Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 29. März 2007 - 1 Sa 187/06

bei uns veröffentlicht am29.03.2007

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neubrandenburg vom 9. Mai 2006 - 4 Ca 1192/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der 1964 geborene Kläger, der mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 Prozent einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, ist in einem seit 1983 bestehenden Arbeitsverhältnis in der Forstwirtschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern tätig. Als Forstwirtschaftsmeister hat er in der Zeit von 2001 bis Ende 2005 im Forstamt M. gearbeitet.

2

Mit seiner Klage macht er geltend, dass er, nachdem er zunächst mehrere Jahre mit der Forstamtsleiterin Frau W., der Beklagten zu 1, problemlos zusammengearbeitet habe, von dieser seit Mitte 2004 zunehmend schikaniert worden sei, was bei ihm zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt habe. Seitens der übergeordneten Forstverwaltung sei dagegen nicht eingeschritten worden, weshalb er sowohl gegen die Forstamtsleiterin selbst als auch gegen die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldner Ansprüche auf Geldentschädigung, Schmerzensgeld und Erstattung der Kosten eines ärztlichen Attestes geltend macht.

3

Zur Darstellung der von ihm als unangemessen empfundenen Behandlung durch die Beklagte zu 1 hat der Kläger in seiner Klageschrift vom 18.11.2004 eine Reihe von Vorgängen aus der Zeit vom 18.5.2004 bis 12.10.2004 (dort unter Ziffer 3 lit. a - t) aufgeführt, deren Hergang teilweise streitig ist. Zum Beleg der von ihm daraus hergeleiteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat er eine Stellungnahme seiner Hausärztin Dr. Uta A. vom 8.11.2004 (Blatt 237 d. A.) vorgelegt, für die er auch die Kosten (Rechnung Blatt 258 d. A.) ersetzt verlangt, und sich zudem auf das Zeugnis des Psychologen Reinhard F. und des Diplommediziners Michael V. bezogen.

4

Das Arbeitsgericht Neubrandenburg hat, nachdem die Parteien wegen weiterer Anträge, insbesondere im Hinblick auf die Art der vom Kläger zu erbringenden Arbeitsleistungen, mit Rücksicht auf eine zum 1. Januar 2006 erfolgte Versetzung des Klägers in das Forstamt L. die Hauptsache für erledigt erklärt hatten, mit Urteil vom 9. Mai 2006 für Recht erkannt:

5

1. Die Klage wird abgewiesen.

6

2. Die Kosten hat der Kläger zu tragen.

7

3. Der Streitwert beträgt 8.040,88 EUR.

8

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht sinngemäß ausgeführt: Die vom Kläger dargestellten Vorgänge beinhalteten Meinungsverschiedenheiten, die im täglichen Arbeitsleben stets auftreten können. Schuldhafte Pflichtverletzungen der Beklagten gegenüber dem Kläger seien nicht zu erkennen. Wegen der nur kurzfristigen Belastungssituation mit Kern im Juli und August 2004 fehle es auch an der für das vom Kläger behauptete "Mobbing" typischen systematischen Vorgehensweise.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts im Ganzen Bezug genommen.

10

Gegen das am 29. Mai 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Landesarbeitsgericht am 23. Juni 2006 eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

11

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, das Arbeitsgericht habe den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt. Zum Tatsächlichen wiederholt der Kläger unter Ziffer 2 lit. a - t der Berufungsschrift seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Im Schriftsatz vom 25.9.2006 trägt er noch ergänzend vor, die Beklagte zu 1 habe gegenüber Mitarbeitern den Eindruck erweckt, ein im Ministerium eingegangener anonymer Brief stamme vom Kläger, habe im Mai 2004 gegenüber Mitarbeitern den Kläger verdächtigt, während einer Krankschreibung an seinem Haus in M. gearbeitet zu haben sowie den örtlichen Personalrat beauftragt, in einem Brief an das Ministerium zu schreiben, man wolle nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeiten.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Beklagten (unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils) zu verurteilen:

14

1. Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden als Gesamtschuldner wegen systematischer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers und Berufungsklägers verurteilt, an diesen eine Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von 5.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

2. Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, wegen einer mobbingbedingten Verletzung der Gesundheit des Klägers und Berufungsklägers ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 3.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

16

3. Die Beklagten und Berufungsbeklagten werden verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger als Gesamtschuldner einen Betrag in Höhe von 40,88 EUR zu zahlen.

17

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Beklagten bestreiten teilweise die Tatsachendarstellungen des Klägers mit abweichendem Sachvortrag. Jedenfalls rechtfertige dieser Sachvortrag auch nicht die Annahme, dass die Beklagte zu 1 den Kläger schikaniert und die Beklagte zu 2 dies erkannt und geduldet habe.

