Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 19. Nov. 2015 - 8 Sa 686/15


Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 03.12.2014 - 10 Ca 2950/14 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.788,23 € brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 15.08.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Leistungsklage im Anwendungsbereich kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
3Die am 28.02.1986 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.03.2012 bis zum 28.02.2014 bei der Beklagten, die Einrichtungen und sonstige Leistungsangebote im Bereich der Kranken- und Behindertenhilfe unterhält, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.01.2012 (Bl. 5 ff d. A.), auf den Bezug genommen wird, befristet in Teilzeit (29,25 von 39 Wochenstunden) beschäftigt. Nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrages übte die Klägerin zunächst die Tätigkeit einer Fachkraft im Pflege- und Betreuungsdienst in einer stationären Wohneinrichtung aus. Gemäß § 1 Abs. 3 galten für das Dienstverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR DW-EKD) in ihrer jeweiligen Fassung. Die Klägerin erhielt Vergütung nach der Entgeltgruppe 7 A der Anlage 1 zu den AVR DW-EKD.
4Auf der Grundlage eines von beiden Seiten unterzeichneten Formulars über einen „internen Wechsel“ (Bl. 8 d. A.) wurde die Klägerin ab Januar 2013 – ihrer Ausbildung entsprechend – als „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ dem von der Beklagten im K Westen vorgehaltenen, auf ein dortiges Servicebüro gestützten Dienst „Intensiv Betreutes Wohnen (IBW) in der Sozialpsychiatrie“ zugeordnet.
5Über diesen Dienst betreut die Beklagte chronisch psychisch kranke Menschen die – insbesondere in den Stadtteilen K-H und K-L – jeweils in ihren eigenen Wohnungen leben. Dazu setzt die Beklagte im Wesentlichen Fachpersonal aus pflegerischen und / oder pädagogischen Berufsfeldern ein. Das über das IBW vorgehaltene Unterstützungsangebot umfasst die Assistenz, Förderung und Begleitung jeweils im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung. Eigene therapeutische oder ärztliche Leistungen gehören insoweit nicht zum Angebotsspektrum des Beklagten. Diese werden ggf. begleitet oder vermittelt.
6Kennzeichnend für das Leistungsangebot IBW ist, dass die Hilfeleistung regelmäßig im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII auf der Grundlage eines individuell durch das Hilfeplanverfahren (§ 58 SGB XII) ermittelten Hilfebedarfs erfolgt. Dieser Plan setzt für jeden über das Angebot betreuten Menschen eine bestimmte Anzahl wöchentlicher Fachleistungsstunden – in der Regel 9 bis 12 Stunden – fest, die vom Leistungsträger pauschal vergütet werden. In Abgrenzung zum weiteren über denselben Stützpunkt vorgehaltenen Leistungsangebot „Ambulant Betreutes Wohnen (ABW)“ werden über das IBW regelmäßig Menschen mit oder im Grenzbereich zum (teil-)stationären Hilfebedarf mit dem Ziel betreut, einen eben solchen zu vermeiden. Der Leistungsträger verlangt daher die Gewährleistung einer 24-stündigen Erreichbarkeit des Personal um jederzeit – auch zur Nachtstunde – unvermittelt eintretenden Betreuungsbedarf erfüllen und eine Krisenintervention gewährleisten zu können. Zu diesem Zweck wird in Kooperation mit stationären Einrichtungen der Beklagten ein rund um die Uhr erreichbarer Telefondienst vorgehalten, der für die betreuten Menschen als jederzeitiger Ansprechpartner tätig werden kann. Soweit eine ausschließlich telefonische Problemlösung durch das Personal der Einrichtungen nicht möglich ist, erfolgt die Betreuungsleistung durch das Personal des IBW vor Ort, wobei zum Zwecke der ganztägigen Abdeckung der Hilfebedarfe ein Rufbereitschaftsdienst vorgehalten wird, an welchem die Klägerin teilgenommen hat.
7Mit Schreiben vom 18.07.2013 machte die Klägerin unter ausdrücklichem Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2012 – 4 AZR 438/10 – rückwirkend Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 AVR DW-EKD geltend, da sie nach der dort vorgenommenen Auslegung der Eingruppierungsmerkmale als „Pflegefachkraft in der Psychiatrie“ im Sinne dieser höheren Entgeltgruppe tätig sei. Nach Zurückweisung des Anspruchs verfolgt sie mit ihrer am 28.07.2014 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage diesen nunmehr bezifferten Anspruch, der sich für den Zeitraum von Januar 2013 bis Februar 2014 unter Berücksichtigung des Teilzeitfaktors auf insgesamt 2.788,23 € brutto beläuft (5 x 195,27 € und 9 x 201,32 €), was der Höhe als solcher nach unstreitig ist, nunmehr auf dem Rechtsweg.
