Finanzgericht München Urteil, 29. Juli 2015 - 1 K 1016/14
Gericht
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 1 K 1016/14
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Wohnsitz
In der Streitsache
1. ...
2. ...
Kläger
prozessbevollmächtigt: zu 1-2: ...
gegen
Finanzamt ...
Beklagter
wegen Einkommensteuer 2008 bis 2011
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München durch ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom
für Recht erkannt:
1. a) Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom
b) Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom
c) Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom
d) Der Einkommensteuerbescheid für 2011 vom
Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen (§ 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung).
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren in Deutschland einen Wohnsitz hatte und daher unbeschränkt steuerpflichtig war.
Die Kläger sind Ehegatten und werden vom Beklagten - dem Finanzamt (FA) - für die Streitjahre 2008 bis 2011 zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt.
1. Der Kläger ist Pilot, die Klägerin im Wesentlichen nicht erwerbstätig, jedoch in geringem Umfang als Masseurin und medizinische Bademeisterin tätig. Daneben hat der Kläger Einkünfte aus 3 Vermietungsobjekten erklärt. Die Kläger haben zwei Töchter, die in den Jahren 1995 und 1997 geboren sind.
Der Kläger wurde von seinem deutschen Arbeitgeber, der A GmbH, mit Entsendungsvertrag vom
2. In der ESt-Erklärung für 2008 erklärten die Kläger, ab dem 25.09.2008 nicht mehr im Inland ansässig gewesen zu sein. Hinsichtlich des bis zu diesem Zeitpunkt als Familienwohnsitz dienenden Hauses in München erklärten sie Vermietungseinkünfte ab Oktober 2008 in Höhe eines Werbungskostenüberschusses von -946 €. Entsprechende Angaben machten Sie im Lohnsteuerverfahren.
In der ESt-Erklärung für 2009 erklärten die Kläger, nicht in Deutschland ansässig gewesen zu sein. Entsprechend erklärten sie lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zweier fremdvermieteter Wohnungen in Deutschland, sowie hinsichtlich des Hauses Mieteinnahmen in Höhe von 7.800 € (entspricht einer Monatsmiete von 650 €), bei Werbungskosten von 3.571 €.
Für 2010 reichten die Kläger keine Erklärung ein - offenbar unter dem Eindruck der Ermittlungen der Steuerfahndung, die mit der Durchsuchung des Münchner Hauses am
In der ESt-Erklärung für 2011 erklärten die Kläger entsprechend ihren Ausführungen im Steuerstrafverfahren, seit
Den Wohnsitz der Kinder erklärten Sie (analog bei der Familienkasse) von Oktober 2008 bis Juni 2011 als im Ausland belegen.
Aufgrund der gleichlautenden Angaben im Lohnsteuerverfahren erlangte der Kläger eine Bescheinigung nach § 39d i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 5 EStG, die er seinem Arbeitgeber vorlegte, weshalb dieser entsprechend keinen Lohnsteuerabzug vornahm (vgl. Bl. 25/Rückseite der Steuerfahndungsakte, S. 15 des Ermittlungsberichts der Steuerfahndung München vom 03.12.2012).
Wegen der anlaufenden Steuerfahndungsmaßnahmen wurden zunächst keine Bescheide für die Streitjahre erlassen.
3. Die Ermittlungen der Steuerfahndung brachten folgenden, mittlerweile unstreitigen Sachverhalt zutage:
Pkw
Die auf die Kläger zugelassenen Pkw wurden vor dem Wegzug auf Bekannte umgemeldet: ein Wohnmobil auf Herrn [E], ein VW Golf auf Herrn [H], ein BMW Z3 auf Herrn [R]. Der bis zum Wegzug auf die Ehefrau zugelassene VW Touran wurde auf die am 05.09.2010 verstorbene, im Jahr 1924 geborene und damals schon gebrechliche Mutter der Klägerin zugelassen, die bis zu ihrem Ableben im September 2010 im Nachbarhaus des Klägerhauses gewohnt hat. Nach ihrer Rückkehr aus [C-Land] ließen die Kläger die Pkw wieder auf sich zu. Bei der Durchsuchung befanden sich der BMW und der Touran in der Garage des Hauses (siehe Lichtbilddokumentation der Steuerfahndung).
Umzüge
Von Juli bis ca. Ende September 2008 ließen die Kläger Hausrat abholen und nach [C-Land] umziehen. Lt. diversen Speditionsunterlagen (Bl.54-83 der RB-Akte) u. a. mindestens ca. 25 Umzugskartons und 8 Aluboxen mit u. a. Büchern, CDs und Videos, Kleidung, Bettwäsche, Kleinmöbeln, einer Massageliege, Teppichen, Gardinen, Fahrrädern, Elektrogeräten. Den überwiegenden Teil der Möbel beließen die Kläger im Haus (etwa Wohnzimmereinrichtung, Esszimmer). Ein Zimmer im ersten Stock wurde freigeräumt. Die Speditionsunterlagen belegen die Einlagerung von Möbeln, die wohl ein Schreibzimmer darstellten. Der Zustand des Hauses im Zeitpunkt der Durchsuchung ist durch die Lichtbilddokumentation der Steuerfahndung (Bl. 155 der Steufa-Akte), auf die verwiesen wird, belegt. Der Rückumzug erfolgte zum 30.06.2011, wobei einiges Umzugsgut erst später wieder eintraf (Packbestätigung und Versicherungsliste für Umzugsgut vom 08.09.2011).
