Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 26. März 2015 - 16 Sa 1711/14
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 21.10.2014 – 3 Ca 3517/13 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung.
3Der Kläger war vom 02.11.2010 bis 31.10.2013 bei der Beklagten als Arbeiter beschäftigt. Er bezog ein monatliches Entgelt von 1.900,00 Euro brutto.
4In der Zeit vom 09.09. bis 20.10.2013 war der Kläger zunächst aufgrund eines Wirbelsäulenleidens arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 21.10.2013 wurde der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. M für die Zeit vom 21.10.2013 bis zum 15.11.2013 für arbeitsunfähig befunden. Hierüber stellte Dr. M eine Erstbescheinigung aus. Die vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die die Diagnosen ausweisen, enthalten für den Zeitraum 09.09 bis 20.10.2013 die Schlüssel „M123 G, M234 G“ und für den Zeitraum ab dem 21.10.2013 den Schlüssel „M345 G“. Für den Zeitraum vom 21.10.2013 bis 31.10.2013 verweigerte die Beklagte die vom Kläger begehrte Entgeltfortzahlung. Krankengeld wurde dem Kläger nicht gewährt.
5Mit seiner am 23.12.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 633,33 Euro brutto nebst Zinsen.
6Der Kläger hat vorgetragen, er habe am Montag, dem 21.10.2013, wie gewohnt die Arbeit antreten wollen, sich morgens beim Anziehen unglücklich bewegt und eine schwerwiegende Verletzung in der rechten Schulter zugezogen.
7Der Kläger hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 633,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat bestritten, dass der Kläger, wenn auch nur kurzfristig, vor dem 21.10.2013 arbeitsfähig gewesen sei. Zudem spreche viel dafür, dass die Schulterverletzung bereits vor dem 20.10.2013, 24.00 Uhr, entstanden sei.
12Durch Urteil vom 21.10.2014 hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung des Arztes Dr. med. M als sachverständigen Zeugen die Beklagte zur Zahlung von 633,33 € brutto verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass aufgrund der Vernehmung des behandelnden Arztes des Klägers nicht feststehe, dass dieser bereits während der bis zum 20.10.2013 anhaltenden Erkrankung wegen der Schulterverletzung arbeitsunfähig gewesen sei, so dass er nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung erworben habe. Zwar habe der Kläger am 17.10.2013 seinen behandelnden Arzt aufgesucht und diesem über Schmerzen im Schulterbereich berichtet. Dass der Arzt den Kläger bereits am 17.10.2013 aufgrund der Schulterschmerzen krankgeschrieben hätte, wenn der Kläger diesem Zeitpunkt nicht ohnehin noch krankgeschrieben gewesen wäre, habe Dr. M als sachverständiger Zeuge nicht eindeutig beantworten können. Die Folgen der Nichtnachweislichkeit habe die Beklagte zu tragen.
13Gegen dieses ihr am 03.11.2014 zugestellte Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 03.12.2014 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
14Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Kläger bereits am 17.10.2013 über eingetretene zunehmende Schulterschmerzen mit einer Bewegungseinschränkung geklagt habe, also über die Krankheit, wegen der er dann ab dem 21.10.2013 erneut krankgeschrieben worden sei. Es sei von zwei überlappenden Krankheiten auszugehen. Der behandelnde Arzt habe bei seiner Vernehmung zunächst auch bestätigt, dass er den Kläger wegen der Schulterschmerzen bereits am 17.10.2013 krankgeschrieben hätte, wenn nicht eine Krankschreibung wegen der aufgetretenen Rückenbeschwerden bereits vorgelegen hätte. Auf die im Nachhinein erörterte Frage, ob der behandelnde Arzt bereits am 17.10.2013 eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit konkret festgestellt habe, könne es für die Beurteilung nicht ankommen. Die weitere „Neukrankschreibung“ ab dem 21.10.2013 sei ebenso ausschließlich aufgrund der Angaben des Klägers erfolgt. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund seiner Schulterbeschwerden bereits am dem 17.10.2013 als arbeitsunfähig krank anzusehen sei.
