Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 30. Mai 2017 - 2 Sa 249/16

bei uns veröffentlicht am30.05.2017

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

In Streit steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien in Folge einer vom beklagten Arbeitgeber ausgesprochenen betriebsbedingten Änderungskündigung, die der Kläger nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hat.

2

Der kirchlich geprägte beklagte Verein betreibt in A-Stadt und Umgebung zahlreiche soziale Einrichtungen und beschäftigt insgesamt über 800 Mitarbeiter. Unter anderem betreibt er in A-Stadt und Umgebung Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen der Tagespflege, Sozialstationen und Beratungsstellen und bietet darüber hinaus noch zahlreiche weitere Hilfen für gefährdete und bedürftige Menschen an.

3

Nach seiner Satzung wird der Verein durch seinen Vorstand im Rechtsverkehr vertreten. Außerdem ist ein Verwaltungsrat gebildet, der die Geschäfte des Vorstandes lenkt und kontrolliert. Der Vorstand bestand im Streitzeitraum aus fünf Personen. Vier Vorstandsmitglieder leiten in ihrer Funktion gleichzeitig je einen Geschäftsbereich des Beklagten. Dem fünften Mitglied obliegt die Gesamtleitung.

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Neben den Einrichtungen der einzelnen Geschäftsbereiche gibt es eine zentrale Geschäftsstelle mit ungefähr 25 Beschäftigten, mit deren Hilfe der Vorstand die Geschäfte führt und die die einzelnen Einrichtungen in Verwaltungsangelegenheiten unterstützt. Ergänzend wird auf das Organigramm des Vereins Bezug genommen sowie auf dessen Vereinssatzung und auf die Geschäftsordnung für den Vorstand.

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Der Beklagte ist Mitglied im Diakonischen Werk Mecklenburg-Vorpommern e.V. Diese Dachorganisation erlässt in einem förmlich geregelten Verfahren die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR DW MV), die auch im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dynamisch Anwendung finden.

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Beim Beklagten haben sich mehrere Mitarbeitervertretungen (MAV) nach dem kirchlichen Mitarbeitervertretungsgesetz für die Evangelische Kirche in Deutschland (Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD – MVG-EKD) gebildet. Unter anderem gibt es eine Mitarbeitervertretung, die von den Beschäftigten aus den Bereichen Geschäftsstelle, Kindertagesstätten und ambulante soziale Dienste gewählt wurde.

7

Der 1966 geborene Kläger ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und seinen beiden noch schulpflichtigen Kindern zusammen. Der berufliche Werdegang des Klägers ist umfangreich und vielfältig. Der Kläger ist gelernter Versicherungskaufmann (Abschluss 1987) und hat in diesem Beruf auch einige Jahre gearbeitet. 1991 und 1992 hat er die Fachhochschulreife an einem Berufskolleg erworben. Danach war der Kläger 1992 als Pflegehelfer tätig und hat sich schließlich zum Krankenpfleger ausbilden lassen (Abschluss 1996). Noch im Jahr 1996 hat er dann das Studium zum Religionspädagogen und Gemeindediakon aufgenommen. Die Studienzeit ging bis in das Jahr 2000. Der Kläger ist heute Diplom-Religionspädagoge und Diakon.

8

Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht seit September 2001.

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Dem Kläger wurde ab September 2001 die Stelle als Bereichsleiter mit Verantwortung für den Fachbereich Altenhilfe, einschließlich Haus-Service-Ruf und Sozialstationen übertragen. Er war damit direkt dem zuständigen Vorstandsmitglied unterstellt. Seine Aufgabe war es, die Leiter und Leiterinnen der Einrichtungen in seinem Bereich anzuleiten und zu unterstützen. Der Kläger hat für diese Tätigkeit Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b, Fallgruppe 17 der AVR DW M-V bzw. der seinerzeit geltenden Vorgängerregelung erhalten, in die er auch eingruppiert war. Bereichsleiter gibt es auch für die übrigen Geschäftsbereiche des Beklagten.

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Mit Wirkung zum 1. April 2004 haben die Parteien die Arbeitsaufgaben des Klägers einvernehmlich abgeändert. Seine Aufgaben als Bereichsleiter sollten sich nur noch auf die stationäre Altenhilfe beziehen und nur noch die Hälfte seiner Arbeitskraft beanspruchen. Mit der anderen Hälfte seiner Arbeitskraft war der Kläger ab April 2004 für den Bereich des Qualitätsmanagements des Beklagten als Qualitätsbeauftragter zuständig. Es ging hier um die erstmalige Etablierung eines QM-Systems im Bereich des Beklagten, das mit Unterstützung einer auf solche Dinge spezialisierten GmbH aus dem diakonischen Bereich aufgebaut werden sollte.

11

Mit der Veränderung der Arbeitsaufgaben war eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 19 der AVR-DW MV bzw. der seinerzeit geltenden AVR verbunden. – Nach Überleitung in das neue Entgeltsystem der AVR-DW MV wurde der Kläger zum 1. Januar 2008 systemgerecht in die Entgeltgruppe E 11 "Basisstufe" umgruppiert. Zum 1. September 2009 stieg der Kläger in die Entgeltgruppe 11 "Erfahrungsstufe" AVR-DW MV auf. Als er dann um eine höhere Eingruppierung bat, wurde er mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 "neu eingruppiert" in die Entgeltgruppe E 12 "Erfahrungsstufe" der AVR-DW MV.

12

Der Beklagte hat sich 2013 nach seinen Angaben dazu entschlossen, die vom Kläger wahrgenommene Funktion als Bereichsleiter Altenhilfe aufzugeben und die damit verbunden Aufgaben auf die Leiter und Leiterinnen der zugeordneten Einrichtungen einerseits sowie auf das zuständige Vorstandsmitglied andererseits zu übertragen. Diese Maßnahme ist zum Jahresbeginn 2014 tatsächlich umgesetzt werden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger seit Ende 2013 nicht mehr als Bereichsleiter Altenhilfe tätig geworden ist.

13

Diese betriebliche Änderung hat zu einem bis heute nicht bewältigten Konflikt in der Arbeitsbeziehung der Parteien geführt. Insgesamt hat der Beklagte mit fünf Änderungskündigungen versucht, den Konflikt zu beheben. Streitgegenständlich ist im vorliegenden Rechtsstreit die vierte Änderungskündigung.

14

Zunächst hatte der Beklagte dem Kläger unter dem 30. April 2013 außergerichtlich angeboten, mit Wirkung vom 1. Januar 2014 nur noch als Qualitätsbeauftragter für den Verein tätig zu werden, und zwar in Teilzeit mit 30 von 40 Wochenstunden. Zugleich sollte eine Rückgruppierung in die Entgeltgruppe E 11 "Erfahrungsstufe" der AVR-DW MV erfolgen.

15

Nachdem der Kläger dieses Angebot abgelehnt hatte, sprach der Beklagte – ohne Beteiligung einer Mitarbeitervertretung – mit Schreiben vom 17. Juni 2013 eine Änderungskündigung zum 31. Dezember 2013 aus (erste Änderungskündigung). Danach sollte die Arbeitsaufgabe des Klägers als "Bereichsleiter stationäre Altenhilfe" mit Wirkung vom 1. Januar 2014 ersatzlos entfallen. Stattdessen sollte der Kläger mit nur noch 20 von 40 Wochenstunden als "Qualitätsbeauftragter" weiterbeschäftigt werden. Zugleich sollte eine Rückgruppierung in die Entgeltgruppe E 11 "Erfahrungsstufe" AVR DW MV wirksam werden. Das Änderungsangebot wurde vom Kläger unter Vorbehalt angenommen. Über die Kündigungsfrist hinaus wurde der Kläger vollzeitig weiterbeschäftigt, allerdings nur noch im Bereich Qualitätsmanagement.

16

Der Kläger hatte diese erste Änderungskündigung gerichtlich angegriffen. Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 22. Januar 2014 (5 Ca 987/13) festgestellt, dass die Änderungskündigung vom 17. Juni 2013 unwirksam ist. Das Arbeitsgericht hatte die Kündigung bereits wegen fehlender Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach § 41 Absatz 3 MVG-EKD als unwirksam erachtet. Die Berufung des Beklagten hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 16. April 2015 zurückgewiesen (5 Sa 165/14). Das Landesarbeitsgericht hat offengelassen, ob der Kläger – was die Beteiligung der Mitarbeitervertretung ausschließen würde – zur "Dienststellenleitung" im Sinne von § 4 MVG-EKD gehört, und hat seine Entscheidung allein darauf gestützt, dass der Beklagte nicht mit der notwendigen Detailgenauigkeit dem Gericht gegenüber erläutert habe, wo die Aufgaben verblieben sind, die der Kläger bisher als Bereichsleiter wahrgenommen hat.

17

Nach Beteiligung der Mitarbeitervertretung für die Bereiche Geschäftsstelle, Kindertagesstätten und ambulante soziale Dienste wurde dem Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 26. März 2014 zum 30. September 2014 eine neue, inhaltsgleiche Änderungskündigung ausgesprochen (zweite Änderungskündigung). Das Änderungsangebot wurde vom Kläger abermals unter Vorbehalt angenommen. Außerdem hat er vor dem Arbeitsgericht Änderungskündigungsschutzklage erhoben.

18

Am 30. September 2014 sprach der Beklagte dem Kläger nach Beteiligung der Mitarbeitervertretung für die Bereiche Geschäftsstelle, Kindertagesstätten und ambulante soziale Dienste eine weitere Änderungskündigung aus (dritte Änderungskündigung). Nunmehr wurde ihm angeboten, ab dem 1. April 2015 wieder vollzeitig beschäftigt zu werden, und zwar neben seiner (hälftigen) Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter (Entgeltgruppe 11) zur anderen Hälfte als Pflegefachkraft (Entgeltgruppe 7 "Einarbeitungsstufe") in einem Pflegeheim des Beklagten in A-Stadt. Dieses Änderungsangebot wurde vom Kläger erneut unter Vorbehalt angenommen. Außerdem hat er erneut Änderungskündigungsschutzklage erhoben.

19

Nach Verbindung der jeweils rechtzeitig bei Gericht eingegangenen Änderungskündigungsschutzklagen hat das Arbeitsgericht Rostock mit Urteil vom 18. Februar 2015 (5 Ca 481/14) festgestellt, dass diese beiden Änderungskündigungen (zweite und dritte Änderungskündigung) wegen fehlender sozialer Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG unwirksam sind. Die dagegen beim Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegte Berufung (2 Sa 180/15) hat der Beklagte nach Erörterung in der Kammerverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Februar 2016 zurückgenommen.

20

Im Jahre 2015 hat sich der Beklagte dazu entschlossen, weitere Aufgaben aus dem Bereich des Qualitätsmanagements durch die bereits beim Beklagten tätige und darauf spezialisierte GmbH aus dem Bereich der Diakonie zu übertragen (Kopie des Vertrages als Anlage B 7 überreicht, hier Blatt 115 ff), was nach Darstellung des Beklagten dazu führt, dass ab September 2015 auch die Arbeitsaufgabe des Klägers im Bereich des Qualitätsmanagements entfallen ist.

21

Um eine endgültige Trennung vom Kläger zu vermeiden, hat der Beklagte den Plan gefasst, dem Kläger im Rahmen einer weiteren Änderungskündigung eine Vollzeitstelle als Pflegefachkraft in einem Pflegeheim in A-Stadt, dem Wohnort des Klägers, anzubieten.

22

Dazu wurde die Mitarbeitervertretung für die Bereiche Geschäftsstelle, Kindertagesstätten und ambulante soziale Dienste mit Schreiben vom 16. März 2015 (Kopie hier Blatt 99 bis 110, es wird Bezug genommen) über die beabsichtigte Änderungskündigung und die ihr zu Grunde liegenden Gründe unterrichtet und um Zustimmung gebeten. Zur Frage der Weiterbeschäftigung des Klägers auf einem freien Arbeitsplatz heißt es in dem Anhörungsschreiben wörtlich (hier Blatt 103):

23

"Vergleichbare freie Stellen sind derzeit nicht vorhanden und es ist auch nicht abzusehen, dass diese eingerichtet werden, sodass als letztes Mittel die betriebsbedingte Kündigung des Beschäftigten bleibt mit dem Angebot, zukünftig als Pflegefachkraft für uns tätig zu werden."

24

Die Mitarbeitervertretung hat mit Schreiben vom 30. März 2015 (Kopie hier Blatt 111, es wird Bezug genommen) mitgeteilt, dass man sich nach wie vor wegen der Tätigkeit des Klägers als (hälftiger) Bereichsleiter als nicht zuständig betrachte und hat wegen der Tätigkeit des Klägers als Qualitätsbeauftragter mitgeteilt, insoweit gegen die beabsichtigte Maßnahme keine Einwendungen zu erheben. Zu dem Änderungsangebot hat die Mitarbeitervertretung keine Stellungnahme abgegeben.

25

Daraufhin wurde dem Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 30. März 2015 unter Beifügung einer Originalvollmacht, wegen deren Umfang auf die in Kopie überreichte Urkunde (hier Blatt 8) verwiesen wird, zum 30. September 2015 erneut eine (Änderungs-)Kündigung ausgesprochen (vierte Änderungskündigung). In der Kündigung wird dem Kläger angeboten, ab dem 1. Oktober 2015 vollzeitig als Pflegefachkraft (Entgeltgruppe 7 "Einarbeitungsstufe") in A-Stadt beschäftigt zu werden. Dieses Änderungsangebot ist vom Kläger nicht unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen worden. Mit außergerichtlichem Schreiben vom 2. April 2015 hat der Kläger eine Rüge nach § 174 BGB erhoben (Kopie hier Blatt 9 f). Am 8. April 2015 ist die vorliegende Klage beim Arbeitsgericht Rostock eingegangen. Der Kläger hat seine Kündigungsschutzklage später um Hilfsanträge auf Wiedereinstellung erweitert.

26

Im Juli 2015 – also während der laufenden Kündigungsfrist – kam es dann zu mehreren Stellenausschreibungen des beklagten Vereins. Ausgeschrieben war zum einen die Stelle Verwaltungsmitarbeiter für den Bereich Rechnungswesen / Finanzbuchhaltung (mit 35 Wochenstunden), die aufgrund einer Eigenkündigung der bisherigen Stelleninhaberin frei wurde. Ebenfalls im Juli 2015 war auch die Stelle eines Leitenden Mitarbeiters in der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich PR/Marketing ausgeschrieben. Daneben wurde eine Stelle als Wohnbereichsleitung im Pflegeheim in R. ausgeschrieben. Der Kläger hatte sich auf alle drei Stellen beworben, seine Bewerbungen waren alle letztlich erfolglos geblieben. – Der Beklagte hatte dem Kläger angeboten, ihm die Stelle als Verwaltungsmitarbeiter für den Bereich Rechnungswesen / Finanzbuchhaltung befristet und probeweise zu übertragen. Das hat der Kläger wegen der vom Beklagten verlangten Einschränkungen abgelehnt. Außerdem hatte der Bereichsleiter Gefährdetenhilfe angedeutet, dass er zum Jahresende 2016 altersbedingt aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wolle.

27

Der Kläger wurde bis zuletzt auf der Stabsstelle als Qualitätsbeauftragter eingesetzt. Bis zum 30. September 2015 wurde das Arbeitsverhältnis vom Beklagten mit einer monatlichen Vergütung in Höhe von 4.271,21 Euro brutto abgerechnet und abgewickelt. Seit dem 1. Oktober 2015 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld. Daneben übt er inzwischen eine Beschäftigung als Lehrer für Religion und Mathematik im Schuldienst des Landes aus.

28

Noch während der Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits beim Arbeitsgericht, hat der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 30. März 2016 dem Kläger eine erneute, inhaltsgleiche Änderungskündigung zum 30. September 2016 ausgesprochen (fünfte Änderungskündigung). Dagegen richtet sich die weitere Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Rostock (5 Ca 544/16), über die noch nicht entschieden ist. In Rahmen dieses weiteren Rechtsstreits der Parteien ist unter Leitung des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ein Güterichterverfahren durchgeführt worden, das ohne Ergebnis geblieben ist.

29

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 17. Juni 2016 zur hier rechtshängigen vierten Änderungskündigung festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. März 2015 nicht aufgelöst ist (5 Ca 496/15). In der Sache hat das Arbeitsgericht die Kündigung als unverhältnismäßig angesehen, da es mehrere Arbeitsplätze gegeben habe, die man dem Kläger statt der Tätigkeit als Pflegefachkraft hätte anbieten können und die das bisherige Arbeitsverhältnis in geringerem Maße verändert hätten. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

30

Mit der rechtzeitig eingelegten Berufung, die fristgemäß begründet wurde, verfolgt der Beklagte sein Ziel der vollständigen Klageabweisung unverändert fort.

31

Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Tatsächlich sei die ausgesprochene Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG und sie begegne auch im Übrigen keinen Wirksamkeitsbedenken.

32

Zutreffend sei das Arbeitsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der bisherige Arbeitsplatz des Klägers in seinen beiden Teilen weggefallen sei.

33

Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit als die angebotene Tätigkeit als Krankenpfleger habe für den Kläger entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Ende März 2015 nicht bestanden. Es gebe im Betrieb keine andere freie Stelle, auf der der Kläger unter zumutbaren Bedingungen hätte weiterbeschäftigt werden können. Der Kläger überschätze seine tatsächlichen Fähigkeiten. Seine vor Jahrzehnten formal erworbenen Qualifikationen seien zwischenzeitlich inhaltlich veraltet. Die beiden mit E7 bzw. E8 ausgeschriebenen Stellen seien zudem für den Kläger mit so starken finanziellen Einbußen und einem so starken sozialen Abstieg verbunden, dass man diese für nicht zumutbar gehalten habe. Für die Abteilungsleiter-Stelle im Bereich "PR/Marketing" verfüge der Kläger weder über Erfahrungen, noch über eine entsprechende Ausbildung, noch über die dafür im hohen Maße erforderlichen kommunikativen Fähigkeiten.

34

Im Übrigen habe sich der Bereichsleiter Gefährdetenhilfe zum Zeitpunkt der Kündigung und auch in den Wochen danach nicht eindeutig positioniert gehabt, inwieweit er sein Arbeitsverhältnis tatsächlich bereits im Jahr 2016 beenden wolle.

35

Eine Sozialauswahl sei hier nicht möglich gewesen, weil die verschiedenen Bereichsleiter untereinander nicht austauschbar seien. Mit Frau C. sei der Kläger schon deshalb nicht vergleichbar, weil diese zugleich Prokuristin sei und – was unstreitig ist – zusätzlich über eine Ausbildung als Bürokauffrau verfüge. Im Übrigen verweist der Beklagte auf eine Auflistung der Sozialdaten (hier Blatt 99), wonach alle anderen Bereichsleiter sozial schutzbedürftiger seien als der Kläger.

36

Die Beteiligung der Mitarbeitervertretung sei ausweislich des zur Akte gereichten Schriftverkehrs nicht zu beanstanden. Vereinsrechtlich seien die Kündigungen ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Kündigung eines Bereichsleiters gehöre nämlich nicht zu den zustimmungspflichtigen Geschäften des Vorstandes. Der Verwaltungsrat habe ohnehin im Laufe der Zeit allen Maßnahmen und damit incidenter auch der Kündigung tatsächlich zugestimmt. Die Rüge fehlender Originalvollmacht (§ 174 BGB) laufe ins Leere. Die der Kündigung im Original beigefügte Vollmacht habe auch die Ermächtigung enthalten, dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anzubieten.

37

Der Beklagte beantragt,

38

die Klage unter Abänderung der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Rostock abzuweisen.

39

Der Kläger beantragt,

40

die Berufung zurückzuweisen.

41

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil mit Rechtsargumenten. Zutreffend habe das Arbeitsgericht die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung festgestellt. Abweichend von der Auffassung des Arbeitsgerichts scheitere die Kündigung jedoch bereits an der fehlenden Darlegung des Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes. Die bislang von ihm im Bereich stationäre Altenhilfe ausgeübte Leitungstätigkeit sei nicht entfallen. Insoweit sei nicht ersichtlich, wie eine Neuverteilung der Aufgaben in der Praxis funktionieren solle. Darauf habe bereits das Landesarbeitsgericht sein Urteil vom 16. April 2015 - 5 Sa 165/14 - gestützt.

42

Auch seine Tätigkeit im Bereich Qualitätsmanagement werde nicht vollständig wegfallen. Bereits aus dem Vertrag mit der GmbH aus dem diakonischen Bereich ergebe sich, dass es in den verschiedenen Betriebsbereichen weiterhin "Qualitätsteams", QM-Auditoren und QM-Fachpersonal geben solle, das von der externen GmbH geschult werden solle. Er selbst sei (auch) QM-Auditor und könne diese Aufgabe daher übernehmen.

43

Der Kläger hält auch an seiner Rüge der fehlerhaften Sozialauswahl, mit der sich das Arbeitsgericht nicht weiter auseinandergesetzt hat, fest. Der Kläger sei mit den anderen Bereichsleitern vergleichbar. Die Sozialauswahl hätte zwischen allen Bereichsleitern stattfinden müssen. Die seinerzeit als Bereichsleiterin beschäftigte Frau C. sei weniger sozial schutzbedürftig als er.

44

Zutreffend habe das Arbeitsgericht dann jedoch herausgearbeitet, dass die Kündigung jedenfalls auch unverhältnismäßig sei. Statt ihn nur noch als Pflegefachkraft zu beschäftigen, hätte der Beklagte andere, mildere Mittel zur Anpassung des Arbeitsverhältnisses wählen können. Bereits bei Ausspruch der (Änderungs-)Kündigung seien nämlich für ihn andere Beschäftigungsmöglichkeiten absehbar und planbar gewesen.

45

Das treffe insbesondere auf die kurz nach Ausspruch der Kündigung ausgeschriebene Stelle als Verwaltungsmitarbeiter im Bereich Rechnungswesen/Finanzbuchhaltung (Entgeltgruppe E 7) und auf die Stelle als Wohnbereichsleiter in R. (Entgeltgruppe E 8) zu. Daraus könne der Kläger - hilfsweise - zumindest einen Anspruch auf entsprechende Wiedereinstellung herleiten, weil die Stellen bereits während der laufenden Kündigungsfrist ausgeschrieben worden seien.

46

Der Kläger meint, man hätte ihm auch die ausgeschriebene Stelle des leitenden Mitarbeiters Öffentlichkeitsarbeit anbieten müssen. Ähnliches gelte dann auch für die Stelle des Bereichsleiters Gefährdetenhilfe. Denn dieser sollte im Jahre 2016 altersbedingt ausscheiden und dem Beklagten wäre es zumutbar gewesen, die Zeit bis dahin auf bisheriger Grundlage mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten.

47

Letztlich bestreitet der Kläger, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Seitens des beklagten Vereins seien etliche entscheidungserhebliche Details der Konfliktlage nicht erläutert worden, so dass die Mitarbeitervertretung nicht in der Lage gewesen wäre, sich ein umfassendes Bild zu machen.

48

Ferner sei die Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam. So fehle es an einem Beschluss des Verwaltungsrats zur Kündigung des Klägers, die aber nach § 14 der Vereinssatzung erforderlich sei. Schließlich verweist der Kläger auf seine Rüge nach § 174 BGB, die mit der Kündigung vorgelegte Vollmacht habe zwar zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt, nicht jedoch zur Abgabe eines Angebots, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die streitgegenständliche Kündigung vom 30. März 2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat.

I.

51

Die Änderungskündigung vom 30. März 2015, die mangels Annahme durch den Kläger hier als Beendigungskündigung wirkt, hat das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen Fehlens eines ausreichenden Kündigungsgrundes nicht beendet.

1.

52

Mit dem Beklagten geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der bisherige Arbeitsplatz des Klägers vollständig entfallen ist und daher aller Anlass besteht, das Arbeitsverhältnis anzupassen.

53

Dem Kläger waren zwei Arbeitsaufgaben übertragen. Beide Aufgaben sind durch betriebliche Veränderungen, die als solche keiner gerichtlichen Überprüfung unterliegen, weggefallen.

a)

54

Die Arbeitsaufgabe des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe ist bereits durch die betriebliche Veränderung zum Jahresende 2013 entfallen.

55

Der Beklagte hat die Stelle eines Bereichsleiters Altenhilfe zum Jahreswechsel 2013 / 2014 aufgegeben. Diese Stelle gibt es nicht mehr. Davon muss das Gericht ausgehen. Maßgebend ist, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger von seinen Aufgaben der Bereichsleitung seit Jahresbeginn 2014 gänzlich entbunden war. Gleichzeitig kann nicht festgestellt werden, dass ein anderer Arbeitnehmer außerhalb des Vereinsvorstandes nunmehr diese (halbe) Stelle des Klägers bekleidet. Im Übrigen entspricht die Streichung dieser Stelle der Beschlusslage und den Plänen des Beklagten.

56

Es sind auch keine Indizien ersichtlich, die darauf schließen lassen, dass die Aufgabe dieser Position durch den Beklagten zu Störungen im Betriebsablauf geführt hat. Derartige Störungen sind weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich.

57

Diese Feststellungen stehen nicht in Widerspruch zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. April 2015 (5 Sa 165/14). Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung war seinerzeit die erste Änderungskündigung des Beklagten vom 17. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt war die Stelle des Bereichsleiters Altenhilfe noch Teil der Betriebsorganisation des Beklagten und dieser hatte die Kündigung lediglich auf den Plan gestützt, diese Stelle zukünftig, nämlich zum Jahresende 2013, streichen zu wollen. Wegen der Unsicherheiten, die naturgemäß mit der Vorwegnahme zukünftiger Entwicklungen verbunden sind, hat das Landesarbeitsgericht seinerzeit wie durch zahlreiche Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vorgeprägt an die Realisierbarkeit der Abänderung der Betriebsorganisation sehr strenge Anforderungen gestellt.

58

Im vorliegenden Rechtsstreit ist die vierte Änderungskündigung vom 30. März 2015 streitig. Diese wurde 15 Monate nach der Streichung der Stelle des Bereichsleiters Altenhilfe ausgesprochen. Dieser zeitliche Abstand zwischen der Veränderung der Betriebsorganisation und der darauf aufbauenden Kündigung eröffnet dem Gericht einfache Möglichkeiten der Feststellung des Wegfalls der Stelle. Auf die vom Landesarbeitsgericht seinerzeit aufgeworfenen Fragen kommt es nunmehr nicht mehr an.

59

Aus diesem Grunde kann in der hier streitgegenständlichen Kündigung vom 30. März 2015 auch keine Wiederholungs- oder Trotzkündigung gesehen werden. Zwischen einer betriebsbedingten Kündigung, die auf Plänen zu einer zukünftig veränderten Betriebsorganisation aufbaut, und einer betriebsbedingten Kündigung, die auf einer bereits vollzogenen Veränderung der Betriebsorganisation aufbaut, besteht keine Identität. Es handelt sich um unterschiedliche Sachverhalte.

b)

60

Das Gericht muss auch davon ausgehen, dass die weitere Stellung des Klägers als Qualitätsbeauftragter des Beklagten nicht mehr vorhanden ist.

