Streitig ist die Erstattung der Kosten für die Durchführung des Vorverfahrens.
Die Klägerin erhielt für ihre Kinder X (geboren xx.xx.1992), Y (geboren xx.xx.xxxx) und Z (geboren xx.xx.xxxx) fortlaufend Kindergeld. Als Wohnort hatte sie im letzten Kindergeldantrag, der bei der Familienkasse am 25.11.2011 eingereicht wurde, M angegeben. Dem ausgefüllten und unterschriebenen Antrag auf Kindergeld hatte die Klägerin den Schwerbehindertenausweis für X vom 03.03.2011 mit dem Grad der Behinderung von 100 v.H. und den Merkzeichen G, aG und H beigefügt.
Ein Schreiben der Familienkasse an die angegebene Adresse der Klägerin vom 17.07.2012 wurde von der Post am 23.07.2012 mit dem Vermerk „Empfänger verzogen; Einwilligung zur Weitergabe der neuen Anschrift liegt nicht vor“ zurückgesandt. Das Einwohnermeldeamt der Gemeinde M teilte mit Schreiben vom 08.08.2012 der Familienkasse auf Anfrage mit, dass die Klägerin am 06.07.2011 vom Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden sei.
Die Familienkasse hob daraufhin mit Bescheid vom 15.08.2012 die Festsetzung des Kindergeldes für die drei Kinder ab August 2011 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und forderte das im Zeitraum von August 2011 bis August 2012 i.H.v. 7.254 € ausbezahlte Kindergeld zurück. Als Begründung wird im Bescheid angegeben, dass die Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen ab August 2011 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der der Bundesrepublik Deutschland habe. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid wurde öffentlich zugestellt nach § 10 Verwaltungszustellungsgesetz.
Am 17.09.2012 ging bei der Familienkasse ein Schreiben der Klägerin ein, in dem sie als neue Adresse P, (bei „t“) mitteilte und die Auszahlung von Kindergeld beantragte, da X eine Behinderung habe.
Die Familienkasse wertete dieses Schreiben als Einspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012.
Der Prozessbevollmächtigte zeigte sich als Bevollmächtigter im Verfahren gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 an und führte aus, dass die Klägerin und ihre Kinder mit dem Zirkus nur innerhalb von Deutschland reisen würden. Ein Aufenthalt im Ausland sei zu keinem Zeitpunkt begründet worden.
Mit Bescheid vom 12.12.2012 hob die Familienkasse den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 auf.
Diese stellte jedoch fest, dass die im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen nach § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht zu erstatten sind. Die für die Entscheidung notwendigen Unterlagen seien erst während des Einspruchsverfahrens eingereicht worden. Bei Vorlage der Unterlagen vor Erteilung des Bescheids wäre dem Antrag entsprochen worden. Es hätte dann keine Veranlassung bestanden, Einspruch einzulegen.
Der Prozessbevollmächtigte legte gegen den Bescheid vom 12.12.2012, soweit die notwendigen Rechtsanwaltskosten nicht erstattet werden, Einspruch ein.
Er begründete diesen damit, dass die Klägerin Analphabetin sei. Sie sei deshalb nicht in der Lage, schriftliche Anfragen beantworten zu können. Auch sei der Familienkasse bekannt gewesen, dass die Klägerin mit einem Zirkus innerhalb der Bundesrepublik Deutschland umherreise. Für die Annahme von Auslandsaufenthalten habe zu keinem Zeitpunkt irgendein Anhaltspunkt vorgelegen. Deshalb sei es nicht nachvollziehbar, dass die angefochtene und mittlerweile aufgehobene Entscheidung durch irgendein Fehlverhalten der Klägerin verursacht worden sein solle. Vielmehr habe Veranlassung bestanden, Einspruch gegen den Bescheid einzulegen.
Das Einspruchsverfahren gegen die Kostenentscheidung verlief ohne Erfolg.
