Finanzgericht München Gerichtsbescheid, 20. Juni 2014 - 11 K 671/12

bei uns veröffentlicht am20.06.2014

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I. Der Kläger absolvierte in den Streitjahren 2005 und 2006 eine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer bei der …..-Verkehrsfliegerschule ….

Im Rahmen seiner am    . September 2011 eingereichten Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2005 und 31.12.2006 machte der Kläger Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für diese Ausbildung im Jahr 2005 in Höhe von       € und im Jahr 2006 in Höhe von     € (2006: verbleibender Verlust somit insgesamt        €) geltend.

Die Anträge wurden mit Bescheid vom    . Januar 2012 abgelehnt. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom      . Februar 2012). Der Beklagte (Finanzamt) war der Ansicht, aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen im Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BeitrRLUmsG) habe der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) reagiert und in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 Einkommen-steuergesetz (EStG) klarstellend geregelt, dass auch künftig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können. Die gesetzlichen Neuregelungen seien für die Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden (§ 52 Abs. 12 letzter Satz, Abs. 23d letzter Satz und Abs. 30a EStG). Die Aufwendungen des Klägers seien deshalb nicht als vorab entstandene Werbungskosten, sondern nur begrenzt als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar. Dies habe zur Folge, dass keine vortragsfähigen Verluste anzuerkennen seien.

Die hiergegen erhobene Klage begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt:

Durch das BeitrRLUmsG werde die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach der Werbungskostenabzug bezüglich der Aufwendungen für eine Erstausbildung befürwortet werde, abgelehnt. Das Gesetz beinhalte nach Auffassung des Klägers eine verfassungswidrige Rückwirkung von sieben Jahren und sei daher nicht anzuwenden. Die Verfassungskonformität werde in Zweifel gezogen. Dahingehend seien bereits mehrere Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Einem Ruhen des Verfahrens werde im Hinblick darauf, dass der Kläger seinen Anspruch, auf welchen er seit Jahren vertraue, individuell mit eigenen Argumenten weiterverfolgen möchte, nicht zugestimmt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom   . Januar 2012 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom   . Februar 2012 das Finanzamt zu verpflichten, den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2005 auf      € und zum 31.12.2006 auf       € festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung

und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend wird auf die Stellungnahme vom       . April 2012 verwiesen.

Auf den Akteninhalt und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Es erscheint sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gründe

II. Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid über die Ablehnung des Antrags auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d EStG auf den 31.12.2005 und auf den 31.12.2006 vom 02. Januar 2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Entgegen der im Schriftsatz vom     . April 2012 dargelegten Auffassung des Finanzamts waren die Anträge auf Feststellung der vortragsfähigen Verluste im September 2011 rechtzeitig gestellt worden. Weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags am      . Januar 2012 war bereits Feststellungsverjährung eingetreten.

Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 6, 1. Halbsatz EStG endet die Feststellungsfrist nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist. Im vorliegenden Fall ist die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2005 und 2006 noch nicht abgelaufen. Die Festsetzungsfrist betrug insgesamt sieben Jahre (§ 181 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgabenordnungAO –). Denn anders als bei Antragsveranlagungen, für welche die dreijährige Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gilt, liegt der Verlustfeststellung eine Pflichterklärung zu Grunde. Damit sind Verlustfeststellungsanträge ohne zwischenzeitliche Einkommensteuerveranlagungen anders als "freiwillige" Anträge auf Einkommensteuerveranlagung sieben Jahre nachholbar (BFH-Urteil vom 10. Juli 2008 IX R 90/07, BStBl II 2009,816; Schmidt/Kulosa, EStG, § 10d Rz. 49 m.w.N.). Im Streitfall war diese Frist eingehalten.

Die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrag gemäß § 10d EStG kommt im Streitfall gleichwohl nicht in Betracht.

Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. Negative Einkünfte im Sinn von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können vorweggenommene Werbungskosten in Ansatz gebracht werden. In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006,764).

Nach § 9 Abs. 6 in Verbindung mit § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG dürfen Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für sein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht als Werbungskosten abgezogen werden, soweit diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind vielmehr nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 4.000 € als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Diese Regelungen gelten nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und Abs. 30a EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG rückwirkend für die Veranlagungszeiträume ab 2004 (vgl. Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04. September 2013 2 K 159/11, EFG 2013,1995; Finanzgericht Köln, Urteil vom 20. Februar 2014 11 K 4020/11, EFG 2014, 838 m.w.N.).

Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer unterfallen nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten diesen Regelungen. Unstreitig entstanden die Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfand, und sind daher nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigungsfähig.

Die durch das BeitrRLUmsG eingeführten Regelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG und ihre Anwendung nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und Abs. 30a EStG verstoßen nach Überzeugung des Senats nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot (siehe auch: BFH-Urteil vom 05. November 2013 VIII R 22/12, BFH/NV 2014, 238 m.w.N.; Finanzgericht Köln, Urteil vom 20. Februar 2014 11 K 4020/11, EFG 2014,838 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume angeordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, so genannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009,187). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen einer besonderen Rechtfertigung; insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte. Ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand geltenden Rechts kann nämlich dann nicht entstehen bzw. nicht angenommen werden, wenn die Rechtslage unklar und verworren war, oder wenn der Gesetzgeber eine Rechtslage festschreibt, welche vor der Änderung einer Rechtsprechung einer einheitlichen Rechtspraxis und gefestigter Rechtsprechung entsprach (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009,187; BFH-Urteil vom 05. November 2013 VIII R 22/12, BFH/NV 2014,238).

Bezogen auf den Streitfall handelt es sich zwar um eine echte Rückwirkung, da die Neuregelungen in abgeschlossene Veranlagungszeiträume eingreifen. Angesichts der Gesetzeslage, der Rechtsprechungsentwicklung sowie der Praxis in den Jahren 2002-2011 im Bereich der Berufsausbildungskosten, die z.B. in den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 05. November 2013 (VIII R 22/12, BFH/NV 2014,238) und des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 04. September 2013 (2 K 159/11, EFG 2013,1995, -nrkr.- Rev. VI R 72/13) ausführlich dargestellt sind, ist die echte Rückwirkung im Streitfall gleichwohl ausnahmsweise zulässig, da der Kläger für sich kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden konnte, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind. Zum einen hat der Gesetzgeber mit den vorliegend maßgeblichen Regelungen im BeitrRLUmsG vom 07. Dezember 2011 auf eine Rechtsprechungsänderung seitens des BFH in den Urteilen vom 28. Juli 2011 (VI R 7/10, BStBl II 2012,557; VI R 38/10, BStBl II 2012,561), mit der Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine Erstausbildung ab dem Veranlagungszeitraum 2004, abweichend von der früheren Rechtsprechung, erstmals als Werbungskosten anerkannt worden waren, reagiert. Er hat eine Rechtsprechungsänderung korrigiert und eine Rechtslage rückwirkend wiederhergestellt, die vor der Rechtsprechungsänderung – und damit auch in den Streitjahren – einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach. Zudem hat der Gesetzgeber seinen Willen, dass Aufwendungen für ein Erststudium, das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, trotz sich fortentwickelnder Rechtsprechung nur als Sonderausgaben im Sinn des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen sind, bereits vor den Streitjahren 2005 und 2006 (vgl. z.B. Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004, BGBl I 2004,1753), kundgetan.

Zwar war nach Auffassung des BFH das Abzugsverbot für Aufwendungen für ein Erststudium in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 2004 im Hinblick auf den Eingangssatz des § 12 EStG nur unvollständig geregelt, weil der Gesetzgeber nicht auch in § 9 EStG den Werbungskostenabzug ausdrücklich ausgeschlossen hatte (BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 7/10 und VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1779 und 1782). Doch selbst bei Annahme, dass eindeutige gesetzliche Regelungen fehlen würden (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F, EFG 2012,612, -nrkr.- Rev. VI R 8/12), müsste nach Ansicht des Senats von einer unklaren und verworrenen Rechtslage ausgegangen werden, die wiederum einen Vertrauensschutz seitens des Klägers ausschließt.

Schließlich liegt nach Auffassung des Senats auch kein Verstoß gegen sonstiges Verfassungsrecht vor (ebenso: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04. September 2013 2 K 159/11, EFG 2013,1995 m.w.N.). Insbesondere verstoßen die gesetzlichen Neuregelungen nicht gegen das aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleitete Leistungsfähigkeits- und daraus entwickelte objektive Nettoprinzip.

Regelmäßig stehen Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung. Dies gilt mangels sachgerechter Unterscheidungskriterien auch bei besonders hohen Aufwendungen sowie bei Kosten, die für eine Ausbildung aufgewendet werden, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer bestimmten, eng eingrenzbaren Tätigkeit führt, wie z.B. der eines Verkehrsflugzeugführers. Generalisierend ordnet der Gesetzgeber diese gemischt veranlassten Kosten vorrangig der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Sinne einer allgemeinen Ausbildung zu, der noch keine konkreten Einnahmen gegenüberstehen. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des VIIII. Senats des Bundesfinanzhofs sowie verschiedener Finanzgerichte an (BFH-Urteil vom 05. November 2013 VIII R 22/12, BFH/NV 2014, 238; Finanzgericht Köln, Urteil vom 20. Februar 2014, 11 K 4020/11, EFG 2014, 838; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011,   14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, -nrkr.- Rev. VI R 2/12; Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011, 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612, nrkr.- Rev. VI R 8/12; Finanzgericht Köln, Urteil vom 22. Mai 2012, 15 K 3413/09, EFG 2012, 1735, nrkr.- Rev. VI R 38/12; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2012, 10 K 4245/11, EFG 2013, 433, nrkr.- Rev. VI R 2/13; Finanzgericht Köln, Urteil vom 17. Juli 2013, 14 K 587/13, EFG 2013, 1745, nrkr.- Rev. VI R 53/13; Schleswig- Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04. September 2013, 2 K 159/11, EFG 2013, 1995, nrkr.- Rev. VI R 72/13).

Diese gemischt veranlassten Aufwendungen unterfallen somit nicht zwangsläufig dem objektiven Nettoprinzip und der Gesetzgeber muss sie nicht zum Betriebsausgaben-/ Werbungskostenabzug zulassen. Sie sind nicht zwangsläufig beruflich veranlasst, weil ein unmittelbarer Anknüpfungspunkt des Studiums an eine spätere Berufstätigkeit fehlt. Der Gesetzgeber hat mit der generalisierenden Zuweisung der Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben eine Wertung vorgenommen, die im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums liegt. Sie führt zu mehr Steuergerechtigkeit, da die Abgrenzung zwischen Fällen mit einem zur späteren Berufstätigkeit vordergründig bestehenden Veranlassungszusammenhang und Fällen ohne einen solchen Veranlassungszusammenhang schwierig ist. Durch eine Abgrenzung nicht nach dem typischen Wesen dieser Kosten, sondern nach Zeitpunkt und Zweck des Studiums, würden sich offenbare Ungerechtigkeiten nicht vermeiden lassen (ebenso: Finanzgericht Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F, EFG 2012,612).

Da ein Abzug als vorweggenommene Werbungskosten nicht in Betracht kommt, ist eine weitere Überprüfung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nicht erforderlich. Die Ausbildungskosten sind zwar als Sonderausgaben abzugsfähig, was sich im Rahmen der Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG indes nicht auswirkt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Verfahren VI R 2/12, VI R 8/12, VI R 38/12, VI R 2/13, VI R 53/13, VI R 72/13 und VI R 12/14 zuzulassen.

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Finanzgericht München Gerichtsbescheid, 20. Juni 2014 - 11 K 671/12 zitiert 15 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 9 Werbungskosten


(1) 1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. 2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. 3Werbungskosten sind auch 1. Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beru

Einkommensteuergesetz - EStG | § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen


(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,6. Einkünfte aus Vermiet

Abgabenordnung - AO 1977 | § 169 Festsetzungsfrist


(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf d

Einkommensteuergesetz - EStG | § 19


(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören1.Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;1a.Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer

Einkommensteuergesetz - EStG | § 10


(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:1.(weggefallen)1a.(weggefallen)1b.(weggefallen)2.a)Beiträge zu den gesetzliche

Einkommensteuergesetz - EStG | § 52 Anwendungsvorschriften


(1)1Diese Fassung des Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2023 anzuwenden.2Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass diese Fassung erstmals auf den

Einkommensteuergesetz - EStG | § 10d Verlustabzug


(1) 1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 0

Abgabenordnung - AO 1977 | § 170 Beginn der Festsetzungsfrist


(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. (2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn1.eine Steuererklärung od

Einkommensteuergesetz - EStG | § 12


Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden 1. die für

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(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1)1Der Einkommensteuer unterliegen

1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
2.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
3.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen,
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,
die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Einkommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt.2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören, bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24.

(2)1Einkünfte sind

1.
bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a),
2.
bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).
2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Absatz 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Absatz 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.

(3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte.

(4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen.

(5)1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer.2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 zu vermindern.

(5a)1Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Absatz 1 und nach § 43 Absatz 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nummer 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Absatz 2 nicht abziehbaren Beträge.2Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) an, mindern sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 10 Absatz 1 Nummer 5 abziehbaren Kinderbetreuungskosten.

(5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 nicht einzubeziehen.

(6)1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Unterschiedsbetrag nach § 32c Absatz 1 Satz 2, die anzurechnenden ausländischen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Absatz 3 und 4, die Steuer nach § 34c Absatz 5 und den Zuschlag nach § 3 Absatz 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1985 (BGBl. I S. 1756), das zuletzt durch Artikel 412 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist die festzusetzende Einkommensteuer.2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Absatz 2 um Sonderausgaben nach § 10a Absatz 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zulage bleibt die Erhöhung der Grundzulage nach § 84 Satz 2 außer Betracht.3Wird das Einkommen in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 gemindert, ist der Anspruch auf Kindergeld nach Abschnitt X der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen; nicht jedoch für Kalendermonate, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.

(7)1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer.2Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln.3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

(8) Die Regelungen dieses Gesetzes zu Ehegatten und Ehen sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

(1)1Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören

1.
Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst;
1a.
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen;
2.
Wartegelder, Ruhegelder, Witwen- und Waisengelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, auch soweit sie von Arbeitgebern ausgleichspflichtiger Personen an ausgleichsberechtigte Personen infolge einer nach § 10 oder § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes durchgeführten Teilung geleistet werden;
3.
laufende Beiträge und laufende Zuwendungen des Arbeitgebers aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.2Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben den laufenden Beiträgen und Zuwendungen an eine solche Versorgungseinrichtung leistet, mit Ausnahme der Zahlungen des Arbeitgebers
a)
zur erstmaligen Bereitstellung der Kapitalausstattung zur Erfüllung der Solvabilitätskapitalanforderung nach den §§ 89, 213, 234g oder 238 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
b)
zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung nach unvorhersehbaren Verlusten oder zur Finanzierung der Verstärkung der Rechnungsgrundlagen auf Grund einer unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Änderung der Verhältnisse, wobei die Sonderzahlungen nicht zu einer Absenkung des laufenden Beitrags führen oder durch die Absenkung des laufenden Beitrags Sonderzahlungen ausgelöst werden dürfen,
c)
in der Rentenbezugszeit nach § 236 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder
d)
in Form von Sanierungsgeldern;
Sonderzahlungen des Arbeitgebers sind insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich
a)
seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung oder
b)
des Wechsels von einer nicht im Wege der Kapitaldeckung zu einer anderen nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.
3Von Sonderzahlungen im Sinne des Satzes 2 zweiter Halbsatz Buchstabe b ist bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf nur auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach dem Wechsel die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt des Wechsels übersteigt.4Sanierungsgelder sind Sonderzahlungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse anlässlich der Systemumstellung einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf der Finanzierungs- oder Leistungsseite, die der Finanzierung der zum Zeitpunkt der Umstellung bestehenden Versorgungsverpflichtungen oder Versorgungsanwartschaften dienen; bei laufenden und wiederkehrenden Zahlungen entsprechend dem periodischen Bedarf ist nur von Sanierungsgeldern auszugehen, soweit die Bemessung der Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers in das Versorgungssystem nach der Systemumstellung die Bemessung der Zahlungsverpflichtung zum Zeitpunkt der Systemumstellung übersteigt.
2Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht.

(2)1Von Versorgungsbezügen bleiben ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei.2Versorgungsbezüge sind

1.
das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug
a)
auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften,
b)
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften
oder
2.
in anderen Fällen Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge; Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
3Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr des
Versorgungs-
beginns
VersorgungsfreibetragZuschlag zum
Versorgungs-
freibetrag
in Euro
in % der
Versorgungs-
bezüge
Höchstbetrag
in Euro
bis 200540,03 000900
ab 200638,42 880864
200736,82 760828
200835,22 640792
200933,62 520756
201032,02 400720
201130,42 280684
201228,82 160648
201327,22 040612
201425,61 920576
201524,01 800540
201622,41 680504
201720,81 560468
201819,21 440432
201917,61 320396
202016,01 200360
202115,21 140342
202214,41 080324
202313,61 020306
202412,8960288
202512,0900270
202611,2840252
202710,4780234
20289,6720216
20298,8660198
20308,0600180
20317,2540162
20326,4480144
20335,6420126
20344,8360108
20354,030090
20363,224072
20372,418054
20381,612036
20390,86018
20400,000


4Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag ist
a)
bei Versorgungsbeginn vor 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für Januar 2005,
b)
bei Versorgungsbeginn ab 2005das Zwölffache des Versorgungsbezugs für den ersten vollen Monat,
jeweils zuzüglich voraussichtlicher Sonderzahlungen im Kalenderjahr, auf die zu diesem Zeitpunkt ein Rechtsanspruch besteht.5Der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag darf nur bis zur Höhe der um den Versorgungsfreibetrag geminderten Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.6Bei mehreren Versorgungsbezügen mit unterschiedlichem Bezugsbeginn bestimmen sich der insgesamt berücksichtigungsfähige Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nach dem Jahr des Beginns des ersten Versorgungsbezugs.7Folgt ein Hinterbliebenenbezug einem Versorgungsbezug, bestimmen sich der Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag für den Hinterbliebenenbezug nach dem Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs.8Der nach den Sätzen 3 bis 7 berechnete Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag gelten für die gesamte Laufzeit des Versorgungsbezugs.9Regelmäßige Anpassungen des Versorgungsbezugs führen nicht zu einer Neuberechnung.10Abweichend hiervon sind der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag neu zu berechnen, wenn sich der Versorgungsbezug wegen Anwendung von Anrechnungs-, Ruhens-, Erhöhungs- oder Kürzungsregelungen erhöht oder vermindert.11In diesen Fällen sind die Sätze 3 bis 7 mit dem geänderten Versorgungsbezug als Bemessungsgrundlage im Sinne des Satzes 4 anzuwenden; im Kalenderjahr der Änderung sind der höchste Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag maßgebend.12Für jeden vollen Kalendermonat, für den keine Versorgungsbezüge gezahlt werden, ermäßigen sich der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in diesem Kalenderjahr um je ein Zwölftel.

(3)1Die Energiepreispauschale nach dem Versorgungsrechtlichen Energiepreispauschalen-Gewährungsgesetz oder vergleichbare Leistungen zum Ausgleich gestiegener Energiepreise nach Landesrecht sind als Einnahmen nach Absatz 2 zu berücksichtigen.2Sie gelten nicht als Sonderzahlung im Sinne von Absatz 2 Satz 4, jedoch als regelmäßige Anpassung des Versorgungsbezugs im Sinne von Absatz 2 Satz 9.3Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind die Energiepreispauschale und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung einer Vorsorgepauschale nach § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe b und c nicht zu berücksichtigen.4In den Fällen des Satzes 1 sind die §§ 3 und 24a nicht anzuwenden.

(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch

1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt;
2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen;
3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist;
4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen, höchstens 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen.
5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert.
5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte,
6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt;
7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.

(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,

1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.4Die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 sind durch amtliche Unterlagen nachzuweisen.

(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.

(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
5Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.6Liegen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 für mehrere Tätigkeitsstätten vor, ist diejenige Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Arbeitgeber bestimmt.7Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, ist die der Wohnung örtlich am nächsten liegende Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte.8Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird; die Regelungen für Arbeitnehmer nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4a sind entsprechend anzuwenden.

(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt

1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
4Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend; Wohnung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist der Hausstand, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet sowie eine Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.5Bei einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge nach Satz 3 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge, die für die Fälle der Nummer 1 mit 120 sowie der Nummern 2 und 3 mit 80 Prozent der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder aufgerundet auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Arbeitnehmer vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im Ausland.6Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.7Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn sie mindestens vier Wochen dauert.8Wird dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, sind die nach den Sätzen 3 und 5 ermittelten Verpflegungspauschalen zu kürzen:
1.
für Frühstück um 20 Prozent,
2.
für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 Prozent,
der nach Satz 3 Nummer 1 gegebenenfalls in Verbindung mit Satz 5 maßgebenden Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag; die Kürzung darf die ermittelte Verpflegungspauschale nicht übersteigen.9Satz 8 gilt auch, wenn Reisekostenvergütungen wegen der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einbehalten oder gekürzt werden oder die Mahlzeiten nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a pauschal besteuert werden.10Hat der Arbeitnehmer für die Mahlzeit ein Entgelt gezahlt, mindert dieser Betrag den Kürzungsbetrag nach Satz 8.11Erhält der Arbeitnehmer steuerfreie Erstattungen für Verpflegung, ist ein Werbungskostenabzug insoweit ausgeschlossen.12Die Verpflegungspauschalen nach den Sätzen 3 und 5, die Dreimonatsfrist nach den Sätzen 6 und 7 sowie die Kürzungsregelungen nach den Sätzen 8 bis 10 gelten entsprechend auch für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung, die bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, soweit der Arbeitnehmer vom eigenen Hausstand im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abwesend ist; dabei ist für jeden Kalendertag innerhalb der Dreimonatsfrist, an dem gleichzeitig eine Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 oder des Satzes 4 ausgeübt wird, nur der jeweils höchste in Betracht kommende Pauschbetrag abziehbar.13Die Dauer einer Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 an dem Tätigkeitsort, an dem die doppelte Haushaltsführung begründet wurde, ist auf die Dreimonatsfrist anzurechnen, wenn sie ihr unmittelbar vorausgegangen ist.

(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.

(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

(1)1Diese Fassung des Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2023 anzuwenden.2Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass diese Fassung erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 31. Dezember 2022 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.3Beim Steuerabzug vom Kapitalertrag gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass diese Fassung des Gesetzes erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden ist, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.

(2)1§ 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Buchstabe b in der am 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist erstmals auf negative Einkünfte eines Steuerpflichtigen anzuwenden, die er aus einer entgeltlichen Überlassung von Schiffen auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts erzielt.2Für negative Einkünfte im Sinne des § 2a Absatz 1 und 2 in der am 24. Dezember 2008 geltenden Fassung, die vor dem 25. Dezember 2008 nach § 2a Absatz 1 Satz 5 bestandskräftig gesondert festgestellt wurden, ist § 2a Absatz 1 Satz 3 bis 5 in der am 24. Dezember 2008 geltenden Fassung weiter anzuwenden.3§ 2a Absatz 3 Satz 3, 5 und 6 in der am 29. April 1997 geltenden Fassung ist für Veranlagungszeiträume ab 1999 weiter anzuwenden, soweit sich ein positiver Betrag im Sinne des § 2a Absatz 3 Satz 3 in der am 29. April 1997 geltenden Fassung ergibt oder soweit eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte im Sinne des § 2a Absatz 4 in der Fassung des § 52 Absatz 3 Satz 8 in der am 30. Juli 2014 geltenden Fassung in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, übertragen oder aufgegeben wird.4Insoweit ist in § 2a Absatz 3 Satz 5 letzter Halbsatz in der am 29. April 1997 geltenden Fassung die Angabe „§ 10d Absatz 3” durch die Angabe „§ 10d Absatz 4” zu ersetzen.

(3) § 2b in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210; 2003 I S. 179) ist weiterhin für Einkünfte aus einer Einkunftsquelle im Sinne des § 2b anzuwenden, die der Steuerpflichtige nach dem 4. März 1999 und vor dem 11. November 2005 rechtswirksam erworben oder begründet hat.

(4)1§ 3 Nummer 5 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist vorbehaltlich des Satzes 2 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.2§ 3 Nummer 5 in der am 29. Juni 2013 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für freiwillig Wehrdienst Leistende, die das Dienstverhältnis vor dem 1. Januar 2014 begonnen haben.3§ 3 Nummer 10 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung ist weiter anzuwenden für ausgezahlte Übergangsbeihilfen an Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit, wenn das Dienstverhältnis vor dem 1. Januar 2006 begründet worden ist.4§ 3 Nummer 11b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.5§ 3 Nummer 14a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.6Ist in der für das jeweilige Leistungsjahr zuletzt übermittelten Rentenbezugsmitteilung im Sinne des § 22a in den nach § 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu übermittelnden Daten der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch enthalten, haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als mitteilungspflichtige Stelle im Sinne des § 22a bis zum letzten Tag des Monats Februar 2024 für das jeweilige Leistungsjahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung zu übermitteln.7Ein Einkommensteuerbescheid ist infolge einer nach Satz 6 korrigierten Rentenbezugsmitteilung insoweit zu ändern.8Das gilt auch, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist; andere Änderungsvorschriften bleiben unberührt.9Auf fortlaufende Leistungen nach dem Gesetz über die Heimkehrerstiftung vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094, 2101), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2830) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung ist § 3 Nummer 19 in der am 31. Dezember 2010 geltenden Fassung weiter anzuwenden.10§ 3 Nummer 26 und 26a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.11Für die Anwendung des § 3 Nummer 34 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist das Zertifizierungserfordernis nach § 20 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 20 Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für bereits vor dem 1. Januar 2019 begonnene unzertifizierte Gesundheitsmaßnahmen erstmals maßgeblich für Sachbezüge, die nach dem 31. Dezember 2019 gewährt werden.12§ 3 Nummer 37 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2030 anzuwenden, sowie beim Steuerabzug vom Arbeitslohn auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.13§ 3 Nummer 40 ist erstmals anzuwenden für

1.
Gewinnausschüttungen, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der nach Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1433) aufgehobene Vierte Teil des Körperschaftsteuergesetzes nicht mehr anzuwenden ist; für die übrigen in § 3 Nummer 40 genannten Erträge im Sinne des § 20 gilt Entsprechendes;
2.
Erträge im Sinne des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a, b, c und j nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, für das das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1433) erstmals anzuwenden ist.
14§ 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Bezüge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen.15§ 3 Nummer 40 Satz 3 und 4 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.16§ 3 Nummer 40 Satz 3 erster Halbsatz in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden; der zweite Halbsatz ist anzuwenden auf Anteile, die nach dem 31. Dezember 2016 dem Betriebsvermögen zugehen.17Bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 3 Nummer 40 Buchstabe d Satz 2 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung erstmals für den Veranlagungszeitraum anzuwenden, in dem das Wirtschaftsjahr endet, das nach dem 31. Dezember 2013 begonnen hat.18§ 3 Nummer 40a in der am 6. August 2004 geltenden Fassung ist auf Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4 anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft nach dem 31. März 2002 und vor dem 1. Januar 2009 gegründet worden ist oder soweit die Vergütungen in Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, die nach dem 7. November 2003 und vor dem 1. Januar 2009 erworben worden sind.19§ 3 Nummer 40a in der am 19. August 2008 geltenden Fassung ist erstmals auf Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4 anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft nach dem 31. Dezember 2008 gegründet worden ist.20§ 3 Nummer 41 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.21§ 3 Nummer 46 in der am 17. November 2016 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem nach dem 31. Dezember 2016 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31. Dezember 2016 zugewendet werden, und letztmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.22§ 3 Nummer 60 in der am 13. August 2020 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für Anpassungsgelder an Arbeitnehmer im Steinkohlenbergbau bis zum Auslaufen dieser öffentlichen Mittel im Jahr 2027.23Der Höchstbetrag nach § 3 Nummer 63 Satz 1 verringert sich um Zuwendungen, auf die § 40b Absatz 1 und 2 Satz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung angewendet wird.24§ 3 Nummer 63 Satz 3 in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden, soweit § 40b Absatz 1 und 2 Satz 3 und 4 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung angewendet wird.25§ 3 Nummer 71 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.26§ 3 Nummer 71 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden.27§ 3 Nummer 72 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist für Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt oder getätigt werden.

(4a)1§ 3a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden.2Satz 1 gilt bei einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 nicht, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sind.3Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.4Satz 1 gilt auch für § 3a Absatz 3a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451).

(5)1§ 3c Absatz 2 Satz 3 und 4 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.2§ 3c Absatz 2 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen.3§ 3c Absatz 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist für Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 anzuwenden, für den § 3a angewendet wird.4§ 3c Absatz 4 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen dem Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung des § 3a auf Grund eines Antrags nach Absatz 4a Satz 3 gewährt wird.

(6)1§ 4 Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.2§ 4 Absatz 1 Satz 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) gilt in allen Fällen, in denen § 4 Absatz 1 Satz 3 anzuwenden ist.3§ 4 Absatz 1 Satz 9 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.4§ 4 Absatz 3 Satz 4 ist nicht anzuwenden, soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten vor dem 1. Januar 1971 als Betriebsausgaben abgesetzt worden sind.5§ 4 Absatz 3 Satz 4 und 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 28. April 2006 (BGBl. I S. 1095) ist erstmals für Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nach dem 5. Mai 2006 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.6Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die vor dem 5. Mai 2006 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden, sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.7§ 4 Absatz 4a in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1998 endet.8Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre bleiben unberücksichtigt.9Bei vor dem 1. Januar 1999 eröffneten Betrieben sind im Fall der Betriebsaufgabe bei der Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen die Buchwerte nicht als Entnahme anzusetzen; im Fall der Betriebsveräußerung ist nur der Veräußerungsgewinn als Entnahme anzusetzen.10§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285) ist erstmals ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.11§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285) ist erstmals ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.12§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist für nach dem 31. Dezember 2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden.13§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 8 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder sowie auf nach dem 31. Dezember 2018 entstandene mit der Geldbuße, dem Ordnungsgeld oder dem Verwarnungsgeld zusammenhängende Aufwendungen.14§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 8a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Zinsen im Sinne der Vorschrift.15§ 4 Absatz 10 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2019 durchgeführte Übernachtungen im Sinne der Vorschrift.16§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2023 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden.

(7) (weggefallen)

(8)1§ 4f in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 enden.2§ 4f Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden; bei nach § 4a vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 4f Absatz 1 Satz 3 spätestens für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. Juli 2020 enden.

(8a) § 4g Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

(8b) § 4j in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 entstehen.

(8c)1§ 4k in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.2Aufwendungen, die rechtlich bereits vor dem 1. Januar 2020 verursacht wurden, gelten bei der Anwendung des Satzes 1 nur insoweit als nach dem 31. Dezember 2019 entstanden, als ihnen ein Dauerschuldverhältnis zugrunde liegt und sie ab diesem Zeitpunkt ohne wesentliche Nachteile hätten vermieden werden können.3Ein Nachteil ist insbesondere dann wesentlich im Sinne des Satzes 2, wenn sämtliche mit der Vermeidung der Aufwendungen verbundenen Kosten den steuerlichen Vorteil infolge der Besteuerungsinkongruenz übersteigen.4Satz 2 gilt nicht, wenn das Dauerschuldverhältnis nach dem 31. Dezember 2019 wesentlich geändert wurde.

(9)1§ 5 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 enden.2§ 5 Absatz 7 in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 enden.3Auf Antrag kann § 5 Absatz 7 auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden.4Bei Schuldübertragungen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen, die vor dem 14. Dezember 2011 vereinbart wurden, ist § 5 Absatz 7 Satz 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung von § 5 Absatz 7 Satz 1 bis 3 ergibt, jeweils in Höhe von 19 Zwanzigsteln eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden kann, die in den folgenden 19 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Neunzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist.

(10)1§ 5a Absatz 3 in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076) ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 2005 endet.2§ 5a Absatz 3 Satz 1 in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Anschaffung das Handelsschiff auf Grund eines vor dem 1. Januar 2006 rechtswirksam abgeschlossenen schuldrechtlichen Vertrags oder gleichgestellten Rechtsakts angeschafft oder im Fall der Herstellung mit der Herstellung des Handelsschiffs vor dem 1. Januar 2006 begonnen hat.3In Fällen des Satzes 2 muss der Antrag auf Anwendung des § 5a Absatz 1 spätestens bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres gestellt werden, das vor dem 1. Januar 2008 endet.4§ 5a Absatz 4 Satz 5 bis 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1998 beginnen.5Soweit Ansparabschreibungen im Sinne des § 7g Absatz 3 in der am 17. August 2007 geltenden Fassung zum Zeitpunkt des Übergangs zur Gewinnermittlung nach § 5a Absatz 1 noch nicht gewinnerhöhend aufgelöst worden sind, ist § 5a Absatz 5 Satz 3 in der am 17. August 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden.6§ 5a Absatz 6 in der durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) geänderten Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 beginnen.

(11) § 5b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2850) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 beginnen.

(12)1§ 6 Absatz 1 Nummer 1b kann auch für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die vor dem 23. Juli 2016 enden.2§ 6 Absatz 1 Nummer 3 und 3a Buchstabe e in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 enden.3Auf Antrag kann § 6 Absatz 1 Nummer 3 und 3a Buchstabe e in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden.4§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 Nummer 3 und Satz 3 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1512) ist bereits ab dem 1. Januar 2020 anzuwenden.5§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 6 ist bis zum 31. Dezember 2030 anzuwenden.6§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 in ein Betriebsvermögen eingelegt werden.7§ 6 Absatz 2 Satz 4 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2143) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.8§ 6 Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.9§ 6 Absatz 5 Satz 1 zweiter Halbsatz in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung gilt in allen Fällen, in denen § 4 Absatz 1 Satz 3 anzuwenden ist.10§ 6 Absatz 2a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.11§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 zweiter Halbsatz, Nummer 5a zweiter Halbsatz und Nummer 5b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.

(13) (weggefallen)

(14)1§ 6b Absatz 2a in der am 6. November 2015 geltenden Fassung ist auch auf Gewinne im Sinne des § 6b Absatz 2 anzuwenden, die vor dem 6. November 2015 entstanden sind.2§ 6b Absatz 10 Satz 11 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.3§ 6b Absatz 2a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne im Sinne des § 6b Absatz 2 anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2017 beginnenden Wirtschaftsjahren entstanden sind.4Die Fristen des § 6b Absatz 3 Satz 2, 3 und 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 sowie Absatz 10 Satz 1 und 8 verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.5Die in Satz 4 genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.6Die in Satz 4 genannten Fristen verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

(14a) § 6e in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist auch in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die vor dem 18. Dezember 2019 enden.

(15)1Bei Wirtschaftsgütern, die vor dem 1. Januar 2001 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist § 7 Absatz 2 Satz 2 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) weiter anzuwenden.2Bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen, ist § 7 Absatz 4 Satz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Herstellung vor dem 1. Januar 2001 mit der Herstellung des Gebäudes begonnen hat oder im Fall der Anschaffung das Objekt auf Grund eines vor dem 1. Januar 2001 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.3Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

(15a)1Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 7b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1122) kann erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2018 und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026, in den Fällen des § 4a letztmalig für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2027 enden, geltend gemacht werden.2Das gilt auch dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Absatz 1 noch nicht abgelaufen ist.3§ 7b Absatz 5 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) gilt für Sonderabschreibungen, die für neue Wohnungen in Anspruch genommen werden, die aufgrund eines nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2027 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden.

(15b) § 7c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2031 angeschaffte neue Elektrolieferfahrzeuge anzuwenden.

(16)1§ 7g Absatz 1 Satz 1, 2 Nummer 1, Absatz 2 Satz 1 und 3, Absatz 4 Satz 1 sowie Absatz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden; bei nach § 4a vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 7g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und Absatz 6 Nummer 1 spätestens für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 17. Juli 2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.2§ 7g Absatz 2 Satz 2 und Absatz 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.3Bei in nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2018 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des sechsten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.4Bei in nach dem 31. Dezember 2017 und vor dem 1. Januar 2019 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des fünften auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.5Bei in nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2020 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des vierten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.