61

Der Beklagte hat sich entschieden, weitere Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements ab Oktober 2015 auf die auf solche Fragen spezialisierte GmbH aus dem Diakonischen Bereich zu übertragen. Da es sich aus der zeitlichen Perspektive des Ausspruchs der Kündigung Ende März 2015 noch um eine zukünftige Entwicklung gehandelt hat, ist das Gericht gehalten, die Realisierbarkeit dieser Planung einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Insoweit ist hier derselbe Maßstab anzulegen, den das Landesarbeitsgericht in der oben zitierten Entscheidung bezüglich des (zukünftigen) Wegfalls der Stelle des Bereichsleiters angelegt hatte.

62

Danach muss das Gericht feststellen, dass es bereits im März 2015 genügend Anhaltspunkte dafür gab, dass die Aufgabenstellung des Klägers im Bereich des QM mit der Übertragung weiterer Aufgaben auf dem Gebiet des QM an die besagte GmbH spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist Ende September 2015 entfallen sein werden. Maßgebend stellt das Gericht insoweit auf das Angebot der diakonischen GmbH an den Beklagten vom 11. März 2015 ab (als Teil der Anlagen zur Unterrichtung der Mitarbeitervertretung zur Akte gelangt, "Anlage 3", hier Blatt 109 f). Dort hat das Unternehmen ein Angebot zur "Übernahme der QM-Gesamtkoordination" abgegeben. Die weitere Erläuterung der Einzelposten des Angebots ergibt, dass sich die GmbH angeboten hat, zukünftig genau die Leistungen zu erbringen, die bisher der Kläger wahrgenommen hat. Daraus schließt das Gericht, dass der Beklagte schon im März 2015 ernsthaft den Plan verfolgt hat, die bisher vom Kläger erledigten Aufgaben zukünftig extern erledigen zu lassen. Der Beklagte hat dazu auch einen Kostenvergleich vorgelegt, der es plausibel erscheinen lässt, dass dieser Plan wegen seiner wirtschaftlichen Vorteile auch tatsächlich umgesetzt wird. Ergänzend ist hervorzuheben, dass die Umsetzung des Plans zur Fremdvergabe der Aufgaben des Klägers an die besagte GmbH zwischen den Parteien gar nicht in Streit steht, denn auf das Angebot vom 11. März 2015 folgte der Vertragsschluss im Juni bzw. September 2015 mit der GmbH (Anlage B 7, hier Blatt 115). Nach diesem Vertrag ist die GmbH seit dem 1. September 2015 für die Koordination des Qualitätsmanagements im gesamten Wirkungskreis des Beklagten zuständig. Damit ist die bisherige Position des Klägers im Bereich QM entfallen.

63

Die Einwendung des Klägers, es fielen nach wie vor Aufgaben des Qualitätsmanagements innerhalb des Beklagten an, ist unergiebig, da er nicht näher dargelegt hat, welche Aufgaben er damit meint. Solange der Beklagte das inzwischen etablierte System des Qualitätsmanagements pflegt und aufrechterhält, sind damit selbstverständlich Aufwendungen verbunden, die vermutlich sogar zum größten Teil durch eigene Arbeitnehmer des Beklagten erledigt werden. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die Kopfstelle, die der Kläger bis dato innehatte, nach wie vor vorhanden ist. Selbst wenn man den Kläger dahin versteht, dass er bis zuletzt an seinem Arbeitsplatz (in seinem Büro) Arbeit vorgefunden hat, die aus dem Bereich QM stammt, lässt das keinen Schluss auf die weitere Existenz dieser Stelle des Klägers zu. Denn der Kläger ist bereits Ende September 2015 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so dass er nur einen Monat, nachdem die Arbeit ausgelagert wurde, noch dort gearbeitet hat. Ohne näheren klägerischen Sachvortrag muss das Gericht davon ausgehen, dass es sich in dieser Zeitspanne um Arbeiten in Zusammenhang mit der Übergabe der Verantwortung gehandelt hat oder um Arbeiten, die in Folge von Anlaufschwierigkeiten mit der neuen Schnittstelle zwischen dem Betrieb und dem Dienstleister noch angefallen sind. Auf das Fortbestehen der Stelle des Klägers kann daraus nicht geschlossen werden.

2.

64

Mit dem Beklagten geht das Berufungsgericht ebenfalls davon aus, dass die streitgegenständliche Kündigung nicht wegen Fehlern im Rahmen der Sozialauswahl (§ 1 Absatz 3 KSchG) angreifbar ist.

65

Nach § 1 Absatz 3 KSchG muss der Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers in ausreichendem Maße die sozialen Gesichtspunkte der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten sowie einer eventuell vorliegenden Schwerbehinderung berücksichtigen. Die Sozialauswahl kann aber nur zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern durchgeführt werden. Vergleichbar sind Arbeitnehmer nur, wenn die Austauschbarkeit gegeben ist. Die Last zur Darlegung der relevanten Umstände vor Gericht liegt dabei beim Arbeitnehmer (§ 1 Absatz 3 Satz 3 KSchG).

66

Unter Anlegung dieser Vorgaben kann vorliegend ein Fehler in der Sozialauswahl nicht festgestellt werden, da es dem Kläger nicht gelungen ist, einen anderen Arbeitnehmer zu benennen, dem man an seiner Stelle hätte kündigen können.

a)

67

Für die vom Kläger benannte Frau C. fehlt es an der Austauschbarkeit. Frau C. ist inzwischen Mitglied des Vorstands des Beklagten und kann schon aus diesem Grunde nicht mit dem Kläger verglichen werden. Selbst wenn man unterstellt, was nicht aufgeklärt wurde, dass Frau C. im März 2015 noch nicht Mitglied des Vorstandes war, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger nach kurzer Einarbeitungszeit in der Lage gewesen wäre, Frau C. in ihrer Position als Leiterin der ambulanten Dienste zu ersetzen.

68

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer auf Grund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen (BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 420/09 – NZA 2010, 1352 = AP Nr. 98 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAG 17. Februar 2000 - 2 AZR 142/99 - AP Nr. 46 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = EzA Nr. 43 zu § 1 KSchG Soziale Auswahl; BAG 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138). Das Gericht konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger lediglich einer kurzen Einarbeitungszeit bedürfte, um die Aufgaben von Frau C. zu übernehmen.

69

Der Kläger ist zwar wie Frau C. ausgebildeter Krankenpfleger. Es muss aber beachtet werden, dass er nach seinem Berufsabschluss 1996 praktisch nicht mehr in diesem Beruf tätig war, weil er noch im Jahre 1996 sein Studium aufgenommen hatte. Er hat zwar sein Studium im Wesentlichen dadurch finanziert, dass er in einem Krankenhaus Sitznachtwachen übernommen hat. Damit hat er aber nur in einem sehr eingeschränkten Tätigkeitsfeld des erlernten Berufs Berufserfahrung sammeln können. Nach seinem Studium hat der Kläger das Arbeitsverhältnis beim Beklagten aufgenommen und war dort ausschließlich in leitenden Funktionen oder auf einer Stabsstelle tätig, so dass er auch insoweit keine weiteren praktischen Erfahrungen in dem einstmals erlernten Beruf sammeln konnte. Im Gegensatz dazu ist Frau C. lange Jahre in ihrem Beruf tätig gewesen und zwar in dem Bereich der für den Beklagten besonders wichtigen Altenpflege. Zusätzlich hat das Gericht berücksichtigt, dass die Stellung von Frau C. weit über die Tätigkeit einer Krankenpflegerin hinausgeht und Wissen in angrenzenden Gebieten sowie Erfahrung im Umgang mit den spezifischen Problemen der ihr unterstellten Einrichtungen erfordert. Demnach kann der Kläger Frau C. selbst nach einer kurzen Einarbeitungszeit nicht ersetzen.

70

Ergänzend stützt das Gericht seine Entscheidung bezüglich der Sozialauswahl auch auf einen weiteren Umstand. Frau C. hatte schon zum Zeitpunkt der Kündigung im März 2015 das besondere Vertrauen des Vorstandes genossen, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass ihr Vollmachten eingeräumt waren, die der Beklagte selbst als Prokura bezeichnet und sie war zusätzlich auch stellvertretendes Mitglied im Vorstand. Sie hat also neben ihrer Aufgabe der Leitung der ihr unterstellten Bereiche schon seinerzeit zum engeren Führungskreis des Beklagten gehört. Aufgrund dieser zusätzlichen Aufgabe ist Frau C. arbeitsplatzbezogen nicht mehr mit dem Kläger vergleichbar.

b)

71

Eine Sozialauswahl mit den Bereichsleitern der anderen Geschäftsbereiche scheidet ebenfalls aus. Insoweit fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze, da die anderen Bereichsleiter jeweils spezifische auf ihren Bereich zugeschnittene Ausbildungen aufweisen.

72

Insbesondere kann sich der Kläger nicht mit den drei Bereichsleitern vergleichen, die über Abschlüsse als Sozialarbeiter oder Diplompädagogen verfügen. Dafür kann offenbleiben, ob – wie vom Kläger behauptet – seine Ausbildung zum Religionspädagogen zu 90 Prozent mit der Ausbildung zum Sozialpädagogen übereinstimmt. Entscheidend ist, dass der Kläger in diesem Bereich über keinerlei Berufserfahrung verfügt, denn er ist alsbald nach seinem Studienabschluss beim Beklagten eingestellt worden und hat dort nur Leitungs- und Stabsstellen bekleidet.

3.

73

Dennoch fehlt der Kündigung die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG, denn sie ist unverhältnismäßig.

74

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt im Rahmen des § 2 KSchG, dass die angebotenen Änderungen geeignet und erforderlich sein müssen, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Sie dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten Zwecks erforderlich ist. Bestehen mehrere geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich den Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen sich am wenigsten weit von den bisherigen Verhältnissen entfernen. Nur wenn diese Bedingung eingehalten ist, ist die angebotene Änderung erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (BAG 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 - DB 2014, 190 = AP Nr. 158 zu § 2 KSchG 1969; BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 139/07 – DB 2008, 2141 = AP Nr. 138 zu § 2 KSchG 1969; LAG Mecklenburg-Vorpommern 27. November 2013 – 3 Sa 146/13 – LAGE § 2 KSchG Nr. 72). Das bedeutet, dass aus dem Vortrag des Arbeitgebers unmittelbar hervorgehen muss, dass er alles Zumutbare unternommen hat, die durch die betrieblichen Veränderungen notwendig gewordenen Anpassungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Der Arbeitgeber muss danach dem Arbeitnehmer also das Angebot vorlegen, dass zu dem geringstmöglichen Eingriff in das Arbeitsverhältnis führt.

75

Eine Kündigung ohne Angebot der Fortbeschäftigung zu geänderten Bedingungen darf daher nur in Extremfällen erfolgen, nämlich nur dann, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte, etwa weil ein derartiges Angebot beleidigenden Charakter gehabt hätte. Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht. Insbesondere darf der Arbeitgeber ein erheblich verschlechterndes Angebot nicht allein mit der Begründung unterlassen, mit dem zu erzielenden Einkommen könne der Arbeitnehmer seine Familie nicht ernähren oder er verdiene weniger, als er Sozialleistungen erhalten würde, wenn dieses Angebot die einzige Alternative zu einer Beendigungskündigung ist. Es mag gute Gründe geben (lange Bindung an den Arbeitgeber, die Region oder den örtlichen Bekanntenkreis, familiäres Umfeld, Hoffnung auf Besserung im Arbeitsverhältnis uä.), warum sich ein Arbeitnehmer mit den schlechteren Arbeitsbedingungen arrangieren will (BAG 21. September 2006 – 2 AZR 607/05 – NZA 2007, 431 = AP Nr. 130 zu § 2 KSchG 1969; BAG 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - aaO; BAG 21. April 2005 - 2 AZR 244/04 - AP KSchG 1969 § 2 Nr. 80).

76

Demnach muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch Arbeitsplätze anbieten, die der Arbeitnehmer erst nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen ausfüllen kann (§ 1 Absatz 2 Satz 3 KSchG).

77

Legt man diesen Maßstab zu Grunde kann das Berufungsgericht nicht feststellen, dass vom beklagten Verein im vorliegenden Fall wirklich alles Zumutbare unternommen wurde, um die streitige (Änderungs-)Kündigung zu vermeiden.

a)

78

Der Beklagte hätte dem Kläger im Juli 2015 die frei gewordene Stelle der Finanzbuchhalterin anbieten müssen. Auf dieser Stelle hätte der Kläger zwar auch erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, da die Stelle wie die angebotene Pflegerstelle zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 AVR DW MV führt. Da der Kläger während seiner 14-jährigen Zusammenarbeit mit dem Beklagten stets in der Verwaltung gearbeitet hatte, hätte diese Stelle jedoch besser zum Kläger gepasst, als die tatsächlich angebotene Pflegerstelle. Darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend abgestellt und im Berufungsrechtszug sind dagegen keine Einwendungen erhoben worden. Dass die Stelle vom Kläger selbst auch als passender angesehen wird, ergibt sich aus seiner eigenen Bewerbung um die Stelle.

79

Das Gericht muss auch davon ausgehen, dass der Kläger für die Stelle in der Finanzbuchhaltung geeignet gewesen wäre. Das schließt das Gericht zum einen aus dem beruflichen Werdegang des Klägers und seinem Abschluss als Versicherungskaufmann. Zum anderen muss beachtet werden, dass auch solche Stellen in den Blick zu nehmen sind, auf denen sich die vollständige Eignung erst nach zumutbaren Einarbeitungs-, Fortbildungs- oder Umschulungszeiten einstellt (§ 1 Absatz 2 Satz 3 KSchG). Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass schon die lange Kündigungsfrist des Klägers für den Beginn solcher Bildungsmaßnahmen hätte genutzt werden können. Dagegen sind im Berufungsrechtszug keine Einwendungen vorgebracht worden. Letztlich muss auch der Beklagte davon ausgegangen sein, dass diese Stelle nach entsprechenden Bildungsmaßnahmen für den Kläger passen könnte, denn der Beklagte hat dem Kläger selbst eine Erprobung auf der Stelle angeboten. Auf eine Erprobung musste sich der Kläger allerdings nicht einlassen. Nach § 1 Absatz 2 Satz 3 KSchG muss der Arbeitgeber in diesem Sinne geeignete Stellen dem Arbeitnehmer von sich aus anbieten und zwar ohne Befristung oder eine erneute Probezeit.

80

Der Beklagte kann nicht mit dem Einwand gehört werden, diese Stelle sei im März 2015 bei Ausspruch der Kündigung nicht frei gewesen. Als "frei" sind grundsätzlich solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 721/12 – NZA-RR 2014, 325 = AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung).

b)

81

Auch die Stelle als Wohnbereichsleiter in R. hätte der Beklagte dem Kläger anbieten können, denn auch diese Stelle, die zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 AVR DW MV führt, wäre aus der Perspektive des bisherigen Einkommens des Klägers der mildere Eingriff in das bisherige Arbeitsverhältnis gewesen, als die tatsächlich angebotene Pflegerstelle.

c)

82

Das Gericht verkennt nicht, dass die Übernahme einer der zuvor genannten Stellen ebenfalls mit herben Einschnitten für den Kläger verbunden gewesen wäre, so dass es bei einer rein objektiven Bewertung des Ausmaßes der mit den potentiell denkbaren Stellen verbundenen Nachteile möglicherweise eine klare Reihung der Angemessenheit der drei in Betracht zu ziehenden Stellen schwerfallen dürfte.

83

In einem solchen Falle kann die rechtssichere Antwort auf die Frage, welches Angebot dem Arbeitnehmer unterbreitet werden soll, nur im Dialog mit dem betroffenen Arbeitnehmer erarbeitet werden. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend hervorgehoben hat, muss der Arbeitgeber, wenn er gezwungen ist, aufgrund betrieblicher Änderungen das Arbeitsverhältnis anzupassen, von sich aus auf den Arbeitnehmer zugehen, um zu ergründen, in welche Richtung er sich eine Anpassung des Arbeitsverhältnisses vorstellen kann. Das ist zwar keine Rechtspflicht deren Verletzung ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, es ist aber eine Erfahrungstatsache, dass Vertragsanpassungen, die aufgrund betrieblicher Veränderungen notwendig werden, in Betrieben der Größenklasse des Beklagten, also in Betrieben mit einer permanenten Personalfluktuation, nur dann rechtssicher durchgeführt werden können, wenn der Arbeitnehmer umfassend in den Anpassungsprozess eingebunden wird.

4.

84

Da das dem Kläger unterbreitete Änderungsangebot mehr als erforderlich in das Arbeitsverhältnis der Parteien eingegriffen hat, ist die Kündigung bereits aus diesem Grunde wegen Fehlens der sozialen Rechtfertigung im Sinne von § 1 KSchG unwirksam.

85

Auf die weiteren Streitpunkte der Parteien kommt es demnach nicht mehr an.

5.

86

Die klägerisch gestellten Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.

II.

87

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

88

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014, 5 Ca 987/13, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat.

2

Der 1966 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.09.2001 bei 40 Stunden in der Woche in Vollzeit beim Beklagten beschäftigt. Die Einstellung erfolgte zunächst zu 100 Prozent der Arbeitszeit als „Leitender Mitarbeiter mit Verantwortung für den Fachbereich Altenhilfe …“. Die Parteien vereinbarten seinerzeit die Einstufung in die Vergütungsgruppe IV b, was der heutigen Entgeltgruppe 11 entspricht. Im Übrigen vereinbarten die Parteien die Geltung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. Die Parteien schlossen später zum 01.04.2004 einen Änderungsvertrag. Danach war der Kläger ab diesem Zeitpunkt zur 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Bereichsleiter Altenhilfe und zu weiteren 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Qualitätsbeauftragter beschäftigt. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien nun die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a, was heute der Entgeltgruppe 12 entspricht. Entsprechend wurde der Kläger auch in den letzten Jahren beschäftigt. Zuletzt erzielte er eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.000,00 Euro. Hinsichtlich der Arbeitsaufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe wird auf die Auflistung des Beklagten im Schriftsatz vom 12.09.2013, dort Seite 3 f (vgl. Blatt 20 f d. A.) verwiesen.

3

Beim Beklagten werden regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt. Beim Beklagten gibt es organisatorisch mehrere Bereiche. Dies sind die Altenhilfe, deren Leiter der Kläger bisher war, die ambulanten Dienste, die Behindertenhilfe/ Sozialpsychiatrie, die Gefährdetenhilfe und die Kindertagesstätten.

4

Am 30.04.2013 unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein Änderungsangebot, wonach er ab dem 01.01.2014 nur noch mit 30 Wochenstunden und dies nur noch als Qualitätsbeauftragter tätig sein solle. Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen.

5

Am 19.06.2013 ging dem Kläger ein Schreiben des Beklagten vom 17.06.2013 zu, welches die Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung Ihres Arbeitsverhältnisses vom 01.09.2001“ trägt. Danach solle der Kläger ab dem 01.01.2014 ausschließlich als Qualitätsbeauftragter mit 50 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters (20 Wochenstunden) beschäftigt werden. Außerdem solle der Kläger in die „Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe“ eingruppiert werden. Der Kläger nahm das Änderungsangebot am 24.06.2013 unter Vorbehalt an.

6

Die Zustimmung der bei dem Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung zu einer entsprechenden Änderungskündigung war zuvor nicht eingeholt worden.

7

Bei Übergabe des vorgenannten Schreibens an den Kläger unterbreitete man dem Kläger erneut mündlich ein Angebot, auch zu 30 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter tätig sein zu können.

8

Mit Schriftsatz vom 24.06.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Rostock am 25.06.2013, begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung.

9

Das Arbeitsgericht Rostock gab mit Urteil vom 22.01.2014 der Klage statt. Wegen der Einzelheiten dieses Urteils wird auf Blatt 131 ff der Akte verwiesen.

10

Das Urteil wurde dem Beklagten am 08.07.2014 zugestellt.

11

Der Beklagte legte hiergegen am 15. Juli 2014 Berufung ein. Die Berufungsbegründung erfolgte innerhalb gewährter Fristverlängerung am 08.10.2014.

12

Der Beklagte begehrt auch weiterhin die Abweisung der Klage, da der Beklagte die angegriffene Änderungskündigung für wirksam hält.

13

Soweit dem Kläger außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung auch mündlich die Weiterarbeit als Qualitätsbeauftragter mit 30 Wochenstunden angeboten wurde, stehe dies der Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht entgegen. Denn dieses erweiterte Angebot im Umfang von 30 Wochenstunden sei trotz der Erkenntnis erfolgt, dass der eigentlich tatsächlich vorhandene Arbeitsumfang überschritten werde. Dieses erhöhte Angebot sei erfolgt, um eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Im Übrigen verweist der Beklagte darauf, dass der Kläger bisher auch nur 20 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter gearbeitet hatte. Der Kläger lasse jedoch nicht bestreiten, dass nicht mehr Arbeit als Qualitätsbeauftragter anfalle. Daher sei das Angebot von 30 Stunden letztlich über dem eigentlich vorhanden Bedarf erfolgt.

14

Hintergrund der Änderungskündigung seien betriebsbedingte Gründe. Im Frühjahr 2013 habe der Vorstand den Entschluss gefasst, die Position des separaten Bereichsleiters Altenhilfe ab dem 01.01.2014 aufgeben zu wollen. Es solle nur noch der Qualitätsbeauftragte mit 50 Prozent einer Vollzeitstelle verbleiben. Die Position des Bereichsleiters Altenhilfe werde somit in Zukunft wegfallen. Es werde eine Hierarchieebene abgeschafft. Die jeweiligen Leiter der einzelnen Altenhilfeeinrichtungen würden direkt an den Vorstand angegliedert. Der Vorstand übernehme also künftig die Dienst- und Fachaufsicht über die einzelnen Einrichtungen der Altenhilfe. Auch sollen bisherige Aufgaben des Klägers auf die jeweiligen Einrichtungsleiter übertragen werden. Auf Vorhalt des Klägers meinte der Beklagte, dass er nicht darstellen müsse, wer künftig welche Aufgaben übernehmen werden. Der Beklagte führte ergänzend aus, dass jede Einrichtung in der Altenhilfe mit einer Doppelspitze besetzt ist, die aus der Pflegedienstleitung und der Heimleitung besteht. Ein Großteil der Aufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe, die bereits auf Blatt 20 f der Akte dargestellt wurden, sei bereits in der Vergangenheit tatsächlich durch die Einrichtungsleiter erledigt worden. Auf Vorhalt des Klägers, dass die Einrichtungsleiter auch als Doppelspitze ausgelastet waren, behauptete der Beklagte, dass er bei den Einrichtungsleitern freie Kapazitäten festgestellt habe. In den anderen Arbeitsbereichen des Beklagten wolle man die Hierarchieebene des Bereichsleiters bestehen lassen, weil es dort jeweils nur einen Leiter der untergeordneten Einrichtungen gibt.

15

Die Entlassung des Klägers sei auch unter hinreichender Beachtung der internen Regelungen des Beklagten beschlossen worden. So sieht § 14 der Satzung des Beklagten die Entlassung eines Bereichsleiters nach Maßgabe der Geschäftsordnung für den Vorstand vor. Diese sehe wiederum die Zustimmung des Verwaltungsrates vor. Letztere sei hier erteilt worden. So habe der Verwaltungsrat am 27.02.2013 beschlossen, den Bereich Altenhilfe vom Qualitätsmanagement zu trennen und dem Kläger nur noch das Qualitätsmanagement zu übertragen. Der Beklagte verweist hierzu auf ein Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 27.02.2013. In diesem Protokoll heißt es: „Der Verwaltungsrat ist in der Tendenz der Auffassung, den Bereich Altenhilfe von der Stabstelle QM zu trennen. Herr K. muss darüber mit Herrn A. reden, wobei der Verwaltungsrat die Tendenz hat, dass Herr A. die Stelle des Qualitätsmanagement wahrnimmt.“ Im Übrigen ergänzt der Beklagte, dass der Verwaltungsrat am 21.11.2013 den vorgenannten Beschluss bestätigt habe, wonach die Stelle Bereichsleiter Altenhilfe entfallen werde und die Einrichtungsleiter direkt dem Vorstand unterstellt werden sollen. In dem vorgelegten Protokoll des Verwaltungsrates heißt es hierzu: „Neben dem schriftlich vorliegendem Bericht geht Herr K. insbesondere auf die Personalangelegenheit Herr A. mündlich ein. Der Verwaltungsrat bestätigt den am 27.02.2013 gefassten Beschluss zum Qualitätsmanagement und dem Bereich der stationären Altenhilfe und präzisiert ihn dahingehend, dass zum 01.01.2014 die Stelle des Bereichsleiters Altenhilfe entfällt. Herr K. wird damit beauftragt, Herrn A. dieses noch einmal deutlich zu machen und dieses vor Gericht zu vertreten. Die Einrichtungsleitungen der Diakonie Pflegeheime werden direkt dem Vorstand unterstellt.“ Der Beklagte meint im Übrigen, dass die Geschäftsordnung für den Vorstand keine Einschränkung für Kündigungen vorsehe.

16

Eine Sozialauswahl des Klägers mit anderen Bereichsleitern sei nicht nötig gewesen. Die Schutzbedürftigkeit des Klägers sei im Hinblick auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und nicht mit Blick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die anderen Bereichsleiter mit anderen Tätigkeiten beauftragt sind. Für die anderen Bereiche sei der Kläger nicht einsetzbar. Es fehle an der notwendigen Qualifikation. In der ambulanten Altenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin Prokura hat. Im Bereich Kita könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin eine frühförder- und kitaspezifische Ausbildung hat. Im Bereich Behindertenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da der dortige Leiter eine spezifische Ausbildung hat. In der Gefährdetenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, weil der dortige Leiter eine suchtspezifische Ausbildung hat.

17

Soweit der Kläger meine, dass das schriftliche Änderungsgebot nicht bestimmt genug sei, hat der Beklagte hierzu eine andere Meinung. Wenn der Kläger meine, es sei nicht klar, welche Tätigkeiten er als Qualitätsbeauftragter künftig ausüben solle, sei dies klar, da er diese Tätigkeit bisher auch schon ausgeübt hatte. Soweit die Änderungskündigung nur von der Entgeltgruppe 11 spreche und der Kläger sich frage, welches Vergütungssystem gemeint sei, sei das Vergütungssystem dem Kläger bekannt. Es handele sich um die AVR.

18

Soweit sich der Kläger frage, weshalb er im Rahmen der Änderungskündigung auch von der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe herabgruppiert werden solle, werde dies dadurch gerechtfertigt, dass er nur noch Qualitätsbeauftragter sein solle. Die Tätigkeit als Bereichsleiter habe die Entgeltgruppe 12 gerechtfertigt. Selbst wenn die Kündigung in diesem Punkte unwirksam sei, verbliebe es jedoch bei der Kündigung, dann jedoch künftig mit der Entgeltgruppe 12.

