Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Juni 2016 - 2 Sa 150/15

bei uns veröffentlicht am07.06.2016

Tenor

1. Unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils wird festgestellt, dass der Kläger für jeden zahlungspflichtigen Wochenfeiertag Anspruch auf einen bezahlten freien Tag nach § 11 Satz 3 Anlage 3 TV-N MV hat.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, wie Feiertagsarbeit nach dem maßgeblichen Tarifvertrag zu vergüten beziehungsweise mit Freizeit auszugleichen ist.

2

Die Beklagte betreibt städtischen Nahverkehr in Mecklenburg-Vorpommern. Der Kläger ist seit 1982 als KfZ-Mechaniker in Vollzeit bei der Beklagten bzw. bei deren Vorgängergesellschaften beschäftigt. Er ist eingesetzt in der hauseigenen Werkstatt und arbeitet dort im Schichtdienst. Der Schichtdienst umfasst auch Arbeiten an Wochenenden und an Feiertagen.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 18. März 2003 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 30. Oktober 2007, abgeschlossen zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. (KAV) und der Landesbezirksleitung Schleswig-Holstein / Mecklenburg-Vorpommern der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) Anwendung (hier abgekürzt mit TV-N MV bezeichnet). Die nach § 1 Absatz 1 TV-N MV erforderliche betriebliche Anwendungsvereinbarung sieht die Geltung des Tarifvertrages im Betrieb der Beklagten ab dem 1. Januar 2004 vor. Bis zum 31. Dezember 2003 fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft der beiderseitigen Tarifbindung der Bundesmanteltarifvertrag Gemeinden, Tarifgebiet Ost (BMT-G-O) Anwendung.

4

Der Kläger ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 7 Stufe 2 TV-N MV. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt beträgt derzeit durchschnittlich etwas über 2.900 Euro. Das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 7 Stufe 1 liegt gut 150 Euro unterhalb der dem Kläger zustehenden Stufe 2.

5

In § 9 Absatz 1 TV-N MV ist der Ausgleich für Sonderformen der Arbeit geregelt. Die Norm lautet wörtlich:

6

"(1) Der Arbeitnehmer erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung einen Zeitzuschlag. Er beträgt für

7

a) 

für Überstunden

        

30 v. H.

b) 

für Nachtarbeit

        

25 v. H.

c) 

für Feiertagsarbeit

        

135 v. H.

d) 

Sonntagsarbeit

        

25 v. H.

e) 

für Arbeit am 24. Dezember und am 31. Dezember
sowie an den Tagen vor Ostern- und Pfingstsonntag
in der Zeit von 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr

        

100 v. H.

8

des auf die Arbeitsstunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe. Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge nach Satz 2 Buchstabe c bis e wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

9

Die nach den vorstehenden Sätzen zu zahlenden Zeitzuschläge können auf schriftlichen Antrag im Verhältnis 1:1 in Zeit umgewandelt und dem Arbeitszeitkonto (§ 10) zugeführt werden."

10

§ 20 TV-N M-V bestimmt, dass sich die besonderen Bestimmungen für den Fahrdienst (Arbeitnehmer im Betriebs- und Verkehrsdienst, einschließlich der Verkehrs- und Fahrmeister) aus der Anlage 3 des Tarifvertrages ergeben. § 11 der Anlage 3 TV-N MV lautet wörtlich:

11

"In jedem Kalenderjahr werden so viele unbezahlte freie Tage gewährt, wie Sonntage in dieses Jahr fallen. Im Jahresdurchschnitt müssen mindestens 10 Sonntage dienstplanmäßig freie Tage sein. Ferner werden in jedem Kalenderjahr so viele bezahlte freie Tage gewährt, wie lohnzahlungspflichtige Wochenfeiertage in dieses Jahr fallen."

12

Die besonderen Bedingungen für das Fahrpersonal aus der Anlage 3 zum TV-N MV werden im Betrieb der Beklagten gleichfalls auf die Arbeitnehmer der Werkstatt angewendet, da man die dortigen Belastungen durch die Schichtarbeit als ähnlich belastend ansieht, wie die Arbeitszeiten des Fahrpersonals. Das hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht anwesende Prokuristin der Beklagten so ausdrücklich bestätigt.

13

Die Vergütung von Feiertagsarbeit war in den Verhandlungen zum Abschluss des TV-N MV, die von März 2001 bis März 2003 angedauert hatten, mehrfach Gegenstand der Verhandlungen der Tarifvertragsparteien.

14

Von Seiten der Gewerkschaft gab es in den Verhandlungen den Wunsch, die Zuschlagsregelung für die Arbeit an Feiertagen (ehemals § 22 BMT-G-O bzw. für das Fahrpersonal § 12 der Anlage 1 zum BMT-G-O, nunmehr § 9 TV-N MV) in Hinblick auf die Möglichkeit aus § 3b EStG, Zuschläge für Feiertagsarbeit steuerfrei gewähren zu können, anzupassen bzw. neu zu verhandeln. Regelungstechnisch sollte das dadurch umgesetzt werden, dass man zunächst den Zuschlag für Feiertagsarbeit von 35 Prozent auf 135 Prozent erhöht, um dann in einem zweiten Schritt zu regeln, dass die Zahlung des Zuschlags auch durch Freizeitgewährung oder Gutschrift auf dem Stundenkonto erfüllt werden könne. Da auf Seiten beider Tarifvertragsparteien Unsicherheit darüber herrschte, ob mit einer solchen Regelung die Steuerfreiheit des Zuschlags gewährleistet werden kann, ist dieses Thema in den Verhandlungen mehrfach vertagt worden. Letztlich ist dann der Zuschlag für Arbeit an Feiertagen tatsächlich in Höhe von 135 Prozent in § 9 TV-N MV aufgenommen worden und ergänzend ist der letzte Satz in § 9 Absatz 1, der – nunmehr allerdings nur auf Antrag des Arbeitnehmers – die Erfüllung der Zuschlagszahlung durch Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto ermöglicht. Aufgrund dieser Regelung in § 9 Absatz 1 letzter Satz TV-N MV ist dann die im ersten Arbeitgeberentwurf zu dem Tarifvertrag vorgesehene aus dem BMT-G-O übernommene Differenzierung der Zuschlagshöhe bei Feiertagsarbeit (135 Prozent im Grundsatz, 35 Prozent bei Freizeitausgleich) aufgegeben worden.