8Zur Begründung hat die Klägerin darauf verwiesen, dass es für eine Eingruppierung als Gesundheits- und Krankenpflegerin nach dem vom Bundesarbeitsgericht zutreffend angelegten modernen Verständnis des Begriffs einer Tätigkeit in der Psychiatrie (Richtbeispiel zur Entgeltgruppe 8 der Anlage 1 AVR DW-EKD) nicht darauf ankomme, ob die Tätigkeit in einer psychiatrischen Klinik oder einer entsprechenden stationären Abteilung geleistet werde. Vielmehr erfasse dieser Begriff auch andere, nicht klinikgestützte Tätigkeitsfelder in denen Aufgaben einer psychiatrischen Klinik ganz oder teilweise erfüllt werden. Dazu gehöre auch die von der Beklagten vorgehaltene Betreuungsform des IBW, da diese jedem hierüber betreuten psychisch kranken oder geistig behinderten Menschen einen festen Betreuungsrahmen im Verbund mit der ständigen Erreichbarkeit und Abrufbarkeit von Hilfeleistungen biete, was allein eine stationäre Betreuung entbehrlich mache.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.788,23 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (15.08.2014) zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung hat sie zunächst darauf verwiesen, dass die Klägerin – anders als nach dem von ihr bemühten Richtbeispiel vorausgesetzt – nach dem insoweit unverändert gebliebenen Arbeitsvertrag auch ab Januar 2013 nicht als Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Psychiatrie, sondern als Fachkraft im Pflege- und Betreuungsdienst im Sinne der Entgeltgruppe 7 beschäftigt worden sei. Im Übrigen handle es sich bei dem IBW nicht um ein psychiatrisches Angebot, da es insoweit an therapeutischen und ärztlichen Leistungsanteile fehle. Es handle sich vielmehr um ein rein ambulantes Betreuungsangebot, welches auch nach dem vom Bundesarbeitsgericht angelegten weiten Verständnis des Psychiatriebegriffs von selbigem nicht mehr umfasst sei. Entsprechendes spiegle sich darin wieder, dass die Finanzierung der Leistung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII, also als Sozial- und nicht als Gesundheitsleistung erfolge. Auch sei die Tätigkeit der Klägerin als Betreuungskraft im IBW nicht von medizinisch-pflegerischen, sondern von pädagogischen und sozial-alltagsbegleitenden Aufgaben geprägt gewesen. Der Umstand des jeweils festen Kontingents an wöchentlichen Fachleistungsstunden und der 24-stündige Erreichbarkeit, die nur äußerst selten in einer Inanspruchnahme der Rufdienstkräfte vor Ort münde, mache aus diesem Leistungsangebot keine der stationären Betreuung vergleichbare Einrichtung.
14Die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 03.12.2014 – 10 Ca 2950/14 – abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 habe die Klägerin nicht erfüllt. Die Merkmale dieser Entgeltgruppe bauten auf der Entgeltgruppe 7 auf und verlangten – im Sinne einer Heraushebung – die eigenständige Wahrnehmung schwieriger Aufgaben in Tätigkeitsbereichen wie Pflege und Betreuung. Im Lichte dieser allgemeinen Merkmale sei mit dem der Entgeltgruppe zugeordneten Regelbeispiel der Gesundheits- und Krankenpflege in der Psychiatrie nicht die ambulante Betreuung und Pflege von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen in deren eigenen Wohnungen gemeint. Dieser Personenkreis bedürfte – was die Art der Unterbringung dokumentiere – der ständigen Beobachtung, Betreuung und Behandlung nicht. Vielmehr lasse der hier vorliegende Grad der Beeinträchtigung und Anpassungsfähigkeit gerade ein Leben im eigenen Wohnumfeld zu. Der Umgang mit diesem Personenkreis sei daher als weniger schwierig einzustufen, als bei Personen, deren stationäre Unterbringung und Versorgung geboten sei. Hinzu komme, dass sich gerade der fortwährende Umgang mit einer größeren Anzahl psychisch erkrankter Personen im engen räumlichen und zeitlichen Kontext, wie dies für die Arbeit in einer stationären Einrichtung typisch sei, für das Pflegepersonal als besondere Anforderung und zugleich Belastung darstelle. Genau die daraus vermittelte Schwierigkeit der Tätigkeit, die für den ambulanten Bereich nicht feststellbar sei, greife die vorliegende Eingruppierungsordnung durch Zuordnung zu einer höheren Entgeltgruppe jedoch auf, weshalb die Klägerin Vergütung nach selbiger nicht beanspruchen könne.