(16a)1§ 7h Absatz 1a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach dem 31. Dezember 2018 begonnen wurde.2Als Beginn der Baumaßnahmen am Gebäude, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, gilt der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wurde.3Bei baugenehmigungsfreien Baumaßnahmen, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt als Beginn der Baumaßnahmen der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.4§ 7h Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt werden.5§ 7h Absatz 2 Satz 1 letzter Halbsatz in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde, die nach dem 31. Dezember 2018 erteilt werden.6§ 7h Absatz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Baumaßnahmen, mit denen nach dem 31. Dezember 2018 begonnen wurde sowie auf Bescheinigungen, die nach dem 31. Dezember 2018 erteilt werden.7§ 7i Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt werden.

(16b)1§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Sonderabschreibungen nach § 7b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1122).2§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für Aufwendungen im Sinne des § 4j in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 entstehen.3§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 anzuwenden.4§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Aufwendungen im Sinne des § 4k anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.

(17) § 9b Absatz 2 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist auf Mehr- und Minderbeträge infolge von Änderungen der Verhältnisse im Sinne von § 15a des Umsatzsteuergesetzes anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 eingetreten sind.

(18)1§ 10 Absatz 1a Nummer 2 in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist auf alle Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die nach dem 31. Dezember 2007 vereinbart worden sind.2Für Versorgungsleistungen, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die vor dem 1. Januar 2008 vereinbart worden sind, gilt dies nur, wenn das übertragene Vermögen nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen, mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines vom Vermögensübernehmer zu eigenen Zwecken genutzten Grundstücks, zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden.3§ 10 Absatz 1 Nummer 5 in der am 1. Januar 2012 geltenden Fassung gilt auch für Kinder, die wegen einer vor dem 1. Januar 2007 in der Zeit ab Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.4§ 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.5§ 10 Absatz 4b Satz 4 bis 6 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung der Daten des Veranlagungszeitraums 2016 anzuwenden.6§ 10 Absatz 5 in der am 31. Dezember 2009 geltenden Fassung ist auf Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde.

(18a) § 10b Absatz 1 Satz 8 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Mitgliedsbeiträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 gezahlt werden.

(18b)1§ 10d Absatz 1 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 anzuwenden.2§ 10d Absatz 1 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(19)1Für nach dem 31. Dezember 1986 und vor dem 1. Januar 1991 hergestellte oder angeschaffte Wohnungen im eigenen Haus oder Eigentumswohnungen sowie in diesem Zeitraum fertiggestellte Ausbauten oder Erweiterungen ist § 10e in der am 30. Dezember 1989 geltenden Fassung weiter anzuwenden.2Für nach dem 31. Dezember 1990 hergestellte oder angeschaffte Wohnungen im eigenen Haus oder Eigentumswohnungen sowie in diesem Zeitraum fertiggestellte Ausbauten oder Erweiterungen ist § 10e in der am 28. Juni 1991 geltenden Fassung weiter anzuwenden.3Abweichend von Satz 2 ist § 10e Absatz 1 bis 5 und 6 bis 7 in der am 28. Juni 1991 geltenden Fassung erstmals für den Veranlagungszeitraum 1991 bei Objekten im Sinne des § 10e Absatz 1 und 2 anzuwenden, wenn im Fall der Herstellung der Steuerpflichtige nach dem 30. September 1991 den Bauantrag gestellt oder mit der Herstellung des Objekts begonnen hat oder im Fall der Anschaffung der Steuerpflichtige das Objekt nach dem 30. September 1991 auf Grund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat oder mit der Herstellung des Objekts nach dem 30. September 1991 begonnen worden ist.4§ 10e Absatz 5a ist erstmals bei den in § 10e Absatz 1 und 2 bezeichneten Objekten anzuwenden, wenn im Fall der Herstellung der Steuerpflichtige den Bauantrag nach dem 31. Dezember 1991 gestellt oder, falls ein solcher nicht erforderlich ist, mit der Herstellung nach diesem Zeitpunkt begonnen hat, oder im Fall der Anschaffung der Steuerpflichtige das Objekt auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1991 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.5§ 10e Absatz 1 Satz 4 in der am 27. Juni 1993 geltenden Fassung und § 10e Absatz 6 Satz 3 in der am 30. Dezember 1993 geltenden Fassung sind erstmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Objekt auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1993 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.6§ 10e ist letztmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Herstellung vor dem 1. Januar 1996 mit der Herstellung des Objekts begonnen hat oder im Fall der Anschaffung das Objekt auf Grund eines vor dem 1. Januar 1996 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.7Als Beginn der Herstellung gilt bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

(20) § 12 Nummer 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, sowie auf nach dem 31. Dezember 2018 entstandene damit zusammenhängende Aufwendungen.

(21) (weggefallen)

(22) Für die Anwendung des § 13 Absatz 7 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(22a)1§ 13a in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist letztmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das vor dem 31. Dezember 2015 endet.2§ 13a in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 30. Dezember 2015 endet.3Die Bindungsfrist auf Grund des § 13a Absatz 2 Satz 1 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung bleibt bestehen.

(22c)1§ 14 Absatz 3 ist erstmals auf Fälle anzuwenden, in denen die Übertragung oder Überführung der Grundstücke nach dem 16. Dezember 2020 stattgefunden hat.2Auf unwiderruflichen Antrag des jeweiligen Mitunternehmers ist § 14 Absatz 3 auch für Übertragungen oder Überführungen vor dem 17. Dezember 2020 anzuwenden.3Der Antrag ist bei dem Finanzamt zu stellen, das für die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft zuständig ist.

(23)1§ 15 Absatz 3 Nummer 1 Satz 2 ist auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 anzuwenden.2§ 15 Absatz 4 Satz 2 und 7 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen am 30. Juni 2013 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

(24)1§ 15a ist nicht auf Verluste anzuwenden, soweit sie

1.
durch Sonderabschreibungen nach § 82f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung,
2.
durch Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen nach § 7 Absatz 2 von den Herstellungskosten oder von den Anschaffungskosten von in ungebrauchtem Zustand vom Hersteller erworbenen Seeschiffen, die in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind,
entstehen; Nummer 1 gilt nur bei Schiffen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu mindestens 30 Prozent durch Mittel finanziert werden, die weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme von Krediten durch den Gewerbebetrieb stehen, zu dessen Betriebsvermögen das Schiff gehört.2§ 15a ist in diesen Fällen erstmals anzuwenden auf Verluste, die in nach dem 31. Dezember 1999 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen, wenn der Schiffbauvertrag vor dem 25. April 1996 abgeschlossen worden ist und der Gesellschafter der Gesellschaft vor dem 1. Januar 1999 beigetreten ist; soweit Verluste, die in dem Betrieb der Gesellschaft entstehen und nach Satz 1 oder nach § 15a Absatz 1 Satz 1 ausgleichsfähig oder abzugsfähig sind, zusammen das Eineinviertelfache der insgesamt geleisteten Einlage übersteigen, ist § 15a auf Verluste anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 1994 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen.3Scheidet ein Kommanditist oder ein anderer Mitunternehmer, dessen Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist und dessen Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft auf Grund von ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlusten negativ geworden ist, aus der Gesellschaft aus oder wird in einem solchen Fall die Gesellschaft aufgelöst, so gilt der Betrag, den der Mitunternehmer nicht ausgleichen muss, als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16.4In Höhe der nach Satz 3 als Gewinn zuzurechnenden Beträge sind bei den anderen Mitunternehmern unter Berücksichtigung der für die Zurechnung von Verlusten geltenden Grundsätze Verlustanteile anzusetzen.5Bei der Anwendung des § 15a Absatz 3 sind nur Verluste zu berücksichtigen, auf die § 15a Absatz 1 anzuwenden ist.

(25)1§ 15b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) ist nur auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle anzuwenden, denen der Steuerpflichtige nach dem 10. November 2005 beigetreten ist oder für die nach dem 10. November 2005 mit dem Außenvertrieb begonnen wurde.2Der Außenvertrieb beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die Veräußerung der konkret bestimmbaren Fondsanteile erfüllt sind und die Gesellschaft selbst oder über ein Vertriebsunternehmen mit Außenwirkung an den Markt herangetreten ist.3Dem Beginn des Außenvertriebs stehen der Beschluss von Kapitalerhöhungen und die Reinvestition von Erlösen in neue Projekte gleich.4Besteht das Steuerstundungsmodell nicht im Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Fonds, ist § 15b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) anzuwenden, wenn die Investition nach dem 10. November 2005 rechtsverbindlich getätigt wurde.5§ 15b Absatz 3a ist erstmals auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle anzuwenden, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28. November 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

(25a)1§ 17 Absatz 2a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für Veräußerungen im Sinne von § 17 Absatz 1, 4 oder 5 nach dem 31. Juli 2019 anzuwenden.2Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 17 Absatz 2a Satz 1 bis 4 auch für Veräußerungen im Sinne von § 17 Absatz 1, 4 oder 5 vor dem 31. Juli 2019 anzuwenden.

(26) Für die Anwendung des § 18 Absatz 4 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) gilt Absatz 25 entsprechend.

(26a) § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 2 und 3 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung gilt für alle Zahlungen des Arbeitgebers nach dem 30. Dezember 2014.

(27) § 19a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1498) ist erstmals anzuwenden auf Vermögensbeteiligungen, die nach dem 30. Juni 2021 übertragen werden.

(28)1Für die Anwendung des § 20 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.2Für die Anwendung von § 20 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 und Absatz 2b in der am 1. Januar 2007 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.3§ 20 Absatz 1 Nummer 6 in der Fassung des Gesetzes vom 7. September 1990 (BGBl. I S. 1898) ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 1974 zugeflossene Zinsen aus Versicherungsverträgen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1973 abgeschlossen worden sind.4§ 20 Absatz 1 Nummer 6 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2049) ist erstmals auf Zinsen aus Versicherungsverträgen anzuwenden, bei denen die Ansprüche nach dem 31. Dezember 1996 entgeltlich erworben worden sind.5Für Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden sind, ist § 20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung mit der Maßgabe weiterhin anzuwenden, dass in Satz 3 die Wörter „§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Satz 5“ durch die Wörter „§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Satz 6“ ersetzt werden.6§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist erstmals anzuwenden auf Versicherungsleistungen im Erlebensfall bei Versicherungsverträgen, die nach dem 31. Dezember 2006 abgeschlossen werden, und auf Versicherungsleistungen bei Rückkauf eines Vertrages nach dem 31. Dezember 2006.7§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 2 ist für Vertragsabschlüsse nach dem 31. Dezember 2011 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Versicherungsleistung nach Vollendung des 62. Lebensjahres des Steuerpflichtigen ausgezahlt wird.8§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) ist für alle Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. März 2009 abgeschlossen werden oder bei denen die erstmalige Beitragsleistung nach dem 31. März 2009 erfolgt.9Wird auf Grund einer internen Teilung nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes oder einer externen Teilung nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu dem gleichen Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person.10§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 7 und 8 ist auf Versicherungsleistungen anzuwenden, die auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2014 eingetretenen Versicherungsfalles ausgezahlt werden.11§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben wurden.12§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne aus Termingeschäften anzuwenden, bei denen der Rechtserwerb nach dem 31. Dezember 2008 stattgefunden hat.13§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, 5 und 8 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne anzuwenden, bei denen die zugrunde liegenden Wirtschaftsgüter, Rechte oder Rechtspositionen nach dem 31. Dezember 2008 erworben oder geschaffen wurden.14§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf die Veräußerung von Ansprüchen nach dem 31. Dezember 2008 anzuwenden, bei denen der Versicherungsvertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde; dies gilt auch für Versicherungsverträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, sofern bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären.15§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912) ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 2008 zufließende Kapitalerträge aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen anzuwenden.16Für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1. Januar 2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, aber nicht Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung sind, ist § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 nicht anzuwenden; für die bei der Veräußerung in Rechnung gestellten Stückzinsen ist Satz 15 anzuwenden; Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung liegen auch vor, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.17Bei Kapitalforderungen, die zwar nicht die Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 31. Dezember 2008 geltenden Fassung, aber die Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung erfüllen, ist § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Nummer 7 vorbehaltlich der Regelung in Absatz 31 Satz 2 und 3 auf alle nach dem 30. Juni 2009 zufließenden Kapitalerträge anzuwenden, es sei denn, die Kapitalforderung wurde vor dem 15. März 2007 angeschafft.18§ 20 Absatz 4a Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) ist erstmals für Wertpapiere anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 geliefert wurden, sofern für die Lieferung § 20 Absatz 4 anzuwenden ist.19§ 20 Absatz 4a Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für die Andienung von Wertpapieren anzuwenden, wenn diese nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt.20§ 20 Absatz 4a Satz 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für die Zuteilung von Anteilen anzuwenden, wenn diese nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt und die die Zuteilung begründenden Anteile nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft worden sind.21§ 20 Absatz 2 und 4 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden.22§ 20 Absatz 1 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.23Investmenterträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 9 sind

1.
die nach dem 31. Dezember 2017 zugeflossenen Ausschüttungen nach § 2 Absatz 11 des Investmentsteuergesetzes,
2.
die realisierten oder unrealisierten Wertveränderungen aus Investmentanteilen nach § 2 Absatz 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes, die das Versicherungsunternehmen nach dem 31. Dezember 2017 dem Sicherungsvermögen zur Sicherung der Ansprüche des Steuerpflichtigen zugeführt hat, und
3.
die realisierten oder unrealisierten Wertveränderungen aus Investmentanteilen nach § 2 Absatz 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes, die das Versicherungsunternehmen vor dem 1. Januar 2018 dem Sicherungsvermögen zur Sicherung der Ansprüche des Steuerpflichtigen zugeführt hat, soweit Wertveränderungen gegenüber dem letzten im Kalenderjahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreis des Investmentanteils eingetreten sind.
24Wird kein Rücknahmepreis festgesetzt, tritt der Börsen- oderMarktpreisan die Stelle des Rücknahmepreises.25§ 20 Absatz 6 Satz 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 entstehen.26§ 20 Absatz 6 Satz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.

(29) Für die Anwendung des § 21 Absatz 1 Satz 2 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(30) Für die Anwendung des § 22 Nummer 1 Satz 1 zweiter Halbsatz in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(30a) § 22a Absatz 2 Satz 2 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden.

(30b)1Die mitteilungspflichtige Stelle nach § 22a Absatz 1 kann die Identifikationsnummer im Sinne des § 139b der Abgabenordnung ihrer Kunden, bei denen das Versicherungs- oder Vertragsverhältnis vor dem Stichtag bestand, der in der Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 3 des Rentenübersichtsgesetzes festgelegt wird, abweichend von § 22a Absatz 2 Satz 1 und 2 zur Durchführung des Rentenübersichtsgesetzes beim Bundeszentralamt für Steuern bereits vor dem Leistungsbezug erheben.2Das Bundeszentralamt für Steuern teilt der mitteilungspflichtigen Stelle die Identifikationsnummer des Versicherten nur mit, wenn die von der mitteilungspflichtigen Stelle übermittelten Daten mit den nach § 139b Absatz 3 der Abgabenordnung beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten im maschinellen Datenabgleich übereinstimmen.

(31)1§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Wirtschaftsgüter nach dem 31. Dezember 2008 auf Grund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden; § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Gegenstände des täglichen Gebrauchs auf Grund eines nach dem 13. Dezember 2010 rechtskräftig abgeschlossenen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden.2§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in der am 1. Januar 1999 geltenden Fassung ist letztmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden.3§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 23. Dezember 2016 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht.4§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 ist auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31. Dezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 erfolgt.5§ 23 Absatz 3 Satz 4 in der am 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Juli 1995 und vor dem 1. Januar 2009 angeschafft oder nach dem 31. Dezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 fertiggestellt hat; § 23 Absatz 3 Satz 4 in der am 1. Januar 2009 geltenden Fassung ist auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft oder fertiggestellt hat.6§ 23 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie Absatz 3 Satz 3 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.

(32)1§ 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) ist erstmals für Kinder anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2007 wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; für Kinder, die wegen einer vor dem 1. Januar 2007 in der Zeit ab der Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, ist § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 weiterhin in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anzuwenden.2§ 32 Absatz 5 ist nur noch anzuwenden, wenn das Kind den Dienst oder die Tätigkeit vor dem 1. Juli 2011 angetreten hat.3Für die nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und den §§ 10a, 82 begünstigten Verträge, die vor dem 1. Januar 2007 abgeschlossen wurden, gelten für das Vorliegen einer begünstigten Hinterbliebenenversorgung die Altersgrenzen des § 32 in der am 31. Dezember 2006 geltenden Fassung.4Dies gilt entsprechend für die Anwendung des § 93 Absatz 1 Satz 3 Buchstabe b.5§ 32 Absatz 6 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2022 (BGBI. I S. 2230) ist beim Steuerabzug vom Arbeitslohn ab dem 1. Januar 2023 anzuwenden.

(32a)1§ 32a Absatz 1 und § 51a Absatz 2a Satz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals anzuwenden auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30. November 2015 zufließen.2Bei der Lohnsteuerberechnung auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015, aber vor dem 1. Januar 2016 endenden täglichen, wöchentlichen und monatlichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, ist zu berücksichtigen, dass § 32a Absatz 1 und § 51a Absatz 2a Satz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung bis zum 30. November 2015 nicht angewandt wurden (Nachholung).3Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder entsprechende Programmablaufpläne aufzustellen und bekannt zu machen (§ 39b Absatz 6 und § 51 Absatz 4 Nummer 1a).

(33)1§ 32b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 Buchstabe c ist erstmals auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.2§ 32b Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.3§ 32b Absatz 3 bis 5 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für ab dem 1. Januar 2018 gewährte Leistungen anzuwenden.

(33a)1§ 32c in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 anzuwenden.2§ 32c ist im Veranlagungszeitraum 2016 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der erste Betrachtungszeitraum die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016 umfasst.3Die weiteren Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022.4§ 32c ist letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(33b)1§ 32d Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 erzielt werden.2Auf Kapitalerträge aus Darlehen an die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, deren rechtliche Grundlage vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde, ist § 32d Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.3§ 32d Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals auf Anträge für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden.

(33c) Die §§ 33 und 33b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2770) sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.

(34)1§ 34a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden.2§ 34a Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für unentgeltliche Übertragungen nach dem 5. Juli 2017 anzuwenden.

(34a) Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2014 ist § 34c Absatz 1 Satz 2 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Wörter „Summe der Einkünfte“ die Wörter „Summe der Einkünfte abzüglich des Altersentlastungsbetrages (§ 24a), des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende (§ 24b), der Sonderausgaben (§§ 10, 10a, 10b, 10c), der außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 bis 33b), der berücksichtigten Freibeträge für Kinder (§§ 31, 32 Absatz 6) und des Grundfreibetrages (§ 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1)“ treten.

(34b)1§ 34d Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, bei denen die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt, und nur soweit den Gewinnen nach dem 31. Dezember 2018 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen.2§ 34d Nummer 7 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Wertveränderungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 eintreten.

(35)1§ 34f Absatz 3 und 4 Satz 2 in der Fassung des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297) ist erstmals anzuwenden bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e Absatz 1 bis 5 in der Fassung des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297).2§ 34f Absatz 4 Satz 1 ist erstmals anzuwenden bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e Absatz 1 bis 5 oder nach § 15b des Berlinförderungsgesetzes für nach dem 31. Dezember 1991 hergestellte oder angeschaffte Objekte.

(35a)1§ 35c ist erstmals auf energetische Maßnahmen anzuwenden, mit deren Durchführung nach dem 31. Dezember 2019 begonnen wurde und die vor dem 1. Januar 2030 abgeschlossen sind.2Als Beginn gilt bei energetischen Maßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird.3Bei nicht genehmigungsbedürftigen Vorhaben für solche Vorhaben, die nach Maßgabe des Bauordnungsrechts der zuständigen Behörde zur Kenntnis zu geben sind, gilt als Beginn der Zeitpunkt des Eingangs der Kenntnisgabe bei der zuständigen Behörde und für sonstige nicht genehmigungsbedürftige, insbesondere genehmigungs-, anzeige- und verfahrensfreie Vorhaben, der Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung.

(35b)1§ 36 Absatz 2 Nummer 2 Satz 5 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.2§ 36 Absatz 2 Nummer 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(35c)1§ 36a in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2016 zufließen.2§ 36a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2019 zufließen.

(35d) § 37 Absatz 3 Satz 3 ist auf Antrag des Steuerpflichtigen mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1.
für den Veranlagungszeitraum 2019 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 21. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 28. Kalendermonat,
2.
für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 21. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 29. Kalendermonat,
3.
für den Veranlagungszeitraum 2022 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 20. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 28. Kalendermonat,
4.
für den Veranlagungszeitraum 2023 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 18. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 26. Kalendermonat und
5.
für den Veranlagungszeitraum 2024 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 17. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 25. Kalendermonat
tritt.

(36)1Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem Schreiben mitteilen, wann das in § 39 Absatz 4 Nummer 5 genannte Lohnsteuerabzugsmerkmal erstmals abgerufen werden kann (§ 39e Absatz 3 Satz 1).2Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen.3§ 39 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden; er kann im Rahmen eines Pilotprojekts mit Echtdaten bereits ab dem 1. Januar 2023 angewendet werden.

(37)1Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem Schreiben mitteilen, ab wann die Regelungen in § 39a Absatz 1 Satz 3 bis 5 erstmals anzuwenden sind.2Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen.

(37a) § 39f Absatz 1 Satz 9 bis 11 und Absatz 3 Satz 1 ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.

(37b)1§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 4 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30. November 2015 zufließen.2Bei der Lohnsteuerberechnung auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015, aber vor dem 1. Januar 2016 endenden täglichen, wöchentlichen und monatlichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, ist zu berücksichtigen, dass § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 4 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung bis zum 30. November 2015 nicht angewandt wurde (Nachholung).3Das Bundesministerium der Finanzen hat dies im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bei der Aufstellung und Bekanntmachung der geänderten Programmablaufpläne für 2015 zu berücksichtigen (§ 39b Absatz 6 und § 51 Absatz 4 Nummer 1a).4In den Fällen des § 24b Absatz 4 ist für das Kalenderjahr 2015 eine Veranlagung durchzuführen, wenn die Nachholung nach Satz 2 durchgeführt wurde.

(37c)1§ 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 in der am 17. November 2016 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem nach dem 31. Dezember 2016 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31. Dezember 2016 zugewendet werden, und letztmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.2§ 40 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und Satz 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Freifahrtberechtigungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 gewährt werden.

(38) § 40a Absatz 2, 2a und 6 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals ab dem Kalenderjahr 2013 anzuwenden.

(39) (weggefallen)

(40) § 40b Absatz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist weiter anzuwenden auf Beiträge für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und Zuwendungen an eine Pensionskasse, wenn vor dem 1. Januar 2018 mindestens ein Beitrag nach § 40b Absatz 1 und 2 in einer vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung pauschal besteuert wurde.

(40a)1§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für Lohnzahlungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 enden.2§ 41a Absatz 4 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 24. Februar 2016 (BGBl. I S. 310) gilt für eine Dauer von 60 Monaten und ist erstmals für laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für den Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, der nach dem Kalendermonat folgt, in dem die Europäische Kommission die Genehmigung zu diesem Änderungsgesetz erteilt hat; die Regelung ist erstmals für sonstige Bezüge anzuwenden, die nach dem Monat zufließen, in dem die Europäische Kommission die Genehmigung zu diesem Änderungsgesetz erteilt hat.3§ 41a Absatz 4 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) gilt für eine Dauer von 72 Monaten und ist erstmals für laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen ab dem 1. Juni 2021 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die ab dem 1. Juni 2021 zufließen.

(41) Bei der Veräußerung oder Einlösung von Wertpapieren und Kapitalforderungen, die von der das Bundesschuldbuch führenden Stelle oder einer Landesschuldenverwaltung verwahrt oder verwaltet werden können, bemisst sich der Steuerabzug nach den bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Vorschriften, wenn die Wertpapier- und Kapitalforderungen vor dem 1. Januar 1994 emittiert worden sind; dies gilt nicht für besonders in Rechnung gestellte Stückzinsen.

(42)1§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist erstmals auf Verträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2006 abgeschlossen werden.2§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.3§ 43 Absatz 1 Satz 6 und Absatz 2 Satz 7 und 8 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.4§ 43 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.5§ 43 Absatz 1 Satz 6 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen.

(42a) § 43a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.

(42b) § 43b und Anlage 2 (zu § 43b) in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind erstmals auf Ausschüttungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 zufließen.

(43)1Ist ein Freistellungsauftrag im Sinne des § 44a vor dem 1. Januar 2023 unter Beachtung des § 20 Absatz 9 in der bis dahin geltenden Fassung erteilt worden, hat der nach § 44 Absatz 1 zum Steuerabzug Verpflichtete den angegebenen Freistellungsbetrag um 24,844 Prozent zu erhöhen.2Ist in dem Freistellungsauftrag der gesamte Sparer-Pauschbetrag angegeben, ist der Erhöhungsbetrag in voller Höhe zu berücksichtigen.

(44)1§ 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 2a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.2§ 44 Absatz 6 Satz 2 und 5 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.3§ 44 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.4§ 44 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 29. Dezember 2020 zufließen.

(44a)1§ 45a Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 29. Dezember 2020 zufließen.2§ 45a Absatz 6 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.3§ 45a Absatz 2a und 7 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.4§ 45a Absatz 7 Satz 3 in der am 8. Juni 2021 geltenden Fassung ist letztmals anzuwenden für Kapitalerträge, die vor dem 1. Januar 2024 zufließen.

(44b) § 45b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.

(44c) § 45c in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.

(45)1§ 45d Absatz 1 in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung ist erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2013 zufließen; eine Übermittlung der Identifikationsnummer hat für Kapitalerträge, die vor dem 1. Januar 2016 zufließen, nur zu erfolgen, wenn die Identifikationsnummer der Meldestelle vorliegt.2§ 45d Absatz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.3§ 45d Absatz 3 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist für Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 abgeschlossen werden.

(45a)1§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e Doppelbuchstabe cc in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, bei denen die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt, und nur soweit den Gewinnen nach dem 31. Dezember 2018 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen.2§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Wertveränderungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 eintreten.3§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Satz 1 und 2 und Nummer 6 in der am 20. Dezember 2022 geltenden Fassung ist, soweit die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung von sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt, auf alle offene Fälle anzuwenden; im Übrigen ist § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Satz 1 und 2 und Nummer 6 in der am 20. Dezember 2022 geltenden Fassung auf Veräußerungen, die nach dem 31. Dezember 2022 erfolgen oder auf Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen, anzuwenden.4§ 49 Absatz 1 Nummer 5 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2018 zufließen.5§ 49 Absatz 1 Nummer 11 in der am 1. Juli 2021 geltenden Fassung ist erstmals auf Einkünfte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 zufließen.

(46)1§ 50 Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.2§ 50 Absatz 1a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 geleistet werden.3§ 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.4§ 50 Absatz 4 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.5§ 50 Absatz 1 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

(47)1Der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des § 50a Absatz 3 und 5 in der am 18. August 2009 geltenden Fassung wird durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung bestimmt, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf; dieser Zeitpunkt darf nicht vor dem 31. Dezember 2011 liegen.2§ 50a Absatz 7 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals auf Vergütungen anzuwenden, für die der Steuerabzug nach dem 31. Dezember 2014 angeordnet worden ist.

(47a)1§ 50c Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Einkünfte anzuwenden, die dem beschränkt Steuerpflichtigen nach dem 31. Dezember 2021 zufließen; die Geltung von Ermächtigungen nach § 50d Absatz 5 und 6 des Gesetzes in der Fassung, die vor dem Inkrafttreten des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) galt, endet spätestens zu diesem Zeitpunkt.2§ 50c Absatz 5 Satz 1, 3 und 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 gestellt werden; für Anträge, die gemäß § 50c Absatz 2 oder 3 bis zu diesem Zeitpunkt gestellt werden, ist der amtlich vorgeschriebene Vordruck zu verwenden.3§ 50d Absatz 1 Satz 7 und 8 in der vor dem 9. Juni 2021 geltenden Fassung ist bis zum 31. Dezember 2024 anzuwenden.

(47b) § 50d Absatz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist in allen offenen Fällen anzuwenden, es sei denn, § 50d Absatz 3 in der Fassung, die zu dem Zeitpunkt galt, in dem die Einkünfte zugeflossen sind, steht dem Anspruch auf Entlastung nicht entgegen.

(47c) § 50e Absatz 1 und 4 bis 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden.2§ 50e Absatz 2 und 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf die nach dem 31. Dezember 2024 nicht oder nicht vollständig erfolgte Übermittlung von Daten oder Mitteilungen anzuwenden.

(48)1§ 50i Absatz 1 Satz 1 und 2 ist auf die Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Anteilen anzuwenden, die nach dem 29. Juni 2013 stattfindet.2Hinsichtlich der laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Personengesellschaft ist die Vorschrift in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.3§ 50i Absatz 1 Satz 4 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals auf die Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Anteilen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 stattfindet.4§ 50i Absatz 2 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals für Einbringungen anzuwenden, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31. Dezember 2013 geschlossen worden ist.

(48a) § 51 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) gilt erstmals für die Vergabe von Ordnungsnummern zu Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2023 zufließen.

(49) § 51a Absatz 2c und 2e in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 2014 zufließende Kapitalerträge anzuwenden.

(49a)1§ 62 Absatz 1a in der am 18. Juli 2019 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Juli 2019 beginnen.2§ 62 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen.3§ 62 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 11 Nummer 2 des Gesetzes vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Mai 2022 beginnen.4§ 62 Absatz 2 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen.5Die §§ 62, 63 und 67 in der am 9. Dezember 2014 geltenden Fassung sind für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen.6Die §§ 62, 63 und 67 in der am 9. Dezember 2014 geltenden Fassung sind auch für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die vor dem 1. Januar 2016 liegen, der Antrag auf Kindergeld aber erst nach dem 31. Dezember 2015 gestellt wird.7§ 66 Absatz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen.8§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen.9§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen.10§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen.11§ 66 Absatz 3 ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 und vor dem 18. Juli 2019 eingehen.12§ 69 in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist erstmals am 1. November 2019 anzuwenden.13§ 66 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2210) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 30. Juni 2019 beginnen.14§ 66 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2616) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen.15§ 69 Satz 1 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals am 1. Januar 2024 anzuwenden.16§ 69 Satz 2 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.17§ 69 Satz 3 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals anzuwenden für Kinder, deren Geburt nach dem 31. Dezember 2023 erfolgt.

(50)1§ 70 Absatz 1 Satz 2 ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18. Juli 2019 eingehen.2§ 70 Absatz 4 in der am 31. Dezember 2011 geltenden Fassung ist weiter für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die vor dem 1. Januar 2012 enden.

(51)1§ 89 Absatz 2 Satz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden.2§ 89 Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2020 anzuwenden.

(51a)1Auf Stundungsfälle, bei denen der Beginn der Auszahlungsphase vor dem 1. Januar 2023 liegt, findet § 95 Absatz 2 Satz 2 bis 5 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung weiter Anwendung.2Bei Stundungsfällen, bei denen der Rückzahlungsbetrag nach § 95 Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung gestundet wurde und der Beginn der Auszahlungsphase nach dem 31. Dezember 2022 liegt, sind die Stundungszinsen zu erlassen und ist § 95 in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(52) § 110 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.

(53) § 111 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 anzuwenden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt, die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.

2

Der 1981 geborene Kläger hat mit der Verkehrsfliegerschule X Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag geschlossen. Gegenstand des Vertrages ist die fliegerische Grundschulung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer nach den Standards der X AG durch die X. Es handelt sich um die erstmalige Berufsausbildung.

3

Laut § 10 des Schulungsvertrages trägt der Kläger von den Gesamtkosten einen Eigenanteil von 40.903,00 EUR. Dieser wird zwölf Monate nach Schulungsbeginn fällig. Die restlichen Kosten für die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer werden von der X AG getragen. Nach der Anlage 2 Nebenleistungen wird eine Bezuschussung der Kantinenverpflegung (montags bis freitags) zugesagt. Zur Finanzierung des Eigenanteils wurde zwischen dem Kläger und der X AG Anfang August 2003 ein Darlehensvertrag über die Darlehenssumme in Höhe von 40.903,00 EUR geschlossen. Das Darlehen wurde vollständig und ausschließlich für die Zahlung des Eigenanteils verwendet. Die Ausschüttung erfolgte zwölf Monate nach Schulungsbeginn disagiofrei durch eine Zahlung an die X. Nach § 3 des Darlehensvertrages wurde der Darlehensbetrag für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellt. Auf den Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag wird Bezug genommen.

4

Nach § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger von der X AG oder einer konzernabhängigen Gesellschaft fällt, ein Cockpitplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstehen.

5

Die X AG bescheinigte dem Kläger Ende August 2003, dass er sich ab Ende August 2003 bei der X in der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer befindet und die Schulung voraussichtlich bis Ende August 2005 dauern wird. Während der Schulung erhält der Kläger von der X GmbH kein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Auf den Schulungsvertrag wird Bezug genommen. Die Rechnung über den Eigenanteil erfolgte durch die X Anfang August 2004 und die erfolgte Zahlung wurde Mitte September 2004 bestätigt. Mit Schreiben im Juli 2006 bot die X AG dem Kläger einen Arbeitsplatz an.

6

Mit der am 24. Juli 2006 beim Finanzamt eingegangenen Einkommensteuer (ESt) - Erklärung für 2004 begehrte der Kläger den Abzug des Eigenanteils der Schulungskosten von 40.903,00 EUR sowie der Fahrtkosten in Höhe von rund 120,00 EUR als vorweggenommene Werbungskosten. In der Anlage zur Steuererklärung verweist der Kläger auf die einschlägigen Vorschriften der §§ 611-630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und trägt vor, dass zwischen ihm und der X AG ein Ausbildungsdienstverhältnis im Sinne von § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG 2004) begründet worden sei. Es handele sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis, das weitestgehend Parallelität zum Berufsausbildungsgesetz (BBiG) aufweise. Die Zinsfreiheit des Darlehens sowie die verbilligte Beköstigung seien als geldwerter Vorteil/Sachbezug unstreitig der Lohnsteuer zu unterwerfen.

7

Mit ESt-Bescheid vom 9. August 2006 (Null-Festsetzung) lehnte das Finanzamt den Werbungskostenabzug mit dem Hinweis ab, es handele sich weder um ein Zweitstudium noch um ein Ausbildungsdienstverhältnis. Die Aufwendungen wurden daher nur in Höhe von 4.000,00 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt. Ebenfalls am 9. August 2006 wurde der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 zur ESt in Höhe von 3.376,00 EUR (Höhe der negativen Einkünfte für 2003 laut ESt-Bescheid vom 16. Januar 2006) erteilt.

8

Mit fristgerechtem Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid wurde der Werbungskostenabzug für den Eigenanteil an den Schulungskosten in Höhe von 40.903,00 EUR geltend gemacht. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung seien Werbungskosten, wenn die Bildungsmaßnahme im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Die steuerlichen Voraussetzungen für ein solches Dienstverhältnis (Ausbildungsdienstverhältnis) lägen im Streitfall vor. Aus den vorliegenden Unterlagen (Schulungs- und Darlehensvertrag, Rechnung über die Schulungskosten, Bescheinigung der X über den Zahlungseingang) ergebe sich das Ausbildungsdienstverhältnis in seiner Wechselbeziehung.