15

Auch die Sonderregelungen für das Fahrpersonal nebst der dortigen Regelung bezüglich der Ersatzfeiertage waren Gegenstand der Tarifvertragsverhandlungen. Ursprünglich hatte der KAV MV in Anlehnung an den Spartentarifvertrag Nahverkehr in Brandenburg vorgeschlagen, eventuell notwendige Sonderregelungen für den Fahrdienst in einem gesonderten Paragraphen im eigentlichen Tariftext aufzunehmen. Nach dem Arbeitgeberentwurf sollte das der § 9 sein. § 9 Absatz 11 Arbeitgeberentwurf 2001 sah wörtlich die Regelung vor, die nunmehr in § 11 Anlage 3 TV-N MV vorgesehen ist. Diese Regelung wurde in keiner der zahlreichen Verhandlungsrunden von einer der beiden Tarifvertragsparteien in Frage gestellt. Auf Wunsch der Gewerkschaft sind lediglich die Sonderregelungen für das Fahrpersonal wie im BMT-G-O in einer Anlage zum Tarifvertrag zusammengefasst worden.

16

Bereits im Jahre 2005 gab es von Arbeitgeberseite aus den Versuch, durch einen Änderungstarifvertrag zu regeln oder auch nur klarzustellen, dass es im Fahrdienst neben den freien Tagen aus § 11 Anlage 3 TV-N MV nur einen 35-prozentigen Feiertagszuschlag geben könne (Anschreiben KAV an ver.di vom 15. August 2005, überreicht als Anlage A 4 zum erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 9. Oktober 2014 in der Parallelsache 2 Sa 151/15). Verhandlungen hierüber wurden seitens der Gewerkschaft abgelehnt (Anlage A 5 zum vorerwähnten Schriftsatz in der Parallelsache 2 Sa 151/15). Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Feiertagszuschläge für Fahrpersonal in einigen Betrieben tatsächlich (nur) im Sinne des nicht zustande gekommenen Änderungstarifvertrages vergütet wurden, hatte sich dann 2006 die Gewerkschaft beim Arbeitgeberverband KAV hierüber beschwert (Anlage zum erstinstanzlichen klägerischen Schriftsatz vom 19. November 2014, hier Blatt 83 ff). Der Arbeitgeberverband hat es abgelehnt, auf seine Mitglieder im gewünschten Sinne einzuwirken, da er diese Handhabung für tarifkonform gehalten hat (Kopie des Antwortschreibens hier Blatt 103).

17

Der TV-N MV ist sodann im Jahre 2007 in Punkten, die für den vorliegenden Fall keine Rolle spielen, abgeändert worden. Der Wunsch der Arbeitgeberseite, bei dieser Gelegenheit auch die Frage der Feiertagsvergütung im Fahrdienst neu oder klarstellend zu regeln, wurde von der Gewerkschaft abgelehnt. Der TV-N MV ist daher 2007 in den hier streiterheblichen Passagen unverändert geblieben.

18

Bis zur Klageerhebung war es bei der Beklagten üblich, Feiertagsarbeit in der Werkstatt und im Fahrdienst mit einem Zuschlag von 35 Prozent in Geld abzugelten und dem Arbeitnehmer, der an einem Feiertag gearbeitet hatte, zusätzlich einen freien vergüteten Arbeitstag zu gewähren. Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger keinen Antrag gestellt hat, die Zuschläge für Feiertagsarbeit aus § 9 TV-N MV statt sie auszuzahlen, dem Arbeitszeitkonto umgerechnet in Arbeitszeit als Plusstunden hinzuzufügen. Ebenso ist unstreitig, dass für die Freizeitgewährung auch die bezahlten freien Tage, auf die der Kläger nach § 11 Anlage 3 TV-N MV in Verbindung mit der betrieblichen Gleichstellung des Werkstattpersonals mit dem Fahrpersonal Anspruch hat, genutzt wurden.

19

Diese Art der Abgeltung von Feiertagsarbeit verstößt nach Auffassung des Klägers gegen die tarifvertraglichen Regelungen. Der Kläger ist der Ansicht, er habe nach § 11 der Anlage 3 TV-N MV unabhängig von der konkreten Diensteinteilung einen Anspruch darauf, im Umfang der im Kalenderjahr anfallenden "bezahlten" Wochenfeiertage, bezahlte freie Tage zu bekommen. Sofern er dann tatsächlich an einem Feiertag zur Arbeit eingeteilt sei, habe er zusätzlich noch neben seiner regulären Vergütung Anspruch auf den Entgeltzuschlag in Höhe von 135 Prozent aus § 9 Absatz 1 Buchstabe c) TV-N MV. Die Beklagte hat außergerichtlich eine Vergütung und Freistellung nach dieser Auslegung der tariflichen Regelungen abgelehnt.

20

Mit der im Juli 2014 beim Arbeitsgericht Rostock anhängig gemachten Klage verfolgt der Kläger sein Interesse, den Tarifvertrag wie von ihm verstanden anzuwenden, mit Feststellungs- und Zahlungsanträgen weiter. Im Laufe des erstinstanzlichen Rechtsstreits hat die Beklagte zugestanden, dass sie ohne einen Antrag des Arbeitnehmers nicht berechtigt ist, den Zuschlag in Höhe von 135 Prozent aus § 9 Absatz 1 TV-N MV für Arbeitsleistungen an Feiertagen in einen Zuschlag in Höhe von 35 Prozent zuzüglich eines bezahlten freien Arbeitstages umzuwandeln. Nach der Kammerverhandlung vom 5. Mai 2015 haben die Parteien daraufhin folgenden Teilvergleich abgeschlossen (Blatt 234):

21

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den nach § 9 Absatz 1 Satz 2 c TV-N MV vom 18.03.2003 vorgegebenen Zeitzuschlag für Feiertagsarbeit in Höhe von 135 von Hundert ohne ausdrücklichen schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers dadurch zu begleichen, dass ein Zuschlag in Höhe von 35 von Hundert als Zahlbetrag überwiesen wird und die Begleichung der Differenz in Höhe von 100 von Hundert in Gestalt eines freien vergüteten Arbeitstages gewährt wird.