15Gegen dieses ihr am 24.04.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.05.2015 Berufung eingelegt, die sie mit weiterem Schriftsatz vom 24.06.2015 begründet. Bei der Frage, ob die konkrete Tätigkeit einem der Entgeltgruppe 8 zugeordneten Richtbeispiel entspreche, komme es nicht darauf an, ob die Tätigkeit zudem nach den allgemeinen Merkmalen der Entgeltgruppe als schwierig anzusehen sei oder nicht. Denn der Normgeber habe diese Frage durch die Formulierung und Aufnahme des Richtbeispiels bereits mit bindender Wirkung beantwortet. Entscheidend sei daher allein, ob die Tätigkeit im Bereich IBW als Tätigkeit einer Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Psychiatrie einzuordnen sei oder nicht. Davon müsse nach dem vom Bundesarbeitsgericht aufgegriffenen, modernen und ganzheitlich geprägten Psychiatriebegriff ausgegangen werden. Dieser umfasse die gesamte Palette institutionell aufgestellter Pflege- und Betreuungsangebote psychiatrischer Prägung. Insoweit sei vorliegend im Rahmen zeitlich fester Betreuungskontingente eine Bezugsbetreuung in Verbindung mit einem ständigen Telefonangebot und einem jederzeit mobilisierbaren Bereitschaftsdienst zwecks umgehender Vor-Ort-Betreuung eine Betreuungsdichte geschaffen, die im Rahmen eines modernen Psychiatriekonzepts die hergebrachte stationäre Betreuung klassischer Prägung entbehrlich werden ließe.
16In diesem Kontext seien die an die Pflege- und Betreuungskräfte gerichteten Anforderungen nicht geringer, als bei stationärer Betreuung. Die Anforderungen an die Pflegekraft wären mit den aus der stationären Situation resultierenden Anforderungen vielmehr vergleichbar. Alles was die pflegerische Behandlung und Betreuung bei einem stationären Aufenthalt ausmache, werde den über das IBW betreuten Personen ebenfalls zu Teil, mit dem einzigen Unterschied, dass dies im persönlichen Wohnumfeld erfolge. Eine gleichwohl abweichende Beurteilung der Eingruppierung sei danach mit der vom Arbeitsgericht gegebenen Begründung nicht zu rechtfertigen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 03.12.2014 – 10 Ca 2950/14 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.788,23 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (15.08.2014) zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Bezugnahme auf und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das über das IBW vermittelte Leistungsangebot sei nicht der Psychiatrie, sondern der Eingliederungshilfe zuzuordnen. Trotz psychischer Erkrankungen oder Behinderungen bedürfe die darüber betreute Klientel eben nicht der Betreuung oder Behandlung in einer institutionell strukturierten psychiatrischen Einrichtung.
22Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird ergänzend auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer war, Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Das Rechtsmittel der Klägerin hat Erfolg.
25I.
26Die gem. § 64 Abs. 1 u. 2b ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat das Rechtsmittel insbesondere nach § 66 Abs. 1 S. 1 u. 2 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
27II.
28Die Berufung der Klägerin ist begründet. Der Klägerin steht aus dem beendeten Arbeitsverhältnis gem. § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 18.01.2012 ein im Rahmen eines zulässigen Leistungsantrags geltend gemachter Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 2.788,23 € brutto nebst Zinsen zu.
291. Die Klägerin war in der Entgeltgruppe 8 AVR DW-EKD eingruppiert, weshalb die Beklagte ihr ab Januar 2013 – im vorliegend durch das Geltendmachungsschreiben vom 18.07.2013 gewahrten Rahmen der Ausschlussfristen nach § 45 AVR DW-EKD – für die Zeit bis zum 28.02.2104 das sich daraus ergebende Entgelt zu zahlen hat.
