Grundsätze von Treu und Glauben.

29

a) Der in § 242 BGB niedergelegte Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßene Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung unzulässig. § 242 BGB ist auf Kündigungen allerdings neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht. Eine Kündigung verstößt deshalb in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, zum Beispiel vor Diskriminierungen. Schließlich darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (ständige Rechtsprechung, BAG 21.02.2001 - 2 AZR 579/99 -; BAG 28.08.2003 - 2 AZR 333/02 -, juris).

30

b) Vorliegend scheidet in Anwendung dieser Grundsätze eine Treuwidrigkeit der Kündigung bereits deshalb aus, da diese auf Gründe gestützt wird, die - dessen Anwendbarkeit vorausgesetzt - dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen würden. Die Beklagte hat die Kündigung zum einen mit den betrieblichen Schwierigkeiten begründet, die sich infolge der nicht nur unerheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin im Jahre 2015 ergeben hätten. Sie hat ferner ausgeführt, dass sie aufgrund der Notwendigkeit der Fortführung der Labortätigkeiten auch bei krankheitsbedingter Abwesenheit der Klägerin diese unter Vornahme einer weiteren Einstellung auf andere Mitarbeiterinnen verteilt habe. Die Beklagte begründet die Kündigung somit mit Gesichtspunkten, die - wären sie an den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes zu prüfen - personen-, bzw. betriebsbedingten Gründen zuzuordnen wären.

31

Auf den Gesichtspunkt der Enttäuschung eines langjährig erdienten Vertrauens in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses kann sich die Klägerin angesichts ihrer nur kurzen Beschäftigungsdauer nicht berufen. Zu prüfen war daher lediglich, ob für die streitgegenständliche Kündigung ein irgendwie einleuchtender Grund vorlag. Dies ist angesichts der krankheitsbedingten Ausfallzeiten der Klägerin bei gleichzeitig bestehender Notwendigkeit der Fortführung der Labortätigkeiten in einer Arztpraxis der Fall.

32

c) Soweit das Arbeitsgericht ergänzend darauf abgestellt hat, eine Treuwidrigkeit der Kündigung ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber auch einem nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfallenden Arbeitgeber pro Jahr eine wirtschaftliche Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten im Umfang von 6 Wochen zugemutet habe und diese gesetzgeberische Wertung werde durch die vorliegende Kündigung konterkariert, folgt dem die Berufungskammer nicht. Der Gesetzgeber hat der vom Arbeitsgericht aufgeworfenen Problematik durch § 8 EFZG Rechnung getragen, wonach der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle nicht dadurch berührt wird, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Diese gesetzliche Bestimmung wäre überflüssig und daher nicht bedeutsam, wenn eine Kündigung, die aus Anlass einer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wird, gemäß § 242 BGB rechtsunwirksam wäre (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 30.08.2007 - 2 Sa 373/07 -, juris).

II.

33

Auch Zahlungsansprüche der Klägerin bestehen nicht mehr.

34

1. Soweit es um Annahmeverzugsvergütungs- bzw. weitergehende Entgeltfortzahlungsansprüche geht, die die Klägerin damit begründet, die Beklagte sei einseitig und zu Unrecht bei deren Berechnung von einer ab Februar 2015 von 12 auf 8 Stunden reduzierten Arbeitszeit ausgegangen, scheitern die Ansprüche der Klägerin bereits daran, dass aufgrund der durchgeführten Anhörung der Parteien im Termin vom 26.08.2016 über den Inhalt des zwischen den Parteien Anfang Februar 2015 geführten Vier-Augen-Gesprächs zur Überzeugung des Berufungsgerichts feststeht, dass die Parteien mündlich eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Die Beklagte hat im Rahmen dieser Anhörung bestätigt, der Klägerin im Hinblick auf gesundheitliche Beschwerden und auch betrieblicher Schwierigkeiten bei der Arbeit in der Praxis eine entsprechende Reduzierung der Arbeitszeit vorgeschlagen zu haben. Die Klägerin ihrerseits hat bestätigt, dass sie - wenn auch aus Angst vor einem Verlust des Arbeitsplatzes - sich hiermit einverstanden erklärt zu haben.

35

Dieser mündlichen Vereinbarung steht § 3 Abs. 1 Satz 2 des Manteltarifvertrages für medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen nicht entgegen. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde schriftlich abgeschlossen. Die mündliche Vereinbarung im Februar 2015 stellt nicht den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages, sondern dessen Änderung dar. Bei der vereinbarten Reduzierung der Arbeitszeit (und damit der Vergütung) handelt es sich auch nicht um eine Nebenabrede im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrages. Nebenabreden sind vertragliche Absprachen, die weder die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch die Gegenleistung des Arbeitgebers unmittelbar betreffen (vgl. BAG 15.03.2011 - 9 AZR 799/09 -, juris, Rz. 35).