Nutzung des Hauses
Der Kläger beauftragte den Makler [W] in [xx], mittels Makler-Allein-Auftrag vom
Gleichwohl hatte der Kläger bereits am
Aufenthalte des Klägers in München
Mit Schriftsatz vom
Jahr |
erster Tag |
letzter Tag |
Übernachtungen in München |
Erläuterungen (Stichworte nach Angabe der Kläger) |
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2008 |
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ab |
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2009 |
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0 |
halber Tag in München Genf-München-Genf, erklärt Abbuchung |
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[C-Land] nach Frankfurt |
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3 |
München |
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[C-Land] nach Frankfurt Wartung Flugzeug |
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3 |
München |
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Aufbruch Urlaub (...) |
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Ende Urlaub |
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4 |
München |
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zurück nach Frankfurt |
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zurück nach [C-Land] |
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[C-Land] -> Deutschland Flugsimulator Checks |
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1 |
München |
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Aufbruch Urlaub (...) |
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Ende Urlaub |
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6 |
München medizinische Untersuchung |
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5 |
[C-Land] -> München Silvester in den Bergen |
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München nach [C-Land] |
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2010 |
erster Tag |
letzter Tag |
Übernachtungen in München |
Erläuterungen (Stichworte nach Angabe der Kläger) |
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2 |
[C-Land] -> München |
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(...) |
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Frankfurt nach [C-Land] |
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4 |
München (...) |
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[C-Land] -> Frankfurt |
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Stuttgart |
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1 |
München |
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Aufbruch nach(...) |
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Ende Urlaub |
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München, gleich weiter nach Frankfurt |
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Testflug Frankfurt |
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Frankfurt -> [C-Land] |
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1 |
[C-Land] -> München |
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Aufbruch (...) |
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Ende (...) |
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11 |
München medizinische Untersuchung |
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München -> [C-Land] |
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2 |
München Tod [X] |
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1 |
München (...) |
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Aufbruch Schweiz |
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Ende Schweiz |
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3 |
München - vorgetragene Übernachtung |
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Aufbruch [...], dort Weihnacht |
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Ende Winnenden |
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1 |
zurück nach München |
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[C-Land] |
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[C-Land] -> München, Sylvester in den Bergen |
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1 |
Rückkehr München, Wäscheaufhängen in M zurück nach [C-Land] |
Diese Angaben decken sich weitgehend mit den zuletzt vom FA eingereichten Auswertungen der Kredit- und Girokartennutzungen (Bl. 398 ff. der Klageakte). In der Summe übernachtete der Kläger in München im letzten Quartal 2008: gar nicht, in 2009 an 22 Tagen, in 2010 an 26 Tagen, in 2011 an 1 Tag.
Aufenthalte der Klägerin in München
Die Klägerin hielt sich weitaus häufiger und länger in München auf, wie sich u. a. aus den Kredit- und Girokartennutzungen erkennen lässt (Bl. 398 ff. der Klageakte: 2008 rd. 30 Tage, 2009 rd. 79 Tage, 2010 rd. 111 Tage). Darüber hinaus nutzte sie den im Keller des Hauses befindlichen Behandlungsraum für Massagebehandlungen (auf die Zusammenstellung in Bl. 24 des Steuerfahndungsberichts, Bl. 35, 36 der Steufa-Akte wird verwiesen). Der im Arbeitszimmer des Hauses befindliche PC wurde in mehreren Zeiträumen mit der Familie der Kläger zuzuordnenden Benutzerkennungen für „Skype“-Telefonate genutzt. Schließlich betrug der belegte Strom-Verbrauch im Wohnhaus in München während zweier Jahre des Auslandsaufenthalts der Familie immerhin zwischen 4.415 kWh und 4.297 kWh je Jahr. Dies entspricht in etwa dem Durchschnittsverbrauch einer 4-Köpfigen Familie. Die häufigeren Aufenthalte der Ehefrau in München werden von den Klägern nicht bestritten. Allerdings ist streitig, ob die Klägerin dabei das Haus genutzt hat - siehe dazu sogleich.
4. Die Steuerfahndung ging aufgrund der ermittelten Sachverhalte davon aus, dass die Kläger ihren Wohnsitz im Inland nie aufgegeben haben und daher unbeschränkt steuerpflichtig waren.
Das FA folgte den Feststellungen der Steuerfahndung und erließ am 16.05.2013 entsprechende ESt-Bescheide, in denen es von einer unbeschränkten Steuerpflicht beider Kläger ausging und im Wege der Zusammenveranlagung die ESt auf folgende Beträge festsetzte:
2008 |
77.146 |
2009 |
84.772 |
2010 |
84.282 |
2011 |
93.084 |
Der Einspruch der Kläger blieb in der Einspruchsentscheidung (EE)
5. Die Kläger tragen vor,
sie hätten bei Anwesenheit in München bei der Mutter der Klägerin und in Einzelfällen bei Freunden übernachtet. Das Haus sei vermietet gewesen und sie selbst hätten die Räume nicht genutzt bzw. der Kläger hätte von der Nutzung der Räume durch die Ehefrau nichts gewusst. Auch seien die Kläger getrennt zu behandeln. Selbst wenn die Ehefrau einen Wohnsitz in München begründet hätte, könnte dieser dem Ehemann nicht zugerechnet werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen verwiesen.
Die Kläger beantragen,
- den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom
- den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom
- den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom
- den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist im Wesentlichen auf den Steuerfahndungsbericht samt Anlagen und die EE, sowie auf die Stellungnahmen des Steuerfahnders und des Landesamtes für Steuern. Auf diese, sowie insgesamt den Inhalt der vorgelegten Steuerfahndungs-, Rechtsbehelfs- und Einkommensteuerakten wird verwiesen.
6. Streitiger Sachverhalt:
Streitig war bis zuletzt im Wesentlichen, wo die Klägerin und der Kläger bei ihren Aufenthalten in München übernachtet haben. Während das FA davon ausgeht, dass die vorgetragenen Hausvermietungen in der mit den befreundeten Mietern abgesprochenen praktischen Handhabung sich allenfalls auf ein Zimmer im ersten Stock bei Mitbenutzung gemeinsamer Bereiche des Hauses wie Bad, Küche, Wohnzimmer bezogen haben und daher eine Mitnutzung des Hauses durch die Familie der Kläger erfolgt ist, tragen die Kläger vor, sie hätten bei ihren Aufenthalten meist bei der Mutter der Klägerin im Nachbarhaus genächtigt, einmal auch im Haus einer befreundeten Familie während deren urlaubsbedingter Abwesenheit. Hiermit im Zusammenhang steht die Frage, welchen Umfang die Mietverhältnisse in zeitlicher, räumlicher und tatsächlicher Hinsicht hatten. Darüber hinaus ist die Bewertung anderer Indizien streitig, die das Gericht weiter unten im Einzelnen im Zusammenhang behandeln wird.