30a. Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich aufgrund der in § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrages vereinbarten dynamischen Bezugnahme nach den Bestimmungen der AVR DW-EKD unter Einbeziehung der dazu beschlossenen Anlage 1. Danach bestimmt sich die Eingruppierung der Klägerin nach folgenden Regelungen:
31„§ 12 Eingruppierung
32(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeit in die Entgeltgruppen gemäß der Anlage 1 eingruppiert. Die Tätigkeiten müssen ausdrücklich übertragen sein (z. B. im Rahmen einer Aufgaben- oder Stellenbeschreibung). Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie bzw. er eingruppiert ist. Die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber hat die Entgeltgruppe der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter schriftlich mitzuteilen.
33(2) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters erfolgt in die Entgeltgruppe, deren Tätigkeitsmerkmale sie bzw. er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.
34(3) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters.
35(4) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der Entgeltgruppen, die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind Richtbeispiele zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten dieser Eingruppierung benennen.“
36In der Anlage 1 AVR DW-EKD hieß es – soweit vorliegend zur Abgrenzung der Entgeltgruppen 7 und 8 von Interesse – bis Oktober 2013 wie folgt:
37„Entgeltgruppe 7 (Anm. 5, 6, 11, 15)
38A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
39Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
401. mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben (Anm. 6) in den Tätigkeitsbereichen
41a. Pflege/Betreuung/Erziehung,
42…
43Richtbeispiele:
44Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegerin,
45…
46Entgeltgruppe 8 (Anm. 6, 7, 10, 11, 14)
47A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen
48Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit
491. Eigenständiger Wahrnehmung (Anm. 6) von schwierigen (Anm. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen
50a. Pflege/Betreuung/Erziehung,
51…
52Richtbeispiele:
53Gesundheitspfleger/in im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder
54Psychiatrie, Erzieherin mit…“
55Mit Wirkung zum 01.11.2013 wurde das vorgenannte Richtbeispiel durch Entscheidung des Schlichtungsausschusses nach § 14 der Ordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD wie folgt geändert (vgl. Rundschreiben vom 24.10.2013, Bl. 11 d. A.):
56„Gesundheits- und Krankenpflegerin im OP-Dienst und in der Intensivpflege; Fachpflegekräfte in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit…
57Gesundheitspflegern/innen in der Psychiatrie, die am 31. Oktober 2013 in die Entgeltgruppe 8 A eingruppiert sind, wird für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses ein dynamischer Besitzstand garantiert.“
58b. Danach hat die Klägerin ab Januar 2013 einen Vergütungsanspruch nach der Entgeltgruppe 8 A Ziffer 1a AVR DW-EKD wegen Erfüllung des Richtbeispiels „Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“ bzw. ab November 2013 – bei ersichtlich nicht absolvierter Fachweiterbildung in der psychiatrischen Krankenpflege – aus der vom Schlichtungsausschuss im Kontext der Änderung des Richtbeispiels beschlossenen Besitzstandsregelung. Der ausdrücklichen Vereinbarung einer höheren Vergütung bedurfte es insoweit nicht, denn nach § 12 Abs. 1 S. 3 erhält die Mitarbeiterin im Anwendungsbereich der AVR DW-EKD Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie eingruppiert ist. Nach § 12 Abs. 2 AVR DW-EKD folgt die Eingruppierung – im Sinne einer Automatik – nach den Tätigkeitsmerkmalen, welche die Arbeitnehmerin erfüllt und die der Tätigkeit ihr Gepräge geben.
59aa. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind kirchliche Arbeitsbedingungen, obwohl es sich hierbei nicht um nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes geschlossene Tarifverträge handelt, nach den für die Auslegung von Tarifverträgen entwickelten und ständig angewandten Grundsätzen auszulegen (BAG, Urteil vom 20.06.2012 – 4 AZR 438/10 – NZA-RR 2013, S. 200 ff m. w. N.). Danach ist – ohne allein am Wortlaut der Norm zu haften – ausgehend von diesem und anhand seiner unter Einbeziehung des systematischen Zusammenhangs der Sinn der Erklärung festzustellen, wobei der wirkliche Wille des Normgebers und der damit von ihm beabsichtigte Sinn und Zweck mit zu berücksichtigen ist, soweit dieser in den relevanten Bestimmungen seinen Niederschlag gefunden hat (BAG, Urteil vom 14.01.2004 – 10 AZR 188/03 – juris m. w. N.). In Zweifelsfällen können daneben Gesichtspunkte wie die praktische Anwendbarkeit und die Entstehungsgeschichte berücksichtigt werden. Dabei ist die Auslegung zu wählen, die zu vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösungen führt (BAG, Urteil vom 31.07.2002 – 10 AZR 578 /01 – juris).
