Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 16. Dez. 2014 - 7 TaBV 49/14
Gericht
Tenor
1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 2. und 3. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 24.06.2014– 2 BV 20/13 – werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die vom 03. bis 06.09.2013 durchgeführteBetriebsratswahl für unwirksam erklärt wird.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Unwirksamkeit der in der Zeit vom 03.09.2013 – 06.09.2013 durchgeführten Betriebsratswahl.
4Die Antragstellerin, die D Gewerkschaft Metall (im Folgenden: DGM) betreibt die Anfechtung der Wahl des zu 2. beteiligten 15-köpfigen Betriebsrates (im Folgenden: Betriebsrat), der bei der Beteiligten zu 3. (im Folgenden: Arbeitgeberin) in der Zeit vom 03. – 06.09.2013 gewählt wurde.
5Die Wahl des Betriebsrates im September 2013 war notwendig geworden, da die vorherige, in der Zeit vom 08. – 11.03.2010 durchgeführte Betriebsratswahl letztinstanzlich vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 15.05.2013 – 7 ABR 40/11 – für unwirksam erklärt worden war.
6Während der Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge wurden insgesamt 3 Vorschlagslisten mit den Kennworten „D Gewerkschaft Metall“, „IG Metall Kompetenz für gute Arbeit“ und „Die Alternative“ eingereicht. Die Vorschlagsliste „IGMetall Kompetenz für Gute Arbeit“ war mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften aus der Belegschaft versehen; Unterschriften zweier Beauftragter der IG Metall trug diese Liste nicht. Mit Schreiben vom 30.07.2013, ausweislich des aufgebrachten Eingangsstempels beim Wahlvorstand am 06.08.2013 eingegangen, teilte die IG Metall T folgendes mit:
7„Lieber Kollege S,
8hiermit autorisieren wir die in der Sitzung des IG-Metall-Vertrauenskörpers der U Europe AG am 29.6.2013 beschlossene Kandidaten-Liste zur Einreichung bei der diesjährigen Betriebsratswahlen als offiziellen IG Metall-Listen-Vorschlag.
9Ich möchte dich bitten, dieses Schreiben beim Wahlvorstand zur Betriebsratswahl zu hinterlegen.“
10Unterzeichnet war dieses Schreiben von Herrn E, erster Bevollmächtigter sowie von Herrn H, Gewerkschaftssekretär. Auf die Kopie Bl. 56 der Akte wird Bezug genommen.
11Zwischen den Beteiligten ist es streitig, ob der als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsandte Listenführer der DGM während einer Wahlvorstandssitzung das Kennwort „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ als unzulässig gerügt hat.
12Der Wahlvorstand erachtete alle drei Vorschlaglisten als gültig. In der entsprechenden Bekanntmachung, die Familiennamen, Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum und Beschäftigungsart im Betrieb der jeweiligen Kandidatin / des jeweiligen Kandidaten enthielten, erhielt die Liste mit dem Kennwort „D Gewerkschaft Metall“ die Nr. 1, die Liste mit dem Kennwort „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ die Nr. 2 und die Liste mit dem Kennwort „Die Alternative“ die Nr. 3. Dementsprechend war der Stimmzettel gestaltet (Kopien Bl. 26 – 29 d.A.).
13Am 13.09.2013 erfolgte sodann die Bekanntmachung des Wahlergebnisses. Hiernach errang die Liste 2 insgesamt 13 Betriebsratssitze, die Liste 3 zwei Betriebsratssitze. Die niedrigste Höchstzahl, die noch zu einem Platz im 15-köpfigen Gremium führte, war 54,08. Von der Liste Nr. 1 wurde kein Kandidat in den Betriebsrat gewählt; die Höchstzahl des Listenführers dort betrug 50 und ergab den Rang 17.Wegen der Einzelheiten der Niederschrift über die Auszählung der Stimmen wird auf die Kopie Bl. 12 – 21 der Akte Bezug genommen.
14Mit Schriftsatz vom 27.09.2013, am selben Tage vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Siegen eingegangen, hat die DGM die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit derBetriebsratswahl vom 03.- 06.09.2013 geltend gemacht.
15Sie hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Liste 2 mit einem unzulässigen Kennwort eingereicht worden sei. Die Verwendung der Begrifflichkeit „IG Metall“ im Kennwort sei ausschließlich einer Gewerkschaftsliste vorbehalten. Gehe man also davon aus, dass es sich bei der Liste 2 um eine Gewerkschaftsliste handele, so sei sie nicht mit den im Gesetz vorgesehenen Unterschriften zweier Beauftragter der IG Metall versehen, weshalb sie nicht zur Wahl hätte zugelassen werden dürfen.