7. Weiterer Sachverhalt:
Der Berichterstatter hat die Kläger mit Aufklärungsanordnung vom
Aufenthalte der Kinder in München
Nach den unstreitigen Ausführungen der Kläger sind die beiden Töchter
- im Jahr 2008 eine Woche im Oktober und von 05.-
- im Jahr 2009 eine Woche im Mai, von
- im Jahr 2010 von
- im Jahr 2011 rd. eine Woche im März mit den Eltern wegen eines Anwaltsbesuches. Familien- und andere Urlaube
Die Familie hat im Streitzeitraum neben den bereits ausgeführten Urlauben in Korsika und am Gardasee (jew. ca. 2 Wochen) folgende Reisen unternommen:
- Im Jahr 2009 im März ca. 10 Tage nach Perth, Australien, im Oktober eine Woche nach Sydney;
- Im Jahr 2010 reiste die Klägerin im März zwei Wochen nach Saigon, die ganze Familie für eine Woche nach Bali, Indonesien und Singapur, im Mai die Klägerin mit ihren Töchtern für eine Woche nach Manila, im Oktober für 3 Tage nach Bangkok, im November die Klägerin mit einer Tochter nach Kuala Lumpur und Penang;
- Im Jahr 2011 unternahm die Klägerin im Januar eine einwöchige Reise nach Penang, die Familie im Februar eine 4-Tägige Reise nach Kambodscha.
Diese - im Übrigen unstreitigen - Angaben haben die Kläger anhand der vorgelegten Schulferienübersichten aus [C-Land] (Bl. 531 der Klageakte) plausibilisiert.
Wohnverhältnisse in [C-Land]
Die Kläger legten dar, dass sie in [C-Land] während ihres gesamten Aufenthalts eine Hausbedienstete beschäftig haben. Sie haben - durch die vorgelegten Grundrisse und Fotografien belegt (Bl. 544 ff. der Klageakte) - zunächst für ca. 5 Monate in einer ca. 200 qm großen Wohnung in einem Hochhaus gewohnt, danach in einem großzügigen Einfamilienhaus. Sie nahmen am gesellschaftlichen Leben in [C-Land] teil, die Kinder besuchten die Schule. Die Familie war Mitglied im Yacht-Club.
Auf die vorgelegten und zu den Akten genommenen umfangreichen Belege, Lichtbilder und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
II.
Die Klage ist im Wesentlichen begründet.
Nach umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls war zwar die Klägerin aufgrund eines Wohnsitzes in München im Streitzeitraum unbeschränkt steuerpflichtig. Nicht unbeschränkt steuerpflichtig war hingegen der Kläger. Die ESt-Bescheide 2008 und 2011 sind daher zu ändern, die ESt-Bescheide 2009 und 2010 aufzuheben und nach Maßgabe der Entscheidungsgründe eine Einzelveranlagung des Klägers als beschränkt Steuerpflichtiger durchzuführen.
1. Nach § 8 Abgabenordnung (AO) hat jemand dort einen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff objektiviert. Er stellt auf die tatsächlichen Gegebenheiten ab und knüpft in erster Linie an äußere Merkmale, nicht an subjektive Momente oder Absichten an. Maßgebend ist der objektive Zustand, nämlich das Innehaben einer Wohnung unter Umständen, die den Schluss rechtfertigen, dass der Wohnungsinhaber diese Wohnung innehaben und benutzen wird. Das setzt zunächst voraus, dass eine Wohnung mit zum Wohnen geeigneten Räumlichkeiten vorhanden ist, die der Steuerpflichtige innehat, d. h. über die er tatsächlich verfügen kann (BFH-Urteil vom 12.01.2001 VI R 64/98, BFH/NV 2001, 1231, m. w. N.).
Dem Steuerpflichtigen muss nach der Rspr. die Wohnung dadurch als Bleibe dienen, dass er sie ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken macht eine Wohnung nicht zum Wohnsitz i. S. des § 8 AO (vgl. BFH-Urteile vom 06.03.1968 I 38/65, BStBl II 1968, 439; vom 23.11.1988 II R 139/87
Dabei begründet bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer das Beibehalten einer eingerichteten Wohnung im Inland eine vom Umfang der tatsächlichen Nutzung unabhängige Vermutung für eine fortdauernde Nutzungsabsicht (BFH-Urteil vom 17.05.1995 I R 8/94, BStBl II 1996, 2). Diese Sachverhaltsvermutung ist allerdings widerlegbar. Als Umstand, der z. B. gegen eine künftige regelmäßige Benutzung durch den Bediensteten spricht, ist nach der Rspr. die (Unter-)Vermietung der Wohnung anzusehen. Gleichermaßen denkbar ist, dass der ins Ausland versetzte Bedienstete seinen Wohnsitz im Inland mit der Versetzung aufgibt, weil seine Familie kurzfristig nachzieht und er am neuen Tätigkeitsort einer uneingeschränkten Residenzpflicht unterliegt. Ist in diesem Sinne der Nachweis des Gegenteils erbracht, so kann das Verbleiben der Wohnung im Inland einen Wohnsitz des versetzten Bediensteten nicht begründen (BFH I R 8/94, a. a. O.). Weitere Gesichtspunkte, die nach der Rspr. in die Beurteilung einfließen können, sind etwa die Ausstattung und die tatsächliche Nutzung der Wohnung, ob der Steuerpflichtige die Wohnung nach Beendigung des Auslandsaufenthalts mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder ständig nutzen wird (BFH I R 69/96, a. a. O.).