22

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger 330,00 € brutto als Feiertagsvergütung für den Zeitraum 15.11.2012 bis 15.06.2014."

23

Damit haben die Parteien zuletzt vor dem Arbeitsgericht nur noch im Rahmen von Feststellungsanträgen darum gestritten, ob dem Kläger über den Teilvergleich bzw. über die Ansprüche aus § 9 TV-N MV hinaus weitere Ansprüche aus § 11 Anlage 3 TV-N MV zustehen.

24

Das Arbeitsgericht Rostock hat die Klage mit Schlussurteil vom 16. Juni 2015 als unbegründet abgewiesen und den Streitwert auf 601,00 Euro festgesetzt (2 Ca 918/14). Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

25

Der Kläger verfolgt mit der rechtzeitig eingelegten und fristgemäß begründeten Berufung sein ursprüngliches Klageziel mit den zuletzt vor dem Arbeitsgericht noch gestellten Feststellungsanträgen unverändert weiter.

26

Der Kläger vertritt auch im Berufungsrechtszug die Auffassung, neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung an Feiertagen sei ein Zeitzuschlag in Höhe von 135 Prozent des auf die Arbeitsstunde entfallenden Anteils eines monatlichen Entgelts der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe pro Arbeitsstunde am Feiertag zu zahlen. Hinzu komme noch der Anspruch aus § 11 der Anlage 3 zum TV-N MV. Danach habe der Kläger noch einen Anspruch auf zusätzliche bezahlte freie Tage.

27

Der Wortlaut des Tarifvertrages sei eindeutig. Die Heranziehung der weiteren anerkannten Auslegungsregeln für Tarifverträge führe – entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts – nicht zu einem anderen Ergebnis. Insbesondere der vom Arbeitsgericht im Rahmen der Tarifhistorie gezogene Vergleich zu den Regelungen aus dem BMT-G-O sei nicht zulässig. Mit den Spartentarifverträgen Nahverkehr hätten die Arbeitgeber hier im Land und auch in den anderen Tarifgebieten das Ziel verfolgt, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, weil sie meinten, nur so wettbewerbsfähig bleiben zu können. Die Arbeitnehmer hätten daher an verschiedensten Punkten Abstriche gegenüber der bisherigen Tariflage hinnehmen müssen. Schon von daher sei der Ansatz des Arbeitsgerichts, man habe im TV-N MV die fein austarierten Gerechtigkeitsüberlegungen aus dem BMT-G-O unverändert in das neue Tarifwerk übertragen wollen, falsch. Der TV-N MV stelle vielmehr einen Versuch dar, eigenständig einen gerechten Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen herzustellen. Mit diesem Leitgedanken sei es ohne weiteres vereinbar anzunehmen, ob der vielen Abstriche an anderer Stelle habe man dem Fahrpersonal wenigstens in der Frage der Feiertagsbezahlung eine Regelung zukommen lassen wollen, die eine Verbesserung gegenüber der bisherigen Tarifsituation darstelle.

28

Soweit das Fahrpersonal dadurch gegenüber den sonstigen Beschäftigten der Nahverkehrsbetriebe bevorzugt würde, würde es reichlich sachliche Anlässe für diese Besserstellung geben, da die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals wegen der abverlangten hohen Flexibilität in der Arbeitszeit und den fehlenden freien Wochenenden besonders belastend seien. Im Übrigen habe es im Zuge der Einführung des TV-N MV auch Kürzungen unterschiedlichen Ausmaßes für Fahrpersonal und die übrigen Beschäftigten gegeben, so dass dem Vergleich der Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals mit den Arbeitsbedingungen der übrigen Arbeitnehmer keine Aussagekraft zukomme.

29

Die Darstellung der Beklagten, die Aufrechterhaltung von § 11 Anlage 3 TV-N MV sei ein offensichtliches Redaktionsversehen, sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Es gebe keinen Beleg dafür, dass auch die Gewerkschaft ver.di bei der Verhandlung über die Zuschläge für Feiertagsarbeit sachgedanklich immer bereit gewesen sei, bei einer Erhöhung der Zuschläge wie geschehen, die Sonderregelung für das Fahrpersonal in § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV zu streichen. Dieser Zusammenhang sei zu keiner Zeit in den Verhandlungen zum TV-N MV so hergestellt worden.

30

Die tarifliche Praxis sei nicht geeignet, die klägerische Argumentation zu widerlegen. Tatsächlich geben es Betriebe, die dem TV-N MV unterfallen, die die Vergütung von Feiertagsarbeit im Sinne des Klägers vornehmen würden. Auch der Blick in vergleichbare Regelungen aus anderen Tarifgebieten sei unergiebig. Mit der Umsetzung der Idee der Spartentarifverträge sei in Abkehr vom BMT-G-O eine Regionalisierung der Tarifabschlüsse gewollt gewesen, die dann naturgemäß auch dazu führen könnte, dass sich die Arbeitsbedingungen uneinheitlich entwickeln. Ob die getroffene Regelung wirtschaftlich vertretbar sei, sei ohne Bedeutung und nicht justiziabel. Im Übrigen sei die wirtschaftliche Mehrbelastung, die mit der klägerischen Auslegung des Tarifvertrages verbunden ist, überschaubar.

31

Der Kläger beantragt,

32

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 16.06.2015 (2 Ca 918/14) festzustellen,

33

1. dass der Kläger Anspruch auf so viele zusätzliche bezahlte freie Tage hat wie lohnzahlungspflichtige Wochenfeiertage in das Jahr fallen;

34

2. dass über den Anspruch auf Bezahlung an Wochenfeiertagen hinaus der Ansprüche auf Zahlung eines Zeitzuschlages nach § 9 Absatz 1 Satz 2 c TV-N MV und der Anspruch auf einen bezahlten weiteren freien Tag nach § 11 Satz 3 Anlage 3 TV-N MV, wenn an einem weiteren lohnzahlungspflichtigen Arbeitstag gearbeitet worden ist, nebeneinander stehen und eine Verrechnung unzulässig ist;