15Die Beklagte beantragt,
16das am 21.10.2014 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Herne, AZ: 3 Ca 3517/13, wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er behauptet, die Schulterverletzung habe er sich einige Zeit vor dem 21.10.2013, möglicherweise im April oder auch zuvor, zugezogen. Er sei deswegen jedoch nicht arbeitsunfähig gewesen, sondern habe eine Physiotherapie erhalten. Am 17.10.2013 habe er wegen anderer Erkrankungen, womöglich auch wegen der Schulterverletzung, den Arzt aufgesucht. Am 21.10.2013 sei seine Rückenverletzung ausgeheilt gewesen. Er habe zur Arbeit gehen wollen, sei beim Anziehen jedoch mit der Schulter an den Türrahmen gestoßen und habe so starke Schmerzen entwickelt, dass er nicht habe zur Arbeit gehen können. Im Übrigen verteidigt er das angefochtene Urteil als zutreffend.
20Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
23Der Kläger kann für seine Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.10.2013 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.10.2013 Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG nicht verlangen. Es steht nicht fest, dass er nach der vorangegangenen sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit, für die er Entgeltfortzahlung erhalten hat, erneut arbeitsunfähig geworden ist.
24Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer für jede neue Erkrankung, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, einen neuen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Tritt wegen einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheitsursache hinzu, die für sich ebenso die Arbeitsunfähigkeit bedingt hätte, so wird hierdurch kein neuer Sechswochenzeitraum in Gang gesetzt. Auch mehrere unterschiedliche Erkrankungen, die sich teilweise überlappen, lösen nur einmal nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls für sechs Wochen einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus (BAG vom 02.02.1994, 5 AZR 345/93, NZA 1994, 547; Schmidt, Entgeltfortzahlungsgesetz, 7. Auflage, § 3 Rn. 285).
25Im vorliegenden Fall war der Kläger ab dem 09.09.2013 bis einschließlich 20.10.2013 wegen eines lumbalen Facettensyndroms arbeitsunfähig. Zugleich bestand jedoch eine Erkrankung, die er sich schon vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls zugezogen hatte und die mit Schulterschmerzen verbunden war. Am 17.10.2013, vor Ende seiner Arbeitsunfähigkeit wegen des lumbalen Facettensyndroms suchte der Kläger seinen Arzt jedenfalls auch wegen zunehmender Schulterschmerzen auf. Nach dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht fest, ob diese Erkrankung am 17.10.2013 für sich alleine eine Arbeitsunfähigkeit begründet hätte. Nach dem Sachvortrag des Klägers hat seine Arbeitsunfähigkeit jedoch lediglich bis zum 20.10.2013 angehalten, er wäre nach Beendigung der ihm attestierten Arbeitsunfähigkeit wieder arbeitsfähig gewesen.
26Für diese Fallkonstellation ist nach Auffassung der Kammer der Kläger im Ergebnis beweispflichtig dafür, dass er nicht schon am 17.10.2013 wegen seiner Schulterverletzung arbeitsunfähig war. Der Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, der auf Zumutbarkeitserwägungen beruht und deshalb die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers auf sechs Wochen begrenzt, hat zur Folge, dass der Kläger für das Auftreten einer erneuten Erkrankung beweispflichtig ist.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
28Die Kammer hat die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.
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Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 633,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
3. Der Streitwert wird auf 633,33 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers.
3Der Kläger war vom 02.11.2010 – 31.10.2013 bei der Beklagten als Arbeiter zu einer Vergütung in Höhe von 1.900,00 € brutto pro Monat beschäftigt.
4Der Kläger war zunächst vom 09.09. – 20.10.2013 aufgrund eines Wirbelsäulenleidens arbeitsunfähig erkrankt. Die insoweit ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung datierte bis einschließlich Sonntag, den 20.10.2013. Die Arbeitsunfähigkeit wurde durch den Hausarzt des Klägers, Dr. M, bescheinigt. Ab dem 21.10.2013 bis über den Ablauf des Arbeitsverhältnisses hinaus wurde der Kläger durch eine Erstbescheinigung, ausgestellt ebenfalls von Herrn Dr. M, Bl. 20 der Gerichtsakten, erneut krankgeschrieben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte für den Zeitraum vom 21.10.2013 – 31.10.2013 zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.
5Mit seiner am 23.12.2013 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 04.01.2014 zugestellten Klage begehrt der Kläger Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 21.10. – 31.10.2013 in Höhe von 633,33 € brutto nebst Zinsen von der Beklagten.