19

Schließlich sei im vorliegenden Fall nicht die Zustimmung der Mitarbeitervertretung nach § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche Deutschlands (MVG) erforderlich gewesen. Denn der Kläger sei Teil der Dienststellenleitung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG. Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG genannten Voraussetzungen seien im Fall des Klägers erfüllt. Denn der Kläger habe umfassende Personalkompetenz gehabt, wenn auch Arbeitsverträge und Kündigungen grundsätzlich vom Vorstand unterzeichnet wurden. Der Beklagte verweist darauf, dass der Kläger nach dem Arbeitsvertrag als „Leitender Mitarbeiter“ eingestellt wurde. Erstinstanzlich behauptete der Beklagte ergänzend, dass der Kläger zumindest auch gemeinsam mit dem Vorstand Entscheidungen getroffen habe, die der Mitberatung und Mitbestimmung unterliegen. Sodann benannte der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 05.12.2013, dort auf Seite 8 f (vgl. Blatt 98 f d. A.) einige Einzelfallbeispiele von E-Mail-Verkehr bzw. geleisteten Unterschriften des Klägers, aus welchen gefolgert werden könne, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG erfüllt seien. Im Rahmen der Berufung zählte der Beklagte sodann innerhalb eines kurzen Absatzes verschiedene Mitbestimmungstatbestände der §§ 39 ff MVG abstrakt auf. Auf die Berufungsbegründung vom 07.10.2014 Seite 3 (Blatt 178 d. A.) wird verwiesen. Im sodann folgenden Absatz des vorgenannten Schriftsatzes zählte der Beklagte einige der Tätigkeiten des Klägers, die bereits auf Blatt 20 der Akte genannte waren, auf und behauptete, dass der Kläger damit Angelegenheiten der zuvor aufgezählten Mitbestimmungstatbestände ständig erledigt habe. In diesen Bereichen sei er ständig befugt gewesen, Entscheidungen zu treffen.

20

Der Beklagte beantragt:

21

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

22

Der Kläger beantragt:

23

Die Berufung zurückzuweisen.

24

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

25

Er geht auch weiterhin von der Unwirksamkeit der Änderungskündigung aus.

26

Für die Kündigung gäbe es keine hinreichenden Gründe, insbesondere keine betriebsbedingten Gründe. Die Leitungstätigkeit der Altenhilfe entfalle nicht. Damit falle sein Arbeitsplatz auch nicht teilweise weg. Je näher die unternehmerische Entscheidung an den Kündigungsentschluss rücke, desto mehr müsse der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Prozess vortragen. Hier sei zu berücksichtigen, dass gerade im Bereich Altenhilfe der Bereichsleiter wegfallen solle, obwohl hier vielfältige Aufgaben vorliegen, die nur auf Grund des Organisationstalentes des Klägers zu bewältigen waren. Der Kläger verweist hierzu auf ein Zwischenzeugnis aus dem Jahre 2009, welches dem Kläger bescheinigt, für viele Aufgaben verantwortlich zu sein und dies trotz der hohen Belastungen gut zu organisieren. Es sei unplausibel, dass die vielfältigen Aufgaben des Klägers einfach auf andere Arbeitnehmer verteilt werden sollten, die bisher ebenfalls schon in Vollzeit tätig waren. Es stelle sich die Frage, wer welche Aufgabe übernehme. Allein das Schlagwort Doppelspitze genüge in diesem Zusammenhang nicht. Im Übrigen verweist der Kläger auf den unstreitigen Umstand, dass die Doppelspitze in den Altenpflegeeinrichtungen von ihm selbst schon in den Jahren 2003 bis 2009 initiiert wurde. Dabei war die Doppelspitze schon in der Vergangenheit in Vollzeit tätig und sei nach der Behauptung des Klägers auch ausgelastet gewesen. Das Vorhandensein einer Doppelspitze sei nicht dahingehend zu verstehen, dass dieselben Aufgaben einer früheren Einzelspitze nunmehr auf zwei Personen verteilt worden seien.

27

Auch interne Regelungen beim Beklagten würden gegen das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bzw. gegen die Wirksamkeit der Kündigung sprechen. Aus § 11 der Satzung folge, dass der Verwaltungsrat bei der Aufstellung des Stellenplanes mit zu entscheiden habe, ob es in der Altenhilfe einen Bereichsleiter geben solle. Der Vorstand habe dies nicht allein entscheiden dürfen. Aus den Protokollen des Verwaltungsrates folge keine entsprechende Zustimmung zur Abschaffung des Bereichsleiters Altenhilfe und zur Kündigung des Klägers. Von einer Kündigung sei in den Protokollen nicht die Rede. Soweit der Beklagte auf eine Verwaltungsratssitzung vom 21.11.2013 verweise, sei dies unerheblich, da die Zustimmung vor der Kündigung erteilt sein müsse. Im Übrigen sei eine Zustimmung zur Kündigung nach § 14 der Satzung erforderlich. Denn die Entlassung von Bereichsleitern solle sich nach der Geschäftsordnung des Vorstandes richten, welche vom Verwaltungsrat zu erlassen sei. Wenn die Geschäftsordnung einen solchen Fall nicht regele, was hier der Fall sei, dürfe der Vorstand einen Bereichsleiter nicht alleine entlassen.

28

Im Übrigen spreche gegen das Vorliegen von betriebsbedingten Gründen in dem Umfang der ausgesprochenen Kündigung, dass dem Kläger auch neben der Änderungskündigung noch eine Weiterbeschäftigung im Rahmen des Qualitätsmanagements mit einem Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Offenkundig sei somit eine Beschäftigungsmöglichkeit von 30 Stunden noch vorhanden. Der Beklagte habe damit nicht nur eine geringstmögliche Änderungskündigung ausgesprochen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger zudem künftig in die Entgeltgruppe 11 herabgruppiert werden solle. Jede einzelne Änderung müsse durch entsprechende Gründe gerechtfertigt sein.

29

Die Änderungskündigung sei auch deshalb unwirksam, da das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt sei. Es müsse ohne weiteres deutlich sein, was künftig gelten solle. Dies sei hier nicht der Fall. Hier werde dem Kläger nur mitgeteilt, dass er zu 50 Prozent einer Vollzeitkraft als Qualitätsbeauftragter tätig werden solle, mit der Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe. Seine künftige Tätigkeit sei mit dem Griff Qualitätsbeauftragter somit nur schlagwortartig umrissen worden. Auch sei dem Kläger das Vergütungssystem für die Entgeltgruppe 11 nicht benannt worden. Auch die sonstigen Bedingungen des künftigen Arbeitsverhältnisses blieben offen. Es sei für den Kläger nicht erkennbar, ob die sonstigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses wie bisher weiter gelten sollten. Eine dahingehende Vermutung reiche nicht.

30

Auch verstoße das Änderungsangebot gegen das Schriftformgebot. § 623 BGB gelte auch für das Änderungsangebot im Rahmen der Änderungskündigung. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass dem Kläger mündlich noch einmal eine Arbeit im Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Der Kläger habe offenbar die Wahl haben sollen, mit 20 oder aber 30 Wochenstunden als Qualitätsbeauftragter tätig zu sein.

31

Weiterhin sei die Kündigung unwirksam, da die Sozialauswahl nicht hinreichend durchgeführt worden sei. Der Kläger meint, mit den anderen Bereichsleitern vergleichbar zu sein. Er forderte den Beklagten auf, die Sozialdaten dieser Bereichsleiter mitzuteilen. Es sei unerheblich, dass die jeweiligen Bereichsleiter persönlich unterschiedliche Qualifikationen haben. Insbesondere bezüglich der Leiterin Ambulante Altenhilfe verweist der Kläger darauf, dass er selbst unstreitig diesen Bereich vom 01.08.2005 bis 01.03.2010 geleitet hatte, somit seiner Ansicht nach für diese Position geeignet sei.

32

Schließlich geht der Kläger davon aus, dass die Änderungskündigung unwirksam sei, weil eine vorherige Zustimmung der Mitarbeitervertretung nötig gewesen wäre. Der Kläger zähle nicht zur Dienststellenleitung nach § 4 Abs. 2 MVG. Diese Ausnahme müsse der Beklagte darlegen. Die Bezeichnung als Leitender Mitarbeiter im Arbeitsvertrag sei unerheblich. Der Kläger verweist auch darauf, dass sich seine Tätigkeit seit der Einstellung geändert hatte. Der Kläger habe keine umfassenden Personalkompetenzen gehabt. So konnte er unstreitig konkret nicht allein über Kündigungen und Einstellungen entscheiden. Insbesondere sei der Kläger nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG entscheidungsbefugt und speziell nicht ständig entscheidungsbefugt gewesen. Aus den wenigen vom Beklagten erstinstanzlich dargestellten Beispielen aus den letzten Jahren folge nicht, dass der Kläger „ständig“ entscheidungsbefugt im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG gewesen sei. Der Beklagte hätte abstrakt und generell zu Entscheidungsbefugnissen des Klägers vortragen müssen. Auch der ergänzende Vortrag des Beklagten in der Berufungsschrift zu Entscheidungsbefugnissen bei Mitbestimmungstatbeständen sei falsch. Der Beklagte sage in seinem Schriftsatz ohnehin nur, der Kläger habe Aufgaben nach den §§ 39 ff MVG erledigt und dies auch ständig. Allein die Erledigung von Aufgaben in bestimmten Bereichen genüge jedoch für § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG nicht. Eine entsprechende Entscheidungsbefugnis des Klägers fehle hier. Der Kläger stelle sich angesichts des Vortrages des Beklagten die Frage, gegenüber welcher der beim Beklagten vorhandenen acht Mitarbeitervertretungen der Kläger denn aufgetreten sei. Unter anderem hatte jedes Heim eine eigene Mitarbeitervertretung. Unstreitig stellte der Kläger in diesem Zusammenhang dar, dass die jeweiligen Heimleiter selbstständig Mitbestimmungstatbestände mit der jeweiligen Mitarbeitervertretung des Heimes erörtert hatten. So seien auch die vom Beklagten im Rahmen der Berufung kurz aufgezählten Angelegenheiten solche aus dem Bereich der jeweiligen Heimleitung. Die sodann pauschale Behauptung des Beklagten, der Kläger habe auch Entscheidungsbefugnis gehabt, genüge nicht. Im Übrigen bemängelt der Kläger, dass der Beklagte sich in diesem Zusammenhang nur mit Aufgaben aus dem Bereich Bereichsleiter Altenhilfe beschäftige, nichts jedoch zur Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter vortrage.

33

Abschließend geht der Kläger davon aus, dass die Berufung unzulässig sei, da der Beklagte offenbar nur die Rechtsfrage klären lassen wolle, ob die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

34

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärte der Beklagte, dass auch angesichts der verschiedenen Risiken hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung eine Entscheidung durch das Gericht erforderlich sei, da unter anderem der Beklagte ein Interesse an der Fragestellung hätte, ob in Fällen wie der des Klägers die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsprotokolle sowie das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist unbegründet.

37

Durch die angegriffene Änderungskündigung vom 17.06.2013 tritt keine Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers ein.

I.

38

Das Arbeitsgericht Rostock hatte zu Recht der Klage stattgegeben.

1.

39

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben vom 17.06.2013 tatsächlich um eine Änderungskündigung handelt. Dies ist bisher auch schon so von beiden Parteien wie auch vom Arbeitsgericht unproblematisch gesehen worden. Soweit das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Schreiben vom 26.01.2015 die Parteien darauf hingewiesen hatte, dass eventuell auch die Überlegung aufkommen könnte, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben nicht um eine Änderungskündigung handele, insbesondere eventuell keine Kündigung enthalten sei, handelte es sich um einen vorsorglichen Hinweis gemäß § 138 ZPO, der frühzeitig vor der Kammerverhandlung des Berufungsgerichts ergehen sollte. Der Hinweis wurde erteilt, da die Formulierung des fraglichen Kündigungsschreibens bei genauer Wortlautbetrachtung gegebenenfalls etwas problematisch dahingehend sein könnte, ob überhaupt eine Kündigung vorliegt.

40

Im Rahmen der endgültigen Vorbereitung der Kammersitzung und auch Beratung der Kammer beim Berufungsgericht kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass auch weiterhin vom Vorliegen einer Änderungskündigung auszugehen ist. Dies ergibt die Auslegung des fraglichen Schreibens. So lautet es schon in der Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung“. Wenngleich der Arbeitgeber dem Kläger sodann mitteilt, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2014 in gewisser Form weitergeführt werde, so hat er doch im selbigen Satz auch mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum gekündigt werde. Auch im Folgenden teilt der Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschreibens mit, aus welchen Gründen seiner Ansicht nach der Arbeitsplatz des Klägers in Teilen wegfalle.

41

Im Ergebnis ergibt sich daher aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers, dass hier tatsächlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung nebst Angebot auf Fortsetzung zu geänderten arbeitsvertraglichen Bedingungen vom Arbeitgeber gewollt war. So ist es auch vom Kläger bisher verstanden worden.

42

Entsprechend hatte der Kläger nach den Erörterungen in der Verhandlung des Berufungsgerichts auch nicht mehr den zwischenzeitlich angekündigten Hilfsantrag für den Fall des Nichtvorliegens einer Kündigung gestellt.

2.

43

Die streitige Änderungskündigung ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 2 KSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KSchG ist.

44

Denn die Kündigung ist nicht, wie es § 1 Abs. 2 KSchG vorgibt, durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt. Dabei ist auch im Falle der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt die mit dem Änderungsangebot verbundene Kündigung als solche zu überprüfen.

45

Es ist im Falle behaupteter betriebsbedingter Gründe zu hinterfragen, ob eine Weiterbeschäftigung des Klägers – jedenfalls unter den bisherigen Bedingungen – nicht mehr möglich ist, weil die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit in Gänze oder in Teilen entfallen ist.

46

Dabei ist der Arbeitgeber für das Vorliegen der sogenannten betriebsbedingten Kündigungsgründe darlegungs- und beweispflichtig.

47

Nach der Rechtsprechung des BAG können sich dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Allerdings ist von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer auch tatsächlich entfallen ist.

48

Konkret für die Fälle des Abbaus einer Hierarchieebene bzw. des Abbaus eines konkreten Arbeitsplatzes, wie es auch hier einschlägig ist, führt das BAG in ständiger Rechtsprechung wie folgt aus: „Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden können.“ (vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 770/09, Rz. 14, 15, zitiert nach juris).

49

Unter Berücksichtigung vorgenannter Maßstäbe, denen sich die Kammer auch weiterhin anschließt, konnten im vorliegenden Fall keine betriebsbedingten Gründe festgestellt werden. Diese ergaben sich nicht in hinreichendem Maße aus dem Vortrag des Beklagten.

50

Der Beklagte behauptete, die Entscheidung getroffen zu haben, allein die Teilposition des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe abzuschaffen, indem diese Hierarchieebene gestrichen werden solle. Die darunter liegenden Einrichtungsleiter der jeweiligen Altenheime sollten nach dem Vortrag des Beklagten direkt an den Vorstand angegliedert werden.

51

Bei dieser vom Arbeitgeber behaupteten unternehmerischen Entscheidung ist genau diese im Kern deckungsgleich mit dem nachfolgenden Kündigungsentschluss gegenüber dem Kläger. Denn der Beklagte hatte nach seinem Vortrag entschieden, den Kläger im Teilbereich Bereichsleiter Altenhilfe nicht mehr einsetzen zu können.

52

Diese vom Arbeitgeber vorgetragene unternehmerische Entscheidung führte nun dazu, dass der Arbeitgeber entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BAG konkret hätte vortragen müssen, welche verschiedenen Arbeitsaufgaben der Kläger mit welchen Zeitanteilen bisher ausgeübt hat. Sodann hätte der beklagte Arbeitgeber vortragen müssen, inwieweit welche dieser Arbeitsaufgaben künftig vollständig entfallen sollen oder aber weiterhin auszuführende Aufgaben in welchem Umfang auf welche anderen Personen verteilt werden sollen. Der Arbeitgeber hätte weiter darstellen müssen, dass die Arbeitnehmer, die künftig Arbeitsaufgaben des Klägers mit übernehmen sollen, durch diese Arbeitsaufgaben, deren Zeitanteil zuvor vorgetragen worden war, nicht überobligationsmäßig belastet werden, weil diese Arbeitnehmer noch hinreichende Freiräume hinsichtlich der mit ihnen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit haben.

53

Ein solcher Vortrag ist seitens des Beklagten nicht im Ansatz erfolgt. Der Beklagte behauptete pauschal, dass Arbeitsaufgaben des Klägers entweder vom Vorstand oder aber von den Heimleitern selbst wahrgenommen werden sollten, wobei angeblich einige frühere Aufgaben des Klägers schon bisher von den Heimleitern wahrgenommen wurden. Es gibt jedoch keinerlei konkreten Vortrag dahingehend, welche konkreten Aufgaben mit welchen konkreten Zeitanteilen auf welche Personen übertragen werden und welche konkreten zeitlichen Freiräume diese Personen bisher hatten. Insbesondere war zwischen den Parteien auch streitig, dass die Heimleiter überhaupt entsprechende zeitliche Freiräume hatten. Auch hier beließ es der Beklagte bei der pauschalen Behauptung, er habe Freiräume ausgemacht. Dies ist völlig unzureichend.

54

Eines weiteren Hinweises des Gerichtes bezüglich des nicht ausreichenden arbeitgeberseitigen Vortrages bedurfte es nicht. Denn schon der Kläger hatte den Beklagten schriftsätzlich auf die – im Übrigen ständige - Rechtsprechung des BAG und die daraus folgende Darlegungslast hingewiesen.

55

Kann das Gericht somit keine betriebsbedingten Gründe mangels hinreichenden Vortrages des Arbeitgebers feststellen, so ist die ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam.

56

Aus vorgenannten Gründen bedurfte es auch nicht einer Entscheidung dahingehend, ob die Kündigung auch wegen nicht erfolgter Beteiligung der Mitarbeitervertretung rechtsunwirksam ist. Diese Fragestellung kann somit dahinstehen.

57

Das Arbeitsgericht Rostock hat dem Klageantrag zu 1 mithin zu Recht stattgegeben.

3.

58

Aus dem Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1 folgt auch der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Vertragsbedingungen über den 01.01.2014 hinaus.

II.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

60

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung erfolgte unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014, 5 Ca 987/13, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat.

2

Der 1966 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.09.2001 bei 40 Stunden in der Woche in Vollzeit beim Beklagten beschäftigt. Die Einstellung erfolgte zunächst zu 100 Prozent der Arbeitszeit als „Leitender Mitarbeiter mit Verantwortung für den Fachbereich Altenhilfe …“. Die Parteien vereinbarten seinerzeit die Einstufung in die Vergütungsgruppe IV b, was der heutigen Entgeltgruppe 11 entspricht. Im Übrigen vereinbarten die Parteien die Geltung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. Die Parteien schlossen später zum 01.04.2004 einen Änderungsvertrag. Danach war der Kläger ab diesem Zeitpunkt zur 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Bereichsleiter Altenhilfe und zu weiteren 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Qualitätsbeauftragter beschäftigt. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien nun die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a, was heute der Entgeltgruppe 12 entspricht. Entsprechend wurde der Kläger auch in den letzten Jahren beschäftigt. Zuletzt erzielte er eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.000,00 Euro. Hinsichtlich der Arbeitsaufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe wird auf die Auflistung des Beklagten im Schriftsatz vom 12.09.2013, dort Seite 3 f (vgl. Blatt 20 f d. A.) verwiesen.

3

Beim Beklagten werden regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt. Beim Beklagten gibt es organisatorisch mehrere Bereiche. Dies sind die Altenhilfe, deren Leiter der Kläger bisher war, die ambulanten Dienste, die Behindertenhilfe/ Sozialpsychiatrie, die Gefährdetenhilfe und die Kindertagesstätten.

4

Am 30.04.2013 unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein Änderungsangebot, wonach er ab dem 01.01.2014 nur noch mit 30 Wochenstunden und dies nur noch als Qualitätsbeauftragter tätig sein solle. Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen.

5

Am 19.06.2013 ging dem Kläger ein Schreiben des Beklagten vom 17.06.2013 zu, welches die Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung Ihres Arbeitsverhältnisses vom 01.09.2001“ trägt. Danach solle der Kläger ab dem 01.01.2014 ausschließlich als Qualitätsbeauftragter mit 50 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters (20 Wochenstunden) beschäftigt werden. Außerdem solle der Kläger in die „Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe“ eingruppiert werden. Der Kläger nahm das Änderungsangebot am 24.06.2013 unter Vorbehalt an.

6

Die Zustimmung der bei dem Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung zu einer entsprechenden Änderungskündigung war zuvor nicht eingeholt worden.

7

Bei Übergabe des vorgenannten Schreibens an den Kläger unterbreitete man dem Kläger erneut mündlich ein Angebot, auch zu 30 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter tätig sein zu können.

8

Mit Schriftsatz vom 24.06.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Rostock am 25.06.2013, begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung.

9

Das Arbeitsgericht Rostock gab mit Urteil vom 22.01.2014 der Klage statt. Wegen der Einzelheiten dieses Urteils wird auf Blatt 131 ff der Akte verwiesen.

10

Das Urteil wurde dem Beklagten am 08.07.2014 zugestellt.

11

Der Beklagte legte hiergegen am 15. Juli 2014 Berufung ein. Die Berufungsbegründung erfolgte innerhalb gewährter Fristverlängerung am 08.10.2014.

12

Der Beklagte begehrt auch weiterhin die Abweisung der Klage, da der Beklagte die angegriffene Änderungskündigung für wirksam hält.

13

Soweit dem Kläger außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung auch mündlich die Weiterarbeit als Qualitätsbeauftragter mit 30 Wochenstunden angeboten wurde, stehe dies der Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht entgegen. Denn dieses erweiterte Angebot im Umfang von 30 Wochenstunden sei trotz der Erkenntnis erfolgt, dass der eigentlich tatsächlich vorhandene Arbeitsumfang überschritten werde. Dieses erhöhte Angebot sei erfolgt, um eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Im Übrigen verweist der Beklagte darauf, dass der Kläger bisher auch nur 20 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter gearbeitet hatte. Der Kläger lasse jedoch nicht bestreiten, dass nicht mehr Arbeit als Qualitätsbeauftragter anfalle. Daher sei das Angebot von 30 Stunden letztlich über dem eigentlich vorhanden Bedarf erfolgt.

14

Hintergrund der Änderungskündigung seien betriebsbedingte Gründe. Im Frühjahr 2013 habe der Vorstand den Entschluss gefasst, die Position des separaten Bereichsleiters Altenhilfe ab dem 01.01.2014 aufgeben zu wollen. Es solle nur noch der Qualitätsbeauftragte mit 50 Prozent einer Vollzeitstelle verbleiben. Die Position des Bereichsleiters Altenhilfe werde somit in Zukunft wegfallen. Es werde eine Hierarchieebene abgeschafft. Die jeweiligen Leiter der einzelnen Altenhilfeeinrichtungen würden direkt an den Vorstand angegliedert. Der Vorstand übernehme also künftig die Dienst- und Fachaufsicht über die einzelnen Einrichtungen der Altenhilfe. Auch sollen bisherige Aufgaben des Klägers auf die jeweiligen Einrichtungsleiter übertragen werden. Auf Vorhalt des Klägers meinte der Beklagte, dass er nicht darstellen müsse, wer künftig welche Aufgaben übernehmen werden. Der Beklagte führte ergänzend aus, dass jede Einrichtung in der Altenhilfe mit einer Doppelspitze besetzt ist, die aus der Pflegedienstleitung und der Heimleitung besteht. Ein Großteil der Aufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe, die bereits auf Blatt 20 f der Akte dargestellt wurden, sei bereits in der Vergangenheit tatsächlich durch die Einrichtungsleiter erledigt worden. Auf Vorhalt des Klägers, dass die Einrichtungsleiter auch als Doppelspitze ausgelastet waren, behauptete der Beklagte, dass er bei den Einrichtungsleitern freie Kapazitäten festgestellt habe. In den anderen Arbeitsbereichen des Beklagten wolle man die Hierarchieebene des Bereichsleiters bestehen lassen, weil es dort jeweils nur einen Leiter der untergeordneten Einrichtungen gibt.

15

Die Entlassung des Klägers sei auch unter hinreichender Beachtung der internen Regelungen des Beklagten beschlossen worden. So sieht § 14 der Satzung des Beklagten die Entlassung eines Bereichsleiters nach Maßgabe der Geschäftsordnung für den Vorstand vor. Diese sehe wiederum die Zustimmung des Verwaltungsrates vor. Letztere sei hier erteilt worden. So habe der Verwaltungsrat am 27.02.2013 beschlossen, den Bereich Altenhilfe vom Qualitätsmanagement zu trennen und dem Kläger nur noch das Qualitätsmanagement zu übertragen. Der Beklagte verweist hierzu auf ein Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 27.02.2013. In diesem Protokoll heißt es: „Der Verwaltungsrat ist in der Tendenz der Auffassung, den Bereich Altenhilfe von der Stabstelle QM zu trennen. Herr K. muss darüber mit Herrn A. reden, wobei der Verwaltungsrat die Tendenz hat, dass Herr A. die Stelle des Qualitätsmanagement wahrnimmt.“ Im Übrigen ergänzt der Beklagte, dass der Verwaltungsrat am 21.11.2013 den vorgenannten Beschluss bestätigt habe, wonach die Stelle Bereichsleiter Altenhilfe entfallen werde und die Einrichtungsleiter direkt dem Vorstand unterstellt werden sollen. In dem vorgelegten Protokoll des Verwaltungsrates heißt es hierzu: „Neben dem schriftlich vorliegendem Bericht geht Herr K. insbesondere auf die Personalangelegenheit Herr A. mündlich ein. Der Verwaltungsrat bestätigt den am 27.02.2013 gefassten Beschluss zum Qualitätsmanagement und dem Bereich der stationären Altenhilfe und präzisiert ihn dahingehend, dass zum 01.01.2014 die Stelle des Bereichsleiters Altenhilfe entfällt. Herr K. wird damit beauftragt, Herrn A. dieses noch einmal deutlich zu machen und dieses vor Gericht zu vertreten. Die Einrichtungsleitungen der Diakonie Pflegeheime werden direkt dem Vorstand unterstellt.“ Der Beklagte meint im Übrigen, dass die Geschäftsordnung für den Vorstand keine Einschränkung für Kündigungen vorsehe.

16

Eine Sozialauswahl des Klägers mit anderen Bereichsleitern sei nicht nötig gewesen. Die Schutzbedürftigkeit des Klägers sei im Hinblick auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und nicht mit Blick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die anderen Bereichsleiter mit anderen Tätigkeiten beauftragt sind. Für die anderen Bereiche sei der Kläger nicht einsetzbar. Es fehle an der notwendigen Qualifikation. In der ambulanten Altenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin Prokura hat. Im Bereich Kita könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin eine frühförder- und kitaspezifische Ausbildung hat. Im Bereich Behindertenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da der dortige Leiter eine spezifische Ausbildung hat. In der Gefährdetenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, weil der dortige Leiter eine suchtspezifische Ausbildung hat.