Ob an einem bestimmten Ort ein Wohnsitz besteht oder nicht, ist für jede Person gesondert zu prüfen (BFH-Urteil vom 07.04.2011 III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 8 Rz. 9). Nimmt ein Ehegatte eine Berufstätigkeit im Ausland auf und wohnt dort auch, so kann diesem über das Rechtsinstitut des Familienwohnsitzes der Wohnsitz hinsichtlich der beibehaltenen Familienwohnung, wo die Familie ständig wohnt, vermittelt werden (BFH, III R 77/09, a. a. O.). Das gilt jedenfalls solange, als der im Ausland arbeitende Ehegatte nicht von seiner Familie getrennt lebt. Die Nutzung als Bleibe ergibt sich in diesem Fall schon aus dem Umstand, dass die Wohnung von der Familie zum Mittelpunkt ihrer persönlichen Lebensführung auserkoren ist und der Ehemann ein Teil der Familie ist. Die Nutzung verlangt nicht die körperliche Anwesenheit des Ehemannes. Es reicht aus, dass er nach einer nur vorübergehenden Abwesenheit in die Familienwohnung zurückkehren wird (BFH-Beschluss vom 02.11.1994 I B 110/94, BFH/NV 1995, 753). Wurde die Familienwohnung nicht beibehalten, sondern erst begründet, so kann ein im Ausland lebender Angehöriger ohne eigenen Aufenthalt in der Wohnung nicht unter dem Gesichtspunkt des Familienwohnsitzes einen eigenen Wohnsitz begründen (BFH-Urteil vom 03.03.1978 VI R 195/75, BStBl II 1978, 372).
2. Wohnsitz der Klägerin
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hatte die Klägerin während des Streitzeitraums einen Wohnsitz auch in München.
a) Zwar gab die Familie ihren Wohnsitz in München im Herbst 2008 auf. Dies ergibt sich für das Gericht aus der Tatsache, dass erheblicher Hausrat nach [C-Land] umgezogen wurde. Ein Zimmer wurde für die geplante „Vermietung“ freigeräumt, Teile der Möbel eingelagert. Auch die Ummeldung der Familie, der Schulbesuch der Kinder in [C-Land], sowie das Schaffen einer dortigen Familienwohnung spricht für einen Umzugswillen. Dieser Wille manifestierte sich in diesen Fakten auch objektiv.
b) An diesen objektiven Merkmalen ändert sich nichts dadurch, dass die Kläger in Kenntnis der steuerlichen Problematik in der Absicht, eine steuerlich zweifelsfreie Wohnsitzaufgabe zu gestalten, Mietverhältnisse konstruierten, die belegen sollten, dass die ehemalige Familienwohnung nicht weiter genutzt wird. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die vorgetragenen
a) Mietverträge gänzlich zum Schein abgeschlossen worden sind, oder - wie das Gericht zugunsten der Kläger annimmt - einen tatsächlich durchgeführten Kern (exklusive Nutzungsmöglichkeit eines Zimmers) aufwiesen. Auch die Zulassung der Pkw für die Dauer der Abordnung auf Freunde und die Beauftragung des Maklers mit dem Verkauf des Hauses bewertet der Senat als von diesem steuerlichen Gestaltungswillen getragen.
Wenn die zuletzt genannten „Gestaltungshandlungen“ auch im Wesentlichen den Zweck hatten, für steuerliche Zwecke Diskontinuität darzustellen, so drückt sich in den eingangs genannten Fakten, dem Umzug der Familie mit einem Teil des Hausrats und minderjährigen Kindern samt Wechsel der Schule, tatsächlich eine Diskontinuität dahingehend aus, dass von einer Aufgabe der Familienwohnung und einer Verlagerung desselben in die neue Wohnung nach [C-Land] gesprochen werden kann. Das Zurücklassen des überwiegenden Teils der Möbel und der Pkw bis zur beabsichtigten Wiederbegründung des Wohnsitzes nach drei Jahren erscheint demgegenüber aus Sicht des Senats nachrangig.
c) Allerdings stand den Klägern auch nach dem Wegzug nach [C-Land] eine für Wohnzwecke nutzbare Wohnung - allenfalls geringfügig durch die Mieter eingeschränkt - zur jederzeitigen Nutzung Verfügung.
aa) Entgegen der Darstellung der Kläger war das Haus nicht zur exklusiven Nutzung durch Mieter vermietet.
Fest steht, dass das erste Mietverhältnis mit der Zeugin [TR] nur allenfalls bis Ende Januar 2009 durchgeführt wurde. Überdies lässt sich zwar der schriftliche Vertrag dahingehend auslegen, dass die Mieterin das gesamte Haus gemietet habe; tatsächlich umfasste er zur exklusiven Nutzung allenfalls das als Schlafzimmer nutzbare Zimmer im ersten Stock. Hinsichtlich der anderen Räume des Hauses, etwa Küche, Bäder und Wohnräume war de fakto nur ein Mitbenutzungsrecht der Mieterin vereinbart. Dies entnimmt der Senat der von den Klägern nicht in Frage gestellten Zeugenaussage der Mieterin im Rahmen des Steuerstrafverfahrens, die hinsichtlich der Nutzung der anderen Räume sehr ausweichend ist und letztlich wie dargestellt zu verstehen ist. Auch der Mietzins von 650 € entspricht sehr viel eher einer Warmmiete eines Zimmers (unter Mitbenutzung anderer Räume), als der Miete eines gesamten Hauses. Darüber hinaus fügt sich diese Würdigung in die erwiesene Nutzung der Kellerräume durch die Klägerin und die Nutzung der Garage für die Unterbringung zweier Pkw der Kläger ein.
Auch das zweite Mietverhältnis umfasste im Einvernehmen von Klägern und Mietern zur Überzeugung des Gerichts allenfalls einen Raum im ersten Stock zur exklusiven Nutzung durch die Mieter. Hinsichtlich der anderen Räume des Hauses bestand in Würdigung der Zeugenaussagen der Mieter im Rahmen des Steuerstrafverfahrens - aber letztlich auch von den Klägern in der mündlichen Verhandlung eingeräumt - lediglich ein Mitbenutzungsrecht, so dass den Klägern während der gesamten „Mietdauer“ jedenfalls eine Mitnutzung des Hauses bzw. eine vorrangige Nutzung persönlicher Räume offenstand. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob der Mietvertrag rückdatiert wurde, um gegenüber dem FA eine scheinbare Fremdvermietung bereits in 2010 darstellen zu können. Hierfür spricht, dass Mietzinszahlungen erst ab Januar 2011 nachgewiesen sind. Allerdings mag die Mitnutzungsmöglichkeit im Freundeskreis bereits früher mit abgesprochener Entgeltlichkeit eingeräumt worden sein. Nachdem sich bei Wahrunterstellung der tatsächlichen Angaben der Kläger ein Einnahmenüberschuss ergibt, sieht der Senat keinen Anlass, ein Mietverhältnis über den Raum im ersten Stock auszuschließen. Allerdings sind die Werbungskosten - anders als beantragt - nur raumanteilig abzugsfähig (Berechnung siehe unten).