16Darüber hinaus habe der Wahlvorstand gegen weitere elementare Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen, da in den Vorschlagslisten über die persönlichen Angaben zum Namen und zum Geschlecht der Kandidatinnen und Kandidaten hinaus die Betriebsstätte und die Abteilung angegeben worden seien. Gleiches gelte für die zusätzlichen Angaben auf den Stimmzetteln. Insgesamt seien damit sämtliche abgegebenen 911 Stimmen ungültig.
17Die DGM hat beantragt,
18festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 3) vom 03. September – 06. September 2013 nichtig ist,
19hilfsweise,
20festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 3) im Zeitraum zwischen dem03. September – 06. September 2013 ungültig bzw. unwirksam ist.
21Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt,
22die Anträge abzuweisen.
23Sie haben sich im Wesentlichen auf den Standpunkt gestellt, dass die Liste „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ keine Gewerkschaftsliste darstelle und sie somit auch nicht wegen der fehlenden Unterschriften zweier Gewerkschaftsbeauftragter unzulässig sei. Die Verwendung des Kennwortes „IG Metall Kompetenz für gute Arbeit“ sei nicht unzulässig gewesen, auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur vormaligen Betriebsratswahl vom 15.05.2013, 7 ABR 40/11. Das Bundesarbeitsgericht habe sowohl im Termin zur mündlichen Verhandlung als auch in der Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es um die Gefahr von Verwechselungen gehe, soweit ein Kennwort als unzulässig zu betrachten sei. In der Betriebsratswahl des Jahres 2010 hätten – unstreitig – die dortigen Antragsteller, u.a. der jetzige Listenführer der Liste 1, als Kennwort „IG Metall“ verwendet mit der Begründung, unter „IG“ sei Interessengemeinschaft zu verstehen. Dies habe das Bundesarbeitsgericht vor dem Hintergrund des allgemeinen Verständnisses als abwegig bezeichnet; eine Liste hingegen, die die notwendigen Stützunterschriften aufweise und zudem von der Gewerkschaft IG Metall unterstützt werde, könne ohne weiteres den Zusatz „IG Metall“ im Kennwort tragen.
24Im Übrigen seien die zusätzlichen Angaben in den Wahlvorschlagslisten von der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen.
25Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Wahl seien unter keinen Umständen gegeben.
26Durch Beschluss vom 24.06.2014, den Vertretern von DGM und Betriebsrat am 22.07., der Arbeitgeberin am 24.07.2014 zugestellt, hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die in der Zeit vom 03.09. – 06.09.2014 durchgeführte Betriebsratswahl ungültig ist und den separat formulierten Antrag gerichtet auf Nichtigkeit der Wahl abgewiesen.
27Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 112 ff. der Akte Bezug genommen.
28Gegen diesen Beschluss wenden sich Betriebsrat und Arbeitgeberin mit den vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 25. Juli 2014 (Betriebsrat) bzw. 05. August 2014 (Arbeitgeberin) eingegangenen und mit Schriftsätzen, beim Landesarbeitsgericht am 08.09.2014 (Betriebsrat) bzw. 25.09.2014 (Arbeitgeberin) eingegangen, begründeten Beschwerden. Die ursprünglich von der DGM eingelegte Beschwerde hat diese im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer am 16.12.2014 zurückgenommen; insoweit ist das Verfahren durch gesonderten Beschluss eingestellt worden.
29Betriebsrat und Arbeitgeberin tragen vor:
30Das Arbeitsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Liste 2 „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ eine Gewerkschaftsliste sei. Da es sich nicht um eine Gewerkschaftsliste gehandelt habe, habe der Wahlvorstand diese Liste zutreffend zur Betriebsratswahl zugelassen. Auch die Autorisierung der Liste 2 durch die IG Metall T mache diese nicht zu einer Gewerkschaftsliste.