17

Soweit der Kläger meine, dass das schriftliche Änderungsgebot nicht bestimmt genug sei, hat der Beklagte hierzu eine andere Meinung. Wenn der Kläger meine, es sei nicht klar, welche Tätigkeiten er als Qualitätsbeauftragter künftig ausüben solle, sei dies klar, da er diese Tätigkeit bisher auch schon ausgeübt hatte. Soweit die Änderungskündigung nur von der Entgeltgruppe 11 spreche und der Kläger sich frage, welches Vergütungssystem gemeint sei, sei das Vergütungssystem dem Kläger bekannt. Es handele sich um die AVR.

18

Soweit sich der Kläger frage, weshalb er im Rahmen der Änderungskündigung auch von der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe herabgruppiert werden solle, werde dies dadurch gerechtfertigt, dass er nur noch Qualitätsbeauftragter sein solle. Die Tätigkeit als Bereichsleiter habe die Entgeltgruppe 12 gerechtfertigt. Selbst wenn die Kündigung in diesem Punkte unwirksam sei, verbliebe es jedoch bei der Kündigung, dann jedoch künftig mit der Entgeltgruppe 12.

19

Schließlich sei im vorliegenden Fall nicht die Zustimmung der Mitarbeitervertretung nach § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche Deutschlands (MVG) erforderlich gewesen. Denn der Kläger sei Teil der Dienststellenleitung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG. Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG genannten Voraussetzungen seien im Fall des Klägers erfüllt. Denn der Kläger habe umfassende Personalkompetenz gehabt, wenn auch Arbeitsverträge und Kündigungen grundsätzlich vom Vorstand unterzeichnet wurden. Der Beklagte verweist darauf, dass der Kläger nach dem Arbeitsvertrag als „Leitender Mitarbeiter“ eingestellt wurde. Erstinstanzlich behauptete der Beklagte ergänzend, dass der Kläger zumindest auch gemeinsam mit dem Vorstand Entscheidungen getroffen habe, die der Mitberatung und Mitbestimmung unterliegen. Sodann benannte der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 05.12.2013, dort auf Seite 8 f (vgl. Blatt 98 f d. A.) einige Einzelfallbeispiele von E-Mail-Verkehr bzw. geleisteten Unterschriften des Klägers, aus welchen gefolgert werden könne, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG erfüllt seien. Im Rahmen der Berufung zählte der Beklagte sodann innerhalb eines kurzen Absatzes verschiedene Mitbestimmungstatbestände der §§ 39 ff MVG abstrakt auf. Auf die Berufungsbegründung vom 07.10.2014 Seite 3 (Blatt 178 d. A.) wird verwiesen. Im sodann folgenden Absatz des vorgenannten Schriftsatzes zählte der Beklagte einige der Tätigkeiten des Klägers, die bereits auf Blatt 20 der Akte genannte waren, auf und behauptete, dass der Kläger damit Angelegenheiten der zuvor aufgezählten Mitbestimmungstatbestände ständig erledigt habe. In diesen Bereichen sei er ständig befugt gewesen, Entscheidungen zu treffen.

20

Der Beklagte beantragt:

21

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

22

Der Kläger beantragt:

23

Die Berufung zurückzuweisen.

24

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

25

Er geht auch weiterhin von der Unwirksamkeit der Änderungskündigung aus.

26

Für die Kündigung gäbe es keine hinreichenden Gründe, insbesondere keine betriebsbedingten Gründe. Die Leitungstätigkeit der Altenhilfe entfalle nicht. Damit falle sein Arbeitsplatz auch nicht teilweise weg. Je näher die unternehmerische Entscheidung an den Kündigungsentschluss rücke, desto mehr müsse der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Prozess vortragen. Hier sei zu berücksichtigen, dass gerade im Bereich Altenhilfe der Bereichsleiter wegfallen solle, obwohl hier vielfältige Aufgaben vorliegen, die nur auf Grund des Organisationstalentes des Klägers zu bewältigen waren. Der Kläger verweist hierzu auf ein Zwischenzeugnis aus dem Jahre 2009, welches dem Kläger bescheinigt, für viele Aufgaben verantwortlich zu sein und dies trotz der hohen Belastungen gut zu organisieren. Es sei unplausibel, dass die vielfältigen Aufgaben des Klägers einfach auf andere Arbeitnehmer verteilt werden sollten, die bisher ebenfalls schon in Vollzeit tätig waren. Es stelle sich die Frage, wer welche Aufgabe übernehme. Allein das Schlagwort Doppelspitze genüge in diesem Zusammenhang nicht. Im Übrigen verweist der Kläger auf den unstreitigen Umstand, dass die Doppelspitze in den Altenpflegeeinrichtungen von ihm selbst schon in den Jahren 2003 bis 2009 initiiert wurde. Dabei war die Doppelspitze schon in der Vergangenheit in Vollzeit tätig und sei nach der Behauptung des Klägers auch ausgelastet gewesen. Das Vorhandensein einer Doppelspitze sei nicht dahingehend zu verstehen, dass dieselben Aufgaben einer früheren Einzelspitze nunmehr auf zwei Personen verteilt worden seien.

27

Auch interne Regelungen beim Beklagten würden gegen das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bzw. gegen die Wirksamkeit der Kündigung sprechen. Aus § 11 der Satzung folge, dass der Verwaltungsrat bei der Aufstellung des Stellenplanes mit zu entscheiden habe, ob es in der Altenhilfe einen Bereichsleiter geben solle. Der Vorstand habe dies nicht allein entscheiden dürfen. Aus den Protokollen des Verwaltungsrates folge keine entsprechende Zustimmung zur Abschaffung des Bereichsleiters Altenhilfe und zur Kündigung des Klägers. Von einer Kündigung sei in den Protokollen nicht die Rede. Soweit der Beklagte auf eine Verwaltungsratssitzung vom 21.11.2013 verweise, sei dies unerheblich, da die Zustimmung vor der Kündigung erteilt sein müsse. Im Übrigen sei eine Zustimmung zur Kündigung nach § 14 der Satzung erforderlich. Denn die Entlassung von Bereichsleitern solle sich nach der Geschäftsordnung des Vorstandes richten, welche vom Verwaltungsrat zu erlassen sei. Wenn die Geschäftsordnung einen solchen Fall nicht regele, was hier der Fall sei, dürfe der Vorstand einen Bereichsleiter nicht alleine entlassen.

28

Im Übrigen spreche gegen das Vorliegen von betriebsbedingten Gründen in dem Umfang der ausgesprochenen Kündigung, dass dem Kläger auch neben der Änderungskündigung noch eine Weiterbeschäftigung im Rahmen des Qualitätsmanagements mit einem Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Offenkundig sei somit eine Beschäftigungsmöglichkeit von 30 Stunden noch vorhanden. Der Beklagte habe damit nicht nur eine geringstmögliche Änderungskündigung ausgesprochen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger zudem künftig in die Entgeltgruppe 11 herabgruppiert werden solle. Jede einzelne Änderung müsse durch entsprechende Gründe gerechtfertigt sein.

29

Die Änderungskündigung sei auch deshalb unwirksam, da das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt sei. Es müsse ohne weiteres deutlich sein, was künftig gelten solle. Dies sei hier nicht der Fall. Hier werde dem Kläger nur mitgeteilt, dass er zu 50 Prozent einer Vollzeitkraft als Qualitätsbeauftragter tätig werden solle, mit der Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe. Seine künftige Tätigkeit sei mit dem Griff Qualitätsbeauftragter somit nur schlagwortartig umrissen worden. Auch sei dem Kläger das Vergütungssystem für die Entgeltgruppe 11 nicht benannt worden. Auch die sonstigen Bedingungen des künftigen Arbeitsverhältnisses blieben offen. Es sei für den Kläger nicht erkennbar, ob die sonstigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses wie bisher weiter gelten sollten. Eine dahingehende Vermutung reiche nicht.

30

Auch verstoße das Änderungsangebot gegen das Schriftformgebot. § 623 BGB gelte auch für das Änderungsangebot im Rahmen der Änderungskündigung. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass dem Kläger mündlich noch einmal eine Arbeit im Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Der Kläger habe offenbar die Wahl haben sollen, mit 20 oder aber 30 Wochenstunden als Qualitätsbeauftragter tätig zu sein.

31

Weiterhin sei die Kündigung unwirksam, da die Sozialauswahl nicht hinreichend durchgeführt worden sei. Der Kläger meint, mit den anderen Bereichsleitern vergleichbar zu sein. Er forderte den Beklagten auf, die Sozialdaten dieser Bereichsleiter mitzuteilen. Es sei unerheblich, dass die jeweiligen Bereichsleiter persönlich unterschiedliche Qualifikationen haben. Insbesondere bezüglich der Leiterin Ambulante Altenhilfe verweist der Kläger darauf, dass er selbst unstreitig diesen Bereich vom 01.08.2005 bis 01.03.2010 geleitet hatte, somit seiner Ansicht nach für diese Position geeignet sei.

32

Schließlich geht der Kläger davon aus, dass die Änderungskündigung unwirksam sei, weil eine vorherige Zustimmung der Mitarbeitervertretung nötig gewesen wäre. Der Kläger zähle nicht zur Dienststellenleitung nach § 4 Abs. 2 MVG. Diese Ausnahme müsse der Beklagte darlegen. Die Bezeichnung als Leitender Mitarbeiter im Arbeitsvertrag sei unerheblich. Der Kläger verweist auch darauf, dass sich seine Tätigkeit seit der Einstellung geändert hatte. Der Kläger habe keine umfassenden Personalkompetenzen gehabt. So konnte er unstreitig konkret nicht allein über Kündigungen und Einstellungen entscheiden. Insbesondere sei der Kläger nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG entscheidungsbefugt und speziell nicht ständig entscheidungsbefugt gewesen. Aus den wenigen vom Beklagten erstinstanzlich dargestellten Beispielen aus den letzten Jahren folge nicht, dass der Kläger „ständig“ entscheidungsbefugt im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG gewesen sei. Der Beklagte hätte abstrakt und generell zu Entscheidungsbefugnissen des Klägers vortragen müssen. Auch der ergänzende Vortrag des Beklagten in der Berufungsschrift zu Entscheidungsbefugnissen bei Mitbestimmungstatbeständen sei falsch. Der Beklagte sage in seinem Schriftsatz ohnehin nur, der Kläger habe Aufgaben nach den §§ 39 ff MVG erledigt und dies auch ständig. Allein die Erledigung von Aufgaben in bestimmten Bereichen genüge jedoch für § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG nicht. Eine entsprechende Entscheidungsbefugnis des Klägers fehle hier. Der Kläger stelle sich angesichts des Vortrages des Beklagten die Frage, gegenüber welcher der beim Beklagten vorhandenen acht Mitarbeitervertretungen der Kläger denn aufgetreten sei. Unter anderem hatte jedes Heim eine eigene Mitarbeitervertretung. Unstreitig stellte der Kläger in diesem Zusammenhang dar, dass die jeweiligen Heimleiter selbstständig Mitbestimmungstatbestände mit der jeweiligen Mitarbeitervertretung des Heimes erörtert hatten. So seien auch die vom Beklagten im Rahmen der Berufung kurz aufgezählten Angelegenheiten solche aus dem Bereich der jeweiligen Heimleitung. Die sodann pauschale Behauptung des Beklagten, der Kläger habe auch Entscheidungsbefugnis gehabt, genüge nicht. Im Übrigen bemängelt der Kläger, dass der Beklagte sich in diesem Zusammenhang nur mit Aufgaben aus dem Bereich Bereichsleiter Altenhilfe beschäftige, nichts jedoch zur Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter vortrage.

33

Abschließend geht der Kläger davon aus, dass die Berufung unzulässig sei, da der Beklagte offenbar nur die Rechtsfrage klären lassen wolle, ob die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

34

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärte der Beklagte, dass auch angesichts der verschiedenen Risiken hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung eine Entscheidung durch das Gericht erforderlich sei, da unter anderem der Beklagte ein Interesse an der Fragestellung hätte, ob in Fällen wie der des Klägers die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsprotokolle sowie das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist unbegründet.

37

Durch die angegriffene Änderungskündigung vom 17.06.2013 tritt keine Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers ein.

I.

38

Das Arbeitsgericht Rostock hatte zu Recht der Klage stattgegeben.

1.

39

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben vom 17.06.2013 tatsächlich um eine Änderungskündigung handelt. Dies ist bisher auch schon so von beiden Parteien wie auch vom Arbeitsgericht unproblematisch gesehen worden. Soweit das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Schreiben vom 26.01.2015 die Parteien darauf hingewiesen hatte, dass eventuell auch die Überlegung aufkommen könnte, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben nicht um eine Änderungskündigung handele, insbesondere eventuell keine Kündigung enthalten sei, handelte es sich um einen vorsorglichen Hinweis gemäß § 138 ZPO, der frühzeitig vor der Kammerverhandlung des Berufungsgerichts ergehen sollte. Der Hinweis wurde erteilt, da die Formulierung des fraglichen Kündigungsschreibens bei genauer Wortlautbetrachtung gegebenenfalls etwas problematisch dahingehend sein könnte, ob überhaupt eine Kündigung vorliegt.

40

Im Rahmen der endgültigen Vorbereitung der Kammersitzung und auch Beratung der Kammer beim Berufungsgericht kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass auch weiterhin vom Vorliegen einer Änderungskündigung auszugehen ist. Dies ergibt die Auslegung des fraglichen Schreibens. So lautet es schon in der Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung“. Wenngleich der Arbeitgeber dem Kläger sodann mitteilt, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2014 in gewisser Form weitergeführt werde, so hat er doch im selbigen Satz auch mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum gekündigt werde. Auch im Folgenden teilt der Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschreibens mit, aus welchen Gründen seiner Ansicht nach der Arbeitsplatz des Klägers in Teilen wegfalle.

41

Im Ergebnis ergibt sich daher aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers, dass hier tatsächlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung nebst Angebot auf Fortsetzung zu geänderten arbeitsvertraglichen Bedingungen vom Arbeitgeber gewollt war. So ist es auch vom Kläger bisher verstanden worden.

42

Entsprechend hatte der Kläger nach den Erörterungen in der Verhandlung des Berufungsgerichts auch nicht mehr den zwischenzeitlich angekündigten Hilfsantrag für den Fall des Nichtvorliegens einer Kündigung gestellt.

2.

43

Die streitige Änderungskündigung ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 2 KSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KSchG ist.

44

Denn die Kündigung ist nicht, wie es § 1 Abs. 2 KSchG vorgibt, durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt. Dabei ist auch im Falle der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt die mit dem Änderungsangebot verbundene Kündigung als solche zu überprüfen.

45

Es ist im Falle behaupteter betriebsbedingter Gründe zu hinterfragen, ob eine Weiterbeschäftigung des Klägers – jedenfalls unter den bisherigen Bedingungen – nicht mehr möglich ist, weil die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit in Gänze oder in Teilen entfallen ist.

46

Dabei ist der Arbeitgeber für das Vorliegen der sogenannten betriebsbedingten Kündigungsgründe darlegungs- und beweispflichtig.

47

Nach der Rechtsprechung des BAG können sich dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Allerdings ist von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer auch tatsächlich entfallen ist.

48

Konkret für die Fälle des Abbaus einer Hierarchieebene bzw. des Abbaus eines konkreten Arbeitsplatzes, wie es auch hier einschlägig ist, führt das BAG in ständiger Rechtsprechung wie folgt aus: „Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden können.“ (vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 770/09, Rz. 14, 15, zitiert nach juris).

49

Unter Berücksichtigung vorgenannter Maßstäbe, denen sich die Kammer auch weiterhin anschließt, konnten im vorliegenden Fall keine betriebsbedingten Gründe festgestellt werden. Diese ergaben sich nicht in hinreichendem Maße aus dem Vortrag des Beklagten.

50

Der Beklagte behauptete, die Entscheidung getroffen zu haben, allein die Teilposition des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe abzuschaffen, indem diese Hierarchieebene gestrichen werden solle. Die darunter liegenden Einrichtungsleiter der jeweiligen Altenheime sollten nach dem Vortrag des Beklagten direkt an den Vorstand angegliedert werden.

51

Bei dieser vom Arbeitgeber behaupteten unternehmerischen Entscheidung ist genau diese im Kern deckungsgleich mit dem nachfolgenden Kündigungsentschluss gegenüber dem Kläger. Denn der Beklagte hatte nach seinem Vortrag entschieden, den Kläger im Teilbereich Bereichsleiter Altenhilfe nicht mehr einsetzen zu können.

52

Diese vom Arbeitgeber vorgetragene unternehmerische Entscheidung führte nun dazu, dass der Arbeitgeber entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BAG konkret hätte vortragen müssen, welche verschiedenen Arbeitsaufgaben der Kläger mit welchen Zeitanteilen bisher ausgeübt hat. Sodann hätte der beklagte Arbeitgeber vortragen müssen, inwieweit welche dieser Arbeitsaufgaben künftig vollständig entfallen sollen oder aber weiterhin auszuführende Aufgaben in welchem Umfang auf welche anderen Personen verteilt werden sollen. Der Arbeitgeber hätte weiter darstellen müssen, dass die Arbeitnehmer, die künftig Arbeitsaufgaben des Klägers mit übernehmen sollen, durch diese Arbeitsaufgaben, deren Zeitanteil zuvor vorgetragen worden war, nicht überobligationsmäßig belastet werden, weil diese Arbeitnehmer noch hinreichende Freiräume hinsichtlich der mit ihnen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit haben.

53

Ein solcher Vortrag ist seitens des Beklagten nicht im Ansatz erfolgt. Der Beklagte behauptete pauschal, dass Arbeitsaufgaben des Klägers entweder vom Vorstand oder aber von den Heimleitern selbst wahrgenommen werden sollten, wobei angeblich einige frühere Aufgaben des Klägers schon bisher von den Heimleitern wahrgenommen wurden. Es gibt jedoch keinerlei konkreten Vortrag dahingehend, welche konkreten Aufgaben mit welchen konkreten Zeitanteilen auf welche Personen übertragen werden und welche konkreten zeitlichen Freiräume diese Personen bisher hatten. Insbesondere war zwischen den Parteien auch streitig, dass die Heimleiter überhaupt entsprechende zeitliche Freiräume hatten. Auch hier beließ es der Beklagte bei der pauschalen Behauptung, er habe Freiräume ausgemacht. Dies ist völlig unzureichend.

54

Eines weiteren Hinweises des Gerichtes bezüglich des nicht ausreichenden arbeitgeberseitigen Vortrages bedurfte es nicht. Denn schon der Kläger hatte den Beklagten schriftsätzlich auf die – im Übrigen ständige - Rechtsprechung des BAG und die daraus folgende Darlegungslast hingewiesen.

55

Kann das Gericht somit keine betriebsbedingten Gründe mangels hinreichenden Vortrages des Arbeitgebers feststellen, so ist die ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam.

56

Aus vorgenannten Gründen bedurfte es auch nicht einer Entscheidung dahingehend, ob die Kündigung auch wegen nicht erfolgter Beteiligung der Mitarbeitervertretung rechtsunwirksam ist. Diese Fragestellung kann somit dahinstehen.

57

Das Arbeitsgericht Rostock hat dem Klageantrag zu 1 mithin zu Recht stattgegeben.

3.

58

Aus dem Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1 folgt auch der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Vertragsbedingungen über den 01.01.2014 hinaus.

II.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

60

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung erfolgte unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014, 5 Ca 987/13, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat.

2

Der 1966 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 01.09.2001 bei 40 Stunden in der Woche in Vollzeit beim Beklagten beschäftigt. Die Einstellung erfolgte zunächst zu 100 Prozent der Arbeitszeit als „Leitender Mitarbeiter mit Verantwortung für den Fachbereich Altenhilfe …“. Die Parteien vereinbarten seinerzeit die Einstufung in die Vergütungsgruppe IV b, was der heutigen Entgeltgruppe 11 entspricht. Im Übrigen vereinbarten die Parteien die Geltung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. Die Parteien schlossen später zum 01.04.2004 einen Änderungsvertrag. Danach war der Kläger ab diesem Zeitpunkt zur 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Bereichsleiter Altenhilfe und zu weiteren 50 Prozent seiner Arbeitszeit als Qualitätsbeauftragter beschäftigt. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien nun die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a, was heute der Entgeltgruppe 12 entspricht. Entsprechend wurde der Kläger auch in den letzten Jahren beschäftigt. Zuletzt erzielte er eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.000,00 Euro. Hinsichtlich der Arbeitsaufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe wird auf die Auflistung des Beklagten im Schriftsatz vom 12.09.2013, dort Seite 3 f (vgl. Blatt 20 f d. A.) verwiesen.

3

Beim Beklagten werden regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt. Beim Beklagten gibt es organisatorisch mehrere Bereiche. Dies sind die Altenhilfe, deren Leiter der Kläger bisher war, die ambulanten Dienste, die Behindertenhilfe/ Sozialpsychiatrie, die Gefährdetenhilfe und die Kindertagesstätten.

4

Am 30.04.2013 unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein Änderungsangebot, wonach er ab dem 01.01.2014 nur noch mit 30 Wochenstunden und dies nur noch als Qualitätsbeauftragter tätig sein solle. Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen.

5

Am 19.06.2013 ging dem Kläger ein Schreiben des Beklagten vom 17.06.2013 zu, welches die Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung Ihres Arbeitsverhältnisses vom 01.09.2001“ trägt. Danach solle der Kläger ab dem 01.01.2014 ausschließlich als Qualitätsbeauftragter mit 50 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Mitarbeiters (20 Wochenstunden) beschäftigt werden. Außerdem solle der Kläger in die „Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe“ eingruppiert werden. Der Kläger nahm das Änderungsangebot am 24.06.2013 unter Vorbehalt an.

6

Die Zustimmung der bei dem Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung zu einer entsprechenden Änderungskündigung war zuvor nicht eingeholt worden.

7

Bei Übergabe des vorgenannten Schreibens an den Kläger unterbreitete man dem Kläger erneut mündlich ein Angebot, auch zu 30 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter tätig sein zu können.

8

Mit Schriftsatz vom 24.06.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Rostock am 25.06.2013, begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung.

9

Das Arbeitsgericht Rostock gab mit Urteil vom 22.01.2014 der Klage statt. Wegen der Einzelheiten dieses Urteils wird auf Blatt 131 ff der Akte verwiesen.

10

Das Urteil wurde dem Beklagten am 08.07.2014 zugestellt.

11

Der Beklagte legte hiergegen am 15. Juli 2014 Berufung ein. Die Berufungsbegründung erfolgte innerhalb gewährter Fristverlängerung am 08.10.2014.

12

Der Beklagte begehrt auch weiterhin die Abweisung der Klage, da der Beklagte die angegriffene Änderungskündigung für wirksam hält.

13

Soweit dem Kläger außerhalb der schriftlichen Änderungskündigung auch mündlich die Weiterarbeit als Qualitätsbeauftragter mit 30 Wochenstunden angeboten wurde, stehe dies der Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht entgegen. Denn dieses erweiterte Angebot im Umfang von 30 Wochenstunden sei trotz der Erkenntnis erfolgt, dass der eigentlich tatsächlich vorhandene Arbeitsumfang überschritten werde. Dieses erhöhte Angebot sei erfolgt, um eine arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Im Übrigen verweist der Beklagte darauf, dass der Kläger bisher auch nur 20 Stunden in der Woche als Qualitätsbeauftragter gearbeitet hatte. Der Kläger lasse jedoch nicht bestreiten, dass nicht mehr Arbeit als Qualitätsbeauftragter anfalle. Daher sei das Angebot von 30 Stunden letztlich über dem eigentlich vorhanden Bedarf erfolgt.

14

Hintergrund der Änderungskündigung seien betriebsbedingte Gründe. Im Frühjahr 2013 habe der Vorstand den Entschluss gefasst, die Position des separaten Bereichsleiters Altenhilfe ab dem 01.01.2014 aufgeben zu wollen. Es solle nur noch der Qualitätsbeauftragte mit 50 Prozent einer Vollzeitstelle verbleiben. Die Position des Bereichsleiters Altenhilfe werde somit in Zukunft wegfallen. Es werde eine Hierarchieebene abgeschafft. Die jeweiligen Leiter der einzelnen Altenhilfeeinrichtungen würden direkt an den Vorstand angegliedert. Der Vorstand übernehme also künftig die Dienst- und Fachaufsicht über die einzelnen Einrichtungen der Altenhilfe. Auch sollen bisherige Aufgaben des Klägers auf die jeweiligen Einrichtungsleiter übertragen werden. Auf Vorhalt des Klägers meinte der Beklagte, dass er nicht darstellen müsse, wer künftig welche Aufgaben übernehmen werden. Der Beklagte führte ergänzend aus, dass jede Einrichtung in der Altenhilfe mit einer Doppelspitze besetzt ist, die aus der Pflegedienstleitung und der Heimleitung besteht. Ein Großteil der Aufgaben des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe, die bereits auf Blatt 20 f der Akte dargestellt wurden, sei bereits in der Vergangenheit tatsächlich durch die Einrichtungsleiter erledigt worden. Auf Vorhalt des Klägers, dass die Einrichtungsleiter auch als Doppelspitze ausgelastet waren, behauptete der Beklagte, dass er bei den Einrichtungsleitern freie Kapazitäten festgestellt habe. In den anderen Arbeitsbereichen des Beklagten wolle man die Hierarchieebene des Bereichsleiters bestehen lassen, weil es dort jeweils nur einen Leiter der untergeordneten Einrichtungen gibt.

15

Die Entlassung des Klägers sei auch unter hinreichender Beachtung der internen Regelungen des Beklagten beschlossen worden. So sieht § 14 der Satzung des Beklagten die Entlassung eines Bereichsleiters nach Maßgabe der Geschäftsordnung für den Vorstand vor. Diese sehe wiederum die Zustimmung des Verwaltungsrates vor. Letztere sei hier erteilt worden. So habe der Verwaltungsrat am 27.02.2013 beschlossen, den Bereich Altenhilfe vom Qualitätsmanagement zu trennen und dem Kläger nur noch das Qualitätsmanagement zu übertragen. Der Beklagte verweist hierzu auf ein Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 27.02.2013. In diesem Protokoll heißt es: „Der Verwaltungsrat ist in der Tendenz der Auffassung, den Bereich Altenhilfe von der Stabstelle QM zu trennen. Herr K. muss darüber mit Herrn A. reden, wobei der Verwaltungsrat die Tendenz hat, dass Herr A. die Stelle des Qualitätsmanagement wahrnimmt.“ Im Übrigen ergänzt der Beklagte, dass der Verwaltungsrat am 21.11.2013 den vorgenannten Beschluss bestätigt habe, wonach die Stelle Bereichsleiter Altenhilfe entfallen werde und die Einrichtungsleiter direkt dem Vorstand unterstellt werden sollen. In dem vorgelegten Protokoll des Verwaltungsrates heißt es hierzu: „Neben dem schriftlich vorliegendem Bericht geht Herr K. insbesondere auf die Personalangelegenheit Herr A. mündlich ein. Der Verwaltungsrat bestätigt den am 27.02.2013 gefassten Beschluss zum Qualitätsmanagement und dem Bereich der stationären Altenhilfe und präzisiert ihn dahingehend, dass zum 01.01.2014 die Stelle des Bereichsleiters Altenhilfe entfällt. Herr K. wird damit beauftragt, Herrn A. dieses noch einmal deutlich zu machen und dieses vor Gericht zu vertreten. Die Einrichtungsleitungen der Diakonie Pflegeheime werden direkt dem Vorstand unterstellt.“ Der Beklagte meint im Übrigen, dass die Geschäftsordnung für den Vorstand keine Einschränkung für Kündigungen vorsehe.

