Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 02. Sept. 2016 - 13 TaBV 94/15
Tenor
Die Beschwerde der zu 5) bis 7) beteiligten Arbeitgeberinnen gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 06.11.2015 – 3 BV 103/14 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:
Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 26.11.2014 wird für unwirksam erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Schwerbehindertenvertretung.
4Die Antragsteller zu 1) bis 4) sind im Gemeinschaftsbetrieb der zu 5) bis 7) beteiligten Arbeitgeberinnen beschäftigte, als schwerbehinderte Menschen anerkannte Arbeitnehmer.
5Am 15.10.2014 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben u.a. für die Wahl der Vertrauensperson (Bl. 12 f. d. A.) und legte an geeigneter Stelle eine Liste der Wahlberechtigten zur Einsicht aus. In dieser Liste waren bis zum Wahltag, dem 26.11.2014, folgende vier Personen nicht aufgeführt:
6L und M, jeweils mit einem Grad der Behinderung von 60, mit denen ab dem 01.10.2014 jeweils für ein Jahr ein Arbeitsverhältnis begründet worden war;
7T, der seit dem 01.07.2014 befristet bis zum 30.05.2015 tätig war, und der mit einem Grad der Behinderung von 30 antragsgemäß mit Bescheid vom 23.09.2014 durch die Agentur für Arbeit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und der diesen Beschluss seiner Arbeitgeberin am 17.12.2014 vorlegte;
8G mit einem Grad der Behinderung von 50, der im Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2014 im Rahmen einer Probebeschäftigung nach § 46 SGB III im Gemeinschaftsbetrieb tätig geworden ist, bevor anschließend für die Dauer eines Jahres eine Anstellung erfolgte.
9Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung hatte laut Wahlniederschrift (Bl. 15 f. d. A.) folgendes Ergebnis:
10Bewerber: C 17 Stimmen
11Bewerberin: I 10 Stimmen
12Bewerberin: Q 19 Stimmen
13Mit einem am 04.12.2014 beim Arbeitgericht eingegangenen Schriftsatz haben sich die vier Antragsteller gegen die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson gewandt.
14Sie haben die Auffassung vertreten, es liege ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht vor, weil die im maßgeblichen Zeitpunkt dem Betrieb angehörenden schwerbehinderten Arbeitnehmer L, M, T und G zu Unrecht nicht hätten wählen dürfen. In Anbetracht des Zwei-Stimmen-Abstandes zwischen den Bewerbern Q und C könne durch den Verstoß eine Wahlbeeinflussung nicht ausgeschlossen werden.
15Das Recht zur Wahlanfechtung hätten sie nicht deshalb verloren, weil von ihnen kein Einspruch gegen die Liste der Wahlberechtigten erfolgt sei. Ihr gesetzlich durch § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verbürgtes Recht, gegen eine Wahl vorzugehen, könne nicht durch rangniedrigere Bestimmungen in einer Wahlordnung eingeschränkt bzw. ausgeschlossen werden.
16Die Antragsteller haben beantragt,
17festzustellen, dass die am 26.11.2014 bei den Antragsgegnerinnen durchgeführte Wahl zur Schwerbehindertenvertretung unwirksam ist.
18Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,
19den Antrag abzuweisen.
20Sie haben die Ansicht zum Ausdruck gebracht, die vier Antragsteller könnten wegen des unterlassenen Einspruchs gegen die Liste der Wahlberechtigten jetzt nicht mehr die Wahl wegen Verstoßes gegen eine Wahlrechtsnorm anfechten.
21Davon abgesehen sei das Wahlrecht des Mitarbeiters T angesichts des von ihm erst am 17.12.2014 vorgelegten Gleichstellungsbescheides im maßgeblichen Wahlzeitraum nicht erkennbar gewesen. Die Mitarbeiter L und G hätten von vornherein kein Interesse an der Wahl gezeigt, zumal sie auch am Wahltag nicht erschienen seien. Abgesehen davon habe im Falle G (noch) kein Wahlrecht bestanden.
22Die danach verbleibende mögliche Stimme des Arbeitnehmers M, der am Wahltag erschienen und vom Wahlvorstand zurückgewiesen worden sei, hätte das Wahlergebnis nicht beeinflussen können.
23Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.11.2015 dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Hinsichtlich der Begründung wird verwiesen auf II) der Gründe (Bl. 128 ff. d. A.).
24Dagegen wenden sich die beteiligten Arbeitgeberinnen mit ihrer Beschwerde. Unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages streichen sie heraus, dass die Antragsteller uneingeschränkt in der Lage gewesen seien, rechtzeitig Einspruch gegen die Liste der Wahlberechtigten einzulegen. Deshalb sei mit Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten einer Wahlanfechtung entzogen, weil anderenfalls die Regelung des § 4 der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen (im Folgenden kurz: SchwbVWO) umgangen würde und die beabsichtigte Rechtssicherheit nicht eintreten könne.
25Die zu 5) bis 7) beteiligten Arbeitgeberinnen beantragen,
26den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 06.11.2015 – 3 BV 103/14 – abzuändern und den Antrag abzuweisen.
27Die Antragsteller beantragen,
28die Beschwerde zurückzuweisen.
29Sie streichen heraus, dass es keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, ihr Anfechtungsrecht über die gesetzlichen Vorgaben hinaus einzuschränken.
30Im Übrigen sei es gerade in Großbetrieben praktisch undurchführbar, wenn alle Arbeitnehmer sich zur Rechtswahrung vorbehalten müssten, innerhalb der 14-tägigen Einspruchsfrist die Frage der Wahlberechtigung von Belegschaftsangehörigen abschließend zu klären.
31Davon abgesehen liege ein Wertungswiderspruch darin, wenn Arbeitnehmer in einem gerichtlichen Anfechtungsverfahren Fehler bei der Wahlberechtigung, die erst nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist durch Zu- und/oder Abgänge entstanden seien, ohne Einschränkung rügen könnten.
32Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
33B.
34Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
35Zu Recht hat nämlich das Arbeitsgericht dem Wahlanfechtungsantrag entsprochen. Die am 26.11.2014 durchgeführte Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 1 1. Fall BetrVG unwirksam, weil gegen § 94 Abs. 2 SGB IX als wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht verstoßen wurde und dadurch das Wahlergebnis geändert bzw. beeinflusst werden konnte.
36I. Der Antrag ist gemäß § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 2 BetrVG zulässig.
37Die vier Antragsteller, die das Verfahren fristgerecht innerhalb von 14 Tagen eingeleitet haben (§§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG), sind nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 1. Fall BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt.
38Sie sind in dem von den drei Arbeitgeberinnen unterhaltenen Gemeinschaftsbetrieb wahlberechtigte schwerbehinderte Arbeitnehmer im Sinne des § 94 Abs. 2 SGB IX. Die ihnen dadurch zukommende Anfechtungsberechtigung haben sie, auch was den hier allein vorgebrachten Verstoß gegen die Wahlrechtsbestimmung des § 94 Abs. 2 SGB IX angeht, nicht dadurch verloren, dass sie es entgegen § 4 Abs. 1 SchwbVWO unterlassen haben, innerhalb der bis zum 29.10.2014 laufenden Zwei-Wochen-Frist Einspruch gegen die fehlerhafte Liste der Wahlberechtigten einzulegen.
391. Allerdings wird in der Rechtsprechung (LAG Nürnberg, 31.05.2012 – 5 TaBV 36/11 – AiB 2013, 393; LAG Frankfurt, 27.01.1976 – 5 TaBV 38/75 – BB 1976, 1271; vgl. auch LAG Düsseldorf, 08.05.1973 – 5 TaBV 10/73 – BB 1973, 2050) und Literatur (Fitting, 28. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 14 u. § 4 WO Rn. 5; Richardi/Thüsing, 15. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 10; Seipel, Anm. zu BAG, 29.03.1974 – 1 ABR 27/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 2) die Meinung vertreten, dass Arbeitnehmer, wenn sie es versäumen, rechtzeitig gegen die Wählerliste Einspruch einzulegen, bei Verstößen gegen das Wahlrecht nicht mehr zur Wahlanfechtung berechtigt sein sollen, wobei diese Ansicht mit unterschiedlichen Einschränkungen versehen wird.
40So soll es nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (a.a.O.) erforderlich sein, dass die Arbeitnehmer nicht nur berechtigt, sondern auch in der Lage waren, Einspruch einzulegen, und es soll entscheidend darauf ankommen, einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten entgegenzuwirken (vgl. auch Richardi/Thüsing und Seipel, jeweils a.a.O.).
41Nach Fitting (a.a.O., § 4 WO Rn. 5) soll etwas anderes gelten, wenn die Arbeitnehmer arglistig von der Einlegung eines Einspruchs abgehalten wurden oder sonstwie verhindert waren, rechtzeitig Einspruch zu erheben.
422. Demgegenüber wird von anderen Teilen der Rechtsprechung (LAG Hamm, 30.06.2015 - 7 TaBV 71/14 -; juris) und Literatur (DKKW/Homburg, 15. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 6; ErfK/Koch, 16. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 3; GK/Kreutz, 10. Aufl., § 19 BetrVG Rn. 60 f.; Wlotzke in: Wlotzke/Preis/Kreft, 4. Aufl., § 19 BetrVG Rn 5) die Ansicht vertreten, das gesetzlich mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern eingeräumte Anfechtungsrecht könne nicht von zusätzlichen Voraussetzungen, namentlich einem rechtzeigen Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste, abhängig gemacht werden.
433. In zwei Fällen vor dem Bundesarbeitsgericht (27.01.1993 – 7 ABR 37/92 – AP BetrVG § 76 Nr. 29; 14.11.2001 – 7 ABR 40/00 – EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 42) konnte die Entscheidung dieser Streitfrage jeweils offen bleiben.
444. Nach Ansicht der Kammer ist es zutreffend, die Berechtigung zur Anfechtung der Schwerbehindertenvertretungswahl wegen eines Wahlrechtsverstoßes nicht davon abhängig zu machen, dass die anfechtenden Arbeitnehmer zuvor fristgerecht Einspruch gegen die Liste der Wahlberechtigten eingelegt haben.
45a) Dafür spricht maßgeblich der vom Bundesarbeitsgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 (7 ABR 61/12 – AP SGB IX § 94 Nr. 8; vgl. zuvor z.B. BAG, 29.03.1974 – 1 ABR 27/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 2; 25.06.1974 – 1 ABR 68/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 3) in einem anderen Zusammenhang herausgestrichene Gesichtspunkt, dass es sich bei § 4 SchwbVWO um eine Bestimmung im Rahmen einer auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 100 SGB IX erlassenen Rechtsverordnung als niederrangiger Rechtsnorm handelt. Schon deshalb kann ihr der Regelungswille, etwas abweichend vom Gesetz zu regeln, nicht entnommen werden.
46b) Dies wird bestätigt durch § 100 SGB IX. Danach wurde der Verordnungsgeber „nur“ ermächtigt, „nähere Vorschriften über die Vorbereitung und Durchführung“ der Wahl zu erlassen, nicht aber zu dem Regelungskomplex, unter welchen Voraussetzungen eine sodann durchgeführte Wahl wegen eines Wahlrechtsverstoßes anfechtbar sein soll.
47c) Vor dem geschilderten Hintergrund hat das in § 4 SchwbVWO geregelte Einspruchsverfahren erkennbar „nur“ den Sinn, den Wahlvorstand schon vor der Wahl auf Unrichtigkeiten in der Liste der Wahlberechtigten hinzuweisen und ihm so die Möglichkeit zu verschaffen, rechtzeitig Korrekturen vorzunehmen und so eine spätere Wahlanfechtung zu vermeiden (vgl. BAG, 29.03.1974 – 1 ABR 27/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 2; 25.06.1974 – 1 ABR 68/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 3). Damit geht aber erkennbar nicht die gravierende Rechtsfolge einher, auch die in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX u.a. in Bezug genommene gesetzliche Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 1 1. Fall BetrVG über die Wahlanfechtungsberechtigung von mindestens drei Wahlberechtigten durch das Erfordernis eines vorherigen Einspruchs gegen die Wählerliste einzuschränken bzw. die Liste der Wahlberechtigten nach Ablauf der 14-tägigen Einspruchsfrist einer Wahlanfechtung zu entziehen. Dazu hätte es wegen der damit verbundenen rechtlichen Tragweite einer ausdrücklichen Regelung zu den Rechtsfolgen eines unterbliebenen Einspruchs bedurft und nicht nur, wie allgemein üblich, im Wahlausschreiben des bloßen Hinweises, innerhalb welcher Frist man mit welcher Begründung beim Wahlvorstand Einspruch einlegen kann (siehe § 5 Abs. 1 Nr. 5 SchwbVWO und Ziffer 3 Satz 3 des Wahlausschreibens vom 15.10.2014).
48Die Vorschrift des § 4 SchwbVWO behält trotzdem ihren selbständigen Regelungsinhalt, nämlich möglichst schon während des laufenden Wahlverfahrens Wahlrechtsverstöße aufzudecken und ggf. bis zum letzten Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zu korrigieren (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO). Davon zu trennen ist aber die Frage, nach welchen gesetzlichen Vorgaben trotzdem verbliebene Verstöße im Bereich der Ausübung des aktiven Wahlrechts einer arbeitsgerichtlichen Kontrolle unterzogen werden können. Eine so verstandene Prüfungsreihenfolge führt nicht zu einer Umgehung (vgl. aber BAG, 27.01.1993 – 7 ABR 37/92 – AP BetrVG § 76 Nr. 29), sondern zu einer rechtsstaatlich gebotenen Ergänzung der im Normgefüge niederrangigen Verfahrensvorschrift des § 4 SchwbVWO.