19

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien im Berufungsrechtszuge wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 22.6.2006, 25.9.2006 und 9.10.2006 sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 31.7.2006 und 19.3.2007 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

21

Der Kläger stützt seine Ansprüche auf die Behauptung eines durch die Beklagte zu 1 als seine Vorgesetzte begangenen und durch die Beklagte zu 2 geduldeten sogenannten Mobbings. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche kommen nur bei Erfüllung der allgemeinen Haftungsvoraussetzungen, etwa aufgrund der §§ 280 oder 823 BGB in Verbindung mit § 253 BGB, in Betracht.

22

Ein Arbeitnehmer, der unter Berufung auf "Mobbing" derartige Ansprüche verfolgt, hat im Prozess die Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch für das Verschulden des Arbeitgebers oder eines die beanstandeten Handlungen begehenden Kollegen oder Vorgesetzten nicht nur in Bezug auf die Handlungen selbst, sondern auch bezüglich der Folgen, etwa einer durch das "Mobbing" ausgelösten Erkrankung (ebenso schon: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.3.2006, 5 Sa 595/05, NZA-RR 2006, 402, 403; LAG Berlin, Urteil vom 15.7.2004, 16 Sa 2280/03, NZA-RR 2005, 13; LAG Hamm, Urteil vom 21.12.2004, 13 (5) Sa 659/04, bei Juris; LAG Bremen, Urteil vom 17.10.2002, 3 Sa 78/02, NZA-RR 2003, 234).

23

Dem wird der Vortrag des Klägers nicht in Bezug auf die Beklagte 1, erst recht nicht in Bezug auf die Beklagte zu 2 gerecht. Dabei ist dabei auszugehen, dass insbesondere fehlerhafte Weisungen von Vorgesetzten in Bezug auf die Erbringung der Arbeitsleistung in Anbetracht des grundsätzlich bestehenden Direktionsrechtes regelmäßig nicht geeignet sind, bereits Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche des Arbeitnehmers auszulösen (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 2.7.2002, 6 (3) Sa 154/01, ZTR 2002, 540). Auch bei typischen arbeitsrechtlichen Konfliktsituationen ist in der Regel nicht von einem Ersatzansprüche begründenden "Mobbing" auszugehen (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 1.4.2004, 3 Sa 542/03, NZA-RR 2005, 15).

24

Das Berufungsgericht teilt die Auffassung der Vorinstanz, dass es sich bei den vom Kläger dargelegten Vorfällen weitestgehend um typische Meinungsverschiedenheiten und Reibereien des alltäglichen Arbeitslebens handelt, bei denen das Auftreten der jeweiligen Gegenseite teilweise subjektiv als unangemessen empfunden worden sein mag, ohne dass davon ausgegangen werden könnte, dass dies in einer Weise verifiziert werden könnte, die den Schluss auf ein systematisches "Mobbing" durch die Beklagte zu 1 zuließe, weshalb auch - soweit Einzelheiten des Tatsachenvorbringens teilweise streitig sind - eine Beweisaufnahme als nicht geboten erscheint.

25

So beklagt sich der Kläger etwa unter lit. a darüber, dass die Beklagte zu 1 ihn "in sehr rüdem Ton" gefragt habe, warum der Waschbärenkäfig noch nicht mit Draht umspannt sei. Da schon der Kläger selbst offenbar nicht imstande war, den (von den Beklagten in Abrede genommenen) "sehr rüden Ton" näher zu beschreiben, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die von ihm benannten Zeugen hier mehr als eine subjektive Wertung hätten vorbringen können.

26

Soweit der Kläger sich unter lit. b beklagt, dass er mit der Beklagten zu 1 im Juni und im Juli 2004 jeweils einmal ein Gespräch zur Klärung seiner Aufgaben habe führen wollen, die Beklagte aber keine Zeit für ihn gehabt habe, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, was der Beklagten zu 1 vorgeworfen sein soll. Der Kläger kann nicht erwarten, dass - wenn er eine Vorgesetzte unangemeldet in ihrem Büro aufsucht - diese sofort ihre Arbeit unterbricht, um sich ihm zuzuwenden. Er hat andererseits auch nicht dargelegt, dass er die besondere Dringlichkeit seines Gesprächswunsches zum Ausdruck gebracht oder um einen anderweitigen Gesprächstermin nachgesucht hätte.

27

Auch hinsichtlich der Vorgänge vom 28. und 29. Juli (lit. c und d) liegen aus Sicht der Berufungskammer - etwa hinsichtlich der Anordnung, die Tierställe zu säubern - wiederum keine objektiv erkennbaren Pflichtüberschreitungen seitens der Beklagten zu 1 vor, sondern subjektive Empfindlichkeiten des Klägers hinsichtlich des Gesprächstones, auch wenn er wiederum geltend macht, er sei "rüde" gefragt worden, warum ein Kiefernholzblock nicht in das Waschbärengehege verbracht worden sei.

28

Soweit der Kläger sich darüber beklagt, dass ein Computer aus seinem Zimmer in das Zimmer der Beklagten zu 1 verbracht worden sei, hat er deren Vorbringen nicht substantiiert widersprochen, dass er selbst diesen Computer nur an zwei Tagen im Monat für Abrechnungsarbeiten benötigt habe und dass ihm hierfür die Möglichkeit des Zugriffs auf den Computer einer anderen Mitarbeiterin eingeräumt worden sei.