16

Eine Sozialauswahl des Klägers mit anderen Bereichsleitern sei nicht nötig gewesen. Die Schutzbedürftigkeit des Klägers sei im Hinblick auf die Änderung der Arbeitsbedingungen und nicht mit Blick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen gewesen. Es sei zu berücksichtigen, dass die anderen Bereichsleiter mit anderen Tätigkeiten beauftragt sind. Für die anderen Bereiche sei der Kläger nicht einsetzbar. Es fehle an der notwendigen Qualifikation. In der ambulanten Altenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin Prokura hat. Im Bereich Kita könne der Kläger nicht tätig werden, da die dortige Leiterin eine frühförder- und kitaspezifische Ausbildung hat. Im Bereich Behindertenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, da der dortige Leiter eine spezifische Ausbildung hat. In der Gefährdetenhilfe könne der Kläger nicht tätig werden, weil der dortige Leiter eine suchtspezifische Ausbildung hat.

17

Soweit der Kläger meine, dass das schriftliche Änderungsgebot nicht bestimmt genug sei, hat der Beklagte hierzu eine andere Meinung. Wenn der Kläger meine, es sei nicht klar, welche Tätigkeiten er als Qualitätsbeauftragter künftig ausüben solle, sei dies klar, da er diese Tätigkeit bisher auch schon ausgeübt hatte. Soweit die Änderungskündigung nur von der Entgeltgruppe 11 spreche und der Kläger sich frage, welches Vergütungssystem gemeint sei, sei das Vergütungssystem dem Kläger bekannt. Es handele sich um die AVR.

18

Soweit sich der Kläger frage, weshalb er im Rahmen der Änderungskündigung auch von der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe herabgruppiert werden solle, werde dies dadurch gerechtfertigt, dass er nur noch Qualitätsbeauftragter sein solle. Die Tätigkeit als Bereichsleiter habe die Entgeltgruppe 12 gerechtfertigt. Selbst wenn die Kündigung in diesem Punkte unwirksam sei, verbliebe es jedoch bei der Kündigung, dann jedoch künftig mit der Entgeltgruppe 12.

19

Schließlich sei im vorliegenden Fall nicht die Zustimmung der Mitarbeitervertretung nach § 41 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche Deutschlands (MVG) erforderlich gewesen. Denn der Kläger sei Teil der Dienststellenleitung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG. Die in § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG genannten Voraussetzungen seien im Fall des Klägers erfüllt. Denn der Kläger habe umfassende Personalkompetenz gehabt, wenn auch Arbeitsverträge und Kündigungen grundsätzlich vom Vorstand unterzeichnet wurden. Der Beklagte verweist darauf, dass der Kläger nach dem Arbeitsvertrag als „Leitender Mitarbeiter“ eingestellt wurde. Erstinstanzlich behauptete der Beklagte ergänzend, dass der Kläger zumindest auch gemeinsam mit dem Vorstand Entscheidungen getroffen habe, die der Mitberatung und Mitbestimmung unterliegen. Sodann benannte der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 05.12.2013, dort auf Seite 8 f (vgl. Blatt 98 f d. A.) einige Einzelfallbeispiele von E-Mail-Verkehr bzw. geleisteten Unterschriften des Klägers, aus welchen gefolgert werden könne, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG erfüllt seien. Im Rahmen der Berufung zählte der Beklagte sodann innerhalb eines kurzen Absatzes verschiedene Mitbestimmungstatbestände der §§ 39 ff MVG abstrakt auf. Auf die Berufungsbegründung vom 07.10.2014 Seite 3 (Blatt 178 d. A.) wird verwiesen. Im sodann folgenden Absatz des vorgenannten Schriftsatzes zählte der Beklagte einige der Tätigkeiten des Klägers, die bereits auf Blatt 20 der Akte genannte waren, auf und behauptete, dass der Kläger damit Angelegenheiten der zuvor aufgezählten Mitbestimmungstatbestände ständig erledigt habe. In diesen Bereichen sei er ständig befugt gewesen, Entscheidungen zu treffen.

20

Der Beklagte beantragt:

21

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 22.01.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

22

Der Kläger beantragt:

23

Die Berufung zurückzuweisen.

24

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

25

Er geht auch weiterhin von der Unwirksamkeit der Änderungskündigung aus.

26

Für die Kündigung gäbe es keine hinreichenden Gründe, insbesondere keine betriebsbedingten Gründe. Die Leitungstätigkeit der Altenhilfe entfalle nicht. Damit falle sein Arbeitsplatz auch nicht teilweise weg. Je näher die unternehmerische Entscheidung an den Kündigungsentschluss rücke, desto mehr müsse der Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Prozess vortragen. Hier sei zu berücksichtigen, dass gerade im Bereich Altenhilfe der Bereichsleiter wegfallen solle, obwohl hier vielfältige Aufgaben vorliegen, die nur auf Grund des Organisationstalentes des Klägers zu bewältigen waren. Der Kläger verweist hierzu auf ein Zwischenzeugnis aus dem Jahre 2009, welches dem Kläger bescheinigt, für viele Aufgaben verantwortlich zu sein und dies trotz der hohen Belastungen gut zu organisieren. Es sei unplausibel, dass die vielfältigen Aufgaben des Klägers einfach auf andere Arbeitnehmer verteilt werden sollten, die bisher ebenfalls schon in Vollzeit tätig waren. Es stelle sich die Frage, wer welche Aufgabe übernehme. Allein das Schlagwort Doppelspitze genüge in diesem Zusammenhang nicht. Im Übrigen verweist der Kläger auf den unstreitigen Umstand, dass die Doppelspitze in den Altenpflegeeinrichtungen von ihm selbst schon in den Jahren 2003 bis 2009 initiiert wurde. Dabei war die Doppelspitze schon in der Vergangenheit in Vollzeit tätig und sei nach der Behauptung des Klägers auch ausgelastet gewesen. Das Vorhandensein einer Doppelspitze sei nicht dahingehend zu verstehen, dass dieselben Aufgaben einer früheren Einzelspitze nunmehr auf zwei Personen verteilt worden seien.

27

Auch interne Regelungen beim Beklagten würden gegen das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bzw. gegen die Wirksamkeit der Kündigung sprechen. Aus § 11 der Satzung folge, dass der Verwaltungsrat bei der Aufstellung des Stellenplanes mit zu entscheiden habe, ob es in der Altenhilfe einen Bereichsleiter geben solle. Der Vorstand habe dies nicht allein entscheiden dürfen. Aus den Protokollen des Verwaltungsrates folge keine entsprechende Zustimmung zur Abschaffung des Bereichsleiters Altenhilfe und zur Kündigung des Klägers. Von einer Kündigung sei in den Protokollen nicht die Rede. Soweit der Beklagte auf eine Verwaltungsratssitzung vom 21.11.2013 verweise, sei dies unerheblich, da die Zustimmung vor der Kündigung erteilt sein müsse. Im Übrigen sei eine Zustimmung zur Kündigung nach § 14 der Satzung erforderlich. Denn die Entlassung von Bereichsleitern solle sich nach der Geschäftsordnung des Vorstandes richten, welche vom Verwaltungsrat zu erlassen sei. Wenn die Geschäftsordnung einen solchen Fall nicht regele, was hier der Fall sei, dürfe der Vorstand einen Bereichsleiter nicht alleine entlassen.

28

Im Übrigen spreche gegen das Vorliegen von betriebsbedingten Gründen in dem Umfang der ausgesprochenen Kündigung, dass dem Kläger auch neben der Änderungskündigung noch eine Weiterbeschäftigung im Rahmen des Qualitätsmanagements mit einem Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Offenkundig sei somit eine Beschäftigungsmöglichkeit von 30 Stunden noch vorhanden. Der Beklagte habe damit nicht nur eine geringstmögliche Änderungskündigung ausgesprochen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger zudem künftig in die Entgeltgruppe 11 herabgruppiert werden solle. Jede einzelne Änderung müsse durch entsprechende Gründe gerechtfertigt sein.

29

Die Änderungskündigung sei auch deshalb unwirksam, da das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt sei. Es müsse ohne weiteres deutlich sein, was künftig gelten solle. Dies sei hier nicht der Fall. Hier werde dem Kläger nur mitgeteilt, dass er zu 50 Prozent einer Vollzeitkraft als Qualitätsbeauftragter tätig werden solle, mit der Entgeltgruppe 11 Erfahrungsstufe. Seine künftige Tätigkeit sei mit dem Griff Qualitätsbeauftragter somit nur schlagwortartig umrissen worden. Auch sei dem Kläger das Vergütungssystem für die Entgeltgruppe 11 nicht benannt worden. Auch die sonstigen Bedingungen des künftigen Arbeitsverhältnisses blieben offen. Es sei für den Kläger nicht erkennbar, ob die sonstigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses wie bisher weiter gelten sollten. Eine dahingehende Vermutung reiche nicht.

30

Auch verstoße das Änderungsangebot gegen das Schriftformgebot. § 623 BGB gelte auch für das Änderungsangebot im Rahmen der Änderungskündigung. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass dem Kläger mündlich noch einmal eine Arbeit im Umfang von 30 Wochenstunden angeboten wurde. Der Kläger habe offenbar die Wahl haben sollen, mit 20 oder aber 30 Wochenstunden als Qualitätsbeauftragter tätig zu sein.

31

Weiterhin sei die Kündigung unwirksam, da die Sozialauswahl nicht hinreichend durchgeführt worden sei. Der Kläger meint, mit den anderen Bereichsleitern vergleichbar zu sein. Er forderte den Beklagten auf, die Sozialdaten dieser Bereichsleiter mitzuteilen. Es sei unerheblich, dass die jeweiligen Bereichsleiter persönlich unterschiedliche Qualifikationen haben. Insbesondere bezüglich der Leiterin Ambulante Altenhilfe verweist der Kläger darauf, dass er selbst unstreitig diesen Bereich vom 01.08.2005 bis 01.03.2010 geleitet hatte, somit seiner Ansicht nach für diese Position geeignet sei.

32

Schließlich geht der Kläger davon aus, dass die Änderungskündigung unwirksam sei, weil eine vorherige Zustimmung der Mitarbeitervertretung nötig gewesen wäre. Der Kläger zähle nicht zur Dienststellenleitung nach § 4 Abs. 2 MVG. Diese Ausnahme müsse der Beklagte darlegen. Die Bezeichnung als Leitender Mitarbeiter im Arbeitsvertrag sei unerheblich. Der Kläger verweist auch darauf, dass sich seine Tätigkeit seit der Einstellung geändert hatte. Der Kläger habe keine umfassenden Personalkompetenzen gehabt. So konnte er unstreitig konkret nicht allein über Kündigungen und Einstellungen entscheiden. Insbesondere sei der Kläger nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG entscheidungsbefugt und speziell nicht ständig entscheidungsbefugt gewesen. Aus den wenigen vom Beklagten erstinstanzlich dargestellten Beispielen aus den letzten Jahren folge nicht, dass der Kläger „ständig“ entscheidungsbefugt im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG gewesen sei. Der Beklagte hätte abstrakt und generell zu Entscheidungsbefugnissen des Klägers vortragen müssen. Auch der ergänzende Vortrag des Beklagten in der Berufungsschrift zu Entscheidungsbefugnissen bei Mitbestimmungstatbeständen sei falsch. Der Beklagte sage in seinem Schriftsatz ohnehin nur, der Kläger habe Aufgaben nach den §§ 39 ff MVG erledigt und dies auch ständig. Allein die Erledigung von Aufgaben in bestimmten Bereichen genüge jedoch für § 4 Abs. 2 Satz 2 MVG nicht. Eine entsprechende Entscheidungsbefugnis des Klägers fehle hier. Der Kläger stelle sich angesichts des Vortrages des Beklagten die Frage, gegenüber welcher der beim Beklagten vorhandenen acht Mitarbeitervertretungen der Kläger denn aufgetreten sei. Unter anderem hatte jedes Heim eine eigene Mitarbeitervertretung. Unstreitig stellte der Kläger in diesem Zusammenhang dar, dass die jeweiligen Heimleiter selbstständig Mitbestimmungstatbestände mit der jeweiligen Mitarbeitervertretung des Heimes erörtert hatten. So seien auch die vom Beklagten im Rahmen der Berufung kurz aufgezählten Angelegenheiten solche aus dem Bereich der jeweiligen Heimleitung. Die sodann pauschale Behauptung des Beklagten, der Kläger habe auch Entscheidungsbefugnis gehabt, genüge nicht. Im Übrigen bemängelt der Kläger, dass der Beklagte sich in diesem Zusammenhang nur mit Aufgaben aus dem Bereich Bereichsleiter Altenhilfe beschäftige, nichts jedoch zur Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter vortrage.

33

Abschließend geht der Kläger davon aus, dass die Berufung unzulässig sei, da der Beklagte offenbar nur die Rechtsfrage klären lassen wolle, ob die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

34

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erklärte der Beklagte, dass auch angesichts der verschiedenen Risiken hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigung eine Entscheidung durch das Gericht erforderlich sei, da unter anderem der Beklagte ein Interesse an der Fragestellung hätte, ob in Fällen wie der des Klägers die Mitarbeitervertretung zu beteiligen sei.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Verhandlungsprotokolle sowie das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil ist unbegründet.

37

Durch die angegriffene Änderungskündigung vom 17.06.2013 tritt keine Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers ein.

I.

38

Das Arbeitsgericht Rostock hatte zu Recht der Klage stattgegeben.

1.

39

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben vom 17.06.2013 tatsächlich um eine Änderungskündigung handelt. Dies ist bisher auch schon so von beiden Parteien wie auch vom Arbeitsgericht unproblematisch gesehen worden. Soweit das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Schreiben vom 26.01.2015 die Parteien darauf hingewiesen hatte, dass eventuell auch die Überlegung aufkommen könnte, dass es sich bei dem fraglichen Schreiben nicht um eine Änderungskündigung handele, insbesondere eventuell keine Kündigung enthalten sei, handelte es sich um einen vorsorglichen Hinweis gemäß § 138 ZPO, der frühzeitig vor der Kammerverhandlung des Berufungsgerichts ergehen sollte. Der Hinweis wurde erteilt, da die Formulierung des fraglichen Kündigungsschreibens bei genauer Wortlautbetrachtung gegebenenfalls etwas problematisch dahingehend sein könnte, ob überhaupt eine Kündigung vorliegt.

40

Im Rahmen der endgültigen Vorbereitung der Kammersitzung und auch Beratung der Kammer beim Berufungsgericht kam das Berufungsgericht zu dem Schluss, dass auch weiterhin vom Vorliegen einer Änderungskündigung auszugehen ist. Dies ergibt die Auslegung des fraglichen Schreibens. So lautet es schon in der Überschrift „Betriebsbedingte Änderungskündigung“. Wenngleich der Arbeitgeber dem Kläger sodann mitteilt, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2014 in gewisser Form weitergeführt werde, so hat er doch im selbigen Satz auch mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum gekündigt werde. Auch im Folgenden teilt der Arbeitgeber im Rahmen des Kündigungsschreibens mit, aus welchen Gründen seiner Ansicht nach der Arbeitsplatz des Klägers in Teilen wegfalle.

41

Im Ergebnis ergibt sich daher aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers, dass hier tatsächlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung nebst Angebot auf Fortsetzung zu geänderten arbeitsvertraglichen Bedingungen vom Arbeitgeber gewollt war. So ist es auch vom Kläger bisher verstanden worden.

42

Entsprechend hatte der Kläger nach den Erörterungen in der Verhandlung des Berufungsgerichts auch nicht mehr den zwischenzeitlich angekündigten Hilfsantrag für den Fall des Nichtvorliegens einer Kündigung gestellt.

2.

43

Die streitige Änderungskündigung ist rechtsunwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 2 KSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KSchG ist.

44

Denn die Kündigung ist nicht, wie es § 1 Abs. 2 KSchG vorgibt, durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt. Dabei ist auch im Falle der Annahme des Änderungsangebotes unter Vorbehalt die mit dem Änderungsangebot verbundene Kündigung als solche zu überprüfen.

45

Es ist im Falle behaupteter betriebsbedingter Gründe zu hinterfragen, ob eine Weiterbeschäftigung des Klägers – jedenfalls unter den bisherigen Bedingungen – nicht mehr möglich ist, weil die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit in Gänze oder in Teilen entfallen ist.

46

Dabei ist der Arbeitgeber für das Vorliegen der sogenannten betriebsbedingten Kündigungsgründe darlegungs- und beweispflichtig.

47

Nach der Rechtsprechung des BAG können sich dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Allerdings ist von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer auch tatsächlich entfallen ist.

48

Konkret für die Fälle des Abbaus einer Hierarchieebene bzw. des Abbaus eines konkreten Arbeitsplatzes, wie es auch hier einschlägig ist, führt das BAG in ständiger Rechtsprechung wie folgt aus: „Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt. Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und auf Grund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden können.“ (vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 770/09, Rz. 14, 15, zitiert nach juris).

49

Unter Berücksichtigung vorgenannter Maßstäbe, denen sich die Kammer auch weiterhin anschließt, konnten im vorliegenden Fall keine betriebsbedingten Gründe festgestellt werden. Diese ergaben sich nicht in hinreichendem Maße aus dem Vortrag des Beklagten.

50

Der Beklagte behauptete, die Entscheidung getroffen zu haben, allein die Teilposition des Klägers als Bereichsleiter Altenhilfe abzuschaffen, indem diese Hierarchieebene gestrichen werden solle. Die darunter liegenden Einrichtungsleiter der jeweiligen Altenheime sollten nach dem Vortrag des Beklagten direkt an den Vorstand angegliedert werden.

51

Bei dieser vom Arbeitgeber behaupteten unternehmerischen Entscheidung ist genau diese im Kern deckungsgleich mit dem nachfolgenden Kündigungsentschluss gegenüber dem Kläger. Denn der Beklagte hatte nach seinem Vortrag entschieden, den Kläger im Teilbereich Bereichsleiter Altenhilfe nicht mehr einsetzen zu können.

52

Diese vom Arbeitgeber vorgetragene unternehmerische Entscheidung führte nun dazu, dass der Arbeitgeber entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BAG konkret hätte vortragen müssen, welche verschiedenen Arbeitsaufgaben der Kläger mit welchen Zeitanteilen bisher ausgeübt hat. Sodann hätte der beklagte Arbeitgeber vortragen müssen, inwieweit welche dieser Arbeitsaufgaben künftig vollständig entfallen sollen oder aber weiterhin auszuführende Aufgaben in welchem Umfang auf welche anderen Personen verteilt werden sollen. Der Arbeitgeber hätte weiter darstellen müssen, dass die Arbeitnehmer, die künftig Arbeitsaufgaben des Klägers mit übernehmen sollen, durch diese Arbeitsaufgaben, deren Zeitanteil zuvor vorgetragen worden war, nicht überobligationsmäßig belastet werden, weil diese Arbeitnehmer noch hinreichende Freiräume hinsichtlich der mit ihnen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit haben.

53

Ein solcher Vortrag ist seitens des Beklagten nicht im Ansatz erfolgt. Der Beklagte behauptete pauschal, dass Arbeitsaufgaben des Klägers entweder vom Vorstand oder aber von den Heimleitern selbst wahrgenommen werden sollten, wobei angeblich einige frühere Aufgaben des Klägers schon bisher von den Heimleitern wahrgenommen wurden. Es gibt jedoch keinerlei konkreten Vortrag dahingehend, welche konkreten Aufgaben mit welchen konkreten Zeitanteilen auf welche Personen übertragen werden und welche konkreten zeitlichen Freiräume diese Personen bisher hatten. Insbesondere war zwischen den Parteien auch streitig, dass die Heimleiter überhaupt entsprechende zeitliche Freiräume hatten. Auch hier beließ es der Beklagte bei der pauschalen Behauptung, er habe Freiräume ausgemacht. Dies ist völlig unzureichend.

54

Eines weiteren Hinweises des Gerichtes bezüglich des nicht ausreichenden arbeitgeberseitigen Vortrages bedurfte es nicht. Denn schon der Kläger hatte den Beklagten schriftsätzlich auf die – im Übrigen ständige - Rechtsprechung des BAG und die daraus folgende Darlegungslast hingewiesen.

55

Kann das Gericht somit keine betriebsbedingten Gründe mangels hinreichenden Vortrages des Arbeitgebers feststellen, so ist die ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam.

56

Aus vorgenannten Gründen bedurfte es auch nicht einer Entscheidung dahingehend, ob die Kündigung auch wegen nicht erfolgter Beteiligung der Mitarbeitervertretung rechtsunwirksam ist. Diese Fragestellung kann somit dahinstehen.

57

Das Arbeitsgericht Rostock hat dem Klageantrag zu 1 mithin zu Recht stattgegeben.

3.

58

Aus dem Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1 folgt auch der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Vertragsbedingungen über den 01.01.2014 hinaus.

II.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

60

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Die Entscheidung erfolgte unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Januar 2009 - 14 Sa 1173/08 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten ordentlichen Kündigung. Dabei steht im Vordergrund die Frage, ob die Sozialauswahl grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 KSchG ist.

2

Der Kläger ist 1961 geboren und hat Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei Personen. Er trat 1996 als Industriemechaniker in die Dienste der Beklagten. Er ist behindert mit einem Grad von 30 und einem Schwerbehinderten gleichgestellt.

3

Die Beklagte ist ein tarifgebundenes Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, das automatische Türsysteme für Straßen- und Schienenfahrzeuge produziert. Sie beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung ca. 570 Arbeitnehmer.

4

Mit Datum vom 15. Oktober 2007 schloss sie mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Im Interessenausgleich ist ein Abbau von 65 Stellen vorgesehen. Für die Sozialauswahl wurden alle gewerblichen Arbeitnehmer als vergleichbar angesehen. Die nach dem Gesetz zu berücksichtigenden sozialen Gesichtspunkte wurden nach einer Punktetabelle bewertet. Zur Sicherung der Altersstruktur erfolgte die Sozialauswahl in vier Altersgruppen, deren erste bis zum 29. Lebensjahr reichte, während die folgenden Gruppen Arbeitnehmer bis zum 39., 49. und ab dem 50. Lebensjahr erfassten.

5

Gemeinsam mit dem Betriebsrat wurden außerdem Arbeitnehmer bestimmt, die nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG als „Leistungsträger“ aus der Sozialauswahl herauszunehmen waren. Die etwa zehn Tage nach dem Interessenausgleich unterschriebene Namensliste, die nach ihrem Wortlaut „Bestandteil des Interessenausgleichs“ war, verzeichnete auch den Namen des Klägers.

6

Nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 29. November 2007 zum 31. März 2008.

7

Der Kläger hat die Kündigung für sozialwidrig gehalten. Sie sei nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt. Die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG greife im Streitfall nicht, da die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt worden sei. Außerdem sei nicht der Betriebsrat, sondern der Gesamtbetriebsrat zuständig gewesen. Die Unterzeichnung von Interessenausgleich und Namensliste von Seiten des Betriebsrats sei nicht durch entsprechende Beschlüsse gedeckt. Darüber hinaus werde die Vermutung der Betriebsbedingtheit dadurch widerlegt, dass die Beklagte noch in der Kündigungsfrist eine erhebliche Anzahl von Leiharbeitnehmern eingestellt habe. Jedenfalls sei die Sozialauswahl grob fehlerhaft, weil die Beklagte alle gewerblichen Arbeitnehmer als vergleichbar angesehen habe. Schließlich habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, warum sie einzelne Mitarbeiter als Leistungsträger aus der Sozialauswahl herausgenommen habe.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29. November 2007 zum Ablauf des 31. März 2008 aufgelöst worden ist;

        

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Klageantrag Ziffer 1. zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Industriemechaniker weiterzubeschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Namensliste werde den gesetzlichen Vorgaben einschließlich der Formvorschriften gerecht. Sie sei auf der Grundlage und im Rahmen wirksamer Beschlüsse unterzeichnet worden. Die Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft. Die gewerblichen Arbeitnehmer seien sehr wohl vergleichbar. Die nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG im betrieblichen Interesse aus der Sozialauswahl herausgenommenen Arbeitnehmer habe sie anhand einer Qualifikationsmatrix ermittelt.

10

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Die Würdigungen des Landesarbeitsgerichts zu den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind zwar frei von Rechtsfehlern(I.). Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt jedoch nicht die Schlussfolgerung, die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG(II.). Ob die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt ist (III.1), ob die soziale Auswahl beanstandet werden muss (III.2) und ob die Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam ist (III.3), kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht entschieden werden. Der Rechtsstreit war deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG sind nicht zu beanstanden.

13

1. Die Kündigung vom 29. November 2007 beruht auf einer Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG(§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG). Der Kläger ist als zu kündigender Arbeitnehmer in der Namensliste zum Interessenausgleich aufgeführt.

14

2. Soweit der Kläger geltend macht, das dem Interessenausgleich zugrunde liegende Punktesystem sei altersdiskriminierend, würde dies, selbst wenn es zuträfe, nicht die gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG beseitigen. Ein möglicher Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung kann allenfalls zur groben Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl führen. Er hat nicht die „Unwirksamkeit“ der Namensliste und des Interessenausgleichs insgesamt und damit den Wegfall der gesetzlichen Vermutung der Betriebsbedingtheit der Kündigung zur Folge (Senat 12. März 2009 - 2 AZR 418/07 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 97 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 17; 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 21, BAGE 128, 238). Wenn die in dem Interessenausgleich benannten Arbeitnehmer nach anderen Kriterien auszuwählen sind als von den Betriebsparteien vorgesehen, ändert das nichts daran, dass diese ein geringeres Arbeitsvolumen erkannt und für die in dem Interessenausgleich vorgesehene Anzahl von Entlassungen einen betriebsbedingten Grund angenommen haben (vgl. zuletzt Senat 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20).

15

3. Zutreffend ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Interessenausgleich sei nicht deshalb formunwirksam, weil die Namensliste erst einige Tage nach Unterzeichnung des Interessenausgleichs unterschrieben wurde.

16

a) Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben. Auf das gesetzliche Schriftformerfordernis sind die §§ 125, 126 BGB anwendbar. Das Schriftformerfordernis ist nicht deshalb verletzt, weil die Namensliste nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage enthalten ist. § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG aF spricht zwar davon, die namentliche Bezeichnung müsse „in dem Interessenausgleich“ erfolgen. Dieses Erfordernis ist aber erfüllt, wenn Interessenausgleich und Namensliste eine einheitliche Urkunde bilden (Senat 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 -; 21. Februar 2002 - 2 AZR 581/00 - EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 10; 7. Mai 1998 - 2 AZR 55/98 - BAGE 88, 375). Eine einheitliche Urkunde liegt unzweifelhaft vor, wenn sowohl Interessenausgleich als auch Namensliste unterschrieben und von Anfang an körperlich miteinander verbunden sind. Eine einheitliche Urkunde kann aber selbst dann vorliegen, wenn die Namensliste getrennt vom Interessenausgleich erstellt worden ist. Voraussetzung ist, dass im Interessenausgleich auf die zu erstellende Namensliste verwiesen wird, die erstellte Namensliste - ebenso wie zuvor der Interessenausgleich - von den Betriebsparteien unterschrieben worden ist und die Liste ihrerseits eindeutig auf den Interessenausgleich Bezug nimmt (Senat 12. Mai 2010 - 2 AZR 551/08 -).