49d) Für das gefundene Ergebnis spricht auch der vom Bundesarbeitsgericht (23.07.2014 – 7 ABR 23/12 – AP SGB IX § 94 Nr. 7) im Zusammenhang mit der Unterschreitung der Mindestzahl anfechtender Arbeitnehmer herausgestrichene objektive Charakter von Wahlanfechtungsverfahren. Sie dienen nicht bestimmten Eigeninteressen, sondern sollen im Allgemeininteresse sicherstellen, dass eine demokratische Wahl den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird. So zeigt namentlich das Anfechtungsrecht einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gleichrangig verankert neben dem von drei Wahlberechtigten und dem Arbeitgeber, dass das Rechtsschutzinteresse nicht eine persönliche Beschwer voraussetzt. Maßgeblich ist vielmehr die Wahrung des Allgemeininteresses an der Ordnungsgemäßheit einer Wahl (vgl. auch BVerwG, 27.04.1983 – 6 P 17.81 – BVerwGE 67, 145). Dieses Ziel würde gesetzeswidrig eingeschränkt, wenn man im Rahmen der genannten Normen – jedenfalls auf Arbeitnehmerseite – als zusätzliches ungeschriebenes Merkmal die vorherige Einlegung eines Einspruchs gegen die Liste der Wahlberechtigten fordern würde. Es käme zu einer ungerechtfertigten Begrenzung des Interesses von mindestens drei Wahlberechtigten am ordnungsgemäßen Zustandekommen der betrieblichen Interessenvertretung.
50e) Im zu entscheidenden Fall wird dies namentlich auch in den Fällen L und M exemplarisch deutlich.
51Beide schwerbehinderten Menschen wurden am 01.10.2014 in einen insgesamt ca. 500 Arbeitnehmer umfassenden Gemeinschaftsbetrieb eingestellt. Es wäre nun, gerade auch angesichts der konkreten E-Mail-Anfrage des Wahlvorstandes ebenfalls vom 01.10.2014 (Bl. 62 f. d. A.), nach § 2 Abs. 6 SchwbVWO die Aufgabe der Arbeitgeberseite gewesen, dem Wahlvorstand unverzüglich die für die Erstellung der Liste der Wahlberechtigten erforderlichen (aktualisierten) Auskünfte zu geben (§ 2 Abs. 6 Satz 2 SchwbVWO). Nur weil das in der Folgezeit unterblieb, kam es am 15.10.2014 zur Veröffentlichung einer unrichtigen Liste der Wahlberechtigten, und auch in den Wochen danach bis zum Wahltag am 26.11.2014 wurde von keiner Seite der Fehler erkannt. Dies kann jetzt nicht dazu führen, dass den vier antragstellenden Arbeitnehmern mit ihren deutlich eingeschränkteren Erkenntnismöglichkeiten, namentlich was die Schwerbehinderteneigenschaft von Arbeitnehmern angeht, das Recht genommen wird, in einem gerichtlichen Anfechtungsverfahren den Gesichtspunkt eines Wahlrechtsverstoßes zur Überprüfung zu stellen, nur weil sie – offensichtlich auch ohne Wissen über die Unrichtigkeit der Liste der Wahlberechtigten – nicht fristgerecht bis zum 29.10.2014 Einspruch eingelegt haben.
52In einer solchen Konstellation fragt es sich auch, ob nicht die unter B. I. 1. der Gründe aufgeführten Vertreter einer Einschränkung der Anfechtungsberechtigung zu demselben Ergebnis gelangen würden, weil auf Seiten der vier Antragsteller Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch nicht ersichtlich bzw. sie „nicht in der Lage“ oder „sonstwie verhindert“ waren, rechtzeitig Einspruch einzulegen (vgl. LAG Nürnberg, Fitting, Richardi/Thüsing und Seipel, jeweils a.a.O.).
53Nach alledem ist die Antragsberechtigung der vier antragstellenden schwerbehinderten Arbeitnehmer gegeben.
54II. Der Antrag ist auch begründet.
55Die Anfechtung der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist bereits deshalb erfolgreich, weil die Aufnahme der zwei schwerbehinderten Arbeitnehmer L und M in die Liste der Wahlberechtigten trotz der bei ihnen gemäß § 94 Abs. 2 SGB IX gegebenen Wahlberechtigung unterblieben ist und es dadurch zu einem anderen Ergebnis der durchgeführten Wahl gekommen sein kann.
561. Die Arbeitnehmer L und M, jeweils mit einem Grad der Behinderung von 60, sind mit Wirkung ab 01.10.2014 in ein Arbeitsverhältnis zu der zu 6) beteiligten Arbeitgeberin getreten und damit Angehörige des Gemeinschaftsbetriebs geworden, für den am 26.11.2014 die Schwerbehindertenvertretung gewählt wurde. Sie waren damit gemäß § 94 Abs. 2 SGB IX wahlberechtigt und hätten deshalb bei einem sachgerechten Informationsfluss zwischen der Arbeitgeberseite und dem Wahlvorstand in der am 15.10.2014 ausgehängten Liste der Wahlberechtigten aufgeführt sein müssen, zumal der Wahlvorstand noch mit E-Mail vom 01.10.2014, dem Tag der Einstellung der beiden Arbeitnehmer, die Arbeitgeberseite – vergebens – nach Beschäftigten gefragt hatte, die nicht auf der Liste standen.
57Damit liegt in zwei Fällen ein Verstoß gegen § 94 Abs. 2 SGB IX als wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht (§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 1 1. Fall BetrVG) vor.
582. Schon diese beiden Gesetzesverletzungen waren im konkreten Fall geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
59a) Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (zuletzt z.B. BAG, 10.07.2013 – 7 ABR 83/11 – AP SGB IX § 94 Nr. 6).
60b) In diesem Sinne war der Verstoß gegen § 94 Abs. 2 SGB IX geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Denn hätten zumindest die schwerbehinderten Arbeitnehmer L und M mitgewählt, ist nicht ausgeschlossen, dass sie sich beide für den Bewerber C entschieden hätten. Bei der dann gegebenen Stimmengleichheit mit der Wahlbewerberin Q (beide 19 Stimmen) hätte gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 SchwbVWO das Los entscheiden müssen, wodurch es nicht ausgeschlossen gewesen wäre, dass der Arbeitnehmer C zur Vertrauensperson gewählt worden wäre.
61Im Falle L ändert sich daran nichts dadurch, dass dieser – anders als sein Kollege M – am Wahltag nicht zur Stimmabgabe erschienen ist. Denn selbst wenn sich ein Wahlberechtigter nicht darum kümmert, in die Liste der Wahlberechtigten aufgenommen zu werden und so sein Wahlrecht zu wahren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher Arbeitnehmer bei einer ordnungsgemäßen Eintragung in die Liste der Wahlberechtigten von seinem Wahlrecht doch Gebrauch gemacht hätte (vgl. schon BAG, 25.06.1974 – 1 ABR 68/73 – AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 3).
62c) So kann letztlich offenbleiben, ob im Falle T tatsächlich die infolge der Gleichstellung eingetretene Wahlberechtigung nicht rechtzeitig erkennbar war und er deshalb zu Recht bei der Wahl am 24.11.2014 unberücksichtigt geblieben ist (vgl. Pahlen in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, 12. Aufl., § 94 SGB IX Rn. 23).
63d) Es muss auch nicht entschieden werden, warum der ab Oktober 2014 im Betrieb zum Einsatz gekommene Schwerbehinderte G aufgrund seiner „befristeten Probebeschäftigung“ im Rahmen des § 46 Abs. 1 SGB III nicht wahlberechtigt gewesen sein soll (vgl. Brand/Kühl, SGB III, 7. Aufl., § 46 Rn. 2 ff.).
64Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob Arbeitnehmer durch die Nichteinlegung eines Einspruchs gegen die Liste der Wahlberechtigten ihr Recht verlieren können, die Wahl wegen eines Wahlrechtsfehlers anzufechten, war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 92 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 02. Sept. 2016 - 13 TaBV 94/15
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Hamm Beschluss, 02. Sept. 2016 - 13 TaBV 94/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Arbeitgebern können die Kosten für eine befristete Probebeschäftigung von Menschen mit Behinderungen sowie schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen im Sinne des § 2 des Neunten Buches bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden, wenn dadurch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird oder eine vollständige und dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen ist.
(2) Arbeitgeber können Zuschüsse für eine behinderungsgerechte Ausgestaltung von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen erhalten, soweit dies erforderlich ist, um die dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen oder zu sichern und eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers nach dem Teil 3 des Neunten Buches nicht besteht.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 18.09.2014 - 4 BV 15/14 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag abgewiesen wird.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Beteiligten streiten über die Unwirksamkeit der am 15.05.2014 durchgeführten Betriebsratswahl.
4Die Antragsteller – aktuell im Beschwerdeverfahren noch 9 Beschäftigte der Arbeitgeberin im Betrieb I – betreiben die Anfechtung der Wahl des beteiligten 13-köpfigen Betriebsrates, der bei der ebenfalls beteiligten Arbeitgeberin am 15.05.2014 gewählt wurde.
5Die Arbeitgeberin betreibt ein Großhandelsunternehmen mit Sitz N und unterhält u.a. in I ein Lager, in dem zum Wahlzeitpunkt etwa 900 Beschäftigte ihrerArbeit nachgingen.
6Sechs der Antragsteller bildeten den Wahlvorstand, der im Vorfeld der Betriebsratswahl mit der Arbeitgeberin wegen der Wahlberechtigung von insgesamt 16 Beschäftigten korrespondierte. Es handelte sich hierbei um Mitarbeiter der Disposition, der Abteilung „Flurförderfahrzeuge“, der Haustechnik, der Kfz-Werkstatt sowie der Abteilung „IT und Netzwerke“. Unter anderem übersandte der Vorsitzende des Wahlvorstandes, der antragstellende Beteiligte zu 1, unter dem 21.03.2014 an die Personalabteilung in N eine E-Mail, in der er mitteilte, dass keine Wähler in das Wählerverzeichnis am Standort I aufgenommen werden könnten, für die der hiesige Arbeitgeber eine Weisungsbefugnis nicht ausübe. Seitens der Personalabteilung wurde in einer Antwort – E-Mail vom 24.03.2014 – darauf hingewiesen, dass die Personen, die ihre Arbeitsleistung tatsächlich in I erbringen, auch in I den Betriebsrat mit gewählt hätten. Auf die Korrespondenz Bl. 96 ff. d.A. wird Bezug genommen.
7Im Anschluss hieran traf der Wahlvorstand die Entscheidung, insgesamt 16 Beschäftigte der vorbezeichneten Abteilungen nicht in das Wählerverzeichnis für dieBetriebsratswahlen am Standort I aufzunehmen, da diese nach Auffassung des Wahlvorstandes dem Betrieb in N zuzuordnen seien. Nachdem die Wählerliste durch den Wahlvorstand veröffentlicht worden war, legte eine der „Betroffenen“ Einspruch gegen die Wählerliste mit Schreiben vom 09.04.2014 ein, den der Wahlvorstand noch am selben Tage mit der Begründung zurückwies, dass die Betriebsleitung mitgeteilt habe, gegenüber dieser Mitarbeiterin bestehe keine Weisungsbefugnis seitens der I Betriebsleitung. Auf Bl. 25 d.A. wird Bezug genommen.
8Für die am 15.05.2014 durchgeführte Betriebsratswahl bewarben sich Beschäftigte auf insgesamt 3 Vorschlagslisten. Die Kandidaten auf der „Liste 3“ waren sämtlichst Mitglieder des Wahlvorstandes. Mitglieder der Listen 1 und 2 wurden durch dieArbeitgeberin am Wahltage von der Arbeitsleistung freigestellt. Einzelheiten hierzu sind zwischen den Beteiligten streitig.
9Das Wahlergebnis wurde durch den Wahlvorstand am 22.05.2014 bekannt gemacht. Die „Liste 1“ erhielt 227 Stimmen (vier Sitze), die „Liste 2“ 150 Stimmen (drei Sitze) und die „Liste 3“ 290 Stimmen (sechs Sitze). Vier der antragstellenden Beteiligten, die auf der „Liste 3“ kandidiert hatten, wurden in den Betriebsrat gewählt.
10Mit Schriftsatz vom 04.06.2014, beim Arbeitsgericht Hamm am selben Tage eingegangen, haben die Antragsteller die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 15.05.2014 geltend gemacht.
11Sie haben hierzu die Auffassung vertreten, dass die 16 Beschäftigten der bereits genannten Abteilungen zu Unrecht nicht in dem Wählerverzeichnis aufgeführt gewesen seien, da sie in den Betrieb des Lagers I eingegliedert seien.
12Darüber hinaus haben sie vorgetragen, die Arbeitgeberin habe die Wahl in unzulässiger Weise beeinflusst. Dies sei dadurch erfolgt, dass sie Mitglieder der Listen 1 und 2 von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt habe. Diese seien sodann während des Wahlvorganges am 15.05.2014 im Wahllokal anwesend gewesen und hätten sich während der Wahl handschriftliche Notizen gemacht. Andere der freigestellten Beschäftigten hätten am Wahltag Abteilungen aufgesucht, Mitarbeiter vor dem Wahllokal in Gespräche verwickelt und teilweise Beschäftigte zum Wahllokal begleitet. Damit sei eine Beeinflussung von Wählern sowohl bei der Wahlbeteiligung als auch beim Inhalt der Wahlentscheidung erfolgt.
13Die Antragsteller haben beantragt,
14die Betriebsratswahl vom 15.05.2014 für unwirksam zu erklären.
15Betriebsrat und Arbeitgeberin haben beantragt,
16die Anträge abzuweisen.
17Sie haben vorgetragen:
18Der Wahlvorstand selbst habe – unstreitig – einen Einspruch gegen die Wählerliste zurückgewiesen mit der Begründung, bezüglich der angesprochenen 16 Beschäftigten bestünde kein Weisungsrecht der I Betriebsleitung, weshalb sie zu Recht nicht im Wählerverzeichnis aufgenommen seien. Warum das jetzt nach der Wahl unrichtig sein soll, erschließe sich nicht und sei auch nicht hinreichend dargelegt. Sämtliche dieser Arbeitnehmer, die zwar in den Räumen auf dem Betriebsgelände in I tätig seien, würden weder fachliche noch disziplinarische Weisungen von der Betriebsleitung in I, sondern ausschließlich aus N von der dortigen jeweiligen Abteilungsleitung empfangen.