36

2. Aufgrund der demnach getroffenen wirksamen vertraglichen Vereinbarung galt für die Klägerin fortan eine regelmäßige Arbeitszeit von 8 Stunden wöchentlich. Diese war zur Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nach § 4 Abs. 1 EFZG maßgeblich. Ebenso hatte die Klägerin fortan lediglich einen Anspruch auf Beschäftigung in Höhe von 8 Stunden wöchentlich, so dass weitergehende Annahmeverzugsvergütungsansprüche im Sinne des § 615 BGB ausscheiden.

37

3. Annahmeverzugsansprüche der Klägerin scheitern aber auch deshalb aus, weil die Klägerin nicht dargelegt hat, dass sie der Beklagten ihre Arbeitsleistung angeboten hat. Der besondere Fall des § 296 BGB (Entbehrlichkeit des Angebots) liegt nicht vor. Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis kann anders als nach Ausspruch einer Kündigung regelmäßig nicht angenommen werden, der Arbeitgeber habe eine vorzunehmende Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen. Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis ist § 296 BGB regelmäßig unanwendbar (BAG 25.04.2007 - 5 AZR 504/06, juris, Rz. 19; BAG 16.04.2013 - 9 AZR 554/11 -, juris, Rz. 18).

38

4. Auch ein Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung - wenn auch nur berechnet nach einer wöchentlichen Arbeitszeit von 8 Stunden - besteht nicht. Die Klägerin ist der hier obliegenden Darlegungslast nicht gerecht geworden. Nach der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß Bl. 68 d. A. handelte es sich um eine Folgebescheinigung. Nach der Bescheinigung war mithin davon auszugehen, dass es sich um eine Fortsetzungserkrankung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG handelte.

39

Der Arbeitnehmer, der Entgeltfortzahlung begehrt, hat die anspruchsbegründenden Tatsachen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs darzulegen. Ist er innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 2 Satz 2 EFZG länger als 6 Wochen arbeitsunfähig, muss er darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Wird dies vom Arbeitgeber bestritten, obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegung der Tatsachen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Der Arbeitnehmer hat dabei den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung hat hingegen der Arbeitgeber zu tragen (BAG 13.07.2005 - 5 AZR 389/04 - juris).

40

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungslast nicht gerecht geworden ist. Sie hat es verabsäumt die Tatsachen darzulegen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungskrankheit vorgelegen. Die Klägerin hat sich insoweit lediglich darauf berufen, dass ein Fehler des attestierenden Arztes vorgelegen habe. Sie hat ferner Bezug genommen auf das Schreiben ihrer Krankenkasse an die Beklagte. Dieser Tatsachenvortrag ermöglicht keine rechtliche Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Fortsetzungserkrankung gehandelt hat oder nicht. Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass die Klägerin die Art ihrer Erkrankung und die damit einhergehenden Beschwerden ab dem 20.07.2015 schildert und ebenso darlegt, aufgrund welcher Erkrankungen sie zuvor arbeitsunfähig in dem nach § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG maßgeblichen Zeitraum war.

C.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Eine Revisionszulassung konnte in Anwendung der hierfür maßgeblichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfolgen.

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(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. Oktober 2009 - 11 Sa 412/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt zuletzt noch die Gewährung von weiteren acht Arbeitstagen tariflichen Erholungsurlaub aus dem Jahr 2008.

2

Der über 40 Jahre alte Kläger ist seit dem 1. Dezember 1986 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Wachschichtführer in W. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. Dezember 1986 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung.

3

Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistung im ständigen Schichtbetrieb. Schichtbeginn ist jeweils um 8:00 Uhr, Schichtende am folgenden Tag ebenfalls um 8:00 Uhr. Dann folgen 24 Stunden Ruhe. Die nächste Schicht beginnt dementsprechend wieder um 8:00 Uhr am Morgen des Folgetags und dauert wieder 24 Stunden. Die Beklagte berechnet den dem Kläger zustehenden Erholungsurlaub in Schichten. Zumindest bis 2005 gewährte sie ihm jeweils 21 Schichten Erholungsurlaub im Jahr. Die jährlich 36 Freischichten des Klägers berücksichtigte sie für die Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs wie geleistete Schichten. Dabei folgte sie einem Erlass des Bundesministers der Verteidigung vom 15. Dezember 1971 (-VR IV 5 - Az.: 18-20-50-01/02). Dort heißt es:

        