17

b) Der Interessenausgleich ist am 15. Oktober 2007 und die Namensliste am 26. Oktober 2007 - und damit jedenfalls zeitnah - unterzeichnet worden. Ferner ist im Interessenausgleich auf die Namensliste und in dieser auf jenen Bezug genommen. Damit ist das gesetzliche Schriftformerfordernis gewahrt.

18

II. Zu Recht macht die Revision geltend, dass die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zur Sozialauswahl nicht mit dem Gesetz übereinstimmen. Das Landesarbeitsgericht hat die grobe Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl allein damit begründet, deren „Durchführung“ sei grob fehlerhaft. Es hat sich mit dem vom Kläger gerügten und von der Beklagten verteidigten Auswahlergebnis nicht befasst. Damit entspricht seine Würdigung nicht den Forderungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG.

19

1. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats führt das Landesarbeitsgericht zunächst aus, dass der Prüfungsmaßstab der groben Fehlerhaftigkeit nicht nur für die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung selbst gilt, sondern auch für die Bildung der auswahlrelevanten Gruppen (21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 22). Richtig ist auch der vom Landesarbeitsgericht angelegte Maßstab: Eine soziale Auswahl ist nur dann grob fehlerhaft, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich jede Ausgewogenheit vermissen lässt (Senat 21. September 2006 - 2 AZR 284/06 - Rn. 23 mwN). Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass die vom Arbeitgeber - zusammen mit dem Betriebsrat - getroffene Auswahl nur dann grob fehlerhaft iSd. § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG ist, wenn sich ihr Ergebnis als grob fehlerhaft erweist. Dagegen ist regelmäßig nicht maßgebend, ob das gewählte Auswahlverfahren beanstandungsfrei ist. Ein mangelhaftes Auswahlverfahren kann zu einem richtigen - nicht grob fehlerhaften - Auswahlergebnis führen (Senat 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - BAGE 120, 18; 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - BAGE 120, 137; 17. Januar 2008 - 2 AZR 405/06 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 96). Dem entspricht es, dass der gekündigte Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage, jedenfalls wenn er ausreichend unterrichtet worden ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG), die soziale Auswahl konkret rügen, dh. geltend machen muss, ein bestimmter mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sei weniger sozial schutzwürdig, so dass diesem habe gekündigt werden müssen. Die Würdigung des Gerichts, die soziale Auswahl sei nicht ausreichend bzw. grob fehlerhaft, setzt deshalb die Feststellung voraus, dass der vom Arbeitnehmer konkret gerügte Auswahlfehler tatsächlich vorliegt, also ein bestimmter mit dem Gekündigten vergleichbarer Arbeitnehmer in dem nach dem Gesetz erforderlichen Maß weniger schutzbedürftig ist.

20

2. Gemessen an diesen Vorgaben tragen die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts nicht die von ihm gezogene rechtliche Schlussfolgerung. Der Kläger hat die Sozialauswahl konkret gerügt, indem er mehrere nicht gekündigte Arbeitnehmer namentlich benannt hat. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, weshalb ihrer Auffassung nach die Sozialauswahl mit dem konkreten Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dem dazu gehaltenen wechselseitigen Vortrag nicht näher befasst, sondern allgemein die Einbeziehung sämtlicher gewerblicher Arbeitnehmer in die Sozialauswahl bemängelt und allein daraus die grobe Fehlerhaftigkeit der Auswahl abgeleitet. Aus seinem Urteil ist nicht ersichtlich, wie sich die möglicherweise von fehlerhaften Überlegungen geleitete Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises auf das konkrete Ergebnis der Auswahl ausgewirkt hat und im Vergleich zu welchem oder welchen der vom Kläger benannten - und mit ihm vergleichbaren - Arbeitnehmern die Auswahl grob fehlerhaft sein soll. Gleiches gilt für die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Auch hier trifft es keine Feststellungen zum Auswahlergebnis, sondern bemerkt lediglich, das Vorgehen der Beklagten bei der Darlegung des Personenkreises sei widersprüchlich.

21

III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Sache ist mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht zur Entscheidung reif und muss deshalb an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§§ 561, 563 ZPO).

22

1. Ob dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingen oder ob sie nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu vermuten sind, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend beurteilt werden.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG lediglich ausgeführt, sie seien weder wegen Verstoßes gegen §§ 1, 10 AGG noch wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Schriftformerfordernis zu verneinen. Eine positive Feststellung, dass diese Voraussetzungen vollständig vorlägen, findet sich in den Entscheidungsgründen nicht. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

24

aa) Dabei dürfte allerdings entgegen der Auffassung des Klägers von der Zuständigkeit des Betriebsrats für den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan auszugehen sein. Aus dem allgemeinen Hinweis des Klägers, es seien auch andere Betriebe betroffen, ergibt sich keine zwingende Notwendigkeit für eine betriebsübergreifende Regelung. Nur bei einer solchen zwingenden Notwendigkeit kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für einen Interessenausgleich bestehen (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zu II 1 a, b der Gründe mwN, BAGE 100, 60).

25

bb) Was die Ausführungen des Klägers zur angeblich fehlenden Bevollmächtigung des Betriebsratsvorsitzenden (zur Unterzeichnung des Interessenausgleichs) und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden (zur Unterzeichnung der Namensliste) betrifft, so wird das Landesarbeitsgericht ggf. auch deren Berechtigung nachzugehen haben.

26

cc) Nicht auseinandergesetzt hat sich das Landesarbeitsgericht mit dem Vortrag des Klägers, der die etwa bestehende gesetzliche Vermutung der Betriebsbedingtheit widerlegen soll. Der Kläger hat dazu behauptet, es habe freie Arbeitsplätze gegeben und die Beklagte habe bis zu 23 Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte hat ua. ausgeführt, die Leiharbeitnehmer seien wegen erhöhten Krankenstandes während der laufenden Kündigungsfristen eingesetzt worden. Auch dies wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls näher aufzuklären haben.

27

2. Ob die Kündigung nach § 1 Abs. 3, Abs. 5 KSchG unwirksam ist, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen.

28

a) Der Kläger hat, nachdem die Beklagte Auskunft erteilt hatte, die Sozialauswahl hinsichtlich mehrerer nicht gekündigter Arbeitnehmer beanstandet. Von diesen Arbeitnehmern weisen allerdings sechs entweder genauso viele oder nur bis zu 2 Punkte weniger als der Kläger auf: S (69), F (70), Se (70),(70), G (71) und P (71). Da nach der Rechtsprechung des Senats derart marginale Punktunterschiede jedenfalls für sich genommen nicht zur groben Fehlerhaftigkeit führen, kann sich diese nur im Vergleich des Klägers zu den übrigen von ihm genannten Arbeitnehmern ergeben, nämlich T (50), Th (43), Pe (52), Sa (57), Gr (60), W (62), Si (62) und Em (41). Zu diesen hat die Beklagte vorgetragen, die Herren T und Em gehörten einer anderen Altersgruppe an. Die übrigen Arbeitnehmer seien für den Betrieb notwendig, was sich bei Anwendung der von ihr verwendeten Qualifikationsmatrix ergebe und durch Vernehmung der Zeugen H und Gü bewiesen werden könne. Der Kläger ist diesem Vorbringen der Beklagten entgegengetreten, hat allerdings vorgetragen, er könne einige dieser Tätigkeiten ohnehin nicht ausüben. Auch dem wird das Landesarbeitsgericht gegebenenfalls nachzugehen haben.

29

b) Sollte es darauf ankommen, ob einzelne Arbeitnehmer zu Recht aus der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG herausgenommen worden sind, wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass auch insoweit der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit anzuwenden ist(noch offen gelassen Senat 12. April 2002 - 2 AZR 706/00 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 56 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 48 zu der von 1996 bis 1998 in Kraft gewesenen Fassung des KSchG). Dies entspricht der eindeutigen Absicht des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/1204 S. 12). Schon in der Entscheidung vom 12. April 2002 (aaO) hat der Senat ausgesprochen, dass bei der Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl eine Abwägung mit den sozialen Belangen des zu kündigenden Arbeitnehmers stattzufinden hat. Dies zeigt, dass die Frage der Herausnahme einzelner Arbeitnehmer nicht abstrakt, sondern stets im konkreten Vergleich zu beurteilen ist. Das wiederum bedeutet, dass die Herausnahme eine Frage der „sozialen Auswahl“ ist, auf die sich nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG der Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit beziehen soll. Außerdem kann die Frage, ob berechtigte betriebliche Interessen gegeben sind, sinnvoll nur dann beantwortet werden, wenn feststeht, welche Arbeitnehmer bei „normaler“ Durchführung der Sozialauswahl im Betrieb verbleiben würden. Dem entspricht es, zunächst alle vergleichbaren Arbeitnehmer einzubeziehen und anschließend zu untersuchen, ob dieses Ergebnis geändert werden muss (wie hier ErfK/Oetker 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 366; KR/Griebeling 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 627, 703o mwN; APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 801; KDZ/Kittner/Deinert KSchR 7. Aufl. Rn. 496u).

30

c) Ob die soziale Auswahl - wiederum abgesehen davon, dass konkrete Feststellungen zu einem Vergleich mit bestimmten Arbeitnehmern bisher nicht getroffen sind - deshalb grob fehlerhaft ist, weil nach dem Interessenausgleich sämtliche gewerblichen Arbeitnehmer als miteinander vergleichbar angesehen worden sind, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, Vergleichbarkeit liege allein deshalb nicht vor, weil die Beklagte insoweit nicht ausreichend widerspruchsfrei vorgetragen habe, steht, wie oben ausgeführt, nicht im Einklang mit dem Gesetz. Die Beklagte ist ihrer Auskunftspflicht nachgekommen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG). Der Kläger hat die Sozialauswahl konkret gerügt. Diesen Rügen wird das Landesarbeitsgericht nachgehen müssen. Abgesehen davon besteht auch der vom Landesarbeitsgericht angenommene Widerspruch nicht. Die Beklagte hatte vorgetragen, alle gewerblichen Arbeitnehmer seien vergleichbar, einige von ihnen seien aber in der Lage, andere Arbeitnehmer anzuleiten; deshalb seien sie nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG aus der Auswahl genommen worden. Darin liegt bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten kein Widerspruch. Vielmehr setzt die Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der sozialen Auswahl immer voraus, dass sie zwar vergleichbar sind, aus Sicht des Arbeitgebers aber durch besondere Merkmale hervorstechen. Diese besonderen Merkmale können auch bei hier möglicherweise gegebenen „flachen Hierarchien“ in besonders ausgeprägtem Verantwortungsbewusstsein bestehen.

31

d) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit (vgl. 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen („qualifikationsmäßige Austauschbarkeit“ Senat 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - BAGE 115, 92; 23. November 2004 - 2 AZR 38/04 - BAGE 112, 361). Dabei kann im öffentlichen Dienst - ausnahmsweise auch in der Privatwirtschaft (Senat 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138) - der tariflichen Eingruppierung Bedeutung zukommen (2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann („arbeitsvertragliche Austauschbarkeit“ Senat 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - aaO).

32

e) Ob nach diesen Maßstäben die Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises fehlerhaft war, ist anhand des bisher festgestellten Sachverhalts nicht zu beurteilen. Das Landesarbeitsgericht hat zu den Tätigkeitsgebieten, die den Arbeitnehmern vertraglich - uU auch tarifvertraglich - übertragen waren, keine Feststellungen getroffen. Das wird ggf. nachzuholen sein.

33

3. Ob die Kündigung, wie der Kläger geltend gemacht hat, nach § 102 BetrVG unwirksam ist, kann noch nicht beurteilt werden. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs mit Namensliste iSd. § 1 Abs. 5 KSchG ist der Arbeitgeber nicht von der Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung entbunden. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen (Senat 5. November 2009 - 2 AZR 676/08 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 183 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 20; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 163/07 - AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16). Danach ist nicht auszuschließen, dass eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden hat. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass ein Anhörungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist. Der in der Namensliste enthaltene Satz „Die nachfolgende Liste ersetzt die individuell durchzuführenden Anhörungen des Betriebsrates zu den Entlassungen“ ist mehrdeutig. Er kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass gerade keine Anhörung stattgefunden hat, mag aber auch - im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beklagten - dahingehend als Klarstellung verstanden werden, dass der Betriebsrat in der Tat angehört worden ist. Sollte es darauf ankommen, müsste den Parteien insoweit Gelegenheit zum Vortrag gegeben werden.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Bartz    

        

        

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Februar 2012 - 13 Sa 2089/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte führt bundesweit in mehreren Niederlassungen „Transportdienstleistungen“ durch. Sie beschäftigt weitaus mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger ist bei ihr am Standort Schwedt/Oder als Kraftfahrer für Gefahrgut tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Formulararbeitsvertrag vom 21. Dezember 1998 zugrunde, in dem es ua. heißt:

„…

1. Vertragsgrundlagen

sind die jeweils zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Organisationen gültigen Lohn- und Manteltarifverträge. …

6. Tätigkeit

[Der Kläger] wird als Kraftfahrer für alle Verkehre [der Beklagten] eingestellt, das schließt auch eine flexible Arbeitszeit ein. …

7. Arbeitsentgeld

a) für eine monatliche Arbeitszeit bis zu 260 Stunden, exklusive gesetzlicher Pause

b) der monatliche Brutto-Lohn beträgt DM 3.600,00

c) Einsatzstunden (ab 261) werden mit gesetzlichen und/oder tariflichen Zuschlägen vergütet

d) Sonderzeiten (z. B. Sonn- oder Feiertage von 0 bis 22 Uhr) werden gesondert bezahlt mit den gesetzlichen und/oder tariflichen Aufschlägen.

…“

3

Im April 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe dessen Bruttomonatslohn rückwirkend zum 1. April auf „DM 4.000,00 = 2.045,17 Euro“ „festgesetzt“.

4

Im Jahr 2009 wechselte die Geschäftsführung der Beklagten. Die neue Geschäftsleitung gelangte nach Überprüfung der Arbeitsverträge zu dem Ergebnis, die bestehenden Regelungen verstießen gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Sie beschloss, das bestehende „Arbeitsvertragssystem“ zu ändern. Dazu bot sie dem Kläger zunächst einen neuen Arbeitsvertrag an, der ein geringeres Festentgelt vorsah. Der Kläger nahm das Angebot nicht an. Ab August 2010 leistete die Beklagte gleichwohl nur noch das verminderte Entgelt. Der Kläger erhob - erfolgreich - Klage auf Zahlung der Differenzvergütung.

5

Mit Schreiben vom 8. April 2011 unterrichtete die Beklagte den zuständigen Betriebsrat über ihre Absicht, gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung zu erklären. Mit Schreiben vom 19. April 2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Juli 2011 verbunden mit dem Angebot, es bei Vereinbarung eines Bruttostundenentgelts von 7,87 Euro und einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 40 Stunden (173 Stunden im Monat) fortzusetzen. Darüber hinausgehende „Arbeits- und Bereitschaftszeitstunden“ sollten mit „dem tariflich bestimmten“ Zuschlag von 25 vH vergütet werden. Für den Fall, dass sich das Angebot mit Blick auf den Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit als sozial ungerechtfertigt erweisen sollte, bot sie dem Kläger - sofern er dies wünsche - die Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit monatlich 208 „garantierten Einsatzstunden“ an; darüber hinaus geleistete „Bereitschaftsstunden“ sollten zuschlagspflichtig sein.

6

Der Kläger nahm „das Angebot“ unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG an und hat - fristgerecht - die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, für das Bestreben der Beklagten, sich von ihrer Pflicht zur Leistung von 2.045,17 Euro für monatlich „bis zu 260 Stunden“ zu lösen, gebe es kein dringendes betriebliches Erfordernis. Auch habe die Beklagte keine ordnungsgemäße soziale Auswahl getroffen. Sie habe nicht gegenüber allen Arbeitnehmern, die mit der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen nicht einverstanden gewesen seien, eine Änderungskündigung ausgesprochen. Das Änderungsangebot sei überdies zu unbestimmt. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei das konkrete Änderungsangebot nicht mitgeteilt worden.

7

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass die Änderung seiner Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 19. April 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, es sei ihr wirtschaftlich nicht möglich, die mit dem Kläger vereinbarte Vergütung unabhängig davon zu zahlen, ob die Überstunden, die mit diesem Betrag abgegolten würden, anfielen oder nicht. Sie wolle deshalb von der vereinbarten Pauschalabgeltung auf eine genaue Abrechnung der Überstunden „umstellen“. Monatlich 173 Stunden seien die höchste Arbeitszeit, die sie einseitig festlegen könne. Hilfsweise habe sie dem Kläger das rechtlich höchstzulässige Arbeitszeitvolumen angeboten. Der vorgesehene Stundenlohn ergebe sich aus der bisherigen monatlichen Höchstarbeitszeit und dem für sie gezahlten Monatslohn. Mit der beabsichtigten Änderung sei deshalb nicht eine Entgeltabsenkung, sondern lediglich die Anpassung der Arbeitszeit an die rechtlichen Vorgaben verbunden.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Änderungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Die dem Kläger mit der Kündigung vom 19. April 2011 angetragene Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Darauf, ob die angestrebte Änderung auch aus anderen Gründen unwirksam ist, kommt es nicht an.

11

I. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nach § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG liegen vor. Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass in dem Betrieb, dem der Kläger im Kündigungszeitpunkt angehörte, regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt waren. Die Beklagte stellt dies nicht in Abrede.

12

II. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot ist nicht „überflüssig“ (vgl. dazu BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 18 ff.; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 12, BAGE 140, 328). Nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger das vereinbarte monatliche Bruttogehalt auch dann zu zahlen, wenn sie ihn weniger als 260 Stunden im Monat beschäftigt hatte. Hiervon konnte sie nicht einseitig abweichen.

13

1. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem zwischen den Parteien geführten Vorprozess darauf erkannt, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, einseitig in die vereinbarte Entgeltstruktur einzugreifen. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung scheide aus. Der Arbeitsvertrag enthalte keine unvorhergesehene Regelungslücke. Die Regelungen unter Ziff. 7 seien nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Diese Vereinbarungen, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB)handele, seien weder intransparent noch aus anderen Gründen rechtswidrig. Sie könnten nicht dahin verstanden werden, dass dem Kläger das monatliche Bruttoentgelt nur zustehe, wenn er tatsächlich eine Arbeitsleistung von 260 Stunden im Monat erbringe (BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 127/12 - Rn. 9 ff.).

14

2. Diesen Wertungen schließt sich der Senat an. Besonderheiten, die sich daraus ergeben könnten, dass sich die Entscheidung des Fünften Senats auf den Zeitraum von August 2010 bis November 2010 bezieht, während die Beklagte im Streitfall Änderungen für die Zeit nach dem 31. Juli 2011 anstrebt, sind nicht ersichtlich. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Beklagte die Änderungen nunmehr mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine Abrede zur Pauschalvergütung von Überstunden begründet. Das Kündigungsrecht ist gegenüber § 313 BGB lex specialis(BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 26; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32).

15

III. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß §§ 2, 1 KSchG liegen nicht vor.

16

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist sozial nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen. Dabei ist die soziale Rechtfertigung einer Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen zu überprüfen. Das Änderungsangebot des Arbeitgebers ist daran zu messen, ob es durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss(BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 44/11 - Rn. 34; 29. September 2011 - 2 AZR 451/10 - Rn. 17). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder - wie im Streitfall - unter Vorbehalt angenommen hat (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 44/11 - aaO; 26. November 2009 - 2 AZR 658/08 - Rn. 16).

17

2. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 15; 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 2 b der Gründe).

18

3. Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss konkret gefasst, dh. eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - Rn. 29; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 15, BAGE 132, 78). Für den Arbeitnehmer muss ohne Weiteres klar sein, welche Vertragsbedingungen zukünftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Der Arbeitnehmer muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 523/10 - aaO; 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - aaO, mwN).

19

4. Es ist zumindest fraglich, ob die Beklagte ein in diesem Sinne bestimmtes und damit annahmefähiges Änderungsangebot unterbreitet hat.

20

a) Das dem Kläger mit der Kündigung angetragene Änderungsangebot enthält zwei Alternativen, die erkennbar in einem Haupt- und Hilfsverhältnis zueinander stehen. Die Beklagte will das Arbeitsverhältnis primär auf der Basis einer „garantierten“ Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden/173 Monatsstunden bei einem Bruttostundenlohn von 7,87 Euro fortsetzen. „Vorsorglich“ für den Fall, dass sich die Änderung des Umfangs der Arbeitszeit als sozial ungerechtfertigt erweist, und falls der Kläger „dies wünscht“, will sie ihn regelmäßig 208 Stunden monatlich einsetzen. In beiden Varianten sollen für zusätzliche Arbeits-/Bereitschaftsstunden Zuschläge gezahlt werden.

21

b) Der Inhalt der beiden Alternativen ist - je für sich betrachtet - hinreichend klar. Der Kläger konnte das Angebot nur so verstehen, dass die angestrebten Änderungen nicht vor dem 1. August 2011 wirksam werden sollten und dass die Beklagte ihm auch bei einem Einsatz im Umfang von 208 Stunden die im ersten Angebotsteil ausgewiesene Stundenvergütung zahlen wollte - zzgl. etwaiger Vergütung für tatsächlich geleistete Mehrarbeit. Problematisch erscheint dagegen die Bedingtheit des Alternativangebots. Dies vorrangig deshalb, weil unklar bleibt, ob ein möglicher Vorbehalt auch dieses sollte erfassen können oder ob - weil das Angebot an einen entsprechenden „Wunsch“ des Klägers gebunden war - insoweit nur eine vorbehaltslose Annahme möglich sein sollte. Ebenso wenig ist klar, ob der Kläger auf die gestaffelten Alternativen differenziert hätte reagieren können - etwa mit einer vorbehaltslosen Ablehnung des „Hauptangebots“ und einer Annahme des nachrangigen Angebots unter einem Vorbehalt des § 2 KSchG. Diese Unklarheiten zu vermeiden ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers.

22

5. Wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass ein annahmefähiges Änderungsangebot vorliegt, so sind die Änderungen der Vertragsbedingungen doch nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Sie sind aus diesem Grund unwirksam. Das gilt für beide angebotenen Alternativen.

23

a) Die Änderung der Vertragsbedingungen war nicht deshalb geboten, weil der Kläger aufgrund der Vereinbarungen in Ziff. 7 des Arbeitsvertrags verpflichtet gewesen wäre, regelmäßig eine Arbeitszeit von 260 Stunden monatlich zu leisten und diese Abrede wegen Verstoßes gegen § 3 ArbZG nichtig wäre. Ziff. 7 des Arbeitsvertrags betrifft allein die Vergütung, ohne zugleich mehr als den Höchstumfang der dafür geschuldeten Arbeitszeit zu regeln. Die Beklagte schuldet das monatliche Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 2.045,17 Euro bis zur Grenze von 260 Stunden gerade unabhängig von der abgerufenen und tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (so auch BAG 17. Oktober 2012 - 5 AZR 127/12 - Rn. 15 ff.).

24

b) Es kann dahinstehen, welche regelmäßige Arbeitszeit des Klägers die Parteien vereinbart haben. Die Beklagte hat weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass sie Abreden getroffen haben, die den Kläger zu Arbeitsleistungen über das gesetzlich zulässige Maß hinaus verpflichtet oder die in Widerspruch zu Regelungen eines auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrags gestanden hätten.

25

c) Die Beklagte kann sich für die angestrebten Änderungen der Vertragsbedingungen nicht auf die Rechtsprechung des Senats zu Änderungskündigungen mit dem Ziel der Anpassung vertraglicher Nebenabreden an veränderte Umstände berufen. Die dafür notwendigen Voraussetzungen liegen nicht vor.

26

aa) Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis iSd. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG kommt in Betracht, wenn die Parteien Nebenleistungen vereinbart haben, deren Gewährung an Umstände anknüpft, die nicht notwendig während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses vorliegen. So kann ein Mietzuschuss, der ursprünglich die Preisdifferenz zwischen einer billigen Werkwohnung und einer Wohnung auf dem freien Markt ausgleichen sollte, wegen veränderter Umstände sachlich ungerechtfertigt werden (vgl. BAG 28. April 1982 - 7 AZR 1139/79 - BAGE 38, 348). Das gleiche kann für die Zusage einer kostenlosen Beförderung zum Betriebshof gelten (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 74/02 - BAGE 105, 371). Ein Arbeitgeber, der sich in solchen Fällen auf eine wesentliche Änderung der maßgebenden äußeren Verhältnisse beruft, stützt sich auf Umstände, die außerhalb von §§ 1, 2 KSchG als möglicher Wegfall oder als mögliche Störung der Geschäftsgrundlage geprüft werden. Derartige Umstände können das Beharren auf der vereinbarten Leistung als unbillig und unberechtigt erscheinen lassen und geeignet sein, eine Änderung sozial zu rechtfertigen (BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 31 ff.; 27. März 2003 - 2 AZR 74/02 - zu II 2 c der Gründe, aaO).

27

bb) Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung gerechtfertigt sein kann, wenn sich der Arbeitgeber von einer Abrede über die pauschalierte Abgeltung von Überstunden lösen will (vgl. dazu BAG 23. November 2000 - 2 AZR 547/99 - zu II 1 a der Gründe), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

28

(1) Die Änderungskündigung vom 19. April 2011 zielt nicht auf die Änderung einer vertraglichen Nebenabrede zur pauschalen Abgeltung von Überstunden. Die Regelung in Ziff. 7 c) des Arbeitsvertrags unterscheidet nicht zwischen einem Grundgehalt und einer Pauschale für etwa zusätzlich anfallende „Überstunden“. Die Beklagte strebt vielmehr eine Änderung des regulären Gehalts des Klägers an, das sie unabhängig von der Erbringung einer (Mindest-)Arbeitszeit vertraglich schuldet. Sie will die getroffenen Vereinbarungen zugunsten einer von der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit abhängigen Vergütung umgestalten. Bei einer derartigen Sachlage kann keine Rede davon sein, dass die angestrebten Änderungen nur einen Randbereich der vertraglichen Vereinbarungen beträfen.