19Eine unzulässige Wahlbeeinflussung habe nicht stattgefunden. Die Wahlbewerber der Listen 1 und 2 hätten ausdrücklich um eine solche Freistellung nachgesucht, die Wahlbewerber der Liste 3 nicht, was daran gelegen haben mag, dass sie nahezu alle im Wahlvorstand bzw. im damaligen Betriebsrat aktiv waren und deshalb ohnehin von der Arbeitsleitung am Wahltag freigestellt gewesen seien. Die freigestellten Beschäftigten hätten bei ihrem Antrag auf Freistellung bei der Betriebsleitung angeführt, dass sie Befürchtungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung derBetriebsratswahl hätten, da der Wahlvorstand ausschließlich aus Wahlbewerbern der Liste 3 bestünde. Die Arbeitgeberin hätte insofern Verständnis gehabt, als dass sie selbst ein erhebliches Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung derBetriebsratswahl hätte, um spätere Vorwürfe von Wahlmanipulationen zu verhindern. Zudem seien während des Wahlvorganges ständig Wahlbewerber aller 3 Vorschlagslisten im Wahllokal anwesend gewesen, was ausschließlich den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl geschuldet gewesen sei.
20Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses, wie es eine erfolgreiche Wahlanfechtung verlange, habe es ohnehin nicht gegeben.
21Durch Beschluss vom 18.09.2014, dem Verfahrensbevollmächtigten der antragstellenden Beteiligten am 30.09.2014 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Hamm denAntrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine Wahlbeeinflussung nicht festgestellt werden könne und im Übrigen eine Anfechtungsberechtigung der antragstellenden Beteiligten entfallen sei, da sie keinen Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt hätten. Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf den Beschluss vom 18.09.2014 (Bl. 111 ff. d.A.) Bezug genommen.
22Hiergegen wenden sich 10 der ursprünglich 12 antragstellenden Beteiligten mit der vorliegenden, vorab per Telefax beim Landesarbeitsgericht am 30.10.2014 eingegangenen und mit Schriftsatz vom 28.11.2014, am selben Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Beschwerde, wobei einer der antragstellenden Beteiligten seine Beschwerde zurückgenommen hat und das Verfahren insoweit eingestellt worden ist.
23Die antragstellenden Beteiligten tragen vor:
24Die Behauptung, dass die Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge ohne jegliche Anrechnung auf Urlaubs- oder Freizeitausgleichsansprüche erfolgt sei, werde ausdrücklich aufrecht erhalten. Es mag sein, dass die Freistellung insoweit nachträglich durch die Arbeitgeberin „korrigiert“ worden sei; dies sei für das vorliegende Anfechtungsverfahren ohne Bedeutung, da es sich in jedem Falle um eine Begünstigung der freigestellten Wahlbewerber der Listen 1 und 2 handele. Noch am 14.05.2014 habe der Wahlvorstand an den Betriebsleiter C eine entsprechende E-Mail versandt (Bl. 150 d.A.), in welcher er darauf hingewiesen habe, dass er eine Bevorzugung dieser Listen durch den Arbeitgeber erblicke. Diese E-Mail sei nicht beantwortet worden. Die antragstellenden Beteiligten gingen daher davon aus, dass den Wahlbewerbern der Liste 3 keinesfalls eine Freistellung gewährt worden wäre, wenn sie darum gebeten hätten. Der jetzige Sachvortrag der Arbeitgeberin zur Anrechnung der Freistellung auf Urlaub etc. sei nicht glaubhaft, wie sich aus den Arbeitszeitaufzeichnungen für den Wahltag ergebe. Hierzu wird auf den Vortrag der antragstellenden Beteiligten im Schriftsatz vom 26.02.2015, dort Bl. 5 und 6 (Bl. 241, 242 d.A.) Bezug genommen.
25Es verbleibe bei dem Sachvortrag, wonach die freigestellten Wahlbewerber, die nicht im Wahllokal anwesende gewesen seien, im Flur vor dem Wahllokal gleichsam ein Empfangskomitee gebildet hätten und die Mitarbeiter, die zur Stimmabgabe erschienen seien, in Gespräche verwickelt hätten. Den Wählern sei es aufgrund der räumlichen Verhältnisse unmöglich gewesen, dieser Ansprache auszuweichen. Darüber hinaus habe ein weiterer Wahlbewerber der Liste 1 oder 2 laufend kleinere Gruppen von Wählerinnen und Wählern in das Wahllokal geführt und gewartet, bis sie ihre Stimme abgegeben hätten, um danach mit anderen Wählern erneut zu erscheinen. Alle Freigestellten hätten sich somit der „Bearbeitung“ der Wähler gewidmet, wie dies mit der Betriebsleitung vereinbart gewesen sei.
26Die 16 Beschäftigten der beschriebenen Abteilungen seien in I wahlberechtigt gewesen und damit zu Unrecht vom Wahlvorstand nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommen worden. Hinsichtlich der Kfz-Werkstatt werde dies auch durch ein Schreiben der Betriebsleitung des I Betriebes vom 11.11.2014, also deutlich nach der Wahl, gerichtet an den Betriebsrat, dokumentiert, in welchem es heißt, dass die Verwaltung der Werkstatt ab sofort von N übernommen werde. Hieraus lasse sich nur der Schluss ziehen, dass es vor dem 11.11.2014 anders gewesen sei.
27Im Übrigen seien die Beschäftigten der Abteilung Disposition (Molkerei- und Käseprodukte; Obst/Gemüse) im Betrieb in I tätig und würden dort disponieren, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig sei. Eine Mitarbeiterin, die im Herbst 2014 zur Vorsitzenden des Wahlvorstandes der JAV-Wahl bestellt worden sei, sei zur Betriebsratswahl vom 15.05.2014 nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommen worden. Die Bestellung zur Vorsitzenden des Wahlvorstandes zur JAV-Wahl habe die Arbeitgeberin nicht beanstandet. Der Betriebsrat könne daraus nur den Schluss ziehen, dass sämtliche Mitarbeiter der Abteilung Disposition, die auch bei den vergangenen Betriebsratswahlen den I Betriebsrat mit gewählt hätten, dem I Betrieb zuzuordnen seien. In der Flurförderfahrzeug- und Kfz-Werkstatt nehme der Vorgesetzte Krankmeldungen, Abmeldungen und Urlaubsanträge entgegen; die Urlaubsgewährung erfolge über ihn. Darüber hinaus würden die Arbeitsplätze dort der Gefährdungsbeurteilung unterzogen, die in I stattgefunden habe. Die Resturlaube dieser Mitarbeiter würden sich in einem EDV-Verzeichnis des I Betriebes finden. Hinsichtlich der Abteilung „IT und Netzwerktechnik“ gelte, dass die Ausstattung dieser Arbeitsplätze vom Betriebsleiter des I Betriebes vorgegeben sei. Auch dort sei die entsprechende Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden. Lediglich hinsichtlich der Mitarbeiter der Haustechnik verhalte es sich wohl so, dass z.B. Urlaub von einer Abteilung in N genehmigt werde; praktische Anweisungen würden jedoch von einem I Mitarbeiter erfolgen. Auch hier habe die Gefährdungsbeurteilung stattgefunden, die für den I Betrieb durchgeführt worden sei.
28Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nicht bedeute, dass die Antragsteller einen vollständigen und schlüssigen Sachverhalt darlegen müssten. Vielmehr sei das Gericht durch den Amtsermittlungsgrundsatz gehalten, sämtliche Umstände aufzuklären, die die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl begründen würden.
29Die Antragsteller beantragen,
30den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 18.09.2014 (AZ: 4 BV 15/14) abzuändern und die Betriebsratswahl vom 15.05.2014 für unwirksam zu erklären.
31Betriebsrat und Arbeitgeberin beantragen,
32die Beschwerde zurückzuweisen.
33Sie verteidigen die angegriffene Entscheidung als zutreffend und tragen gegenüber dem Vorbringen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vor:
34Eine Beeinflussung der Wahl durch die Arbeitgeberin durch Freistellung der Vertreter der Vorschlagslisten 1 und 2 sei schon deshalb ausgeschlossen, weil sie ausschließlich unter Verwendung von Urlaub oder Freizeitguthaben – falls solche nicht vorhanden gewesen wären – unbezahlt – gewährt worden sei. Es verbleibe dabei, dass die Arbeitgeberin durchaus ein Bedürfnis der Listenvertreter der Listen 1 und 2 erkannt habe, die Wahl beobachten zu können. Im Übrigen könne eine Wahlbeeinflussung durch Listenvertreter ohnehin nicht gesehen werden, da es sich allenfalls um eine zulässige Wahlwerbung gehandelt habe oder aber von dem Recht Gebrauch gemacht worden sei, die öffentlich durchzuführende Betriebsratswahl zu beobachten. Gespräche unter Arbeitnehmern seien nicht untersagt. Sämtliche Aktivitäten derListenvertreter seien einem begrüßenswerten Demokratieverständnis für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung geschuldet. Die Behauptung der Antragsteller, die Wahl und die Wähler seien „bearbeitet“ worden, sei so unsubstanziiert, dass hier offensichtlich nicht erwidert werden könne.
35Soweit das Arbeitsgericht das Anfechtungsrecht der antragstellenden Beteiligten mit der Begründung abgelehnt habe, diese hätten keinen Einspruch gegen die Wähler-liste eingelegt mit der Folge des Verlustes des Anfechtungsrechts, sei diese Auffassung zutreffend. Selbst wenn man dem jedoch nicht folgen würde, so handele es sich bei den 16 nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommenen Beschäftigten um Mitarbeiter des Betriebes in N, die zwar ihre Arbeitsleistung am Standort in I erbringen würden, dort aber keinesfalls eingegliedert seien. Die Beschäftigten der Abteilung Disposition seien der Abteilung Einkauf unter der Regie der Teamleiter bzw. des Abteilungsleiters in N zugeordnet. Der Abteilungsleiter in N sei ausschließlich für die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen zuständig, wie für Beurteilungen, Gehaltsanpassungen, Abmahnungen, Urlaubsanträge, Krankmeldungen und dergleichen. Gleiches gelte für die Abteilung Flurförderfahrzeuge. Auch hier finde die disziplinarische Unterordnung unter den Abteilungsleiter statt, der am Standort N tätig sei und die Arbeiten in dieser Abteilung von dort aus steuere. Von dort würden gegebenenfalls Überstunden angeordnet, Vertragsänderungen verhandelt, Abmahnungen ausgesprochen sowie die Beurteilung der Qualität vorgenommen und der Umfang der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer festgelegt. Gleiches gelte für die Kfz-Werkstatt. Ebenso befinde sich die zentrale IT-Abteilung in N und werde dort von den direkten Vorgesetzten und dem Abteilungsleiter gesteuert, die jedenfalls für die alltäglichen Anweisungen sowie die organisatorische Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zuständig seien. Allein aus praktischen Gründen seien 2 Mitarbeiter dieser IT-Abteilung in I tätig.
36Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
37Die Beschwerdekammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsniederschrift im Protokoll vom 30.06.2015, Bl. 307 ff. d.A. Bezug genommen.
38B.
39I. Die Beschwerde der antragstellenden Beteiligten ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 520 ZPO.
40II. Die Beschwerde ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend eine Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 15.05.2014 im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG nicht angenommen hat.
411. Der Antrag ist zulässig.
42a. Die Antragsteller verfolgen ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichenBeschlussverfahren, da sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Ordnungsgemäßheit einer Betriebsratswahl nach § 19 BetrVG eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG darstellen.
43b. Die Verfahrensvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 BetrVG liegen vor. Nach dieser Vorschrift bedarf es für die Anfechtungsberechtigung unter anderem eines Quorums von mindestens 3 Wahlberechtigten und der Einhaltung einer Frist von 2 Wochen vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet (vgl. zur Anfechtungsberechtigung als Zulässigkeitsvoraussetzung BAG, Beschluss vom 10.06.1983, 6 ABR 50/82, juris Rdnr. 13).
44aa. Die Betriebsratswahl vom 15.05.2014 wurde von mindestens 3 Wahlberechtigten angefochten, § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Dabei geht die Beschwerdekammer mit allen Beteiligten davon aus, dass grundsätzlich keine Zweifel bestehen, dass es sich bei den antragstellenden Beteiligten um Wahlberechtigte im Sinne des § 7 BetrVG handelt, da sie sämtlichst Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen des Betriebes sind.
45bb. Die Antragsteller haben ihre Anfechtungsberechtigung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG auch nicht dadurch verloren, dass sie im Sinne der Bestimmung des § 4 Abs. 1 WO BetrVG keinen Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt haben.
461) In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur wird die Frage des Verlustes der Anfechtungsberechtigung bei unterlassenem Einspruch gegen die Wählerliste nicht einheitlich beantwortet. Ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur meint hierzu, dass nur der Verlust des Anfechtungsrechtes bei Nichtwahrnehmung des Einspruchsrechtes missbräuchlichem Verhalten entgegenwirken könne und nur so zu gewährleisten sei, dass etwaige Beanstandungen der Wählerliste rechtzeitig vor den Betriebsratswahlen einer möglichst abschließenden Klärung zugeführt werden können (LAG Nürnberg, Beschluss vom 31.05.2012, 5 TaBV 36/11 m.z.N.). Dies soll nur dann nicht gelten, wenn wahlberechtigte Arbeitnehmer an der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs gehindert worden sind (Fitting u.a., BetrVG 27. Aufl., § 4 WO 2001 Rdz. 5). Demgegenüber vertritt beispielsweise Kreutz im Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz (GK-BetrVG) in § 19 Rdnr. 60 die Auffassung, eine Beschränkung des Anfechtungsrechtes aus § 19 Abs. 2 BetrVG könne nicht durch Bestimmungen der Wahlordnung erfolgen. Demgegenüber hatte das Bundesarbeitsgericht diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen (BAG,vom 27.01.1993, 7 ABR 37/92, juris Rdnr. 37, 38 m.z.N.).