31Es verbleibe damit dabei, dass es sich um eine Arbeitnehmerliste mit der notwendigen Anzahl von Stützunterschriften gehandelt habe, die auch unter einem zulässigen Kennwort eingereicht worden sei. Abgesehen davon, dass es jedenfalls der Betriebsrat als zweifelhaft erachte, ob er der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts im Anfechtungsverfahren zur Wahl des Jahres 2010 folge, habe das Bundesarbeitsgericht jedenfalls ausgeführt, dass die Unzulässigkeit eines Kennwortes nicht die weitreichende Folge des Ungültigkeit des Wahlvorschlages zur Folge habe. Im Verfahren 7 ABR 40/11 habe das Bundesarbeitsgericht schließlich das auch seinerzeit von der Mehrheitsliste verwendete Kennwort „IG Metall“ mit weiterem Zusatz nicht beanstandet, sondern lediglich bei der anderen Liste, die im Wesentlichen nunmehr unter „DGM“ kandiert habe. Das Bundesarbeitsgericht habe stets darauf geachtet, möglichst keine Bewerber von der Wahl auszuschließen. Dass ein Kennwort, dass die gewerkschaftspolitische Ausrichtung der Liste deutlich mache, unzulässig sein solle, ist der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gerade nicht zu entnehmen. Seit den 80iger Jahren werde die IG Metall in den Kennworten der Vorschlaglisten genannt, ohne dass dies ein einziges Mal bemängelt worden wäre. Eine Verwechselungsgefahr habe auch deswegen nicht bestanden, weil der Organisationsgrat im Betrieb der Arbeitgeberin betreffend die IG Metall bei über 80 % liege.
32Auch in einer Entscheidung vom 25.05.2005 zum Aktenzeichen 7 ABR 39/04 sei das Bundesarbeitsgericht von einem gesetzeskonformen Belegschaftsvorschlag ausgegangen, obschon auch dort das Kennwort „IG Metall“ verwendet sei.
33Im Übrigen seien die Wahlvorschlagslisten und die dort enthaltenen Angaben nicht zu beanstanden; zutreffend habe das Arbeitsgericht erkannt, dass die durchgeführten Betriebsratswahlen unter keinem Gesichtspunkt nichtig sein könnten.
34Betriebsrat und Arbeitgeberin beantragen,
35den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 24.06.2014 – 2 BV 20/13 – abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
36Die DGM beantragt,
37die Beschwerden zurückzuweisen.
38Sie meint weiterhin mit der angegriffenen Entscheidung, dass die Liste 2 „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ eine Gewerkschaftsliste gewesen sei mit der Folge, dass diese nicht zur Wahl hätte zugelassen werden dürfen, da es – streitlos – an den erforderlichen Unterschriften zweier Beauftragter der IG Metall gefehlt habe.
39Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
40B.
41I.
42Die Beschwerden von Betriebsrat und Arbeitgeberin sind zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO.
43II.
44Die Beschwerden sind nicht begründet, da das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend die Anfechtbarkeit der Wahl im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG angenommen hat.
451.
46a) Die DGM verfolgt ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, da sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Ordnungsgemäßheit einer Betriebsratswahl nach § 19 BetrVG eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG darstellen.
47b) Die Anfechtungsberechtigung der Betriebsratswahl durch die DGM steht außer Streit (vgl. § 19 Abs. 2 BetrVG). Die DGM ist eine Gewerkschaft im Rechtssinne (vgl. BAG, Beschluss vom 28.03.2006, 1 ABR 58/04), die im Sinne des § 19 Abs. 2BetrVG im Betrieb vertreten ist; die Anfechtungsfrist von zwei Wochen ist eingehalten.
482.
49Die materiellen Voraussetzungen für eine Wahlanfechtung liegen vor, da durch die Zulassung der Liste 2 „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen wurde, hier § 7 Abs. 2, Satz 2 WOBetrVG i.V.m. § 8 Abs. 1 und 2 WO BetrVG. Nach vorgenannten Bestimmungen hat der Wahlvorstand eine Vorschlagsliste zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin/den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Der Wahlvorstand hat dabei alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe in Betracht zu ziehen, die den Wahlvorschlag betreffen. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen und die bei Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde erkannt werden können (BAG, Beschluss vom 21.01.2009, 7 ABR 65/07, Rdnr. 25). Aus § 8 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG lässt sich sodann entnehmen, welche möglichen Gründe für die Ungültigkeit einer Vorschlagsliste in Betracht kommen. Wenn auch die Unzulässigkeit eines Listenkennwortes nicht ausdrücklich erwähnt ist, so ergibt sich doch aus der Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 WO BetrVG, dass der Wahlvorschlag auf das Kennwort hin zu überprüfen ist (so ausdrücklich BAG, Beschluss vom 15.05.2013, 7 ABR 40/11 Rdnr. 19).
50Ausgehend von diesen Maßstäben hätte die Liste 2 „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ nicht in der geschehenen Art und Weise zur Betriebsratswahl zugelassen werden dürfen.
51a) Entweder es handelte sich bei der Liste 2 um eine Gewerkschaftsliste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG.
