I.
Streitig ist, ob die tarifliche Einkommensteuer nach § 35a Abs. 3 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr 2016 geltenden Fassung (EStG) auch um solche Aufwendungen zu ermäßigen ist, die auf in der Werkstatt des Handwerkers erbrachten Werkleistungen zur Herstellung eines Zaunes entfallen.
Die Kläger sind Ehegatten, die vom beklagten Finanzamt zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Kläger erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2016 machten die Kläger insgesamt 6.228 € für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG geltend, wovon folgende Aufwendungen auf die Sanierung eines Zaunes entfielen:
Werkstattarbeitslohn lt. Rechnung der Firma A.B., X-Dorf:
54 Stunden Facharbeiter x 40 € zzgl. 19% Umsatzsteuer 2.570,40 €
62 Stunden Helfer x 35 € zzgl. 19% Umsatzsteuer 2.582,30 €
Montagelohn lt. Rechnung:
15 Stunden Facharbeiter x 40 € zzgl. 19% Umsatzsteuer 714,00 €
15 Stunden Helfer x 35 € zzgl. 19% Umsatzsteuer 624,75 €
Gesamt 6.491,45 €
abzgl. Skonto 5% 324,57 €
Gesamtkosten für die Sanierung des Zaunes 6.166,88 €
Im Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 4. April 2017 erkannte das Finanzamt die Arbeitslohnkosten für die Sanierung des Zaunes nur insoweit an, als sie auf die Montage entfielen:
Montagelohn lt. Rechnung 1.338,75 €
abzgl. Skonto 40,16 €
anerkannt 1.298,59 €
Beim Skonto berücksichtige das Finanzamt lediglich einen Prozentsatz von 3% (40,16 €) anstelle von 5% (66,94 €).
Insgesamt wurden Handwerkerleistungen i.H.v. 1.360 € der Berechnung der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG zugrunde gelegt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Nichtanerkennung von Arbeitslohnkosten für diejenigen Handwerkerleistungen zur Sanierung des Zaunes, die in der Werkstatt des Handwerkers ausgeführt wurden (Herstellung des Zaunes). Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die Fertigung des Zaunes und die damit verbundenen Arbeiten in der Werkstatt unerlässlich gewesen seien und in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Haushalt stünden. Sie verwiesen auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (Az. 7 K 1242/13).
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2016 vom 4. April 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2017 dahingehend zu ändern, dass bei der Berechnung der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a EStG die auf die Herstellung des Zaunes entfallenden Arbeitslohnkosten i.H.v. 5.152,70 € berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend festgesetzt wird.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist das Finanzamt auf seine Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2017.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat zu Recht diejenigen Arbeitslöhne, die auf die Herstellung des Zaunes in der Werkstatt des Handwerkers entfallen, nicht bei der Berechnung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG berücksichtigt. Hinsichtlich der Aufwendungen für die Herstellung des Zaunes fehlt es am räumlich-funktionalen Zusammenhang der ausschließlich in der Werkstatt erbrachten Arbeitsleistungen mit dem Haushalt der Kläger.
1. Nach § 35a Abs. 3 EStG ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs-, und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 EUR. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistung in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird und gilt nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG nur für Arbeitskosten.
Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 20. März 2014 VI R 56/12, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2014, 882 Rz. 11 m.w.N.). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegearbeiten (BT-Drs. 16/643, 10 und BT-Drs. 16/753, 11), aber auch die Reparatur, Wartung und Austausch von Gas- und Wasserinstallationen.
Die Handwerkerleistung muss ferner „in“ einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. „In“ einem Haushalt wird eine Leistung erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Der Begriff des Haushalts ist räumlich-funktional auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2014 VI R 56/12, BStBl II 2014, 882 Rz. 13, 14 und vom 3. September 2015 VI R 18/14, BStBl II 2016, 272 Rz. 18). Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S. des § 35a EStG nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (vgl. BFH-Urteile vom 20. März 2014 VI R 55/12 BStBl II 2014, 880 Rz. 14 und VI R 56/12, BStBl II 2014, 882 Rz. 15; vgl. auch Krüger in Schmidt, EStG, 36. Auflage, § 35a Rz. 21).
2. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ist der erkennende Senat der Auffassung, dass eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG nicht in Betracht kommt, soweit der Arbeitslohn auf Handwerkerleistungen entfällt, die für die Herstellung des Zaunes in der Werkstatt, also nicht im Haushalt der Kläger, erbracht wurden.