29

(2) Abgesehen davon hat die Beklagte nicht dargelegt, inwiefern sich Umstände, die für den Abschluss der Vergütungsabrede bestimmend gewesen sein mögen, im Nachhinein wesentlich geändert hätten. Ihr Vorbringen, „Überstunden“ fielen in dem bei Begründung des Arbeitsverhältnisses beiderseits vorausgesetzten Umfang nicht (mehr) an, ist unsubstantiiert. Es lässt nicht erkennen, bei welcher Gelegenheit die Parteien auf der Grundlage welcher regelmäßigen Arbeitszeit welche Anzahl durchschnittlich anfallender Überstunden ins Auge gefasst hätten. Die Regelung in Ziff. 7 a) des Arbeitsvertrags gibt dafür nichts her. Ihr kann lediglich entnommen werden, dass das dem Kläger zugesagte monatliche Bruttogehalt einen Einsatz von „bis zu 260“ Stunden abdecken sollte, nicht aber, von welchen regelmäßig zu erwartenden Einsatzzeiten die Parteien ausgegangen sind.

30

d) Ein dringendes betriebliches Änderungserfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG liegt auch nicht mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten vor.

31

aa) Der Eingriff in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ist allenfalls gerechtfertigt, wenn bei dessen Beibehaltung betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen müssten. Regelmäßig bedarf es zur Rechtfertigung eines solchen Eingriffs eines umfassenden Sanierungsplans, der alle im Vergleich mit der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ebenfalls ausschöpft (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 - Rn. 25, BAGE 132, 78; 1. Juli 1999 - 2 AZR 826/98 - zu II 1 c der Gründe). Vom Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang zu verlangen, dass er die Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten und die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und darlegt, warum andere Maßnahmen nicht ausreichen oder nicht in Betracht kommen (BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 139/07 - Rn. 20).

32

bb) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die in diesem Zusammenhang relevanten Tatsachen nicht vorgetragen. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch objektiv nicht erkennbar. Die Rüge der Beklagten, das Gericht habe es versäumt, Beweis darüber zu erheben, ob dem Betriebsrat ihre wirtschaftliche Lage bekannt war, ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Sie ist nicht entscheidungserheblich. Sie richtet sich gegen die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, ihr - der Beklagten - sei es mangels ausreichender Unterrichtung des Betriebsrats verwehrt, sich auf wirtschaftliche Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung zu berufen. Dies ist nur eine von zwei die Entscheidung selbstständig tragenden Begründungen des Landesarbeitsgerichts. Außer auf sie und zuvörderst hat das Landesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass das Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Änderungsbedürfnisse unsubstantiiert sei. Da schon die Erstbegründung des Landesarbeitsgerichts seine Entscheidung trägt, ist der mit Blick auf die Zweitbegründung behauptete Verfahrensmangel nicht entscheidungserheblich.

33

IV. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Grimberg    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.06.2013 – 6 Ca 1824/12 – abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Klägerin ist seit Juni 2005 bei der Beklagten (bzw. bei der Rechtsvorgängerin), welche regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem Bruttoarbeitsentgelt von 3.990,54 € beschäftigt. Sie ist verheiratet und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Am 31.03.2010 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag (Blatt 92, Bd. I. d. A.) mit dem Inhalt der Tätigkeit der Klägerin als "Abteilungsleiterin technische Dienste" mit Wirkung zum 01.04.2010 bei einer Vergütung nach der Entgeltgruppe E 12 des TV-V (Haustarifvertrag).

3

Mit Schreiben vom 18.09.2012 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Schließung der Abteilung "Technische Dienste" (Blatt 107 Bd. I d. A.). Mit gesondertem Schreiben ebenfalls vom 18.09.2012 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über die Absicht, gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung auszusprechen (Blatt 109, 110 Bd. I. d. A.). Mit Schreiben vom 24.09.2012 erfolgte der Widerspruch des Betriebsrates gegen die Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin (Blatt 112 Bd. I. d. A.).

4

Mit Schreiben vom 28.09.2012 (Blatt 2 Bd. I. d. A.) sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin eine betriebsbedingte Änderungskündigung aus und unterbreitete der Klägerin gleichzeitig zwei Änderungsangebote. Eines bezog sich auf die Tätigkeit "Leiterin Vertrieb und Sachbearbeiterin Sonderprojekte". Das zweite Angebot lautete auf eine Tätigkeit der Klägerin als "Sachbearbeiterin Labor/Sonderprojekte". Mit Schreiben vom 28.09.2012 bzw. anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2012 nahm die Klägerin das Änderungsangebot "Leiterin Vertrieb und Sachbearbeiterin Sonderprojekte" unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an. Mit ihrer am 15.10.2012 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Änderungskündigung.

5

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den ausführlichen Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

6

Das Arbeitsgericht Schwerin hat der Klage mit Urteil vom 13.06.2013 stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Vortrag der Beklagten werde nicht hinreichend ersichtlich, dass die bisher von der Klägerin wahrgenommenen Aufgaben vom verbliebenen Personal im Rahmen der regulären Verpflichtungen erledigt werden könnten. So habe die Beklagte nicht dargelegt, welche Aufgaben die Klägerin in welchem zeitlichen Umfang bisher wahrgenommen habe. Mithin könne auch nicht nachvollzogen werden, in welchem konkreten Umfang Arbeitsaufgaben entfallen seien. Lediglich der Hinweis auf den Wegfall von Leitungsaufgaben reiche insoweit nicht aus. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass die mit der Änderung der Arbeitsbedingungen verbundene Eingruppierung in die Entgeltgruppe 10 von einer sozialen Rechtfertigung getragen werde. Bei der Auswahl des Änderungsangebotes müsse der Arbeitgeber entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom mildesten Mittel Gebrauch machen. Er müsse darlegen, dass die angebotenen Vertragsänderungen tatsächlich gerechtfertigt seien. Im Falle einer tariflichen Eingruppierungsautomatik habe der Arbeitgeber darzulegen, dass die mit dem Änderungsangebot verbundene Eingruppierung tariflich zutreffend sei. Die daraus resultierende Darlegungslast habe die Beklagte vorliegend nicht erfüllt. Mithin bleibe unentschieden, ob die Änderungskündigung aus weiteren Gründen wie z. B. der Sozialauswahl oder aber wegen Verstoßes gegen die Regelung des § 7 Abs. 2 des Haustarifvertrages vom 23.03.2012 rechtsunwirksam sei.

7

Gegen diese am 26.06.2013 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 12.07.2013 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung der Beklagten nebst der (nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung) am 26.09.2013 eingegangenen Berufungsbegründung.

8

Die Beklagte hält in der Berufungsinstanz in Ergänzung des erstinstanzlichen Sachvortrages an ihrer Rechtsauffassung fest. Der Arbeitsplatz der Klägerin als Leiterin der Abteilung "Technische Dienste" sei auf der Grundlage einer unternehmerischen Entscheidung mit Wirkung zum 31.12.2012 entfallen. Die Organisationsentscheidung mit dem Inhalt der Schließung der Abteilung "Technische Dienste" mit Wirkung zum 31.12.2012 sei - unstreitig – dem Aufsichtsrat am 06.09.2012 vorgestellt und im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung durch die beiden Geschäftsführer der Beklagten – ebenfalls unstreitig – am 06.09.2012 beschlossen worden. Die Inhalte dieser unternehmerischen Entscheidung seien auch zum 01.01.2013 umgesetzt worden. Der Bereich "Geotechnologie" der Abteilung "Technische Dienste" sei bereits im Verlaufe des Jahres 2012 abgewickelt worden. Der Mitarbeiter M. sei – unstreitig – bereits im Verlaufe des Jahres 2012 ausgeschieden und die Beklagte habe in dem betreffenden Aufgabenfeld – unstreitig – seitdem keine Aufträge mehr angenommen. Der Bereich "Hydrologie", besetzt mit dem Mitarbeiter B., sei – unstreitig – direkt dem Geschäftsführer J. zugeteilt worden. Aus dem Arbeitsbereich "Biotechnologie" sei – unstreitig – der Mitarbeiter F. 2012 ausgeschieden und nicht nachbesetzt worden. Die Mitarbeiterin S. sei – unstreitig – mit Wirkung zum 01.01.2013 in den Arbeitsbereich "Fachlabor Klärschlamm" gewechselt und die Mitarbeiterin R. – ebenfalls unstreitig - in den Arbeitsbereich "Fachlabor Trinkwasser".

9

Die Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung habe nicht zu einer überobligatorischen Mehrbelastung anderer Arbeitnehmer bei der Beklagten geführt. Die Anbindung des Arbeitsbereiches "Hydrologie" an die Geschäftsführung sei problemlos möglich gewesen, wobei eine gegebenenfalls entstehende Mehrbelastung bei einem Geschäftsführer einer GmbH ohnehin rechtlich nicht von Belang sei. Die Restarbeiten aus dem ehemaligen Arbeitsbereich "Geotechnologie" seien auf den Mitarbeiter B. übertragen worden, der zur Erledigung dieser Tätigkeiten – unstreitig – einen zeitlichen Aufwand von durchschnittlich 3 Stunden pro Woche benötige, was nicht zu einer nennenswerten Mehrbelastung führe. Die Mitarbeiterinnen S. und R. würden weiterhin ihre bisherigen Tätigkeiten ausführen und seien lediglich einer anderen Abteilung zugeordnet, so dass hier Mehrbelastungen von vornherein nicht ersichtlich seien. Zudem seien die Mehrbelastungen des Leiters der Abteilung "Klärschlamm-, Boden- und Elementanalytik" S. überschaubar. Die Zuordnung der Mitarbeiterin S. führe bei ihm zu einem Leitungsmehraufwand von – unstreitig – ca. 3 Stunden pro Woche. In der Folge seien alle leitenden Arbeitsaufgaben der Klägerin entfallen. Eine Sozialauswahl habe nicht durchgeführt werden müssen. Die von der Klägerin benannten Mitarbeiterinnen G., K. und S. seien nicht vergleichbar. Selbst im Falle der Durchführung einer Sozialauswahl sei die Klägerin im Hinblick auf die anerkannten Sozialauswahlkriterien nicht sozial schutzwürdiger. Die der Klägerin unterbreiteten Änderungsangebote seien billigerweise hinzunehmen. Der der Klägerin im Rahmen der Änderungskündigung angebotene Arbeitsplatz als "Leiterin Vertrieb und Sachbearbeiterin Sonderprojekte" sei auf der Grundlage des bei der Beklagten geltenden tariflichen Vergütungssystems der Entgeltgruppe E 10 des TV-V zuzuordnen. Nach dem Inhalt der Tätigkeit sei die Entgeltgruppe E 10 und nicht die Entgeltgruppe E 11 einschlägig. Die der Klägerin angebotene Tätigkeit als "Sachbearbeiterin Labor/Sonderprojekte" entspreche der Entgeltgruppe E 8 des TV-V. Die vorgenommene Betriebsratsanhörung sei ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Betriebsrat seien die unternehmerische Entscheidung, der Wegfall des Arbeitsplatzes sowie die mangelnde Vergleichbarkeit mit anderen Arbeitnehmern dezidiert mitgeteilt worden. Die Änderungskündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 3 des Haustarifvertrages vom 23.03.2012 rechtsunwirksam. Es seien lediglich Änderungskündigungen zum Zweck der Herabgruppierung bis zum 31.12.2015 ausgeschlossen. Dies betreffe keinesfalls die Zulässigkeit des Ausspruches einer betriebsbedingten Änderungskündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes. Schließlich folge die Rechtsunwirksamkeit der Änderungskündigung auch nicht nach den Vorgaben des Rationalisierungsschutzabkommens für Angestellte vom 01.09.1987. Die Klägerin falle nicht unter den Geltungsbereich.

10

Die Beklagte beantragt:

11
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 13.06.2013 – 6 Ca 1824/12 – wird geändert.
12
2. Die Klage wird abgewiesen.
13
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

16

Die Klägerin ist zunächst der Auffassung, der ergänzende Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz sei als verspätet zurückzuweisen. Die Beklagte habe die von hier vorgetragene unternehmerische Entscheidung nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Beklagte beziehe sich diesbezüglich auf die Vorstellung einer Idee im Rahmen der Aufsichtsratssitzung am 06.09.2012. Welche konkrete Organisationsentscheidung die Beklagte getroffen habe, bleibe unklar. Jedenfalls sei die behauptete Organisationsentscheidung nicht umgesetzt worden. Bereits erstinstanzlich habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Bereiche Biotechnologie und Hydrologie unverändert weitergeführt würden. Mit den Mitarbeitern aus dem Bereich "Technische Dienste" seien keine neuen Arbeitsverträge nebst Stellenbeschreibungen geschlossen worden. Versetzungen und Einweisungen habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe tatsächlich alle Tätigkeiten entsprechend ihrer Stellenbeschreibung wahrgenommen. Nach dem Vortrag der Beklagten sei nicht ersichtlich, dass die Arbeitsinhalte tatsächlich weggefallen seien. Die Klägerin ist zudem der Auffassung, die Durchführung einer Sozialauswahl sei notwendig gewesen. Die Mitarbeiterinnen S., G. und K. seien mit der Klägerin vergleichbar und sozial weniger schutzwürdig. Hinsichtlich der Wahl des mildesten Mittels bezüglich der unterbreiteten Änderungsangebote sei dem Arbeitsgericht Schwerin zu folgen. Zum einen sei bezüglich des unter Vorbehalt angenommenen Angebots zu berücksichtigen, dass die vorgenommene Eingruppierung nicht dargelegt worden sei. Im Übrigen wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, ihr die Tätigkeiten der Mitarbeiterin S. zu übertragen. Dieser Umstand folge auch aus den Festlegungen des Änderungsvertrages vom 31.03.2010. Dort habe man eine Rückübertragung der Tätigkeit "Leiterin Biotechnologie" vorgesehen. Die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass mit dem Betriebsrat weitere Gespräche geführt worden seien. Die Beklagte habe dem Betriebsrat weder die Hintergründe der unternehmerischen Entscheidung, noch deren konkrete Umsetzung ausreichend dargelegt. Konkrete Nachfragen des Betriebsrates seien nicht beantwortet worden. Außerdem verstoße die Änderungskündigung gegen § 7 Abs. 3 des Haustarifvertrages sowie gegen das Rationalisierungsschutzabkommen vom 01.09.1987.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Nach dem weiteren Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz erweist sich die im Streit befindliche Änderungskündigung gemäß §§ 2, 1 KSchG als rechtswirksam.

19

Der ergänzende Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ist nicht als verspätet zurückzuweisen (I.). Die streitbefangene Änderungskündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 3 des Haustarifvertrages vom 23.03.2012 (II.) bzw. wegen eines Verstoßes gegen das Rationalisierungsschutzabkommen für Angestellte vom 01.09.1987 (III.) rechtsunwirksam. Eine unzureichende Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG kann vorliegend nicht festgestellt werden (IV.). Schließlich ist die streitbefangene Änderungskündigung nach Auffassung der Kammer nicht sozialwidrig im Sinne der §§ 2, 1 KSchG (V.) Mithin hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wobei Revisionszulassungsgründe nicht ersichtlich sind (VI.).

I.

20

Der ergänzende Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz war nicht als verspätet zurückzuweisen.

21

Gemäß § 67 Abs. 2, Abs. 3 ArbGG sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel dann zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert. Gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG sind nach den Absätzen 2 und 3 zulässige neu Angriffs- und Verteidigungsmittel mit der Berufungsbegründung vorzutragen.

22

Unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen geht die Verspätungsrüge der Klägerin ins Leere. Der ergänzende Sachvortrag der Beklagten ist mit der Berufungsbegründung vorgetragen worden. Eine dadurch bedingte Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne des § 67 Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG ist nicht zu erkennen.

II.

23

Die streitbefangene Änderungskündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 3 Haustarifvertrag rechtsunwirksam.

24

§ 7 Abs. 3 Haustarifvertrag lautet wie folgt:

25

"Änderungskündigungen zum Zwecke der Herabgruppierung sind bis zum 31.12.2015 ausgeschlossen."

26

Bereits nach dem eindeutigen Wortlaut ist die benannte tarifliche Norm hier nicht einschlägig, denn die Änderungskündigung ist vorliegend nicht zum Zwecke der Herabgruppierung ausgesprochen worden, sondern vielmehr in Auswirkung einer unternehmerischen Entscheidung mit dem Inhalt der Auflösung der Betriebsabteilung "Technische Dienste" und dem damit verbundenen Wegfall des Arbeitsplatzes. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass durch § 7 Abs. 3 Haustarifvertrag Umstrukturierungsmaßnahmen mit entsprechenden Auswirkungen auf davon betroffene Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen werden sollten. Die tarifliche Norm bezieht sich lediglich auf den Ausschluss von Änderungen mit dem Ziel der Durchsetzung einer Herabgruppierung ohne Veränderungen der Arbeitsbedingungen im Übrigen. Angesichts des eindeutigen Wortlautes und in Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte ist zur Überzeugung der Kammer auch unter Berücksichtigung weitergehender Auslegungsgesichtspunkte ein abweichendes Ergebnis nicht vertretbar.

III.

27

Die im Streit befindliche Änderungskündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen das Rationalisierungsabkommen für Angestellte vom 01.09.1987 rechtsunwirksam.

28

Die benannte tarifliche Regelung gilt nur für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse ab dem 01.01.2003 von den Stadtwerken A-Stadt auf die WAG übergegangen sind. Diesem Personenkreis gehört die Klägerin nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Beklagten nicht an.

IV.

29

Die Änderungskündigung vom 28.09.2012 ist nicht in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam.

30

Gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ist eine (Änderungs-) Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG nicht nur dann rechtsunwirksam, wenn der Arbeitgeber ohne Anhörung des Betriebsrates gekündigt hat, sondern auch bei nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrates. Sinn und Zweck des Verfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Dementsprechend hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat seine Kündigungsabsicht rechtzeitig vorher mitzuteilen und ihn dabei so zu informieren, dass er sich über die Person des Arbeitnehmers und über die Kündigungsgründe, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützten möchte (subjektive Determination), für seine Stellungnahme ein eigenes Bild machen kann (BAG vom 16.09.1993 – AP Nr. 62 zu § 100 BetrVG 1972).

31

Das Anhörungsschreiben vom 18.09.2012 i. V. m. dem Informationsschreiben vom 18.09.2012 entspricht diesen Anforderungen. Neben den erforderlichen Angaben zur Person der Klägerin sind insbesondere der Inhalt der unternehmerischen Entscheidung sowie die konkrete Umsetzung im Einzelnen hinreichend ausführlich dargestellt worden. Dies gilt ebenso für die notwendige Information zur Kündigungsart (betriebsbedingte Änderungskündigung) und zum Kündigungstermin (31.12.2012). Zudem sind dem Betriebsrat die aus Sicht der Beklagten möglichen Änderungsangebote hinreichend konkret mitgeteilt worden.

32

Soweit die Klägerin diesbezüglich die unterlassene Mitteilung der Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer rügt, ist dieser Einwand nicht rechtsrelevant. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determination hat der Arbeitgeber die Kündigungsgründe mitzuteilen, die er der Kündigung zugrunde legen möchte. Da die Beklagte hier der Auffassung ist, vergleichbare Arbeitnehmer seien nicht vorhanden, kommt die Bejahung einer rechtsfehlerhaften Betriebsratsanhörung nicht in Frage. Der Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz, der Betriebsrat sei über die Hintergründe der unternehmerischen Entscheidung nicht hinreichend informiert worden, schlägt rechtlich ebenfalls nicht durch. Anlässlich des Informationsschreibens vom 18.09.2012 sowie des Anhörungsschreibens ebenfalls vom 18.09.2012 hat die Beklagte im Einzelnen die personelle Entwicklung in der Abteilung "Technische Dienste" aufgezeigt, den Entschluss zur Schließung dieser Abteilung mitgeteilt und im Einzelnen erläutert, welche Mitarbeiter mit ihren Tätigkeitsbereichen in welche Betriebsabteilungen wechseln. Weitergehende Informationsnotwendigkeiten sind unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze nicht ersichtlich.

V.

33

Die streitbefangene Änderungskündigung ist nicht sozialwidrig im Sinne der §§ 1, 2 KSchG.

34

Gemäß §§ 2, 1 KSchG ist eine Änderungskündigung dann sozialwidrig, wenn die Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt sind. Dabei ergibt sich aus der Berücksichtigung des Änderungsangebotes bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit ein zweistufiges Prüfungsverfahren. Zunächst ist zu ermitteln, ob für die Vertragsänderung ein Grund in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegt oder ob dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot bedingen. Sodann ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Diese Frage wiederum ist anhand des Verhältnismäßiggrundsatzes zu beurteilen. Das bedeutet, dass die geänderten Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den Kündigungsgrund geeignet sowie erforderlich sein müssen und sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen dürfen, als dies zur Erreichung des mit der Änderungskündigung angestrebten Zieles erforderlich ist (BAG vom 29.03.2007, NZA 2007, Seite 855, 858 m. w. N.).

35

Gemessen an den benannten Voraussetzungen hält die im Streit befindliche Änderungskündigung einer gerichtlichen Überprüfung unter Berücksichtigung des ergänzenden Sachvortrages der Parteien in der Berufungsinstanz stand.

1.

36

Eine – wie hier – betriebsbedingte, ordentliche Änderungskündigung setzt zu ihrer Rechtswirksamkeit voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen. Es ist mithin erforderlich, dass das Beschäftigungsbedürfnis für den betroffenen Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder – wie hier – unter Vorbehalt angenommen hat.

37

Nach Auffassung der Kammer liegen hier dringende betriebliche Erfordernisse im vorgenannten Sinne vor, die das Änderungsangebot der Beklagten gegenüber dem Kläger bedingen.

a)

38

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte hinreichend detailliert vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt welche konkrete unternehmerische Entscheidung getroffen worden ist.

39

Die von der Beklagten vorgetragene Organisationsentscheidung mit dem Inhalt der Schließung der Abteilung "Technische Dienste" mit Wirkung zum 31.12.2012, dem Aufsichtsrat vorgestellt am 06.09.2012 und im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung durch die Geschäftsführer der Beklagten am 06.09.2012 beschlossen, ist aus Sicht der Kammer in sich schlüssig und nachvollziehbar. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unsachliche oder gar willkürliche Entscheidung sind nicht ersichtlich. Eine arbeitsgerichtliche Überprüfung der Wirtschaftlichkeit einer unternehmerischen Entscheidung erfolgt nicht (BAG vom 13.03.2008, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 176).

40

Mithin ist die zwischen den Parteien streitige defizitäre Entwicklung der Betriebsabteilung "Technische Dienste" für die Beurteilung der Unternehmerentscheidung selbst nicht rechtsrelevant, da selbst unter Beachtung des Vortrages der Klägerin (keine negative Entwicklung) allein daraus sich eine offensichtlich willkürliche oder offensichtlich unsachliche Entscheidung der Beklagten nicht schlussfolgern ließe. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die Beklagte dem Betriebsrat bereits mit Anhörungsschreiben vom 18.09.2012 als Begründung für die unternehmerische Entscheidung u. a. mitgeteilt hat, die Abteilung "Technische Dienste" bestehe nur noch aus zwei Sachbearbeitern und einer Laborhilfskraft, so dass eine Leitungsebene für diese geringe Anzahl der unterstellten Mitarbeiter und Aufgabenbereiche nicht mehr sinnvoll und erforderlich erscheine.

41

Unter Berücksichtigung des weiteren Vortrages der Parteien ist die unternehmerische Entscheidung mit Wirkung zum 01.01.2013 umgesetzt worden. Der Mitarbeiter F. hat den Arbeitsbereich Biotechnologie bereits im Jahr 2012 ersatzlos – unstreitig – verlassen. Dies gilt ebenfalls für den Mitarbeiter M. für den Arbeitsbereich "Geotechnologie". Neue Aufträge sind nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten in diesem Arbeitsbereich seither nicht mehr angenommen worden. Der Mitarbeiter B. ist mit seinem Aufgabengebiet aus dem Arbeitsbereich "Hydrologie" direkt dem Geschäftsführer J. der Beklagten zugeteilt worden. Die Mitarbeiterin S. ist mit ihrem Arbeitsbereich in die Abteilung "Fachlabor Klärschlamm" etc. gewechselt. Soweit die Klägerin dem entgegen hält, die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung sei nicht nachvollziehbar, weil alle Tätigkeitsbereiche tatsächlich durch die Mitarbeiter weitergeführt würden, so führt diese Argumentation zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Beklagte trägt gar nicht vor, dass die Tätigkeitsinhalte aus den Arbeitsbereichen "Biotechnologie und Hydrologie" weggefallen seien. Die Beklagte trägt lediglich vor, es sei eine dahingehende unternehmerische Entscheidung getroffen worden, die benannten Arbeitsbereiche aus der Abteilung "Technische Dienste" herauszulösen und jeweils anderen Betriebsabteilungen zuzuordnen. Das heißt, es ist tatsächlich kein widersprüchlicher Vortrag der Parteien festzustellen. Die Angaben der Beklagten sind insoweit als unstreitig zu qualifizieren.

b)

42

Eine - wie hier – betriebsbedingte, ordentliche Änderungskündigung setzt zu ihrer Rechtswirksamkeit voraus, dass dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen. Es ist mithin erforderlich, dass das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder – wie hier – unter Vorbehalt angenommen hat. Ist dabei die unternehmerische Entscheidung mit dem Kündigungsentschluss selbst praktisch deckungsgleich, hat der Arbeitgeber – worauf das Arbeitsgericht Schwerin in der streitigen Entscheidung mit den entsprechenden Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend verweist – im Einzelnen vorzutragen, dass die getroffene Organisationsentscheidung auch betrieblich umsetzbar ist, die anfallenden Arbeiten also vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können.

43

Nach Auffassung der Kammer liegen nach dem ergänzenden Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz dringende betriebliche Erfordernisse im vorgenannten Sinne vor, die das Änderungsangebot der Beklagten gegenüber der Kläger bedingen.

44

Die Tätigkeiten zu Ziffer 10 der Stellenbeschreibung der Klägerin (Blatt 88, Bd. I. d. A.) ist ohne Einschränkungen unstreitig in das von der Klägerin unter Vorbehalt angenommene Änderungsangebot eingeflossen. Die zu den Ziffern 1 bis 4 formulierten reinen Leitungstätigkeiten der Klägerin sind auf der Grundlage der unter Punkt V. Ziffer 1. a) dieser Entscheidung ausgeführten Einzelheiten zur Umsetzung der betroffenen Unternehmerentscheidung der Beklagten entfallen. Die in Ziffer 5 der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführten Arbeitsinhalte sind in den Zuständigkeitsbereich des Geschäftsführers J. der Beklagten verlagert worden. Diesbezüglich kommt – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – die Prüfung einer überobligatorischen Belastung des Geschäftsführers der Beklagten als Organmitglied nicht in Frage (BAG vom 22.03.1990 – 2 AZR 144/89 -). Hinsichtlich der Beschäftigungsinhalte zu den Ziffern 8 und 9 aus der Stellenbeschreibung trägt die Beklagte für das erkennende Gericht nachvollziehbar und schlüssig vor, dieser Arbeitsbereich werde durch die Mitarbeiter S. als Sachbearbeiterin und S. als Vorgesetzter abgedeckt, wobei die Mitarbeit durch die Arbeitnehmerin S. bereits vor dem Abteilungswechsel zum 01.01.2013 zu ihren Arbeitsinhalten gehört habe. Es kann mithin zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie – entgegen dem Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz – diese Aufgaben tatsächlich bis zum 31.12.2012 ausgeführt hat. Jedoch lässt sich unter Berücksichtigung des beiderseitigen Parteivortrages eine überobligatorische Mehrbelastung insoweit der Mitarbeiter S. und S. nicht erkennen, zumal die Beklagte insoweit durch die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, der Mitarbeiter S. sei bis zur Übernahme der zusätzlichen Tätigkeiten nicht vollständig ausgelastet gewesen. Dies gilt ebenfalls für die in Ziffern 8 und 9 der Tätigkeitsbeschreibung ausgeführten Arbeitsinhalte der Klägerin, welche nach dem Vortrag der Beklagten in die Abteilung "Klärschlamm-, Boden- und Elementanalytik" unter der Abteilungsleitung des Mitarbeiters S. verlagert worden sind. Auch diesbezüglich trägt die Beklagte durch die Klägerin unwidersprochen vor, dass in der dortigen Abteilung auf Grund der Aufgabenverlagerungen die Anordnung von Überstunden nicht erforderlich geworden ist.