„Im Interesse einer Gleichbehandlung aller im 24-stündigen Schichtdienst beschäftigten Arbeitnehmer wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen zugestimmt, dass Freischichten im Sinne der Protokollnotiz zu § 2 Nr. 5 und § 3 Nr. 5 des Neunzehnten Tarifvertrages zur Änderung des BAT vom 7. Februar 1968 bzw. im Sinne der Protokollnotiz zu § 2 Nrn. 5, 7 und 10 und § 3 Nrn. 5, 7 und 10 des Ergänzungstarifvertrages Nr. 9 zum MTB II vom 7. Februar 1968 mit Wirkung vom Beginn des Urlaubsjahres 1971 bei der Verminderung des Urlaubs nach § 48 Abs. 4 Unterabsatz 3 BAT bzw. § 48 Abs. 8 Unterabsatz 3 MTB II außertariflich auch insoweitnicht berücksichtigt werden, als sie im Voraus dienstplanmäßig festgelegt werden. …“

4

In der zuletzt maßgeblichen Protokollnotiz zu Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 der SR 2a zum MTArb für den Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung hieß es:

        

„... Die Arbeitszeitverkürzungen ab 1. Januar 1969, 1. Januar 1971, 1. Oktober 1974, 1. April 1989 und 1. April 1990 sollen im Jahresdurchschnitt durch entsprechende Schichteinteilung berücksichtigt werden. Nach der seit 1. April 1990 geltenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 1/2 Stunden (§ 15) stehen 36 Frei-schichten für ein Jahr zu.“

5

Zumindest seit dem Urlaubsjahr 2008 berücksichtigte die Beklagte diese 36 Freischichten bei der Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs nicht mehr wie geleistete Arbeitsschichten. Sie errechnete deshalb einen tariflichen Jahresurlaubsanspruch (Erholungsurlaub) des Klägers von 17 Schichten.

6

Die Beklagte gewährte dem Kläger 2008 17 Schichten Erholungsurlaub. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27. Mai 2008 beanstandete der Kläger die Urlaubsberechnung der Beklagten. Er errechnete dort einen jährlichen Anspruch auf Erholungsurlaub von 42 Arbeitstagen.

7

Die maßgeblichen Vorschriften des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) lauten ua.:

        

„§ 2   

        

Arbeitsvertrag, Nebenabreden, Probezeit

        

...     

        
        

(3)     

Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Sie können gesondert gekündigt werden, soweit dies einzelvertraglich vereinbart ist.

        

…       

        

§ 26   

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr

                 

...     

                 

nach dem vollendeten 40. Lebensjahr

30 Arbeitstage.

                 

… Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. …“

8

Für den Bereich des Bundes ist folgende Bestimmung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Verwaltung - (im Folgenden: TVöD-BT-V [Bund]) maßgebend:

        

„§ 46 

        

Sonderregelungen für die Beschäftigten im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung

        

…       

        

Nr. 4 

zu §§ 7, 8 - Sonderformen der Arbeit und Ausgleich für Sonderformen der Arbeit

        

…       

        
        

(3)     

Die Arbeitszeitdauer des Feuerwehrpersonals und des Wachpersonals beträgt, wenn in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst vorliegt, 24 Stunden pro Schicht, ...

        

…“    

        
9

In § 48 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder(MTArb) hieß es noch wie folgt:

        

„§ 48 

        

Erholungsurlaub

        

(1)     

Der Arbeiter hat in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Zahlung des Urlaubslohnes. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

        

...     

        
        

(8)     

Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen der Arbeiter dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte, mit Ausnahme der gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. Endet eine Arbeitsschicht nicht an dem Kalendertag, an dem sie begonnen hat, gilt als Arbeitstag der Kalendertag, an dem die Arbeitsschicht begonnen hat.

        

…“    

        
10

Der Kläger ist der Auffassung, er habe Anspruch auf 21 Schichttage (42 Arbeitstage) Erholungsurlaub. Diese längere Urlaubsdauer ergebe sich zumindest aus betrieblicher Übung. Die Beklagte müsse wie bisher 36 Freischichten entsprechend der Protokollnotiz 2 als geleistete Arbeitsschichten für die Bemessung des jährlichen Urlaubsanspruchs berücksichtigen. Sie gewähre jedoch unter Außerachtlassung der 36 Freischichten nur noch 17 Schichten Erholungsurlaub.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2008 weitere 18 Urlaubstage zu gewähren,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Urlaubsjahr 2009 35 Urlaubstage pro Jahr zu gewähren;

        

hilfsweise

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Urlaubsjahr 2008 weitere fünf Urlaubstage zu gewähren,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem Urlaubsjahr 2009 weiterhin 24 Urlaubstage zu gewähren.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, für die Berechnung des jährlichen Erholungsurlaubs seien nur die tatsächlich zu leistenden 147 Arbeitsschichten zugrunde zu legen. Dies ergebe einen Jahreserholungsurlaubsanspruch von 17 Schichten.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger nach teilweiser Rücknahme der Revision nur noch seinen Anspruch auf Nachgewährung des im Jahr 2008 nicht gewährten Erholungsurlaubs von acht Arbeitstagen zuzüglich Zusatzurlaub weiter.