9

Werbungskosten seien nur in dem Kalenderjahr abziehbar, in dem sie geleistet worden seien (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und den Zeitraum, für den die Leistung wirtschaftlich erfolgt sei, komme es nicht an. Das gelte auch für Aufwendungen, die aus Darlehen bestritten würden (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. Dezember 1971, VI R 209/69). Die Schulungskosten seien in 2004 geleistet worden. Die Modalität des abgekürzten Zahlungsweges sei in den Unterlagen unmissverständlich dokumentiert worden. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 30. August 2006, 9. Oktober 2006, 23. Oktober 2006, 21. Februar 2007 und 20. April 2007 Bezug genommen.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium würden nur noch insoweit berücksichtigt werden, als die Regelungen zu den Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen dies ausdrücklich zulassen würden. Begünstigt seien weiterhin die Aufwendungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses einschließlich eines berufsintegrierten Erststudiums. Eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Studium finde im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses sei. Zu den Ausbildungsdienstverhältnissen würden zum Beispiel die Berufsausbildungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 3, §§ 4-52 BBiG zählen. Es liege kein Ausbildungsdienstverhältnis vor, wenn die Berufsausbildung oder das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses sei, auch wenn die Berufsausbildungsmaßnahme oder das Studium seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln (z.B. eines Stipendiums) gefördert werde (Tz. 27 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005).

11

Ein Ausbildungsdienstverhältnis liege nur dann vor, wenn die in Ausbildung befindliche Person während der Zeit der Ausbildung Arbeitslohn aus einem zum Zwecke der Ausbildung eingegangenen oder fortbestehenden Dienstverhältnis erhalte und das Dienstverhältnis im Wesentlichen durch die Ausbildung geprägt sei. Entscheidendes Merkmal des Ausbildungsverhältnisses sei der Bezug von steuerpflichtigen Einkünften während der Ausbildung. Denn nur dann werde der Aspekt der Ausbildung durch den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn überlagert (R24 Lohnsteuerrichtlinien -LStR- und H34; Hessisches Finanzgericht -FG- vom 15. Februar 1996, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1996, 848; Bundesfinanzhof -BFH- vom 15. April 1996, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1996, 804).

12

Die Ausbildung zum Berufspiloten werde als andere Bildungsmaßnahme einer Berufsausbildung im Sinne des § 12 Abs. 5 EStG 2004 gleichgestellt (Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005). Im Streitfall sei jedoch weder durch den Schulungsvertrag von August 2003 mit der X noch durch die Gewährung des für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens ein Ausbildungsdienstverhältnis im oben aufgeführten Sinne begründet worden. Die Ausbildungsmaßnahme des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer erfülle zwar die Voraussetzung des § 1 Abs. 3 BBiG. Gemäß § 17 Abs. 1 BBiG hätten Ausbildende den Auszubildenden jedoch eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Zahlung und Höhe der Vergütung (§ 17-19 BBiG) seien im Vertrag über die Begründung des Ausbildungsverhältnisses aufzunehmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 BBiG). Der BFH habe bereits im Urteil vom 15. April 1996 (a.a.O.) den Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses wie folgt definiert: „Nach der Rechtsprechung des Senats können Kosten für die Berufsausbildung dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht.“ Im vorliegenden Fall liege jedoch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor; dem Kläger werde keine Vergütung im Sinne von § 17 BBiG gewährt.

13

Gemäß § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger nach erfolgreicher Schulung von der X oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaftein Cockpitarbeitsplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstünden (vgl. auch FG Münster vom 2. September 2002, EFG 2003, 34).

14

Die zinslose Hingabe eines Darlehens und verbilligte Beköstigung könnten steuerpflichtiger Sachbezug sein. Voraussetzung hierfür sei, dass sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewährt würden und der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil Entlohnungscharakter habe. Steuerpflichtiger Arbeitslohn sei dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen würden, die „für“ seine Arbeitsleistung gewährt würden. Das sei der Fall, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger sei mit dem Schulungsvertrag von August 2003 zur Ausbildung als Berufspilot an eine Bildungsmaßnahme im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG 2004 eingegangen, deren Kosten er teilweise selbst zu tragen habe. Für die Zeit der Schulung liege kein Arbeitsverhältnis vor, aus dem ihm Zuwendungen für seine Arbeitsleistung zufließen würden. Auch im Darlehensvertrag werde stets zwischen „Schulung“ und sich eventuell anschließendem „Cockpit-Arbeitsverhältnis“ unterschieden. Weder die Hingabe des gemäß § 3 des Darlehensvertrages für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens noch die laut Anlage zum Schulungsvertrag von der X als Nebenleistung zu erbringende Bezuschussung der Kantinenverpflegung stelle eine Entlohnung (Zuwendung) im oben aufgeführten Sinne im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses dar. Nach alledem handele es sich bei den dem Kläger in 2004 entstandenen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung zum Berufspiloten im internationalen Flugverkehr um Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2004, deren Abzug auf 4.000,00 EUR begrenzt sei und für die ein Verlustvortrag nicht in Betracht komme.

15

Hiergegen richtet sich die vorliegende fristgerecht erhobene Klage, mit der ergänzend Folgendes vorgetragen wird:

16
1. Dienstverhältnis nach § 12 Nr. 5 EStG
17

Der Begriff „Dienstverhältnis“ erscheine in § 12 Nr. 5 EStG 2004 erstmals als Begriff im EStG. Es sei rechtssystematisch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den steuerlichen Begriff deckungsgleich mit dem des BGB erfassen wollte. Letzterer gehe über ein „Arbeitsverhältnis“ im engeren Sinne naturgemäß hinaus, gebe es doch praktisch im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft Ausbildungsverhältnisse, die sehr unterschiedlicher (Rechts)Natur seien.

18

Hätte der Steuergesetzgeber eine andere als die gesetzliche Bezeichnung gewählt, z.B. Arbeitsverhältnis oder Ausbildungs-Arbeitsverhältnis in seiner einengenden Form, wie sie nunmehr das Finanzamt auslege, mit den Elementen „Arbeit“ und „Lohnzahlung“ im herkömmlichen Sinne, so würden sich die völlig verschiedenen - auch bislang vom BFH anerkannten - im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bereich praktizierten Standardfälle der Ausbildungsdienstverhältnisse nicht alle abdecken lassen, etwa zwischen dem zum Studium abgestellten und fortbezahlten Offizier und dem Auszubildenden einer konzerneigenen (unproduktiven) Ausbildungsstätte, der nach § 21 Abs. 1 BBiG mit seiner abgeschlossenen Ausbildung ausdrücklich keinen Anspruch auf die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis habe. Gerade im Hinblick auf § 21 Abs. 1 BBiG mache es daher wenig Sinn, die steuerliche Nichtanerkennung der Pilotenausbildung als Ausbildungsverhältnis darauf zu stützen, dass diese lediglich keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Übernahme in ein Anstellungsverhältnis gehabt habe, dass dieser jedoch vertraglich zugesagt sei und nur durch die Bedarfskapazität der X bedingt sei. Gleichwohl kenne das BGB unter anderem auch im Arbeitsrecht die „faktischen Arbeitsverhältnisse“. Dieses komme nach Palandt (64. Aufl., Tz. 29 Vor § 111 BGB) dann zustande, „wenn ein Arbeitnehmer ohne einen wirksamen Arbeitsvertrag tatsächlich Arbeit leistet“. Im Fall des FG Hamburg vom 13. September 2002 (VI 189/00) sei im Wege einer Anrufungsauskunft Einigkeit darüber erzielt worden, dass bei gleichgelagerter Pilotenausbildung „faktische Ausbildungsverhältnisse“ begründet würden. Dass eine Schulung der hier anstehenden Art sowohl selbstständiger wie ausschließlicher Gegenstand eines (faktischen) Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses sein könne, dürfte unstreitig sein.

19
2. Zum erforderlichen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang
20

Bei öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnissen mache die eigentliche Schulung das zentrale Element des steuerlich anzuerkennenden Dienstverhältnisses aus - und nicht die geleistete Arbeit -, wenn sie denn überhaupt anfallen bzw. verwertbar sein solle. Deshalb erfordere ein Ausbildungsdienstverhältnis einen „öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang“. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer trage unbestritten dieser Forderung in besonderer Strenge Rechnung. Das Vorliegen einer „Berufsausbildung“ bestätige auch das BMF-Schreiben vom 4. November 2005.

21
3. Nicht jede Fliegerausbildung basiere auf einem Ausbildungsdienstverhältnis.
22

Vom Kläger werde auf die zwei unterschiedlichen Ausbildungswege für Piloten verwiesen.

23
a) Die Ausbildung an einer privatwirtschaftlichen eigenständigen Fliegerschule
24

Diese erfolge - vergleichsweise einem Studium an einer staatlichen oder privaten Bildungsanstalt - voll auf eigene Kosten und Risiko, ohne jede Bezuschussung oder Sachbezug, da keine (Ver-)Bindung zu einem potenziellen späteren Arbeitgeber bestehe. Der Absolvent müsse sich nach der Ausbildung am Arbeitsmarkt um eine Anstellung bemühen. Diese Sachlage bestehe im Fall des Urteils des Hessischen FG vom 15. Februar 1996. Dieser Pilotenausbildung liege bei einer privaten Fliegerschule ein Auftragsverhältnis des zu Schulenden zu Grunde.

25
b) Die Schulung der Flugschüler durch eine Fluggesellschaft selbst oder eine konzerneigene Flugschule zur Rekrutierung ihres eigenen Pilotenbedarfs.
26

Dieses unter gravierender Bezuschussung und de facto gegebener Einstellungsgarantie. Nach der erfolgreichen Ausbildung werde dem Absolventen von der X „automatisch“ gemäß Kapazitätsplan ein Arbeitsvertrag als Co-Pilot angeboten. Denn erst die Übernahme als Co-Pilot löse die Darlehensrückzahlung und -verzinsung aus. Dabei sei naturgemäß eine gewisse Zeitspanne (beim Kläger seien es zwei Jahre gewesen) zu überbrücken, da die Schulungskapazitäten der X-eigenen Flugschule zu keiner Zeit mit dem jeweiligen betrieblichen Nachwuchsbedarf praktisch übereinstimmen könnten. Hier müsse es der Fluggesellschaft rechtlich möglich sein, die Absolventen gemäß Kapazitätsplan - wie er auch vorliege - einzustellen, wobei sich die Aspiranten für ein freies Flugzeug eintragen könnten.

27
4. Lohnzahlung
28

Das Finanzamt vertrete die Auffassung, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis Lohnzahlungen voraussetze, woran es hier fehle. Anzuknüpfen sei hier wieder an die unterschiedlichen Varianten der nach neuem Recht anerkannten Dienstverhältnisse. Diese würden eine Gestaltungsvielfalt hinsichtlich praktizierter Entlohnungen bzw. Vergütungen zeigen. So reiche die vom Auszubildenden übernommene Vergütung vom vollen gezahlten Lohn für erbrachte, produktive Arbeit bis zur rein sozial begründeten Vergütung (§ 17 BBiG) zum notwendigen Lebensunterhalt, der keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung gegenüberstehe (Unterhaltszuschüsse, Beihilfen). Alle diese Leistungen hätten gleichwohl steuerlich relevanten Lohncharakter. Die Lohnsteuer biete hier also eine Auffangposition unterschiedlichster Bezüge, die nichts mit der Arbeit zu tun hätten müssen - aber so versteuert würden.

29

Höhe, Art und Zeitraum, für den die Vergütung im Rahmen des Ausbildungsdienstverhältnisses zu zahlen sei, müssten je nach Art des Ausbildungsdienstverhältnisses somit sehr unterschiedlich gestaltet sein, um den jeweiligen Ausbildungsverhältnissen gerecht zu werden und um gleichwohl als steuerlicher Lohn zugeordnet zu werden. Das BBiG z.B. setze für die Höhe „Angemessenheit“ nach § 17 Abs. 1 BBiG voraus. Was die Art angehe, sage z.B. § 17 Abs. 2 BBiG, dass bis 75 % des Bruttobetrages als steuerlich anerkannter Sachbezug erbracht werden könnten. Art und Umfang der steuerlichen Sachbezüge seien je nach Ausbildungssituation vielschichtig und unterschiedlich hoch, insbesondere bei anfallenden Lebenshaltungskosten (externe Unterbringung und Verpflegung in firmeneigenen Unterkünften, Reise- und Schulungskosten, Bekleidung, Finanzierung der Ausbildung etc.). Somit trage die 75 %-Grenze hier den fallweisen privatwirtschaftlichen Belangen Rechnung. Die 75 %-Grenze für Ausbildungsverhältnisse nach dem BBiG gelte nur dort. Entscheidend für Art und Umfang der Sachbezüge seien allein die jeweiligen individuellen Gegebenheiten. Dies gelte auch bei der Ausbildung von Piloten. Deren Sachbezüge seien - abgesehen von den Darlehenszinsen - namentlich in der Anlage 2 zum Schulungsvertrag „Nebenleistung“ aufgeführt. Eine genaue Bezifferung dieser Sachbezüge sei bislang wohl deshalb unterblieben, weil diese Betragsangaben bis 2003 steuerlich nicht von Bedeutung gewesen seien und weil sich die danach ergebenden steuerpflichtigen Sachbezüge in vollem Umfang auch wieder als Werbungskosten absetzen lassen würden. Aus einer so unterbliebenen Bezifferung der Sachbezüge könne nicht die steuerliche Folgerung gezogen werden, dass solche überhaupt nicht vorlägen. Eine Bezifferung könne jedoch ohne weiteres hinsichtlich der Darlehenszinsen erfolgen: Zur zinslosen Darlehensgewährung, die von der Mitte der Ausbildung (Ausbildungsdauer 23 Monate) bis zum Berufseintritt (bei geplanten zwei Jahren Wartezeit) etwa drei Jahre umfasse, wäre ein Zins von 5 % auf 40.903,00 EUR zu berücksichtigen (R 31 Abs. 11 LStR), insgesamt 6.135,00 EUR.

30

Was den Zeitraum angehe, müsse nicht während der genauen Ausbildungszeit eine entsprechende Vergütung laufend gewährt werden (so BFH vom 19. April 1996 in dem Falle, dass in einem zur Ausbildung erforderlichen vorgeschalteten Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) keine Vergütung geleistet worden sei, was hinsichtlich der geforderten Ausbildungsvergütung während der Ausbildungszeit unschädlich gewesen sei). Bei der Pilotenausbildung hingegen gelte für den Sachbezug aus dem Darlehen, dass dieses vom Fälligkeitszeitpunkt bis zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Konzern zins- und tilgungsfrei gestellt werde, also nachlaufende Sachbezüge. Weiter heiße es in § 5 Abs. 6 des Darlehensvertrages, dass die X auf Darlehensrückzahlung und Zinsen verzichte, wenn sie dem Absolventen aus betrieblichen Gründen nicht „innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung“ einen Cockpit-Arbeitsplatz anbiete.

31

Der Kläger begehrt die folgenden Werbungskosten:

32

Schulungskosten

40.903,00 EUR

Schulungsaufenthalt in Phoenix, USA vom Februar bis Juli 2004

        

erste drei Monate Verpflegungspauschale, 90 Tage x 36,00 EUR

3.240,00 EUR

Telefonate im Schätzwege (20 x 6 Monate)

120,00 EUR

sonstige Nebenkosten geschätzt

     100,00 EUR

vorweggenommene Werbungskosten

44.483,00 EUR

33

Der BFH habe mit Urteil VI R 8/09 vom 23. August 2011 die Kosten für die Pilotenausbildung in diesem und ähnlich gelagerten Fällen als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt. Zur Abhilfe habe sich das beklagte Finanzamt nicht veranlasst gesehen, da die angeführten BFH-Urteile nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt (BStBl) II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden seien.

34

Statt einer solchen Veröffentlichung habe der Gesetzgeber reagiert und im Bundesgesetzblatt (BGBl) am 13. Dezember 2011 das „Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie Änderungen steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz, BeitrRL-UmsG) verabschiedet. In Art. 2 dieses „Nichtanwendungsgesetzes“ seien Änderungen von §§ 4, 9 EStG und die Neufassung von § 12 Nr. 5 EStG - jeweils in § 52 EStG rückwirkend auf den 1. Januar 2004 - beschlossen worden. Der Gesetzgeber und das BMF hätten die Rechtmäßigkeit einer solchen Gesetzesrückwirkung damit begründet, dass es lediglich eine „Klarstellung“ an der vorangegangenen Gesetzesänderung aus 2004 (insbesondere § 12 Nr. 5 EStG) gewesen sei.

35

Mit der Nichtabhilfe durch das Finanzamt habe die Rechtsänderung eine echte Rückwirkung entfaltet, die in besonders krasser Weise den Vertrauensschutz des Klägers negativ beeinträchtige. In diesem Zusammenhang werde auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 2010 zur rückwirkenden Verlängerung der steuerauslösenden Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahren verwiesen. Eine Rechtsnorm entfalte dann eine echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolgen mit belastender Rückwirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten solle (Rückwirkung von Rechtsfolgen). Der Prozessbevollmächtigte und der Kläger hätten aus prozessökonomischen Gesichtspunkten und allein aufgrund der besonderen absolut identischen Gegebenheiten zu dem BFH-Fall VI R 8/09 das Ruhen des Verfahrens mit dem beklagten Finanzamt übereinstimmend beschlossen. Die beiderseitige Intension habe somit nur darin liegen können, den Ausgang des BFH-Falles für das hier anhängige Verfahren zu Grunde zu legen - im Positiven wie im Negativen. Die relevante BFH-Entscheidung wurde vom BFH am 26. Oktober 2011 veröffentlicht und sei dem Finanzamt bereits vor dem 20. September 2011 bekannt gewesen. Erst am 13. Dezember 2011 sei dann die belastende Gesetzesänderung verkündet worden. Es könne nicht zu Lasten des Klägers akzeptiert werden, dass dieser sein Verfahren vor dem Finanzgericht habe ruhen lassen, und dass er allein aus diesem Grunde nicht - spätestens im Revisionsverfahren - unter anderem mit dem Fall VI R 8/09 am 23. August 2011 ein für ihn positives Urteil bekommen habe. Vom Kläger hätte zudem nicht die Skepsis erwartet werden können, wonach sich der Gesetzgeber in 2011 veranlasst gesehen habe, seine Gesetzgebung aus 2004 „reparieren“ zu müssen. Von einer bloßen Klarstellung könne dabei schon deshalb keine Rede sein, da die Eingriffe in die ursprüngliche Gesetzesfassung die bislang bestehende Rechtslage gerade auch materiell verändert und damit zu einer belastenden Rückwirkung für die Betroffenen geführt hätten.

36

Ganz allgemein stoße auch die neue Gesetzesregelung durch das BeitrRL-UmsG weiterhin auf die bereits geäußerten verfassungsmäßigen Bedenken im Hinblick auf die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips. Die Beachtung des objektiven Nettoprinzips sei vom Grundsatz steuerlich anerkannt. Es werde verwiesen auf das BVerfG (Beschluss vom 6. Juli 2010, 2 BvL 13/09 - die beschränkte Absetzbarkeit der Kosten eines Arbeitszimmers betreffend oder Urteil vom 9. Oktober 2008, 2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08 - die beschränkte Absetzbarkeit der Fahrtkosten zur Arbeitsstelle ab dem 21. Entfernungskilometer betreffend). Das BVerfG habe die Einschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit der jeweiligen Aufwendung als Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip gewertet und die Haushaltskonsolidierung ausdrücklich nicht als Rechtfertigungsgrund für die restriktive Absetzbarkeit akzeptiert.

37

Das FG Münster (5 K 3975/09 F) führt aus: „Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung - so auch Abzugsverbote für beruflich veranlasste Aufwendungen - bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes. Der Gesetzgeber kann sich hierbei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen.“ Das heiße nicht, dass sachlich gerechtfertigte Gründe einfach über eine undefinierte Typisierung oder Pauschalierung außer acht gelassen werden könnten. So habe auch das BVerfG im Beschluss vom 6. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass die Gleichbehandlung nicht überschritten werden dürfe und dass bei der Typisierung Grenzen zu beachten seien.

38

Diese besonderen Rechtfertigungsgründe für die Anerkennung der Piloten-Ausbildungskosten als „Erwerbsaufwendungen“ im Sinne des objektiven Nettoprinzips lägen bei einer Pilotenausbildung in einer im täglichen Leben fast einmaligen Konstellation vor und würden sich damit einer allgemeinen Pauschalierung und Gleichbehandlung entziehen. Dies im Hinblick auf die fast beispiellose unvermeidbare Höhe von über 44.000,00 EUR und deren Zwangsläufigkeit für denjenigen, der diesen speziellen Ausbildungsweg wähle, dies mitunter verbunden mit einem hohen finanziellen Risiko, im Falle mangelnder Eignung oder aufgrund späterer Berufsunfähigkeit. Demgegenüber würden allgemein, z.B. die universitären Ausbildungskosten (ohne Lebenshaltung) vollständig oder weitestgehend von der Allgemeinheit getragen und seien im Übrigen der Höhe nach oft gestaltbar.

39

Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 sei im Anschluss an die BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 erfolgt, aber vor der EStG-Änderung vom 14. Dezember 2011 durch das BeitrRL-UmsG. Hinzuweisen sei insbesondere auf Tz. 44-51 des obigen Finanzgerichtsurteils und dessen Relevanz zum Streitfall, dessen Ruhen am 31. August 2011 beendet gewesen sei. Eine zeitnahe Finanzgerichtsentscheidung des Gerichts bis zum 14. Dezember 2011 wäre auf der gleichen Rechts- und Sachverhaltsgrundlage erfolgt wie die des Finanzgerichts Hamburg.

40

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nehme und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setze (BFH vom 9. August 1989, I R 181/85; vom 4. November 1975, VII R 28/72, BFHE 117, 317), auf das der andere vertraue und aufgrund dessen er unwiderruflich disponiert habe (Tipke/Lang, § 214.1, 654). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben könne indes nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig sei, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssten.

41

Dem schließe sich das Finanzamt in seinem Schreiben vom 25. Januar 2012 im Umkehrschluss an: „Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen kann ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das ist dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schutzwürdiges Vertrauen bilden konnte.“

42

Der Kläger sowie der Revisionskläger aus VI R 8/09 seien persönlich gut bekannt. Sie hätten den gleichen Piloten-Lehrgang im X-Konzern absolviert und hätten sich entschlossen, unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten in absolut identischer Rechtslage die Absetzbarkeit ihrer Ausbildungskosten zu betreiben. Den Ausgang der Revision VI R 8/09 hätten der Kläger und das Finanzamt mit der hier anhängigen Klage dadurch, dass sie mit Gerichtsbeschluss vom 6. März 2009 ein Ruhen des Verfahrens beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht vereinbarten, „bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 8/09 anhängigen Verfahrens“ verknüpft. Damit sei unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine beiderseitige Bindung an die spätere Revisionsentscheidung hergestellt worden. Denn nur die durch den BFH zu entscheidende Rechtsfrage selbst habe für das Ruhen des Verfahrens bestimmend sein können. Es seien keine anderen rechtsrelevanten Erkenntnisse zu erwarten gewesen, die sonst ein Ruhen des Verfahrens gerechtfertigt hätten. In diesem Zusammenhang sei noch gesagt, dass sich Kläger und Revisionskläger darin einig gewesen seien, bei für sie negativem Ausgang der Revision deren Kosten zu teilen.

43

Mit dem Antrag des Finanzamts auf Klagabweisung setze es sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, d.h. seiner Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens, mit der daraus abgeleiteten Akzeptanz des erwarteten Revisionsergebnisses, auf das der Kläger entscheidend vertraut habe. Dieser Rechtsgrundsatz (venire contra factum proprium) gelte uneingeschränkt auch im Steuerrecht. Eine einseitige Wahlfreiheit je nach Revisionsausgang könne das Finanzamt im Nachhinein nicht für sich beanspruchen. Es könne sich nicht auf die durch die Nichtveröffentlichung fehlende Bindungswirkung berufen. Diese sei faktisch nach Treu und Glauben am 28. Juli 2011 entstanden.

44

Der allgemeine Grundsatz, wonach ein Ruhen des Gerichtsverfahrens für die Parteien keine Bindungswirkung im Prozessfortgang erzeuge (§ 110 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), bleibe dabei ebenso unberührt wie derjenige, dass BFH-Urteile von der Finanzverwaltung nicht über den Einzelfall hinaus angewandt werden müssten.

45

Im Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. Dezember 2011 heiße es zur Geltung des Vertrauensschutzes: „So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, namentlich dann zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte.“ Der Umkehrschluss führe zum Ergebnis, dass ein Rückwirkungsverbot in den Fällen bestehe, in denen ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand geltenden Rechts bestehe oder bestehen könne. Hätte der Kläger mit der jetzigen Rechtspositionierung des Finanzamts auch nur vage gerechnet, so hätte er über seinen Berater, der ja klägerseitig bereits mit der obigen Revision befasst gewesen sei, den eigenen Fall besonders leicht mit der Revision VI R 8/09 ebenfalls beim BFH anhängig machen können. Selbst unter der zeitlichen Annahme, dass das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht bis Ende der ersten Jahreshälfte 2011 für ihn negativ entschieden hätte, wäre auch sein Fall in die Entscheidung des BFH vom 28. Juli 2011 einbezogen worden - mit für ihn zweifellos positivem Ausgang.

46

Der Kläger beantragt, den Bescheid zum 31. Dezember 2004 vom 9. August 2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 zu ändern, vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 44.483,00 EUR zu berücksichtigen und den verbleibenden Verlustvortrag auf 47.859,00 EUR festzustellen.

47

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

48

Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 sowie den Schriftsatz vom 13. Juli 2007 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 teilte das Finanzamt mit, dass die Erteilung eines Abhilfebescheides derzeit nicht möglich sei. Die angeführten BFH-Urteile seien nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im BStBl II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden.

49

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinien sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRL-UmsG vom 7. Dezember 2011, BGBl I 2011, 2592) werde in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 bzw. § 12 Nr. 5 EStG geregelt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittle, nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar seien. Diese gesetzliche Regelung sei rückwirkend ab 2004 anzuwenden mit der Folge, dass die aufgeführten BFH-Urteile über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus keine Bedeutung hätten.

50

Mit dieser Anwendungsregelung werde das Vertrauen der Steuerpflichtigen in bestehende Regelungen nicht verletzt. Dem Gesetzgeber komme die Befugnis zu, durch gesetzliche Bestätigung der früheren Rechtsanwendungspraxis einer diese verwerfenden Entscheidung des BFH für davor liegende Zeiträume ihre über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu nehmen (Beschluss des BVerfG vom 12. Mai 2009, 1 BvL 1/00, BFH/NV 2009, 1382).

51

Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen könne ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das sei dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schützenswertes Vertrauen bilden konnte. Einen solchen Fall habe das BVerfG angenommen, wenn der Gesetzgeber mit einer auch bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume betreffenden Regelung die Rechtslage wieder hergestellt habe, wie sie zuvor bis zu einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den BFH sowohl in der Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung als auch der daran orientierten Rechtsanwendungspraxis auf Seiten des Steuerpflichtigen entsprochen gehabt habe (Beschluss vom 15. Oktober 2006, 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187).

52

Durch Beschluss vom 3. März 2009 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim BFH anhängigen Verfahrens VI R 8/09 angeordnet. Das Verfahren wurde am 31. August 2011 fortgeführt.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 1 Band ESt-Akte Bezug genommen. Diese war beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe

54

Die Klage ist unbegründet.

55

Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1, 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Änderung der Feststellung hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Recht abgelehnt. Die Aufwendungen für die -nicht auf einem Dienstverhältnis beruhende- erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten im Veranlagungszeitraum 2004 gem. § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 i.V.m. § 52 Abs. 23d, Abs. 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 (EStG n.F.) sind somit nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig.

56

Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. In die Höhe des festzustellenden Betrages fließen die nach § 10 d Abs. 1 und 2 EStG maßgeblichen Beträge sowie ein bereits bestehender Verlustvortrag aus Vorjahren ein. Negative Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können dennoch Werbungskosten vorliegen (vorweggenommene Werbungskosten). In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764

57

Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist jedoch gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. ausgeschlossen. Die Neureglung vom 7. Dezember 2011 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.) vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl. I 2011, 2592). Gemäß Artikel 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes trat sie am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft.

58

1. Nach § 9 Abs. 6 EStG n.F. sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG n.F. dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 4.000 Euro als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Die Vorschriften sind nach § 52 Absätze 23d und 30a EStG in der durch Art. 2 Nr. 34 Buchst. d und g des BeitrRLUmsG geänderten Fassung bereits für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden  (vgl. Finanzgericht -FG- des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

59

2. Der Kläger hat seine Ausbildung zum Berufspiloten nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert.

60

Die Regelung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG n.F. beruht auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass im Rahmen eines (Ausbildungs-) Dienstverhältnisses angefallene Aufwendungen der Erzielung von gegenwärtigen Einnahmen dienen (Loschelder in Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 12 Rn. 60). Der Gesetzgeber orientierte sich dabei an der langjährigen Rechtsprechung des BFH zu Ausbildungs-Dienstverhältnissen (BT-Drs. 15/3339, 11; BFH-Urteil vom 21. Januar 1972 VI R 337/70, BFHE 104, 203, BStBl. II 1972, 261 und vom 3. Dezember 1974 VI R 159/74, BFHE 114, 428, BStBl. II 1975, 356).

61

Ein Dienstverhältnis liegt nach § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Ausbildungs-Dienstverhältnis ist von der Rechtsprechung bspw. bei Finanzanwärtern, Rechtsreferendaren, Lehramtskandidaten und Zeitsoldaten bejaht worden (siehe v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 9 EStG Rn. B 295 m.w.N., FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201).

62

Aufwendungen für die Berufsausbildung können danach dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht (BFH-Urteil vom 15. April 1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804). Voraussetzung hierfür ist, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an der beruflichen Ausbildung oder zum Studium den Gegenstand eines entgeltlichen Dienstverhältnisses bildet (h. M., vgl. z. B. Loschelder in Schmidt, 32. Aufl. 2013, § 12 Rz. 60; H/H/R § 12 Rz. 177; Lademann § 12 Rz. 85).

63

Unter Anwendung dieser Grundsätze befand sich der Kläger im Streitjahr 2004 nicht in einem Dienstverhältnis. Er hat einen Schulungsvertrag mit der X abgeschlossen. Damit aber wurde weder ein Dienstverhältnis mit der X noch aufgrund des Darlehensvertrages ein „Dienstverhältnis“ mit seiner späteren Arbeitgeberin, der X AG, begründet. Der Kläger hat keinen Arbeitsvertrag geschlossen; er wurde weder eingestellt (§ 10 Abs. 1 BBiG) noch wurde eine Vergütung vereinbart (§ 17 BBiG).

64

Der Schulungsvertrag mit der X begründete kein Dienstverhältnis, weil der Kläger weder der X seine Arbeitskraft schuldete noch von ihr Arbeitslohn bezogen hat. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) Sachleistungen in gewissem Umfang auf die Bruttovergütung angerechnet werden können (siehe § 17 BBiG), so ändert dies nichts daran, dass nicht die X dem Kläger eine Vergütung schuldet, sondern vielmehr der Kläger einen Teil der Schulungskosten zu vergüten hatte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570).

65

Der Kläger war in der Zeit seiner Ausbildung bei der X auch nicht Arbeitnehmer der X AG. Es wurde lediglich ein Darlehensvertrag und kein Arbeitsvertrag geschlossen, so dass das Studium auch nicht verpflichtender Gegenstand eines Arbeitsvertrages war (BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 14/12, BFHE 240, 125). Tatsächlich haben der Kläger und die X in dem Schulungsvertrag nur die Durchführung einer Ausbildung zum Piloten vereinbart (§ 1 des Schulungsvertrags). In diesem Schulungsvertrag wird auch ausdrücklich hervorgehoben, dass dem Kläger erst nach der erfolgreichen Schulung ein Beschäftigungsverhältnis innerhalb des X-Konzerns angeboten werde (siehe § 14 sowie § 11 Abs. 1 des Schulungsvertrags und § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags zum Schulungsvertrag). Dieses ist nicht ausreichend (vg. Kratzsch in Frotscher, Praxiskommentar, § 12 Rn. 171; Kurzeja in Littmann, Bitz, Pust, Das EStR, § 12 Rn. 237 und Fissenewert in HHR, § 12 Anm. 177 m.N. aus der FG-Rechtsprechung). Folglich bestand nach den vertraglichen Vereinbarungen keine Verpflichtung zur Erbringung eigener Dienstleistungen.

66

Dem Kläger ist einzuräumen, dass durch die Belastung des Flugschülers mit einem erheblichen Teil der Schulungskosten ein starker wirtschaftlicher Druck ausgeübt wird; dies kann aber nicht der rechtlichen Verpflichtung zur Teilnahme an einer Ausbildungsmaßnahme, wie sie für ein Ausbildungs-Dienstverhältnis prägend ist, gleichgestellt werden. Der Kläger befindet sich insoweit nicht in einer entscheidend anderen Situation als Flugschüler, die ihre Ausbildung nicht bei einer Tochtergesellschaft eines Luftfahrtunternehmens absolvieren und keine Finanzierungshilfe von einem Luftfahrtunternehmen erhalten. Ob der Verzicht auf Zinsen bzw. Teile des Darlehns im Hinblick auf die spätere Beschäftigung bei der X bzw. einer Tochtergesellschaft steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln ist, braucht hier nicht geklärt zu werden.

67

Die Aussicht auf die spätere Einstellung bei der X AG nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung genügt für die Anwendung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG nicht, da während der gesamten Ausbildung gerade kein Dienstverhältnis bestand. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von Fällen, in denen für einen Teil der Ausbildung keine Vergütung gezahlt wird (siehe BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 96/82, BStBl. II 1986, 184).

68

3. Die gesetzlichen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und § 52 Absätze 23d und 30a EStG n.F. verstoßen nach Überzeugung des Senates nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

69

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, sogenannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187; vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 127,1). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) einer besonderen Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen werden darf (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (vgl. BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn die geltende Rechtslage, die durch die rückwirkend geltende Vorschrift geändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; vom 17. Januar 1979 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77, BVerfGE 50, 177). Dem Gesetzgeber ist es unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes daher erst recht nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228). Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Treten belastende Rechtsfolgen einer Vorschrift erst nach ihrer Verkündung ein, werden aber tatbestandlich von einem schon verwirklichten Sachverhalt ausgelöst (tatbestandliche Rückanknüpfung), spricht man von einer unechten Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., BVerfGE 127,1).

70

Im Streitfall handelt es sich - ausgehend von diesen Grundsätzen - um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn der Kläger konnte kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.

71

Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Von diesen Grundsätzen ausgehend konnte der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden. §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. regeln das Verbot des Abzugs von Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten. Die Vorschriften ersetzen die zum Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) eingeführten § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Die Vorgängerregelungen beruhten auf einer Empfehlung des Finanzausschusses, wonach Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als Kosten der privaten Lebensführung im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zur Höhe von 4.000 Euro wirksam sein sollten (BT-Drs. 15/3339). Anlass für diese Empfehlung der Neuordnung der Behandlung von Ausbildungskosten war die seinerzeit jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausbildungskosten. Der BFH hatte zuvor seine Rechtsprechung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten dahingehend geändert, dass Ausbildungskosten nicht mehr als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung anzusehen waren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sein sollten (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Der Finanzausschuss begründete seine Empfehlung damit, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre. Sie stelle die Vorsorge für die persönliche Existenz dar und diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben, weshalb die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehören würden (BT-Drs. 15/3339, S. 10). Die Empfehlungen wurden vom Gesetzgeber unverändert übernommen und traten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in Kraft. Der Gesetzgeber - oder jedenfalls der Finanzausschuss - verfolgte demnach mit der Einführung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. ebenfalls das Ziel, den Abzug von Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten nicht zuzulassen.

72

§ 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. waren nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend zu verstehen, dass der Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten beabsichtigt war. Von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wurden die Regelungen auch dahingehend verstanden und angewandt (vgl. nur FG Münster Urteile vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496; vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteile vom 4. Mai 2010, 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686 und vom 20. April 2011 2 K 1020/09, juris; FG Baden-Württemberg Urteil vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Düsseldorf Urteile vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31. August 2007 1 K 1899/06, EFG 2007, 1870; Niedersächsisches FG Urteil vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431).