bb) Die Klägerin hat das Haus auch tatsächlich unmittelbar nach dem Wegzug selbst genutzt: bereits im Oktober 2008 für eine Woche und sodann im Dezember 2008. Auch in der Folgezeit erreichte die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch die Klägerin einen zeitlichen Umfang und damit eine Intensität, bei der nicht mehr von einer Nutzung zu Besuchszwecken gesprochen werden kann. Hinzu kommt die Nutzung des Kellers für ihre beruflichen Zwecke. Dass die Abordnung von vorneherein auf drei Jahre begrenzt war und die Kläger von vorneherein die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, nach dieser 3jährigen Pause ihre Wohnung samt etwa den Pkw mehr oder minder unverändert wieder in (Voll-)Besitz zu nehmen, spricht zusätzlich für die Begründung oder gar Beibehaltung eines Wohnsitzes der Klägerin in München.
(1) Als Grundlage für die Feststellung der Zahl und der Dauer der Aufenthalte des Klägers und der Klägerin in Deutschland kann nach Auffassung des Gerichts am besten die Auswertung der Kredit- und Girokartennutzung durch die Steuerfahndung dienen, die nach nochmaliger Durchsicht mit dem Schreiben des FA vom 23.01.2015 vorgelegt worden ist. Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Auflistung haben die Kläger nicht erhoben, einzelne Einwendungen betreffen nur die Würdigung durch die Steuerfahndung in nicht wesentlichen Einzelfällen. Danach hat sich die Klägerin im letzten Quartal 2008 rd. 30 Tage, im Jahr 2009 rd. 79 Tage und im Jahr 2010 rd. 111 Tage im Umfeld Münchens aufgehalten. Dieser Umfang wird im Wesentlichen durch die Protokolle der Aussagen der Zeugen im Rahmen des Steuerstrafverfahrens bestätigt, auch wenn dort zum Teil Widersprüche auftauchen. Auch die unstreitig durchgeführten Massagen und die verbrauchten Strom- und Wassermengen passen zu diesen Aufenthalten.
(2) Die Einlassung der Kläger, die Klägerin habe bei ihren Aufenthalten bei ihrer Mutter in deren 2-Zimmer-Wohnung im Nachbarhaus übernachtet, beurteilt das Gericht in Anbetracht der Tatsache, dass nebenan das eigene Haus im Wesentlichen unbewohnt frei stand, als nicht glaubhaft. Auch die nach Auffassung des Gerichts im Wesentlichen durch rein steuerliche Gründe motivierte Vermietung eines Zimmers, die jedoch als Vermietung des Hauses dargestellt wurde, fördert die Bereitschaft des Gerichts nicht, den Aussagen der Kläger insoweit Glauben zu schenken.
Die im Strafverfahren vernommen Zeugen haben dort zu Protokoll gegeben, dass sie letztlich über die Frage, wo die Klägerin und die Kinder übernachtet haben, keine Aussagen machen können. Das Gericht hat daher von einer neuerlichen Vernehmung abgesehen.
Das Gericht ist auch aus anderen Gründen überzeugt, dass die Klägerin mit ihren Töchtern im Haus der Kläger übernachtet hat. Nachdem feststeht, dass die Kinder während der Schulferien in [C-Land] die Mutter häufiger nach Deutschland begleitet haben, entspricht es der Lebenserfahrung, dass die Klägerin mit ihren Töchtern nicht in der engen Wohnung der Mutter, sondern im verfügbaren Bett des eigenen Nachbarhauses übernachtet hat. Für die Übernachtung von 3 zusätzlichen Personen war in der Wohnung der Mutter kein ausreichender Platz. Es erscheint dem Gericht nicht glaubwürdig, dass die Töchter im damaligen Alter von etwa 13-16 Jahren bzw. 11-14 Jahren im Bett der betagten und zunehmend gebrechlichen Großmutter über Zeiträume von teils mehreren Wochen hinweg übernachtet haben sollen. Auch dass die Klägerin die Kellerräume erwiesenermaßen für Massagen genutzt hat, lässt die Aussage, das sonstige (weitgehend leerstehende) Haus sei während der München-Aufenthalte nicht für Wohnzwecke genutzt worden, unglaubwürdig erscheinen.
Im Ergebnis hat die Klägerin das Haus in der Zeit der Abordnung ihres Ehemannes wiederholt und in einer Dauerhaftigkeit genutzt, die als Innehaben eines Wohnsitzes zu beurteilen ist.
3. Gleichwohl kommt das Gericht in einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles zu der Beurteilung, dass sich der Familienwohnsitz zu Beginn des streitigen Zeitraums nach [C-Land] verlagert hat.
Wie bereits ausgeführt spricht für eine solche Verlagerung ganz wesentlich, dass die Familie nicht unerheblichen Hausrat nach [C-Land] schaffte und dass die Töchter der Kläger dort zur Schule gingen. Die als luxuriös zu bezeichnende Wohnsituation in [C-Land] und die durchgängige Beschäftigung einer Haushalthilfe drücken die Bedeutung der dortigen Wohnung bzw. des dortigen Hauses für die Kläger aus. [C-Land] war der überwiegende Start- und Endpunkt von Urlaubsreisen und während der Abordnungszeit der maßgebende Ort sozialen Familienlebens. Selbst die noch am häufigsten in Deutschland weilende Klägerin bewegte sich die überaus längste Zeit des Jahres in [C-Land]. Dort fand - wie auch das FA in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat - das alltägliche Familienleben während der Abordnungszeit statt.