29

Auch hinsichtlich der nach Rückkehr aus einer Krankschreibung ab 23.8.2004 nicht mehr erfolgten Teilnahme an Dienstbesprechungen (lit. f) hat der Kläger dem Beklagtenvortrag nicht substantiiert widersprochen, dass derartige Gespräche nicht stets zu festen Terminen mit einem festen Teilnehmerkreis stattgefunden hätten.

30

Auch wenn der Kläger sich darüber beklagt (lit. g), er sei am 24.8. von der Beklagten gerügt worden, dass er am Vortag beim Abholen der Säcke von den im Wald tätigen Zapfenpflückern diesen nicht gleich neue Säcke mitgebracht hatte, handelt es sich erkennbar um eine durchaus sachlich berechtigte Rüge, ebenso wie einige Tage später (lit. i) die Beanstandung, dass der Rasenmäher qualmte, weil der Kläger Öl in den Motor hatte laufen lassen. Wenn die Beklagte zu 1 diese Rüge lautstark geäußert hat, ist ihre Erklärung, sie habe den Motor übertönen müssen, durchaus plausibel. Wenn der Kläger in beiden Fällen meint, die Beklagte habe seinen Erklärungsversuchen nicht hinreichende Aufmerksamkeit geschenkt, handelt es sich wiederum vorrangig um sein subjektives Empfinden, zumal er selbst nicht etwa geltend macht, dass die Vorwürfe in der Sache unberechtigt waren.

31

Auch hinsichtlich der Vorgänge im Zusammenhang des Gespräches mit dem örtlichen Personalrat am 9.9.2004 (lit. l - o) ist auch aus dem Vorbringen des Klägers nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Kläger in irgendeiner Weise schikaniert hätte, zumal auch der Vortrag des Klägers selbst zum Inhalt dieser Gespräche verhältnismäßig unbestimmt ist und deshalb nicht erkennbar ist, dass der Kläger dem Personalrat nachvollziehbare Klagen vermittelt hat. Die Protokolle des Personalrats sind dem Gericht von keiner der Parteien vorgelegt worden. Aus einem Schreiben des Landesamtes an die Rechtsanwältin des Klägers vom 13.10.2004 (Anlage K15, Blatt 252 d. A.) ergibt sich allerdings als Zitat aus dem Protokoll des ÖPR die Aussage: "Das Gespräch lief leider nicht konstruktiv. Herr H. war auch im Rahmen des ÖPR-Gesprächs nicht kooperativ. Dadurch wurden im Gespräch keine, von ÖPR und Amtsleiterin, erhoffte Klärung der Probleme erreicht." Hieraus ergibt sich jedenfalls kein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zu 1.

32

Auch wenn der Kläger unter (lit. n) vorträgt, an einem der folgenden Tage habe das Personalratsmitglied P. ihm gesagt, er soll einsichtig sein und die Schuld nicht nur bei anderen suchen, zeigt dies jedenfalls, dass auch der Personalrat nicht generell den Eindruck hatte, der Kläger werde unangemessen behandelt.

33

Wenn der Kläger sich in weiteren Punkten (lit. q - s) darüber beklagt, dass seine Arbeitsaufgaben verändert worden seien, kann auch hieraus ein den pauschalen "Mobbing"-Vorwurf stützendes Verhalten der Beklagten zu 1 und eine entsprechende Billigung der Beklagten zu 2 nicht erkannt werden, weil der Kläger nicht nachvollziehbar vorgetragen hat, dass die ihm übertragenen neuen Aufgaben nicht seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen entsprochen hätten und er einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Beibehaltung bestimmter zuvor verrichteter Aufgaben offensichtlich auch nicht hatte.

34

Soweit er allenfalls (unter lit. s und t) geltend macht, dass ihm von dem Revierförster W. an einigen Tagen, insbesondere am 28. und 29.9., sowie mit der Anordnung der Beteiligung als Treiber bei einer Treibjagd ihm gesundheitlich unzumutbare Tätigkeiten übertragen worden seien, ist jeweils eine unmittelbare Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 und des Beklagten zu 2 nicht erkennbar.

35

Gleichwohl bleibt in der Gesamtschau die Frage offen, ob es wirklich dringende sachliche Gründe gegeben hat, den Aufgabenbereich des Klägers im Verlauf des Sommers 2004 nach und nach in der von ihm beschriebenen und insoweit weitgehend unstreitigen Weise zu verändern.

36

Der Eindruck, dass es zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 persönliche Störungen gegeben hat, die womöglich subjektiv unterschiedlich wahrgenommen wurden, deren Ursachen sich allerdings aus dem Vortrag der Parteien für das Gericht nicht erschließen, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Dies gilt umso mehr, wenn der - wiederum streitige - Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 25.9.2006 (bezüglich anonymen Brief, behauptete Arbeit während einer Krankschreibung und Aufforderung an den Personalrat, die Zusammenarbeit mit dem Kläger abzulehnen) mit berücksichtigt wird.