73

Nach einhelliger Auffassung der Finanzgerichte verstoßen die gem. § 52 Abs. 23d und 30a EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG rückwirkend bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwendenden Vorschriften der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 in der Fassung des BeitrRLUmsG auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Auch liegt kein Verstoß gegen sonstiges Verfassungsrecht vor (FG des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Köln, Urteil vom 22. Mai 2012 13 K 3413/09, EFG 2012, 1735; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2012 10 K 4245/11, EFG 2013, 433; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011, 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

74

Der Senat teilt diese Auffassung ausdrücklich und folgt der nicht näher dargelegten Auffassung des Klägers, das Gesetz bedürfe der verfassungsrechtlichen Überprüfung, nicht. Denn wie ausgeführt, hat der Kläger von dieser historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen ausgehend, keine Dispositionen im Vertrauen auf ein in den Streitjahren geltendes Recht getroffen. Im Streitjahr 2004 konnte der Kläger in Anbetracht der §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG a.F. nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte legten die gesetzlichen Regelungen einheitlich dahingehend aus, dass ein Verbot des Werbungskostenabzugs bestand. Der BFH wich von dieser Gesetzesauslegung mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011 ab und begründete seine Entscheidungen mit einer systematischen Auslegung des Gesetzes, die zuvor in der Rechtsprechung und Literatur nicht erkannt worden war. Zuvor waren ausschließlich verfassungsrechtliche Zweifel an § 12 Nr. 5 EStG a.F. geäußert worden, die aber von den Finanzgerichten nicht als derart stark eingestuft worden waren, dass eine konkrete Normenkontrolle i.S.d. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG eingeleitet worden wäre. Demnach ist durch die gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz der allgemeine Rechtszustand wiederhergestellt worden, der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 galt.

75

Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, deren Ergebnis er für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 langjährig geübte Rechtspraxis in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).

76

4. Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist nicht gegeben. Der Senat hat bei der Entscheidung über die Klage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen, wenn die Änderung eines gebundenen Verwaltungsakts begehrt wird (BFH-Urteil vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BStBl II 1977, 706; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686). Im vorliegenden Fall sind deshalb § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG n.F. anzuwenden.

77

Das einvernehmliche Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die Revision zu VI R 8/09 führt zu keiner Bindungswirkung hinsichtlich der dortigen Entscheidung, da lediglich das Verfahren als solches ruhte. Dem Finanzamt als Beteiligten des Verfahrens steht das Recht zu, aufgrund verwaltungsinterner Anweisung dem Klageantrag (trotz Änderung der BFH-Rechtsprechung) nicht zu entsprechen.

78

5. Zwar führt die Neuregelung der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. möglicherweise in verschiedenen Fällen zu Ungleichbehandlungen, sie verstoßen nach der Überzeugung des Senates jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das objektive Netto-Prinzip.

79

Im Einkommensteuerrecht folgt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip das objektive und subjektive Nettoprinzip. Dieses besagt wiederum, dass der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also der Unterschiedsbetrag aus den Einnahmen und den Erwerbsaufwendungen (objektives Nettoprinzip) und nach Abzug der die Existenz sichernden Aufwendungen (subjektives Nettoprinzip) unterworfen werden kann. Bislang hat das BVerfG offengelassen, ob das objektive Nettoprinzip Verfassungsrang hat; jedenfalls hat es festgestellt, dass der Gesetzgeber dieses Prinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen kann (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 231 ff.). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 232).

80

Die in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. angelegte Unterscheidung zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium einerseits und sonstigen Fortbildungskosten andererseits  ist eine im gesetzgeberischen Ermessenspielraum liegende Typisierung, der eine generalisierende Beurteilung der erstmaligen Berufsausbildung als Grundlage für die berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen zugrunde liegt. Dem Steuerpflichtigen werden durch die erstmalige Berufsausbildung erstmals Kenntnisse und Fähigkeiten für die Teilnahme am Erwerbsleben vermittelt, was eine Grundvoraussetzung für seine Lebensführung ist. Typisierend geht der Gesetzgeber dabei davon aus, dass die Aufwendungen noch keinen konkreten Einnahmen, sondern zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer allgemeinen Ausbildung gegenüberstehen. Demnach werden die Aufwendungen als Lebensführungskosten mit einfach handhabbaren Abgrenzungskriterien zur Ermöglichung eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs angesehen (so zu § 12 Nr. EStG a.F. FG Düsseldorf Urteile vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201 und vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, Juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686; der BFH hat diese Frage in seinen Urteilen vom 28. Juli 2011 (VI R 5/10, BFH/NV 2011, 1776; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1782; VI R 59/09, NV, Juris; VI R 7/10, BFH/NV 2011, 1779) ausdrücklich offengelassen; kritisch beispielsweise Bergkemper, Der Betrieb 2011, 1947 (1948 f.)).

81

Regelmäßig stehen Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses, sondern dienen – wie auch im Falle des Klägers – losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer „Ausbildung“ (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

82

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die von dem Kläger absolvierte Ausbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tätigkeit als Berufspilot und den entsprechenden Einkünften führen würde. Ein derart konkreter Bezug zwischen der Ausbildung bzw. dem Studium und der späteren Berufsausübung ist nicht bei jedem Ausbildungsgang gegeben. So führen viele Studiengänge nicht zu einer bestimmten Berufstätigkeit und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Steuerpflichtiger nach abgeschlossener Berufsausbildung etwa den Beruf mangels Arbeitsplatz nicht ausüben kann und er somit keine steuerpflichtigen Einnahmen aus dem erlernten Beruf erzielen wird. Die Berücksichtigung des – vorliegend gegebenen – konkreten Zusammenhangs zwischen den Ausgaben und den künftigen Einnahmen des Klägers wäre mit dem Geltungsanspruch einer generalisierenden und typisierenden Norm nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu auch FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

83

Auch der Umstand, dass der Kläger für seine Ausbildung besonders hohe Aufwendungen tragen musste, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber ist im Rahmen von generalisierenden und typisierenden Regelungen anhand des oben geschilderten Normalfalls nicht verpflichtet, für bestimmte Einzelfälle Sonderregelungen herbeizuführen, wenn es insoweit an sachgerechten Unterscheidungskriterien mangelt. So liegt es hier. Der Gesetzgeber hat mit § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. eine Regelung geschaffen, die – zumindest in der überwiegenden Anzahl der Fälle – Abgrenzungsprobleme vermeidet. Im Rahmen dieser Generalisierung und Typisierung sind einzelfallbedingte Nachteile in Kauf zu nehmen, auch wenn sie für den Betroffenen im Einzelfall eine Härte darstellen (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

84

Die Ausbildungskosten des Klägers sind demnach gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. im Rahmen des Höchstbetrages von 4.000 Euro als Sonderausgaben abzugsfähig, was sich im Rahmen der Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG indes nicht auswirkt.

85

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

86

Die Revision wird in Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VI R 2/12 gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011 (14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686), VI R 8/12 gegen des Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011 (5 K 3975/09 F, a.a.O.), VI R 38/12 gegen das Urteil des FG Köln vom 22. Mai 2012 (15 K 3413/09, Juris), VI R 52/12 gegen das Urteil des FG München vom 15. März 2012 (12 K 2840/11, Juris) und VI R 2/13 gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. November 2012 (10 K 4245/11, EFG 2013, 433) gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch

1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt;
2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen;
3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist;
4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen, höchstens 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen.
5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert.
5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte,
6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt;
7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.

(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,

1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.4Die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 sind durch amtliche Unterlagen nachzuweisen.

(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.

(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
5Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.6Liegen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 für mehrere Tätigkeitsstätten vor, ist diejenige Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Arbeitgeber bestimmt.7Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, ist die der Wohnung örtlich am nächsten liegende Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte.8Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird; die Regelungen für Arbeitnehmer nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4a sind entsprechend anzuwenden.

(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt

1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
4Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend; Wohnung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist der Hausstand, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet sowie eine Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.5Bei einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge nach Satz 3 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge, die für die Fälle der Nummer 1 mit 120 sowie der Nummern 2 und 3 mit 80 Prozent der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder aufgerundet auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Arbeitnehmer vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im Ausland.6Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.7Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn sie mindestens vier Wochen dauert.8Wird dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, sind die nach den Sätzen 3 und 5 ermittelten Verpflegungspauschalen zu kürzen:
1.
für Frühstück um 20 Prozent,
2.
für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 Prozent,
der nach Satz 3 Nummer 1 gegebenenfalls in Verbindung mit Satz 5 maßgebenden Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag; die Kürzung darf die ermittelte Verpflegungspauschale nicht übersteigen.9Satz 8 gilt auch, wenn Reisekostenvergütungen wegen der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einbehalten oder gekürzt werden oder die Mahlzeiten nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a pauschal besteuert werden.10Hat der Arbeitnehmer für die Mahlzeit ein Entgelt gezahlt, mindert dieser Betrag den Kürzungsbetrag nach Satz 8.11Erhält der Arbeitnehmer steuerfreie Erstattungen für Verpflegung, ist ein Werbungskostenabzug insoweit ausgeschlossen.12Die Verpflegungspauschalen nach den Sätzen 3 und 5, die Dreimonatsfrist nach den Sätzen 6 und 7 sowie die Kürzungsregelungen nach den Sätzen 8 bis 10 gelten entsprechend auch für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung, die bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, soweit der Arbeitnehmer vom eigenen Hausstand im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abwesend ist; dabei ist für jeden Kalendertag innerhalb der Dreimonatsfrist, an dem gleichzeitig eine Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 oder des Satzes 4 ausgeübt wird, nur der jeweils höchste in Betracht kommende Pauschbetrag abziehbar.13Die Dauer einer Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 an dem Tätigkeitsort, an dem die doppelte Haushaltsführung begründet wurde, ist auf die Dreimonatsfrist anzurechnen, wenn sie ihr unmittelbar vorausgegangen ist.

(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.

(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

(1)1Diese Fassung des Gesetzes ist, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2023 anzuwenden.2Beim Steuerabzug vom Arbeitslohn gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass diese Fassung erstmals auf den laufenden Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 31. Dezember 2022 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.3Beim Steuerabzug vom Kapitalertrag gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass diese Fassung des Gesetzes erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden ist, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.

(2)1§ 2a Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Buchstabe b in der am 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist erstmals auf negative Einkünfte eines Steuerpflichtigen anzuwenden, die er aus einer entgeltlichen Überlassung von Schiffen auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts erzielt.2Für negative Einkünfte im Sinne des § 2a Absatz 1 und 2 in der am 24. Dezember 2008 geltenden Fassung, die vor dem 25. Dezember 2008 nach § 2a Absatz 1 Satz 5 bestandskräftig gesondert festgestellt wurden, ist § 2a Absatz 1 Satz 3 bis 5 in der am 24. Dezember 2008 geltenden Fassung weiter anzuwenden.3§ 2a Absatz 3 Satz 3, 5 und 6 in der am 29. April 1997 geltenden Fassung ist für Veranlagungszeiträume ab 1999 weiter anzuwenden, soweit sich ein positiver Betrag im Sinne des § 2a Absatz 3 Satz 3 in der am 29. April 1997 geltenden Fassung ergibt oder soweit eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte im Sinne des § 2a Absatz 4 in der Fassung des § 52 Absatz 3 Satz 8 in der am 30. Juli 2014 geltenden Fassung in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, übertragen oder aufgegeben wird.4Insoweit ist in § 2a Absatz 3 Satz 5 letzter Halbsatz in der am 29. April 1997 geltenden Fassung die Angabe „§ 10d Absatz 3” durch die Angabe „§ 10d Absatz 4” zu ersetzen.

(3) § 2b in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210; 2003 I S. 179) ist weiterhin für Einkünfte aus einer Einkunftsquelle im Sinne des § 2b anzuwenden, die der Steuerpflichtige nach dem 4. März 1999 und vor dem 11. November 2005 rechtswirksam erworben oder begründet hat.

(4)1§ 3 Nummer 5 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist vorbehaltlich des Satzes 2 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.2§ 3 Nummer 5 in der am 29. Juni 2013 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für freiwillig Wehrdienst Leistende, die das Dienstverhältnis vor dem 1. Januar 2014 begonnen haben.3§ 3 Nummer 10 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung ist weiter anzuwenden für ausgezahlte Übergangsbeihilfen an Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit, wenn das Dienstverhältnis vor dem 1. Januar 2006 begründet worden ist.4§ 3 Nummer 11b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.5§ 3 Nummer 14a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.6Ist in der für das jeweilige Leistungsjahr zuletzt übermittelten Rentenbezugsmitteilung im Sinne des § 22a in den nach § 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zu übermittelnden Daten der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch enthalten, haben die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als mitteilungspflichtige Stelle im Sinne des § 22a bis zum letzten Tag des Monats Februar 2024 für das jeweilige Leistungsjahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung zu übermitteln.7Ein Einkommensteuerbescheid ist infolge einer nach Satz 6 korrigierten Rentenbezugsmitteilung insoweit zu ändern.8Das gilt auch, wenn der Einkommensteuerbescheid bereits bestandskräftig ist; andere Änderungsvorschriften bleiben unberührt.9Auf fortlaufende Leistungen nach dem Gesetz über die Heimkehrerstiftung vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094, 2101), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2830) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung ist § 3 Nummer 19 in der am 31. Dezember 2010 geltenden Fassung weiter anzuwenden.10§ 3 Nummer 26 und 26a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.11Für die Anwendung des § 3 Nummer 34 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist das Zertifizierungserfordernis nach § 20 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit § 20 Absatz 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch für bereits vor dem 1. Januar 2019 begonnene unzertifizierte Gesundheitsmaßnahmen erstmals maßgeblich für Sachbezüge, die nach dem 31. Dezember 2019 gewährt werden.12§ 3 Nummer 37 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2030 anzuwenden, sowie beim Steuerabzug vom Arbeitslohn auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.13§ 3 Nummer 40 ist erstmals anzuwenden für

1.
Gewinnausschüttungen, auf die bei der ausschüttenden Körperschaft der nach Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1433) aufgehobene Vierte Teil des Körperschaftsteuergesetzes nicht mehr anzuwenden ist; für die übrigen in § 3 Nummer 40 genannten Erträge im Sinne des § 20 gilt Entsprechendes;
2.
Erträge im Sinne des § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a, b, c und j nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, für das das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1433) erstmals anzuwenden ist.
14§ 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe d Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Bezüge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen.15§ 3 Nummer 40 Satz 3 und 4 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.16§ 3 Nummer 40 Satz 3 erster Halbsatz in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden; der zweite Halbsatz ist anzuwenden auf Anteile, die nach dem 31. Dezember 2016 dem Betriebsvermögen zugehen.17Bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 3 Nummer 40 Buchstabe d Satz 2 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung erstmals für den Veranlagungszeitraum anzuwenden, in dem das Wirtschaftsjahr endet, das nach dem 31. Dezember 2013 begonnen hat.18§ 3 Nummer 40a in der am 6. August 2004 geltenden Fassung ist auf Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4 anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft nach dem 31. März 2002 und vor dem 1. Januar 2009 gegründet worden ist oder soweit die Vergütungen in Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, die nach dem 7. November 2003 und vor dem 1. Januar 2009 erworben worden sind.19§ 3 Nummer 40a in der am 19. August 2008 geltenden Fassung ist erstmals auf Vergütungen im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4 anzuwenden, wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft oder Gemeinschaft nach dem 31. Dezember 2008 gegründet worden ist.20§ 3 Nummer 41 in der am 30. Juni 2021 geltenden Fassung ist letztmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.21§ 3 Nummer 46 in der am 17. November 2016 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem nach dem 31. Dezember 2016 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31. Dezember 2016 zugewendet werden, und letztmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.22§ 3 Nummer 60 in der am 13. August 2020 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden für Anpassungsgelder an Arbeitnehmer im Steinkohlenbergbau bis zum Auslaufen dieser öffentlichen Mittel im Jahr 2027.23Der Höchstbetrag nach § 3 Nummer 63 Satz 1 verringert sich um Zuwendungen, auf die § 40b Absatz 1 und 2 Satz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung angewendet wird.24§ 3 Nummer 63 Satz 3 in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist nicht anzuwenden, soweit § 40b Absatz 1 und 2 Satz 3 und 4 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung angewendet wird.25§ 3 Nummer 71 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden.26§ 3 Nummer 71 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden.27§ 3 Nummer 72 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist für Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt oder getätigt werden.

(4a)1§ 3a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 erlassen wurden.2Satz 1 gilt bei einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 nicht, wenn dem Steuerpflichtigen auf Antrag Billigkeitsmaßnahmen aus Gründen des Vertrauensschutzes für einen Sanierungsertrag auf Grundlage von § 163 Absatz 1 Satz 2 und den §§ 222, 227 der Abgabenordnung zu gewähren sind.3Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 3a auch in den Fällen anzuwenden, in denen die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen wurden.4Satz 1 gilt auch für § 3a Absatz 3a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451).

(5)1§ 3c Absatz 2 Satz 3 und 4 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.2§ 3c Absatz 2 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen.3§ 3c Absatz 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist für Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Schuldenerlass nach dem 8. Februar 2017 anzuwenden, für den § 3a angewendet wird.4§ 3c Absatz 4 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen dem Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung des § 3a auf Grund eines Antrags nach Absatz 4a Satz 3 gewährt wird.

(6)1§ 4 Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.2§ 4 Absatz 1 Satz 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) gilt in allen Fällen, in denen § 4 Absatz 1 Satz 3 anzuwenden ist.3§ 4 Absatz 1 Satz 9 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.4§ 4 Absatz 3 Satz 4 ist nicht anzuwenden, soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten vor dem 1. Januar 1971 als Betriebsausgaben abgesetzt worden sind.5§ 4 Absatz 3 Satz 4 und 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 28. April 2006 (BGBl. I S. 1095) ist erstmals für Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nach dem 5. Mai 2006 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.6Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die vor dem 5. Mai 2006 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden, sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.7§ 4 Absatz 4a in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1998 endet.8Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre bleiben unberücksichtigt.9Bei vor dem 1. Januar 1999 eröffneten Betrieben sind im Fall der Betriebsaufgabe bei der Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen die Buchwerte nicht als Entnahme anzusetzen; im Fall der Betriebsveräußerung ist nur der Veräußerungsgewinn als Entnahme anzusetzen.10§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285) ist erstmals ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.11§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285) ist erstmals ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.12§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist für nach dem 31. Dezember 2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden.13§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 8 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder sowie auf nach dem 31. Dezember 2018 entstandene mit der Geldbuße, dem Ordnungsgeld oder dem Verwarnungsgeld zusammenhängende Aufwendungen.14§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 8a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Zinsen im Sinne der Vorschrift.15§ 4 Absatz 10 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2019 durchgeführte Übernachtungen im Sinne der Vorschrift.16§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2023 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden.

(7) (weggefallen)

(8)1§ 4f in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 enden.2§ 4f Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden; bei nach § 4a vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 4f Absatz 1 Satz 3 spätestens für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 17. Juli 2020 enden.

(8a) § 4g Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

(8b) § 4j in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 entstehen.

(8c)1§ 4k in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.2Aufwendungen, die rechtlich bereits vor dem 1. Januar 2020 verursacht wurden, gelten bei der Anwendung des Satzes 1 nur insoweit als nach dem 31. Dezember 2019 entstanden, als ihnen ein Dauerschuldverhältnis zugrunde liegt und sie ab diesem Zeitpunkt ohne wesentliche Nachteile hätten vermieden werden können.3Ein Nachteil ist insbesondere dann wesentlich im Sinne des Satzes 2, wenn sämtliche mit der Vermeidung der Aufwendungen verbundenen Kosten den steuerlichen Vorteil infolge der Besteuerungsinkongruenz übersteigen.4Satz 2 gilt nicht, wenn das Dauerschuldverhältnis nach dem 31. Dezember 2019 wesentlich geändert wurde.

(9)1§ 5 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 enden.2§ 5 Absatz 7 in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 enden.3Auf Antrag kann § 5 Absatz 7 auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden.4Bei Schuldübertragungen, Schuldbeitritten und Erfüllungsübernahmen, die vor dem 14. Dezember 2011 vereinbart wurden, ist § 5 Absatz 7 Satz 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung von § 5 Absatz 7 Satz 1 bis 3 ergibt, jeweils in Höhe von 19 Zwanzigsteln eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden kann, die in den folgenden 19 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Neunzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist.

(10)1§ 5a Absatz 3 in der Fassung des Artikels 9 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076) ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 2005 endet.2§ 5a Absatz 3 Satz 1 in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung ist weiterhin anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Anschaffung das Handelsschiff auf Grund eines vor dem 1. Januar 2006 rechtswirksam abgeschlossenen schuldrechtlichen Vertrags oder gleichgestellten Rechtsakts angeschafft oder im Fall der Herstellung mit der Herstellung des Handelsschiffs vor dem 1. Januar 2006 begonnen hat.3In Fällen des Satzes 2 muss der Antrag auf Anwendung des § 5a Absatz 1 spätestens bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres gestellt werden, das vor dem 1. Januar 2008 endet.4§ 5a Absatz 4 Satz 5 bis 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1998 beginnen.5Soweit Ansparabschreibungen im Sinne des § 7g Absatz 3 in der am 17. August 2007 geltenden Fassung zum Zeitpunkt des Übergangs zur Gewinnermittlung nach § 5a Absatz 1 noch nicht gewinnerhöhend aufgelöst worden sind, ist § 5a Absatz 5 Satz 3 in der am 17. August 2007 geltenden Fassung weiter anzuwenden.6§ 5a Absatz 6 in der durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) geänderten Fassung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 beginnen.

(11) § 5b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2850) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 beginnen.

(12)1§ 6 Absatz 1 Nummer 1b kann auch für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die vor dem 23. Juli 2016 enden.2§ 6 Absatz 1 Nummer 3 und 3a Buchstabe e in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 enden.3Auf Antrag kann § 6 Absatz 1 Nummer 3 und 3a Buchstabe e in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) auch für frühere Wirtschaftsjahre angewendet werden.4§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 Nummer 3 und Satz 3 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2020 (BGBl. I S. 1512) ist bereits ab dem 1. Januar 2020 anzuwenden.5§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 6 ist bis zum 31. Dezember 2030 anzuwenden.6§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 in ein Betriebsvermögen eingelegt werden.7§ 6 Absatz 2 Satz 4 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2143) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.8§ 6 Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.9§ 6 Absatz 5 Satz 1 zweiter Halbsatz in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung gilt in allen Fällen, in denen § 4 Absatz 1 Satz 3 anzuwenden ist.10§ 6 Absatz 2a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.11§ 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 zweiter Halbsatz, Nummer 5a zweiter Halbsatz und Nummer 5b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für nach dem 31. Dezember 2019 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden.

(13) (weggefallen)

(14)1§ 6b Absatz 2a in der am 6. November 2015 geltenden Fassung ist auch auf Gewinne im Sinne des § 6b Absatz 2 anzuwenden, die vor dem 6. November 2015 entstanden sind.2§ 6b Absatz 10 Satz 11 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.3§ 6b Absatz 2a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne im Sinne des § 6b Absatz 2 anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2017 beginnenden Wirtschaftsjahren entstanden sind.4Die Fristen des § 6b Absatz 3 Satz 2, 3 und 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 sowie Absatz 10 Satz 1 und 8 verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.5Die in Satz 4 genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.6Die in Satz 4 genannten Fristen verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage wegen § 6b Absatz 3 Satz 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 5 oder Absatz 10 Satz 8 am Schluss des nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

(14a) § 6e in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist auch in Wirtschaftsjahren anzuwenden, die vor dem 18. Dezember 2019 enden.

(15)1Bei Wirtschaftsgütern, die vor dem 1. Januar 2001 angeschafft oder hergestellt worden sind, ist § 7 Absatz 2 Satz 2 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2601) weiter anzuwenden.2Bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen, ist § 7 Absatz 4 Satz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Herstellung vor dem 1. Januar 2001 mit der Herstellung des Gebäudes begonnen hat oder im Fall der Anschaffung das Objekt auf Grund eines vor dem 1. Januar 2001 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.3Als Beginn der Herstellung gilt bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Gebäuden, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

(15a)1Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 7b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1122) kann erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2018 und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026, in den Fällen des § 4a letztmalig für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2027 enden, geltend gemacht werden.2Das gilt auch dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Absatz 1 noch nicht abgelaufen ist.3§ 7b Absatz 5 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) gilt für Sonderabschreibungen, die für neue Wohnungen in Anspruch genommen werden, die aufgrund eines nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2027 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden.

(15b) § 7c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 1. Januar 2031 angeschaffte neue Elektrolieferfahrzeuge anzuwenden.

(16)1§ 7g Absatz 1 Satz 1, 2 Nummer 1, Absatz 2 Satz 1 und 3, Absatz 4 Satz 1 sowie Absatz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden; bei nach § 4a vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren ist § 7g Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und Absatz 6 Nummer 1 spätestens für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen anzuwenden, die in nach dem 17. Juli 2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.2§ 7g Absatz 2 Satz 2 und Absatz 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.3Bei in nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2018 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des sechsten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.4Bei in nach dem 31. Dezember 2017 und vor dem 1. Januar 2019 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des fünften auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.5Bei in nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2020 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen endet die Investitionsfrist abweichend von § 7g Absatz 3 Satz 1 erst zum Ende des vierten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres.

(16a)1§ 7h Absatz 1a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach dem 31. Dezember 2018 begonnen wurde.2Als Beginn der Baumaßnahmen am Gebäude, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, gilt der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wurde.3Bei baugenehmigungsfreien Baumaßnahmen, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt als Beginn der Baumaßnahmen der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.4§ 7h Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt werden.5§ 7h Absatz 2 Satz 1 letzter Halbsatz in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der zuständigen Gemeindebehörde, die nach dem 31. Dezember 2018 erteilt werden.6§ 7h Absatz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Baumaßnahmen, mit denen nach dem 31. Dezember 2018 begonnen wurde sowie auf Bescheinigungen, die nach dem 31. Dezember 2018 erteilt werden.7§ 7i Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals anzuwenden auf Bescheinigungen der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle, die nach dem 31. Dezember 2020 erteilt werden.

(16b)1§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf Sonderabschreibungen nach § 7b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 4. August 2019 (BGBl. I S. 1122).2§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für Aufwendungen im Sinne des § 4j in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 entstehen.3§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 anzuwenden.4§ 9 Absatz 5 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2035) ist erstmals für Aufwendungen im Sinne des § 4k anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.

(17) § 9b Absatz 2 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist auf Mehr- und Minderbeträge infolge von Änderungen der Verhältnisse im Sinne von § 15a des Umsatzsteuergesetzes anzuwenden, die nach dem 28. November 2013 eingetreten sind.

(18)1§ 10 Absatz 1a Nummer 2 in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist auf alle Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die nach dem 31. Dezember 2007 vereinbart worden sind.2Für Versorgungsleistungen, die auf Vermögensübertragungen beruhen, die vor dem 1. Januar 2008 vereinbart worden sind, gilt dies nur, wenn das übertragene Vermögen nur deshalb einen ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen, mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines vom Vermögensübernehmer zu eigenen Zwecken genutzten Grundstücks, zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden.3§ 10 Absatz 1 Nummer 5 in der am 1. Januar 2012 geltenden Fassung gilt auch für Kinder, die wegen einer vor dem 1. Januar 2007 in der Zeit ab Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.4§ 10 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.5§ 10 Absatz 4b Satz 4 bis 6 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung der Daten des Veranlagungszeitraums 2016 anzuwenden.6§ 10 Absatz 5 in der am 31. Dezember 2009 geltenden Fassung ist auf Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde.

(18a) § 10b Absatz 1 Satz 8 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Mitgliedsbeiträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 gezahlt werden.

(18b)1§ 10d Absatz 1 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 anzuwenden.2§ 10d Absatz 1 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(19)1Für nach dem 31. Dezember 1986 und vor dem 1. Januar 1991 hergestellte oder angeschaffte Wohnungen im eigenen Haus oder Eigentumswohnungen sowie in diesem Zeitraum fertiggestellte Ausbauten oder Erweiterungen ist § 10e in der am 30. Dezember 1989 geltenden Fassung weiter anzuwenden.2Für nach dem 31. Dezember 1990 hergestellte oder angeschaffte Wohnungen im eigenen Haus oder Eigentumswohnungen sowie in diesem Zeitraum fertiggestellte Ausbauten oder Erweiterungen ist § 10e in der am 28. Juni 1991 geltenden Fassung weiter anzuwenden.3Abweichend von Satz 2 ist § 10e Absatz 1 bis 5 und 6 bis 7 in der am 28. Juni 1991 geltenden Fassung erstmals für den Veranlagungszeitraum 1991 bei Objekten im Sinne des § 10e Absatz 1 und 2 anzuwenden, wenn im Fall der Herstellung der Steuerpflichtige nach dem 30. September 1991 den Bauantrag gestellt oder mit der Herstellung des Objekts begonnen hat oder im Fall der Anschaffung der Steuerpflichtige das Objekt nach dem 30. September 1991 auf Grund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat oder mit der Herstellung des Objekts nach dem 30. September 1991 begonnen worden ist.4§ 10e Absatz 5a ist erstmals bei den in § 10e Absatz 1 und 2 bezeichneten Objekten anzuwenden, wenn im Fall der Herstellung der Steuerpflichtige den Bauantrag nach dem 31. Dezember 1991 gestellt oder, falls ein solcher nicht erforderlich ist, mit der Herstellung nach diesem Zeitpunkt begonnen hat, oder im Fall der Anschaffung der Steuerpflichtige das Objekt auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1991 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.5§ 10e Absatz 1 Satz 4 in der am 27. Juni 1993 geltenden Fassung und § 10e Absatz 6 Satz 3 in der am 30. Dezember 1993 geltenden Fassung sind erstmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Objekt auf Grund eines nach dem 31. Dezember 1993 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.6§ 10e ist letztmals anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige im Fall der Herstellung vor dem 1. Januar 1996 mit der Herstellung des Objekts begonnen hat oder im Fall der Anschaffung das Objekt auf Grund eines vor dem 1. Januar 1996 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat.7Als Beginn der Herstellung gilt bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

(20) § 12 Nummer 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals anzuwenden auf nach dem 31. Dezember 2018 festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, sowie auf nach dem 31. Dezember 2018 entstandene damit zusammenhängende Aufwendungen.

(21) (weggefallen)

(22) Für die Anwendung des § 13 Absatz 7 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(22a)1§ 13a in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung ist letztmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das vor dem 31. Dezember 2015 endet.2§ 13a in der am 1. Januar 2015 geltenden Fassung ist erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 30. Dezember 2015 endet.3Die Bindungsfrist auf Grund des § 13a Absatz 2 Satz 1 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung bleibt bestehen.

(22c)1§ 14 Absatz 3 ist erstmals auf Fälle anzuwenden, in denen die Übertragung oder Überführung der Grundstücke nach dem 16. Dezember 2020 stattgefunden hat.2Auf unwiderruflichen Antrag des jeweiligen Mitunternehmers ist § 14 Absatz 3 auch für Übertragungen oder Überführungen vor dem 17. Dezember 2020 anzuwenden.3Der Antrag ist bei dem Finanzamt zu stellen, das für die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Mitunternehmerschaft zuständig ist.

(23)1§ 15 Absatz 3 Nummer 1 Satz 2 ist auch für Veranlagungszeiträume vor 2019 anzuwenden.2§ 15 Absatz 4 Satz 2 und 7 in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen am 30. Juni 2013 die Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

(24)1§ 15a ist nicht auf Verluste anzuwenden, soweit sie

1.
durch Sonderabschreibungen nach § 82f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung,
2.
durch Absetzungen für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen nach § 7 Absatz 2 von den Herstellungskosten oder von den Anschaffungskosten von in ungebrauchtem Zustand vom Hersteller erworbenen Seeschiffen, die in einem inländischen Seeschiffsregister eingetragen sind,
entstehen; Nummer 1 gilt nur bei Schiffen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu mindestens 30 Prozent durch Mittel finanziert werden, die weder unmittelbar noch mittelbar in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Aufnahme von Krediten durch den Gewerbebetrieb stehen, zu dessen Betriebsvermögen das Schiff gehört.2§ 15a ist in diesen Fällen erstmals anzuwenden auf Verluste, die in nach dem 31. Dezember 1999 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen, wenn der Schiffbauvertrag vor dem 25. April 1996 abgeschlossen worden ist und der Gesellschafter der Gesellschaft vor dem 1. Januar 1999 beigetreten ist; soweit Verluste, die in dem Betrieb der Gesellschaft entstehen und nach Satz 1 oder nach § 15a Absatz 1 Satz 1 ausgleichsfähig oder abzugsfähig sind, zusammen das Eineinviertelfache der insgesamt geleisteten Einlage übersteigen, ist § 15a auf Verluste anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 1994 beginnenden Wirtschaftsjahren entstehen.3Scheidet ein Kommanditist oder ein anderer Mitunternehmer, dessen Haftung der eines Kommanditisten vergleichbar ist und dessen Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft auf Grund von ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlusten negativ geworden ist, aus der Gesellschaft aus oder wird in einem solchen Fall die Gesellschaft aufgelöst, so gilt der Betrag, den der Mitunternehmer nicht ausgleichen muss, als Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16.4In Höhe der nach Satz 3 als Gewinn zuzurechnenden Beträge sind bei den anderen Mitunternehmern unter Berücksichtigung der für die Zurechnung von Verlusten geltenden Grundsätze Verlustanteile anzusetzen.5Bei der Anwendung des § 15a Absatz 3 sind nur Verluste zu berücksichtigen, auf die § 15a Absatz 1 anzuwenden ist.

(25)1§ 15b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) ist nur auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle anzuwenden, denen der Steuerpflichtige nach dem 10. November 2005 beigetreten ist oder für die nach dem 10. November 2005 mit dem Außenvertrieb begonnen wurde.2Der Außenvertrieb beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die Veräußerung der konkret bestimmbaren Fondsanteile erfüllt sind und die Gesellschaft selbst oder über ein Vertriebsunternehmen mit Außenwirkung an den Markt herangetreten ist.3Dem Beginn des Außenvertriebs stehen der Beschluss von Kapitalerhöhungen und die Reinvestition von Erlösen in neue Projekte gleich.4Besteht das Steuerstundungsmodell nicht im Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Fonds, ist § 15b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) anzuwenden, wenn die Investition nach dem 10. November 2005 rechtsverbindlich getätigt wurde.5§ 15b Absatz 3a ist erstmals auf Verluste der dort bezeichneten Steuerstundungsmodelle anzuwenden, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28. November 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.

(25a)1§ 17 Absatz 2a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für Veräußerungen im Sinne von § 17 Absatz 1, 4 oder 5 nach dem 31. Juli 2019 anzuwenden.2Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist § 17 Absatz 2a Satz 1 bis 4 auch für Veräußerungen im Sinne von § 17 Absatz 1, 4 oder 5 vor dem 31. Juli 2019 anzuwenden.

(26) Für die Anwendung des § 18 Absatz 4 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3683) gilt Absatz 25 entsprechend.

(26a) § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 2 und 3 in der am 31. Dezember 2014 geltenden Fassung gilt für alle Zahlungen des Arbeitgebers nach dem 30. Dezember 2014.

(27) § 19a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 3. Juni 2021 (BGBl. I S. 1498) ist erstmals anzuwenden auf Vermögensbeteiligungen, die nach dem 30. Juni 2021 übertragen werden.