60Geht es im Kontext einer streitigen Eingruppierung in tatsächlicher Hinsicht um die Frage der Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltordnung oder deren Auslegung, so sind diese regelmäßig dann als erfüllt anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die einem der Eingruppierungsbestimmung vom Normgeber zugeordneten Regel- oder Richtbeispiel entspricht. Denn im Falle der Bildung von Regel- oder Richtbeispielen hat der Normgeber eine ihm im Rahmen seiner Gestaltungsmöglichkeiten eröffnete typisierende Betrachtung vorgenommen, mit der etwa aus Gründen der Rechtsicherheit oder Klarheit eine verbindliche Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu einem bestimmten Vergütungsniveau verbindlich vorgegeben wird (BAG, Urteil vom 20.06.2012 aaO). Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale muss und darf in einem solchen Fall nur zurückgegriffen werden, wenn die fragliche Tätigkeit von einem Beispiel nicht oder nicht voll erfasst wird oder das Tätigkeitsbespiel seinerseits unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, es also nicht aus sich selbst heraus ausgelegt werden kann (BAG, Urteil vom 25.09.1991 – 4 AZR 87/91 – juris).
61bb. In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die Tätigkeit der Klägerin im IBW dem Richtbeispiel der Tätigkeit einer Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie der Entgeltgruppe 8 A der Anlage 1 AVR DW-EKD (a. F.) zuordnen. Einem Rückgriff auf den Obersatz der Entgeltgruppe 8 mit seinen allgemeinen Merkmalen nebst näherer Beschreibung im dortigen Untersatz bedarf es daher nicht.
62(1). Die Klägerin war bei der Beklagten ab Januar 2013 als Gesundheits- und Krankenpflegerin im Sinne des Krankenpflegegesetzes (früher Krankenschwester) beschäftigt. Diese Tätigkeit ist ihr durch die schriftliche Formular-Vereinbarung über einen internen Wechsel i. S. d. § 12 Abs. 1 AVR DW-EKD ausdrücklich übertragen worden. In diesem von beiden Seiten unterzeichneten Formular ist die – vom ursprünglichen Arbeitsvertrag abweichende – durch das Krankenpflegegesetz bestimmte Berufsbezeichnung ausdrücklich aufgenommen worden. Im dem Formular ist ausdrücklich festgehalten, dass der (ursprüngliche) Arbeitsvertrag im Übrigen weiter gilt. Dies lässt den Willen beider Parteien zu dessen punktueller Abänderung hinreichend erkennen, denn ohne Abänderung wäre der Hinweis auf eine Fortgeltung der bisherigen Vertragssituation überhaupt und zugleich lediglich „im Übrigen“ überflüssig. Ferner soll, so die letzte Zeile des Formulars, „diese Vereinbarung“ der Personalakte hinzugefügt werden, was dem gewählten Wortlaut nach den Willen zum rechtsgeschäftlichen Handeln ebenso hinreichend wie eindeutig hervortreten lässt.
63(2). Eine abgeschlossene Zusatzausbildung bzw. Weiterbildung in der Krankenpflege mit dem Schwerpunkt Psychiatrie bzw. eine entsprechende Tätigkeit verlangte das Richtbeispiel in der bis Oktober 2013 geltenden Fassung dem insoweit klaren Wortlaut nach nicht, wofür ergänzend spricht, dass im Verlaufe der Schlichtung Anlass gesehen wurde, die Bezeichnung Gesundheitspflegerin durch das Wort „Fachpflegekräfte“ und dem Zusatz „mit entsprechender Tätigkeit“ zu ersetzen bzw. zu ergänzen.