14

Hinsichtlich des weiteren Tags Zusatzurlaub für Schichtdienst aus 2008 haben die Parteien in der Revisionsverhandlung einen Teilvergleich geschlossen.

Entscheidungsgründe

15

A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitere acht Arbeitstage tariflichen Erholungsurlaub aus dem Jahr 2008.

16

I. Als Anspruchsgrundlage für die verlangte Nachgewährung von Tarifurlaub aus 2008 kommen nur § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 280 Abs. 1, § 249 BGB in Betracht(vgl. BAG 16. März 1999 - 9 AZR 428/98 - zu II 2 der Gründe mwN, AP BUrlG § 7 Übertragung Nr. 25 = EzA BUrlG § 7 Nr. 107). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß § 2 ihres Arbeitsvertrags der TVöD als der den MTB II ersetzender Tarifvertrag Anwendung. Ein möglicher Erfüllungsanspruch ist mit dem 31. Dezember 2008, spätestens jedoch zum Ende des Übertragungszeitraums gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD am 31. Mai 2009 infolge Verfalls erloschen.

17

II. Die Beklagte befand sich vor Ablauf der Verfallfristen mit den geforderten Urlaubstagen nicht in Verzug; denn der Kläger hatte über die im Jahr 2008 gewährten 17 Urlaubsschichten (34 Arbeitstage) Erholungsurlaub keinen Anspruch auf weiteren Erholungsurlaub.

18

1. Grundsätzlich standen dem Kläger nach § 26 Abs. 1 TVöD für das Jahr 2008 30 Arbeitstage tariflicher Erholungsurlaub zu, da er das 40. Lebensjahr vollendet hatte. Für Arbeitnehmer in Schichtarbeit sind die Urlaubstage in Arbeitstage umzurechnen. Daraus errechnen sich für den Kläger jährlich 34 Arbeitstage Erholungsurlaub.

19

a) Die Notwendigkeit der Umrechnung folgt schon aus dem Wortlaut der Tarifvorschrift. Nach § 26 Abs. 1 TVöD beträgt die Urlaubsdauer für Arbeitnehmer, die wie der Kläger älter als 40 Jahre sind 30 „Arbeitstage“. Da dies der längste tarifliche Urlaubsanspruch ist, muss der Senat nicht prüfen, ob diese tarifliche Staffelung der Urlaubsdauer nach Lebensalter jüngere Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG benachteiligt(vgl. ArbG Wesel 11. August 2010 - 6 Ca 736/10 - zu I 2 b der Gründe).

20

Arbeitstage sind alle Tage, an denen der Arbeitnehmer zu arbeiten hat. Diese Festlegung entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Inhalt des Urlaubsanspruchs als einen Anspruch auf Befreiung von der vertraglichen Arbeitspflicht, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird. Urlaub kann nur für solche Tage erteilt werden, an denen der Arbeitnehmer aufgrund der Verteilung seiner Arbeitszeit eigentlich hätte arbeiten müssen (für die st. Rspr. BAG 30. Oktober 2001 -  9 AZR 315/00  - zu II 1 der Gründe). Denn Urlaubsgewährung ist die Befreiung von der Arbeitspflicht für einen bestimmten künftigen Zeitraum (BAG 24. März 2009 9 AZR 983/07 - Rn. 33, BAGE 130, 119).

21

b) Hierfür spricht auch, dass der TVöD keine der Vorgängervorschrift § 48 Abs. 8 Satz 2 MTArb entsprechende Regelung enthält. Danach galt für eine Arbeitsschicht, die nicht an dem Kalendertag endete, an dem sie begonnen hatte, als Arbeitstag der Kalendertag, an dem sie begonnen hatte. Demgegenüber stellt der nun maßgebliche § 26 TVöD für alle Formen der Arbeitszeitverteilung ausschließlich auf Arbeitstage ab.