37

Auch hat die Kammer keine Notwendigkeit gesehen, die zugrunde liegenden Tatsachen - soweit sie streitig sind - weiter aufzuklären, weil auch der Vortrag des Klägers zu den aus dem behaupteten Verhalten der Beklagten resultierenden ihn belastenden Folgen so unbestimmt geblieben ist, dass die von ihm daraus hergeleiteten Schmerzensgeld- und Entschädigungsansprüche als nicht begründet erscheinen.

38

Hinsichtlich der vom Kläger reklamierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat dieser sich darauf beschränkt, die schriftliche Stellungnahme der Frau Dr. A. vorzulegen und zwei weitere Zeugen zu benennen. In einer schriftlichen Stellungnahme begründet Frau Dr. A., dass der Kläger seit Jahren bei ihr in Behandlung sei und unter einem reaktiv-depressiven Syndrom leide. Diese Stellungnahme beinhaltet allerdings nicht einmal andeutungsweise die Aussage, dass dieses durch die vom Kläger gegenüber der Ärztin seit August 2004 artikulierten Probleme am Arbeitsplatz ausgelöst worden sei. Es lässt ebenso die Deutung zu, dass aufgrund dieses depressiven Syndroms der Kläger normale Probleme am Arbeitsplatz in gesteigertem Maße wahrnimmt. Gegen die Herleitung von die Entschädigungs- und Schmerzensgeldansprüche des Klägers rechtfertigenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen spricht auch der Umstand, dass der Kläger nach eigenem Vortrag (lit. j) sich zwar am 30. August 2004 zu Dr. A. begeben hatte, aber eine Krankschreibung selbst nicht für nötig ansah.

39

Eine seine Ansprüche rechtfertigende nachhaltige Beeinträchtigung erscheint auch weiterhin deshalb nicht als ausreichend dargelegt, weil - worauf auch das Arbeitsgericht schon zutreffend hingewiesen hat - nach einer kurzfristigen Steigerung der vom Kläger wahrgenommenen Probleme am Arbeitsplatz im August und September 2004 ein Vortrag zur weiteren Entwicklung sowohl am Arbeitsplatz als auch im gesundheitlichen Befinden des Klägers nicht vorliegt, obwohl der Kläger noch bis in den Herbst 2005 unter der Verantwortung der Beklagten zu 1 im Forstamt M. gearbeitet hat. Dabei fällt auf, dass eine Arbeitsunfähigkeit im Jahre 2005 vom Kläger offenbar als für den Sachverhalt nicht so relevant angesehen wurde, dass er sie schriftsätzlich auch nur erwähnt hätte und auch in der mündlichen Verhandlung nur sehr vage Angaben darüber machen konnte.

40

Soweit der Kläger sich bezüglich seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Zeugen F.-... und V. bezogen hat, kam eine Beweisaufnahme ebenfalls nicht in Betracht. Bei dem Zeugen V. handelt es sich um den Arbeitsmediziner, der den Kläger mehrfach untersucht und darüber unter anderem die Bescheinigung vom 25.11.2004 (Anlage K23, Blatt 225 d. A.) erstellt hat. Aus seinen Aufzeichnungen sind lediglich Angaben zu den allgemeinen körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers und den daraus resultierenden empfohlenen Tätigkeiten mit Ausschluss von körperlicher Schwerarbeit ersichtlich.

41

Davon, dass der Zeuge V. etwas von psychischen oder auch körperlichen Beschwerden festgestellt hätte, die durch die vom Kläger dargelegten Vorgänge ausgelöst worden waren, ergibt sich weder etwas aus seinen Aufzeichnungen noch aus dem Sachvortrag des Klägers selbst, weshalb hier von einem reinen Ausforschungsbeweis auszugehen wäre. Gleiches gilt für den Zeugen F.-..., für den sich aus dem Sachvortrag des Klägers nicht erschließt, aufgrund welcher Umstände er über den Zusammenhang zwischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers und seinen Problemen am Arbeitsplatz eine Aussage treffen könnte.

42

Da der Kläger einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Beklagten und bei ihm aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht hinreichend dargelegt hat, kann er auch keine Erstattung der Kosten für das ärztliche Attest verlangen.

43

Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger gemäß § 97 ZPO zu tragen.

44

Gründe zur Zulassung der Revision bestehen nicht.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

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bei uns veröffentlicht am 28.03.2006

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15.09.2005, Az.: 2 Ca 702/05, wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbes

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15.09.2005, Az.: 2 Ca 702/05, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schmerzensgeld wegen Mobbings.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweiten Filialen. Sämtliche Personalentscheidungen werden in der Verwaltung am Sitz der Beklagten, d. h. in F. getroffen, während der tägliche Einsatz von den jeweiligen Filialleitern organisiert und beaufsichtigt wird. Die einzelnen Filialen werden von einem Gebietsbereichsleiter betreut, der sozusagen als Kontaktstelle zwischen Personalleiter und Personalabteilung fungiert.