64(3). Die Tätigkeit der Klägerin im IBW stellt sich darüber hinaus als Tätigkeit „in der Psychiatrie“ im Sinne des zitierten Richtbeispiels dar. Die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 verlangt sowohl nach den allgemeinen Merkmalen als auch nach den dazu niedergelegten Richtbeispielen, dass es sich um eine Tätigkeit einer qualifizierten Pflegekraft unter regelmäßig erhöhten Anforderungen handelt. Bei seiner insoweit mit dem Richtbeispiel verbundenen typisierenden Betrachtung knüpft der Normgeber an ein bestimmtes, hier institutionelles Merkmal an (BAG, Urteil vom 20.06.2012 aaO; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.06.2015 – 2 Sa 387/14 – juris). Für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 muss die Einrichtung, in welcher die Gesundheitspflegerin tätig ist, eine solche der Psychiatrie sein. Ist dies der Fall, so ist den Arbeitsgerichten eine qualitative Überprüfung dahin, ob denn die der pauschalen Betrachtung des Normgebers zugrundeliegende Bewertung auch der Prüfung im Einzelfall anhand und nach Maßgabe des Obersatzes standhält, eben aufgrund der gewollten Pauschalierung verwehrt (BAG, Urteil vom 20.06.2012, aaO).
65Mit dem im Richtbeispiel aufgegriffenen Begriff der Psychiatrie ist nicht das Fachgebiet der Medizin, sondern – dem umgangssprachlichen Gebrauch folgend – die zum Zwecke der psychiatrischen Versorgung vorgehaltene Einrichtung angesprochen. Er kennzeichnet die der Psychiatrie zugehörige Institution, ohne insoweit auf klassische stationäre Formen oder Angebote – etwa die psychiatrische Klinik – beschränkt zu sein. Nach dem Sinn und Zweck der Eingruppierungsnorm werden vielmehr auch Einrichtungen erfasst, die in ihrer Gesamtheit das Netz der psychiatrischen Versorgung bilden. Dem Psychiatriebegriff sind deshalb unter Berücksichtigung eines sich – den differenzierter werden Anforderungen in Behandlung und Pflege folgend – wandelnden Angebots auch Einrichtungen anderer Art zuzuordnen, in denen die Aufgaben einer psychiatrischen Klinik ohne deren strikten institutionellen Rahmen ganz oder teilweise erfüllt werden (BAG, Urteil vom 20.06.2012, aaO).
66Diesem weiten institutionellen Psychiatriebegriff kann das von der Beklagten in K vorgehaltene Angebot IBW nach Auffassung der Berufungskammer noch zugeordnet werden.
67Das Betreuungsangebot wendet sich ausdrücklich an Menschen mit (chronisch) psychischen Erkrankungen, wesentlichen seelischen Behinderungen oder Mehrfachbeeinträchtigungen. Die Betreuung erfolgt verstetigt durch Fachkräfte im Rahmen fester Fachleistungskontingente mit einem Wochenaufwand von regelmäßig 9 bis 12 Stunden, der sich auf ein Tagesstundenkontingent von je ca. 1,5 bis 2 Stunden herunterbrechen lässt.
68Die Versorgung erfolgt weiter im Rahmen der Bezugspflege durch einen konstanten Kreis von Betreuungs- und Pflegepersonen. Aufgabe des dafür nach dem Leistungsangebot der Beklagten und der Hilfeplanung des Kostenträges vorgesehenen Fachpersonals ist – soweit es sich um Pflegekräfte handelt – die Unterstützung bei der Entfaltung der Aktivitäten des täglichen Lebens unter Berücksichtigung und Aktivierung der durch die Erkrankung oder Behinderung eingeschränkten persönlichen Ressourcen. Es handelt sich dabei im eine, wenn nicht die prägende Aufgabe im Berufsbild einer Gesundheits- und Krankenpflegerin, die sich nicht auf die Durchführung lediglich unterstützender Begleitung im Alltag herabqualifizieren lässt. Die Betreuung wird und ist Rund-um-die-Uhr zu gewährleisten, ein jederzeitiger zunächst und zumindest telefonischer Zugriff auf das Pflege- und Betreuungspersonal, bei Bedarf aber auch dessen jederzeitiger Einsatz vor Ort ist möglich. Das IBW stellt sich damit als ein nach Rahmen und Struktur ebenso festes wie verstetigtes und verlässliches Unterstützungsangebot dar, dass in Gestalt einer modernen Betreuungsform zumindest Teilleistungen einer stationären psychiatrischen Klinik umfasst – nämlich solche pflegerischen und pädagogischen Inhalts – und diese jederzeit verfügbar hält.