472) Die Beschwerdekammer folgt nicht der Auffassung, wonach die Anfechtungsberechtigung im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG bei Nichtausübung des Einspruchsrechtes nach § 4 WO BetrVG verloren geht. Zwar beschreibt § 4 Abs. 1 WO BetrVG „… mit Wirksamkeit für die Betriebsratswahl …“, allerdings regelt § 19 Abs. 2 die Anfechtungsberechtigung – soweit hier von Interesse – mit „… mindestens 3 Wahlberechtigte, …“, also ohne weitere Voraussetzungen und Einschränkungen. In dieser Konstellation ist das Verhältnis der Wahlordnung als Rechtsverordnung und dem Betriebsverfassungsgesetz als Gesetz zu beachten. Bereits in der genannten Entscheidung des BAG vom 27.01.1993 a.a.O. hat der 7. Senat ausgeführt, dass durch die Wahlordnung zum Betriebsverfassungsrecht als niederrangigem Recht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Wahlanfechtung nicht eingeschränkt werden können und § 19 Abs. 2 BetrVG die Anfechtungsbefugnis uneingeschränkt gewähre (Rdnr. 37).
48Wenngleich eine Entscheidung in dieser Frage im zitierten Beschluss des 7. Senats nicht getroffen worden ist, hat das BAG jüngst dieses Verhältnis im Sinne der Rechtsquellenlehre sehr anschaulich in der Entscheidung vom 23.07.2014, 7 ABR 61/12, juris Rdnr. 27 beschrieben (Verhältnis SchwbVWO-SGB IX für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung). Dieser Entscheidung folgend, handelt es sich bei § 4 WO BetrVG um gegenüber § 19 Abs. 2 BetrVG nachrangiges Recht mit der Folge, dass die Auslegung von § 4 WO BetrVG jedenfalls nicht zu einer Einschränkung der Wahlanfechtungsberechtigung führen kann. Im Übrigen darf auch nicht verkannt werden, dass § 4 WO BetrVG das Einlegen eines Einspruchs gegen die Wählerliste und die formellen Voraussetzungen, wie beispielsweise eine Frist hierzu, regelt. Nicht geregelt hingegen ist eine irgendwie geartete Rechtsfolge, wenn gerade kein Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt wird. Dies bedeutet zwingend, dass das oben in der Literatur und teilweise in der Rechtsprechung vertretene Ergebnis des Verlustes der Anfechtungsberechtigung bei Nichtausübung des Einspruchsrechts eben nur durch Auslegung gewonnen werden kann, bei der – wie bereits erwähnt – indessen die Grundsätze der vorrangigen gesetzlichen Regelung, hier § 19 Abs. 2 BetrVG, nicht eingeschränkt werden können.
49Schließlich ist zu bedenken, dass das Verfahren nach § 19 Abs. 1 BetrVG dieAnfechtung einer Betriebsratswahl betrifft, also ausschließlich objektiven Kriterien folgen kann. Denn die Wahl eines Betriebsrates und damit die Existenz eines solchen betrifft sämtliche Arbeitnehmer des Betriebes, auch diejenigen, die den Betriebsrat nicht gewählt haben oder sich gar nicht an der Betriebsratswahl beteiligt haben. Dementsprechend ist der Rechtsgedanke des missbräuchlichen Verhaltens (also zunächst kein Einspruch gegen die Wählerliste und später Wahlanfechtung) kein geeignetes Kriterium für die Auslegung des § 4 WO BetrVG in dem Sinne, dass die Anfechtungsberechtigung bei Nichtausübung des Einspruchsrechtes verloren geht.
50Nach alledem haben die Antragsteller ihre Anfechtungsberechtigung hinsichtlich der Betriebsratswahl vom 15.05.2014 nicht verloren.
51c. Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit des Antrages keine Bedenken.
522. Der Antrag ist nicht begründet, da die Wahl des Betriebsrates am 15.05.2014 nicht anfechtbar ist, weil im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist.
53a. Der Anfechtungs- und damit Unwirksamkeitsgrund einer unzulässigen Wahlbeeinflussung durch die Arbeitgeberin im Sinne des § 20 Abs. 2 BetrVG liegt nicht vor.
54aa. Vorauszuschicken ist, dass die Vorschrift des § 20 Abs. 2 BetrVG zwar selbst die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit und damit der Unwirksamkeit einer Betriebsratswahl nicht beschreibt; indessen gehen die Wirkungen einer unzulässigen Wahlbeeinflussung über die Tatsache, dass es sich um eine Straftat im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG handeln kann, hinaus, da ansonsten mögliche Auswirkungen auf dieBetriebsratswahl als solche sanktionslos blieben (BAG, Beschluss vom 04.12.1986, 6 ABR 48/85, juris; vgl. auch Fitting a.a.O., § 20 BetrVG Rdnr. 31).
55bb. Allerdings hat die Arbeitgeberin die Betriebsratswahl nicht im Sinne des § 20 Abs. 2 BetrVG beeinflusst. Wenn auch eine tatsächliche und finanzielle Unterstützung einer Gruppe von Kandidaten im Rahmen einer Betriebsratswahl je nach den Umständen des Einzelfalles eine Wahlbeeinflussung im Sinne des § 20 Abs. 2BetrVG darstellen kann (BAG, Beschluss vom 04.12.1986, a.a.O.), so liegt allerdings in der Freistellung von Wahlbewerbern der Listen 1 und 2 am Wahltage eine solche unzulässige Wahlbeeinflussung nicht vor.
56Denn nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Betriebsleiters C steht nicht fest, dass die Freistellung für den 15.05.2014 die Gewährung eines Vorteils dadurch darstellt, dass eine solche Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge ohne weitere Voraussetzungen gewährt worden wäre. Wenngleich sich dieantragstellenden Beteiligten für ihre Darlegung, eine solche Freistellung sei erfolgt, unter anderem auf Ausdrucke aus dem Arbeitszeitkonto berufen haben, so hat doch der Zeuge C in seiner Aussage klar und unmissverständlich bekundet, dass die Wahlbewerber B und D getrennt voneinander von sich aus bei der Bitte um Freistellung darauf hingewiesen haben, diese solle nicht auf Kosten der Arbeitgeberin erfolgen. Nur dieser Bitte habe er als Betriebsleiter sodann entsprochen.
57Die Beschwerdekammer hatte keine Veranlassung, an dieser Aussage zu zweifeln, da sie in sich widerspruchsfrei ist und insbesondere nachvollziehbar war, dass der Zeuge sich hieran exakt erinnern konnte. Die Betriebsratswahlen finden schließlich nur alle 4 Jahre statt und die Bitte um Freistellung für den Wahltag scheint außergewöhnlich, insbesondere im Hinblick auf die von den Wahlbewerbern vorgebrachten Argumente, sie würden Wahlmanipulationen durch den Wahlvorstand bzw. durch Bewerber der Liste 3 befürchten und würden daher die Wahl exakt beobachten wollen. Dass sich der Zeuge an solche Details dann vor diesem Hintergrund genau erinnern kann, ist für die Beschwerdekammer gut nachvollziehbar.
58Dass und warum ggf.- wie die Antragsteller meinen - eine Verrechnung auf Arbeitszeitkonten und Urlaube nicht unmittelbar in den jeweiligen Ausdrucken des Arbeitszeitkontos erschienen ist, scheint demgegenüber unbeachtlich, da jedenfalls imErgebnis eine entsprechende Verrechnung stattgefunden hat.
59Der Zeuge war für die Beschwerdekammer auch glaubwürdig; zwar ist er Betriebsleiter im Betrieb I der Arbeitgeberin; dass er sich hiervon bei seiner Aussage hat leiten lassen, ist indessen nicht ersichtlich. Es ist ebenso nicht ersichtlich, dass der Zeuge ein unmittelbares Eigeninteresse am Ausgang des Anfechtungsverfahrens hatte, handelt es sich doch nicht um einen persönlich geführten Rechtsstreit, sondern um ein Wahlanfechtungsverfahren. Der Zeuge wird in seiner Eigenschaft alsBetriebsleiter so oder so Ansprechpartner des Betriebsrates gleich in welcherZusammensetzung sein.
60Die Freistellung eines Arbeitnehmers auf sein Ersuchen hin unter Anrechnung auf Arbeitszeitguthaben oder Urlaubsansprüche liegt indessen im Ermessen des Arbeitgebers (vgl. § 315 Abs. 3 BGB); eine nähere Begründung hierfür hätte es nur für den Fall bedurft, dass die Arbeitgeberin ermessenswidrig, weil nicht billigenswert, die entsprechenden Freistellungswünsche abgelehnt hätte. So aber hat sie ihr Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB im Sinne der Freistellungswünsche ausgeübt, was im Rahmen des § 20 Abs. 2 BetrVG jedenfalls kein „Versprechen von Vorteilen“ sein konnte. Hat die Arbeitgeberin aber bereits keine Vorteile versprochen, konnte auch eine Wahlbeeinflussung im Sinne der vorbezeichneten Norm stattfinden.
61b. Bei der Betriebsratswahl am 15.05.2014 wurde auch nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht und die Wählbarkeit dadurch verstoßen, dass die von den Antragstellern genannten 16 Beschäftigten nicht in das Wählerverzeichnis aufgenommen worden sind.
62aa. Vorauszuschicken ist hierbei zunächst, dass – hiervon gehen erkennbar auch alle Beteiligten des vorliegenden Beschlussverfahrens aus – die Frage der Wahlberechtigung und die Wählbarkeit im Sinne der § 7 und 8 BetrVG selbstverständlich wesentliche Vorschriften im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG darstellen.
63bb. Die 16 Beschäftigten der Disposition, der Abteilung Flurförderfahrzeuge, derKfz-Werkstatt, der Haustechnik sowie der Abteilung „IT und Netzwerke“ waren gemäß § 7 BetrVG nicht wahlberechtigt und damit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch nicht wählbar, weshalb sie zu Recht nicht auf der Wählerliste geführt wurden.
641) Gemäß §§ 7 und 8 BetrVG kommt es für die Wahlberechtigung auf die Arbeitnehmereigenschaft zum Betrieb an (vorbehaltlich der Sonderregelungen in § 7 Satz 2 und § 5 Abs. 2 – 4 BetrVG), die sich nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers richtet (ausführlich BAG, Beschluss vom 29.01.1992, 7 ABR 27/91 m.w.N.). Entscheidend ist also die tatsächliche Eingliederung in den I Betrieb (BAG, a.a.O., Rdnr. 39 a), also die Frage, wer bzw. von wo aus die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen ausgeübt werden/wurden.
652) In diesem Sinne sind die 16 bezeichneten Beschäftigten nicht in den IBetrieb eingegliedert.
66a) Soweit dies für die Mitarbeiter der Abteilung Haustechnik bei Verfahrenseinleitung zwischen den Beteiligten noch umstritten war, hat sich jedenfalls im Beschwerdeverfahren herausgestellt, dass die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen im oben genannten Sinne für diese Beschäftigten tatsächlich von N aus ausgeübt werden mit der Folge, dass eine Eingliederung in den I Betrieb im Rechtssinne nicht vorliegt.
67b) Gleiches gilt allerdings auch für die weiteren Beschäftigten der vorgenannten Abteilungen. Denn jedenfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Betriebsleiters C steht zur Überzeugung der Beschwerdekammer fest, dass auch hier die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen nicht vom I Betrieb aus ausgeübt werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Frage der Erbringung von Leistungen für das Lager in I durch diese Beschäftigten für die Frage der Eingliederung in den Betriebsablauf keine Rolle spielt; eine solche Leistungserbringung findet schließlich auch durch Drittunternehmen statt (z.B. Werkleistungen von Handwerksbetrieben etc.), ohne dass hierbei von einer Eingliederung in den Betriebsablauf gesprochen werden könnte.
68Wie bereits erwähnt, ist maßgeblich allein die Ausübung der wesentlichen Arbeitgeberfunktionen; damit wird auch zum Ausdruck gebracht, dass die betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeiten sich in dem Betriebsrat wiederfinden sollen, den die maßgebliche Person des Vorgesetzten im Falle solcher Maßnahmen zu beteiligen hat, die den Arbeitnehmer betreffen.
69Der Zeuge C hat in seiner Aussage ausdrücklich bekundet, dass weder er, noch die in der Betriebshierarchie des I Betriebes zuständigen Vorgesetztenirgendwelche Befugnisse gegenüber den Mitarbeitern der Disposition, derKfz-Werkstatt und der Abteilungen „Flurförderfahrzeuge“ und „IT und Haustechnik“ haben. Deutlich wurde das insbesondere an der Beschreibung des Zeugen, dass er noch nicht einmal wisse, ob beispielsweise die Mitarbeiter der Kfz-Werkstatt überhaupt „stempeln“ und er daher keine Kenntnis haben könne, wenn beispielsweise ein Mitarbeiter dort sich verspäte. Der Zeuge hat eindringlich geschildert, dass es ihm als Betriebsleiter des I Betriebes allein darauf ankommen, dass die für seinen Betrieb zu erbringende Dienstleistung ordnungsgemäß erbracht werde und er sich im Falle von Beanstandungen an den Vorgesetzten der Beschäftigten derKfz-Werkstatt oder darüber hinaus an dessen Abteilungsleiter in N wendenwürde. Insbesondere vor dem Hintergrund der Schilderungen des Zeugen, dass die Dispositionen kritischer Waren zu einem früheren Zeitpunkt zentral in N angesiedelt gewesen sei, wird deutlich, dass es für die Mitarbeiter der Disposition nicht zwingend geboten ist, ihre Arbeitsleistung überhaupt in I zu erbringen. Dies mag sinnvoll sein, zeigt aber auch, dass es auch von den Arbeitsabläufen her – wie die antragstellenden Beteiligten gegenteilig angedeutet haben – nicht geboten ist, dass ein Vorgesetzter des I Betriebes irgendwelche Befugnisse innerhalb eines arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes ausübt.