6Er trägt vor, dass er am Montag, den 21.10.2013, wie gewohnt die Arbeit habe antreten wollen. Morgens beim Anziehen habe er sich unglücklich bewegt und habe sich eine schwerwiegende Verletzung in der rechten Schulter zugezogen. Er habe sich am Vormittag deshalb in ärztliche Behandlung begeben. Bei der Schulterverletzung habe es sich um eine neue Diagnose gehandelt. Dies ergebe sich auch aus dem ärztlichen Attest seines behandelnden Arztes Dr. M vom 24.01.2014 (Bl. 22 der Gerichtsakten). Aus den Formulierungen des Arztes ergebe sich auch, dass die erste Erkrankung abgeschlossen gewesen sei und sodann erst die zweite Erkrankung eingetreten gewesen sei.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn 633,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie trägt vor, dass eine Fortsetzungserkrankung vorliege, so dass kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entstanden sei. Sie bestreite, dass der Kläger - wenn auch nur kurzfristig - arbeitsfähig gewesen sei. Dagegen spreche auch bereits, das Attest des behandelnden Arztes vom 24.01.2014, wonach am 21.10.2013 eine Schultererkrankung hinzugekommen sei. Diese Ausdrucksweise spreche bereits dafür, dass die zuvor diagnostizierte Rückenerkrankung noch nicht ausgeheilt gewesen sei. Es spreche auch viel dafür, dass die Schulterverletzung bereits vor dem 20.10.2013, 24.00 Uhr, entstanden sei, wie sich auch aus der ärztlichen Bescheinigung vom 07.04.2014 ergebe.
12Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Arztes Dr. med. M als sachverständigen Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die zunächst erfolgten schriftlichen Stellungnahmen gemäß Bl. 32 und 35 der Gerichtsakten sowie auf das Ergebnis der Verhandlungsniederschrift vom 21.10.2014 (Bl. 43 – 47 der Gerichtsakten) verwiesen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
15I.
16Die Klage ist zulässig und begründet.
17Der Kläger hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen die Beklagte für den Zeitraum vom 21.10.2013 – 31.10.2013 in Höhe von 633,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013.
181. Der Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung ergibt sich aus § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG.
19Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit begrenzt, wenn während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls zur Arbeitsunfähigkeit führt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Krankheiten verursachten Arbeitsverhinderungen die Sechswochenfrist nur einmal in Anspruch nehmen (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls). Ein weiterer Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur dann, wenn die erste Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem eine weitere Erkrankung zu einer neuen Arbeitsverhinderung führt (BAG, Urteil v. 02.12.1981, 5 AZR 89/80, AP Nr. 48 zu § 1 LFZG vom 12.09.1967; BAG, Urteil vom 13.07.2005, 5 AZR 389/04, AP Nr. 25 zu § 3 EFZG). Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen nur vor, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn er zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich aber nicht arbeiten konnte, weil er nur wenige außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 04.03.2010, 11 Sa 547/09, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.02.2012, 13 Sa 117/11, juris). Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer nach seiner Gesundung, also nach Beendigung des Verhinderungsfalles, die Arbeit tatsächlich wieder aufgenommen hatte oder nicht. Falls der erste Verhinderungsfall abgeschlossen war, ist die neue Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung ein neues Unglück, das nur zufällig in einem nahen zeitlichen Zusammenhang mit der soeben beendeten Arbeitsunfähigkeit eintritt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 04.03.2010, 11 Sa 547/09, a.a.O.; BAG, Urteil v. 02.12.1981, 5 AZR 89/80, a.a.O.). Dabei entscheidet über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und damit über das Ende des Verhinderungsfalles grundsätzlich der Arzt. Enthält die ärztliche Bescheinigung nur die Angabe eines Kalendertages, wird in der Regel die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der vom erkrankten Arbeitnehmer üblicherweise an diesem Kalendertag zu leistenden Arbeitsschicht bescheinigt (BAG, Urteil v. 02.12.1981, 5 AZR 89/80, a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 04.03.2010, 11 Sa 547/09, a.a.O.).
20Die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG trägt der Arbeitnehmer (BAG, Urteil v. 26.02.2003, 5 AZR 112/02, BAGE 105, 171). Er genügt seiner Darlegungs- und Beweislast gemäß § 5 Abs. 1 EFZG regelmäßig durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Ist der Arbeitnehmer jedoch innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 EFZG länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, muss der Arbeitnehmer vorbringen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen hat. Dem Arbeitnehmer obliegt hierbei bei Bestreiten durch den Arbeitgeber die Darlegung der Tatsachen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Der Arbeitnehmer hat dabei die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Sodann ist es Sache des Arbeitgebers, konkret zu erwidern und den Nachweis der Fortsetzungserkrankung zu führen, da er die objektive Beweislast für das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung zu tragen hat. Den Arbeitgeber treffen die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung (BAG, Urteil v. 13.07.2005, 5 AZR 389/04, AP Nr. 25 zu § 3 EFZG; Hessisches LAG, Urteil v. 24.10.2012, 2 Sa 70/10, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 29.02.2012, 13 Sa 117/11, a.a.O.).