3

Der Kläger war vom 01.06.2003 bis zum 31.07.2004 durch vier aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge bei der Beklagten in deren Filialen in M. als Verkäufer zu einem monatlichen Bruttogehalt von € 1.400,-- beschäftigt (Bl. 58 f. d. GA.). Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund der Bezugnahme im Haustarifvertrag der Tarifvertrag für den Einzelhandel in Bayern Anwendung. Für Verkäufer gilt die Stellenbeschreibung vom 29.06.1995 (Bl. 60-62 d. GA.).

4

Der Kläger war ausschließlich eingesetzt in der Filiale N. Straße ... in M., wo er hauptsächlich für den Video- und DVD-Bereich zuständig war. Darüber hinaus übte er weitere Verkäufertätigkeiten aus. Aufgrund der Öffnungszeiten wurde in der Filiale im Zweischichtsystem gearbeitet. Die Frühschicht war von 9:00 bis 17:00 Uhr und die Spätschicht von 13 bis 20:30 Uhr. Neben der Filialleiterin A. und dem Kläger arbeiteten in der Filiale noch vier weitere Verkäufer/innen.

5

Im August 2003 wurde eine Kassendifferenz über € 850,-- festgestellt und Ende Mai 2004 fehlten € 100,-- in der Kasse. Der Kläger wurde jeweils zu diesen Fehlbeständen angehört. Während seiner Beschäftigungszeit wurde der Kläger anstelle der tariflichen 5-Tagewoche sechs bis sieben Mal an sechs Tagen in der Woche eingesetzt. Während Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Mitarbeiter leistete der Kläger teilweise auch sog. Doppelschichten. Im September / Oktober 2003 begehrte der Kläger gegenüber den Filialleitern Frau B. und Herrn W. eine Versetzung in deren jeweilige Filiale. Der Kläger wandte sich zumindest im Mai 2004 ein Mal wegen Mobbings an den Betriebsrat, nachdem dieser ein Informationsblatt zum Thema Mobbing herausgegeben hatte. Seit August 2004 ist der Kläger arbeitslos. Mit Schreiben vom 01.04.2005 beanspruchte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos Zahlung eines Schmerzensgeldes über € 5.000,-- da er während seiner Beschäftigungszeit durchgehend von seinen Vorgesetzten gemobbt worden sei (Bl. 211-214).

6

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung von € 5.000,-- mit Urteil vom 15.09.2006 zurückgewiesen. Aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs des Mobbings sei die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Kläger ein sog. Mobbing-Opfer sei. Aus dem Vortrag des Klägers, der sich auf handschriftlich niedergelegte 17 Einzelfälle berufe, ergebe sich kein systematisches Handeln einer oder mehrerer Personen, das dazu gedient habe, den Kläger zu kränken oder zu diskriminieren. Ein systematisches Handeln könne nur dann angenommen werden, wenn sich die gerügten Verhaltensweisen über einen Zeitraum von sechs Monaten wöchentlich wiederholten. Dies sei hier nicht der Fall. Soweit sich der Kläger darauf berufe, die Filialleiterin A... habe ihm mehrfach alle Arbeiten übertragen, obgleich noch weitere Arbeitnehmer anwesend gewesen sei, sei der Vortrag unsubstantiiert. Ohne Angabe von Daten und Umständen lasse sich nicht feststellen ob hinter diesem Verhalten eine herabwürdigende Systematik gelegen habe. Gleiches gelte in Bezug auf den Vorwurf, dass er „gegängelt“ und ständig falsch beschuldigt worden sei. Auch in Zusammenhang mit den Diebstählen lasse sich kein systematisches den Kläger erniedrigendes Verhalten der Beklagten feststellen. Auch die Kollegen des Klägers seien befragt worden. Auch der Umstand, dass er nur sechs bis sieben Mal innerhalb eines Jahres an sechs Tagen in der Woche habe arbeiten müssen, belege kein Mobbing ihm gegenüber. Die Nichtversetzung in eine andere Filiale stelle ebenfalls kein Mobbing dar, zumal kein ordnungsgemäßer Antrag gestellt worden sei. Soweit eine Anweisung im Einzelfall ungerechtfertigt gewesen sein sollte, so belege ein derartiger Einzelfall nicht den behaupteten Mobbingvorwurf. Auch der Einsatz zu Doppelschichten sei kein Mobbing, zumal nicht einmal feststehe, ob dieser Einsatz nicht gerechtfertigt war. Letztlich komme es auch nicht darauf an, ob der Kläger im Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern unverhältnismäßig viele Überstunden habe leisten müssen. Denn der Kläger habe die Kausalität zwischen dem behaupteten Mobbingverhalten seiner Vorgesetzten und den behaupteten Gesundheitsschäden nicht dargelegt. Diese könnten auch andere Ursachen haben, zumal sich der Kläger erst acht Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Forderung auf Schmerzensgeld an die Beklagte gewandt habe. Trotz gerichtlicher Aufforderung habe er auch kein diesbezügliches ärztliches Attest eingereicht.