45

Soweit die Klägerin dem Vortrag der Beklagten pauschal mit der Behauptung entgegengetreten ist, die Beklagte habe mit einer Umsetzung der von ihr behaupteten unternehmerischen Entscheidung niemals begonnen, so ist dieses pauschale Bestreiten rechtlich nicht beachtlich. Da dieser schlüssige Vortrag der Beklagten - entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht als verspätet gewertet werden kann (vgl. oben I.) wäre hier ein dezidiertes Bestreiten durch die Klägerin erforderlich gewesen. Der weitergehende Vortrag der Klägerin, nach ihrer Erkenntnis seien keinerlei Stellenbeschreibungen oder neue Arbeitsverträge mit den benannten Arbeitnehmern geschlossen worden, ist dabei – wie bereits unter Punkt V. 1. a) ausgeführt – rechtlich ebenfalls nicht erheblich. Es ist nicht erkennbar, weshalb lediglich die Zuordnung zu einer anderen Abteilung am gleichen Arbeitsort unter Beibehaltung der Arbeitstätigkeiten eine Änderung des Arbeitsvertrages oder aber der Stellenbeschreibung erfordern sollte.

c)

46

Die Rechtswirksamkeit der streitbefangenen Änderungskündigung scheitert zudem nicht an einer rechtsfehlerhaften Sozialauswahl.

47

Auch bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist grundsätzlich eine Sozialauswahl vorzunehmen. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, welchem Arbeitnehmer die angebotene Änderung der Arbeitsbedingungen in sozialer Hinsicht in Anwendung der in § 1 Abs. 3 KSchG benannten Kriterien am ehesten zumutbar ist. Bei der Beurteilung der Auswahlkriterien ist zu bedenken, dass die soziale Schützbedürftigkeit des Arbeitsnehmers nicht in Bezug auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu prüfen ist, sondern im Hinblick auf die Veränderung der Arbeitsbedingungen. Es ist bei der Sozialauswahl nicht fiktiv zu prüfen, wer von den vergleichbaren Arbeitnehmern am härtesten von einem Verlust des Arbeitsplatzes betroffen wäre. Vielmehr ist entscheidend, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status vergleichbarer Arbeitnehmer auswirkt.

48

Die vorgenannten Voraussetzungen sind anlässlich der hier zu überprüfenden Änderungskündigung durch die Beklagte nicht verletzt worden. Die von der Klägerin benannte Mitarbeiterin S. ist als Sachbearbeiterin "Biotechnologie" mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TV-V Haustarifvertrag nicht vergleichbar, da sie sich nicht mit der Klägerin auf der gleichen Ebene der Betriebshierarchie befindet. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin eine Vergleichbarkeit der Mitarbeiterinnen G. und K. – entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten – unterstellt, so folgt daraus nicht die Sozialwidrigkeit der streitbefangenen Änderungskündigung. Eine geringere Schutzbedürftigkeit im vorgenannten Sinn der Mitarbeiterin G. (Betriebszugehörigkeit seit dem 01.09.1988, geboren am 22.02.1964, verheiratet und gegenüber einem Kind zum Unterhalt verpflichtet) sowie der Mitarbeiterin K. (Betriebszugehörigkeit seit dem 01.03.2007, geboren am 24.02.1965, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet) lässt sich unter Berücksichtigung der relevanten Sozialdaten der Klägerin (Betriebszugehörigkeit seit dem 01.06.2005, geboren Januar 1981, verheiratet und gegenüber zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet) nicht feststellen.

49

Insbesondere vor dem Hintergrund der deutlich längeren Betriebszugehörigkeit sowie des deutlich höheren Lebensalters lässt sich für die Mitarbeiterin G. nicht schlussfolgern, dass sich die hier maßgebliche Vertragsänderung auf ihren sozialen Status weniger einschneidend ausgewirkt hätte, als dies bei der Klägerin der Fall ist. Dies gilt nach Auffassung der Kammer auch hinsichtlich der Mitarbeiterin K.. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sie zwei unterhaltsberechtigte Kinder hat und über eine geringfügig längere Betriebszugehörigkeit verfügt. Angesichts des deutlich höheren Lebensalters der Mitarbeiterin K. vermag die Kammer jedoch keine so deutlichen Unterschiede festzustellen, die es rechtfertigen würden, hinsichtlich der maßgeblichen sozialen Schutzwürdigkeit eine rechtlich erhebliche und unterschiedliche Gewichtung zwischen der Klägerin und Frau K. vorzunehmen.

2.

50

Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die die Klägerin billigerweise hinnehmen muss. Sonstige Beschäftigungsmöglichkeiten, die die Beklagte vorrangig zu Gunsten der Klägerin hätte berücksichtigen müssen, sind ebenfalls nicht ersichtlich und werden im Übrigen von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

51

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt im Rahmen des § 2 KSchG, dass die angebotenen Änderungen geeignet und erforderlich sein müssen, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Sie dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten Zwecks erforderlich ist. Bestehen mehrere geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich den Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen sich am wenigsten weit von den bisherigen Verhältnissen entfernen. Nur in diesem Fall ist das konkrete Änderungsangebot im o. g. Sinn erforderlich (BAG vom 26.06.2008 – 2 AZR 139/07 -). Dieser Umstand bedeutet, dass aus dem Vortrag des Arbeitgebers unmittelbar hervorgehen muss, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen besonderen Verpflichtungen alles zumutbare unternommen hat, die durch die unternehmerische Entscheidung notwendig gewordenen Anpassungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Die benannten Voraussetzungen sind dabei Ausprägung des Ultima-Ratio-Prinzips. Der Arbeitgeber soll danach dem Arbeitnehmer also das Angebot vorlegen, dass zu dem geringstmöglichen Eingriff in das Arbeitsverhältnis führt. Liegt ein anerkennenswerter Anlass für eine Änderungskündigung vor, ist die betriebsbedingte Änderungskündigung dann sozial gerechtfertigt, wenn die betrieblichen Erfordernisse so dringend sind, dass diese die Maßnahme unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der erstrebten Änderung und des Interesses des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen als billigenswert und angemessen erscheinen lassen.

52

Gemessen an den genannten Vorgaben hält die im Streit befindliche Änderungskündigung auch insoweit der gerichtlichen Überprüfung stand.

a)

53

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die streitbefangene Änderungskündigung nicht auf Grund einer unzureichenden Darlegung der Richtigkeit der Eingruppierung des von der Klägerin unter Vorbehalt angenommenen Änderungsangebotes rechtsunwirksam.

54

Die Beklagte hat erstinstanzlich die maßgeblichen Eingruppierungsgrundlagen nach dem TV-V Haustarifvertrag nebst Tätigkeitsbeschreibung vorgelegt und in der Berufungsinstanz ergänzend zu den Einzelheiten der Entgeltgruppen 9 und 10 vorgetragen (Blatt 337 bis 339, Bd. II. d. A.). Sodann hat die Beklagte weiter ausgeführt, die Entgeltgruppe E 11.1 sei nicht einschlägig, weil die Klägerin – insoweit unstreitig – nicht über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulausbildung verfüge. Die Entgeltgruppe 11.2 sei nicht einschlägig, da die Tätigkeit als Leiterin "Vertrieb und Sachbearbeiterin Sonderprojekte" keine Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetze, welche nicht in dem Fachhochschulstudiengang Biotechnologie vermittelt werde. Auch eine Heraushebung durch das "Maß der Verantwortung" sei nicht gegeben, weil der Stelleninhaber nicht allein verantwortlich sei, sondern grundsätzlich Rücksprachen und Abstimmungen mit den einzelnen Bereichen erforderlich seien. Der Stelleninhaber müsse auch keine fachlichen und organisatorischen Konzepte für nachgeordnete Bereiche alleinverantwortlich erstellen. Auftragsvergaben seien mit den Leitungsebenen und den Geschäftsführern abzustimmen. Dem Stelleninhaber seien im Bereich Vertrieb auch keine weiteren Mitarbeiter unterstellt. Vor diesem Hintergrund komme auch die Anwendung der Entgeltgruppe 11.3 nicht in Frage. Nach diesem schlüssigen Vortrag in Verbindung mit der vorliegenden Tätigkeitsbeschreibung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die einer Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 11 TV-V Haustarifvertrag rechtfertigen könnten. Dies gilt umso mehr, weil auch die aufgeführten Beispielfälle zur Entgeltgruppe 11, als auch zur Entgeltgruppe 10 für eine zutreffende Zuordnung in die Entgeltgruppe 10 TV-V Haustarifvertrag sprechen.

55

Der diesbezügliche Einwand der Klägerin, die Eingruppierungsgrundlagen seien nicht abgereicht worden, ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar. Die tariflichen Eingruppierungsregelungen liegen eben so vor, wie die Tätigkeitsbeschreibung. Der ergänzende Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz ist – wie eben ausgeführt – in sich schlüssig und nachvollziehbar.

b)

56

Unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Interessenabwägung erweist sich das von der Klägerin unter Vorbehalt angenommene Änderungsangebot als verhältnismäßig. Das streitbefangene Änderungsangebot ist geeignet und erforderlich, um dem festgestellten Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin als "Leiterin Technische Dienste" unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Parteien, angemessen zu begegnen. Es sind keinerlei Gesichtspunkte dafür erkennbar und werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen, dass die Beklagte über einen weiteren freien Arbeitsplatz verfügt, dessen Übertragung für die Klägerin einen geringeren Eingriff darstellen würde.

57

Soweit die Klägerin offenbar meint, die Beklagte habe deshalb nicht das mildeste Mittel angewendet, weil ihr nicht die Tätigkeit als "Leiterin Biotechnologie" angeboten worden sei, weshalb ihr die Tätigkeit der Mitarbeiterin S. hätte angeboten werden müssen, so vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen.

58

Es wird von keiner Seite vorgetragen, dass die Mitarbeiterin S. leitende Funktionen ausübt. Vielmehr ist dies nach dem Organigramm, auf welches sich die Klägerin selbst bezieht, gerade nicht der Fall. Außerdem beinhaltet der Bereich Biotechnologie nur noch die Beschäftigung einer Arbeitnehmerin auf Sachbearbeiterebene, so dass nach Auswertung des Sach- und Streitstandes gerade auch unter Berücksichtigung des Vortrages der Klägerin der Arbeitsplatz einer "Leiterin Biotechnologie" bei der Beklagten nicht – mehr – vorhanden ist und zwar bezogen auf den Zeitpunkt des Kündigungszuganges.

59

Der Rechtsauffassung der Klägerin, sie verfüge auf der Grundlage des Änderungsvertrages vom 01.04.2010 über einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückübertragung der Tätigkeit "Fachbereichsleiterin Biotechnologie", vermag sich das erkennende Gericht ebenfalls nicht anzuschließen. In dem Änderungsvertrag vom 01.04.2010 heißt es, soweit hier von Bedeutung:

60

"Es wird eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Für den Fall, dass sich die Arbeitnehmerin gemäß abschließender Bewertung durch die Geschäftleitung nicht bewähren sollte, besteht zwischen den Vertragsparteien Einigkeit, dass die Arbeitnehmerin sodann auf die von ihr vor Abschluss dieses Änderungsvertrages ausgeübte Tätigkeit und Stelle (Fachbereichsleiterin Biotechnologie) einschließlich der dann gültigen Eingruppierung (E 11 TV-V Haustarifvertrag) zurückfällt."

61

Die genannten Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht erfüllt. Denn die benannte Vereinbarung bezieht sich auf ein Nichtbestehen der sechsmonatigen Probezeit. Dieser Zeitraum war im Kündigungszeitpunkt vorliegend längst abgelaufen, so dass sich die Klägerin auf diese arbeitsvertragliche Vereinbarung vom 01.04.2010 nicht berufen kann.

c)

62

Die streitbefangene Änderungskündigung ist auch nicht wegen Unterbreitung von zwei Änderungsangeboten in Ermangelung hinreichender Bestimmtheit rechtsunwirksam.

63

Zwar ist nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vom 15.01.2009 – 2 AZR 641/07) ein Änderungsangebot dann nicht hinreichend bestimmt, wenn in einem Änderungsangebot unterschiedliche tarifliche Grundlagen angeboten werden. Eine solche Fallkonstellation ist hier nicht gegeben. Denn die Klägerin ist über die jeweiligen konkreten Vertragsinhalte nicht im Unklaren gelassen worden. Vielmehr sind beide Vertragsangebote jeweils für sich genommen nebst Beifügung entsprechender Stellenbeschreibungen klar und verständlich in der Aussage, zu welchen konkreten Tätigkeitsinhalten, Vertragsbestandteilen und sonstigen Vertragsbedingungen die zukünftige Arbeitstätigkeit angeboten werden sollte.

64

Entschließt sich der Arbeitgeber, im Rahmen einer Änderungskündigung Alternativangebote zu unterbreiten, so ist dies unter Berücksichtigung des Bestimmtheitserfordernisses dann nicht zu beanstanden, wenn – wie hier – jedes Angebot für sich genommen hinreichend bestimmt ist (LAG Hamm vom 07.09.2007 – 4 Sa 423/07; in diesem Sinne auch BAG vom 28.10.1999 – 2 AZR 437/98).

VI.

65

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

66

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Insbesondere befindet sich diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.01.2009 (2 AZR 641/07), wie bereits unter Punkt V. 2. c) dargelegt.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 25. April 2012 - 2 Sa 13/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein Bauunternehmen. Sie erbringt auf dem Gelände der A GmbH verschiedene Dienstleistungen wie Baggertätigkeiten im Hochofenbereich, Zerschlagung von Roheisen und Materialtransporte. Dort beschäftigte sie seit März 1987 den Kläger, zuletzt als Vorarbeiter. Außerhalb des betreffenden Werksgeländes ist die Beklagte im Straßen- und Tiefbau tätig. Insgesamt beschäftigt sie weit mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Am 15. Februar 2010 stellte der Werkschutz der A-GmbH fest, dass der Kläger bei Verlassen des Werksgeländes in seinem Fahrzeug vier mit Streusalz gefüllte Eimer mitführte, die der A-GmbH gehörten. Drei Tage später entzog die A-GmbH dem Kläger den Werksausweis. Ab dem 26. Februar 2010 verbot sie ihm den Zutritt zu ihrem Gelände. Am 4. März 2010 übersandte die Beklagte ihr kommentarlos eine Stellungnahme des Klägers zu den Vorgängen. Danach sei er von einem Kollegen gebeten worden, Streusalz zu dessen Arbeitsplatz zu bringen. Wegen anderer Vorgänge habe er das Material, das er für den Transport in sein Fahrzeug geladen habe, vor dem Verlassen des Werksgeländes schlicht vergessen.

4

Am 9. März 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Der hierüber geführte Kündigungsrechtsstreit ist durch Teilurteil des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig zugunsten des Klägers abgeschlossen.

5

Mit Schreiben vom 26. Mai 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis - nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats - ordentlich zum 31. Dezember 2010.

6

Gegen diese Kündigung hat der Kläger - fristgerecht - die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei weder aufgrund des Vorfalls vom 15. Februar 2010 als solchem, noch mit Blick auf den Entzug des Werksausweises oder das ihm erteilte Zutrittsverbot zum Werksgelände der A-GmbH gerechtfertigt. Als gelernten Maurer und Fliesenleger habe die Beklagte ihn auch im Straßen- und Tiefbau, insbesondere bei Kanalbautätigkeiten, einsetzen können. In diesem Bereich seien bei Zugang der Kündigung Arbeitsplätze frei gewesen. So sei etwa ein Mitarbeiter, welcher ursprünglich für den Bereich Straßen- und Tiefbau eingestellt worden sei, am 1. Mai 2010 „zu A gewechselt“.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26. Mai 2010 nicht aufgelöst worden ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei ihr nicht zumutbar. Er sei des Diebstahls dringend verdächtig und aufgrund der fehlenden Zutrittsberechtigung zum Werksgelände nicht mehr in der Lage, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Außerdem habe der Kläger - was ihr erst im Verlauf des Rechtsstreits bekannt geworden sei - durch eine Aufzeichnung überhöhter Arbeitszeiten einen Arbeitszeitbetrug zu ihren Lasten begangen. Im Bereich Straßen- und Tiefbau sei kein freier Arbeitsplatz vorhanden gewesen. In der fraglichen Zeit seien nicht einmal ihre dort eingesetzten Stammarbeitskräfte voll ausgelastet gewesen. Von Oktober 2009 bis Juli 2010 sei für diese Kurzarbeit angeordnet worden.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 26. Mai 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG angesehen.

11

I. Die Kündigung ist nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

12

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger könne - mangels hinreichender Indiztatsachen - weder der Versuch eines Diebstahls zum Nachteil eines Kunden der Beklagten, noch ein entsprechender dringender Tatverdacht zur Last gelegt werden. Ebenso wenig sei von einem Arbeitszeitbetrug zu Lasten der Beklagten auszugehen. Es fehle an der gebotenen Darlegung, dass der Kläger mit seiner Stundenaufstellung entgegen bestehenden Vorgaben Arbeitsstunden aufgeschrieben habe, für die ein Anspruch auf Bezahlung nicht bestanden habe. Soweit er durch die Mitnahme des Streusalzes seine Vertragspflichten fahrlässig verletzt habe, erreiche die darin liegende Pflichtverletzung nicht das erforderliche Gewicht, um eine ordentliche Kündigung, zumal ohne vorausgehende Abmahnung, zu rechtfertigen.

13

2. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Beklagte erhebt diesbezüglich auch keine Rügen.

14

II. Die Kündigung ist nicht durch Gründe in der Person des Klägers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, welchem dieser beiden rechtlichen Gesichtspunkte der in Rede stehende Kündigungssachverhalt zuzuordnen ist. Ebenso kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen ein durch einen Kunden des Arbeitgebers ausgesprochenes Zutritts-/Hausverbot die Annahme rechtfertigt, der Arbeitnehmer sei in dem bisherigen Arbeitsbereich nicht mehr einsetzbar. In keinem Fall ist die Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn außerhalb des mit dem Zutritts-/Hausverbot belegten Bereichs ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann. Von einer solchen Möglichkeit ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei ausgegangen. Offenbleiben kann deshalb auch, welche Anstrengungen der Arbeitgeber zur Ermöglichung einer Weiterbeschäftigung zu unternehmen hat, wenn ein freier Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht (zur Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitnehmer im Rahmen zumutbarer organisatorischer Änderungen umzusetzen vgl. BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 48, BAGE 137, 164).

15

1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Auf diese Weise wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Kündigungsrecht normativ konkretisiert (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 12. August 2010 - 2 AZR 558/09 - Rn. 20). Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist deshalb auch ohne Widerspruch des Betriebsrats im Rahmen der Generalklausel des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zu berücksichtigen(BAG 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B IV 2 a der Gründe; 17. Mai 1984 - 2 AZR 109/83 - zu C III 3 der Gründe, BAGE 46, 191). Entsprechendes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG).

16

2. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich sein.

17

a) Dies setzt zunächst voraus, dass ein freier Arbeitsplatz zu vergleichbaren (gleichwertigen) oder zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 29; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24, BAGE 140, 169). Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - aaO; 1. März 2007 - 2 AZR 650/05 - Rn. 24).

18

b) Der anderweitige - freie - Arbeitsplatz muss für den Arbeitnehmer geeignet sein. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer - ggf. unter Berücksichtigung angemessener Einarbeitungs-, Fortbildungs- oder Umschulungszeiten - den Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes entsprechen kann. Dabei unterliegt die Gestaltung des Anforderungsprofils grundsätzlich der nur auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden unternehmerischen Disposition des Arbeitgebers (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 24; 5. Juni 2008 - 2 AZR 107/07 - Rn. 17).

19

3. Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, wegen der betrieblichen Notwendigkeiten sei eine Weiterbeschäftigung zu den gleichen Bedingungen nicht möglich. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28).

20

4. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG beschäftigen können, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

21

a) Der Kläger hat - seiner sekundären Darlegungslast entsprechend - geltend gemacht, er habe ua. auf dem Arbeitsplatz des zur A-GmbH gewechselten Kollegen als Bagger- und Maschinenführer eingesetzt werden können. Der Vortrag enthält entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Behauptung, er - der Kläger - sei aufgrund seiner Qualifikation in der Lage, den Arbeitsplatz des Kollegen auszufüllen. Der Kläger hat vielmehr zugleich konkludent vorgetragen, der betreffende Arbeitsplatz sei durch den Tätigkeitswechsel des Kollegen absehbar frei geworden.

22

b) Danach war es wiederum Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger nicht bestand. Dies ist ihr - wie das Landesarbeitsgericht nach Beweisaufnahme zutreffend erkannt hat - nicht gelungen.

23

aa) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung unterliegt nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht. Es ist lediglich zu prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO beachtet hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob seine Würdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt und ob sie rechtlich möglich ist (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 28; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51).

24

bb) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und die erhobenen Beweise erwogen. Seine Annahme, es sei nicht erkennbar, dass entweder ein dauerhafter Einsatz des fraglichen Kollegen bei der A-GmbH im Jahr 2010 nicht vorgesehen gewesen sei oder dieser Mitarbeiter nicht habe ersetzt werden müssen, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Bewertungsspielraums.

25

(1) Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der fragliche Mitarbeiter - anders als vom Kläger behauptet - ursprünglich für den Betriebsbereich bei der A-GmbH eingestellt worden war. Von Dezember 2008 bis April 2011 wurde er jedoch - mit Ausnahme vereinzelter Einsätze bei der A-GmbH - im Bereich Straßen- und Tiefbau eingesetzt. Dazu, welche Tätigkeiten er im Zeitraum von Januar bis Juni 2010 verrichtet hatte, konnte die vernommene Zeugin keine Angaben machen. Daraus durfte das Landesarbeitsgericht ohne Verletzung von Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen folgern, die Beklagte habe den Vortrag des Klägers, im Mai 2010 sei im Bereich Straßen- und Tiefbau ein entsprechender Arbeitsplatz vorhanden gewesen, nicht widerlegt. Die Aussage der Zeugin lässt ferner die Möglichkeit zu, dass die Beklagte jedenfalls im Kündigungszeitpunkt von einem - absehbaren - Freiwerden des Arbeitsplatzes ausgehen musste. Insoweit verbleibende Zweifel gingen zu ihren Lasten.

26

(2) Die Behauptung der Beklagten, sie habe im Bereich Straßen- und Tiefbau Kurzarbeit angeordnet und Personal abgebaut, steht der Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht entgegen. Die Anordnung von Kurzarbeit als solche spricht im Allgemeinen dafür, dass die Betriebsparteien von einem nur vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 21). Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel ist kein Indiz für den Wegfall eines Arbeitsplatzes. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als nach den eigenen Angaben der Beklagten in den Monaten August bis November 2010 - dh. noch innerhalb der Kündigungsfrist - keine Kurzarbeit geleistet worden ist. Soweit sich die Beklagte auf einen Personalabbau berufen hat, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen, dass sich dieser auch und gerade auf die vom Kläger begehrte Stelle im Straßen- und Tiefbau bezogen hätte. Dazu, wie sich der Arbeitskräftebedarf im Bereich der fraglichen Bagger- und Maschinenführertätigkeiten konkret gestaltet, hat sie sich nicht substantiiert erklärt.

27

(3) Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, einem Einsatz des Klägers im Bereich Straßen- und Tiefbau stehe der Umstand nicht entgegen, dass er möglicherweise nicht über die erforderliche Erfahrung und die Befugnis zum Führen von Baggern oder sonstigen Maschinen verfüge. Die Arbeitsaufgabe erfordere keine abgeschlossene Berufsausbildung für den Straßen- und Tiefbau. Die Einweisung des Klägers in diesen Tätigkeitsbereich sei der Beklagten auch nicht unzumutbar gewesen. Sie habe nicht dargelegt, welcher Umschulungsaufwand für einen Einsatz des Klägers auf dem begehrten Arbeitsplatz erforderlich gewesen wäre. Auch diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

28

(a) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es entscheidungserheblichen Vortrag übergangen habe, ist unbegründet. Der Kläger hat dargelegt, er habe in vergangenen Jahren Baumaschinen geführt und besitze deshalb entsprechende Grundfertigkeiten. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Dass für die Ausübung der bezeichneten Tätigkeit im Straßen- und Tiefbau darüber hinaus eine abgeschlossene - dreijährige - Berufsausbildung erforderlich wäre, ist ihrem bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gehaltenen Vortrag nicht zu entnehmen. Ein entsprechendes Anforderungsprofil hat sie erst mit ihrer Revisionsbegründung behauptet. Sie hat zwar im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen, mit Baggerarbeiten im Straßen- und Tiefbau könne sie aus Sicherheitsgründen nur ausgebildete Baggerführer beschäftigen. Ihrem Vortrag sind aber keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass ihr eine entsprechende Einweisung, Fortbildung oder Umschulung des langjährig beschäftigten Klägers - etwa aufgrund des dafür erforderlichen Zeitaufwands - unzumutbar gewesen wäre.

29

(b) Der weitere Einwand der Beklagten, die Weiterbeschäftigung des Klägers auf dem fraglichen Arbeitsplatz sei ihr deshalb unzumutbar, weil eine Änderung seiner Arbeitsbedingungen erforderlich gewesen wäre, ist ohne rechtlichen Belang. Besteht eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nur zu geänderten Arbeitsbedingungen, ist der Arbeitgeber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, dem Arbeitnehmer den freien Arbeitsplatz zur Vermeidung einer Beendigungskündigung im Wege der Änderungskündigung anzubieten (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 12; 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 114, 243).

30

(c) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht aus § 139 ZPO verletzt und damit zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, ist unzulässig.

31

(aa) Erhebt der Revisionsführer Verfahrensrügen, müssen diese nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt. Dementsprechend hätte die Beklagte konkret darlegen müssen, welchen Hinweis das Landesarbeitsgericht ihr hätte geben sollen und wie sie darauf reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag sie gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen sie gemacht hätte (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 10; 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13).

32

(bb) Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte legt nicht dar, welchen Hinweis ihr das Gericht hätte geben müssen und wie sie hierauf reagiert hätte.

33

III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Torsten Falke    

        

    Wolf    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.