21Nach diesem Maßstab kann nicht von zwei überlappenden Krankheiten des Klägers in dem vorliegend relevanten Zeitraum ausgegangen werden. Zunächst – wie zwischen den Parteien auch unstreitig ist – handelt es sich um zwei verschiedene Krankheiten des Klägers. Er war bis zum 20.10.2013 aufgrund eines Wirbelsäulenleidens, sogenannten degenerativen lumbalen Facettensyndroms, arbeitsunfähig erkrankt, ab dem 21.10.2013 wegen einer Erkrankung des Schultergelenks. Die allgemeine Frage einer Fortsetzungserkrankung stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Es liegt aber auch kein Fall von zwei überlappenden Krankheiten, sogenannter Einheit des Verhinderungsfalls, vor. Nachdem der Kläger dies ausreichend dargelegt hat und die Beklagte dies bestritten hat, hat die Kammer den behandelnden Arzt des Klägers, der durch den Kläger von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden worden war, zunächst schriftlich angehört. Da sich darauf basierend die streitige Frage nicht hinreichend klären ließ, ist der behandelnde Arzt Dr. M sodann als sachverständiger Zeuge im Rahmen der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2014 vernommen worden. Nach seinen Bekundungen ist die Kammer im Rahmen ihrer abschließenden Beratung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorliegen von zwei überlappenden Erkrankungen und somit das Vorliegen einer sogenannten Einheit des Verhinderungsfalls, nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen ist. Aufgrund der oben dargelegten Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast hat der Arbeitgeber die Folgen der Nichterweislichkeit zu tragen, so dass vorliegend nicht von zwei überlappenden Krankheiten ausgegangen werden konnte.
22Der Zeuge Dr. M hat zwar im Rahmen der von ihm erstellten Bescheinigung vom 07.04.2014 ausgeführt, dass der Kläger bereits am 17.10.2013 von zunehmenden Schulterschmerzen rechts, verbunden mit einer Bewegungseinschränkung, berichtet habe, nachdem er ein paar Wochen zuvor auf die Schulter gefallen war. Im Rahmen seiner mündlichen Vernehmung vom 21.10.2013 hat er dazu auch ausgeführt, dass er sich erinnern könne, dass der Kläger bereits im April 2013 einen Sturz erlitten habe, es deswegen zu einer Schulterverletzung gekommen sei und er in der Folge krankengymnastische Übungen erhalten habe. Nachdem er dann zunächst befragt wurde, ob er den Kläger wohl bereits am 17.10.2013 aufgrund der Schulterschmerzen krankgeschrieben hätte, wenn der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht ohnehin noch krankgeschrieben gewesen wäre, hat Herr Dr. M zunächst ausgeführt, dass er ihn wahrscheinlich deshalb krankgeschrieben hätte. Im Rahmen seiner weiteren Vernehmung hat er jedoch sodann ausgeführt, dass dies im Nachhinein sehr schwer zu beurteilen sei und ohnehin grundsätzlich schwer objektivierbar sei. Nachdem er erneut gefragt wurde, ob nun am 17.10. bereits Arbeitsunfähigkeit bestanden habe oder nicht, so teilte er mit, dass dies letztlich reine Spekulation und es auch plausibel sei, dass die Arbeitsunfähigkeit erst am 21.10. aufgrund eines konkreten Ereignisses sodann eingetreten sei. Eine medizinisch objektivierbare Aussage könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr getroffen werden. Die Aussage des Zeugen Dr. M war nach Auffassung der Kammer glaubhaft. Er bemühte sich ersichtlich darum, auf die ihm gestellten Beweisfragen konkret und im Detail zu antworten, betonte aber auch, dass er sich auf seine Aufzeichnungen stützten müsse, da er im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm behandelten Patienten keine detaillierte Erinnerung mehr an die konkrete Erkrankung des Klägers habe. Für die Kammer waren auch keine Umstände ersichtlich, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Letzten Endes musste die Kammer daher im Rahmen ihrer abschließenden Beratung zu dem Ergebnis kommen, dass der Beweis, dass zwei überlappende, zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankungen vorlagen, nicht erbracht worden ist.
232. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
24II.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
26Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 3, 5 ZPO. Zugrunde gelegt wurde der Wert der eingeklagten Forderung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.