70Damit wird klar, dass sich die Aussage des Zeugen C nicht in Widerspruch zu der Frage setzt, warum denn jene Mitarbeiter überhaupt in I tätig sind und wie deren Zusammenarbeit mit den übrigen Beschäftigten des I Betriebes aussieht. Die Aussage des Zeugen erweist sich damit als glaubhaft. Dass an der Glaubwürdigkeit des Zeugen keine Zweifel der Beschwerdekammer bestehen, ist bereits an anderer Stelle ausgeführt worden.
71Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch die gewonnene Überzeugung der Beschwerdekammer im Sinne des § 286 ZPO nicht ausschließt, dass Zweifel verbleiben, da eine absolute Sicherheit nicht vorliegen muss. Indessen reicht die persönliche Gewissheit des erkennenden Gerichts aus, dass eine umstrittene Tatsache zutrifft (vgl. z.B. Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 286 Rdnr. 21 ff.; MünchKomm zur ZPO/Prütting, § 286 Rdnr. 15 ff.).
72Damit steht abschließend fest, dass die von den Antragstellern herangezogenen 16 Beschäftigten für die Betriebsratswahlen am 15.05.2014 im Sinne der §§ 7 und 8 BetrVG nicht wahlberechtigt waren; auf die Frage, ob sie in den vergangenen Jahren den Betriebsrat in I mit gewählt haben, kam es zur Entscheidung des vorliegenden Beschlussverfahrens nicht an, da eine Feststellung darüber, ob sie in den vergangenen Wahlperioden zur Recht in I mitgewählt haben, nicht anstand.
733. Der Antrag ist auch nicht wegen Nichtigkeit der Betriebsratswahl vom 15.05.2014 begründet. Wenn sich auch die antragstellenden Beteiligten nicht ausdrücklich auf die Nichtigkeit der Wahl berufen haben, so ist mit dem Antrag gerichtet auf Unwirksamkeit der Betriebsratswahl gleichwohl auch die Nichtigkeit geltend gemacht (BAG, Beschluss vom 10.06.1983, a.a.O., Rdnr. 9). Denn erweist sich die Betriebsratswahl nicht im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG als anfechtbar, so kann sie keinesfalls nichtig sein, da die Anforderungen an die Nichtigkeit der Betriebsratswahl deutlich über die des § 19 Abs. 1 BetrVG hinausgehen. Es müssten Mängel im Wahlverfahren festgestellt werden, die der Wahl jeglichen Anschein einer demokratischen Wahl nehmen würden (BAG, Beschluss vom 27.07.2011, 7 ABR 61/10, NZA 2012, S. 345 ff.; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2013, 9 TaBVGa 5/13, juris). Tatsachen hierfür sind nicht ersichtlich.
74Nach alledem war die Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen. Die imBeschlusstenor enthaltene Klarstellung ist lediglich sprachlicher Art.
75III. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 92 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor; insbesondere hat dieBeschwerdekammer in den wesentlichen Rechtsfragen die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde gelegt.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
(1) Ausländer, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, können Leistungen nach diesem Teil erhalten, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkung auf Ermessensleistungen nach Satz 1 gilt nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Andere Rechtsvorschriften, nach denen Leistungen der Eingliederungshilfe zu erbringen sind, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Eingliederungshilfe.
(3) Ausländer, die eingereist sind, um Leistungen nach diesem Teil zu erlangen, haben keinen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Spätestens sechs Wochen vor dem Wahltage erläßt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das von dem oder der Vorsitzenden und mindestens einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes zu unterschreiben ist. Es muß enthalten:
- 1.
das Datum seines Erlasses, - 2.
die Namen der Mitglieder des Wahlvorstandes, - 3.
die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Schwerbehindertenvertretung - 4.
den Hinweis, wo und wann die Liste der Wahlberechtigten und diese Verordnung zur Einsicht ausliegen, - 5.
den Hinweis, dass nur wählen kann, wer in die Liste der Wahlberechtigten eingetragen ist und dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten nur vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlaß des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben, - 6.
die Zahl der zu wählenden stellvertretenden Mitglieder, - 7.
den Hinweis, daß Schwerbehindertenvertretung und stellvertretende Mitglieder in zwei getrennten Wahlgängen gewählt werden und daß sich aus den Wahlvorschlägen ergeben muß, wer als Schwerbehindertenvertretung und wer als stellvertretende Mitglieder vorgeschlagen wird, - 8.
den Hinweis, daß Wahlberechtigte sowohl einen Wahlvorschlag für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung als auch für die Wahl des stellvertretenden Mitglieds unterzeichnen können und daß ein Bewerber oder eine Bewerberin sowohl als Schwerbehindertenvertretung als auch als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werden kann, - 9.
die Aufforderung, Wahlvorschläge innerhalb von zwei Wochen nach Erlaß des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen; der letzte Tag der Frist ist anzugeben, - 10.
die Mindestzahl von Wahlberechtigten, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muß (§ 6 Abs. 2 Satz 1), - 11.
den Hinweis, daß die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und daß nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht (Nummer 9) eingereicht sind, - 12.
die Bestimmung des Ortes, an dem die Wahlvorschläge bis zum Abschluß der Stimmabgabe durch Aushang oder in sonst geeigneter Weise bekanntgegeben werden, - 13.
Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe, - 14.
den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe (§ 11 Abs. 1), falls der Wahlvorstand nicht die schriftliche Stimmabgabe beschlossen hat (§ 11 Abs. 2), - 15.
den Ort und die Zeit der Stimmauszählung und der Sitzung des Wahlvorstandes, in der das Wahlergebnis abschließend festgestellt wird, - 16.
den Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind (Anschrift des Wahlvorstandes).
(2) Eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens ist vom Tage seines Erlasses bis zum Wahltag an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) Wer wahlberechtigt oder in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt ist und ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Wahl glaubhaft macht, kann innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten einlegen.
(2) Über Einsprüche nach Absatz 1 entscheidet der Wahlvorstand unverzüglich. Hält er den Einspruch für begründet, berichtigt er die Liste der Wahlberechtigten. Der Person, die den Einspruch eingelegt hat, wird die Entscheidung des Wahlvorstandes unverzüglich mitgeteilt; die Entscheidung muss ihr spätestens am Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zugehen.
(3) Nach Ablauf der Einspruchsfrist soll der Wahlvorstand die Liste der Wahlberechtigten nochmals auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Im übrigen kann nach Ablauf der Einspruchsfrist die Liste der Wahlberechtigten nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt oder Ausscheiden eines Wahlberechtigten bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden.
Tenor
-
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. Januar 2012 - 3 TaBV 7/11 - aufgehoben.
-
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2011 - 22 BV 411/10 - abgeändert:
-
Der Antrag der Beteiligten zu 1. bis 3. wird abgewiesen.
Gründe
- 1
-
A. Die Beteiligten streiten in der Rechtsbeschwerde über die Wirksamkeit der Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung.
- 2
-
Antragsteller zu 1. bis 3. sind in der Zentrale der Arbeitgeberin in S beschäftigte, als schwerbehinderte Menschen anerkannte Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 3. befindet sich seit dem 1. Oktober 2011 in der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit.
- 3
-
Am 11. Oktober 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
-
„...
-
4. Zu wählen ist die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie drei stellvertretende Mitglieder. Die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder werden in getrennten Wahlgängen gewählt.
-
5. Die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen werden aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens, spätestens bis zum 25. Oktober 2010, 18:30 Uhr, getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Nach diesem Termin eingehende Wahlvorschläge können nicht berücksichtigt werden.
-
Zur Wahl stehen nur die Bewerberinnen und Bewerber, die in einem gültigen Wahlvorschlag vorgeschlagen worden sind.
-
Aus den Wahlvorschlägen muss sich eindeutig ergeben, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird; für beide Ämter kann dieselbe Person vorgeschlagen werden. Jede Bewerberin/jeder Bewerber kann nur in einem Wahlvorschlag benannt werden, es sei denn, dass sie/er in einem als Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen und im anderen als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird. Jede/jeder Wahlberechtigte kann nur einen Wahlvorschlag für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und einen Wahlvorschlag für die stellvertretenden Mitglieder unterzeichnen. ... Dem Wahlvorschlag ist die schriftliche Zustimmung der Bewerberin/des Bewerbers beizufügen.
-
6. ...“
- 4
-
Am 13. Oktober 2010 reichte der Beteiligte zu 3. einen Wahlvorschlag für die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung ein, in dem neben ihm selbst die Arbeitnehmer J und K zur Wahl vorgeschlagen wurden. Dem Wahlvorschlag waren unter anderem schriftliche Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber beigefügt. Herr K hatte seine Zustimmung zur Kandidatur jedoch bereits vor Einreichung des Wahlvorschlags am 12. Oktober 2010 gegenüber dem Wahlvorstand per E-Mail zurückgezogen und dem Beteiligten zu 3. eine Kopie zugeleitet. Mit Schreiben vom 2. November 2010 teilte der Wahlvorstand dem Beteiligten zu 3. mit, dass er den Rücktritt von Herrn K akzeptiere; dessen Kandidatur werde nicht bekannt gemacht und erscheine nicht auf den Stimmzetteln. Die weiteren Kandidaturen blieben gültig.
- 5
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Die Wahl fand am 22. November 2010 statt. Der Wahlvorstand gab das Wahlergebnis am 30. November 2010 bekannt. Danach wurde Frau K als Vertrauensperson, Frau B als erste Stellvertreterin, Frau L als zweite Stellvertreterin und der Beteiligte zu 3. als dritter Stellvertreter der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt.
- 6
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Am 13. Dezember 2010 haben die Beteiligten zu 1. bis 3. beim Arbeitsgericht beantragt, die Wahl „der Schwerbehindertenvertretung“ vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären. Sie haben in der Antragsschrift die Schwerbehindertenvertretung als Beteiligte zu 4. und die Arbeitgeberin als Beteiligte zu 5. bezeichnet. In der Begründung heißt es, der Antrag richte sich gegen die Schwerbehindertenvertretung 2010 sowie gegen das Unternehmen.
- 7
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Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ursprünglich aus mehreren Gründen angefochten. Sie haben einen angeblichen Verstoß des Wahlvorstandes gegen § 3 Abs. 2 SchwbVWO gerügt, der die Reichweite des Einsichtsrechts der Arbeitnehmer in die Wählerliste verkannt habe. Daneben wurde der Anfechtungsantrag auf eine Verletzung des § 6 Abs. 2 SchwbVWO gestützt, weil ein Wahlvorschlag wegen Nichterreichens der Mindestanzahl an Stützunterschriften zurückgewiesen wurde, ohne dass den Einreichern mitgeteilt worden sei, um welche Stützunterschriften es sich dabei gehandelt habe. Im Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten zu 1. bis 3. den Antrag, soweit sich dieser auf die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson bezogen hat, mit Zustimmung der Beteiligten zu 4. und 5. „zurückgenommen“. Sie haben stattdessen „nur noch“ die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung mit der Begründung angefochten, die Streichung des Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter verstoße gegen wesentliche Wahlvorschriften. Da Herr K seine Zustimmung zur Kandidatur wirksam erteilt habe und der Wahlvorschlag mit der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften eingereicht worden sei, habe er vom Wahlvorstand auf die Liste der Wahlvorschläge gesetzt werden müssen. Ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung sei rechtlich nicht möglich. Außerdem sei der Wahlvorstand nach der Wahlordnung nicht berechtigt gewesen, nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen. Entweder habe der Wahlvorschlag insgesamt zugelassen oder insgesamt gestrichen werden müssen. Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses habe in beiden Fällen nicht ausgeschlossen werden können.
- 8
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Die Beteiligten zu 1. bis 3. haben beantragt,
-
die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der D AG, Zentrale S, vom 22. November 2010 für unwirksam zu erklären.
- 9
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Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeberin haben die Auffassung vertreten, das Rechtsschutzbedürfnis für den Anfechtungsantrag sei nachträglich entfallen, nachdem der Beteiligte zu 3. am 1. Oktober 2011 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eingetreten und damit nicht mehr im Betrieb beschäftigt sei. Damit werde der Anfechtungsantrag nicht mehr von den erforderlichen drei Wahlberechtigten getragen. Die Anfechtung sei jedenfalls unbegründet. Herr K sei analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO von der Liste der Wahlvorschläge zu streichen gewesen, da dieser seine Kandidatur bereits zurückgezogen habe, bevor der Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht worden sei. Aber selbst wenn der Widerruf der Zustimmung durch den Arbeitnehmer K unwirksam und der Wahlvorstand nicht befugt gewesen wäre, den Vorschlag K zu streichen, habe das Wahlergebnis für die gewählten Stellvertreter jedenfalls nicht schlechter ausfallen können. Eine Wahl aller Personen einschließlich des Arbeitnehmers K hätte sich andererseits nicht ausgewirkt, weil Herr K auf das Amt verzichtet hätte.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit den vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Schwerbehindertenvertretung und die Arbeitgeberin ihre Abweisungsanträge weiter. Neben Sachrügen zur Anwendung des Wahlrechts machen sie als absoluten Revisionsgrund eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Landesarbeitsgerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) geltend. Der Vorsitz der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg war nach dem im Internet veröffentlichten Geschäftsverteilungsplan 2012 der Richterin am Arbeitsgericht W übertragen. Auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgte Anfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Schwerbehindertenvertretung teilte der Präsident des Landesarbeitsgerichts mit E-Mail vom 5. Juni 2012 mit, die Richterin am Arbeitsgericht W sei zum Zwecke der Erprobung für die Dauer von neun Monaten abgeordnet worden. Ebenfalls im Rechtsbeschwerdeverfahren wurden durch Beschluss vom 23. Januar 2014 die weiteren gewählten Stellvertreter B und L als Beteiligte zu 6. und 7. gehört. Die Beteiligte zu 6. hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, sie sei ebenfalls Rechtsbeschwerdeführerin und hat sich dem Rechtsbeschwerdeantrag der Beteiligten zu 4. und 5. angeschlossen. Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Beteiligte zu 7. hat während des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit Schreiben vom 17. März 2014 mitgeteilt, sie lege ihr Amt mit Wirkung vom 1. April 2014 nieder, und ist zum Anhörungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Die übrigen Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend hinsichtlich der Wahl der Beteiligten zu 7. für erledigt erklärt. Der Vorsitzende hat das Verfahren insoweit gemäß § 95 Satz 4, § 83a Abs. 2 ArbGG eingestellt.