Demgegenüber bewertet der Senat die von vorneherein feststehende Rückkehrabsicht der Familie im Streitfall als nachrangig. Je länger eine zeitweise Abordnung dauert, desto größeres Gewicht erlangt der Interimswohnsitz. Der geplante und tatsächlich nur wenig kürzer als drei Jahre dauernde Auslandsaufenthalt erscheint dem Gericht in Anbetracht der Gesamtumstände nicht als so kurz, dass von einer Beibehaltung des Wohnsitzes nur aufgrund der Absicht des Wiedereinzugs auszugehen ist.
Auch die vom FA vorgetragene, starke emotionale Bindung nach Deutschland, die sich in der Beziehung insbesondere auch der Töchter zur Großmutter, aber auch etwa im Versuch, Freundschaften nach Kräften zu pflegen, ausgedrückt habe, vermag an dem vom Gericht erkannten Mittelpunkt des Familienlebens in [C-Land] nichts zu ändern. Vielmehr haben die Kläger unstreitig nicht nur die Großmutter für mehrere Monate nach [C-Land] eingeladen, sondern auch Freunde aus München dort empfangen und beherbergt. Gerade darin drückt sich die eingangs festgestellte „Zäsur“ des Wegzugs nach [C-Land] für das Gericht deutlich aus.
4. Wohnsitz des Klägers
Der nachgewiesene Umfang der Nutzung des Münchner Hauses durch den Kläger während der Abordnungszeit reicht bei einer Würdigung aller Umstände nicht aus, um auch für diesen von einem Wohnsitz in München auszugehen.
a) Dabei lässt sich der Senat von dem Grundsatz leiten, dass der Wohnsitz für jeden Familienangehörigen einzeln zu prüfen ist (BFH III R 77/09, a. a. O.). Betrachtet man nur die nachgewiesenen Aufenthalte des Klägers in der Münchner Wohnung, so kommt das Gericht durch Auswertung der Kartenzahlungen und der Darlegungen des Klägers lediglich auf 0, 22
und etwa 26 Tage während der Abordnung in den Jahren 2008 bis 2010. Im ersten Halbjahr 2011 hat der Kläger unstreitig nicht in dem Haus übernachtet. Zusammen mit den nachgewiesenen Urlaubsfahrten nach Korsika und Italien sind diese Zahlen auch plausibel, wenn man übliche Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern betrachtet. Ein Vergleich mit den vorgelegten Flugbüchern und den Daten der Clubrechnungen aus [C-Land] stützt die Angaben des Klägers, so dass das Gericht sie für glaubhaft erachtet. Sie werden vom FA zuletzt auch nicht mehr bestritten. Bei derart geringen Aufenthaltszeiten dient die Wohnung in München bei einer wertenden Betrachtung angesichts des nach [C-Land] verlagerten Familienwohnsitzes nicht mehr „als Bleibe“, sondern lediglich zu Besuchszwecken. Dies reicht - selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger das ihm gehörende Haus bewusst für derartige Besuche vorgehalten hat - nicht aus, um einen Wohnsitz zu begründen.
Eine tatsächliche Vermutung für eine Beibehaltung des Wohnsitzes, wenn ein Ehegatte für einen beschränkten Zeitraum ins Ausland zieht, hat die Rspr. nur für Fälle angenommen, in denen der Familienwohnsitz der Restfamilie unverändert im Inland geblieben ist. So ist es aber im Streitfall gerade nicht. Die Familie des Klägers hat einen nicht unwesentlichen Teil des Hausrats nach [C-Land] verbracht, die Kinder sind dort zur Schule gegangen. Die Familie hatte nicht nur ausreichenden, sondern einen gegenüber der Münchner Wohnung geradezu luxuriösen Wohnraum zur Verfügung. Darüber hinaus ist die Nutzung örtlicher Freizeitangebote nachgewiesen. Für den Senat ist daher erwiesen, dass während der Abordnung der wesentliche Teil des sozialen Familienlebens in [C-Land] stattfand. Ist aber die tatsächliche Verlagerung des Familienmittelpunkts ins Ausland erwiesen, so bleibt kein Raum für tatsächliche Vermutungen.
b) Zu einem Wohnsitz des Klägers auch in München käme man lediglich unter der Annahme, dass die Ehefrau ihren - durch die intensive Nutzung begründeten - Wohnsitz in München dem Kläger vermittelt, diesem der Wohnsitz der Ehefrau also als Familienwohnsitz zuzurechnen ist. Unter den besonderen Umständen des Streitfalles erscheint dem Senat eine solche Zurechnung jedoch nicht sachgerecht. Ausgehend von der Sachverhaltswürdigung, dass der Lebensmittelpunkt der Familie während der Abordnung in [C-Land] war und das Haus in München zwar nutzbar, jedoch nur von der Klägerin intensiver genutzt wurde, erachtet der Senat das Haus in München während der Abordnungszeit nicht als Familienwohnung. Vielmehr hielt sich der Kläger lediglich an wenigen Tagen im Jahr dort auf und nutzte es wie eine Ferienwohnung. Dies genügt dem Senat für eine Zurechnung als Wohnsitz nicht.
c) Soweit das FA auf die Rspr. zur doppelten Haushaltführung hinweist, wo bei entsprechender räumlicher Entfernung wenige Heimfahrten und damit ähnlich kurze Aufenthalte des Berufstätigen ausreichen, um nicht nur - immanent - von einem Wohnsitz, sondern sogar von einem Lebensmittelpunkt auszugehen, liegen diesen Entscheidungen andere Sachverhalte zugrunde. Dort war stets unstreitig und wurde nicht näher problematisiert, dass der Familienwohnsitz und Lebensmittelpunkt sich am Heimatort befand. In diesen Fällen würde auch die oben angesprochene tatsächliche Vermutung greifen. Anders im Streitfall: Hier ist der Familienwohnsitz mit Beginn der Abordnung an den Arbeitsort [C-Land] verlagert worden.
5. Der Senat brauchte keine weiteren Zeugen zur Erfüllung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu vernehmen.