52aa) Nach dieser Vorschrift können die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Insoweit ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, dass die IG Metall eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG ist. Im Beschwerdeverfahren ist hierzu zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass der Organisationsgrad der Belegschaft bei der IG Metall etwa bei 80 % im Betrieb der Arbeitgeberin liegt.
53bb) Eine solche Gewerkschaftsliste bedarf nach § 14 Abs. 5 BetrVG einer Unterzeichnung durch zwei Gewerkschaftsbeauftragte. Eine solche Unterzeichnung konnte die Beschwerdekammer nicht feststellen; im Gegenteil: Selbst Betriebsrat undArbeitgeberin haben ausdrücklich dargelegt, dass eine solche Unterzeichnung der Liste „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“, wie sie § 14 Abs. 5 BetrVG erfordert, nicht erfolgt ist.
54cc) Da nach alledem die Unterschriften gemäß § 14 Abs. 5 BetrVG fehlten, hätte die Liste nicht zugelassen werden dürfen; gegebenenfalls hätte der Wahlvorstand prüfen können, ob sie unter Bezeichnung der ersten beiden Listenführer hätte zugelassen werden können. Dies scheint allerdings für den Fall, dass es sich tatsächlich um eine Gewerkschaftsliste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG handeln würde, problematisch, da diese gesetzliche Bestimmung eben ausdrücklich einen Wahlvorschlag der Gewerkschaft voraussetzt.
55b) Oder es handelte sich bei der Liste 2 um eine Belegschaftsliste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG. Nach dieser Bestimmung können die wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebes Wahlvorschläge machen.
56aa) Eine solche Belegschaftsliste bedarf gemäß § 14 Abs. 4 BetrVG der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften. Hierzu ergibt sich aus dem gesamten Vorbringen von Betriebsrat und Arbeitgeberin, dass durch die DGM nicht bestritten worden ist, dass die „Liste 2“ die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften hatte.
57bb) Als Belegschaftsliste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG hätte die Liste 2 wegen Verwendung eines unzulässigen Kennwortes zurückgewiesen werden müssen, gegebenenfalls unter dem Namen der zwei Listenführer zugelassen werden können (vgl. BAG, Beschluss vom 15.05.2013 aaO. Rdnr. 31).
58(1) Wegen der Pflicht zur Prüfung des Kennwortes gegebenenfalls verbunden mit der Zurückweisung eines Wahlvorschlages durch den Wahlvorstand wird zunächst auf die obigen Ausführungen unter 2. Bezug genommen.
59(2) Das Kennwort „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ war für eine Belegschafts-liste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG nicht zulässig. Die Beschwerdekammer folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 15.05.2013 aaO., in welcher ausdrücklich festgehalten worden ist, dass ein Kennwort unter Verwendung von „IG Metall“ bei einem Nicht-Gewerkschaftsvorschlag im Sinne von § 14 Abs. 5 BetrVG unzulässig ist.
60Zutreffend geht das Bundesarbeitsgericht insoweit davon aus, dass der Gesetzgeber in § 14 Abs. 3 BetrVG ausdrücklich zwischen der sogenannten Belegschaftsliste und der Gewerkschaftsliste differenziert, die sodann in § 14 Abs. 4 und Abs. 5 unterschiedlichen Voraussetzungen für deren Wirksamkeit folgen (BAG aaO., Rdnr. 24 und 25).
61Soweit Betriebsrat und Arbeitgeberin darauf abstellen, dass aufgrund der Bekanntheit der Kandidaten wegen des hohen Organisationsgrades der Industriegewerkschaft Metall im Betrieb der Arbeitgeberin eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen gewesen sei und dies allein maßgeblich für die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Listenkennwortes sei, so findet diese Ansicht weder in dem bereits beschriebenen Bestimmungen der Wahlordnung zum BetrVG, noch in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.05.2013 eine Stütze. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich ausdrücklich zwischen solchen Kennworten differenziert, die einen strafbaren, diskriminierenden, beleidigenden oder irreführenden Charakter haben und einem Kennwort, welches den Namen einer Gewerkschaft in sich trägt, ohne ein Gewerkschaftsvorschlag zu sein. Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation folgt nach Auffassung der Beschwerdekammer daraus, dass Kennworte einer Gewerkschaft auf Wahlvorschlagslisten, die aus der Belegschaft stammen, nicht verwendet werden können (vgl. hierzu Mittag, jurisPR-ArbR 38/2013, Anm. 5).