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B. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals in ihrer Funktion als stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung Beteiligte zu 6. hat entgegen ihrer eigenen, in der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung keine Rechtsbeschwerde eingelegt. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Zwar liegt der absolute Rechtsbeschwerdegrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Landesarbeitsgerichts nicht vor. Die Rechtsbeschwerden haben jedoch Erfolg, weil die Antragsteller entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fristgemäß nur die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung angefochten haben. Bei der Wahl der Stellvertreter handelt es sich um eine gegenüber der Wahl der Vertrauensperson eigenständige Wahl. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 BetrVG konnten die Beteiligten zu 1. bis 3. ihren Antrag deshalb nicht mehr zulässig auf die Anfechtung der Stellvertreterwahl umstellen.
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I. Am Verfahren sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin alle gewählten Stellvertreter beteiligt, die ihr Amt im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch innehaben.
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1. § 83 Abs. 3 ArbGG regelt nicht selbst, wer Beteiligter des jeweiligen Verfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden (vgl. BAG 13. Juni 2007 - 7 ABR 62/06 - Rn. 9 ; 9. Juli 2013 - 1 ABR 17/12 - Rn. 11 ). Die Beteiligtenbefugnis ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen. Die zu Unrecht unterbliebene Beteiligung eines Verfahrensbeteiligten kann auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz dadurch behoben werden, dass die betreffende Person künftig am Verfahren beteiligt wird. Die rechtsfehlerhafte Nichtbeteiligung von Beteiligten ist als Verfahrensfehler ohne eine darauf gerichtete Rüge für die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses nicht von Bedeutung (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B I 1 der Gründe mwN, BAGE 114, 228).
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2. Danach sind neben den Antragstellern, der Vertrauensperson und der Arbeitgeberin die am 22. November 2010 gewählten stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung an dem Verfahren beteiligt.
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a) Die Beteiligung aller Stellvertreter ergibt sich daraus, dass nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in Betrieben, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt werden und die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden kann. Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX finden die Vorschriften über die Wahlanfechtung des Betriebsrats nach § 19 BetrVG sinngemäß Anwendung.
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aa) Das Wahlanfechtungsrecht sieht zwar eine teilweise Anfechtung der Wahl in der Regel nicht vor. Insbesondere lässt sich die Wahl einzelner Mitglieder oder von Ersatzmitgliedern nicht anfechten. § 19 BetrVG dient der Korrektur eines unter Verletzung von Wahlvorschriften zustande gekommenen Wahlergebnisses. Es zielt darauf ab, die Unwirksamkeit einer Wahl festzustellen, um auf diese Weise eine erneute, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Wahl zu ermöglichen. Wirkt sich der Wahlverstoß auf die Wahl sämtlicher Betriebsratsmitglieder aus, kann ein gesetzmäßiger Zustand nur durch eine Neuwahl aller Betriebsratsmitglieder erreicht werden. Ansonsten blieben die von der Wahlanfechtung ausgenommenen, aber gleichwohl verfahrensfehlerhaft gewählten Betriebsratsmitglieder im Amt oder würden an die Stelle der mit Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Wahl aus dem Betriebsrat ausscheidenden Betriebsratsmitglieder treten (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 14).
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bb) Die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung kann jedoch unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson angefochten werden. Die in Bezug genommenen betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen sind nicht in strikter und ausschließlicher Befolgung ihres Wortlauts anzuwenden, sondern nach § 94 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 SGB IX unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks. Unsachgemäße Gleichsetzungen sind zu vermeiden. Von der Sache her gebotene Differenzierungen dürfen nicht ausgeschlossen werden (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 16). Aus der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen der Vertrauensperson und ihrem stellvertretenden Mitglied sowie der von der Betriebsratswahl abweichenden Ausgestaltung des Wahlverfahrens der Schwerbehindertenvertretung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX folgt, dass es sich nicht um eine einheitliche, sondern um zwei getrennt durchgeführte Wahlen handelt(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 17 ff.). Das Wahlrecht wird getrennt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung und des stellvertretenden Mitglieds ausgeübt. Sie werden nicht in einem, sondern in zwei getrennten Wahlgängen gewählt ( § 9 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 Nr. 7 SchwbVWO ). Es sind unterschiedliche Vorschlagslisten für die beiden Wahlen einzureichen ( § 6 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 8 SchwbVWO ), wobei die Wahlbewerber sowohl für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung als auch für die Wahl des Stellvertreters vorgeschlagen werden können ( § 6 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO ). Schließlich kann eine gesonderte Nachwahl des stellvertretenden Mitglieds unter den in §§ 17, 21 SchwbVWO bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich alle gewählten Stellvertreter an dem Anfechtungsverfahren zu beteiligen sind (ausführlich dazu BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 20).
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b) Neben dem Beteiligten zu 3., einem der Antragsteller des Verfahrens, waren danach im Verfahren auch die erste Stellvertreterin Frau B als Beteiligte zu 6. sowie - bis zur teilweisen Einstellung des Verfahrens - die weitere Stellvertreterin Frau L als Beteiligte zu 7. zu hören.
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3. Werden die stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren am Verfahren beteiligt, liegt darin ein Rechtsfehler, der auf entsprechende Rüge grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgerichts führt, weil alle Stellvertreter vor einer Sachentscheidung über den Wahlanfechtungsantrag anzuhören sind und sie Gelegenheit zu tatsächlichem Vorbringen erhalten müssen (vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 91/07 - Rn. 22). Dieser Verfahrensfehler wurde vorliegend im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Beteiligten zu 6. auch gerügt. Dennoch war vorliegend eine Zurückverweisung entsprechend § 563 Abs. 3 ZPO ausnahmsweise entbehrlich. Die Rechte der Beteiligten zu 6. werden dadurch nicht verkürzt. Die Beteiligte zu 6. hat, wie bereits zuvor schriftsätzlich angekündigt, die Abweisung des Antrags der Antragsteller begehrt und dies in der mündlichen Anhörung näher begründet. Die Antragsteller hatten Gelegenheit, hierauf zu erwidern. Der Senat hat dem Begehr der Beteiligten zu 6. in der Sache entsprochen. Durch eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht konnte sich die Rechtsposition der Beteiligten zu 6. nicht verbessern. Weiterer Tatsachenvortrag, der zur Zurückverweisung hätte Anlass geben können, wurde von den Beteiligten nicht gehalten. Die Sache war daher zur Endentscheidung reif.
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II. Die statthafte Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des Anfechtungsantrags.
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1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits aufgrund der Rüge begründet, das Landesarbeitsgericht sei durch die Richterin am Arbeitsgericht W nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Ein absoluter Rechtsbeschwerdegrund nach § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG iVm. § 547 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor.
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a) Das Bundesarbeitsgericht hat ausschließlich auf eine zulässige, insbesondere hinreichend begründete Rüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO hin zu prüfen, ob ein absoluter Revisionsgrund iSv. § 547 Nr. 1 bis Nr. 6 ZPO vorliegt(GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 73 Rn. 40 mwN). Wird ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis Nr. 5 ZPO geltend gemacht, hat die Revision die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll, substantiiert vorzutragen. Die bloße Benennung des Zulassungsgrundes genügt nicht (BAG 5. Dezember 2011 - 5 AZN 1036/11 - Rn. 7; 25. Januar 2012 - 4 AZR 185/10 - Rn. 10).
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Der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts gemäß § 547 Nr. 1 ZPO liegt vor, wenn über die Rechtsstreitigkeit andere Richter entscheiden als die gesetzlich dazu berufenen. Die darauf gestützte Rechtsbeschwerde muss daher aufzeigen, aus welchen konkreten Gründen der herangezogene Richter nicht zur Entscheidung berufen war. Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Auch Maßnahmen und Entscheidungen eines Gerichts können gegen dieses Gebot verstoßen. Ziel der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist es, der Gefahr einer möglichen Einflussnahme auf den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung vorzubeugen, die durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter eröffnet sein könnte. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. nur BVerfG 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 - Rn. 7, BVerfGK 15, 111).
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b) Hier hat die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg gerügt, die Richterin am Arbeitsgericht W, unter deren Vorsitz die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts am 12. Januar 2012 den angefochtenen Beschluss gefasst hat, habe an der Entscheidung nicht mitwirken dürfen, weil sie nicht iSd. § 35 Abs. 1 Satz 1, § 36 ArbGG auf Lebenszeit zur Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht ernannt gewesen sei.
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aa) Für die Landesarbeitsgerichte schreibt § 35 Abs. 1 ArbGG vor, dass es aus dem Präsidenten und ua. „der erforderlichen Zahl von weiteren Vorsitzenden” besteht. Darunter ist die Schaffung von Planstellen durch die jeweiligen Landesjustizbehörden zu verstehen. § 35 Abs. 1 ArbGG geht davon aus, dass Richter, die die Funktion eines Kammervorsitzenden am Landesarbeitsgericht ausüben, an diesem Gericht planmäßig angestellt und als „Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht” ernannt sind. Nur solchen garantiert Art. 97 Abs. 2 GG die persönliche Unabhängigkeit durch Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit( BGH 13. Juli 1995 - V ZB 6/94 - BGHZ 130, 304, 308 ).
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Die Heranziehung von nicht planmäßig angestellten Richtern (Richtern auf Probe, abgeordneten Richtern) darf nur in den Grenzen erfolgen, die sich nach verständigem Ermessen aus der Notwendigkeit, Nachwuchs heranzubilden, oder aus anderen zwingenden Gründen ergeben (so schon BVerfG 9. November 1955 - 1 BvL 13/52 ua. - BVerfGE 4, 331, 345 ). Eine Abordnung muss dabei die Ausnahme sein und darf nicht zur Regel werden. Eine vorübergehende Abordnung eines Richters am Arbeitsgericht an ein Landesarbeitsgericht kann zulässigerweise mit einer nicht vorhersehbaren Überlastung des Landesarbeitsgerichts oder mit dem Zweck seiner Erprobung begründet werden, um bei der Bewerbung um ein Richteramt mit höherem Endgrundgehalt berücksichtigt werden zu können. Auch für den zur Erprobung abgeordneten Richter besteht die zu den sachlichen Voraussetzungen der Unabhängigkeit gehörende Weisungsfreiheit uneingeschränkt (ausführlich BGH Dienstgericht des Bundes 16. März 2005 - RiZ (R) 2/04 - BGHZ 162, 333).
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Eine Abordnung darf von der Justizverwaltung nicht dazu genutzt werden, Einsparungen vorzunehmen. Deshalb führen auch Erprobung, Krankheitsvertretung und Entlastungsabordnung zu einer verfassungswidrigen Gerichtsbesetzung, wenn die Arbeitslast des Gerichts deshalb nicht bewältigt werden kann, weil es unzureichend mit Planstellen ausgestattet ist oder weil die Justizverwaltung es verabsäumt hat, offene Planstellen binnen angemessener Frist zu besetzen. Dementsprechend muss sich die Abordnung in zeitlichen und sachlichen Grenzen halten. Die sich aus § 27 BBG und § 17 BRRG aF ergebende Wertung einer Abordnung von zwei Jahren und mehr als noch „vorübergehend” ist auf eine Richterabordnung nicht ohne weiteres übertragbar. Hier sind verfassungsrechtlich strengere Maßstäbe anzulegen. Eine feste Grenze gibt es jedoch nicht. Sie ist vielmehr im Einzelfall anhand der jeweils konkreten Gegebenheiten unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertungen zu bestimmen (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 411/06 - Rn. 34 mwN, BAGE 123, 46 ua. unter Hinweis auf BVerfG 3. Juli 1962 - 2 BvR 628/60 ua. - BVerfGE 14, 156, 164 f.).
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bb) Danach war die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts im Zeitpunkt der Entscheidung am 12. Januar 2012 ordnungsgemäß besetzt. Aus der E-Mail des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts vom 5. Juni 2012, deren Inhalt und Autor von der Rechtsbeschwerde nicht bestritten sind, ergibt sich, dass die Richterin am Arbeitsgericht W für einen Zeitraum von neun Monaten zum Zwecke der Erprobung abgeordnet wurde. Angesichts des Abordnungszeitraums von nicht einmal einem Jahr, der sich für eine Erprobung als angemessen erweist, sind sachfremde Erwägungen bei der Abordnungsentscheidung der Landesjustizverwaltung nicht erkennbar. Der Vortrag der Rechtsbeschwerde, dass die Nichtbesetzung der Stellen auf anderen - möglicherweise fiskalischen - Erwägungen beruhte, erschöpft sich in der Vermutung, die Richterin am Arbeitsgerichts W sei möglicherweise bereits vormals beim Landesarbeitsgericht erprobt worden. Hierzu hat die Rechtsbeschwerde aber nicht einmal dargetan, den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts um entsprechende Auskunft ersucht zu haben.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nicht fristgerecht angefochten wurde.
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a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die angefochtene Entscheidung nicht schon deshalb aufzuheben, weil das Rechtsschutzbedürfnis für den Wahlanfechtungsantrag im Laufe des Verfahrens entfallen wäre.