35

3. festzustellen, dass über den Anspruch auf Bezahlung an Wochenfeiertagen hinaus die Ansprüche auf Zahlung eines Zeitzuschlages nach § 9 Absatz 1 Satz 2 c TV-N MV sowie auf einen Ersatzruhetag nach § 11 Satz 3 Anlage 3 TV-N MV, wenn an einem weiteren lohnzahlungspflichtigen Arbeitstag gearbeitet worden ist, nebeneinander stehen und eine Verrechnung unzulässig ist.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Sie trägt vor, die Regelung der Feiertagsvergütung für die Arbeitnehmer im Fahrdienst nach § 20 TV-N MV in Verbindung mit § 11 Satz 3 der Anlage 3 zum TV-N MV beruhe auf einem Redaktionsversehen und beruft sich zur Begründung auf die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages. Bei der Aufnahme des Zuschlags in Höhe von 135 Prozent in § 9 TV-N MV sei ungewollt nicht beachtet worden, dass die Arbeitnehmer im Fahrdienst in § 11 Anlage 3 TV-N MV bereits zusätzliche bezahlte freie Tage gewährt bekommen.

39

Tatsächlich entspreche die klägerische Auslegung des Tarifvertrages (135 Prozent Zuschlag für Feiertagsarbeit zuzüglich freier bezahlter Tage nach § 11 Anlage 3 TV-N MV) nicht der gelebten Tarifpraxis. In diesem Zusammenhang bezieht sich die Beklagte auf die Handhabung des Tarifvertrages in fünf weiteren Nahverkehrsbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern (wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen).

40

Die Beklagte vertritt darüber hinaus die Auffassung, eine Regelung, die die Mitarbeiter des Fahrdienstes im Hinblick auf die Abgeltung von Feiertagsarbeit besserstellt als andere Berufsgruppen, verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung und auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42

Die Berufung ist im ausgeurteilten Umfang begründet.

I.

43

Der Berufungsantrag zu 1 ist zulässig.

44

Der klägerische Antrag zu 1 bedarf der Auslegung. Seinem Wortlaut nach begehrt der Kläger lediglich die Feststellung, dass er einen Anspruch auf die bezahlten Ersatzfeiertage hat, die tariflich in § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV vorgesehen sind. Tatsächlich geht sein Begehren jedoch dahin festzustellen, dass ihm der Anspruch aus § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV neben dem Anspruch aus dem Teilvergleich vom 5. Mai 2015 bzw. neben dem Anspruch aus § 9 Absatz 1 Satz 2 Buchst. c TV-N MV zusätzlich zusteht. Das hat der Kläger auf Seite 2 seiner Berufungsbegründung (hier Blatt 274) nochmals ausdrücklich hervorgehoben.

45

Mit diesem Sinn ist der Antrag zulässig, denn das gleichzeitige Bestehen beider Ansprüche steht zwischen den Parteien in Streit.

II.

46

Mit dieser Auslegung ist der Berufungsantrag zu 1 begründet. Der Kläger hat nach § 11 Satz 3 Anlage 3 TV-N MV einen Anspruch auf bezahlte freie Tage im Umfang der im Kalenderjahr anfallenden "bezahlten" Wochenfeiertage (Ersatzfeiertage), der unabhängig von den klägerischen Ansprüchen auf die Zulage aus § 9 Absatz 1 Satz 2 Buchst. c TV-N MV besteht. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.

47

Der Kläger fällt zwar nicht unter den tariflichen Anwendungsbereich der Anlage 3 TV-N MV, da er nicht zum Fahrpersonal im Sinne von § 20 TV-N MV gehört. Er kann sich gleichwohl auf die Anlage 3 TV-N MV berufen, da die Beklagte in zulässiger Weise die besonderen Regelungen für das Personal übertariflich auch auf ihre Arbeitnehmer der Werkstatt anwendet.

1.

48

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 18. Mai 2006 – 6 AZR 422/05 – ZTR 2007, 42; BAG 26. November 2003 – 4 AZR 693/02 – AP Nr. 30 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa = ZTR 2004, 426; BAG 5. Oktober 1999 – 4 AZR 578/98 – AP Nr. 15 zu § 4 TVG Verdienstsicherung = DB 2000, 429).

2.

49

Der Wortlaut des Tarifvertrages und die systematische Auslegung sprechen für die klägerische Auslegung. § 11 Anlage 3 TV-N MV und § 9 Absatz 1 Satz 2 Buchst. c) TV-N MV sehen für unterschiedliche Sachverhalte unterschiedliche Rechtsfolgen vor und sind daher unabhängig voneinander jeweils für sich anzuwenden.

50

Tatbestand und Rechtsfolgen beider Regelungen sind unterschiedlich.

a)

51

§ 11 Anlage 3 TV-N MV hat die Jahresdienstplanung im Auge und schreibt vor, dass für das Fahrpersonal, vergütete freie Tage – man könnte sie "Ersatzfeiertage" nennen – im Dienstplan festgelegt werden müssen, da das Fahrpersonal verpflichtet ist, auch an Feiertagen zu arbeiten. Die Tarifnorm vermittelt also einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Arbeitsaufgabe verpflichtet sind, gegebenenfalls auch an den gesetzlichen Feiertagen zur Arbeit anzutreten.

52

Diese tarifliche Regelung steht in engem Zusammenhang mit § 11 Absatz 3 Satz 2 ArbZG. Nach dieser Norm muss dem Arbeitnehmer, der an einem Feiertag beschäftigt wird, der auf einen Werktag fällt, ein Ersatzruhetag gewährt werden. Über diese Norm hinausgehend sieht der Tarifvertrag allerdings vor, dass der Arbeitnehmer an diesen Ersatzfeiertagen zu vergüten ist, wie wenn er an dem Ersatzfeiertag an sich zur Arbeit eingeteilt gewesen wäre.