Die Steuerfahndung konnte aufgrund der Kredit- und Girokartenauswertung ein plausibles Aufenthaltsprofil der Kläger erstellen. Wesentlich häufigere Aufenthalte, als dort ausgewiesen, konnte das Gericht aus den anderen Indizien nicht entnehmen und hat das FA auch zuletzt nicht mehr behauptet. Im Übrigen reichte dem Gericht für die Bejahung des Wohnsitzes der Klägerin bereits dieses Aufenthaltsprofil. Häufigere Aufenthalte des Klägers als aus diesem Profil ergeben die weiteren von der Steuerfahndung ermittelten Indizien nicht: Die Skype-Protokolle können nicht dem Kläger in persona zugeordnet werden. Die Strom- und Wasserverbräuche belegen keine häufigeren Aufenthalte des Klägers, als oben ermittelt und für plausibel befunden.
Soweit die Frage im Raum steht, ob die Kläger anlässlich ihrer Aufenthalte in ihrem Haus übernachtet haben, konnten die Zeugen ausweislich der Protokolle keine konkreten Aussagen machen oder haben die Frage bejaht (Steufa-Akte Bl. 124, Aussage Pfennig) - ungeachtet der Tatsache, dass sich bei einigen protokollierten Aussagen der Verdacht aufdrängt, sie seien vom Willen zur Gefälligkeit zugunsten der Kläger getragen.
Der Senat konnte die Frage der Hausnutzung durch die Kläger aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände daher ebenfalls bejahen.
Der tatsächliche Umfang der Mietverhältnisse steht nach den im Steuerstrafverfahren protokollierten Zeugenaussagen der „Mieter“ wie oben gewürdigt fest. Die Zeugin [TR] hat unzweifelhaft erklärt, sie habe in einem Zimmer im ersten Stock gewohnt, jedoch das ganze Haus nutzen dürfen. Aus den Aussagen der Zeugen [H] ergibt sich, dass sie nur ein Zimmer exklusiv genutzt haben, sowie das Bad, gelegentlich die Küche und das Wohnzimmer. Die anderen Räume seien Privatsphäre der Kläger gewesen. Einwände, dass diese Aussagen falsch seien, haben die Kläger nicht erhoben. Das Gericht hat daher diese protokollierten Zeugenaussagen zugrunde gelegt.
6. a) Im Ergebnis sind die Zusammenveranlagungsbescheide für die Jahre 2008 und 2011 zu ändern und dabei die Einkünfte des Klägers aus seiner nichtselbstständigen Arbeit während der Abordnung nicht bei der Ermittlung der Einkünfte, sondern nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Aufgrund der beschränkten Steuerpflicht des Klägers ist dieser für das Jahr 2009 und 2010 als beschränkt Steuerpflichtiger zu veranlagen, wobei seine unstreitigen inländischen Einkünfte als Pilot und aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen sind.
Die Klägerin ist für die Jahre 2009 und 2010 als unbeschränkt steuerpflichtig mit ihren erklärten Einkünften und den Einkünften aus geleisteten Massagen an sich (einzeln) zu veranlagen. Allerdings übersteigen ihre Einkünfte nicht den Grundfreibetrag, so dass nach Aufhebung der Zusammenveranlagungsbescheide eine Veranlagung nicht geboten ist. Die im EStBescheid für 2010 fälschlich beim Kläger angesetzten Einkünfte aus selbstständiger Arbeit wurden nach Vortrag beider Beteiligter in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erzielt.
b) Die Einkünfte aus den Mietverhältnissen über das Haus in der [D-Straße] sind dabei wie folgt zu berechnen und anzusetzen:
Die Mieteinnahmen werden mit den tatsächlich gezahlten Beträgen angesetzt (Okt-Dez 2008: 1.950 €, Jan 2009: 650 €, Jan 2011 -Juni 2011: 3.900€).
Die Werbungskosten sind nur raumanteilig zu berücksichtigen mit dem dem mehr oder minder zur exklusiven Nutzung vermieteten Zimmer im ersten Stock entsprechenden Anteil an der Wohnfläche des Hauses und zeitanteilig für die aufgeführten Zeiträume. Der Anteil des vermieteten Zimmers (4,5 x 5,3 qm = 23,85 qm) an der Wohnfläche des Hauses [D-Straße] (157 qm) beträgt rd. 15%.
Die Ansätze des Jahres 2009 wurden nach der von den Klägern vorgelegten Ermittlung berichtigt (AfA nur ein Monat statt wie erklärt drei, Schuldzinsen nur zeitanteilig mit 1/12 (64€), weitere Werbungskosten wurden nicht nachgewiesen).
Hinsichtlich des Jahres 2010 legt das Gericht trotz Zweifeln, ob der Mietvertrag nicht rückdatiert und tatsächlich durchgeführt worden ist, das von den Klägern erklärte Mietverhältnis für 10 Monate zugrunde. Nachdem die Kläger diese Einkünfte als Barzahlung erklärt haben, besteht kein Anlass, die erklärten Einnahmen und Werbungskosten für 10 Monate nicht zu berücksichtigen. Allerdings konnten die in der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Anlage V erklärten Werbungskosten wie in den anderen Jahren nur raumanteilig berücksichtigt werden, so dass anstelle des von den Klägern erklärten Werbungskostenüberschusses ein Einnahmenüberschuss anzusetzen ist. Die Ansätze lt. der vorgelegten Anlage V wurden wie folgt übernommen: AfA lt. Anlage V (schon zeitanteilig für 10 Monate); die Reparaturkosten für den Garagentoröffner werden nicht angesetzt, da die Garage nicht mitvermietet war; weitere Werbungskosten wurden wie erklärt angesetzt: 284,00€ + 492,66€ + 725,31€ + 66,83€ ergibt 1.568,80€, daraus zeitanteilig für 10 Monate ergibt rd. 1.307€.