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aa) Die Wahlberechtigung des die Wahl anfechtenden Arbeitnehmers muss grundsätzlich nur zum Zeitpunkt der Wahl gegeben sein (ständige Rechtsprechung seit BAG 4. Dezember 1986 - 6 ABR 48/85 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 53, 385). Ein Wegfall der Wahlberechtigung durch Ausscheiden aus dem Betrieb nimmt dem Arbeitnehmer die Anfechtungsbefugnis nicht. Nur wenn sämtliche die Wahl anfechtenden Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, führt dies zur Unzulässigkeit des Antrags, da für die Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens in diesem Fall kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht (BAG 16. November 2005 - 7 ABR 9/05 - Rn. 16 mwN, BAGE 116, 205; DKKW-Homburg 14. Aufl. § 19 Rn. 25; Fitting 27. Aufl. § 19 Rn. 29; HWGNRH-Nicolai 9. Aufl. § 19 Rn. 22; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 19 Rn. 38).
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(1) Die Rechtsbeschwerde vertritt den Standpunkt, für den Anfechtungsantrag bestehe schon dann kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, wenn die vom Gesetz in § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vorausgesetzte Mindestzahl der Anfechtenden unterschritten werde. Sinn und Zweck dieses Quorums bestehe darin zu verhindern, dass nicht ein einzelner Arbeitnehmer - ein unterlegener Bewerber oder „Querulant“ - ein aufwendiges und schwieriges Verfahren in Gang setzen und betreiben könne. Die Anfechtung müsse bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz von mindestens drei Anfechtenden getragen sein. Es widerspreche Sinn und Zweck des aus individueller Rechtsposition betriebenen Anfechtungsverfahrens, wenn derjenige, dessen Betriebszugehörigkeit entfalle, jenes weiterführen könne, obwohl er durch die Entscheidung nicht mehr betroffen sei (vgl. Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 66, 69 und Rn. 58 mwN, der die Anfechtungsberechtigung nicht als Voraussetzung der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit ansieht).
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(2) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest. Dem Gesetzeszweck wird durch das bei Stellung eines Anfechtungsantrags erforderliche Quorum von drei Wahlberechtigten ausreichend Rechnung getragen. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 -BVerwGE 67, 145) den objektiven Charakter von Wahlanfechtungsverfahren hervorgehoben. Entgegen der Rechtsbeschwerde ist es gerade nicht die individuelle Rechtsposition, die das Anfechtungsrecht entscheidend kennzeichnet. Das gilt insbesondere für das Wahlanfechtungsverfahren, das nicht dem Einzelinteresse, sondern dem Allgemeininteresse dient. Das Anfechtungsrecht der Gewerkschaften zeigt, dass das Rechtsschutzinteresse nicht eine persönliche Beschwer voraussetzt. Im Vordergrund steht vielmehr das Allgemeininteresse an der Ordnungsmäßigkeit der Wahl (vgl. für den Personalrat BVerwG 27. April 1983 - 6 P 17.81 - aaO). Diese Erwägungen gelten auch für die Wahlen der Schwerbehindertenvertretung und deren Stellvertreter.
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bb) Der Ausnahmefall, dass alle Anfechtenden im Verlaufe des Verfahrens aus dem Betrieb ausgeschieden sind und der Anfechtungsantrag deshalb mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist, liegt hier nicht vor. Nach der Anfechtung der Wahl ist lediglich die Wahlberechtigung des Antragstellers zu 3. mit dessen Eintritt in die Freistellungsphase am 1. Oktober 2011 entfallen, während die Antragsteller zu 1. und 2. nach wie vor dem Betrieb angehören. Das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl besteht damit für alle Antragsteller fort.
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b) Die Rechtsbeschwerde hat jedoch Erfolg, weil die am 22. November 2010 durchgeführte Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung nicht innerhalb der entsprechend anzuwendenden zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten wurde und die Wahl auch nicht nichtig ist.
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aa) Die Stellvertreterwahl ist nicht wirksam angefochten worden.
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(1) § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX erklärt die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats für die Wahl der Vertrauensperson und des stellvertretenden Mitglieds für sinngemäß anwendbar. Für die Betriebsratswahl bestimmt § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, dass die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig ist. Mit dem Ablauf der Anfechtungsfrist erlischt das Anfechtungsrecht des einzelnen Anfechtungsberechtigten. Die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmte Frist für die Anfechtung der Wahl dient der Rechtssicherheit. Dadurch soll gewährleistet werden, dass möglichst rasch nach Abschluss der Wahl Klarheit darüber geschaffen wird, ob die Wahl angefochten wird oder nicht (BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 2 a der Gründe, BAGE 114, 228). Bei den getrennt anzufechtenden Wahlen der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung muss den Beteiligten durch den fristgemäßen Anfechtungsantrag unzweifelhaft die Feststellung möglich sein, ob ihre Wahl angefochten werden soll.
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(2) Die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung wurde hier nicht rechtzeitig innerhalb der nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG einzuhaltenden Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe des am 30. November 2010 durch Aushang bekannt gemachten Wahlergebnisses angefochten. Die Antragsschrift zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ging zwar am 13. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht ein. Der Antrag, die Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 25. November 2010 für unwirksam zu erklären, richtete sich aber ausschließlich gegen die Wahl der Vertrauensperson und nicht auch gegen die Wahl der Stellvertreter der Schwerbehindertenvertretung. Dies wird daran deutlich, dass im Rubrum der Antragsschrift ausdrücklich nur die „Schwerbehindertenvertretung“ bezeichnet ist. Dass hiermit die gewählte Vertrauensperson gemeint war und nicht - zumindest auch - die selbständig gewählten Stellvertreter, ergibt sich daraus, dass die als Beteiligte bezeichnete Schwerbehindertenvertretung durch die „Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Frau K“ vertreten wird. Auf die Wahl der Stellvertreter bezieht sich demgegenüber weder der Anfechtungsantrag noch sind die Stellvertreter als Beteiligte im Rubrum der Antragsschrift bezeichnet. Deshalb lässt sich der auf „die Schwerbehindertenvertretung“ bezogene Antrag nicht dahin auslegen, dass neben der Wahl der Vertrauensperson auch die Stellvertreterwahl angefochten werden sollte.
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Auch konnte es für die Antragsteller keinem Zweifel unterliegen, dass zwei getrennte Wahlen durchgeführt wurden, die ggf. getrennt anzufechten sind. Nach Punkt 4 Satz 2 des mit der Antragsschrift vorgelegten Wahlausschreibens werden „die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und die drei stellvertretenden Mitglieder in getrennten Wahlgängen gewählt“. Mit Punkt 5 des Wahlausschreibens wurden die wahlberechtigten Schwerbehinderten und die gleichgestellten behinderten Menschen nicht nur aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen nach Erlass dieses Wahlausschreibens getrennte Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder schriftlich beim Wahlvorstand einzureichen. Das Wahlausschreiben enthielt dort zusätzlich den Hinweis, dass sich aus den Wahlvorschlägen eindeutig ergeben müsse, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werde. Aus Gründen der Rechtssicherheit, die besonders im Wahlanfechtungsrecht hervorgehobene Bedeutung beansprucht, ist die Anfechtung der Wahl der Stellvertreter unter diesen Umständen nicht allein dadurch hinreichend deutlich erfolgt, dass die Antragsteller ihre Anfechtung inhaltlich auch auf einen Grund gestützt haben, der nur die Wirksamkeit der Stellvertreterwahl betrifft.
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bb) Die Wahl vom 22. November 2010 ist nicht nichtig.
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(1) Im Unterschied zur Wahlanfechtung kann die Nichtigkeit der Wahl auch außerhalb der in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bestimmten Anfechtungsfrist jederzeit von jedermann geltend gemacht werden, der daran ein berechtigtes Interesse hat. Ebenso wie die Betriebsratswahl ist die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ (st. Rspr., vgl. BAG 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 114, 228; 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, BAGE 139, 197).
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(2) Unter derart gravierenden Mängeln leidet die Stellvertreterwahl vom 22. November 2010 nicht deshalb, weil der Wahlvorstand den Kandidaten K vom Wahlvorschlag der Stellvertreter gestrichen hat, nachdem dieser seine Zustimmung zur Kandidatur vor der Veröffentlichung des Wahlvorschlags widerrufen hat. Selbst wenn ein Rücktritt von der Kandidatur nach schriftlich erteilter Zustimmung rechtlich nicht möglich oder es dem Wahlvorstand nicht gestattet sein sollte, in einer solchen Situation analog § 6 Abs. 3 Satz 3 SchwbVWO nur einen Kandidaten von der Liste zu streichen und die übrigen Kandidaten zuzulassen, wäre die Wahl aufgrund eines solchen Fehlers nur anfechtbar. Sie wäre aber nicht nichtig.
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Linsenmaier
Linsenmaier
Kiel
Busch
Kley
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Der Wahlvorstand bereitet die Wahl vor und führt sie durch. Er kann volljährige in dem Betrieb oder der Dienststelle Beschäftigte als Wahlhelfer oder Wahlhelferin zu seiner Unterstützung bei der Durchführung der Stimmabgabe und bei der Stimmenzählung bestellen.
(2) Die Beschlüsse des Wahlvorstandes werden mit einfacher Stimmenmehrheit seiner Mitglieder gefaßt. Über jede Sitzung des Wahlvorstandes ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der gefaßten Beschlüsse enthält. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden oder der Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes zu unterzeichnen.
(3) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten; sie soll innerhalb von sechs Wochen, spätestens jedoch eine Woche vor dem Tage stattfinden, an dem die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung abläuft.
(4) Der Wahlvorstand beschließt nach Erörterung mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebs- oder Personalrat und dem Arbeitgeber, wie viele stellvertretende Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung in dem Betrieb oder der Dienststelle zu wählen sind.
(5) Der Wahlvorstand soll dafür sorgen, daß ausländische Wahlberechtigte rechtzeitig über das Wahlverfahren, die Aufstellung der Liste der Wahlberechtigten, die Wahlvorschläge, den Wahlvorgang und die Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden.
(6) Der Arbeitgeber unterstützt den Wahlvorstand bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Er gibt ihm insbesondere alle für die Anfertigung der Liste der Wahlberechtigten erforderlichen Auskünfte und stellt die notwendigen Unterlagen zur Verfügung.
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4. und der Beteiligten zu 5. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 12. Oktober 2011 - 11 TaBV 29/11 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung.
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Im B-Werk R beschäftigte die Arbeitgeberin 813 zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung berechtigte Arbeitnehmer, ua. die an diesem Verfahren zu 1. bis 3. beteiligten Antragsteller. Der Beteiligte zu 4. wurde zur Vertrauensperson gewählt. Beteiligte zu 5. ist die erste stellvertretende Vertrauensperson. Bei dem Beteiligten zu 2., der zugleich Antragsteller ist, handelt es sich um die zweite stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.
- 3
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Mit dem Wahlausschreiben vom 7. September 2010 leitete der Wahlvorstand das Verfahren zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung ein. Darin heißt es auszugsweise:
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„7.
Der Wahlvorstand hat schriftliche Stimmabgabe beschlossen.
Die Unterlagen zur Briefwahl werden den Wahlberechtigten an die Heimatadresse geschickt und müssen bis spätestens 26. Oktober 2010, um 12.00 Uhr an den Wahlvorstand zurückgesendet bzw. übergeben werden. Die Zusendung der Wahlunterlagen entbindet den Wähler aber nicht von der Möglichkeit, sollte er keine Unterlagen erhalten, diese beim Wahlvorstand zu beantragen.
8.
Die öffentliche Sitzung des Wahlvorstandes zur Auszählung der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses findet am 26. Oktober 2010, 13.00 Uhr im B AG Werk 6.1, Geb. 10.0 OG (R-B, Besprechungsraum) statt.“
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Der Wahlvorstand fasste in seiner Sitzung vom 29. September 2010 ua. folgenden Beschluss:
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„4. Briefwahl
Die Briefwahlunterlagen werden in der KW 40 erstellt und an alle Wahlberechtigten verschickt.
Einstimmiger Beschluss
Die Briefwahlunterlagen (Freiumschläge) werden am 26.10.2010 unmittelbar vor Wahlabschluss geöffnet. Der Wahlvorstand sowie die eingeteilten Wahlhelfer, L und R treffen sich dazu am 26.10.2010 um 11.00 Uhr im Besprechungsraum des Betriebsrats. Dieser ist bereits reserviert.
Einstimmiger Beschluss“
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Die Freiumschläge wurden am 26. Oktober 2010 in der Zeit von 11:00 Uhr bis 12:45 Uhr bei offen stehender Tür im Besprechungsraum des Betriebsrats geöffnet.
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Nach Öffnung der Freiumschläge prüfte der Wahlvorstand die schriftlichen Erklärungen auf Vollständigkeit, vermerkte die Stimmabgabe in der elektronischen Wählerliste und warf die verschlossenen Wahlumschläge in die mit einem Vorhängeschloss gesicherte Wahlurne ein. Danach wurde der Raum für die Zeit zwischen 12:45 Uhr und 13:00 Uhr verschlossen. Um 13:00 Uhr wurde die Wahlurne in Anwesenheit von vier Wahlvorstandsmitgliedern, zwei Wahlhelfern und weiteren Personen, ua. dem Beteiligten zu 2., geöffnet. Am 27. Oktober 2010 machte der Wahlvorstand das Wahlergebnis durch Aushang bekannt.