8

Gegen dieses ihm am 01.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.12.2005 Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt und diese am 26.01.2006 begründet.

9

Der Kläger behauptet,

10

das Arbeitsgericht habe seine handschriftlichen Aufzeichnungen (Anlage K 1, Bl. 110 d. GA.) unzutreffend gewürdigt. Insbesondere habe er die gerügten Vorfälle jeweils nach Daten und Personen hinreichend konkretisiert. Unter Missachtung seines Beweisangebots auf Parteivernahme habe das Arbeitsgericht gleichwohl seinen Vortrag als unsubstantiiert gewertet. Das Gericht hätte den Kläger trotz dessen Sorge wegen der Fahrtkosten nicht vom persönlichen Erscheinen entbinden dürfen. Im Übrigen sei das Arbeitsgericht fälschlicherweise davon ausgegangen, dass ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers nicht dadurch gerechtfertigt werden könne, dass andere Arbeitnehmer ebenso falsch behandelt würden.

11

Der Kläger beantragt,

12

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15.09.2005, Az.: 2 Ca 702/05, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von € 5.000,00 nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

16

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 28.03.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b, 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

18

In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg.

19

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das Arbeitsgericht hat die dahingehende Zahlungsklage des Klägers sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholung kann auf die sorgfältigen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Lediglich ergänzend und auf den Sachvortrag des Klägers in der Berufungsinstanz eingehend sei noch auf Folgendes hingewiesen:

20

1. Der Kläger beruft sich hinsichtlich seiner Zahlungsansprüche auf durch Mobbing seiner Vorgesetzten verursachte gesundheitliche Schäden. Infolge des Mobbings leide er unter erheblichen Depressionen, Nervenzusammenbrüchen und starken Wutausbrüchen. Mobbing selbst ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage für eine vertragliche oder deliktische Haftung des Arbeitgebers. Mithin kommt eine Haftung für durch Mobbing verursachte Schäden oder Schmerzen nur dann in Betracht, wenn die allgemeinen gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen auch erfüllt sind. Eine mögliche gesetzliche Anspruchsgrundlage sind §§ 280, 253 Abs. 2 BGB. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes setzt mithin voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Schadensersatz zusprechenden Norm erfüllt sind. Der Kläger hat indessen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer „positiven Vertragsverletzung“ nach § 280 Abs. 1 BGB nicht substantiiert dargelegt. Als vertragliche Nebenpflicht trifft den Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Insbesondere hat er das ihm zustehende Direktionsrecht nach billigem Ermessen auszuüben und die Arbeitsumgebung menschengerecht und menschenwürdig zu gestalten sowie die Ehre und Gesundheit des Arbeitnehmers zu bewahren und zu schützen. Verletzt der Arbeitgeber diese ihm obliegenden Fürsorgepflichten fahrlässig oder gar vorsätzlich, hat er dem Arbeitnehmer grundsätzlich die daraus entstandenen Schäden nach §§ 280 Abs. 1, 249 BGB zu ersetzen. Unter den Voraussetzungen kann daneben ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus deliktischer Haftung nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB bestehen.

21

a) Sowohl die vertragliche als auch die deliktrechtliche Anspruchsgrundlage setzen einzelne, konkrete Tathandlungen des Schädigers voraus, mit denen dieser rechtswidrig und schuldhaft in den geschützten Rechtskreis des sog. Mobbingopfers eingegriffen hat. Das Arbeitsgericht ist insoweit von der von der Rechtsprechung entwickelten zutreffenden Definition des Mobbings ausgegangen. Der Arbeitnehmer, der unter Berufung auf Mobbing Schmerzensgeld geltend macht, hat im Prozess die Darlegungs- und Beweislast für die begangenen Rechtsgutverletzungen einschließlich des erforderlichen Verschuldens und der daraus resultierenden Erkrankungen (LAG Hamm, Urt. v. 21.12.2004 - 13 (5) Sa 659/04 -, zit. n. Juris). Der Arbeitnehmer hat mithin die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darzulegen und zu beweisen, dass in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen rechtswidrige, diskriminierende Verhaltensweisen darstellen und ob diese die Erkrankung des Arbeitnehmers verursacht haben. Das Verschulden des Arbeitgebers bzw. des für ihn Handelnden muss sich nicht nur auf die einzelnen Tathandlungen, sondern auch auf die hierdurch ausgelöste Erkrankung des sog. Mobbingopfers beziehen (LAG Berlin, Urt. v. 15.07.2004 - 16 Sa 2280/03 -, NZA-RR 2005, 13 ff.). Der Arbeitnehmer hat mithin auch darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitgeber zumindest damit rechnen musste, dass dessen rechtswidrige Handlungen grundsätzlich auch geeignet waren, bei ihm, dem Arbeitnehmer, Gesundheitsschäden auszulösen.