53

Mit der – gesetzlich nicht vorgesehenen – allein tariflich geregelten Vergütungspflicht während der Inanspruchnahme der Ersatzfeiertage will der Tarifvertrag eine Gleichstellung mit den tarifunterworfenen Arbeitnehmern bewirken, deren Arbeit wegen des Feiertags ausfällt und die für diese Feiertage nach § 2 EFZG vergütet werden. Daher stellt § 11 Anlage 3 TV-N MV auch nicht pauschal auf die Anzahl der gesetzlichen Feiertage ab, sondern nur auf die Wochenfeiertage und innerhalb der Gruppe der Wochenfeiertage sogar nur auf die "lohnzahlungspflichtigen" Wochenfeiertage. Die Anzahl der "lohnzahlungspflichtigen" Wochenfeiertag im Kalenderjahr ist wegen dieses Gleichstellungshintergrundes danach zu bemessen, für wie viele Feiertage die anderen tarifunterworfenen Arbeitnehmer ohne Arbeitspflicht an Feiertagen im jeweiligen Kalenderjahr Anspruch auf Vergütung nach § 2 EFZG haben (ausführlich dazu BAG 20. September 2000 – 5 AZR 20/99 – AP Nr. 4 zu § 15 BMT-G II = PersR 2001, 177 = BB 2001, 996).

54

Die Anzahl der "lohnzahlungspflichtigen" Wochenfeiertage schwankt daher von Jahr zu Jahr. Würde man beispielsweise für die Beschäftigten der Beklagten, die nicht zum Fahrpersonal rechnen, von einer regelmäßigen Arbeitswoche von Montag bis Freitag ausgehen, würden demnach all die Feiertage zu den "lohnzahlungspflichtigen" Wochenfeiertagen zählen, die auf die Tage Montag bis Freitag fallen. Im Jahre 2014, als der Streit der Parteien zu Gericht getragen wurde, sind alle 10 Feiertage in Mecklenburg-Vorpommern (1. Januar, Karfreitag, Ostermontag, 1. Mai, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, 3. Oktober, 31. Oktober, 25. und 26. Dezember) auf die Arbeitstage von Montag bis Freitag gefallen, es gab also 10 "lohnzahlungspflichtige" Wochenfeiertage im Sinne von § 11 Anlage 3 TV-N MV. Im Jahre 2015 gab es nur 7 "lohnzahlungspflichtige" Wochenfeiertage, da der 3. Oktober, der 31. Oktober und der 26. Dezember auf einen Samstag fielen, der in dem gewählten Beispiel außerhalb der Arbeitswoche liegt. 2016 gibt es insgesamt nur 8 Wochenfeiertage, da der 1. Mai und der 25. Dezember auf einen Sonntag fallen.

55

Neben der im Verlauf der Kalenderjahre schwankenden Anzahl der nach § 11 Anlage 3 TV-N MV einzuplanenden Ersatzfeiertage ist hervorzuheben, dass der Anspruch auf die Ersatzfeiertage vollständig unabhängig davon ist, ob der einzelne betroffene Fahrer an einem der gesetzlichen Wochenfeiertage tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird. § 11 Anlage 3 TV-N MV kann daher nicht als eine Regelung begriffen werden, die die richtige Vergütung für Arbeit an Feiertagen im Blick hat.

b)

56

§ 9 Absatz 1 Satz 2 Buchst. c TV-N MV regelt dagegen allein Fragen der Vergütung, wenn Arbeitnehmer an Feiertagen zur Arbeit herangezogen werden. Diese Regelung gilt sowohl für das Fahrpersonal als auch für alle anderen Arbeitnehmer, die – aus welchen Gründen auch immer – an einem Feiertag Arbeitsleistungen erbracht haben. Der Zuschlag wird für Arbeit an allen Feiertagen fällig und nicht nur für Arbeit an Wochenfeiertagen und schon gar nicht nur für Arbeit an "lohnzahlungspflichtigen" Wochenfeiertagen.

57

Mit der Zahlung des Zuschlages wird honoriert, dass der Arbeitnehmer Arbeitspflicht hat, während andere – gegebenenfalls auch die anderen Mitglieder der Familie des Arbeitnehmers – frei haben.

c)

58

Wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen, die mit den beiden Regelungen verfolgt werden, wegen der unterschiedlichen Tatbestände und wegen der unterschiedlich geregelten Rechtsfolgen in beiden Normen, ist es nicht möglich, die Erfüllung der einen Norm durch den Arbeitgeber gleichzeitig als Erfüllung der anderen Norm anzusehen. Der Arbeitgeber – hier die Beklagte – muss vielmehr beide Ansprüche unabhängig voneinander erfüllen.

3.

59

Mit der Beklagten geht das Gericht davon aus, dass die Regelungen zur Feiertagsvergütung für Arbeitnehmer des Fahrpersonals im TV-N MV im Abgleich mit der Regelungsidee, die den Veränderungen im Vergleich zur Tariflage unter dem BMT-G-O zu Grunde liegt, misslungen sind.

60

Denn in der Zusammenschau führen die beiden streitigen Tarifnormen tatsächlich dazu, dass ein Arbeitnehmer, der zum Fahrpersonal gehört, für seine Tätigkeit an einem beliebigen Feiertag, die normale Vergütung für seine Arbeit an diesem Tag erhält, zuzüglich des Zeitzuschlages in Höhe von 135 Prozent aus § 9 TV-N MV, obwohl sein Interesse, keine Nachteile aus seiner Pflicht, auch feiertags zu arbeiten, zusätzlich bereits durch § 11 Anlage 3 TV-N MV berücksichtigt ist. Die Beklagte hat das griffig auf die Formel gebracht, einem solchen Arbeitnehmer stünde damit für die Tätigkeit an Feiertagen ein Entgelt zu, das 335 Prozent der Normalvergütung erreiche. Diese plakative Formel trifft im Kern zu, auch wenn man bei einer Detailbetrachtung zu etwas differenzierteren Ergebnissen kommen würde. Im Vergleich dazu lagen die Kosten der Feiertagsarbeit aus Arbeitgebersicht unter Geltung des BMT-G-O ungefähr bei 225 Prozent der Normalvergütung. Diese Verteuerung der Kosten der Feiertagsarbeit für Arbeitnehmer des Fahrpersonals war, das ergibt sich aus dem Verlauf der Tarifvertragsverhandlungen zum TV-N MV von 2001 bis 2003, so nicht gewollt.