Mit der Klage beantragt der Prozessbevollmächtigte sinngemäß, den Kostenbescheid vom 12.12.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 aufzuheben und die zu verpflichten, im Rahmen der Kostenentscheidung die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 77 Abs. 3 Satz 2 EStG und die der Klägerin im Vorverfahren bei der Erstreitung des Kindergeld entstandene Gebühren und Auslagen als erstattungsfähig festzusetzen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe der Familienkasse unwidersprochen den Unfall von X vom xx.xx.xxxx mitgeteilt. Vor diesem Hintergrund war aufgrund der Behandlung von X klar, dass sich die Familie der Klägerin mit ihren Kindern tatsächlich in Deutschland und damit im Inland aufhalte.
Im Übrigen sei die Notwendigkeit der Kosten für die Verteidigung im Einspruchsverfahren nicht dadurch ausgeschlossen, dass etwaige Mitwirkungspflichten verletzt worden wären. Die Erforderlichkeit der Vertretung durch den Prozessbevollmächtigten habe sich im Rahmen des Einspruchsverfahrens schon aufgrund des Analphabetismus der Klägerin und ihrer Kinder gezeigt. Deshalb sei zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Einspruchsverfahren die Einschaltung eines Rechtsanwalts geboten gewesen. Auch habe die Familienkasse positiv davon Kenntnis gehabt, dass die Familie der Klägerin einen fahrenden Wanderzirkus betreibe, welcher ausschließlich im Bundesgebiet auftrete. Auch sei die Klägerin stets fernmündlich erreichbar gewesen.
Die Familienkasse beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
Die Klägerin habe die sie treffende Mitwirkungspflicht verletzt, indem sie eine Änderung der postalischen Anschrift nicht mitgeteilt habe. Nach den Angaben des zuständigen Meldeamtes sei die Klägerin unbekannt verzogen, ohne beim Meldeamt eine neue Anschrift anzugeben. Damit sei damals der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin unbekannt gewesen. Die Familienkasse habe daher zu Recht damals nach Aktenlage mit Bescheid vom 15.08.2012 die Festsetzung von Kindergeld mangels Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin im Inland aufgehoben. Die Klägerin habe aufgrund der Verletzung der o.a. Mitwirkungspflicht den Erlass dieses Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides verschuldet. Daher liege ein Verschulden i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG vor.
Der Familienkasse sei auch nicht bekannt gewesen, dass die Klägerin sich mit ihrer Familie und den Kindern weiterhin im Bundesgebiet aufhalte. Die Klägerin habe weder bei der Familienkasse noch bei der Meldebehörde die Änderung ihrer Anschrift mitgeteilt, wozu sie eigentlich verpflichtet gewesen sei. Daher gingen etwaige negative Konsequenzen zu ihren Lasten. Erst durch das Schreiben der Klägerin vom 17.09.2012 sei die neue Adresse der Klägerin bei der Familienkasse bekannt geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei allerdings bereits der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 erlassen gewesen. Zum Erlass des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides wäre es nicht gekommen, wenn die Klägerin der Beklagten die Änderung ihrer Anschrift mitgeteilt hätte.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis dazu erklärt, dass das Gericht ohne mündliche Verhandlung und der zum Berichterstatter bestellte Richter anstelle des Senats entscheidet (§§ 90 Abs. 2, 79a Abs. 3 und 4 FGO).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Beteiligten und den Akteninhalt der von der überlassenen Kindergeldakte mit der Nr. xxxxxxx verwiesen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die C ist Beklagte dieses Verfahrens. Zum 01.05.2013 erfolgte eine Neuorganisation der Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit. Für Verfahren der bisherigen Familienkasse ist nunmehr die C zuständig. Es handelt sich dabei um einen Fall des gesetzlichen Parteiwechsels, das heißt einen Zuständigkeitswechsel durch Organisationsakt. Ein gesetzlicher Beklagtenwechsel stellt weder eine Änderung des Streitgegenstandes noch eine Klageänderung dar. Dieser neue Beklagte rückt in das Verfahren ein, ohne dass entsprechende Erklärungen der Beteiligten erforderlich sind und ohne dass eine Klageänderung vorliegt (BFH-Beschluss vom 20.12.2004 VI S 7/03, BStBl II 2005, 573; Gräber/Koch, FGO, 7. Auflage, Anh § 33 Rz. 10 und § 63 Rz. 6; Brandis bei Tipke/Kruse, AO/FGO, 63 FGO Rz. 9).
2. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser nach § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG selbst zu tragen; das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. Nach § 77 Abs. 2 EStG sind die Gebühren oder Auslagen eines Bevollmächtigten, der – wie der Bevollmächtigte im Streitfall – nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, erstattungsfähig, wenn dessen Zuziehung notwendig war.
3. § 77 EStG ist über seinen Wortlaut hinaus nicht nur auf Einsprüche gegen Kindergeldfestsetzungen, sondern auch auf Einsprüche gegen die Aufhebung von Kindergeldfestsetzungen anwendbar (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25; Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil vom 15.02.2010 3 K 4247/09, EFG 2010, 1138; ebenso Felix in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 77 Rn. 1). Die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ist mehr noch als eine positive Festsetzung geeignet, einen Kindergeldberechtigten in seinen Rechten zu verletzen. Es ist kein Grund ersichtlich, dem Kindergeldberechtigten im Falle des erfolgreichen Einspruchs gegen die Aufhebung der Festsetzung den Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen zu verwehren.
4. Der Einspruch der Klägerin war zwar erfolgreich, so dass grundsätzlich ein Anspruch auf Erstattung der notwendigen Auslagen gemäß § 77 EStG in Betracht kommt. Die Klägerin kann im Streitfall gleichwohl keine Aufwendungen geltend machen.
a) Ein Verschulden i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG liegt vor, wenn der Einspruchsführer bzw. sein Vertreter diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die einem gewissenhaften Verfahrensbeteiligten nach den gesamten Umständen zuzumuten ist. Dies gilt vor allem dann, wenn der Einspruchsführer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen ist (so Abschnitt 19.5. der Dienstanweisung zur Durchführung des Rechtsbehelfsverfahrens im Zusammenhang mit dem Familienleistungsausgleich nach dem 10. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes – DA-FamRb – BStBl I 2000, 761) und die Behörde zudem trotz bestehender Amtsermittlungspflicht keine andere Entscheidung treffen konnte (BFH-Urteil vom 23.07.2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25 m.w.N.). Da die Sachaufklärung grundsätzlich der Familienkasse obliegt, kann eine schuldhafte Verletzung von Mitwirkungspflichten nur dann angenommen werden, wenn dem Einspruchsführer der in seiner Wissens- und Herrschaftssphäre liegende zeitnahe Vortrag und die Einreichung von Nachweisen früher möglich oder zumutbar gewesen wäre (Finanzgericht des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 26.05.2010 2 K 1028/09, EFG 2011, 243).
b) Im Streitfall hat die Klägerin die sie treffende Mitwirkungspflicht, der Behörde ihre postalische Anschrift mitzuteilen, nicht erfüllt. Ein Schreiben an die angegebene Adresse der Klägerin vom 17.07.2012 wurde von der Post als unzustellbar zurückgesandt und das Einwohnermeldeamt der Gemeinde M teilte mit Schreiben vom 08.08.2012 der Familienkasse auf Anfrage mit, dass die Klägerin am 06.07.2011 vom Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden sei. Damit konnte die Beklagte im August 2012 die Adresse der Klägerin nicht ermitteln. Ein gewissenhafter Verfahrensbeteiligter hätte die Änderung der Anschrift mitgeteilt. Die aktuelle Anschrift des Kindergeldberechtigten und der zu berücksichtigenden Kinder ist jedoch erforderlich, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld vorliegen. Zudem ist die aktuelle Anschrift für die verfahrensmäßige Abwicklung notwendig. Erst durch das Schreiben der Klägerin vom 17.09.2012 ist die neue Adresse der Klägerin bei der Familienkasse bekannt geworden. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings bereits der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 15.08.2012 erlassen worden. Damit hat die Klägerin die Aufwendungen, die ihr im Rechtsbehelfsverfahren entstanden sind, verschuldet. Es besteht daher für die Klägerin kein Erstattungsanspruch dieser Aufwendungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.