22

2. Im Jahr 2008 bestand nur ein Anspruch auf 34 Arbeitstage tariflichen Erholungsurlaub.

23

a) Die in § 26 Abs. 1 TVöD für die Urlaubsdauer bestimmte Zahl von „30 Arbeitstagen“ ist umzurechnen. Sie ist auf die Arbeitnehmer bezogen, die in der Fünf-Tage-Woche arbeiten. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung ist dann, wenn die Arbeit abweichend auf weniger oder auf mehr Wochentage verteilt ist, gesondert je nach unterschiedlicher Arbeitspflicht und deren Verteilung die Anzahl der Urlaubstage zu ermitteln, die zur gleichen Dauer eines zusammenhängenden gleichwertigen Urlaubs nötig ist (sog. Umrechnung, vgl. BAG 30. Oktober 2001 - 9 AZR 315/00 - zu II 2 der Gründe). Den Tarifvertragsparteien kann nämlich nicht ohne Weiteres der Wille unterstellt werden, eine Regelung zu treffen, nach der die Urlaubsdauer ohne sachlichen Grund für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedlich lang sein soll. Davon geht auch § 26 Abs. 1 Satz 4 TVöD aus. Nach dieser Bestimmung erhöht oder vermindert sich ausdrücklich der Urlaubsanspruch entsprechend, soweit die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr oder weniger als auf fünf Tage verteilt ist.

24

b) Die hier anzuwendende Tarifvorschrift trifft keine besondere Umrechnungsbestimmung für Schichtarbeit. Deshalb ist nach allgemeinen Grundsätzen umzurechnen. Ist die regelmäßige Arbeitszeit nicht auf eine Kalenderwoche verteilt, muss für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen Urlaubs auf den längeren Zeitabschnitt abgestellt werden, in dem im Durchschnitt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit erreicht ist (so schon BAG 6. Dezember 1994 - 9 AZR 429/93 - zu B I 2 b aa der Gründe).

25

c) Für die Umrechnung ist grundsätzlich auf Arbeitstage abzustellen. Die Anzahl der Arbeitstage mit Arbeitspflicht ist mit der Anzahl der Urlaubstage ins Verhältnis zu setzen. Die Arbeitszeit des Klägers ist nicht regelmäßig auf jeweils eine Woche bezogen, sondern durch den Schichtrhythmus (24 Stunden Arbeit/24 Stunden Freizeit) anders verteilt. Dieser Schichtrhythmus ist nicht auf eine Woche beschränkt. Für die Berechnung ist deshalb der repräsentative Zeitabschnitt heranzuziehen, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt erreicht wird (vgl. BAG 5. November 2002 -  9 AZR 470/01  - zu B I 3 b bb (1) der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 15 = EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 4). Dabei muss die Berechnungsmethode eine Gleichwertigkeit insbesondere der Urlaubsdauer sicherstellen. Das wird erreicht, wenn jahresbezogen die für den Arbeitnehmer mit abweichender Arbeitszeit maßgebliche Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht mit der Anzahl der in der Fünf-Tage-Woche geltenden Anzahl der Arbeitstage zueinander ins Verhältnis gesetzt wird. Vorliegend ist vom Kalenderjahr auszugehen, weil das Landesarbeitsgericht nur Feststellungen über die Gesamtzahl der vom Kläger jährlich zu leistenden Schichten getroffen hat. Bei Zugrundelegung des Kalenderjahres ist der Senat bei Anwendung zwar grundsätzlich von 52 Wochen und damit 364 Kalender- und 260 Soll-Arbeitstagen ausgegangen (14. Januar 1992 - 9 AZR 148/91 - AP BUrlG § 3 Nr. 5 = EzA BUrlG § 13 Nr. 52), weil die Berechnungsvorschrift für das Urlaubsentgelt in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG auf 13 Wochen für ein Vierteljahr abstellt(vgl. BAG 20. August 2002 - 9 AZR 261/01 - BAGE 102, 251; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 42). Hier ist jedoch das Jahr nach § 191 BGB mit 365 Kalendertagen und für die in der Fünf-Tage-Woche beschäftigten Arbeitnehmer mit 261 Arbeitstagen anzusetzen; denn die Tarifvertragsparteien haben in § 21 TVöD für die Bemessung der Entgeltfortzahlung auf einen anderen Referenzeitraum als auf die letzten 13 Wochen abgestellt(hierzu vgl. BAG 5. November 2002 -  9 AZR 470/01 - zu B I 3 b bb (2) der Gründe, aaO; 20. August 2002 - 9 AZR 261/01 - zu I 2 a bb der Gründe, aaO).

26

Die danach maßgebliche Umrechnungsformel lautet:

        

Urlaubstage x Arbeitstage bei abweichender Verteilung

        

Arbeitstage in der Fünf-Tage-Woche

27

d) In diese Formel sind folgende Werte einzusetzen:

28

aa) Als Dividend: Die „nominell“ im Tarifvertrag festgelegte Anzahl von 30 Urlaubstagen. Diese sind mit der vom Kläger im Schichtsystem zu leistenden Anzahl von 294 Arbeitstagen zu multiplizieren. Denn nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte der Kläger nach den Schichtplänen jährlich 147 Arbeitsschichten zu leisten. Das sind bei den kalendertagübergreifenden Schichten 294 Arbeitstage im Jahr.