62An dieser Feststellung ändert auch die Heranziehung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.05.2005, 7 ABR 39/04, NZA 2006, S. 116 ff. nichts. Zwar ist es zutreffend – worauf Betriebsrat und Arbeitgeberin hingewiesen haben – dass dort für eine Belegschaftsliste ein gewerkschaftliches Kennwort nicht beanstandet worden ist. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Frage in der vorgenannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht entscheidungsrelevant war. Dort ging es vielmehr um die Frage, unter welchen formellen Voraussetzungen Stützunterschriften einem Wahlvorschlag zugerechnet werden können, nämlich dann, wenn sich die Stützunterschriften auf mehreren Blättern befinden, die nicht eindeutig dem Wahlvorschlag zugeordnet werden können.
63Nach alledem ist davon auszugehen, dass der Name einer Gewerkschaft nicht als Kennwort einer Belegschaftsliste im Sinne des § 14 Abs. 3 BetrVG verwendet werden kann. Nur durch eine solche Handhabung ist eine Verwechselungsgefahr im oben genannten Sinne ausgeschlossen; sofern eine Belegschaftsliste eine die Gewerkschaft unterstützende bzw. eine gewerkschaftsnahe Liste ist, kann sie dann – worauf Fitting und andere, BetrVG, 27. Aufl., in § 7 WO 2001, Rdnr. 2 ausdrücklich hinweisen – ein ergänzendes Kennwort wie „Freunde der …“, „Unterstützer der …“ etc. verwenden.
64Nach alledem hätte die Liste 2 „IG Metall Kompetenz für Gute Arbeit“ weder alsGewerkschaftsliste, noch als Belegschaftsliste unter diesem Kennwort zur Betriebsratswahl zugelassen werden dürfen.
65c) Die Verwendung des unzulässigen Listenkennwortes ist auch nicht deswegen bedeutungslos, weil durch diesen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften dasErgebnis nicht hätte geändert oder beeinflusst werden können, wie es § 19 Abs. 1, letzter Halbsatz BetrVG vorsieht.
66Die erkennende Beschwerdekammer folgt hierzu der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie sie zuletzt im Beschluss vom 12.06.2013, 7 ABR 77/11 zum Tragen gekommen ist. Dort hat das Bundesarbeitsgericht unter Rdnr. 39 ausdrücklich ausgeführt, dass sich konkret feststellen lassen muss, dass kein anderes Wahlergebnis möglich gewesen wäre. Berücksichtigt man hierzu, dass derListenführer der Liste 1 (DGM) wegen der festgestellten Höchstzahlen sich auf Rang 17 befunden hat, wo hingegen der letzte, noch in den Betriebsrat gewählte Bewerber bei der Höchstzahl 54,08 und der erste, nicht mehr in den Betriebsrat gewählte Kandidat bei 50,21 gelegen hat, so ergibt sich bereits hieraus, dass es nicht ausgeschlossen ist, das zumindest ein Kandidat der Liste 1 den Sprung in den Betriebsrat geschafft hätte.
673.
68Die Betriebsratswahl war nicht nichtig.
69a) Allerdings war die Nichtigkeitsprüfung durch die Beschwerderücknahme der DGM nicht der Prüfung durch die Beschwerdekammer entzogen, da eine antragsbezogene Differenzierung im Beschlussverfahren zwischen der Feststellung der Unwirksamkeit und der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl den Streitstoff nicht i.S.d. § 308 ZPO begrenzen kann. Wird beantragt, eine Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären, so liegt darin nicht nur eine Wahlanfechtung, sondern es ist auf Grund eines derartigen Antrags auch zu prüfen, ob eine Wahlnichtigkeit vorliegt (Fitting u.a., BetrVG 27.A., § 19 Rdnr. 9; Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 14. Aufl. 2014, § 19 Rdnr. 82; BAG, Beschluss v. 24.01.1964 - 1 ABR 14/63 -; Beschluss v. 10.06.1983 - 6 ABR 50/82 - zu II.2.a) d. Gründe m.w.N.).
70b) Da das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung unter B II.1 der Gründe zutreffend unter Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Einzelnen die Voraussetzungen der Nichtigkeit der Betriebsratswahl, die vom 03.09. bis zum 06.09.2013 stattgefunden hat, verneint hat und im Beschwerdeverfahren weitere Angriffe insoweit nicht vorgebracht wurden, verweist die Beschwerdekammer auf eben diese Ausführungen und macht sie sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen.
71Nach alledem konnten die Beschwerden von Betriebsrat und Arbeitgeberin keinen Erfolg haben. Die im Beschlusstenor enthaltene Klarstellung ist lediglich sprachlicher Art.
72III.
73Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen gemäß § 92 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.
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Annotations
(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.
(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.
(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.
(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.
(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.