Die Arbeitsleistung zur Herstellung des Zaunes wurde unstreitig in der Werkstatt des Handwerkers – 53 km vom Anwesen der Kläger entfernt – erbracht und damit außerhalb des Haushalts der Kläger. Solche Arbeiten sind nicht begünstigt (vgl. Urteil Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 6. Juli 2016 1 K 1252/16, EFG 2016, 1350; Urteil des Finanzgericht Nürnberg vom 4. August 2017 4 K 16/17, EFG 2017, 1447). Zwar hat der Bundesfinanzhof in den Verfahren VI R 55/12 und VI R 56/12 ausgeführt, dass der Gesetzgeber selbst den Begriff „Haushalt“ nicht nur als Räumlichkeit, sondern darüber hinaus als funktionalen Bezugspunkt im Sinne von „in der Nähe des Haushalts“ begriffen hat. Zugleich fordert der BFH die Durchführung der Leistung in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt. Dies wurde konkret bejaht für den Fall, dass Montagearbeiten auf dem direkt an das Grundstück angrenzenden öffentlichen Grund erbracht werden. Hieran fehlt es aber, wenn die Handwerkerleistung in deutlichem Abstand zum Grundstück des Steuerpflichtigen durchgeführt wird.
Demnach reicht nicht jedwede Verknüpfung der Handwerkerleistung mit dem Haushalt aus. Ein derartiges Verständnis geht nach Auffassung des erkennenden Senats weit über den Wortlaut der Vorschrift hinaus. Wo die begünstigte Tätigkeit geleistet würde, würde dann nur noch eine geringe Rolle spielen. Dies würde gar eine Abkehr vom räumlich-funktionalen Verständnis des Bundesfinanzhofes bedeuten (so auch Schlenk, DStR 2016, 781, 785). Allein die Benutzung eines - wie im Streitfall - außerhalb des Haushalts angefertigten Gegenstandes in einem Haushalt kann daher zur Begründung eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs nicht ausreichen. Dabei ist auch der in der Gesetzesbegründung umschriebene Förderzweck des § 35a EStG mit in den Blick zu nehmen, der sich auf die Bekämpfung der Schwarzarbeit im Bereich von Dienstleistungen, die im Privathaushalt erbracht werden, beschränkt.
Dass die zu erbringenden Leistungen Gegenstand eines einheitlichen Vertrages waren und ein Teil der Handwerksarbeiten auf dem klägerischen Grundstück durchgeführt wurde, mag die Planungs- und Montageleistungen mit den Herstellungsarbeiten in einem funktionellen Sinn verknüpfen, ein unmittelbar räumlicher Zusammenhang kann aber nur bei einer engen räumlichen Nähe zwischen Leistungsort und Haushalt angenommen werden. Von einer solchen kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn die Handwerkerleistung (Herstellung) in einem – wie im Streitfall – vom Grundstück weit entfernten Betrieb des Handwerkers erbracht wird.
Zwar verkennt der erkennende Senat nicht, dass es im Einzelfall von der Entscheidung des Handwerkers abhängig sein kann, ob eine Steuerbegünstigung gemäß § 35a Abs. 3 und 4 EStG zu gewähren ist, nämlich ob er seine Leistung im Haushalt des Kunden oder in seiner Werkstatt erbringen will bzw. kann. Hätte der Gesetzgeber Handwerkerleistungen unabhängig vom Ort der Durchführung begünstigen wollen, dann hätte er auf das Tatbestandsmerkmal „im Haushalt“ verzichten müssen (vgl. auch Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Juli 2016 1 K 1252/16, EFG 2016, 1350 Rz. 19; Urteil des Finanzgericht Nürnberg vom 4. August 2017 4 K 16/17, EFG 2017, 1447 Rz. 23).
Soweit sich die Kläger auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 7 K 1242/13, juris, wonach die Arbeitskosten eines Schreiners für den Austausch einer renovierungsbedürftigen Haustür des Steuerpflichtigen als begünstigt im Sinne des § 35a Abs. 3 EStG anzusehen seien, berufen, führt dies im vorliegenden Streitfall nicht zum Erfolg. Zum einen ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, worauf die Arbeitskosten im Einzelnen entfallen sind. Die Entscheidung vom 23. Februar 2015 7 K 1242/13 lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob unter dem Begriff „Austausch“ der Haustüre die Arbeiten von der Herstellung in der Werkstatt bis zur Montage im Haushalt oder nur der tatsächliche Austausch der Türen, also die Demontage der alten Türe und die Montage der neuen Türe vor Ort im Haushalt des Steuerpflichtigen, gemeint war. Zum anderen sind der Entscheidung nähere Ausführungen zur Begründung des räumlich-funktionalen Zusammenhangs – mit denen sich der erkennende Senat auseinandersetzen müsste – nicht zu entnehmen.
3. Soweit das Finanzamt den berücksichtigungsfähigen Betrag insoweit falsch berechnet hat, als es statt 5% Skonto lediglich 3% Skonto berücksichtigte, ist es dem Senat im Hinblick auf das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO versagt, über das Klagebegehren hinauszugehen, so dass es bei der bisher festgesetzten Einkommensteuer 2016 verbleibt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.