69Von der Leistungsdichte ist das IBW – betrachtet man Fachstundenzahl und 24-stündige Betreuungsmöglichkeit – mit einem psychiatrischen Pflegeheim unter Berücksichtigung dortiger Personalschlüssel durchaus vergleichbar. Auf die Erbringung eigener ärztlicher oder therapeutischer Leistungen durch die Beklagte kommt es nicht entscheidend an, da für die Zuordnung das Erbringen von Teilleistungen einer psychiatrischen Klinik ausreichend ist. Der im Eingruppierungs-Richtbeispiel geforderte bzw. ihm immanente institutionelle Charakter des Angebots wird hier demnach durch die feste Verbindung eines bestimmten, örtlich konzentrierten Kreises der zu betreuenden Personen über einen bestimmten Stützpunkt mit einem festen, im Modell der Bezugspflege eingesetzten Personalstamm, einem verstetigten und dem zeitlichen Umfang nach nicht unerheblichen Fachleistungsvolumen und einer verlässlichen 24-stündigen Erreichbarkeit des Hilfe- und Unterstützungsangebots vermittelt. Es handelt sich damit um ein institutionell getragenes Leistungsangebot der psychiatrischen Versorgung, welches der stationären Versorgung vergleichbar ist bzw. diese substituiert und das nach seinen prägenden Merkmalen über Pflege- und Betreuungssituation, die über oder mit den Möglichkeiten eines ambulanten Pflegedienstes abgedeckt werden können, weit hinaus reicht.
70(4.) Der Einordnung als Einrichtung der Psychiatrie steht vorliegend nicht entgegen, dass die Kosten regelmäßig im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 SGB XII von einem Träger der Sozialhilfe abgedeckt werden. Zum einen ist die Herkunft der Mittel allein nicht geeignet, die Einordnung eines Leistungsangebots als Teil einer ganzheitlichen und bedarfsgerechten psychiatrischen Versorgung zu begründen oder auszuschließen. Zum anderen begründet und erstreckt § 53 SGB XII den Leistungsanspruch für Maßnahmen der Eingliederungshilfe gerade auch auf Personen, die aufgrund seelischer Behinderung oder bei Krankheit mit insoweit drohender Behinderung der Förderung ihrer gesellschaftlichen Teilhabe bedürfen, womit auch die über das IBW betreuten Personen mit psychiatrisch begründetem Hilfebedarf angesprochen sind.
71cc. Folgt man der Auslegung des Merkmals „in der Psychiatrie“ im Sinne eines institutionellen, an eine Einrichtung gebundenen Richtbeispiels nicht, so käme es auf die inhaltliche-fachliche Prägung der von der Klägerin im IBW ausgeübten Pflegetätigkeit an.
72Für eine solche Auslegung könnte in einer sich zunehmend wandelnden Versorgungslandschaft der Gesichtspunkt der Praktikabilität in Verbindung mit dem Bestreben nach der Erzielung sachgerechter und wegen ihrer Gleichmäßigkeit nachvollziehbarer Eingruppierungsergebnisse sprechen. Die Durchführung der psychiatrischen Pflege oder auch der Intensivpflege sind nicht (mehr) notwendig an Einrichtungen institutioneller Prägung gebunden. Längst werden z. B. auch Beatmungspatienten im häuslichen Umfeld betreut und versorgt. Für Menschen mit psychischen Erkrankungen gilt dies – wie das Angebot des IBW zeigt – in gleicher Weise.
73Die mit einer sachgerechten Eingruppierung zu erfassenden besonderen Anforderungen für das Pflegepersonal – fachlich wie mental betrachtet – resultieren, gleich ob in der stationären wie der häuslichen Situation, dabei nicht aus dem institutionellen Rahmen, sondern aus den durch die besonderen Pflegesituation vermittelten Ansprüchen an ihre Fachlichkeit und Belastbarkeit. Begreift man – diesem Ansatz folgend – das vorliegend relevante Richtbeispiel als auf Gegenstand und Inhalt der Pflegetätigkeit bezogenes Merkmal – wozu die Berufungskammer neigt – führte dies vorliegend zu keinem abweichenden Ergebnis. Denn das der Klägerin als Gesundheits- und Krankenpflegerin die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und / oder geistig-seelischen Behinderungen in der häuslichen oblag und ihre dies Tätigkeit prägte ist evident und vom dadurch dokumentierten Bedarf her betrachtet gerade Anlass, ein Angebot wie das IBW vorzuhalten.
742. Der Zinsanspruch folgt nach Grund und Höhe aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
75III.
76Die zugleich die erstinstanzliche Entscheidung abändernde Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
77Die Zulassung der Revision erfolgt auf der Grundlage des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung.

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Annotations
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.