(28)1Für die Anwendung des § 20 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.2Für die Anwendung von § 20 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 und Absatz 2b in der am 1. Januar 2007 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.3§ 20 Absatz 1 Nummer 6 in der Fassung des Gesetzes vom 7. September 1990 (BGBl. I S. 1898) ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 1974 zugeflossene Zinsen aus Versicherungsverträgen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1973 abgeschlossen worden sind.4§ 20 Absatz 1 Nummer 6 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1996 (BGBl. I S. 2049) ist erstmals auf Zinsen aus Versicherungsverträgen anzuwenden, bei denen die Ansprüche nach dem 31. Dezember 1996 entgeltlich erworben worden sind.5Für Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen worden sind, ist § 20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung mit der Maßgabe weiterhin anzuwenden, dass in Satz 3 die Wörter „§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Satz 5“ durch die Wörter „§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Satz 6“ ersetzt werden.6§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist erstmals anzuwenden auf Versicherungsleistungen im Erlebensfall bei Versicherungsverträgen, die nach dem 31. Dezember 2006 abgeschlossen werden, und auf Versicherungsleistungen bei Rückkauf eines Vertrages nach dem 31. Dezember 2006.7§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 2 ist für Vertragsabschlüsse nach dem 31. Dezember 2011 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Versicherungsleistung nach Vollendung des 62. Lebensjahres des Steuerpflichtigen ausgezahlt wird.8§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) ist für alle Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. März 2009 abgeschlossen werden oder bei denen die erstmalige Beitragsleistung nach dem 31. März 2009 erfolgt.9Wird auf Grund einer internen Teilung nach § 10 des Versorgungsausgleichsgesetzes oder einer externen Teilung nach § 14 des Versorgungsausgleichsgesetzes ein Anrecht in Form eines Versicherungsvertrags zugunsten der ausgleichsberechtigten Person begründet, so gilt dieser Vertrag insoweit zu dem gleichen Zeitpunkt als abgeschlossen wie derjenige der ausgleichspflichtigen Person.10§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 7 und 8 ist auf Versicherungsleistungen anzuwenden, die auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2014 eingetretenen Versicherungsfalles ausgezahlt werden.11§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben wurden.12§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne aus Termingeschäften anzuwenden, bei denen der Rechtserwerb nach dem 31. Dezember 2008 stattgefunden hat.13§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4, 5 und 8 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Gewinne anzuwenden, bei denen die zugrunde liegenden Wirtschaftsgüter, Rechte oder Rechtspositionen nach dem 31. Dezember 2008 erworben oder geschaffen wurden.14§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf die Veräußerung von Ansprüchen nach dem 31. Dezember 2008 anzuwenden, bei denen der Versicherungsvertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde; dies gilt auch für Versicherungsverträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, sofern bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären.15§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 14. August 2007 (BGBl. I S. 1912) ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 2008 zufließende Kapitalerträge aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen anzuwenden.16Für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum Zeitpunkt des vor dem 1. Januar 2009 erfolgten Erwerbs zwar Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung, aber nicht Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung sind, ist § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 nicht anzuwenden; für die bei der Veräußerung in Rechnung gestellten Stückzinsen ist Satz 15 anzuwenden; Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung liegen auch vor, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.17Bei Kapitalforderungen, die zwar nicht die Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 31. Dezember 2008 geltenden Fassung, aber die Voraussetzungen von § 20 Absatz 1 Nummer 7 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung erfüllen, ist § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 in Verbindung mit § 20 Absatz 1 Nummer 7 vorbehaltlich der Regelung in Absatz 31 Satz 2 und 3 auf alle nach dem 30. Juni 2009 zufließenden Kapitalerträge anzuwenden, es sei denn, die Kapitalforderung wurde vor dem 15. März 2007 angeschafft.18§ 20 Absatz 4a Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) ist erstmals für Wertpapiere anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2009 geliefert wurden, sofern für die Lieferung § 20 Absatz 4 anzuwenden ist.19§ 20 Absatz 4a Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für die Andienung von Wertpapieren anzuwenden, wenn diese nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt.20§ 20 Absatz 4a Satz 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist für die Zuteilung von Anteilen anzuwenden, wenn diese nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt und die die Zuteilung begründenden Anteile nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft worden sind.21§ 20 Absatz 2 und 4 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden.22§ 20 Absatz 1 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.23Investmenterträge nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 Satz 9 sind

1.
die nach dem 31. Dezember 2017 zugeflossenen Ausschüttungen nach § 2 Absatz 11 des Investmentsteuergesetzes,
2.
die realisierten oder unrealisierten Wertveränderungen aus Investmentanteilen nach § 2 Absatz 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes, die das Versicherungsunternehmen nach dem 31. Dezember 2017 dem Sicherungsvermögen zur Sicherung der Ansprüche des Steuerpflichtigen zugeführt hat, und
3.
die realisierten oder unrealisierten Wertveränderungen aus Investmentanteilen nach § 2 Absatz 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes, die das Versicherungsunternehmen vor dem 1. Januar 2018 dem Sicherungsvermögen zur Sicherung der Ansprüche des Steuerpflichtigen zugeführt hat, soweit Wertveränderungen gegenüber dem letzten im Kalenderjahr 2017 festgesetzten Rücknahmepreis des Investmentanteils eingetreten sind.
24Wird kein Rücknahmepreis festgesetzt, tritt der Börsen- oderMarktpreisan die Stelle des Rücknahmepreises.25§ 20 Absatz 6 Satz 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 entstehen.26§ 20 Absatz 6 Satz 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Verluste anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen.

(29) Für die Anwendung des § 21 Absatz 1 Satz 2 in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(30) Für die Anwendung des § 22 Nummer 1 Satz 1 zweiter Halbsatz in der am 31. Dezember 2005 geltenden Fassung gilt Absatz 25 entsprechend.

(30a) § 22a Absatz 2 Satz 2 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2019 anzuwenden.

(30b)1Die mitteilungspflichtige Stelle nach § 22a Absatz 1 kann die Identifikationsnummer im Sinne des § 139b der Abgabenordnung ihrer Kunden, bei denen das Versicherungs- oder Vertragsverhältnis vor dem Stichtag bestand, der in der Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 3 des Rentenübersichtsgesetzes festgelegt wird, abweichend von § 22a Absatz 2 Satz 1 und 2 zur Durchführung des Rentenübersichtsgesetzes beim Bundeszentralamt für Steuern bereits vor dem Leistungsbezug erheben.2Das Bundeszentralamt für Steuern teilt der mitteilungspflichtigen Stelle die Identifikationsnummer des Versicherten nur mit, wenn die von der mitteilungspflichtigen Stelle übermittelten Daten mit den nach § 139b Absatz 3 der Abgabenordnung beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten im maschinellen Datenabgleich übereinstimmen.

(31)1§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in der am 18. August 2007 geltenden Fassung ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Wirtschaftsgüter nach dem 31. Dezember 2008 auf Grund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden; § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Gegenstände des täglichen Gebrauchs auf Grund eines nach dem 13. Dezember 2010 rechtskräftig abgeschlossenen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft wurden.2§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 in der am 1. Januar 1999 geltenden Fassung ist letztmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Wirtschaftsgüter vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden.3§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Veräußerung auf einem nach dem 23. Dezember 2016 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht.4§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 ist auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31. Dezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 erfolgt.5§ 23 Absatz 3 Satz 4 in der am 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Juli 1995 und vor dem 1. Januar 2009 angeschafft oder nach dem 31. Dezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 fertiggestellt hat; § 23 Absatz 3 Satz 4 in der am 1. Januar 2009 geltenden Fassung ist auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft oder fertiggestellt hat.6§ 23 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie Absatz 3 Satz 3 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.

(32)1§ 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) ist erstmals für Kinder anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2007 wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; für Kinder, die wegen einer vor dem 1. Januar 2007 in der Zeit ab der Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, ist § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 weiterhin in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anzuwenden.2§ 32 Absatz 5 ist nur noch anzuwenden, wenn das Kind den Dienst oder die Tätigkeit vor dem 1. Juli 2011 angetreten hat.3Für die nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und den §§ 10a, 82 begünstigten Verträge, die vor dem 1. Januar 2007 abgeschlossen wurden, gelten für das Vorliegen einer begünstigten Hinterbliebenenversorgung die Altersgrenzen des § 32 in der am 31. Dezember 2006 geltenden Fassung.4Dies gilt entsprechend für die Anwendung des § 93 Absatz 1 Satz 3 Buchstabe b.5§ 32 Absatz 6 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2022 (BGBI. I S. 2230) ist beim Steuerabzug vom Arbeitslohn ab dem 1. Januar 2023 anzuwenden.

(32a)1§ 32a Absatz 1 und § 51a Absatz 2a Satz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn erstmals anzuwenden auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30. November 2015 zufließen.2Bei der Lohnsteuerberechnung auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015, aber vor dem 1. Januar 2016 endenden täglichen, wöchentlichen und monatlichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, ist zu berücksichtigen, dass § 32a Absatz 1 und § 51a Absatz 2a Satz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung bis zum 30. November 2015 nicht angewandt wurden (Nachholung).3Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder entsprechende Programmablaufpläne aufzustellen und bekannt zu machen (§ 39b Absatz 6 und § 51 Absatz 4 Nummer 1a).

(33)1§ 32b Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 Buchstabe c ist erstmals auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens anzuwenden, die nach dem 28. Februar 2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden.2§ 32b Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4318) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.3§ 32b Absatz 3 bis 5 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für ab dem 1. Januar 2018 gewährte Leistungen anzuwenden.

(33a)1§ 32c in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 anzuwenden.2§ 32c ist im Veranlagungszeitraum 2016 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der erste Betrachtungszeitraum die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016 umfasst.3Die weiteren Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022.4§ 32c ist letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(33b)1§ 32d Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 erzielt werden.2Auf Kapitalerträge aus Darlehen an die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, deren rechtliche Grundlage vor dem 1. Januar 2021 begründet wurde, ist § 32d Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ab dem Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.3§ 32d Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals auf Anträge für den Veranlagungszeitraum 2017 anzuwenden.

(33c) Die §§ 33 und 33b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2770) sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 2021 anzuwenden.

(34)1§ 34a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden.2§ 34a Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 und Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist erstmals für unentgeltliche Übertragungen nach dem 5. Juli 2017 anzuwenden.

(34a) Für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2014 ist § 34c Absatz 1 Satz 2 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Wörter „Summe der Einkünfte“ die Wörter „Summe der Einkünfte abzüglich des Altersentlastungsbetrages (§ 24a), des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende (§ 24b), der Sonderausgaben (§§ 10, 10a, 10b, 10c), der außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33 bis 33b), der berücksichtigten Freibeträge für Kinder (§§ 31, 32 Absatz 6) und des Grundfreibetrages (§ 32a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1)“ treten.

(34b)1§ 34d Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, bei denen die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt, und nur soweit den Gewinnen nach dem 31. Dezember 2018 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen.2§ 34d Nummer 7 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Wertveränderungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 eintreten.

(35)1§ 34f Absatz 3 und 4 Satz 2 in der Fassung des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297) ist erstmals anzuwenden bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e Absatz 1 bis 5 in der Fassung des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297).2§ 34f Absatz 4 Satz 1 ist erstmals anzuwenden bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10e Absatz 1 bis 5 oder nach § 15b des Berlinförderungsgesetzes für nach dem 31. Dezember 1991 hergestellte oder angeschaffte Objekte.

(35a)1§ 35c ist erstmals auf energetische Maßnahmen anzuwenden, mit deren Durchführung nach dem 31. Dezember 2019 begonnen wurde und die vor dem 1. Januar 2030 abgeschlossen sind.2Als Beginn gilt bei energetischen Maßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird.3Bei nicht genehmigungsbedürftigen Vorhaben für solche Vorhaben, die nach Maßgabe des Bauordnungsrechts der zuständigen Behörde zur Kenntnis zu geben sind, gilt als Beginn der Zeitpunkt des Eingangs der Kenntnisgabe bei der zuständigen Behörde und für sonstige nicht genehmigungsbedürftige, insbesondere genehmigungs-, anzeige- und verfahrensfreie Vorhaben, der Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung.

(35b)1§ 36 Absatz 2 Nummer 2 Satz 5 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.2§ 36 Absatz 2 Nummer 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2016 und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2022 anzuwenden.

(35c)1§ 36a in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2016 zufließen.2§ 36a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2019 zufließen.

(35d) § 37 Absatz 3 Satz 3 ist auf Antrag des Steuerpflichtigen mit der Maßgabe anzuwenden, dass

1.
für den Veranlagungszeitraum 2019 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 21. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 28. Kalendermonat,
2.
für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 21. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 29. Kalendermonat,
3.
für den Veranlagungszeitraum 2022 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 20. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 28. Kalendermonat,
4.
für den Veranlagungszeitraum 2023 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 18. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 26. Kalendermonat und
5.
für den Veranlagungszeitraum 2024 an die Stelle des 15. Kalendermonats der 17. Kalendermonat und an die Stelle des 23. Kalendermonats der 25. Kalendermonat
tritt.

(36)1Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem Schreiben mitteilen, wann das in § 39 Absatz 4 Nummer 5 genannte Lohnsteuerabzugsmerkmal erstmals abgerufen werden kann (§ 39e Absatz 3 Satz 1).2Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen.3§ 39 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals ab dem 1. Januar 2024 anzuwenden; er kann im Rahmen eines Pilotprojekts mit Echtdaten bereits ab dem 1. Januar 2023 angewendet werden.

(37)1Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem Schreiben mitteilen, ab wann die Regelungen in § 39a Absatz 1 Satz 3 bis 5 erstmals anzuwenden sind.2Dieses Schreiben ist im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen.

(37a) § 39f Absatz 1 Satz 9 bis 11 und Absatz 3 Satz 1 ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.

(37b)1§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 4 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 30. November 2015 zufließen.2Bei der Lohnsteuerberechnung auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 30. November 2015, aber vor dem 1. Januar 2016 endenden täglichen, wöchentlichen und monatlichen Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, ist zu berücksichtigen, dass § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 4 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung bis zum 30. November 2015 nicht angewandt wurde (Nachholung).3Das Bundesministerium der Finanzen hat dies im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bei der Aufstellung und Bekanntmachung der geänderten Programmablaufpläne für 2015 zu berücksichtigen (§ 39b Absatz 6 und § 51 Absatz 4 Nummer 1a).4In den Fällen des § 24b Absatz 4 ist für das Kalenderjahr 2015 eine Veranlagung durchzuführen, wenn die Nachholung nach Satz 2 durchgeführt wurde.

(37c)1§ 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 in der am 17. November 2016 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem nach dem 31. Dezember 2016 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31. Dezember 2016 zugewendet werden, und letztmals anzuwenden auf Vorteile, die in einem vor dem 1. Januar 2031 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge vor dem 1. Januar 2031 zugewendet werden.2§ 40 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und Satz 4 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Freifahrtberechtigungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 gewährt werden.

(38) § 40a Absatz 2, 2a und 6 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals ab dem Kalenderjahr 2013 anzuwenden.

(39) (weggefallen)

(40) § 40b Absatz 1 und 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist weiter anzuwenden auf Beiträge für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und Zuwendungen an eine Pensionskasse, wenn vor dem 1. Januar 2018 mindestens ein Beitrag nach § 40b Absatz 1 und 2 in einer vor dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung pauschal besteuert wurde.

(40a)1§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals für Lohnzahlungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 enden.2§ 41a Absatz 4 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 24. Februar 2016 (BGBl. I S. 310) gilt für eine Dauer von 60 Monaten und ist erstmals für laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für den Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, der nach dem Kalendermonat folgt, in dem die Europäische Kommission die Genehmigung zu diesem Änderungsgesetz erteilt hat; die Regelung ist erstmals für sonstige Bezüge anzuwenden, die nach dem Monat zufließen, in dem die Europäische Kommission die Genehmigung zu diesem Änderungsgesetz erteilt hat.3§ 41a Absatz 4 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juni 2022 (BGBl. I S. 911) gilt für eine Dauer von 72 Monaten und ist erstmals für laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen ab dem 1. Juni 2021 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die ab dem 1. Juni 2021 zufließen.

(41) Bei der Veräußerung oder Einlösung von Wertpapieren und Kapitalforderungen, die von der das Bundesschuldbuch führenden Stelle oder einer Landesschuldenverwaltung verwahrt oder verwaltet werden können, bemisst sich der Steuerabzug nach den bis zum 31. Dezember 1993 geltenden Vorschriften, wenn die Wertpapier- und Kapitalforderungen vor dem 1. Januar 1994 emittiert worden sind; dies gilt nicht für besonders in Rechnung gestellte Stückzinsen.

(42)1§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2878) ist erstmals auf Verträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2006 abgeschlossen werden.2§ 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.3§ 43 Absatz 1 Satz 6 und Absatz 2 Satz 7 und 8 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.4§ 43 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.5§ 43 Absatz 1 Satz 6 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 zufließen.

(42a) § 43a in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.

(42b) § 43b und Anlage 2 (zu § 43b) in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung sind erstmals auf Ausschüttungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 zufließen.

(43)1Ist ein Freistellungsauftrag im Sinne des § 44a vor dem 1. Januar 2023 unter Beachtung des § 20 Absatz 9 in der bis dahin geltenden Fassung erteilt worden, hat der nach § 44 Absatz 1 zum Steuerabzug Verpflichtete den angegebenen Freistellungsbetrag um 24,844 Prozent zu erhöhen.2Ist in dem Freistellungsauftrag der gesamte Sparer-Pauschbetrag angegeben, ist der Erhöhungsbetrag in voller Höhe zu berücksichtigen.

(44)1§ 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 2a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2020 zufließen.2§ 44 Absatz 6 Satz 2 und 5 in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung ist für Anteile, die einbringungsgeboren im Sinne des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes in der am 12. Dezember 2006 geltenden Fassung sind, weiter anzuwenden.3§ 44 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2016 (BGBl. I S. 1730) ist erstmals ab dem 1. Januar 2018 anzuwenden.4§ 44 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 29. Dezember 2020 zufließen.

(44a)1§ 45a Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 29. Dezember 2020 zufließen.2§ 45a Absatz 6 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen.3§ 45a Absatz 2a und 7 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.4§ 45a Absatz 7 Satz 3 in der am 8. Juni 2021 geltenden Fassung ist letztmals anzuwenden für Kapitalerträge, die vor dem 1. Januar 2024 zufließen.

(44b) § 45b in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.

(44c) § 45c in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2024 zufließen.

(45)1§ 45d Absatz 1 in der am 14. Dezember 2010 geltenden Fassung ist erstmals für Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2013 zufließen; eine Übermittlung der Identifikationsnummer hat für Kapitalerträge, die vor dem 1. Januar 2016 zufließen, nur zu erfolgen, wenn die Identifikationsnummer der Meldestelle vorliegt.2§ 45d Absatz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals anzuwenden auf Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.3§ 45d Absatz 3 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist für Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 abgeschlossen werden.

(45a)1§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e Doppelbuchstabe cc in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen anzuwenden, bei denen die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt, und nur soweit den Gewinnen nach dem 31. Dezember 2018 eingetretene Wertveränderungen zugrunde liegen.2§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals auf Wertveränderungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 eintreten.3§ 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Satz 1 und 2 und Nummer 6 in der am 20. Dezember 2022 geltenden Fassung ist, soweit die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung von sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, nicht zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes erfolgt, auf alle offene Fälle anzuwenden; im Übrigen ist § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Satz 1 und 2 und Nummer 6 in der am 20. Dezember 2022 geltenden Fassung auf Veräußerungen, die nach dem 31. Dezember 2022 erfolgen oder auf Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2022 zufließen, anzuwenden.4§ 49 Absatz 1 Nummer 5 in der am 27. Juli 2016 geltenden Fassung ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2018 zufließen.5§ 49 Absatz 1 Nummer 11 in der am 1. Juli 2021 geltenden Fassung ist erstmals auf Einkünfte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 zufließen.

(46)1§ 50 Absatz 1 Satz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.2§ 50 Absatz 1a in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) ist erstmals auf Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 geleistet werden.3§ 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist erstmals auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 zufließen.4§ 50 Absatz 4 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.5§ 50 Absatz 1 Satz 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

(47)1Der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des § 50a Absatz 3 und 5 in der am 18. August 2009 geltenden Fassung wird durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung bestimmt, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf; dieser Zeitpunkt darf nicht vor dem 31. Dezember 2011 liegen.2§ 50a Absatz 7 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals auf Vergütungen anzuwenden, für die der Steuerabzug nach dem 31. Dezember 2014 angeordnet worden ist.

(47a)1§ 50c Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Einkünfte anzuwenden, die dem beschränkt Steuerpflichtigen nach dem 31. Dezember 2021 zufließen; die Geltung von Ermächtigungen nach § 50d Absatz 5 und 6 des Gesetzes in der Fassung, die vor dem Inkrafttreten des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) galt, endet spätestens zu diesem Zeitpunkt.2§ 50c Absatz 5 Satz 1, 3 und 4 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 gestellt werden; für Anträge, die gemäß § 50c Absatz 2 oder 3 bis zu diesem Zeitpunkt gestellt werden, ist der amtlich vorgeschriebene Vordruck zu verwenden.3§ 50d Absatz 1 Satz 7 und 8 in der vor dem 9. Juni 2021 geltenden Fassung ist bis zum 31. Dezember 2024 anzuwenden.

(47b) § 50d Absatz 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist in allen offenen Fällen anzuwenden, es sei denn, § 50d Absatz 3 in der Fassung, die zu dem Zeitpunkt galt, in dem die Einkünfte zugeflossen sind, steht dem Anspruch auf Entlastung nicht entgegen.

(47c) § 50e Absatz 1 und 4 bis 6 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden.2§ 50e Absatz 2 und 3 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) ist erstmals auf die nach dem 31. Dezember 2024 nicht oder nicht vollständig erfolgte Übermittlung von Daten oder Mitteilungen anzuwenden.

(48)1§ 50i Absatz 1 Satz 1 und 2 ist auf die Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Anteilen anzuwenden, die nach dem 29. Juni 2013 stattfindet.2Hinsichtlich der laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Personengesellschaft ist die Vorschrift in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.3§ 50i Absatz 1 Satz 4 in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung ist erstmals auf die Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern oder Anteilen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2013 stattfindet.4§ 50i Absatz 2 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3000) ist erstmals für Einbringungen anzuwenden, bei denen der Einbringungsvertrag nach dem 31. Dezember 2013 geschlossen worden ist.

(48a) § 51 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) gilt erstmals für die Vergabe von Ordnungsnummern zu Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2023 zufließen.

(49) § 51a Absatz 2c und 2e in der am 30. Juni 2013 geltenden Fassung ist erstmals auf nach dem 31. Dezember 2014 zufließende Kapitalerträge anzuwenden.

(49a)1§ 62 Absatz 1a in der am 18. Juli 2019 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Juli 2019 beginnen.2§ 62 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen.3§ 62 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c in der Fassung des Artikels 11 Nummer 2 des Gesetzes vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Mai 2022 beginnen.4§ 62 Absatz 2 Nummer 5 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2451) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen.5Die §§ 62, 63 und 67 in der am 9. Dezember 2014 geltenden Fassung sind für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen.6Die §§ 62, 63 und 67 in der am 9. Dezember 2014 geltenden Fassung sind auch für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die vor dem 1. Januar 2016 liegen, der Antrag auf Kindergeld aber erst nach dem 31. Dezember 2015 gestellt wird.7§ 66 Absatz 1 in der am 23. Juli 2015 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2014 beginnen.8§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen.9§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen.10§ 66 Absatz 1 in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen.11§ 66 Absatz 3 ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 und vor dem 18. Juli 2019 eingehen.12§ 69 in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung ist erstmals am 1. November 2019 anzuwenden.13§ 66 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 2 des Gesetzes vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2210) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 30. Juni 2019 beginnen.14§ 66 Absatz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2616) ist für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen.15§ 69 Satz 1 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals am 1. Januar 2024 anzuwenden.16§ 69 Satz 2 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden.17§ 69 Satz 3 in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2294) ist erstmals anzuwenden für Kinder, deren Geburt nach dem 31. Dezember 2023 erfolgt.

(50)1§ 70 Absatz 1 Satz 2 ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18. Juli 2019 eingehen.2§ 70 Absatz 4 in der am 31. Dezember 2011 geltenden Fassung ist weiter für Kindergeldfestsetzungen anzuwenden, die Zeiträume betreffen, die vor dem 1. Januar 2012 enden.

(51)1§ 89 Absatz 2 Satz 1 in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden.2§ 89 Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338) ist erstmals für die Übermittlung von Daten ab dem 1. Januar 2020 anzuwenden.

(51a)1Auf Stundungsfälle, bei denen der Beginn der Auszahlungsphase vor dem 1. Januar 2023 liegt, findet § 95 Absatz 2 Satz 2 bis 5 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung weiter Anwendung.2Bei Stundungsfällen, bei denen der Rückzahlungsbetrag nach § 95 Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung gestundet wurde und der Beginn der Auszahlungsphase nach dem 31. Dezember 2022 liegt, sind die Stundungszinsen zu erlassen und ist § 95 in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(52) § 110 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden.

(53) § 111 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 10. März 2021 (BGBl. I S. 330) ist für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

2

Der in der Wohnung seiner Eltern in A mit Zweitwohnsitz gemeldete ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte seit dem Sommersemester 2003 zunächst an der Universität B und später an der Universität C ein Jurastudium als Erststudium. Am jeweiligen Studienort, an dem er jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet war, unterhielt er eine sog. "Studentenbude" von knapp 25 qm.

3

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen und Erklärungen zur Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge für die Streitjahre 2004 und 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.461 € (2004) bzw. 3.865 € (2005) als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Hiervon entfielen 4.476 € (2004) bzw. 2.649 € (2005) auf Miete und Strom für die Wohnung am Studienort und 192 € (2004) bzw. 140 € (2005) auf Telefonkosten. Das zunächst zuständige Finanzamt C erkannte die erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an, setzte die Einkommensteuer für 2004 und 2005 auf 0 € fest und stellte --jeweils unter Fortschreibung des zum 31. Dezember 2003 festgestellten Verlustvortrags-- die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 auf jeweils 1.661 € fest.

4

Im anschließenden beim Finanzgericht C geführten Klageverfahren erklärte der Kläger bisher nicht angegebene Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2.085 € (2004) und 2.780 € (2005) sowie aus selbständiger Arbeit von 1.000 € (2005) nach. Der inzwischen durch einen Wohnortwechsel des Klägers zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte daraufhin mit geänderten Bescheiden vom 2. November 2009 die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 auf 997 € und auf den 31. Dezember 2005 auf 0 € fest. In diesen Bescheiden, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sind, blieben die Studienkosten weiterhin unberücksichtigt.

5

Mit der daraufhin an das Finanzgericht (FG) verwiesenen Klage begehrte der Kläger, seine Studienkosten als vorweggenommene Betriebsausgaben abzuziehen. Das FG wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1433 veröffentlichten Urteil vom 18. April 2012  10 K 4400/09 F ab.

6

Dagegen richtet sich die Revision. Der Kläger macht geltend, seine Studienkosten müssten als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, andernfalls werde gegen das Nettoprinzip verstoßen. Denn sein Studium der Rechtswissenschaften habe final im Zusammenhang mit seiner späteren, inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden. Die in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) --EStG-- erfolgte angebliche "Klarstellung", dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium ohne vorangegangene Berufsausbildung keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, sei in seinem Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil die in § 52 Abs. 12, Abs. 23d und Abs. 30a EStG angeordnete Geltung der vorgenannten Vorschriften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gegen das Rückwirkungsverbot verstoße und daher verfassungswidrig sei.

7

Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Bescheide vom 2. November 2009 über die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zum 31. Dezember 2004 bzw. zum 31. Dezember 2005 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 5.461 € (für 2004) und in Höhe von 3.865 € (für 2005) festgestellt wird.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die angefochtenen Bescheide vom 2. November 2009 über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 FGO).

11

1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen des Klägers um solche für ein Erststudium handelt, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Es handelt sich daher um Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für die Streitjahre 2004 und 2005 geltenden Fassung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Zwar ist nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557, und VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Dass die hier streitigen Aufwendungen indes keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind, ordnet § 12 Nr. 5 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG ausdrücklich an. In § 4 Abs. 9 EStG heißt es dazu: "Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben"; entsprechend ist auch § 12 Nr. 5 EStG formuliert.

12

§ 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sind gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach der Verkündung des BeitrRLUmsG, d.h. am 14. Dezember 2011, in Kraft getreten und gemäß § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden. Die Auffassung des FG, bei den Aufwendungen des Klägers handele es sich um Sonderausgaben, ist revisionsrechtlich daher nicht zu beanstanden.

13

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die gesetzliche Neuregelung betreffend Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses, die der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 und Abs. 30a EStG geschaffen hat, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden (so auch Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und 14 K 587/13, EFG 2013, 1745; vom 22. Mai 2012  15 K 3413/09, EFG 2012, 1735; Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; im Ergebnis ebenso Förster, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 486; Trossen, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 501; ders. in EFG 2012, 614; Fischer, jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

14

a) Die Neuregelungen verstoßen insbesondere nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot. Da die Rechtsfolgen der Neuregelungen mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten sollen --hier: Veranlagungszeiträume 2004 und 2005-- handelt es sich um einen Fall der sog. echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine solche ist grundsätzlich unzulässig, denn bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Norm, zumindest bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, müssen die von einem Gesetz Betroffenen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, m.w.N.).

15

b) Dieses Rückwirkungsverbot kann jedoch durchbrochen werden, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte, etwa weil die Rechtslage unklar und verworren war; auch ist es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, welche vor der Änderung einer Rechtsprechung einer einheitlichen Rechtspraxis und gefestigter Rechtsprechung entsprach (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. Oktober 2008  1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 187, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 23. November 1999  1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239; BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261).

16

c) Im Streitfall hat der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seine bisherige Auffassung zum Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzugsverbot für Kosten der Erstausbildung, die er bereits in früheren Jahren vertreten und die er im Rahmen des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze (AOÄndG) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) nochmals bestätigt hat, erneut bekräftigt. Mit dem AOÄndG hatte der Gesetzgeber Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im neu gefassten § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zur Höhe von 4.000 € im Kalenderjahr zum Sonderausgabenabzug zugelassen und gleichzeitig § 12 EStG durch eine neue Nr. 5 ergänzt, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium als nichtabzugsfähige Ausgaben zu bewerten sind, es sei denn, diese Maßnahmen finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Diese Regelung trat gemäß Art. 6 des AOÄndG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in Kraft. Diesem grundsätzlichen Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung entsprach auch die langjährige Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 17. April 1996 VI R 94/94, BFHE 180, 341, BStBl II 1996, 450, m.w.N.; vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, und vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884). Diese langjährige Rechtsanwendungspraxis hat der BFH endgültig erst im Juli 2011 aufgegeben und entschieden, das seit 2004 geltende grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten eines Studiums und einer Erstausbildung stehe der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium selbst dann nicht entgegen, wenn diese Maßnahmen unmittelbar im Anschluss an die Schulausbildung durchgeführt werden (BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561; VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557). Auf diese geänderte Rechtsprechung hat der Gesetzgeber reagiert und mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seinen bereits 2004 zu Tage getretenen Willen verdeutlicht. Demgemäß sieht der Gesetzgeber die gesetzlichen Änderungen im BeitrRLUmsG auch lediglich als Klarstellung an (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011 zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

17

Für den Kläger bestand daher kein schutzwürdiges Vertrauen in die durch die vorgenannten BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 geschaffene Rechtslage. Auch wenn der BFH ab 2002 die Grenze zwischen den nur als Sonderausgaben abziehbaren Ausbildungskosten und den unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Fortbildungskosten in Richtung Fortbildungskosten verschoben hat, hat der BFH die grundsätzliche Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt, erstmalig mit den vorstehend genannten Entscheidungen vom 28. Juli 2011, d.h. weit nach Ablauf der Streitjahre 2004 und 2005, bejaht. Zutreffend geht das FG deshalb davon aus, dass der Kläger aus der Rechtsprechung des BFH aus den Jahren vor 2011 kein schutzwürdiges Vertrauen herleiten kann.

18

Nämliches gilt für die geänderte Rechtsprechung des BFH aus dem Juli 2011. Für die Streitjahre 2004 und 2005 kann sie schon deshalb nicht vertrauensschaffend sein, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt sein konnte. Ein Vertrauenstatbestand hätte sich deshalb erstmals ab Veröffentlichung der Urteile ab dem 17. August 2011 entwickeln können. Nicht zuletzt aufgrund der sofort aufgekommenen steuerpolitischen Diskussion (vgl. BTDrucks 17/6978 und 17/7259) konnte der Kläger auf den Fortbestand der durch die neuen BFH-Urteile geschaffenen Rechtslage aber nicht vertrauen, zumal die Neuregelung der §§ 4, 9 und 12 EStG im Rahmen der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum BeitrRLUmsG vom 26. Oktober 2011 bereits weniger als drei Monate nach Veröffentlichung der geänderten BFH-Rechtsprechung bekannt geworden ist (so auch Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

19

d) Die gesetzlichen Neuregelungen in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.

20

aa) Zutreffend geht die Vorinstanz davon aus, dass der Gesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem objektiven und nach dem subjektiven Nettoprinzip bemisst. Unabhängig davon, ob dem Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt oder nicht, zählt doch die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des Nettoprinzips zu den Grundentscheidungen des Gesetzgebers. Soweit es um die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung geht, bedürfen Ausnahmen besonderer, sachlich begründeter Rechtfertigung. Als solche kommen insbesondere Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).

21

bb) Auf eine solche Typisierung hat sich der Gesetzgeber mit den Neuregelungen von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG durch das BeitrRLUmsG bezogen; nämliches hatte er bereits mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und mit der Neuschaffung des § 12 Nr. 5 EStG durch das AOÄndG im Jahr 2004 ausdrücklich getan (vgl. BTDrucks 15/3339, S. 10) und seine damalige Auffassung mit der Neufassung der Vorschriften durch das BeitrRLUmsG lediglich nochmals klargestellt (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

22

cc) Der Senat hat keine Bedenken, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde gelegt hat. Durch die Zuordnung der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. für ein Erststudium zu den Sonderausgaben und damit die Beschränkung des Abzugs auf 4.000 € im Jahr (ab Veranlagungszeitraum 2012 6.000 €) dürfte sich in der überwiegenden Zahl der Fälle in Folge der Versagung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs keine relevante steuerliche Auswirkung ergeben, auch wenn der Sonderausgabenabzug bei fehlenden positiven Einkünften regelmäßig ins Leere läuft; auch sorgt die Typisierung für mehr Steuergerechtigkeit und vermeidet Widersprüche zu anderen gesetzlichen Regelungen (vgl. Trossen in FR 2012, 501; im Ergebnis ähnlich Förster in DStR 2012, 486; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris). Dafür spricht nicht zuletzt, dass Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses stehen, sondern losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung" dienen (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686, m.w.N.). Es handelt sich damit um sog. gemischt veranlasste Aufwendungen, die nicht zwangsläufig dem objektiven Nettoprinzip unterfallen, weil ein unmittelbarer und direkter Anknüpfungspunkt an eine spätere Berufstätigkeit fehlt und möglicherweise auch private Interessen für die Aufwendungen eine Rolle spielen (Urteil des FG Münster in EFG 2012, 1433). Demgemäß steht es dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit grundsätzlich frei, ob er Aufwendungen für die berufliche Erstausbildung oder ein Erststudium wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuordnet oder ob er die private (Mit-)Veranlassung systematisch in den Vordergrund stellt und demgemäß eine Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben vornimmt (BVerfG-Beschluss vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; in diesem Sinne auch Förster in DStR 2012, 486). Die Entscheidung des Gesetzgebers, den mit einer Erstausbildung verbundenen Aufwendungen nur durch den Sonderausgabenabzug Rechnung zu tragen, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und beinhaltet auch keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip (Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

2

Der in der Wohnung seiner Eltern in A mit Zweitwohnsitz gemeldete ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte seit dem Sommersemester 2003 zunächst an der Universität B und später an der Universität C ein Jurastudium als Erststudium. Am jeweiligen Studienort, an dem er jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet war, unterhielt er eine sog. "Studentenbude" von knapp 25 qm.