29

bb) Als Divisor sind die in der Fünf-Tage-Woche möglichen 261 Arbeitstage einzusetzen.

30

cc) Daraus errechnet sich für den Kläger wegen dessen im Vergleich zur Fünf-Tage-Woche erhöhter Anzahl von möglichen Urlaubstagen eine größere Anzahl von erforderlichen Urlaubstagen, um eine gleichwertige sechswöchige Urlaubsdauer zu erreichen. Ihm sind dazu 33,79 Arbeitstage, aufgerundet 34 Arbeitstage (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 5 TVöD), zu gewähren.

31

3. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die im Erlass von 1971 angesprochenen und in der Protokollnotiz zum beendeten MTArb angeführten 36 Freischichten nicht zur weiteren Erhöhung der Anzahl der Urlaubstage zu berücksichtigen.

32

a) Freischichttage sind keine Arbeitstage, sondern Wochentage, an denen der Arbeitnehmer wegen der Verteilung der Arbeitszeit auf Arbeitsschichten nicht zur Arbeit verpflichtet ist. Sie verringern rechnerisch die Anzahl der in einem Jahr möglichen Tage mit Arbeitspflicht (BAG 9. September 2003 -  9 AZR 468/02  - zu II 3 b der Gründe, EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 6)und damit auch den Urlaubsanspruch.

33

b) Der Kläger beruft sich auch ohne Erfolg auf betriebliche Übung. Zwar berechnete die Beklagte auf der Grundlage des Erlasses des Bundesministers der Verteidigung vom 15. Dezember 1971 (- VR IV 5 - Az.: 18-20-50-01/02) die Urlaubsansprüche unter Einbeziehung der 36 Freischichttage als Arbeitstage. Es kann insoweit dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, die vorliegenden Umstände seien nicht geeignet gewesen, einen Vertrauenstatbestand beim Kläger zu begründen, die Beklagte werde ihr Verhalten auch zukünftig beibehalten. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung stand schon das Schriftformerfordernis für Nebenabreden nach § 4 Abs. 2 Satz 1 MTArb(jetzt § 2 Abs. 3 Satz 1 TVöD) entgegen. Danach sind Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Die Nichtbeachtung der Schriftform führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit.

34

aa) Nach diesen tariflichen Vorschriften sind Nebenabreden nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurden. Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Schriftform iSd. § 126 BGB. Ihre Missachtung hat die Unwirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts zur Folge. Deshalb kann die wiederholte Gewährung einer Vergünstigung eine bindende Wirkung grundsätzlich nur dann entfalten, wenn der tariflichen Formvorschrift genügt wird (vgl. BAG 18. September 2002 - 1 AZR 477/01 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 102, 351 ).

35

bb) Eine vertragliche Abrede über eine übertarifliche, dem Arbeitnehmer günstigere Berechnung der Urlaubsdauer würde als Nebenabrede in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 MTArb und des § 2 Abs. 3 TVöD fallen. Nebenabreden im Sinne dieser Tarifvorschriften sind Vereinbarungen der Parteien des Arbeitsvertrags, die weder die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch die Gegenleistung des Arbeitgebers unmittelbar betreffen (vgl. BAG 9. Dezember 1981 - 4 AZR 312/79 - BAGE 37, 228). Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist keine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte oder noch zu erbringende Arbeitsleistungen, sondern eine gesetzlich bedingte Verpflichtung des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, den Arbeitnehmer für die Dauer des Urlaubs von der Arbeitspflicht zu befreien (BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 763/08 - Rn. 15; 24. März 2009 -  9 AZR 983/07 - Rn. 21, BAGE 130, 119; 7. November 1985 - 6 AZR 62/84 - zu 3 a und b der Gründe, BAGE 50, 112 ). Das gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub. Nach § 48 Abs. 1 MTArb hatte der Arbeiter in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf Erholungsurlaub. Gemäß § 26 Abs. 1 TVöD haben Beschäftigte denselben Anspruch. Eine tatsächliche Arbeitsleistung für den Erwerb des tariflichen Urlaubsanspruchs verlangen diese Tarifvorschriften nicht.

36

cc) Das tarifliche Schriftformgebot ist entgegen der Auffassung der Revision nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Es findet weder eine Inhaltskontrolle noch eine Transparenzkontrolle statt. Denn nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB auf Tarifverträge keine Anwendung. Auch wenn der betreffende Tarifvertrag kraft einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, hat eine Inhaltskontrolle nicht zu erfolgen, weil sie gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall die uneingeschränkte Anwendung eines einschlägigen Tarifvertrags vereinbart wurde. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB gebietet auch keine Transparenzkontrolle, wenn - wie hier - der Arbeitgeber tarifgebunden ist und mittels arbeitsvertraglicher Verweisung der Tarifvertrag Anwendung findet, der für den Arbeitgeber im Übrigen kraft Tarifbindung gilt(vgl. BAG 13. Juli 2010 - 9 AZR 264/09 - Rn. 50).