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Mit am 9. November 2010 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1. bis 3. die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, die Öffnung der Freiumschläge am 26. Oktober 2010 in der Zeit bis 12:45 Uhr sei entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Wahlordnung Schwerbehindertenvertretung(SchwbVWO) nicht öffentlich erfolgt, weil Ort und Zeit für diese Handlungen des Wahlvorstands nicht öffentlich bekannt gemacht worden seien. Wahlöffentlichkeit und Wahltransparenz seien wesentliche Prinzipien einer jeden Wahl, um Fehler und Manipulationsmöglichkeiten weitgehend auszuschließen. Eine Sitzung sei nicht bereits deshalb öffentlich iSv. § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO, weil zufällig Personen anwesend seien oder durch entsprechende Nachforschungen Ort und Zeitpunkt des Öffnens der Freiumschläge ermitteln könnten.
- 8
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Die Antragsteller haben beantragt,
-
die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der B AG im Werk 6, R, vom 26. Oktober 2010 für unwirksam zu erklären.
- 9
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Die Beteiligten zu 4. und 5. sowie die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, die Öffentlichkeit der Sitzung sei beim Öffnen der Freiumschläge gewährleistet gewesen. Die Tür zum Besprechungsraum, in dem die Freiumschläge geöffnet worden seien, habe jederzeit offen gestanden, so dass jeder Interessierte den Wahlvorstand habe kontrollieren können. Ein Bekanntmachungserfordernis bestehe nicht. § 5 SchwbVWO enthalte keine Bestimmung, wonach bei schriftlicher Stimmabgabe Ort, Tag und Zeit der Behandlung der Freiumschläge in das Wahlausschreiben aufzunehmen seien. Ort und Zeit der Behandlung der Freiumschläge hätten im Büro des Wahlvorstands erfragt werden können.
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Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. war erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 4. und 5. weiter die Abweisung des Antrags, während die Antragsteller die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde begehren.
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Wahlanfechtungsantrag zu Recht entsprochen. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, § 19 Abs. 1 BetrVG, § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO unwirksam.
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I. Der Antrag ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 BetrVG zulässig.
- 13
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1. Die Antragsteller sind nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Sie sind in dem Betrieb wahlberechtigte schwerbehinderte Menschen iSd. § 94 Abs. 2 SGB IX.
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2. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig binnen zwei Wochen angefochten worden, nachdem das endgültige Wahlergebnis durch Aushang am 27. Oktober 2010 bekannt gegeben wurde, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Die Antragsschrift ist beim Arbeitsgericht am 9. November 2010 eingegangen.
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II. Der Antrag ist begründet. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Danach kann die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Öffnung der Freiumschläge erfolgte nicht in einer öffentlichen Sitzung iSd. § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Dieser Verstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
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1. Der Wahlvorstand hat gegen eine wesentliche Wahlvorschrift verstoßen, indem er die Freiumschläge nicht, wie nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO geboten, in öffentlicher Sitzung geöffnet hat. Die danach erforderliche Öffentlichkeit setzt bei einer ausschließlich schriftlichen Stimmabgabe voraus, dass Ort und Zeit sämtlicher in § 12 Abs. 1 SchwbVWO genannten Handlungen vorher rechtzeitig bekannt gemacht werden. Dies war hier nicht der Fall.
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a) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO öffnet der Wahlvorstand unmittelbar vor Abschluss der Wahl in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 11 SchwbVWO), legt der Wahlvorstand die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten ungeöffnet in die Wahlurne.
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aa) Öffentlichkeit iSd. § 12 Abs. 1 SchwbVWO ist dabei nicht die allgemeine Öffentlichkeit, sondern die Betriebsöffentlichkeit. Es soll denjenigen die Teilnahme ermöglicht werden, die ein berechtigtes Interesse an der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung und ihrem Ausgang haben. Die Öffentlichkeit der Wahl ist Grundvoraussetzung für eine demokratische Willensbildung (vgl. für politische Wahlen BVerfG 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 2 BvC 4/07 - Rn. 106, BVerfGE 123, 39). Sie sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Wähler in den korrekten Ablauf der Wahl. Die grundsätzlich gebotene Öffentlichkeit im Wahlverfahren umfasst das Wahlvorschlagsverfahren, die Wahlhandlung - in Bezug auf die Stimmabgabe durchbrochen durch das Wahlgeheimnis - und die Ermittlung des Wahlergebnisses (vgl. für politische Wahlen BVerfG 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 - aaO). Durch das Gebot der Öffentlichkeit sollen interessierte Personen die Möglichkeit erhalten, die Ordnungsmäßigkeit der Feststellung des Wahlergebnisses beobachten zu können, damit der Verdacht von Wahlmanipulationen „hinter verschlossenen Türen“ nicht aufkommen kann (vgl. zur Stimmenauszählung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 96, 233). Zur Herstellung dieser Beobachtungsmöglichkeit ist es erforderlich, dass Ort und Zeit sämtlicher öffentlicher Kontrolle unterliegender Vorgänge im Wahlverfahren rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden. Es genügt nicht, dass ein Interessierter dies durch eigene Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren kann. Das Erfordernis, selbst aktiv zu werden und sich nach dem Bestehen einer Teilnahmemöglichkeit sowie nach Ort und Zeit von öffentlich vorzunehmenden Handlungen des Wahlvorstands zu erkundigen, ist vielmehr geeignet, Zugangsberechtigte von vornherein von der Teilnahme auszuschließen. Müssen interessierte Personen den Wunsch, ihr Kontrollrecht wahrzunehmen, gerade gegenüber den zu kontrollierenden Personen im Vorfeld offenbaren, um Ort und Zeitpunkt ihrer Kontrollmöglichkeit zu erfahren, gibt dies vermeidbaren Anlass zu Misstrauen bzw. Missdeutungen. Diese werden durch eine jederzeit und ohne Ankündigung mögliche Kontrolle wirkungsvoll verhindert (vgl. zur Stimmenauszählung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - aaO).
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bb) Bei der schriftlichen Stimmabgabe ist die Kontrollmöglichkeit der Vorgänge nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO von besonderer Bedeutung. Bei der persönlichen Stimmabgabe händigt der Wähler oder die Wählerin nach § 10 Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, dem mit der Entgegennahme der Wahlumschläge betrauten Mitglied des Wahlvorstands aus, wobei der Name des Wählers oder der Wählerin angegeben wird. Sodann ist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO der Wahlumschlag in Gegenwart des Wählers oder der Wählerin in die Wahlurne einzuwerfen, nachdem die Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten vermerkt worden ist. Bei der persönlichen Stimmabgabe kann daher der Wähler unmittelbar beobachten und kontrollieren, ob mit der von ihm abgegebenen Stimme korrekt verfahren wird. Diese unmittelbare Beobachtungsmöglichkeit hat der Briefwähler bei der schriftlichen Stimmabgabe nicht. Die Kontrollmöglichkeit trägt hier in besonderem Maße dazu bei, dass gar nicht erst der Verdacht aufkommen kann, es habe bei der Behandlung der Briefwahlstimmen zu Unregelmäßigkeiten kommen können. Auch wird dadurch das Wahlgeheimnis des Briefwählers geschützt. Könnte der Wahlvorstand ohne eine mögliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit die Freiumschläge der Briefwähler öffnen und die Wahlumschläge entnehmen, wäre die Gefahr nicht auszuschließen, dass er in die Wahlumschläge Einblick nimmt, um festzustellen, wie der betreffende Wähler seine Stimme abgegeben hat.
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cc) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO hat die Öffnung der Freiumschläge „unmittelbar vor Abschluss der Wahl“ zu erfolgen. Erfolgt eine Wahl im Wege der persönlichen Stimmabgabe und werden nur den an der persönlichen Stimmabgabe verhinderten Wahlberechtigten nach § 11 Abs. 1 SchwbVWO Briefwahlunterlagen übersandt, haben die nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO vom Wahlvorstand vorzunehmenden Handlungen unmittelbar vor dem Abschluss des in § 10 SchwbVWO näher beschriebenen Wahlvorgangs zu erfolgen(vgl. zu § 26 WO Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 26 WO Rn. 2; Fitting 26. Aufl. § 26 WO 2001 Rn. 3). Wenn der Wahlvorstand nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO die allgemeine schriftliche Stimmabgabe beschließt, entfällt der Wahlvorgang nach § 10 SchwbVWO. Das ändert jedoch nichts daran, dass die in § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO beschriebenen Vorgänge in öffentlicher Sitzung zu erfolgen haben. Da es aber in einem solchen Fall an einer persönlichen Stimmabgabe fehlt, deren Ort, Tag und Zeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SchwbVWO mitzuteilen wäre, muss der Wahlvorstand, um dem Erfordernis der Öffentlichkeit zu genügen, rechtzeitig Ort und Zeit der in § 12 Abs. 1 SchwbVWO geregelten Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen bekannt geben. Dabei muss der Hinweis nicht notwendig bereits im Wahlausschreiben enthalten sein, sondern kann auch auf andere Weise erfolgen (vgl. dazu auch BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 96, 233).
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dd) § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren, deren Verletzung nach § 19 Abs. 1 BetrVG iVm. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX geeignet ist, die Anfechtung der Wahl zu rechtfertigen(vgl. zu § 26 Abs. 1 WO Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 26 WO Rn. 2 mwN).
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b) Hier hat der Wahlvorstand gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO verstoßen. Nachdem er nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO die generelle schriftliche Stimmabgabe beschlossen hatte, hätte er rechtzeitig bekannt machen müssen, wann und wo die in § 12 Abs. 1 SchwbVWO vorgeschriebene Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen stattfinden wird. Dies hat er nicht getan. Die Öffnung der Freiumschläge erfolgte nicht in der im Wahlausschreiben angekündigten Sitzung am 26. Oktober 2010 um 13:00 Uhr, sondern am selben Tage bereits in der Zeit zwischen 11:00 Uhr bis 12:45 Uhr. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 4. und 5. genügt es zur Herstellung der Öffentlichkeit nicht, dass die Tür zu dem Besprechungsraum offen stand, in dem die Freiumschläge geöffnet wurden. Auch der Umstand, dass jeder Interessierte auf Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren hätte, wann und wo die Freiumschläge geöffnet werden, machte die rechtzeitige Bekanntmachung von Zeit und Ort der Öffnung der Freiumschläge und der daran sich anschließenden Handlungen nicht entbehrlich.
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2. Der Verfahrensverstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
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a) Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 30 mwN).
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b) In diesem Sinne war der Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dem Öffnen der Freiumschläge, bei der Bewertung, ob die Stimmabgabe iSv. § 11 SchwbVWO ordnungsgemäß war, bei dem Vermerk der Stimmabgabe oder bei dem Einwurf der Wahlumschläge in die Wahlurne zu Fehlern gekommen ist, die bei einer Öffnung der Freiumschläge in öffentlicher Sitzung nicht unterlaufen wären. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächliche objektive Anhaltspunkte für solche Fehler vorliegen. Die Vorschrift soll der Minderung abstrakter Gefährdungen dienen (vgl. zu § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 3 und 4 der Gründe, BAGE 96, 233).
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Linsenmaier
Zwanziger
Kiel
Gerschermann
Peter Klenter
(1) Die Länder bestimmen die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.
(2) Bei der Bestimmung durch Landesrecht ist sicherzustellen, dass die Träger der Eingliederungshilfe nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind. Sind in einem Land mehrere Träger der Eingliederungshilfe bestimmt worden, unterstützen die obersten Landessozialbehörden die Träger bei der Durchführung der Aufgaben nach diesem Teil. Dabei sollen sie insbesondere den Erfahrungsaustausch zwischen den Trägern sowie die Entwicklung und Durchführung von Instrumenten zur zielgerichteten Erbringung und Überprüfung von Leistungen und der Qualitätssicherung einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen fördern.
(3) Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.
(4) Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Zusammensetzung und das Verfahren zu bestimmen.
(5) Die Länder treffen sich regelmäßig unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zur Evidenzbeobachtung und zu einem Erfahrungsaustausch. Die Verbände der Leistungserbringer sowie die Verbände für Menschen mit Behinderungen können hinzugezogen werden. Gegenstand der Evidenzbeobachtung und des Erfahrungsaustausches sind insbesondere
- 1.
die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente, - 2.
die Wirkungen der Regelungen zur Leistungsberechtigung nach § 99 sowie der neuen Leistungen und Leistungsstrukturen, - 3.
die Umsetzung des Wunsch- und Wahlrechtes nach § 104 Absatz 1 und 2, - 4.
die Wirkung der Koordinierung der Leistungen und der trägerübergreifenden Verfahren der Bedarfsermittlung und -feststellung und - 5.
die Auswirkungen des Beitrags.
(1) Unverzüglich nach Abschluß der Wahl nimmt der Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vor und stellt das Ergebnis fest.
(2) Gewählt für das Amt der Schwerbehindertenvertretung oder als stellvertretendes Mitglied ist der Bewerber oder die Bewerberin, der oder die jeweils die meisten Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
(3) Werden mehrere stellvertretende Mitglieder gewählt, ist als zweites stellvertretendes Mitglied der Bewerber oder die Bewerberin mit der zweithöchsten Stimmenzahl gewählt. Entsprechendes gilt für die Wahl weiterer stellvertretender Mitglieder. Für die Wahl und die Reihenfolge stellvertretender Mitglieder gilt Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(4) Der Wahlvorstand fertigt eine Niederschrift des Wahlergebnisses, die von dem oder der Vorsitzenden sowie mindestens einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes unterschrieben wird. Die Niederschrift muß die Zahl der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmzettel, die auf jeden Bewerber und jede Bewerberin entfallenen Stimmenzahlen sowie die Namen der gewählten Bewerber und Bewerberinnen enthalten.
(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.
(1) Arbeitgebern können die Kosten für eine befristete Probebeschäftigung von Menschen mit Behinderungen sowie schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen im Sinne des § 2 des Neunten Buches bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden, wenn dadurch die Möglichkeit einer Teilhabe am Arbeitsleben verbessert wird oder eine vollständige und dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen ist.
(2) Arbeitgeber können Zuschüsse für eine behinderungsgerechte Ausgestaltung von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen erhalten, soweit dies erforderlich ist, um die dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen oder zu sichern und eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitgebers nach dem Teil 3 des Neunten Buches nicht besteht.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
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eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.