3

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen und Erklärungen zur Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge für die Streitjahre 2004 und 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.461 € (2004) bzw. 3.865 € (2005) als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Hiervon entfielen 4.476 € (2004) bzw. 2.649 € (2005) auf Miete und Strom für die Wohnung am Studienort und 192 € (2004) bzw. 140 € (2005) auf Telefonkosten. Das zunächst zuständige Finanzamt C erkannte die erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an, setzte die Einkommensteuer für 2004 und 2005 auf 0 € fest und stellte --jeweils unter Fortschreibung des zum 31. Dezember 2003 festgestellten Verlustvortrags-- die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 auf jeweils 1.661 € fest.

4

Im anschließenden beim Finanzgericht C geführten Klageverfahren erklärte der Kläger bisher nicht angegebene Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2.085 € (2004) und 2.780 € (2005) sowie aus selbständiger Arbeit von 1.000 € (2005) nach. Der inzwischen durch einen Wohnortwechsel des Klägers zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte daraufhin mit geänderten Bescheiden vom 2. November 2009 die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 auf 997 € und auf den 31. Dezember 2005 auf 0 € fest. In diesen Bescheiden, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sind, blieben die Studienkosten weiterhin unberücksichtigt.

5

Mit der daraufhin an das Finanzgericht (FG) verwiesenen Klage begehrte der Kläger, seine Studienkosten als vorweggenommene Betriebsausgaben abzuziehen. Das FG wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1433 veröffentlichten Urteil vom 18. April 2012  10 K 4400/09 F ab.

6

Dagegen richtet sich die Revision. Der Kläger macht geltend, seine Studienkosten müssten als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, andernfalls werde gegen das Nettoprinzip verstoßen. Denn sein Studium der Rechtswissenschaften habe final im Zusammenhang mit seiner späteren, inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden. Die in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) --EStG-- erfolgte angebliche "Klarstellung", dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium ohne vorangegangene Berufsausbildung keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, sei in seinem Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil die in § 52 Abs. 12, Abs. 23d und Abs. 30a EStG angeordnete Geltung der vorgenannten Vorschriften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gegen das Rückwirkungsverbot verstoße und daher verfassungswidrig sei.

7

Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Bescheide vom 2. November 2009 über die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zum 31. Dezember 2004 bzw. zum 31. Dezember 2005 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 5.461 € (für 2004) und in Höhe von 3.865 € (für 2005) festgestellt wird.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die angefochtenen Bescheide vom 2. November 2009 über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 FGO).

11

1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen des Klägers um solche für ein Erststudium handelt, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Es handelt sich daher um Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für die Streitjahre 2004 und 2005 geltenden Fassung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Zwar ist nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557, und VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Dass die hier streitigen Aufwendungen indes keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind, ordnet § 12 Nr. 5 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG ausdrücklich an. In § 4 Abs. 9 EStG heißt es dazu: "Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben"; entsprechend ist auch § 12 Nr. 5 EStG formuliert.

12

§ 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sind gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach der Verkündung des BeitrRLUmsG, d.h. am 14. Dezember 2011, in Kraft getreten und gemäß § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden. Die Auffassung des FG, bei den Aufwendungen des Klägers handele es sich um Sonderausgaben, ist revisionsrechtlich daher nicht zu beanstanden.

13

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die gesetzliche Neuregelung betreffend Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses, die der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 und Abs. 30a EStG geschaffen hat, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden (so auch Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und 14 K 587/13, EFG 2013, 1745; vom 22. Mai 2012  15 K 3413/09, EFG 2012, 1735; Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; im Ergebnis ebenso Förster, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 486; Trossen, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 501; ders. in EFG 2012, 614; Fischer, jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

14

a) Die Neuregelungen verstoßen insbesondere nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot. Da die Rechtsfolgen der Neuregelungen mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten sollen --hier: Veranlagungszeiträume 2004 und 2005-- handelt es sich um einen Fall der sog. echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine solche ist grundsätzlich unzulässig, denn bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Norm, zumindest bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, müssen die von einem Gesetz Betroffenen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, m.w.N.).

15

b) Dieses Rückwirkungsverbot kann jedoch durchbrochen werden, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte, etwa weil die Rechtslage unklar und verworren war; auch ist es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, welche vor der Änderung einer Rechtsprechung einer einheitlichen Rechtspraxis und gefestigter Rechtsprechung entsprach (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. Oktober 2008  1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 187, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 23. November 1999  1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239; BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261).

16

c) Im Streitfall hat der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seine bisherige Auffassung zum Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzugsverbot für Kosten der Erstausbildung, die er bereits in früheren Jahren vertreten und die er im Rahmen des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze (AOÄndG) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) nochmals bestätigt hat, erneut bekräftigt. Mit dem AOÄndG hatte der Gesetzgeber Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im neu gefassten § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zur Höhe von 4.000 € im Kalenderjahr zum Sonderausgabenabzug zugelassen und gleichzeitig § 12 EStG durch eine neue Nr. 5 ergänzt, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium als nichtabzugsfähige Ausgaben zu bewerten sind, es sei denn, diese Maßnahmen finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Diese Regelung trat gemäß Art. 6 des AOÄndG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in Kraft. Diesem grundsätzlichen Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung entsprach auch die langjährige Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 17. April 1996 VI R 94/94, BFHE 180, 341, BStBl II 1996, 450, m.w.N.; vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, und vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884). Diese langjährige Rechtsanwendungspraxis hat der BFH endgültig erst im Juli 2011 aufgegeben und entschieden, das seit 2004 geltende grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten eines Studiums und einer Erstausbildung stehe der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium selbst dann nicht entgegen, wenn diese Maßnahmen unmittelbar im Anschluss an die Schulausbildung durchgeführt werden (BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561; VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557). Auf diese geänderte Rechtsprechung hat der Gesetzgeber reagiert und mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seinen bereits 2004 zu Tage getretenen Willen verdeutlicht. Demgemäß sieht der Gesetzgeber die gesetzlichen Änderungen im BeitrRLUmsG auch lediglich als Klarstellung an (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011 zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

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Für den Kläger bestand daher kein schutzwürdiges Vertrauen in die durch die vorgenannten BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 geschaffene Rechtslage. Auch wenn der BFH ab 2002 die Grenze zwischen den nur als Sonderausgaben abziehbaren Ausbildungskosten und den unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Fortbildungskosten in Richtung Fortbildungskosten verschoben hat, hat der BFH die grundsätzliche Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt, erstmalig mit den vorstehend genannten Entscheidungen vom 28. Juli 2011, d.h. weit nach Ablauf der Streitjahre 2004 und 2005, bejaht. Zutreffend geht das FG deshalb davon aus, dass der Kläger aus der Rechtsprechung des BFH aus den Jahren vor 2011 kein schutzwürdiges Vertrauen herleiten kann.

18

Nämliches gilt für die geänderte Rechtsprechung des BFH aus dem Juli 2011. Für die Streitjahre 2004 und 2005 kann sie schon deshalb nicht vertrauensschaffend sein, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt sein konnte. Ein Vertrauenstatbestand hätte sich deshalb erstmals ab Veröffentlichung der Urteile ab dem 17. August 2011 entwickeln können. Nicht zuletzt aufgrund der sofort aufgekommenen steuerpolitischen Diskussion (vgl. BTDrucks 17/6978 und 17/7259) konnte der Kläger auf den Fortbestand der durch die neuen BFH-Urteile geschaffenen Rechtslage aber nicht vertrauen, zumal die Neuregelung der §§ 4, 9 und 12 EStG im Rahmen der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum BeitrRLUmsG vom 26. Oktober 2011 bereits weniger als drei Monate nach Veröffentlichung der geänderten BFH-Rechtsprechung bekannt geworden ist (so auch Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

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d) Die gesetzlichen Neuregelungen in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.

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aa) Zutreffend geht die Vorinstanz davon aus, dass der Gesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem objektiven und nach dem subjektiven Nettoprinzip bemisst. Unabhängig davon, ob dem Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt oder nicht, zählt doch die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des Nettoprinzips zu den Grundentscheidungen des Gesetzgebers. Soweit es um die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung geht, bedürfen Ausnahmen besonderer, sachlich begründeter Rechtfertigung. Als solche kommen insbesondere Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).

21

bb) Auf eine solche Typisierung hat sich der Gesetzgeber mit den Neuregelungen von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG durch das BeitrRLUmsG bezogen; nämliches hatte er bereits mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und mit der Neuschaffung des § 12 Nr. 5 EStG durch das AOÄndG im Jahr 2004 ausdrücklich getan (vgl. BTDrucks 15/3339, S. 10) und seine damalige Auffassung mit der Neufassung der Vorschriften durch das BeitrRLUmsG lediglich nochmals klargestellt (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

22

cc) Der Senat hat keine Bedenken, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde gelegt hat. Durch die Zuordnung der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. für ein Erststudium zu den Sonderausgaben und damit die Beschränkung des Abzugs auf 4.000 € im Jahr (ab Veranlagungszeitraum 2012 6.000 €) dürfte sich in der überwiegenden Zahl der Fälle in Folge der Versagung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs keine relevante steuerliche Auswirkung ergeben, auch wenn der Sonderausgabenabzug bei fehlenden positiven Einkünften regelmäßig ins Leere läuft; auch sorgt die Typisierung für mehr Steuergerechtigkeit und vermeidet Widersprüche zu anderen gesetzlichen Regelungen (vgl. Trossen in FR 2012, 501; im Ergebnis ähnlich Förster in DStR 2012, 486; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris). Dafür spricht nicht zuletzt, dass Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses stehen, sondern losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung" dienen (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686, m.w.N.). Es handelt sich damit um sog. gemischt veranlasste Aufwendungen, die nicht zwangsläufig dem objektiven Nettoprinzip unterfallen, weil ein unmittelbarer und direkter Anknüpfungspunkt an eine spätere Berufstätigkeit fehlt und möglicherweise auch private Interessen für die Aufwendungen eine Rolle spielen (Urteil des FG Münster in EFG 2012, 1433). Demgemäß steht es dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit grundsätzlich frei, ob er Aufwendungen für die berufliche Erstausbildung oder ein Erststudium wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuordnet oder ob er die private (Mit-)Veranlassung systematisch in den Vordergrund stellt und demgemäß eine Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben vornimmt (BVerfG-Beschluss vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; in diesem Sinne auch Förster in DStR 2012, 486). Die Entscheidung des Gesetzgebers, den mit einer Erstausbildung verbundenen Aufwendungen nur durch den Sonderausgabenabzug Rechnung zu tragen, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und beinhaltet auch keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip (Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt, die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.

2

Der 1981 geborene Kläger hat mit der Verkehrsfliegerschule X Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag geschlossen. Gegenstand des Vertrages ist die fliegerische Grundschulung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer nach den Standards der X AG durch die X. Es handelt sich um die erstmalige Berufsausbildung.

3

Laut § 10 des Schulungsvertrages trägt der Kläger von den Gesamtkosten einen Eigenanteil von 40.903,00 EUR. Dieser wird zwölf Monate nach Schulungsbeginn fällig. Die restlichen Kosten für die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer werden von der X AG getragen. Nach der Anlage 2 Nebenleistungen wird eine Bezuschussung der Kantinenverpflegung (montags bis freitags) zugesagt. Zur Finanzierung des Eigenanteils wurde zwischen dem Kläger und der X AG Anfang August 2003 ein Darlehensvertrag über die Darlehenssumme in Höhe von 40.903,00 EUR geschlossen. Das Darlehen wurde vollständig und ausschließlich für die Zahlung des Eigenanteils verwendet. Die Ausschüttung erfolgte zwölf Monate nach Schulungsbeginn disagiofrei durch eine Zahlung an die X. Nach § 3 des Darlehensvertrages wurde der Darlehensbetrag für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellt. Auf den Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag wird Bezug genommen.

4

Nach § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger von der X AG oder einer konzernabhängigen Gesellschaft fällt, ein Cockpitplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstehen.

5

Die X AG bescheinigte dem Kläger Ende August 2003, dass er sich ab Ende August 2003 bei der X in der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer befindet und die Schulung voraussichtlich bis Ende August 2005 dauern wird. Während der Schulung erhält der Kläger von der X GmbH kein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Auf den Schulungsvertrag wird Bezug genommen. Die Rechnung über den Eigenanteil erfolgte durch die X Anfang August 2004 und die erfolgte Zahlung wurde Mitte September 2004 bestätigt. Mit Schreiben im Juli 2006 bot die X AG dem Kläger einen Arbeitsplatz an.

6

Mit der am 24. Juli 2006 beim Finanzamt eingegangenen Einkommensteuer (ESt) - Erklärung für 2004 begehrte der Kläger den Abzug des Eigenanteils der Schulungskosten von 40.903,00 EUR sowie der Fahrtkosten in Höhe von rund 120,00 EUR als vorweggenommene Werbungskosten. In der Anlage zur Steuererklärung verweist der Kläger auf die einschlägigen Vorschriften der §§ 611-630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und trägt vor, dass zwischen ihm und der X AG ein Ausbildungsdienstverhältnis im Sinne von § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG 2004) begründet worden sei. Es handele sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis, das weitestgehend Parallelität zum Berufsausbildungsgesetz (BBiG) aufweise. Die Zinsfreiheit des Darlehens sowie die verbilligte Beköstigung seien als geldwerter Vorteil/Sachbezug unstreitig der Lohnsteuer zu unterwerfen.

7

Mit ESt-Bescheid vom 9. August 2006 (Null-Festsetzung) lehnte das Finanzamt den Werbungskostenabzug mit dem Hinweis ab, es handele sich weder um ein Zweitstudium noch um ein Ausbildungsdienstverhältnis. Die Aufwendungen wurden daher nur in Höhe von 4.000,00 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt. Ebenfalls am 9. August 2006 wurde der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 zur ESt in Höhe von 3.376,00 EUR (Höhe der negativen Einkünfte für 2003 laut ESt-Bescheid vom 16. Januar 2006) erteilt.

8

Mit fristgerechtem Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid wurde der Werbungskostenabzug für den Eigenanteil an den Schulungskosten in Höhe von 40.903,00 EUR geltend gemacht. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung seien Werbungskosten, wenn die Bildungsmaßnahme im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Die steuerlichen Voraussetzungen für ein solches Dienstverhältnis (Ausbildungsdienstverhältnis) lägen im Streitfall vor. Aus den vorliegenden Unterlagen (Schulungs- und Darlehensvertrag, Rechnung über die Schulungskosten, Bescheinigung der X über den Zahlungseingang) ergebe sich das Ausbildungsdienstverhältnis in seiner Wechselbeziehung.

9

Werbungskosten seien nur in dem Kalenderjahr abziehbar, in dem sie geleistet worden seien (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und den Zeitraum, für den die Leistung wirtschaftlich erfolgt sei, komme es nicht an. Das gelte auch für Aufwendungen, die aus Darlehen bestritten würden (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. Dezember 1971, VI R 209/69). Die Schulungskosten seien in 2004 geleistet worden. Die Modalität des abgekürzten Zahlungsweges sei in den Unterlagen unmissverständlich dokumentiert worden. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 30. August 2006, 9. Oktober 2006, 23. Oktober 2006, 21. Februar 2007 und 20. April 2007 Bezug genommen.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium würden nur noch insoweit berücksichtigt werden, als die Regelungen zu den Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen dies ausdrücklich zulassen würden. Begünstigt seien weiterhin die Aufwendungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses einschließlich eines berufsintegrierten Erststudiums. Eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Studium finde im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses sei. Zu den Ausbildungsdienstverhältnissen würden zum Beispiel die Berufsausbildungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 3, §§ 4-52 BBiG zählen. Es liege kein Ausbildungsdienstverhältnis vor, wenn die Berufsausbildung oder das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses sei, auch wenn die Berufsausbildungsmaßnahme oder das Studium seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln (z.B. eines Stipendiums) gefördert werde (Tz. 27 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005).

11

Ein Ausbildungsdienstverhältnis liege nur dann vor, wenn die in Ausbildung befindliche Person während der Zeit der Ausbildung Arbeitslohn aus einem zum Zwecke der Ausbildung eingegangenen oder fortbestehenden Dienstverhältnis erhalte und das Dienstverhältnis im Wesentlichen durch die Ausbildung geprägt sei. Entscheidendes Merkmal des Ausbildungsverhältnisses sei der Bezug von steuerpflichtigen Einkünften während der Ausbildung. Denn nur dann werde der Aspekt der Ausbildung durch den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn überlagert (R24 Lohnsteuerrichtlinien -LStR- und H34; Hessisches Finanzgericht -FG- vom 15. Februar 1996, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1996, 848; Bundesfinanzhof -BFH- vom 15. April 1996, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1996, 804).

12

Die Ausbildung zum Berufspiloten werde als andere Bildungsmaßnahme einer Berufsausbildung im Sinne des § 12 Abs. 5 EStG 2004 gleichgestellt (Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005). Im Streitfall sei jedoch weder durch den Schulungsvertrag von August 2003 mit der X noch durch die Gewährung des für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens ein Ausbildungsdienstverhältnis im oben aufgeführten Sinne begründet worden. Die Ausbildungsmaßnahme des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer erfülle zwar die Voraussetzung des § 1 Abs. 3 BBiG. Gemäß § 17 Abs. 1 BBiG hätten Ausbildende den Auszubildenden jedoch eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Zahlung und Höhe der Vergütung (§ 17-19 BBiG) seien im Vertrag über die Begründung des Ausbildungsverhältnisses aufzunehmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 BBiG). Der BFH habe bereits im Urteil vom 15. April 1996 (a.a.O.) den Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses wie folgt definiert: „Nach der Rechtsprechung des Senats können Kosten für die Berufsausbildung dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht.“ Im vorliegenden Fall liege jedoch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor; dem Kläger werde keine Vergütung im Sinne von § 17 BBiG gewährt.

13

Gemäß § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger nach erfolgreicher Schulung von der X oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaftein Cockpitarbeitsplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstünden (vgl. auch FG Münster vom 2. September 2002, EFG 2003, 34).

14

Die zinslose Hingabe eines Darlehens und verbilligte Beköstigung könnten steuerpflichtiger Sachbezug sein. Voraussetzung hierfür sei, dass sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewährt würden und der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil Entlohnungscharakter habe. Steuerpflichtiger Arbeitslohn sei dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen würden, die „für“ seine Arbeitsleistung gewährt würden. Das sei der Fall, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger sei mit dem Schulungsvertrag von August 2003 zur Ausbildung als Berufspilot an eine Bildungsmaßnahme im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG 2004 eingegangen, deren Kosten er teilweise selbst zu tragen habe. Für die Zeit der Schulung liege kein Arbeitsverhältnis vor, aus dem ihm Zuwendungen für seine Arbeitsleistung zufließen würden. Auch im Darlehensvertrag werde stets zwischen „Schulung“ und sich eventuell anschließendem „Cockpit-Arbeitsverhältnis“ unterschieden. Weder die Hingabe des gemäß § 3 des Darlehensvertrages für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens noch die laut Anlage zum Schulungsvertrag von der X als Nebenleistung zu erbringende Bezuschussung der Kantinenverpflegung stelle eine Entlohnung (Zuwendung) im oben aufgeführten Sinne im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses dar. Nach alledem handele es sich bei den dem Kläger in 2004 entstandenen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung zum Berufspiloten im internationalen Flugverkehr um Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2004, deren Abzug auf 4.000,00 EUR begrenzt sei und für die ein Verlustvortrag nicht in Betracht komme.

15

Hiergegen richtet sich die vorliegende fristgerecht erhobene Klage, mit der ergänzend Folgendes vorgetragen wird:

16
1. Dienstverhältnis nach § 12 Nr. 5 EStG
17

Der Begriff „Dienstverhältnis“ erscheine in § 12 Nr. 5 EStG 2004 erstmals als Begriff im EStG. Es sei rechtssystematisch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den steuerlichen Begriff deckungsgleich mit dem des BGB erfassen wollte. Letzterer gehe über ein „Arbeitsverhältnis“ im engeren Sinne naturgemäß hinaus, gebe es doch praktisch im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft Ausbildungsverhältnisse, die sehr unterschiedlicher (Rechts)Natur seien.

18

Hätte der Steuergesetzgeber eine andere als die gesetzliche Bezeichnung gewählt, z.B. Arbeitsverhältnis oder Ausbildungs-Arbeitsverhältnis in seiner einengenden Form, wie sie nunmehr das Finanzamt auslege, mit den Elementen „Arbeit“ und „Lohnzahlung“ im herkömmlichen Sinne, so würden sich die völlig verschiedenen - auch bislang vom BFH anerkannten - im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bereich praktizierten Standardfälle der Ausbildungsdienstverhältnisse nicht alle abdecken lassen, etwa zwischen dem zum Studium abgestellten und fortbezahlten Offizier und dem Auszubildenden einer konzerneigenen (unproduktiven) Ausbildungsstätte, der nach § 21 Abs. 1 BBiG mit seiner abgeschlossenen Ausbildung ausdrücklich keinen Anspruch auf die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis habe. Gerade im Hinblick auf § 21 Abs. 1 BBiG mache es daher wenig Sinn, die steuerliche Nichtanerkennung der Pilotenausbildung als Ausbildungsverhältnis darauf zu stützen, dass diese lediglich keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Übernahme in ein Anstellungsverhältnis gehabt habe, dass dieser jedoch vertraglich zugesagt sei und nur durch die Bedarfskapazität der X bedingt sei. Gleichwohl kenne das BGB unter anderem auch im Arbeitsrecht die „faktischen Arbeitsverhältnisse“. Dieses komme nach Palandt (64. Aufl., Tz. 29 Vor § 111 BGB) dann zustande, „wenn ein Arbeitnehmer ohne einen wirksamen Arbeitsvertrag tatsächlich Arbeit leistet“. Im Fall des FG Hamburg vom 13. September 2002 (VI 189/00) sei im Wege einer Anrufungsauskunft Einigkeit darüber erzielt worden, dass bei gleichgelagerter Pilotenausbildung „faktische Ausbildungsverhältnisse“ begründet würden. Dass eine Schulung der hier anstehenden Art sowohl selbstständiger wie ausschließlicher Gegenstand eines (faktischen) Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses sein könne, dürfte unstreitig sein.

19
2. Zum erforderlichen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang
20

Bei öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnissen mache die eigentliche Schulung das zentrale Element des steuerlich anzuerkennenden Dienstverhältnisses aus - und nicht die geleistete Arbeit -, wenn sie denn überhaupt anfallen bzw. verwertbar sein solle. Deshalb erfordere ein Ausbildungsdienstverhältnis einen „öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang“. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer trage unbestritten dieser Forderung in besonderer Strenge Rechnung. Das Vorliegen einer „Berufsausbildung“ bestätige auch das BMF-Schreiben vom 4. November 2005.

21
3. Nicht jede Fliegerausbildung basiere auf einem Ausbildungsdienstverhältnis.
22

Vom Kläger werde auf die zwei unterschiedlichen Ausbildungswege für Piloten verwiesen.

23
a) Die Ausbildung an einer privatwirtschaftlichen eigenständigen Fliegerschule
24

Diese erfolge - vergleichsweise einem Studium an einer staatlichen oder privaten Bildungsanstalt - voll auf eigene Kosten und Risiko, ohne jede Bezuschussung oder Sachbezug, da keine (Ver-)Bindung zu einem potenziellen späteren Arbeitgeber bestehe. Der Absolvent müsse sich nach der Ausbildung am Arbeitsmarkt um eine Anstellung bemühen. Diese Sachlage bestehe im Fall des Urteils des Hessischen FG vom 15. Februar 1996. Dieser Pilotenausbildung liege bei einer privaten Fliegerschule ein Auftragsverhältnis des zu Schulenden zu Grunde.

25
b) Die Schulung der Flugschüler durch eine Fluggesellschaft selbst oder eine konzerneigene Flugschule zur Rekrutierung ihres eigenen Pilotenbedarfs.
26

Dieses unter gravierender Bezuschussung und de facto gegebener Einstellungsgarantie. Nach der erfolgreichen Ausbildung werde dem Absolventen von der X „automatisch“ gemäß Kapazitätsplan ein Arbeitsvertrag als Co-Pilot angeboten. Denn erst die Übernahme als Co-Pilot löse die Darlehensrückzahlung und -verzinsung aus. Dabei sei naturgemäß eine gewisse Zeitspanne (beim Kläger seien es zwei Jahre gewesen) zu überbrücken, da die Schulungskapazitäten der X-eigenen Flugschule zu keiner Zeit mit dem jeweiligen betrieblichen Nachwuchsbedarf praktisch übereinstimmen könnten. Hier müsse es der Fluggesellschaft rechtlich möglich sein, die Absolventen gemäß Kapazitätsplan - wie er auch vorliege - einzustellen, wobei sich die Aspiranten für ein freies Flugzeug eintragen könnten.

27
4. Lohnzahlung
28

Das Finanzamt vertrete die Auffassung, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis Lohnzahlungen voraussetze, woran es hier fehle. Anzuknüpfen sei hier wieder an die unterschiedlichen Varianten der nach neuem Recht anerkannten Dienstverhältnisse. Diese würden eine Gestaltungsvielfalt hinsichtlich praktizierter Entlohnungen bzw. Vergütungen zeigen. So reiche die vom Auszubildenden übernommene Vergütung vom vollen gezahlten Lohn für erbrachte, produktive Arbeit bis zur rein sozial begründeten Vergütung (§ 17 BBiG) zum notwendigen Lebensunterhalt, der keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung gegenüberstehe (Unterhaltszuschüsse, Beihilfen). Alle diese Leistungen hätten gleichwohl steuerlich relevanten Lohncharakter. Die Lohnsteuer biete hier also eine Auffangposition unterschiedlichster Bezüge, die nichts mit der Arbeit zu tun hätten müssen - aber so versteuert würden.

29

Höhe, Art und Zeitraum, für den die Vergütung im Rahmen des Ausbildungsdienstverhältnisses zu zahlen sei, müssten je nach Art des Ausbildungsdienstverhältnisses somit sehr unterschiedlich gestaltet sein, um den jeweiligen Ausbildungsverhältnissen gerecht zu werden und um gleichwohl als steuerlicher Lohn zugeordnet zu werden. Das BBiG z.B. setze für die Höhe „Angemessenheit“ nach § 17 Abs. 1 BBiG voraus. Was die Art angehe, sage z.B. § 17 Abs. 2 BBiG, dass bis 75 % des Bruttobetrages als steuerlich anerkannter Sachbezug erbracht werden könnten. Art und Umfang der steuerlichen Sachbezüge seien je nach Ausbildungssituation vielschichtig und unterschiedlich hoch, insbesondere bei anfallenden Lebenshaltungskosten (externe Unterbringung und Verpflegung in firmeneigenen Unterkünften, Reise- und Schulungskosten, Bekleidung, Finanzierung der Ausbildung etc.). Somit trage die 75 %-Grenze hier den fallweisen privatwirtschaftlichen Belangen Rechnung. Die 75 %-Grenze für Ausbildungsverhältnisse nach dem BBiG gelte nur dort. Entscheidend für Art und Umfang der Sachbezüge seien allein die jeweiligen individuellen Gegebenheiten. Dies gelte auch bei der Ausbildung von Piloten. Deren Sachbezüge seien - abgesehen von den Darlehenszinsen - namentlich in der Anlage 2 zum Schulungsvertrag „Nebenleistung“ aufgeführt. Eine genaue Bezifferung dieser Sachbezüge sei bislang wohl deshalb unterblieben, weil diese Betragsangaben bis 2003 steuerlich nicht von Bedeutung gewesen seien und weil sich die danach ergebenden steuerpflichtigen Sachbezüge in vollem Umfang auch wieder als Werbungskosten absetzen lassen würden. Aus einer so unterbliebenen Bezifferung der Sachbezüge könne nicht die steuerliche Folgerung gezogen werden, dass solche überhaupt nicht vorlägen. Eine Bezifferung könne jedoch ohne weiteres hinsichtlich der Darlehenszinsen erfolgen: Zur zinslosen Darlehensgewährung, die von der Mitte der Ausbildung (Ausbildungsdauer 23 Monate) bis zum Berufseintritt (bei geplanten zwei Jahren Wartezeit) etwa drei Jahre umfasse, wäre ein Zins von 5 % auf 40.903,00 EUR zu berücksichtigen (R 31 Abs. 11 LStR), insgesamt 6.135,00 EUR.

30

Was den Zeitraum angehe, müsse nicht während der genauen Ausbildungszeit eine entsprechende Vergütung laufend gewährt werden (so BFH vom 19. April 1996 in dem Falle, dass in einem zur Ausbildung erforderlichen vorgeschalteten Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) keine Vergütung geleistet worden sei, was hinsichtlich der geforderten Ausbildungsvergütung während der Ausbildungszeit unschädlich gewesen sei). Bei der Pilotenausbildung hingegen gelte für den Sachbezug aus dem Darlehen, dass dieses vom Fälligkeitszeitpunkt bis zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Konzern zins- und tilgungsfrei gestellt werde, also nachlaufende Sachbezüge. Weiter heiße es in § 5 Abs. 6 des Darlehensvertrages, dass die X auf Darlehensrückzahlung und Zinsen verzichte, wenn sie dem Absolventen aus betrieblichen Gründen nicht „innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung“ einen Cockpit-Arbeitsplatz anbiete.

31

Der Kläger begehrt die folgenden Werbungskosten:

32

Schulungskosten

40.903,00 EUR

Schulungsaufenthalt in Phoenix, USA vom Februar bis Juli 2004

        

erste drei Monate Verpflegungspauschale, 90 Tage x 36,00 EUR

3.240,00 EUR

Telefonate im Schätzwege (20 x 6 Monate)

120,00 EUR

sonstige Nebenkosten geschätzt

     100,00 EUR

vorweggenommene Werbungskosten

44.483,00 EUR

33

Der BFH habe mit Urteil VI R 8/09 vom 23. August 2011 die Kosten für die Pilotenausbildung in diesem und ähnlich gelagerten Fällen als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt. Zur Abhilfe habe sich das beklagte Finanzamt nicht veranlasst gesehen, da die angeführten BFH-Urteile nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt (BStBl) II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden seien.

34

Statt einer solchen Veröffentlichung habe der Gesetzgeber reagiert und im Bundesgesetzblatt (BGBl) am 13. Dezember 2011 das „Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie Änderungen steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz, BeitrRL-UmsG) verabschiedet. In Art. 2 dieses „Nichtanwendungsgesetzes“ seien Änderungen von §§ 4, 9 EStG und die Neufassung von § 12 Nr. 5 EStG - jeweils in § 52 EStG rückwirkend auf den 1. Januar 2004 - beschlossen worden. Der Gesetzgeber und das BMF hätten die Rechtmäßigkeit einer solchen Gesetzesrückwirkung damit begründet, dass es lediglich eine „Klarstellung“ an der vorangegangenen Gesetzesänderung aus 2004 (insbesondere § 12 Nr. 5 EStG) gewesen sei.

35

Mit der Nichtabhilfe durch das Finanzamt habe die Rechtsänderung eine echte Rückwirkung entfaltet, die in besonders krasser Weise den Vertrauensschutz des Klägers negativ beeinträchtige. In diesem Zusammenhang werde auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 2010 zur rückwirkenden Verlängerung der steuerauslösenden Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahren verwiesen. Eine Rechtsnorm entfalte dann eine echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolgen mit belastender Rückwirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten solle (Rückwirkung von Rechtsfolgen). Der Prozessbevollmächtigte und der Kläger hätten aus prozessökonomischen Gesichtspunkten und allein aufgrund der besonderen absolut identischen Gegebenheiten zu dem BFH-Fall VI R 8/09 das Ruhen des Verfahrens mit dem beklagten Finanzamt übereinstimmend beschlossen. Die beiderseitige Intension habe somit nur darin liegen können, den Ausgang des BFH-Falles für das hier anhängige Verfahren zu Grunde zu legen - im Positiven wie im Negativen. Die relevante BFH-Entscheidung wurde vom BFH am 26. Oktober 2011 veröffentlicht und sei dem Finanzamt bereits vor dem 20. September 2011 bekannt gewesen. Erst am 13. Dezember 2011 sei dann die belastende Gesetzesänderung verkündet worden. Es könne nicht zu Lasten des Klägers akzeptiert werden, dass dieser sein Verfahren vor dem Finanzgericht habe ruhen lassen, und dass er allein aus diesem Grunde nicht - spätestens im Revisionsverfahren - unter anderem mit dem Fall VI R 8/09 am 23. August 2011 ein für ihn positives Urteil bekommen habe. Vom Kläger hätte zudem nicht die Skepsis erwartet werden können, wonach sich der Gesetzgeber in 2011 veranlasst gesehen habe, seine Gesetzgebung aus 2004 „reparieren“ zu müssen. Von einer bloßen Klarstellung könne dabei schon deshalb keine Rede sein, da die Eingriffe in die ursprüngliche Gesetzesfassung die bislang bestehende Rechtslage gerade auch materiell verändert und damit zu einer belastenden Rückwirkung für die Betroffenen geführt hätten.

36

Ganz allgemein stoße auch die neue Gesetzesregelung durch das BeitrRL-UmsG weiterhin auf die bereits geäußerten verfassungsmäßigen Bedenken im Hinblick auf die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips. Die Beachtung des objektiven Nettoprinzips sei vom Grundsatz steuerlich anerkannt. Es werde verwiesen auf das BVerfG (Beschluss vom 6. Juli 2010, 2 BvL 13/09 - die beschränkte Absetzbarkeit der Kosten eines Arbeitszimmers betreffend oder Urteil vom 9. Oktober 2008, 2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08 - die beschränkte Absetzbarkeit der Fahrtkosten zur Arbeitsstelle ab dem 21. Entfernungskilometer betreffend). Das BVerfG habe die Einschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit der jeweiligen Aufwendung als Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip gewertet und die Haushaltskonsolidierung ausdrücklich nicht als Rechtfertigungsgrund für die restriktive Absetzbarkeit akzeptiert.

37

Das FG Münster (5 K 3975/09 F) führt aus: „Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung - so auch Abzugsverbote für beruflich veranlasste Aufwendungen - bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes. Der Gesetzgeber kann sich hierbei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen.“ Das heiße nicht, dass sachlich gerechtfertigte Gründe einfach über eine undefinierte Typisierung oder Pauschalierung außer acht gelassen werden könnten. So habe auch das BVerfG im Beschluss vom 6. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass die Gleichbehandlung nicht überschritten werden dürfe und dass bei der Typisierung Grenzen zu beachten seien.

38

Diese besonderen Rechtfertigungsgründe für die Anerkennung der Piloten-Ausbildungskosten als „Erwerbsaufwendungen“ im Sinne des objektiven Nettoprinzips lägen bei einer Pilotenausbildung in einer im täglichen Leben fast einmaligen Konstellation vor und würden sich damit einer allgemeinen Pauschalierung und Gleichbehandlung entziehen. Dies im Hinblick auf die fast beispiellose unvermeidbare Höhe von über 44.000,00 EUR und deren Zwangsläufigkeit für denjenigen, der diesen speziellen Ausbildungsweg wähle, dies mitunter verbunden mit einem hohen finanziellen Risiko, im Falle mangelnder Eignung oder aufgrund späterer Berufsunfähigkeit. Demgegenüber würden allgemein, z.B. die universitären Ausbildungskosten (ohne Lebenshaltung) vollständig oder weitestgehend von der Allgemeinheit getragen und seien im Übrigen der Höhe nach oft gestaltbar.

39

Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 sei im Anschluss an die BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 erfolgt, aber vor der EStG-Änderung vom 14. Dezember 2011 durch das BeitrRL-UmsG. Hinzuweisen sei insbesondere auf Tz. 44-51 des obigen Finanzgerichtsurteils und dessen Relevanz zum Streitfall, dessen Ruhen am 31. August 2011 beendet gewesen sei. Eine zeitnahe Finanzgerichtsentscheidung des Gerichts bis zum 14. Dezember 2011 wäre auf der gleichen Rechts- und Sachverhaltsgrundlage erfolgt wie die des Finanzgerichts Hamburg.