61

Der 2001 vorgelegte erste Entwurf der Arbeitgeberseite zum Spartentarifvertrag Nahverkehr MV sah bezüglich der Zuschläge für Arbeit an Feiertagen einheitlich für alle tarifunterworfenen Arbeitnehmer differenzierte Zuschläge vor und zwar 35 Prozent, wenn es dafür zusätzlich Freizeitausgleich gibt und 135 Prozent, wenn kein Freizeitausgleich ergänzend hinzutritt. Diese sozusagen althergebrachte Regelung wurde von Seiten der Gewerkschaft zur Disposition gestellt, da das Entgelt für den vergüteten Freizeitausgleich in Form freier Tage vollständig der Steuer- und Beitragspflicht unterliegt.

62

Die Regelungsidee der Gewerkschaft war es dagegen, eine Zuschlagsregelung zu schaffen, die im bestmöglichen Umfang die Steuerfreiheit der Zuschläge für Feiertagsarbeit nach § 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) nutzt. Auf diese Regelungsidee hat sich die Arbeitgeberseite eingelassen, sie ist erkennbar die gemeinsame Grundlage beider Tarifpartner für die schließlich unterzeichnete Fassung des Tarifvertrages geworden.

63

Aus dem von den Parteien ausgiebig geschilderten Verlauf der Tarifvertragsverhandlungen ergibt sich, dass sie zu keinem Zeitpunkt an dem "Preis", den der Arbeitgeber für Feiertagsarbeit aufzuwenden hat, Veränderungen vornehmen wollten. Es ging nur um eine Umschichtung der Elemente dieses Preises mit dem Ziel, die steuerliche Belastung der Arbeitnehmer durch ihr Einkommen zu verringern. Dass es den Tarifvertragsparteien nicht um eine Abänderung des Preises für die Feiertagsarbeit ging, ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass es in den zahlreichen Verhandlungsrunden, die sich mit den Zuschlägen bei Feiertagsarbeit beschäftigt haben, immer nur um die Frage ging, wie man eine Regelung formulieren müsste, die die erhofften steuerlichen Effekte auch tatsächlich bewirken kann.

64

Bei der Umsetzung der gemeinsamen Regelungsidee sind dann allerdings Fehler passiert. Um diese Regelungsidee umzusetzen, musste man zunächst einmal sämtliche Vergünstigungen, die mit der Arbeit an Feiertagen verbunden sein sollten, einheitlich als Zuschlag im Tarifvertrag ausweisen (nunmehr durchweg 135 Prozent, vgl. § 9 Absatz 1 Satz 2 TV-N MV). Um die Steuerfreiheit dieses Zuschlags zu sichern, durfte der Arbeitgeber nicht mehr die Freiheit haben, den Zuschlag durch bezahlte Freistellung an anderen Tagen ganz oder teilweise zu substituieren. Eine Umwandlung des Entgeltzuschlags in Freizeit durfte nach dem Regelungskonzept der Steueroptimierung allein vom Willen des Arbeitnehmers abhängen, was im Tarifvertrag durch die Option umgesetzt wurde, dass der Arbeitnehmer den in Arbeitsstunden umgerechneten Zuschlag zu seinen Gunsten dem Arbeitszeitkonto gutschreiben lassen dürfe (§ 9 Absatz 1 Satz 3 TV-N MV).

65

Mit der neuen Regelung zum Feiertagszuschlag hat sich allerdings der Charakter der Freistellung grundlegend verändert. Während unter Geltung des BMT-G-O der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung für einzelne Tage von der Pflicht zur Arbeitsleistung freistellen musste, verdient der Arbeitnehmer heute bei Feiertagsarbeit zwar einen höheren Zuschlag (135 Prozent), muss dafür jedoch in Kauf nehmen, dass der Freizeitausgleich nunmehr nicht mehr vergütet ist. Das ergibt sich aus der Regelung zur Umwandlung des Zuschlags in Arbeitszeit, die dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden muss (auf Antrag des Arbeitnehmers, § 9 Absatz 1 Satz 3 TV-N MV). Da Plusstunden im Arbeitszeitkonto der Sache nach lediglich die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers zeitlich verschieben und damit rechtlich betrachtet eine bloße Stundungsabrede darstellen, bleibt es auch bei der Umwandlung des Entgeltsanspruchs in Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei der Pflicht des Arbeitgebers, für die Feiertagsarbeit einen Zuschlag von 135 Prozent zu leisten unabhängig davon, ob er dies durch Zahlung bei Fälligkeit erfüllt oder durch Zahlung im Rahmen einer Freistellung zu Lasten des Stundenkontos. Während also der Arbeitnehmer unter Geltung des BMT-G-O an seinen Ersatzfeiertagen Entgelt bezogen hat, wie wenn er an diesem Tag gearbeitet hätte, erhält er heute eine nicht vergütete Freistellung verbunden mit der Auszahlung von Entgelt, das er an anderen Tagen bereits verdient hatte und dessen Auszahlung lediglich einvernehmlich aufgeschoben wurde.

66

Da man den "Preis" der Feiertagsarbeit wegen der Steuervorteile eigentlich nunmehr vollständig in dem Zuschlag für Feiertagsarbeit zum Ausdruck gebracht hat, hätte man konsequenterweise auch Veränderungen bezüglich der Behandlung der Feiertage für Arbeitnehmer des Fahrpersonals in § 11 Anlage 3 TV-N MV vornehmen müssen. Dies ist aus Gründen, die von keiner der beiden Seiten erläutert wurde, unterblieben, obwohl beide Parteien vor Gericht durch die Verbände vertreten werden, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben und zusätzlich auch Vertreter der Beklagten an den Tarifvertragsverhandlungen 2001 bis 2003 teilgenommen hatten. Selbst aus den überreichten Unterlagen ergibt sich an keiner Stelle, dass eine oder beide Tarifparteien den Sachzusammenhang zwischen beiden hier streitigen Tarifregelungen gesehen oder gar angesprochen hatten. Damit kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Tarifparteien den Sachzusammenhang gesehen, seine sachgerechte Behandlung jedoch versehentlich unterlassen haben. Vielmehr kann nur festgestellt werden, dass die Tarifvertragsparteien eine Regelung getroffen haben, deren wirtschaftliche Belastung für die Arbeitgeberseite deutlich über das hinausgeht, was Gegenstand der Verhandlungen war.

67

Allein mit diesem Befund kann der Tarifvertrag allerdings nicht gegen seinen eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden. Nach der eingangs geschilderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es auf den Willen der Tarifvertragsparteien als Element der Tarifauslegung nur an, soweit die Auslegung des Wortlauts nicht zu eindeutigen Ergebnissen führt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

4.