Bei Berücksichtigung obiger Korrekturen und des raumanteiligen Ansatzes der Werbungskosten errechnen sich folgende Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung des Objekts [D-Straße]:
|
Objekt [D-Straße] |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
1 |
anzusetzender Mietzins |
1.950 |
650 |
6.500 |
3.900 |
2 |
erklärte Werbungskosten |
|
|
|
|
3 |
Afa |
-2.069 |
-2.069 |
-6.897 |
-4.137 |
4 |
andere |
-827 |
-1.502 |
-2.299 |
-792 |
5 |
Summe WK |
-2.896 |
-3.571 |
-9.196 |
-4.929 |
6 |
anzusetzende zeitanteilige Werbungskosten |
|
|
|
|
7 |
Afa zeitanteilig (in 2009 nur 1 Monat, erklärt 3 Monate, in 2010 10 Monate) |
|
-690 |
-6.897 |
|
8 |
WK berichtigt und zeitanteilig |
|
-64 |
-1.307 |
|
9 |
Summe zeitanteilig anzusetzende WK |
bereits zeitant. |
-754 |
-8.204 |
bereits zeitant. |
10 |
anzusetzende raumanteilige Werbungskosten |
|
|
|
|
11 |
15% aus Zeile 9 bzw. 5 |
-434 |
-113 |
-1.231 |
-739 |
12 |
anzusetzende Einkünfte (Summe aus Zeile 1 und 11) |
1.516 |
537 |
5.269 |
3.161 |
c) Hinsichtlich der übrigen Vermietungseinkünfte setzt das Gericht für die Jahre 2008, 2009 und 2011 die im Bescheid vom
Danach berechnen sich die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie folgt:
Einkünfte aus Vermietung |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
Objekt (..)straße |
-7.050 |
-2.715 |
-2.663 |
-1.458 |
Objekt (...)Straße |
-15.260 |
-10.222 |
-9.919 |
-7.716 |
Objekt (...)straße (wie oben) |
1.516 |
537 |
5.269 |
3.161 |
Einkünfte |
-20.794 |
-12.400 |
-7.313 |
-6.013 |
Einkünfte Vermietung lt. Bescheid |
-20.633 |
-12.356 |
0 |
-10.203 |
Unterschied |
-161 |
-44 |
-7.313 |
4.190 |
Soweit sich durch die Berechnung des Gerichts höhere Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und damit höhere Steuerbeträge ergeben, bleibt die Steuererhöhung innerhalb des durch die Stattgabe im Hauptstreitpunkt eröffneten Saldierungsrahmens.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i. V. m. § 136 Abs. 1 Satz 3 Finanzgerichtsordnung.
8. Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Revisionsgrund i. S. d. § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung nicht vorliegt. Zwar hatte das Gericht dies hinsichtlich der Rechtsfrage, unter welchen Umständen ein Familienwohnsitz anzunehmen und dem nur selten anwesenden Familienmitglied zuzurechnen ist, erwogen. Allerdings erscheint dem Senat dieses Frage durch die zitierte BFH-Rspr. (insbesondere BFH, III R 77/09, I R 69/96
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(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1)1Beschränkt Steuerpflichtige dürfen Betriebsausgaben (§ 4 Absatz 4 bis 8) oder Werbungskosten (§ 9) nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2§ 32a Absatz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag des § 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 erhöht wird; dies gilt bei Einkünften nach § 49 Absatz 1 Nummer 4 nur in Höhe des diese Einkünfte abzüglich der nach Satz 5 abzuziehenden Aufwendungen übersteigenden Teils des Grundfreibetrags.3Wenn für das um den Grundfreibetrag erhöhte zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz nach § 32b Absatz 2 oder nach § 2 Absatz 5 des Außensteuergesetzes gilt, ist dieser auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden.4§ 10 Absatz 1, 1a Nummer 1, 3 und 4, Absatz 2 bis 6, die §§ 10a, 10c, 16 Absatz 4, die §§ 24b, 32, 32a Absatz 6, die §§ 33, 33a, 33b, 35a und 35c sind nicht anzuwenden.5Hiervon abweichend sind bei Arbeitnehmern, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 beziehen, § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Nummer 3 und Absatz 3 sowie § 10c anzuwenden, soweit die Aufwendungen auf die Zeit entfallen, in der Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 erzielt wurden und die Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 4 nicht übersteigen.6Die Jahres- und Monatsbeträge der Pauschalen nach § 9a Satz 1 Nummer 1 und § 10c ermäßigen sich zeitanteilig, wenn Einkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4 nicht während eines vollen Kalenderjahres oder Kalendermonats zugeflossen sind.
(1a)1Abweichend von Absatz 1 Satz 4 ist § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a sowie Absatz 2 und 3 auf Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen anzuwenden, wenn eine gesetzliche Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung besteht, die auf einer für die inländische Berufsausübung erforderlichen Zulassung beruht.2Dies gilt nur für Staatsangehörige
- 1.
eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten oder der Schweiz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie - 2.
der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz haben.
(2)1Die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug auf Grund des § 50a unterliegen, gilt bei beschränkt Steuerpflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten.2Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Einkünfte eines inländischen Betriebs; - 2.
wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht im Sinne des § 1 Absatz 2 oder Absatz 3 oder des § 1a nicht vorgelegen haben; § 39 Absatz 7 ist sinngemäß anzuwenden; - 3.
in Fällen des § 2 Absatz 7 Satz 3; - 4.
für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 4, - a)
wenn als Lohnsteuerabzugsmerkmal ein Freibetrag nach § 39a Absatz 4 gebildet worden ist und der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn höher ist als die Summe aus dem Grundfreibetrag (§ 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1), dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a) und dem Sonderausgaben-Pauschbetrag (§ 10c Satz 1), - b)
wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird (§ 46 Absatz 2 Nummer 8) oder - c)
in den Fällen des § 46 Absatz 2 Nummer 2, 5 und 5a;
- 5.
für Einkünfte im Sinne des § 50a Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4, wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird; - 6.
für Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Buchstabe a, auf die § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 2 anzuwenden ist, wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird.
(3) § 34c Absatz 1 bis 3 ist bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit, für die im Inland ein Betrieb unterhalten wird, entsprechend anzuwenden, soweit darin nicht Einkünfte aus einem ausländischen Staat enthalten sind, mit denen der beschränkt Steuerpflichtige dort in einem der unbeschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen wird.
(4) Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt; ein besonderes öffentliches Interesse besteht
- 1.
an der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet, oder - 2.
am inländischen Auftritt einer ausländischen Kulturvereinigung, wenn ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird.
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.