37

dd) Die Schriftform des § 126 BGB ist nicht gewahrt. Dazu hätten die Parteien die Nebenabrede gemäß § 126 Abs. 2 BGB auf derselben Vertragsurkunde unterzeichnen müssen(vgl. BAG 10. Februar 2004 - 9 AZR 183/03 - zu A II der Gründe, AP TVG § 1 Vorruhestand Nr. 31). Hieran fehlt es.

38

ee) Der Kläger macht nicht geltend, dass die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ( § 242 BGB ) verstößt und eine unzulässige Rechtsausübung darstellt.

39

c) Der Anspruch folgt auch nicht aus dem Erlass vom 15. Dezember 1971 (- VR IV 5 - Az.: 18-20-50-01/02) in Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

40

aa) Ein Anspruch auf Fortführung der sich aus einem Erlass ergebenden Urlaubsberechnung könnte aus dem arbeitsvertraglichen Gleichbehandlungsgrundsatz folgen. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechter zu stellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er findet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts uneingeschränkt Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt. Das ist auch dann der Fall, wenn er ansonsten unverbindliche interne Richtlinien oder Erlasse allgemein anwendet (BAG 20. März 1997 - 8 AZR 659/95 - zu II 2 c der Gründe).

41

bb) Eine solche Gleichbehandlung macht der Kläger nicht geltend. Er behauptet nicht, dass die Beklagte ohne sachliche Gründe ab 2008 für andere Gruppen von Arbeitnehmern auf der Grundlage des Erlasses die von ihm verlangte günstigere Urlaubsberechnung beibehalten habe.

42

B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Faltyn    

        

    Kranzusch    

                 

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 14. April 2011 - 6 Sa 439/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung während der Altersteilzeit.

2

Der am 11. Juli 1953 geborene Kläger ist beim beklagten Freistaat (Beklagter) als Fachlehrer an einer staatlichen berufsbildenden Schule beschäftigt. Vor dem Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis war er mit 80 vH der Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten tätig. Darüber hinaus leistete der Kläger planmäßige Mehrarbeitsstunden. Die von ihm tatsächlich erteilten Unterrichtswochenstunden entsprachen dem Deputat einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft.

3

Die Parteien schlossen am 14. Mai 2008 auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23. Juli 1996 und des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. August 2008 bis zum 31. Juli 2013 und einer Freistellungsphase vom 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2018. In dem „Änderungsvertrag“ heißt es auszugsweise:

        

㤠2

        

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beträgt die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des § 3 Absatz 1 Unterabsatz 2 TV ATZ, was einem künftigen Beschäftigungsumfang von 40 v. H. ergibt.

        

…“    

4

Der Kläger wurde ab Beginn der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit 80 vH der Unterrichtszeit einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft eingesetzt. Seine Altersteilzeitvergütung wurde auf dieser Basis ermittelt. Die vom Kläger geleistete Mehrarbeit wurde nicht vergütet, sondern in Freizeit abgegolten.

5

Mit Schreiben vom 24. September 2009, das am 29. Oktober 2009 beim zuständigen Schulamt einging, machte der Kläger unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2009 (- 9 AZR 145/08 -, - 9 AZR 149/08 -) die Neuberechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in der Altersteilzeit und die sich daraus ergebende höhere Altersteilzeitvergütung geltend. Im Antwortschreiben vom 3. November 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, in Umsetzung der Urteile des Bundesarbeitsgerichts werde der Beschäftigungsumfang nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 TV ATZ ab dem 29. Oktober 2009 auf 50 vH erhöht. Der Kläger erhält seitdem Altersteilzeitvergütung auf der Basis dieses Beschäftigungsumfangs.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe unter Berücksichtigung der Verfallfrist des § 37 TV-L bereits ab dem 1. April 2009 das höhere Entgelt zu. Ein wörtliches Angebot seiner weiteren Arbeitsleistung sei entbehrlich gewesen. Im Übrigen hätte der Beklagte ihn auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2009 hinweisen bzw. diese Urteile auch ohne eine Aufforderung umsetzen müssen. Er habe bereits gegenüber dem Mitarbeiter des Schulamts, mit dem im Mai 2008 der Altersteilzeitarbeitsvertrag ausgehandelt worden sei, geäußert, er finde es ungerecht, dass dem Altersteilzeitarbeitsvertrag nicht auch die planmäßige Mehrarbeit zugrunde gelegt werde, habe sich jedoch im Ergebnis damit abgefunden.

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Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass er seit dem 1. April 2009 Anspruch auf Entgelt auf der Basis der erhöhten Altersteilzeit-Wochenstunden von 20/40 hat.