68

Das Berufungsgericht hat verschiedene Möglichkeiten erwogen, die – wirtschaftlich betrachtet – misslungenen Regelungen zur Vergütung der Feiertagsarbeit für das Fahrpersonal unter Wahrung des Gedankens der wirtschaftlichen Neutralität der Veränderungen in der Zuschlagsfrage durch Anpassung der nicht ausreichend aufeinander abgestimmten Regelungen in § 9 TV-N MV und in § 11 Anlage 3 TV-N MV zum Ausgleich zu bringen. Keiner dieser Versuche ist erfolgreich.

a)

69

Die Beklagte meint, man müsse den Tarifvertrag so lesen, wie wenn die Ersatzfeiertage für das Fahrpersonal (§ 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV) nunmehr nicht mehr zu vergüten seien. Eine solche Auslegung ist nicht möglich, da in § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV ausdrücklich von bezahlten freien Tagen die Rede ist. Beide streitigen Regelungen sind mit dem Willen beider Tarifvertragsparteien so in Kraft gesetzt worden, beide Tarifvertragsparteien unterlagen insoweit lediglich einem Irrtum über die wirtschaftlichen Folgen der von ihnen geschaffenen Normen. In der Rechtsgeschäftslehre würde man von einem unbeachtlichen Kalkulationsirrtum sprechen.

70

Selbst wenn man entgegen der Überzeugung des Gerichts zu Gunsten der Beklagten unterstellt, der Tarifvertrag könne mit Blick auf sein Regelungskonzept in der Zuschlagsfrage korrigierend ausgelegt werden, scheitert eine solche Korrektur vorliegend daran, dass sich aus dem erkennbaren Regelungskonzept keine eindeutigen Folgerungen ziehen lassen, wie die Korrektur des Tarifvertrages im Bereich von § 11 Anlage 3 TV-N MV vorzunehmen ist.

71

Das ergibt sich aus dem Bezug, den § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV zu § 11 Absatz 3 Satz 2 ArbZG aufweist. § 11 Satz 2 Anlage 3 TV-N MV erweitert die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers aus § 11 Absatz 3 Satz 2 ArbZG, Arbeitnehmern, die an Feiertagen arbeiten, Ersatzruhetage zu gewähren, um die Vergütungspflicht für diese Ersatzruhetage. Innerhalb des erkennbaren Regelungskonzepts der Steueroptimierung durch den unbedingten Zeitzuschlag in Höhe von 135 Prozent, gibt es allerdings mehrere Möglichkeiten, wie man § 11 Anlage 3 TV-N MV hätte anpassen können, um eine Erweiterung der wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers durch Feiertagsarbeit zu vermeiden. Man hätte einerseits die Vergütungspflicht für die Ersatzfeiertage fallen lassen können, oder man hätte unter Rückgriff auf die Tariföffnungsklausel aus § 12 Nr. 2 ArbZG wegen der Möglichkeit, die Zuschläge in Freizeitguthaben auf dem Arbeitszeitkonto umzuwandeln, die Ersatzruhetage nach § 11 Absatz 3 Satz 2 ArbZG auch gänzlich streichen können. Da das Regelungskonzepts des Tarifvertrages in diesem Punkt keine eindeutigen Schlussfolgerungen zulässt, kann der Tarifvertrag nicht korrigierend mit Blick auf dieses Regelungskonzept ausgelegt werden.

b)

72

Das Gericht hat auch erwogen, § 9 Absatz 1 TV-N MV dahin auszulegen, dass der Feiertagszuschlag Arbeitnehmern, die dem Fahrpersonal angehören, nur dann zusteht, wenn sie an den Ersatzfeiertagen nach § 11 Anlage 3 TV-N MV zur Arbeit herangezogen werden. Damit wäre zwar eine in sich stimmige Regelung geschaffen, die auf der Gleichstellungsidee, die der Schaffung der Ersatzfeiertage für das Fahrpersonal zu Grunde liegt, aufbaut.

73

Da jedoch in § 9 TV-N MV nur pauschal von Feiertagen die Rede ist und nicht auch – bezogen auf das Fahrpersonal – von Ersatzfeiertagen und da § 11 Anlage 3 TV-N MV auch keine Klarstellung vornimmt, dass für Arbeitseinsätze an den ausgewiesenen Ersatzfeiertagen Zuschläge wie für Feiertagsarbeit außerhalb des Fahrpersonals zu zahlen sind, sieht das Gericht keine Möglichkeit, den Tarifvertrag mit Blick auf diese Regelungsidee gegen seinen Wortlaut auszulegen.

74

Im Übrigen entspricht diese mögliche Auslegung des Tarifvertrages offensichtlich auch nicht der gelebten Tarifpraxis der tarifunterworfenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und auch nicht der gelebten Praxis im Betrieb der Beklagten.

c)

75

Auch die übrigen Argumente der Beklagten, die man dem Gesichtspunkt der Praktikabilität des Auslegungsergebnisses zuordnen könnte, sind nicht tragfähig.

76

Es erscheint abwegig anzunehmen, mit der hier vorgenommenen Auslegung des Tarifvertrages verstoße dieser gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und führe zu einer rechtswidrigen Benachteiligung der Arbeitnehmer, die nicht zum Fahr- oder Werkstattpersonal rechnen. Denn die Arbeitsbedingungen des Fahrpersonals sind wegen der ständig wechselnden Lage und Dauer ihrer Arbeitszeit und wegen der Arbeitspflicht an Wochenenden und an Feiertagen signifikant belastender als die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer im Nahverkehr, die nicht zum Fahrpersonal rechnen. Das gilt in vergleichbarer Weise für die Arbeitnehmer in der Werkstatt, die im Schichtbetrieb arbeiten müssen und dieser auch Arbeiten an den Wochenenden und an Feiertagen einschließt. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten ist es daher nicht auffällig, diesen Erschwernissen durch unterschiedliche Entgelte Rechnung zu tragen.