40

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nehme und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setze (BFH vom 9. August 1989, I R 181/85; vom 4. November 1975, VII R 28/72, BFHE 117, 317), auf das der andere vertraue und aufgrund dessen er unwiderruflich disponiert habe (Tipke/Lang, § 214.1, 654). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben könne indes nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig sei, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssten.

41

Dem schließe sich das Finanzamt in seinem Schreiben vom 25. Januar 2012 im Umkehrschluss an: „Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen kann ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das ist dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schutzwürdiges Vertrauen bilden konnte.“

42

Der Kläger sowie der Revisionskläger aus VI R 8/09 seien persönlich gut bekannt. Sie hätten den gleichen Piloten-Lehrgang im X-Konzern absolviert und hätten sich entschlossen, unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten in absolut identischer Rechtslage die Absetzbarkeit ihrer Ausbildungskosten zu betreiben. Den Ausgang der Revision VI R 8/09 hätten der Kläger und das Finanzamt mit der hier anhängigen Klage dadurch, dass sie mit Gerichtsbeschluss vom 6. März 2009 ein Ruhen des Verfahrens beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht vereinbarten, „bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 8/09 anhängigen Verfahrens“ verknüpft. Damit sei unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine beiderseitige Bindung an die spätere Revisionsentscheidung hergestellt worden. Denn nur die durch den BFH zu entscheidende Rechtsfrage selbst habe für das Ruhen des Verfahrens bestimmend sein können. Es seien keine anderen rechtsrelevanten Erkenntnisse zu erwarten gewesen, die sonst ein Ruhen des Verfahrens gerechtfertigt hätten. In diesem Zusammenhang sei noch gesagt, dass sich Kläger und Revisionskläger darin einig gewesen seien, bei für sie negativem Ausgang der Revision deren Kosten zu teilen.

43

Mit dem Antrag des Finanzamts auf Klagabweisung setze es sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, d.h. seiner Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens, mit der daraus abgeleiteten Akzeptanz des erwarteten Revisionsergebnisses, auf das der Kläger entscheidend vertraut habe. Dieser Rechtsgrundsatz (venire contra factum proprium) gelte uneingeschränkt auch im Steuerrecht. Eine einseitige Wahlfreiheit je nach Revisionsausgang könne das Finanzamt im Nachhinein nicht für sich beanspruchen. Es könne sich nicht auf die durch die Nichtveröffentlichung fehlende Bindungswirkung berufen. Diese sei faktisch nach Treu und Glauben am 28. Juli 2011 entstanden.

44

Der allgemeine Grundsatz, wonach ein Ruhen des Gerichtsverfahrens für die Parteien keine Bindungswirkung im Prozessfortgang erzeuge (§ 110 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), bleibe dabei ebenso unberührt wie derjenige, dass BFH-Urteile von der Finanzverwaltung nicht über den Einzelfall hinaus angewandt werden müssten.

45

Im Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. Dezember 2011 heiße es zur Geltung des Vertrauensschutzes: „So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, namentlich dann zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte.“ Der Umkehrschluss führe zum Ergebnis, dass ein Rückwirkungsverbot in den Fällen bestehe, in denen ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand geltenden Rechts bestehe oder bestehen könne. Hätte der Kläger mit der jetzigen Rechtspositionierung des Finanzamts auch nur vage gerechnet, so hätte er über seinen Berater, der ja klägerseitig bereits mit der obigen Revision befasst gewesen sei, den eigenen Fall besonders leicht mit der Revision VI R 8/09 ebenfalls beim BFH anhängig machen können. Selbst unter der zeitlichen Annahme, dass das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht bis Ende der ersten Jahreshälfte 2011 für ihn negativ entschieden hätte, wäre auch sein Fall in die Entscheidung des BFH vom 28. Juli 2011 einbezogen worden - mit für ihn zweifellos positivem Ausgang.

46

Der Kläger beantragt, den Bescheid zum 31. Dezember 2004 vom 9. August 2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 zu ändern, vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 44.483,00 EUR zu berücksichtigen und den verbleibenden Verlustvortrag auf 47.859,00 EUR festzustellen.

47

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

48

Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 sowie den Schriftsatz vom 13. Juli 2007 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 teilte das Finanzamt mit, dass die Erteilung eines Abhilfebescheides derzeit nicht möglich sei. Die angeführten BFH-Urteile seien nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im BStBl II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden.

49

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinien sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRL-UmsG vom 7. Dezember 2011, BGBl I 2011, 2592) werde in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 bzw. § 12 Nr. 5 EStG geregelt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittle, nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar seien. Diese gesetzliche Regelung sei rückwirkend ab 2004 anzuwenden mit der Folge, dass die aufgeführten BFH-Urteile über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus keine Bedeutung hätten.

50

Mit dieser Anwendungsregelung werde das Vertrauen der Steuerpflichtigen in bestehende Regelungen nicht verletzt. Dem Gesetzgeber komme die Befugnis zu, durch gesetzliche Bestätigung der früheren Rechtsanwendungspraxis einer diese verwerfenden Entscheidung des BFH für davor liegende Zeiträume ihre über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu nehmen (Beschluss des BVerfG vom 12. Mai 2009, 1 BvL 1/00, BFH/NV 2009, 1382).

51

Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen könne ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das sei dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schützenswertes Vertrauen bilden konnte. Einen solchen Fall habe das BVerfG angenommen, wenn der Gesetzgeber mit einer auch bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume betreffenden Regelung die Rechtslage wieder hergestellt habe, wie sie zuvor bis zu einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den BFH sowohl in der Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung als auch der daran orientierten Rechtsanwendungspraxis auf Seiten des Steuerpflichtigen entsprochen gehabt habe (Beschluss vom 15. Oktober 2006, 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187).

52

Durch Beschluss vom 3. März 2009 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim BFH anhängigen Verfahrens VI R 8/09 angeordnet. Das Verfahren wurde am 31. August 2011 fortgeführt.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 1 Band ESt-Akte Bezug genommen. Diese war beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe

54

Die Klage ist unbegründet.

55

Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1, 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Änderung der Feststellung hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Recht abgelehnt. Die Aufwendungen für die -nicht auf einem Dienstverhältnis beruhende- erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten im Veranlagungszeitraum 2004 gem. § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 i.V.m. § 52 Abs. 23d, Abs. 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 (EStG n.F.) sind somit nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig.

56

Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. In die Höhe des festzustellenden Betrages fließen die nach § 10 d Abs. 1 und 2 EStG maßgeblichen Beträge sowie ein bereits bestehender Verlustvortrag aus Vorjahren ein. Negative Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können dennoch Werbungskosten vorliegen (vorweggenommene Werbungskosten). In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764

57

Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist jedoch gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. ausgeschlossen. Die Neureglung vom 7. Dezember 2011 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.) vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl. I 2011, 2592). Gemäß Artikel 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes trat sie am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft.

58

1. Nach § 9 Abs. 6 EStG n.F. sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG n.F. dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 4.000 Euro als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Die Vorschriften sind nach § 52 Absätze 23d und 30a EStG in der durch Art. 2 Nr. 34 Buchst. d und g des BeitrRLUmsG geänderten Fassung bereits für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden  (vgl. Finanzgericht -FG- des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

59

2. Der Kläger hat seine Ausbildung zum Berufspiloten nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert.

60

Die Regelung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG n.F. beruht auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass im Rahmen eines (Ausbildungs-) Dienstverhältnisses angefallene Aufwendungen der Erzielung von gegenwärtigen Einnahmen dienen (Loschelder in Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 12 Rn. 60). Der Gesetzgeber orientierte sich dabei an der langjährigen Rechtsprechung des BFH zu Ausbildungs-Dienstverhältnissen (BT-Drs. 15/3339, 11; BFH-Urteil vom 21. Januar 1972 VI R 337/70, BFHE 104, 203, BStBl. II 1972, 261 und vom 3. Dezember 1974 VI R 159/74, BFHE 114, 428, BStBl. II 1975, 356).

61

Ein Dienstverhältnis liegt nach § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Ausbildungs-Dienstverhältnis ist von der Rechtsprechung bspw. bei Finanzanwärtern, Rechtsreferendaren, Lehramtskandidaten und Zeitsoldaten bejaht worden (siehe v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 9 EStG Rn. B 295 m.w.N., FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201).

62

Aufwendungen für die Berufsausbildung können danach dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht (BFH-Urteil vom 15. April 1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804). Voraussetzung hierfür ist, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an der beruflichen Ausbildung oder zum Studium den Gegenstand eines entgeltlichen Dienstverhältnisses bildet (h. M., vgl. z. B. Loschelder in Schmidt, 32. Aufl. 2013, § 12 Rz. 60; H/H/R § 12 Rz. 177; Lademann § 12 Rz. 85).

63

Unter Anwendung dieser Grundsätze befand sich der Kläger im Streitjahr 2004 nicht in einem Dienstverhältnis. Er hat einen Schulungsvertrag mit der X abgeschlossen. Damit aber wurde weder ein Dienstverhältnis mit der X noch aufgrund des Darlehensvertrages ein „Dienstverhältnis“ mit seiner späteren Arbeitgeberin, der X AG, begründet. Der Kläger hat keinen Arbeitsvertrag geschlossen; er wurde weder eingestellt (§ 10 Abs. 1 BBiG) noch wurde eine Vergütung vereinbart (§ 17 BBiG).

64

Der Schulungsvertrag mit der X begründete kein Dienstverhältnis, weil der Kläger weder der X seine Arbeitskraft schuldete noch von ihr Arbeitslohn bezogen hat. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) Sachleistungen in gewissem Umfang auf die Bruttovergütung angerechnet werden können (siehe § 17 BBiG), so ändert dies nichts daran, dass nicht die X dem Kläger eine Vergütung schuldet, sondern vielmehr der Kläger einen Teil der Schulungskosten zu vergüten hatte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570).

65

Der Kläger war in der Zeit seiner Ausbildung bei der X auch nicht Arbeitnehmer der X AG. Es wurde lediglich ein Darlehensvertrag und kein Arbeitsvertrag geschlossen, so dass das Studium auch nicht verpflichtender Gegenstand eines Arbeitsvertrages war (BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 14/12, BFHE 240, 125). Tatsächlich haben der Kläger und die X in dem Schulungsvertrag nur die Durchführung einer Ausbildung zum Piloten vereinbart (§ 1 des Schulungsvertrags). In diesem Schulungsvertrag wird auch ausdrücklich hervorgehoben, dass dem Kläger erst nach der erfolgreichen Schulung ein Beschäftigungsverhältnis innerhalb des X-Konzerns angeboten werde (siehe § 14 sowie § 11 Abs. 1 des Schulungsvertrags und § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags zum Schulungsvertrag). Dieses ist nicht ausreichend (vg. Kratzsch in Frotscher, Praxiskommentar, § 12 Rn. 171; Kurzeja in Littmann, Bitz, Pust, Das EStR, § 12 Rn. 237 und Fissenewert in HHR, § 12 Anm. 177 m.N. aus der FG-Rechtsprechung). Folglich bestand nach den vertraglichen Vereinbarungen keine Verpflichtung zur Erbringung eigener Dienstleistungen.

66

Dem Kläger ist einzuräumen, dass durch die Belastung des Flugschülers mit einem erheblichen Teil der Schulungskosten ein starker wirtschaftlicher Druck ausgeübt wird; dies kann aber nicht der rechtlichen Verpflichtung zur Teilnahme an einer Ausbildungsmaßnahme, wie sie für ein Ausbildungs-Dienstverhältnis prägend ist, gleichgestellt werden. Der Kläger befindet sich insoweit nicht in einer entscheidend anderen Situation als Flugschüler, die ihre Ausbildung nicht bei einer Tochtergesellschaft eines Luftfahrtunternehmens absolvieren und keine Finanzierungshilfe von einem Luftfahrtunternehmen erhalten. Ob der Verzicht auf Zinsen bzw. Teile des Darlehns im Hinblick auf die spätere Beschäftigung bei der X bzw. einer Tochtergesellschaft steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln ist, braucht hier nicht geklärt zu werden.

67

Die Aussicht auf die spätere Einstellung bei der X AG nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung genügt für die Anwendung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG nicht, da während der gesamten Ausbildung gerade kein Dienstverhältnis bestand. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von Fällen, in denen für einen Teil der Ausbildung keine Vergütung gezahlt wird (siehe BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 96/82, BStBl. II 1986, 184).

68

3. Die gesetzlichen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und § 52 Absätze 23d und 30a EStG n.F. verstoßen nach Überzeugung des Senates nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

69

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, sogenannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187; vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 127,1). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) einer besonderen Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen werden darf (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (vgl. BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn die geltende Rechtslage, die durch die rückwirkend geltende Vorschrift geändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; vom 17. Januar 1979 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77, BVerfGE 50, 177). Dem Gesetzgeber ist es unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes daher erst recht nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228). Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Treten belastende Rechtsfolgen einer Vorschrift erst nach ihrer Verkündung ein, werden aber tatbestandlich von einem schon verwirklichten Sachverhalt ausgelöst (tatbestandliche Rückanknüpfung), spricht man von einer unechten Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., BVerfGE 127,1).

70

Im Streitfall handelt es sich - ausgehend von diesen Grundsätzen - um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn der Kläger konnte kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.

71

Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Von diesen Grundsätzen ausgehend konnte der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden. §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. regeln das Verbot des Abzugs von Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten. Die Vorschriften ersetzen die zum Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) eingeführten § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Die Vorgängerregelungen beruhten auf einer Empfehlung des Finanzausschusses, wonach Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als Kosten der privaten Lebensführung im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zur Höhe von 4.000 Euro wirksam sein sollten (BT-Drs. 15/3339). Anlass für diese Empfehlung der Neuordnung der Behandlung von Ausbildungskosten war die seinerzeit jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausbildungskosten. Der BFH hatte zuvor seine Rechtsprechung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten dahingehend geändert, dass Ausbildungskosten nicht mehr als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung anzusehen waren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sein sollten (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Der Finanzausschuss begründete seine Empfehlung damit, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre. Sie stelle die Vorsorge für die persönliche Existenz dar und diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben, weshalb die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehören würden (BT-Drs. 15/3339, S. 10). Die Empfehlungen wurden vom Gesetzgeber unverändert übernommen und traten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in Kraft. Der Gesetzgeber - oder jedenfalls der Finanzausschuss - verfolgte demnach mit der Einführung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. ebenfalls das Ziel, den Abzug von Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten nicht zuzulassen.

72

§ 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. waren nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend zu verstehen, dass der Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten beabsichtigt war. Von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wurden die Regelungen auch dahingehend verstanden und angewandt (vgl. nur FG Münster Urteile vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496; vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteile vom 4. Mai 2010, 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686 und vom 20. April 2011 2 K 1020/09, juris; FG Baden-Württemberg Urteil vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Düsseldorf Urteile vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31. August 2007 1 K 1899/06, EFG 2007, 1870; Niedersächsisches FG Urteil vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431).

73

Nach einhelliger Auffassung der Finanzgerichte verstoßen die gem. § 52 Abs. 23d und 30a EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG rückwirkend bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwendenden Vorschriften der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 in der Fassung des BeitrRLUmsG auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Auch liegt kein Verstoß gegen sonstiges Verfassungsrecht vor (FG des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Köln, Urteil vom 22. Mai 2012 13 K 3413/09, EFG 2012, 1735; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2012 10 K 4245/11, EFG 2013, 433; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011, 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

74

Der Senat teilt diese Auffassung ausdrücklich und folgt der nicht näher dargelegten Auffassung des Klägers, das Gesetz bedürfe der verfassungsrechtlichen Überprüfung, nicht. Denn wie ausgeführt, hat der Kläger von dieser historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen ausgehend, keine Dispositionen im Vertrauen auf ein in den Streitjahren geltendes Recht getroffen. Im Streitjahr 2004 konnte der Kläger in Anbetracht der §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG a.F. nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte legten die gesetzlichen Regelungen einheitlich dahingehend aus, dass ein Verbot des Werbungskostenabzugs bestand. Der BFH wich von dieser Gesetzesauslegung mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011 ab und begründete seine Entscheidungen mit einer systematischen Auslegung des Gesetzes, die zuvor in der Rechtsprechung und Literatur nicht erkannt worden war. Zuvor waren ausschließlich verfassungsrechtliche Zweifel an § 12 Nr. 5 EStG a.F. geäußert worden, die aber von den Finanzgerichten nicht als derart stark eingestuft worden waren, dass eine konkrete Normenkontrolle i.S.d. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG eingeleitet worden wäre. Demnach ist durch die gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz der allgemeine Rechtszustand wiederhergestellt worden, der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 galt.

75

Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, deren Ergebnis er für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 langjährig geübte Rechtspraxis in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).

76

4. Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist nicht gegeben. Der Senat hat bei der Entscheidung über die Klage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen, wenn die Änderung eines gebundenen Verwaltungsakts begehrt wird (BFH-Urteil vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BStBl II 1977, 706; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686). Im vorliegenden Fall sind deshalb § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG n.F. anzuwenden.

77

Das einvernehmliche Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die Revision zu VI R 8/09 führt zu keiner Bindungswirkung hinsichtlich der dortigen Entscheidung, da lediglich das Verfahren als solches ruhte. Dem Finanzamt als Beteiligten des Verfahrens steht das Recht zu, aufgrund verwaltungsinterner Anweisung dem Klageantrag (trotz Änderung der BFH-Rechtsprechung) nicht zu entsprechen.

78

5. Zwar führt die Neuregelung der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. möglicherweise in verschiedenen Fällen zu Ungleichbehandlungen, sie verstoßen nach der Überzeugung des Senates jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das objektive Netto-Prinzip.

79

Im Einkommensteuerrecht folgt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip das objektive und subjektive Nettoprinzip. Dieses besagt wiederum, dass der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also der Unterschiedsbetrag aus den Einnahmen und den Erwerbsaufwendungen (objektives Nettoprinzip) und nach Abzug der die Existenz sichernden Aufwendungen (subjektives Nettoprinzip) unterworfen werden kann. Bislang hat das BVerfG offengelassen, ob das objektive Nettoprinzip Verfassungsrang hat; jedenfalls hat es festgestellt, dass der Gesetzgeber dieses Prinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen kann (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 231 ff.). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 232).

80

Die in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. angelegte Unterscheidung zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium einerseits und sonstigen Fortbildungskosten andererseits  ist eine im gesetzgeberischen Ermessenspielraum liegende Typisierung, der eine generalisierende Beurteilung der erstmaligen Berufsausbildung als Grundlage für die berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen zugrunde liegt. Dem Steuerpflichtigen werden durch die erstmalige Berufsausbildung erstmals Kenntnisse und Fähigkeiten für die Teilnahme am Erwerbsleben vermittelt, was eine Grundvoraussetzung für seine Lebensführung ist. Typisierend geht der Gesetzgeber dabei davon aus, dass die Aufwendungen noch keinen konkreten Einnahmen, sondern zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer allgemeinen Ausbildung gegenüberstehen. Demnach werden die Aufwendungen als Lebensführungskosten mit einfach handhabbaren Abgrenzungskriterien zur Ermöglichung eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs angesehen (so zu § 12 Nr. EStG a.F. FG Düsseldorf Urteile vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201 und vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, Juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686; der BFH hat diese Frage in seinen Urteilen vom 28. Juli 2011 (VI R 5/10, BFH/NV 2011, 1776; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1782; VI R 59/09, NV, Juris; VI R 7/10, BFH/NV 2011, 1779) ausdrücklich offengelassen; kritisch beispielsweise Bergkemper, Der Betrieb 2011, 1947 (1948 f.)).

81

Regelmäßig stehen Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses, sondern dienen – wie auch im Falle des Klägers – losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer „Ausbildung“ (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

82

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die von dem Kläger absolvierte Ausbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tätigkeit als Berufspilot und den entsprechenden Einkünften führen würde. Ein derart konkreter Bezug zwischen der Ausbildung bzw. dem Studium und der späteren Berufsausübung ist nicht bei jedem Ausbildungsgang gegeben. So führen viele Studiengänge nicht zu einer bestimmten Berufstätigkeit und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Steuerpflichtiger nach abgeschlossener Berufsausbildung etwa den Beruf mangels Arbeitsplatz nicht ausüben kann und er somit keine steuerpflichtigen Einnahmen aus dem erlernten Beruf erzielen wird. Die Berücksichtigung des – vorliegend gegebenen – konkreten Zusammenhangs zwischen den Ausgaben und den künftigen Einnahmen des Klägers wäre mit dem Geltungsanspruch einer generalisierenden und typisierenden Norm nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu auch FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

83

Auch der Umstand, dass der Kläger für seine Ausbildung besonders hohe Aufwendungen tragen musste, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber ist im Rahmen von generalisierenden und typisierenden Regelungen anhand des oben geschilderten Normalfalls nicht verpflichtet, für bestimmte Einzelfälle Sonderregelungen herbeizuführen, wenn es insoweit an sachgerechten Unterscheidungskriterien mangelt. So liegt es hier. Der Gesetzgeber hat mit § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. eine Regelung geschaffen, die – zumindest in der überwiegenden Anzahl der Fälle – Abgrenzungsprobleme vermeidet. Im Rahmen dieser Generalisierung und Typisierung sind einzelfallbedingte Nachteile in Kauf zu nehmen, auch wenn sie für den Betroffenen im Einzelfall eine Härte darstellen (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

84

Die Ausbildungskosten des Klägers sind demnach gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. im Rahmen des Höchstbetrages von 4.000 Euro als Sonderausgaben abzugsfähig, was sich im Rahmen der Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG indes nicht auswirkt.

85

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

86

Die Revision wird in Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VI R 2/12 gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011 (14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686), VI R 8/12 gegen des Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011 (5 K 3975/09 F, a.a.O.), VI R 38/12 gegen das Urteil des FG Köln vom 22. Mai 2012 (15 K 3413/09, Juris), VI R 52/12 gegen das Urteil des FG München vom 15. März 2012 (12 K 2840/11, Juris) und VI R 2/13 gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. November 2012 (10 K 4245/11, EFG 2013, 433) gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.


Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist, ob Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen sind.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) vereinbarte mit der X-GmbH Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag über seine fliegerische Grundschulung zum Verkehrsflugzeugführer als seine erstmalige Berufsausbildung nach den Standards der X-AG. Die X-AG trug die Kosten der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer, der Kläger musste daran allerdings einen Eigenanteil von 40.903 € leisten, der zwölf Monate nach Schulungsbeginn fällig wurde. Während der Schulung hatte der Kläger mit Ausnahme eines Zuschusses zur Kantinenverpflegung von der X-GmbH kein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Zur Finanzierung des Eigenanteils hatte die X-AG Anfang August 2003 dem Kläger ein Darlehen über 40.903 € zugesagt, das bei Fälligkeit des Eigenanteils im August 2004 dafür verwendet wurde. Bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern war das Darlehen zins- und tilgungsfrei. Schließlich sah der Schulungsvertrag vor, dass dem Kläger nach erfolgreicher Schulung entweder bei der X-AG oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaft ein Arbeitsplatz angeboten werde. Im Juli 2006 bot die X-AG dem Kläger einen Arbeitsplatz an.

4

Der Kläger machte mit seiner Einkommensteuererklärung für 2004 die von ihm getragenen Schulungskosten von 40.903 € sowie die Fahrtkosten von rund 120 € als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Er vertrat die Auffassung, dass zwischen ihm und der X-AG ein Ausbildungsdienstverhältnis i.S. von § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) entsprechend dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) in der für das Streitjahr (2004) gültigen Fassung begründet worden sei, zumal auch die Zinsfreiheit des Darlehens sowie die verbilligte Beköstigung als geldwerte Vorteile/Sachbezüge unstreitig der Lohnsteuer zu unterwerfen seien.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte im Einkommensteuerbescheid für 2004 die Einkommensteuer auf 0 € fest; er berücksichtigte dabei die Schulungskosten nur als Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 4.000 €. Den Abzug der geltend gemachten Schulungskosten als Werbungskosten lehnte er ab, weil die Schulung weder ein Zweitstudium noch ein Ausbildungsdienstverhältnis sei. Weiter stellte das FA mit Bescheid über die gesonderte Feststellung den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 3.376 € fest; Grundlage dafür waren negative Einkünfte aus dem Veranlagungszeitraum 2003.

6

Der Kläger machte dagegen im Einspruchsverfahren im Ergebnis erfolglos geltend, dass angesichts des Schulungs- und Darlehensvertrags sowie der Rechnung über die Schulungskosten die steuerlichen Voraussetzungen für ein Ausbildungsdienstverhältnis vorlägen.

7

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 44.483 €, die sich im Wesentlichen aus den Schulungskosten in Höhe von 40.903 €, aus Verpflegungsmehraufwand durch den Schulungsaufenthalt in den USA in Höhe von 3.240 € sowie aus geschätzten Telefonkosten in Höhe von 120 € und geschätzten sonstigen Nebenkosten in Höhe von 100 € zusammensetzten. Der Kläger machte insbesondere geltend, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis vorliege, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 2011 VI R 8/09 (BFH/NV 2011, 2038) in einem annähernd identischen Streitfall die Kosten zur Ausbildung als Berufspilot als Werbungskosten abziehbar gewesen seien sowie dass die durch das BeitrRLUmsG geschaffenen Neuregelungen gegen das objektive Nettoprinzip verstießen.

8

Das FG hat aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1995 veröffentlichten Gründen die Klage abgewiesen.

9

Das FA habe die Änderung der Feststellung hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Recht abgelehnt. Die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten im Veranlagungszeitraum 2004 seien gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 i.V.m. § 52 Abs. 23d, Abs. 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig. Die Ausbildung finde nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Die gesetzlichen Neuregelungen verstießen auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

10

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen (Verfassungs)Rechts. Er trägt vor, entgegen der Auffassung des FG liege im Streitfall ein Ausbildungsdienstverhältnis vor, und begründet dies im Einzelnen. Die gesetzlichen Neuregelungen verstießen überdies gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und gegen das objektive Nettoprinzip.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Schleswig-Holstein aufzuheben und den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 dahin abzuändern, dass ein Verlustvortrag in Höhe von 47.859 € festgestellt wird.

12

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Zur Begründung nimmt das FA in vollem Umfang auf das Urteil des FG Bezug.

Entscheidungsgründe

14

B. Entscheidung des Senats

15

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

16

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

17

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

18

Nach einfachem Recht müsste die Revision des Klägers zurückgewiesen werden. Denn das FG hat zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung zum Berufspiloten nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind und daher auch nicht den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2004 erhöhen.

19

Der Kläger absolvierte die Ausbildung zum Berufspiloten als seine erstmalige Berufsausbildung auch nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger ein zinsfreies Darlehen und eine verbilligte Verköstigung hat in Anspruch nehmen können. Das FG hat insoweit zutreffend entschieden, dass nach § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Typische von der Rechtsprechung anerkannte Ausbildungsdienstverhältnisse liegen etwa bei Finanzanwärtern, Rechtsreferendaren, Lehramtskandidaten und Zeitsoldaten vor. Charakteristisch dafür ist, dass Gegenstand des Dienstverhältnisses die Berufsausbildung ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die ihn der Arbeitgeber bezahlt, die Teilnahme an Berufsausbildungsmaßnahmen umfasst und die Verpflichtung zur Teilnahme an der beruflichen Ausbildung oder zum Studium Gegenstand eines entgeltlichen Dienstverhältnisses ist. Die an diesem Rechtsmaßstab ausgerichtete Würdigung des FG, dass angesichts dieser Voraussetzungen kein Ausbildungsdienstverhältnis vorliege, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt für die Erwägung des FG, dass weder mit dem Schulungsvertrag noch mit dem Darlehensvertrag ein Dienstverhältnis begründet worden sei, ebenso wie für die, dass weder ein Arbeitsvertrag geschlossen noch eine Einstellung oder eine Vergütung vereinbart worden sei; zu Recht hat das FG schließlich den Umstand herangezogen, dass der Kläger auch keine Arbeitskraft geschuldet, keinen Arbeitslohn bezogen habe und kein Arbeitnehmer geworden sei. Zutreffend verweist zuletzt das FG auf den vertraglich ausdrücklich festgehaltenen Umstand, dass dem Kläger erst nach erfolgreichem Abschluss der Schulung ein Beschäftigungsverhältnis im Konzern angeboten werde, und darauf, dass sich insoweit der Streitfall von Fällen unterscheide, in denen für einen Teil der Ausbildung keine Vergütung gezahlt werde.

20

Sollte § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dagegen verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers begründet. Die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Ausbildung zum Berufspiloten wären dann als vorweggenommene Werbungskosten für seine ab Juli 2006 in Aussicht genommene Tätigkeit als Berufspilot zu berücksichtigen. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

21

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

22

II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

23

1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

24

Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

25

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

26

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

27

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

28

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

29

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

30

2. Die Rechtsentwicklung

31

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

32

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

33

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

34

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

35

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

36

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

37

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

38

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

39

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

40

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

41

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

42

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

43

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

44

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

45

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

46

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

47

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

48

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

49

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

50

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15. September 2011 VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26).

51

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

52

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

53

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

54

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

55

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

56

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

57

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

58

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

59

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

60

2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

61

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

62

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

63

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

64

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

65

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

66

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

67

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

68

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

69

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

70

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

71

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

72

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

73

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

74

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

75

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

76

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

77

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

78

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

79

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

80

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

81

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

82

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

83

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

84

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

85

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

86

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

87

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

88

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

89

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

90

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

91

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

92

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

93

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

94

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

95

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

96

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

97

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

98

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

99

Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

100

d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

101

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

102

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

103

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

104

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

105

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

106

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

107

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

108

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

109

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

110

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

111

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

112

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

113

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

114

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

115

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

116

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

117

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

118

IV. Verfassungskonforme Auslegung

119

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

120

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für ein Erststudium nach Schulabschluss vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

2

Nachdem die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen hatte, studierte sie vom 1. Februar 2005 bis einschließlich Sommersemester 2006 Humanmedizin in Ungarn. In Deutschland hatte sie zuvor dafür keinen Studienplatz erhalten, auch nicht im Wege der Klage.

3

Die Klägerin machte mit ihren Einkommensteuererklärungen der Jahre 2004 und 2005, in denen sie weder berufstätig war noch Einkünfte erzielte, Aufwendungen für ihr Studium als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Klägerin erklärte für das Jahr 2004 Aufwendungen zur Rechtsverfolgung und Studiengebühren in Höhe von insgesamt 11.453 € und für das Jahr 2005 solche in Höhe von 12.079 €, insbesondere für Rechtsverfolgung, Reisen und Studium.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat den Antrag der Klägerin, einen verbleibenden Verlustvortrag auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 in Höhe der in den Einkommensteuererklärungen für 2004 und 2005 geltend gemachten Werbungskosten festzustellen, abgelehnt.

5

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 873 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG Hamburg vom 25. November 2009 aufzuheben, die Ablehnungsbescheide des FA vom 30. Juni 2008 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 11.453 € und auf den 31. Dezember 2005 in Höhe von 12.080 € zuzüglich 11.453 € festzustellen.

8

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für ihre Ausbildung als Medizinerin zu Unrecht ohne weitere Prüfung vom Abzug als (vorweggenommene) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen.

11

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.).

12

a) Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

13

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.

14

c) Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Senat schon früher entschieden hatte (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407), steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

15

Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753). Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes (BGBl I 2004, 1753) sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug (vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.

16

d) Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom Senat schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist (dazu Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.

17

aa) Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr --wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG-- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits --wie dargelegt-- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.

18

bb) Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise-, PKW- oder Telefonkosten (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Der Senat (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre (so zuletzt Senatsurteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

19

In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.

20

e) Das FA und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.

21

aa) Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884), welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine --nach abgebrochenem Studium-- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre --so die Begründung-- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.

22

bb) Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt (BTDrucks 15/3339, S. 11).

23

cc) Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale (in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 --StändG 2007-- vom 19. Juli 2006, BGBl I 2006, 1652) die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.

24

dd) Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.4.) wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.3.c, m.w.N.).

25

Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie --etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 --von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.

26

f) Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der erkennende Senat nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18. Juni 2009 (in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.) vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung --von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10) entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

27

2. Nach diesen Grundsätzen können Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- noch nicht geprüft, ob und welche Aufwendungen der Klägerin durch das Studium beruflich veranlasst und damit dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist regelmäßig gegeben, wenn das Studium Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (s. dazu Senatsentscheidungen vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; in BFH/NV 2009, 1797).

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Berufsausbildung als Verkehrsflugzeugführer zu vorweggenommenen Werbungskosten führen. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte ab 5. Juli 2004 seine erstmalige Berufsausbildung, eine Ausbildung als Verkehrspilot, bei der C, einer Tochtergesellschaft der Y. Dem Kläger entstanden dafür nach seinen eigenen Angaben im Streitjahr (2004) Ausbildungskosten in Höhe von 27.879 €. Die Y stellte den Kläger im Anschluss an dessen Ausbildung ab März 2006 als Verkehrsflugzeugführer an, nachdem sie ihm bereits im Jahr 2005 eine dementsprechende Zusage erteilt hatte. Daneben war der Kläger vom 1. September 2004 bis zum 1. Oktober 2005 bei C im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig.

2

Der Kläger beantragte mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 27.879 € auf den 31. Dezember 2004 festzustellen. Er sah in den von ihm in dieser Höhe getragenen und darlehensfinanzierten Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbständige Tätigkeit als Pilot.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte das mit Hinweis auf die Neuregelung in § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab. Der Einspruch dagegen blieb erfolglos.

4

Die dagegen erhobene und auf Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 27.879 € gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1686 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

6

Der Kläger beantragt,

das Urteil des FG des Saarlandes vom 4. Mai 2010 aufzuheben und den Ablehnungsbescheid vom 25. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2005 über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 dahingehend abzuändern, dass der verbleibende Verlustvortrag um Werbungskosten in Höhe von 27.879 € erhöht wird.

7

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung als Berufspilot zu Unrecht vom Abzug als (vorweggenommene) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausgeschlossen. Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat zur Höhe der dem Kläger im Einzelnen entstandenen Kosten keine Feststellungen getroffen.

10

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.).

11

a) Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

12

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.

13

c) Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Senat schon früher entschieden hatte (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407), steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

14

Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753). Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes (BGBl I 2004, 1753) sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug (vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.

15

d) Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom Senat schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist (dazu Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.

16

aa) Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr --wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG-- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits --wie dargelegt-- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.

17

bb) Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise-, PKW- oder Telefonkosten (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Der Senat (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre (so zuletzt Senatsurteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

18

In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.

19

e) Das FA und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.

20

aa) Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884), welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine --nach abgebrochenem Studium-- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre --so die Begründung-- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.

21

bb) Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt (BTDrucks 15/3339, S. 11).

22

cc) Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale (in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 --StändG 2007-- vom 19. Juli 2006, BGBl I 2006, 1652) die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.

23

dd) Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.4.) wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.3.c, m.w.N.).

24

Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie --etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 --von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.

25

f) Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der erkennende Senat nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18. Juni 2009 (in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.) vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung --von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10) entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

26

2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze sind die vom Kläger geleisteten Aufwendungen für seine Ausbildung zum Berufspiloten auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten. Denn es besteht ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen zur Ausbildung als Pilot und der nachfolgenden Berufstätigkeit des Klägers als Pilot und den daraus erzielten Einkünften.