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b) Diesen Voraussetzungen wird der Vortrag des Klägers nicht im Ansatz gerecht. Das Arbeitsgericht hat sich eingehend mit den vom Kläger in seiner schriftlichen Auflistung erhobenen 17 Vorwürfen auseinandergesetzt und ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der klägerische Vortrag - trotz der 17 „Vorfälle“ - zu pauschal sei, um die Rechtswidrigkeit der jeweils beanstandeten Weisungen und Anordnungen der Filialleiterin, des Gebietsleiters sowie seiner Kolleginnen beurteilen zu können.

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aa) Lediglich ergänzend sei der Kläger darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist, die im Arbeitsvertrag lediglich rahmenmäßig umschriebene vertraglich geschuldete Arbeit durch Arbeitsanweisungen zu konkretisieren. Der Kläger hat nicht einmal im Ansatz substantiiert dargelegt, dass die Beklagte bzw. die Filialleiterin das so definierte Direktionsrecht rechtswidrig überschritten hat. Der Kläger war als Verkäufer eingestellt, sodass es grundsätzlich nicht zu beanstanden war, dass die Filialleiterin ihn anwies, nicht nur in der Video- und DVD-Abteilung zu arbeiten, sondern auch andere Tätigkeiten (Warenannahme, Kasse, Aufräum- und Putztätigkeiten) zu übernehmen. Sofern der Kläger meint, ihm seien von seinen Kolleginnen an einzelnen Tagen bestimmte Aufräumtätigkeiten aus schikanösen Motiven heraus zugeteilt worden, so hätte er die näheren Begleitumstände im Einzelnen darlegen müssen. Es kann diesseits nicht beurteilt werden, welche Tätigkeiten in der Filiale an den besagten Tagen Priorität hatten. Es steht dem Arbeitgeber auch grundsätzlich zu, gerade bei krankheits- und urlaubsbedingten personellen Engpässen Überstunden in Form von Doppelschichten und 6-Tagewoche anzuordnen. Der Kläger selbst räumt ein, dass er zusätzliche Schichten leisten musste, wenn andere Mitarbeiter Urlaub oder freie Tage hatten. Typische Urlaubsmonate sind Juli und August, sodass es auch nicht verwundert, dass der Kläger gerade in diesen Monaten Überstunden geleistet hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieser überobligatorische Einsatz des Klägers einen diskriminierenden Hintergrund hatte.

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bb) Ungeachtet dessen ist bei der Frage des Verschuldens des Arbeitgebers auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich gegen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass ein Arbeitnehmer, der auf den Arbeitsplatz angewiesen ist, in aller Regel in der schwächeren Position ist. Sofern er eine Arbeitsanweisung wegen Überschreitung des Direktionsrechts nicht befolgt, setzt er sich womöglich des Vorwurfs einer Arbeitsverweigerung mit der Gefahr einer fristlosen Kündigung aus. Indessen darf diese Gefahr auch nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer sehenden Auges alles „schluckt“ und sich im Nachhinein auf Mobbing beruft und Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend macht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nicht selbst handelt, sondern die jeweils unmittelbaren Vorgesetzten oder Kollegen des gemobbten Arbeitnehmers. Gerade in diesen Fällen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich beim Arbeitgeber direkt zu beschweren und vertragsgemäße Beschäftigung einzufordern. Es ist mithin stets zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Dies gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht.

25

Der Kläger hat sich - soweit ersichtlich - weder bei dem Bereichsleiter noch in der Personalverwaltung der Beklagten über konkrete Arbeitsanweisungen beschwert und insoweit auch zu keiner Zeit zu erkennen gegeben, dass er bestimmte Arbeiten und die angeordnete Mehrarbeit nicht leisten wollte. Mangels gegenteiligen Vortrags konnte der Kläger die Mehrarbeit auch „abfeiern“. Hierfür spricht zumindest sein entsprechender Eintrag im Oktober 2003 in der Anlage K 1.

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cc) Auch steht es dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten grundsätzlich zu, konkrete Arbeitsweisen und Schlechtleistungen zu beanstanden. Das Rügerecht korrespondiert letztlich auch mit der Fürsorgepflicht. Dem Grundgedanken der Fürsorgepflicht folgend hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung auf beanstandete Leistungsmängel hinzuweisen. Aus dem Vortrag des Klägers kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Beklagte bzw. die Vorgesetzten des Klägers das Direktionsrecht rechtswidrig ausgeübt haben. Pauschale Vorwürfe wie „haben mich nicht in Ruhe gelassen“, „haben mich gegängelt“, „bin schlecht angegriffen worden“, „bin die ganze Zeit beobachtet worden“ ersetzen keinen fundierten Tatsachenvortrag.