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Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger hätte seine Arbeitsleistung zumindest wörtlich anbieten müssen. Er habe den Kläger nicht von sich aus auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinweisen müssen. Er habe entschieden, den Beschäftigungsumfang ab dem Zeitpunkt einer entsprechenden Antragstellung zu erhöhen. Einen solchen Antrag habe der Kläger erst am 29. Oktober 2009 gestellt.

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Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert. Die Klage ist jedenfalls unbegründet.

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I. Die Vorinstanzen haben den Klageantrag zutreffend so ausgelegt, dass streitgegenständlich nur der Zeitraum vom 1. April 2009 bis einschließlich 28. Oktober 2009 ist. Der Klageantrag enthält zwar keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung. Es ist zwischen den Parteien jedoch unstreitig, dass der Kläger für die Zeit nach dem 28. Oktober 2009 die begehrte erhöhte Vergütung erhalten hat. Ob der Kläger gehalten war, in Bezug auf diesen bereits bei Klageerhebung abgeschlossenen Zeitraum Leistungsklage zu erheben (vgl. zum fehlenden Feststellungsinteresse bei Möglichkeit der Leistungsklage: BAG 18. März 1997 - 9 AZR 84/96 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 85, 306), oder ob aufgrund der konkreten Gegebenheiten eine abschließende Klärung der Streitfragen allein auf der Grundlage eines Feststellungsurteils zu erwarten war (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 202; 19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 38), kann dahinstehen. Das Feststellungsinteresse ist lediglich für eine stattgebende Entscheidung unverzichtbar (st. Rspr., vgl. BAG 14. November 2012 - 5 AZR 815/11 - Rn. 12; 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 13, BAGE 128, 73; kritisch Schwab/Weth/Zimmerling ArbGG 3. Aufl. § 46 Rn. 71).

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II. Der Beklagte war nicht verpflichtet, dem Kläger bereits ab dem 1. April 2009 Entgelt auf der Basis eines erhöhten Deputats zu zahlen.

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1. Nach den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts in Verbindung mit § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“. Verlangt ein Arbeitnehmer gemäß § 611 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 26).

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2. Der Kläger hat im Anspruchszeitraum nur 80 vH der Arbeitsleistung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft erbracht. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt (§ 559 ZPO) befand sich der Beklagte auch nicht gemäß § 615 iVm. § 293 ff. BGB im Annahmeverzug. Der Gläubiger kommt nach § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

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a) Der Kläger hat dem Beklagten eine weitere Unterrichtstätigkeit weder tatsächlich (§ 294 BGB) noch wörtlich (§ 295 BGB) angeboten. Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Äußerungen des Klägers gegenüber dem Mitarbeiter des Schulamts vor Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags kein Angebot in diesem Sinne darstellten. Gegen diese Annahme des Landesarbeitsgerichts richtet sich auch kein Angriff der Revision.

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b) Entgegen der Ansicht des Klägers war ein wörtliches Angebot der Arbeitsleistung auch nicht entbehrlich.

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aa) Zwar ist ein Angebot entbehrlich, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die Leistung anzunehmen, beharrt (vgl. BGH 9. Oktober 2000 - II ZR 75/99 - zu 1 der Gründe; Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl. § 295 Rn. 4). Das Landesarbeitsgericht hat jedoch keine Tatsachen festgestellt (§ 559 ZPO), aus denen sich ergibt, dass der Beklagte unter keinen Umständen bereit war, den Kläger mit der erhöhten Stundenzahl zu beschäftigen. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aus dem im Altersteilzeitarbeitsvertrag vereinbarten Beschäftigungsumfang nicht die Entbehrlichkeit eines wörtlichen Angebots. Die Angabe der Teilzeitquote erfolgte nur deklaratorisch (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 45).

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bb) Das Angebot einer weiteren Unterrichtstätigkeit war auch nicht nach § 296 BGB entbehrlich. Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es nach dieser Vorschrift des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Zwar konnte der Kläger weiteren Unterricht erst nach einer entsprechenden Ergänzung des Stundenplans erteilen. Doch war hierfür nicht eine Zeit nach dem Kalender bestimmt. Die Lage der weiteren Unterrichtsstunden konnte jederzeit nach den schulischen Erfordernissen bestimmt werden (vgl. BAG 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 21, BAGE 126, 316). Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis ist § 296 BGB regelmäßig unanwendbar(vgl. BAG 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 19; 7. Dezember 2005 - 5 AZR 19/05 - zu I 2 der Gründe). Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von der Anwendbarkeit des § 296 BGB aus(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 28; vgl. auch 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 14 mwN; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - zu II 1 der Gründe, BAGE 90, 329).

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.