77

Auch der Vergleich mit der Rechtslage unter Geltung des BMT-G-O, der im Betrieb der Beklagten bis Ende 2003 zur Anwendung kam, erzwingt keine andere Auslegung des Tarifvertrages. Denn mit den Spartentarifverträgen Nahverkehr wollte man Regelungen schaffen, die vom BMT-G-O abweichen. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehrs wollte man in der Tendenz zwar Regelungen schaffen, die die Kosten des Einsatzes der Arbeitnehmer absenken, dies schließt es jedoch nicht aus, in einzelnen Punkten zu Regelungen zu kommen, die im Vergleich zur bisherigen Tariflage günstiger sind. Dementsprechend ist auch der Verweis auf die Kosten der Feiertagsarbeit in anderen Spartentarifverträgen wenig hilfreich. Denn mit der Regionalisierung der Tarifverträge im Nahverkehr ist notwendig die Möglichkeit verknüpft, dass sich die Arbeitsbedingungen in den einzelnen Tarifgebieten unterschiedlich entwickeln.

5.

78

Die Rechtsfrage, ob der Arbeitgeberverband unter Umständen einen Anspruch gegen die Gewerkschaft hat, den Tarifvertrag im Sinne der erkennbaren Regelungsidee in den streitigen Regelungen ergänzend zu verhandeln, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

II.

79

Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger im Berufungsrechtszug seine Klageanträge zu 2 und 3 weiter verfolgt.

80

Die Klage ist insoweit bereits unzulässig, denn die Klageanträge zu 2 und 3 haben erkennbar keinen Inhalt, der über den zugesprochenen Klageantrag zu 1 hinausgeht. Diese Auslegung der Klageanträge zu 2 und 3 war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, erhebliche Einwände sind nicht vorgetragen worden.

III.

81

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte allein, da sie den Rechtsstreit im Wesentlichen verloren hat (§ 91 ZPO). Das Unterliegen des Klägers mit den Anträgen zu 2 und 3 fällt nicht ins Gewicht, da deren Behandlung keine zusätzlichen Kosten veranlasst hat (§ 92 Absatz 2 Nr. 1 ZPO).

82

Das Gericht hat die Revision gegen dieses Urteil nach § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Juni 2016 - 2 Sa 150/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Juni 2016 - 2 Sa 150/15

Referenzen - Gesetze

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 07. Juni 2016 - 2 Sa 150/15 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 4 Wirkung der Rechtsnormen


(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen

Tarifvertragsgesetz - TVG | § 1 Inhalt und Form des Tarifvertrags


(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen könne

Einkommensteuergesetz - EStG | § 3b Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit


(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie 1. für Nachtarbeit 25 Prozent,2. vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,3. vo

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 11 Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung


(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben. (2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 u

Arbeitszeitgesetz - ArbZG | § 12 Abweichende Regelungen


In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden, 1. abweichend von § 11 Abs. 1 die Anzahl der beschäftigungsfreien Sonntage in den Einrichtungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3,

Mitteilungsverordnung - MV | § 9 Empfänger der Mitteilungen


(1) Die Mitteilungen sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk der Zahlungsempfänger oder derjenige, für den ein Verwaltungsakt bestimmt ist, seinen Wohnsitz hat. Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ist die Mitteilu

Referenzen

(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie

1.
für Nachtarbeit 25 Prozent,
2.
vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,
3.
vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,
4.
für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent
des Grundlohns nicht übersteigen.

(2)1Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen.2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr.3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages.4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.

(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,
2.
als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Mitteilungen sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk der Zahlungsempfänger oder derjenige, für den ein Verwaltungsakt bestimmt ist, seinen Wohnsitz hat. Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ist die Mitteilung dem Finanzamt zuzuleiten, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet. Mitteilungen nach § 6 Abs. 2 sind an das für die Umsatzbesteuerung zuständige Finanzamt zu richten. Bestehen Zweifel über die Zuständigkeit des Finanzamts, ist die Mitteilung an die Oberfinanzdirektionen zu senden, in deren Bezirk die Behörde oder Rundfunkanstalt ihren Sitz hat. Die Oberfinanzdirektion, in deren Bezirk die mitteilungspflichtige Behörde oder Rundfunkanstalt ihren Sitz hat, kann ein Finanzamt bestimmen, an das die mitteilungspflichtige Behörde oder Rundfunksanstalt die Mitteilung zu übersenden hat.

(2) Werden Mitteilungen auf maschinell verwertbaren Datenträgern oder durch Datenfernübertragung übermittelt, kann die oberste Finanzbehörde des Landes, in dem die mitteilungspflichtige Behörde oder Rundfunkanstalt ihren Sitz hat, eine andere Landesfinanzbehörde oder mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen eine Finanzbehörde des Bundes als Empfänger der Mitteilungen bestimmen.

(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben.

(2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 und 21a Abs. 4 bestimmten Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.

(3) Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

(4) Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder der Ersatzruhetag des Absatzes 3 ist den Arbeitnehmern unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu gewähren, soweit dem technische oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden,

1.
abweichend von § 11 Abs. 1 die Anzahl der beschäftigungsfreien Sonntage in den Einrichtungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4 und 10 auf mindestens zehn Sonntage, im Rundfunk, in Theaterbetrieben, Orchestern sowie bei Schaustellungen auf mindestens acht Sonntage, in Filmtheatern und in der Tierhaltung auf mindestens sechs Sonntage im Jahr zu verringern,
2.
abweichend von § 11 Abs. 3 den Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feiertage zu vereinbaren oder Arbeitnehmer innerhalb eines festzulegenden Ausgleichszeitraums beschäftigungsfrei zu stellen,
3.
abweichend von § 11 Abs. 1 bis 3 in der Seeschiffahrt die den Arbeitnehmern nach diesen Vorschriften zustehenden freien Tage zusammenhängend zu geben,
4.
abweichend von § 11 Abs. 2 die Arbeitszeit in vollkontinuierlichen Schichtbetrieben an Sonn- und Feiertagen auf bis zu zwölf Stunden zu verlängern, wenn dadurch zusätzliche freie Schichten an Sonn- und Feiertagen erreicht werden.
§ 7 Abs. 3 bis 6 findet Anwendung.

(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben.

(2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2, §§ 7 und 21a Abs. 4 bestimmten Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.

(3) Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu gewähren ist. Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.

(4) Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder der Ersatzruhetag des Absatzes 3 ist den Arbeitnehmern unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu gewähren, soweit dem technische oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.