I. Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung im Einspruchsverfahren.
Die Klägerin bezog für ihre Kinder B, geboren am 17. Februar 1995, D, geboren am 26. März 2001, und A, geboren am 10. Januar 2005 ab Dezember 2010 laufend Kindergeld. B beendete seine Schulausbildung an der Realschule im Juli 2013. Mit Eingang bei der Familienkasse am 20. Juni 2013 beantragte die Klägerin weiterhin Kindergeld für B, da dieser ab 1. September 2013 die staatliche Berufsschule besuche, das Ende der Schulausbildung wurde von der Klägerin mit „ca. 31.07.2015“ mitgeteilt. Mit Schulbescheinigung der staatlichen Berufsschule vom 23. September 2013 wurde das voraussichtliche Ende der Schulausbildung mit Juli 2014 benannt.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2014 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für B ab August 2014 mit der Begründung auf, dass B seine Schulausbildung nach den Unterlagen der Familienkasse im Juli 2014 beenden werde. Zugleich wurde die Klägerin in den Erläuterungen des Bescheids aufgefordert, innerhalb von vier Wochen das tatsächliche Ende der Schulausbildung durch Vorlage einer Schulbescheinigung oder des Abschlusszeugnisses nachzuweisen. Sollte der erforderliche Nachweis nicht eingereicht werden, müsse die Festsetzung bzw. Bewilligung des Kindergelds rückwirkend ab dem Monat aufgehoben werden, der dem Monat folgt, für den zuletzt die Anspruchsvoraussetzungen nachgewiesen worden seien und das darüber hinaus gezahlte Kindergeld erstattet werden. Zugleich wurde die Klägerin auf die Berücksichtigungstatbestände gemäß § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) hingewiesen und Unterlagen für die Weiterbeantragung von Kindergeld übersandt.
Die Klägerin legte durch ihre Rechtsanwältin und jetzige Klägervertreterin am 12. August 2014 Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 11. Juli 2014 ein und teilte anhand einer Bestätigung der Berufsschule mit, dass B seine Schulausbildung voraussichtlich erst am 30. Juli 2015 beenden werde. Die Familienkasse half dem Einspruch daraufhin in vollem Umfang ab und hob mit Bescheid vom 18. August 2014 den Aufhebungsbescheid vom 11. Juli 2014 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) auf; die der Klägerin im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten würden nicht übernommen. Der gegen die Kostenentscheidung gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass sie die Bestätigung über den Schulbesuch ihres Sohnes B der Familienkasse bereits im Jahr 2013 vorgelegt habe. Als Laie habe sie nicht verstehen können, warum diese Bestätigung plötzlich angezweifelt worden sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Familienkasse unter Aufhebung des Bescheids vom 18. August 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2014 zu verpflichten, ihr die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
II. Die Klage ist unbegründet. Die Familienkasse hat zu Recht die Erstattung der im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten abgelehnt.
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Familienkasse demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist. Über ihren Wortlaut hinaus ist die Vorschrift auch auf Einsprüche gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23. Juli 2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, 25) und gegen die damit verbundene Rückforderung des Kindergelds anwendbar. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören auch die Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten, wenn seine Zuziehung notwendig war, § 77 Abs. 2 und 3 EStG.
Im Streitfall war das Einspruchsverfahren zwar erfolgreich, die Hinzuziehung einer Rechtsanwältin als Bevollmächtigte war jedoch nicht notwendig.
Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, im Sinne des § 77 Abs. 2 EStG notwendig war, ist aus der Sicht eines verständigen Bürgers vom Wissens- und Erkenntnisstand des Rechtsbehelfsführers zu beurteilen. Ein verständiger Bürger wird allerdings nicht einen Anwalt beauftragen, sondern die erforderlichen Nachweise selbst einreichen, wenn alle erforderlichen Hinweise von der Familienkasse in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind und die Einreichung der angeforderten Daten und Unterlagen durch die Kindergeldberechtigte selbst oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes möglich und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil VIII R 73/00 a.a.O. sowie Urteile des Finanzgerichts Hamburg vom 20. April 2004 III 465/03, EFG 2004, 1621, des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2007 3 K 181/07, EFG 2010, 1138 sowie des Sächsischen Finanzgerichts vom 15. Juli 2009 5 K 569/08 recherchiert in juris-web).
So verhält es sich im Streitfall: Auch wenn die Klägerin in ihrem Kindergeldantrag vom 20. Juni 2013 das Ende der Schulausbildung von B mit „ca. 31.07.2015“ mitgeteilt hatte, ergab sich aus der beigefügten Schulbescheinigung der staatlichen Berufsschule vom 23. September 2013 das voraussichtliche Ende der Schulausbildung mit Juli 2014. Aufgrund dieser abweichenden Angaben bestehen keine Bedenken, dass die Familienkasse mit Bescheid vom 11. Juli 2014 die Kindergeldfestsetzung für B ab August 2014 zunächst aufgehoben hat. Gleichwohl hat die Familienkasse im Rahmen ihres Aufhebungsbescheids vom 11. Juli 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerin das Andauern des Schulbesuchs nachweisen kann, und sie um Nachweise der fortdauernden Kindergeldberechtigung gebeten. Gleichzeitig wurde erläutert, dass der Kindergeldanspruch auch über das 25. Lebensjahr hinaus bestehen kann. Insoweit war für jeden Leser des Bescheids erkennbar, dass bei Einreichung der entsprechenden Nachweise ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Dieser Bescheid ist klar, eindeutig und benennt das für eine Weitergewährung von Kindergeld erforderliche Tun des Kindergeldberechtigten verständlich und zweifelsfrei.
Bei dieser Sachlage hätte ein verständiger Bürger -jedenfalls zunächst- ohne vorherige Einschaltung eines Bevollmächtigten selbst Einspruch einlegen und die im Bescheid vom 11. Juli 2014 geforderten Nachweise auch ohne die Kosten verursachende Hinzuziehung einer Rechtsanwältin einreichen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.