27

dd) Der Arbeitgeber ist auch befugt, wenn nicht gar gegenüber allen „redlichen“ Arbeitnehmern verpflichtet, festgestellte Kassenfehlbestände aufzuklären. In diesem Zuge hat er auch das Recht, alle Arbeitnehmer zu dem Diebstahlsverdacht anzuhören. Dass hierdurch zunächst einmal alle Arbeitnehmer verdächtigt werden, ist im Zuge der Ermittlungstätigkeit hinzunehmen. Es ist auch nicht verwerflich, dass die Beklagte von allen Arbeitnehmern eine schriftliche „Unschuldserklärung“ verlangte. Der Kläger hat insbesondere auch nicht behauptet, dass die Beklagte bzw. die Filialleiterin und der Gebietsleiter ihn auch nach Anhörung und Abgabe der Erklärung noch weiter unberechtigterweise verdächtigt haben. Dass ein solcher Vorfall nicht nur für den Kläger, sondern für alle beteiligen Personen unangenehm ist und eine psychische Belastung darstellt, liegt auf der Hand, ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Aufklärungsarbeit der Beklagten.

28

2. Der Kläger rügt mit der Berufungsbegründung auch zu Unrecht, dass das Arbeitsgericht seinen Vortrag trotz des Beweisangebots der Parteivernahme als unsubstantiiert gehalten habe.

29

a) Der Kläger verkennt an dieser Stelle, dass ein Beweisangebot keinen substantiierten Tatsachenvortrag ersetzen kann. Mit Auflagenbeschluss vom 28.06.2005 ist der anwaltlich vertretene Kläger auch eingehend darauf hingewiesen worden, was er vorzutragen hat, um seine Ansprüche schlüssig zu machen. Hierauf hat der Kläger nur noch die Anlage K 1 eingereicht und auf deren Inhalt Bezug genommen. Der Anlage K 1 ist indessen - wie oben ausgeführt - auch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte bzw. die für sie handelnden Personen den Kläger fortgesetzt durch Überschreitung des Direktionsrechts angefeindet, schikaniert oder diskriminiert haben. Den Vorwürfen ist nicht zu entnehmen, dass die jeweils gerügten Anordnungen in Überschreitung des Direktionsrechts erfolgten. Teilweise erschöpfen sie sich in pauschalen Floskeln wie „gängeln“ etc. Infolge dieses pauschalen Vortrags war kein Beweis - in welcher Form auch immer - zu erheben. Der für einen unsubstantiierten Vortrag angebotene Zeugenbeweis ist stets als unzulässiger Ausforschungsbeweis zurückzuweisen.

30

b) Ungeachtet dessen lagen weder Voraussetzungen zur Vernehmung der beweispflichtigen Partei nach § 447 ZPO, noch einer Vernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO vor. Die Beklagte hat der Vernehmung des Klägers als Partei unstreitig nicht zugestimmt. Schweigen auf einen dementsprechenden Antrag kann nicht als Zustimmung gewertet werden. Die Zustimmung muss vielmehr als Prozesshandlung ausdrücklich erklärt und protokolliert (§ 160 Abs. 3 Ziff. 3 ZPO) werden. Auch kam eine Vernehmung des Klägers nach § 448 ZPO nicht in Betracht. Als Ausnahme zum zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz ist § 448 ZPO gegenüber anderen Beweismitteln subsidiär, d. h. es müssen zunächst alle anderen Beweismittel ausgeschöpft sein. Der Kläger befand sich hinsichtlich der strittigen Vorfälle gerade nicht in sog. Beweisnot. Er hätte sich auf das Zeugnis der hieran beteiligten Personen (Filialleiterin, Bereichsleiter, Kolleginnen) berufen können. Es wäre dann Sache des Gerichts gewesen, die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit deren Aussagen zu würdigen und ggf. danach bei etwaig verbleibenden Zweifeln noch den Kläger von Amts wegen nach § 448 ZPO zu vernehmen.

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3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf erkannt, dass der Kläger überdies nicht dargetan habe, dass die Beklagte durch rechtswidrige Arbeitsanweisungen und Behandlungen des Klägers diesen in seiner Gesundheit geschädigt hat. Mit diesem entscheidungserheblichen Einwand hat sich der Kläger in der Berufungsbegründung in keiner Weise auseinander gesetzt. Er hat nach wie vor nicht unter Beweis gestellt, dass er überhaupt gesundheitliche Schäden in Form einer psychischen Erkrankung davon getragen hat. Insbesondere hat er kein diesbezügliches ärztliches Attest vorgelegt. Nicht jedes aggressive und unbeherrschte Verhalten hat Krankheitswert. Nervenzusammenbrüche und Depressionen sind diagnosefähige Erkrankungen und auch behandlungsbedürftig. Der Kläger hat weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass er sich deshalb (seit wann) in ärztlicher Behandlung befindet.

32

Ungeachtet dessen hat der Kläger den Ursachenzusammenhang zwischen den behaupteten Mobbinghandlungen und dem aufgezeigten „Krankheitsbild“ nicht dargelegt. Aggressives Verhalten und Depressionen sind nicht zwingend eine Ursache von Mobbing. Auch Arbeitslosigkeit, Beziehungsstress und/ oder finanzielle Nöte können ebenso Frustration und Aggressivität gegen jedermann auslösen.

33

4. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

35

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

36

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)