27

3. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Denn das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- zu den einzelnen vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen noch keine Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden:

1.
(weggefallen)
1a.
(weggefallen)
1b.
(weggefallen)
2.
a)
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;
b)
Beiträge des Steuerpflichtigen
aa)
zum Aufbau einer eigenen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres oder zusätzlich die ergänzende Absicherung des Eintritts der Berufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der verminderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrente) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht.2Hinterbliebene in diesem Sinne sind der Ehegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 hat.3Der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberechtigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt;
bb)
für seine Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit (Versicherungsfall), wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen, auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente für einen Versicherungsfall vorsieht, der bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres eingetreten ist.2Der Vertrag kann die Beendigung der Rentenzahlung wegen eines medizinisch begründeten Wegfalls der Berufsunfähigkeit oder der verminderten Erwerbsfähigkeit vorsehen.3Die Höhe der zugesagten Rente kann vom Alter des Steuerpflichtigen bei Eintritt des Versicherungsfalls abhängig gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat.
2Die Ansprüche nach Buchstabe b dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar sein.3Anbieter und Steuerpflichtiger können vereinbaren, dass bis zu zwölf Monatsleistungen in einer Auszahlung zusammengefasst werden oder eine Kleinbetragsrente im Sinne von § 93 Absatz 3 Satz 2 abgefunden wird.4Bei der Berechnung der Kleinbetragsrente sind alle bei einem Anbieter bestehenden Verträge des Steuerpflichtigen jeweils nach Buchstabe b Doppelbuchstabe aa oder Doppelbuchstabe bb zusammenzurechnen.5Neben den genannten Auszahlungsformen darf kein weiterer Anspruch auf Auszahlungen bestehen.6Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nummer 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch werden abweichend von Satz 6 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen hinzugerechnet;
3.
Beiträge zu
a)
Krankenversicherungen, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und sofern auf die Leistungen ein Anspruch besteht.2Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder die nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzten Beiträge.3Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vergleichbar sind; § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gilt entsprechend.4Wenn sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen nach Satz 2 ein Anspruch auf Krankengeld oder ein Anspruch auf eine Leistung, die anstelle von Krankengeld gewährt wird, ergeben kann, ist der jeweilige Beitrag um 4 Prozent zu vermindern;
b)
gesetzlichen Pflegeversicherungen (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung).
2Als eigene Beiträge des Steuerpflichtigen können auch eigene Beiträge im Sinne der Buchstaben a oder b eines Kindes behandelt werden, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen hat, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes; Voraussetzung für die Berücksichtigung beim Steuerpflichtigen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.3Satz 2 gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige die Beiträge für ein unterhaltsberechtigtes Kind trägt, welches nicht selbst Versicherungsnehmer ist, sondern der andere Elternteil.4Hat der Steuerpflichtige in den Fällen des Absatzes 1a Nummer 1 eigene Beiträge im Sinne des Buchstaben a oder des Buchstaben b zum Erwerb einer Krankenversicherung oder gesetzlichen Pflegeversicherung für einen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten geleistet, dann werden diese abweichend von Satz 1 als eigene Beiträge des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten behandelt.5Beiträge, die für nach Ablauf des Veranlagungszeitraums beginnende Beitragsjahre geleistet werden und in der Summe das Dreifache der auf den Veranlagungszeitraum entfallenden Beiträge überschreiten, sind in dem Veranlagungszeitraum anzusetzen, für den sie geleistet wurden;
3a.
Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, soweit diese nicht nach Nummer 3 zu berücksichtigen sind; Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen; Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 bis 6 und Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden;
4.
gezahlte Kirchensteuer; dies gilt nicht, soweit die Kirchensteuer als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde;
5.
zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4 000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.2Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.3Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Absatz 1 oder Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist;
6.
(weggefallen)
7.
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6 000 Euro im Kalenderjahr.2Bei Ehegatten, die die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten.3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.4§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b und 6c sowie § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5, Absatz 2, 4 Satz 8 und Absatz 4a sind bei der Ermittlung der Aufwendungen anzuwenden.
8.
(weggefallen)
9.
30 Prozent des Entgelts, höchstens 5 000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule entrichtet, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung.2Voraussetzung ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.3Der Besuch einer anderen Einrichtung, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss im Sinne des Satzes 2 ordnungsgemäß vorbereitet, steht einem Schulbesuch im Sinne des Satzes 1 gleich.4Der Besuch einer Deutschen Schule im Ausland steht dem Besuch einer solchen Schule gleich, unabhängig von ihrer Belegenheit.5Der Höchstbetrag nach Satz 1 wird für jedes Kind, bei dem die Voraussetzungen vorliegen, je Elternpaar nur einmal gewährt.

(1a)1Sonderausgaben sind auch die folgenden Aufwendungen:

1.
Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalenderjahr.2Der Höchstbetrag nach Satz 1 erhöht sich um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach Absatz 1 Nummer 3 für die Absicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten aufgewandten Beiträge.3Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.4Die Zustimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 der Zivilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam.5Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjahres, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, gegenüber dem Finanzamt zu erklären.6Die Sätze 1 bis 5 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend.7Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt.8Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre erteilte Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) mitzuteilen.9Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen;
2.
auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Dies gilt nur für
a)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, die eine Tätigkeit im Sinne der §§ 13, 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder des § 18 Absatz 1 ausübt,
b)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs, sowie
c)
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung eines mindestens 50 Prozent betragenden Anteils an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.
3Satz 2 gilt auch für den Teil der Versorgungsleistungen, der auf den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft entfällt.4Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Empfängers in der Steuererklärung des Leistenden; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
3.
Ausgleichsleistungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes sowie § 1408 Absatz 2 und § 1587 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit der Verpflichtete dies mit Zustimmung des Berechtigten beantragt und der Berechtigte unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Berechtigten in der Steuererklärung des Verpflichteten; Nummer 1 Satz 8 und 9 gilt entsprechend;
4.
Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nach den §§ 20 bis 22 und 26 des Versorgungsausgleichsgesetzes und nach den §§ 1587f, 1587g und 1587i des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung sowie nach § 3a des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich, soweit die ihnen zu Grunde liegenden Einnahmen bei der ausgleichspflichtigen Person der Besteuerung unterliegen, wenn die ausgleichsberechtigte Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.2Nummer 3 Satz 3 gilt entsprechend.

(2)1Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nummer 2, 3 und 3a bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie

1.
nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen; ungeachtet dessen sind Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a zu berücksichtigen, soweit
a)
sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweizerischen Eidgenossenschaft erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen,
b)
diese Einnahmen nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Inland steuerfrei sind und
c)
der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der Besteuerung dieser Einnahmen zulässt;
steuerfreie Zuschüsse zu einer Kranken- oder Pflegeversicherung stehen insgesamt in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3,
2.
geleistet werden an
a)
1Versicherungsunternehmen,
aa)
die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, oder
bb)
denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist.
2Darüber hinaus werden Beiträge nur berücksichtigt, wenn es sich um Beträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a an eine Einrichtung handelt, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder eine der Beihilfe oder freien Heilfürsorge vergleichbare Absicherung im Sinne des § 193 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 des Versicherungsvertragsgesetzes gewährt.3Dies gilt entsprechend, wenn ein Steuerpflichtiger, der weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, mit den Beiträgen einen Versicherungsschutz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Satz 1 erwirbt,
b)
berufsständische Versorgungseinrichtungen,
c)
einen Sozialversicherungsträger oder
d)
einen Anbieter im Sinne des § 80.
2Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b werden nur berücksichtigt, wenn die Beiträge zugunsten eines Vertrags geleistet wurden, der nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifiziert ist, wobei die Zertifizierung Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung ist.

(2a)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b hat der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten Beiträge und die Zertifizierungsnummer an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln.2§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.3§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(2b)1Bei Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 hat das Versicherungsunternehmen, der Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die Künstlersozialkasse oder eine Einrichtung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a Satz 2 als mitteilungspflichtige Stelle nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung und unter Angabe der Vertrags- oder der Versicherungsdaten die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr geleisteten und erstatteten Beiträge sowie die in § 93c Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Abgabenordnung genannten Daten mit der Maßgabe, dass insoweit als Steuerpflichtiger die versicherte Person gilt, an die zentrale Stelle (§ 81) zu übermitteln; sind Versicherungsnehmer und versicherte Person nicht identisch, sind zusätzlich die Identifikationsnummer und der Tag der Geburt des Versicherungsnehmers anzugeben.2Satz 1 gilt nicht, soweit diese Daten mit der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (§ 41b Absatz 1 Satz 2) oder der Rentenbezugsmitteilung (§ 22a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4) zu übermitteln sind.3§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.4Zuständige Finanzbehörde im Sinne des § 72a Absatz 4 und des § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung ist das Bundeszentralamt für Steuern.5Wird in den Fällen des § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung eine unzutreffende Höhe der Beiträge übermittelt, ist die entgangene Steuer mit 30 Prozent des zu hoch ausgewiesenen Betrags anzusetzen.

(3)1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 sind bis zu dem Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung, aufgerundet auf einen vollen Betrag in Euro, zu berücksichtigen.2Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag.3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die

1.
Arbeitnehmer sind und die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungspflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Ausscheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der gesetzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder
b)
nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erworben haben, oder
2.
Einkünfte im Sinne des § 22 Nummer 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben,
um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allgemeinen Rentenversicherung entspricht.4Im Kalenderjahr 2013 sind 76 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen.5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar.6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2022 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr; ab dem Kalenderjahr 2023 beträgt er 100 Prozent.7Beiträge nach § 168 Absatz 1 Nummer 1b oder 1c oder nach § 172 Absatz 3 oder 3a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vermindern den abziehbaren Betrag nach Satz 5 nur, wenn der Steuerpflichtige die Hinzurechnung dieser Beiträge zu den Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Satz 7 beantragt hat.

(4)1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 und 3a können je Kalenderjahr insgesamt bis 2 800 Euro abgezogen werden.2Der Höchstbetrag beträgt 1 900 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Krankenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nummer 9, 14, 57 oder 62 erbracht werden.3Bei zusammen veranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge.4Übersteigen die Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 die nach den Sätzen 1 bis 3 zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen, sind diese abzuziehen und ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3a scheidet aus.

(4a)1Ist in den Kalenderjahren 2013 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a, Absatz 1 Nummer 3 und Nummer 3a in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Absatz 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegabzug

KalenderjahrVorwegabzug für
den Steuerpflichtigen
Vorwegabzug im
Fall der Zusammen-
veranlagung von
Ehegatten
20132 1004 200
20141 8003 600
20151 5003 000
20161 2002 400
20179001 800
20186001 200
2019300600


zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Absatz 3 und 4 anzusetzen.2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzurechnen.3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nummer 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss verminderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschreiten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend.

(4b)1Erhält der Steuerpflichtige für die von ihm für einen anderen Veranlagungszeitraum geleisteten Aufwendungen im Sinne des Satzes 2 einen steuerfreien Zuschuss, ist dieser den erstatteten Aufwendungen gleichzustellen.2Übersteigen bei den Sonderausgaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 3a die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen (Erstattungsüberhang), ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen.3Ein verbleibender Betrag des sich bei den Aufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 ergebenden Erstattungsüberhangs ist dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.4Nach Maßgabe des § 93c der Abgabenordnung haben Behörden im Sinne des § 6 Absatz 1 der Abgabenordnung und andere öffentliche Stellen, die einem Steuerpflichtigen für die von ihm geleisteten Beiträge im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2, 3 und 3a steuerfreie Zuschüsse gewähren oder Vorsorgeaufwendungen im Sinne dieser Vorschrift erstatten als mitteilungspflichtige Stellen, neben den nach § 93c Absatz 1 der Abgabenordnung erforderlichen Angaben, die zur Gewährung und Prüfung des Sonderausgabenabzugs nach § 10 erforderlichen Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln.5§ 22a Absatz 2 gilt entsprechend.6§ 72a Absatz 4 und § 93c Absatz 4 der Abgabenordnung finden keine Anwendung.

(5) Durch Rechtsverordnung wird bezogen auf den Versicherungstarif bestimmt, wie der nicht abziehbare Teil der Beiträge zum Erwerb eines Krankenversicherungsschutzes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3 Buchstabe a Satz 3 durch einheitliche prozentuale Abschläge auf die zugunsten des jeweiligen Tarifs gezahlte Prämie zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.

(6) Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ist für Vertragsabschlüsse vor dem 1. Januar 2012 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Vertrag die Zahlung der Leibrente nicht vor der Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen darf.

Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1.
die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2.
freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3.
die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4.
in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5.
(weggefallen)

(1)1Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.2Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.3Werbungskosten sind auch

1.
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt;
2.
Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit solche Ausgaben sich auf Gebäude oder auf Gegenstände beziehen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmeerzielung dienen;
3.
Beiträge zu Berufsständen und sonstigen Berufsverbänden, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist;
4.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.3Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32.4Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.5Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte.6Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird.7Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.8Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen, höchstens 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.
4a.
Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 sowie keine Familienheimfahrten sind.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz festgesetzt sind.3Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Absatz 4) und hat er nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen, gilt Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.4Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
5.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen.2Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.3Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus.4Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung können im Inland die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft angesetzt werden, höchstens 1 000 Euro im Monat.5Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeitsstätte zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück (Familienheimfahrt) können jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.6Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen.7Nummer 4 Satz 3 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.8Aufwendungen für Familienheimfahrten mit einem dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeug werden nicht berücksichtigt.9Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 6 eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a)
von 0,35 Euro für 2021,
b)
von 0,38 Euro für 2022 bis 2026
anzusetzen.
5a.
notwendige Mehraufwendungen eines Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist.2Übernachtungskosten sind die tatsächlichen Aufwendungen für die persönliche Inanspruchnahme einer Unterkunft zur Übernachtung.3Soweit höhere Übernachtungskosten anfallen, weil der Arbeitnehmer eine Unterkunft gemeinsam mit Personen nutzt, die in keinem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber stehen, sind nur diejenigen Aufwendungen anzusetzen, die bei alleiniger Nutzung durch den Arbeitnehmer angefallen wären.4Nach Ablauf von 48 Monaten einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist, können Unterkunftskosten nur noch bis zur Höhe des Betrags nach Nummer 5 angesetzt werden.5Eine Unterbrechung dieser beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn die Unterbrechung mindestens sechs Monate dauert.
5b.
notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer während seiner auswärtigen beruflichen Tätigkeit auf einem Kraftfahrzeug des Arbeitgebers oder eines vom Arbeitgeber beauftragten Dritten im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug für Kalendertage entstehen, an denen der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte.2Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Übernachtung in dem Kraftfahrzeug entstehen, kann im Kalenderjahr einheitlich eine Pauschale von 8 Euro für jeden Kalendertag berücksichtigt werden, an dem der Arbeitnehmer eine Verpflegungspauschale nach Absatz 4a Satz 3 Nummer 1 und 2 sowie Satz 5 zur Nummer 1 und 2 beanspruchen könnte,
6.
Aufwendungen für Arbeitsmittel, zum Beispiel für Werkzeuge und typische Berufskleidung.2Nummer 7 bleibt unberührt;
7.
Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung, Sonderabschreibungen nach § 7b und erhöhte Absetzungen.2§ 6 Absatz 2 Satz 1 bis 3 ist in Fällen der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern entsprechend anzuwenden.

(2)1Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.2Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen.3Menschen mit Behinderungen,

1.
deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
2.
deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.4Die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 sind durch amtliche Unterlagen nachzuweisen.

(3) Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 bis 5a sowie die Absätze 2 und 4a gelten bei den Einkunftsarten im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7 entsprechend.

(4)1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt.3Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.4Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer dauerhaft

1.
typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
2.
je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
5Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.6Liegen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 für mehrere Tätigkeitsstätten vor, ist diejenige Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Arbeitgeber bestimmt.7Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, ist die der Wohnung örtlich am nächsten liegende Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte.8Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird; die Regelungen für Arbeitnehmer nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4a sind entsprechend anzuwenden.

(4a)1Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nur nach Maßgabe der folgenden Sätze als Werbungskosten abziehbar.2Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale anzusetzen.3Diese beträgt

1.
28 Euro für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist,
2.
jeweils 14 Euro für den An- und Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet,
3.
14 Euro für den Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist; beginnt die auswärtige berufliche Tätigkeit an einem Kalendertag und endet am nachfolgenden Kalendertag ohne Übernachtung, werden 14 Euro für den Kalendertag gewährt, an dem der Arbeitnehmer den überwiegenden Teil der insgesamt mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
4Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend; Wohnung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist der Hausstand, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet sowie eine Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der doppelten Haushaltsführung.5Bei einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge nach Satz 3 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge, die für die Fälle der Nummer 1 mit 120 sowie der Nummern 2 und 3 mit 80 Prozent der Auslandstagegelder nach dem Bundesreisekostengesetz vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder aufgerundet auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Arbeitnehmer vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im Ausland.6Der Abzug der Verpflegungspauschalen ist auf die ersten drei Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.7Eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte führt zu einem Neubeginn, wenn sie mindestens vier Wochen dauert.8Wird dem Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Tätigkeit außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, sind die nach den Sätzen 3 und 5 ermittelten Verpflegungspauschalen zu kürzen:
1.
für Frühstück um 20 Prozent,
2.
für Mittag- und Abendessen um jeweils 40 Prozent,
der nach Satz 3 Nummer 1 gegebenenfalls in Verbindung mit Satz 5 maßgebenden Verpflegungspauschale für einen vollen Kalendertag; die Kürzung darf die ermittelte Verpflegungspauschale nicht übersteigen.9Satz 8 gilt auch, wenn Reisekostenvergütungen wegen der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einbehalten oder gekürzt werden oder die Mahlzeiten nach § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1a pauschal besteuert werden.10Hat der Arbeitnehmer für die Mahlzeit ein Entgelt gezahlt, mindert dieser Betrag den Kürzungsbetrag nach Satz 8.11Erhält der Arbeitnehmer steuerfreie Erstattungen für Verpflegung, ist ein Werbungskostenabzug insoweit ausgeschlossen.12Die Verpflegungspauschalen nach den Sätzen 3 und 5, die Dreimonatsfrist nach den Sätzen 6 und 7 sowie die Kürzungsregelungen nach den Sätzen 8 bis 10 gelten entsprechend auch für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung, die bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, soweit der Arbeitnehmer vom eigenen Hausstand im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abwesend ist; dabei ist für jeden Kalendertag innerhalb der Dreimonatsfrist, an dem gleichzeitig eine Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 oder des Satzes 4 ausgeübt wird, nur der jeweils höchste in Betracht kommende Pauschbetrag abziehbar.13Die Dauer einer Tätigkeit im Sinne des Satzes 2 an dem Tätigkeitsort, an dem die doppelte Haushaltsführung begründet wurde, ist auf die Dreimonatsfrist anzurechnen, wenn sie ihr unmittelbar vorausgegangen ist.

(5)1§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b bis 8a, 10, 12 und Absatz 6 gilt sinngemäß.2Die §§ 4j, 4k, 6 Absatz 1 Nummer 1a und § 6e gelten entsprechend.

(6)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird.4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Tatbestand

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für ein Erststudium nach Schulabschluss vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

2

Nachdem die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen hatte, studierte sie vom 1. Februar 2005 bis einschließlich Sommersemester 2006 Humanmedizin in Ungarn. In Deutschland hatte sie zuvor dafür keinen Studienplatz erhalten, auch nicht im Wege der Klage.

3

Die Klägerin machte mit ihren Einkommensteuererklärungen der Jahre 2004 und 2005, in denen sie weder berufstätig war noch Einkünfte erzielte, Aufwendungen für ihr Studium als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Klägerin erklärte für das Jahr 2004 Aufwendungen zur Rechtsverfolgung und Studiengebühren in Höhe von insgesamt 11.453 € und für das Jahr 2005 solche in Höhe von 12.079 €, insbesondere für Rechtsverfolgung, Reisen und Studium.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat den Antrag der Klägerin, einen verbleibenden Verlustvortrag auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 in Höhe der in den Einkommensteuererklärungen für 2004 und 2005 geltend gemachten Werbungskosten festzustellen, abgelehnt.

5

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 873 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG Hamburg vom 25. November 2009 aufzuheben, die Ablehnungsbescheide des FA vom 30. Juni 2008 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 11.453 € und auf den 31. Dezember 2005 in Höhe von 12.080 € zuzüglich 11.453 € festzustellen.

8

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für ihre Ausbildung als Medizinerin zu Unrecht ohne weitere Prüfung vom Abzug als (vorweggenommene) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen.

11

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.).

12

a) Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

13

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.

14

c) Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Senat schon früher entschieden hatte (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407), steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

15

Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753). Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes (BGBl I 2004, 1753) sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug (vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.

16

d) Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom Senat schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist (dazu Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.

17

aa) Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr --wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG-- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits --wie dargelegt-- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.

18

bb) Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise-, PKW- oder Telefonkosten (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Der Senat (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre (so zuletzt Senatsurteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

19

In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.

20

e) Das FA und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.

21

aa) Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884), welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine --nach abgebrochenem Studium-- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre --so die Begründung-- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.

22

bb) Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt (BTDrucks 15/3339, S. 11).

23

cc) Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale (in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 --StändG 2007-- vom 19. Juli 2006, BGBl I 2006, 1652) die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.

24

dd) Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.4.) wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.3.c, m.w.N.).

25

Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie --etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 --von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.

26

f) Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der erkennende Senat nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18. Juni 2009 (in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.) vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung --von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10) entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

27

2. Nach diesen Grundsätzen können Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- noch nicht geprüft, ob und welche Aufwendungen der Klägerin durch das Studium beruflich veranlasst und damit dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist regelmäßig gegeben, wenn das Studium Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (s. dazu Senatsentscheidungen vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; in BFH/NV 2009, 1797).

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für eine Berufsausbildung als Verkehrsflugzeugführer zu vorweggenommenen Werbungskosten führen. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte ab 5. Juli 2004 seine erstmalige Berufsausbildung, eine Ausbildung als Verkehrspilot, bei der C, einer Tochtergesellschaft der Y. Dem Kläger entstanden dafür nach seinen eigenen Angaben im Streitjahr (2004) Ausbildungskosten in Höhe von 27.879 €. Die Y stellte den Kläger im Anschluss an dessen Ausbildung ab März 2006 als Verkehrsflugzeugführer an, nachdem sie ihm bereits im Jahr 2005 eine dementsprechende Zusage erteilt hatte. Daneben war der Kläger vom 1. September 2004 bis zum 1. Oktober 2005 bei C im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung tätig.

2

Der Kläger beantragte mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen verbleibenden Verlustvortrag in Höhe von 27.879 € auf den 31. Dezember 2004 festzustellen. Er sah in den von ihm in dieser Höhe getragenen und darlehensfinanzierten Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbständige Tätigkeit als Pilot.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte das mit Hinweis auf die Neuregelung in § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab. Der Einspruch dagegen blieb erfolglos.

4

Die dagegen erhobene und auf Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 27.879 € gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1686 veröffentlichten Gründen ab.

5

Mit der dagegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

6

Der Kläger beantragt,

das Urteil des FG des Saarlandes vom 4. Mai 2010 aufzuheben und den Ablehnungsbescheid vom 25. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2005 über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 dahingehend abzuändern, dass der verbleibende Verlustvortrag um Werbungskosten in Höhe von 27.879 € erhöht wird.

7

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung als Berufspilot zu Unrecht vom Abzug als (vorweggenommene) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausgeschlossen. Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat zur Höhe der dem Kläger im Einzelnen entstandenen Kosten keine Feststellungen getroffen.

10

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.).

11

a) Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

12

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.

13

c) Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Senat schon früher entschieden hatte (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407), steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

14

Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753). Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes (BGBl I 2004, 1753) sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug (vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.

15

d) Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom Senat schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist (dazu Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.

16

aa) Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr --wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG-- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits --wie dargelegt-- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.

17

bb) Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise-, PKW- oder Telefonkosten (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Der Senat (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre (so zuletzt Senatsurteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

18

In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.

19

e) Das FA und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.

20

aa) Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884), welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine --nach abgebrochenem Studium-- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre --so die Begründung-- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.

21

bb) Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt (BTDrucks 15/3339, S. 11).

22

cc) Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale (in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 --StändG 2007-- vom 19. Juli 2006, BGBl I 2006, 1652) die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.

23

dd) Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.4.) wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.3.c, m.w.N.).

24

Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie --etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 --von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.

25

f) Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der erkennende Senat nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18. Juni 2009 (in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.) vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung --von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10) entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

26

2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze sind die vom Kläger geleisteten Aufwendungen für seine Ausbildung zum Berufspiloten auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten. Denn es besteht ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen zur Ausbildung als Pilot und der nachfolgenden Berufstätigkeit des Klägers als Pilot und den daraus erzielten Einkünften.

27

3. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Denn das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- zu den einzelnen vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen noch keine Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt, die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.

2

Der 1981 geborene Kläger hat mit der Verkehrsfliegerschule X Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag geschlossen. Gegenstand des Vertrages ist die fliegerische Grundschulung des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer nach den Standards der X AG durch die X. Es handelt sich um die erstmalige Berufsausbildung.

3

Laut § 10 des Schulungsvertrages trägt der Kläger von den Gesamtkosten einen Eigenanteil von 40.903,00 EUR. Dieser wird zwölf Monate nach Schulungsbeginn fällig. Die restlichen Kosten für die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer werden von der X AG getragen. Nach der Anlage 2 Nebenleistungen wird eine Bezuschussung der Kantinenverpflegung (montags bis freitags) zugesagt. Zur Finanzierung des Eigenanteils wurde zwischen dem Kläger und der X AG Anfang August 2003 ein Darlehensvertrag über die Darlehenssumme in Höhe von 40.903,00 EUR geschlossen. Das Darlehen wurde vollständig und ausschließlich für die Zahlung des Eigenanteils verwendet. Die Ausschüttung erfolgte zwölf Monate nach Schulungsbeginn disagiofrei durch eine Zahlung an die X. Nach § 3 des Darlehensvertrages wurde der Darlehensbetrag für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellt. Auf den Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag wird Bezug genommen.

4

Nach § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger von der X AG oder einer konzernabhängigen Gesellschaft fällt, ein Cockpitplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstehen.

5

Die X AG bescheinigte dem Kläger Ende August 2003, dass er sich ab Ende August 2003 bei der X in der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer befindet und die Schulung voraussichtlich bis Ende August 2005 dauern wird. Während der Schulung erhält der Kläger von der X GmbH kein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Auf den Schulungsvertrag wird Bezug genommen. Die Rechnung über den Eigenanteil erfolgte durch die X Anfang August 2004 und die erfolgte Zahlung wurde Mitte September 2004 bestätigt. Mit Schreiben im Juli 2006 bot die X AG dem Kläger einen Arbeitsplatz an.

6

Mit der am 24. Juli 2006 beim Finanzamt eingegangenen Einkommensteuer (ESt) - Erklärung für 2004 begehrte der Kläger den Abzug des Eigenanteils der Schulungskosten von 40.903,00 EUR sowie der Fahrtkosten in Höhe von rund 120,00 EUR als vorweggenommene Werbungskosten. In der Anlage zur Steuererklärung verweist der Kläger auf die einschlägigen Vorschriften der §§ 611-630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und trägt vor, dass zwischen ihm und der X AG ein Ausbildungsdienstverhältnis im Sinne von § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG 2004) begründet worden sei. Es handele sich um ein Ausbildungsdienstverhältnis, das weitestgehend Parallelität zum Berufsausbildungsgesetz (BBiG) aufweise. Die Zinsfreiheit des Darlehens sowie die verbilligte Beköstigung seien als geldwerter Vorteil/Sachbezug unstreitig der Lohnsteuer zu unterwerfen.

7

Mit ESt-Bescheid vom 9. August 2006 (Null-Festsetzung) lehnte das Finanzamt den Werbungskostenabzug mit dem Hinweis ab, es handele sich weder um ein Zweitstudium noch um ein Ausbildungsdienstverhältnis. Die Aufwendungen wurden daher nur in Höhe von 4.000,00 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt. Ebenfalls am 9. August 2006 wurde der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 zur ESt in Höhe von 3.376,00 EUR (Höhe der negativen Einkünfte für 2003 laut ESt-Bescheid vom 16. Januar 2006) erteilt.

8

Mit fristgerechtem Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid wurde der Werbungskostenabzug für den Eigenanteil an den Schulungskosten in Höhe von 40.903,00 EUR geltend gemacht. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung seien Werbungskosten, wenn die Bildungsmaßnahme im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde. Die steuerlichen Voraussetzungen für ein solches Dienstverhältnis (Ausbildungsdienstverhältnis) lägen im Streitfall vor. Aus den vorliegenden Unterlagen (Schulungs- und Darlehensvertrag, Rechnung über die Schulungskosten, Bescheinigung der X über den Zahlungseingang) ergebe sich das Ausbildungsdienstverhältnis in seiner Wechselbeziehung.

9

Werbungskosten seien nur in dem Kalenderjahr abziehbar, in dem sie geleistet worden seien (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und den Zeitraum, für den die Leistung wirtschaftlich erfolgt sei, komme es nicht an. Das gelte auch für Aufwendungen, die aus Darlehen bestritten würden (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. Dezember 1971, VI R 209/69). Die Schulungskosten seien in 2004 geleistet worden. Die Modalität des abgekürzten Zahlungsweges sei in den Unterlagen unmissverständlich dokumentiert worden. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 30. August 2006, 9. Oktober 2006, 23. Oktober 2006, 21. Februar 2007 und 20. April 2007 Bezug genommen.

10

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium würden nur noch insoweit berücksichtigt werden, als die Regelungen zu den Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen dies ausdrücklich zulassen würden. Begünstigt seien weiterhin die Aufwendungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses einschließlich eines berufsintegrierten Erststudiums. Eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Studium finde im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses statt, wenn die Ausbildungsmaßnahme Gegenstand des Dienstverhältnisses sei. Zu den Ausbildungsdienstverhältnissen würden zum Beispiel die Berufsausbildungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 3, §§ 4-52 BBiG zählen. Es liege kein Ausbildungsdienstverhältnis vor, wenn die Berufsausbildung oder das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses sei, auch wenn die Berufsausbildungsmaßnahme oder das Studium seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln (z.B. eines Stipendiums) gefördert werde (Tz. 27 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005).

11

Ein Ausbildungsdienstverhältnis liege nur dann vor, wenn die in Ausbildung befindliche Person während der Zeit der Ausbildung Arbeitslohn aus einem zum Zwecke der Ausbildung eingegangenen oder fortbestehenden Dienstverhältnis erhalte und das Dienstverhältnis im Wesentlichen durch die Ausbildung geprägt sei. Entscheidendes Merkmal des Ausbildungsverhältnisses sei der Bezug von steuerpflichtigen Einkünften während der Ausbildung. Denn nur dann werde der Aspekt der Ausbildung durch den Bezug von steuerpflichtigem Arbeitslohn überlagert (R24 Lohnsteuerrichtlinien -LStR- und H34; Hessisches Finanzgericht -FG- vom 15. Februar 1996, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1996, 848; Bundesfinanzhof -BFH- vom 15. April 1996, Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1996, 804).

12

Die Ausbildung zum Berufspiloten werde als andere Bildungsmaßnahme einer Berufsausbildung im Sinne des § 12 Abs. 5 EStG 2004 gleichgestellt (Tz. 6 des BMF-Schreibens vom 4. November 2005). Im Streitfall sei jedoch weder durch den Schulungsvertrag von August 2003 mit der X noch durch die Gewährung des für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens ein Ausbildungsdienstverhältnis im oben aufgeführten Sinne begründet worden. Die Ausbildungsmaßnahme des Klägers zum Verkehrsflugzeugführer erfülle zwar die Voraussetzung des § 1 Abs. 3 BBiG. Gemäß § 17 Abs. 1 BBiG hätten Ausbildende den Auszubildenden jedoch eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Zahlung und Höhe der Vergütung (§ 17-19 BBiG) seien im Vertrag über die Begründung des Ausbildungsverhältnisses aufzunehmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 BBiG). Der BFH habe bereits im Urteil vom 15. April 1996 (a.a.O.) den Begriff des Ausbildungsdienstverhältnisses wie folgt definiert: „Nach der Rechtsprechung des Senats können Kosten für die Berufsausbildung dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht.“ Im vorliegenden Fall liege jedoch kein Ausbildungsdienstverhältnis vor; dem Kläger werde keine Vergütung im Sinne von § 17 BBiG gewährt.

13

Gemäß § 14 des Schulungsvertrages wird dem Kläger nach erfolgreicher Schulung von der X oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaftein Cockpitarbeitsplatz bei einer dieser Gesellschaften angeboten, sofern ein Personalbedarf ausgewiesen und einem solchen Arbeitsverhältnis keine anderen rechtlichen Gründe entgegenstünden (vgl. auch FG Münster vom 2. September 2002, EFG 2003, 34).

14

Die zinslose Hingabe eines Darlehens und verbilligte Beköstigung könnten steuerpflichtiger Sachbezug sein. Voraussetzung hierfür sei, dass sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewährt würden und der dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendete Vorteil Entlohnungscharakter habe. Steuerpflichtiger Arbeitslohn sei dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen würden, die „für“ seine Arbeitsleistung gewährt würden. Das sei der Fall, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweise. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger sei mit dem Schulungsvertrag von August 2003 zur Ausbildung als Berufspilot an eine Bildungsmaßnahme im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG 2004 eingegangen, deren Kosten er teilweise selbst zu tragen habe. Für die Zeit der Schulung liege kein Arbeitsverhältnis vor, aus dem ihm Zuwendungen für seine Arbeitsleistung zufließen würden. Auch im Darlehensvertrag werde stets zwischen „Schulung“ und sich eventuell anschließendem „Cockpit-Arbeitsverhältnis“ unterschieden. Weder die Hingabe des gemäß § 3 des Darlehensvertrages für die Dauer der Schulung und darüber hinaus bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern entsprechend § 10 Abs. 2 des Schulungsvertrages zins- und tilgungsfrei gestellten Darlehens noch die laut Anlage zum Schulungsvertrag von der X als Nebenleistung zu erbringende Bezuschussung der Kantinenverpflegung stelle eine Entlohnung (Zuwendung) im oben aufgeführten Sinne im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses dar. Nach alledem handele es sich bei den dem Kläger in 2004 entstandenen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung zum Berufspiloten im internationalen Flugverkehr um Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2004, deren Abzug auf 4.000,00 EUR begrenzt sei und für die ein Verlustvortrag nicht in Betracht komme.

15

Hiergegen richtet sich die vorliegende fristgerecht erhobene Klage, mit der ergänzend Folgendes vorgetragen wird:

16
1. Dienstverhältnis nach § 12 Nr. 5 EStG
17

Der Begriff „Dienstverhältnis“ erscheine in § 12 Nr. 5 EStG 2004 erstmals als Begriff im EStG. Es sei rechtssystematisch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den steuerlichen Begriff deckungsgleich mit dem des BGB erfassen wollte. Letzterer gehe über ein „Arbeitsverhältnis“ im engeren Sinne naturgemäß hinaus, gebe es doch praktisch im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft Ausbildungsverhältnisse, die sehr unterschiedlicher (Rechts)Natur seien.

18

Hätte der Steuergesetzgeber eine andere als die gesetzliche Bezeichnung gewählt, z.B. Arbeitsverhältnis oder Ausbildungs-Arbeitsverhältnis in seiner einengenden Form, wie sie nunmehr das Finanzamt auslege, mit den Elementen „Arbeit“ und „Lohnzahlung“ im herkömmlichen Sinne, so würden sich die völlig verschiedenen - auch bislang vom BFH anerkannten - im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Bereich praktizierten Standardfälle der Ausbildungsdienstverhältnisse nicht alle abdecken lassen, etwa zwischen dem zum Studium abgestellten und fortbezahlten Offizier und dem Auszubildenden einer konzerneigenen (unproduktiven) Ausbildungsstätte, der nach § 21 Abs. 1 BBiG mit seiner abgeschlossenen Ausbildung ausdrücklich keinen Anspruch auf die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis habe. Gerade im Hinblick auf § 21 Abs. 1 BBiG mache es daher wenig Sinn, die steuerliche Nichtanerkennung der Pilotenausbildung als Ausbildungsverhältnis darauf zu stützen, dass diese lediglich keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Übernahme in ein Anstellungsverhältnis gehabt habe, dass dieser jedoch vertraglich zugesagt sei und nur durch die Bedarfskapazität der X bedingt sei. Gleichwohl kenne das BGB unter anderem auch im Arbeitsrecht die „faktischen Arbeitsverhältnisse“. Dieses komme nach Palandt (64. Aufl., Tz. 29 Vor § 111 BGB) dann zustande, „wenn ein Arbeitnehmer ohne einen wirksamen Arbeitsvertrag tatsächlich Arbeit leistet“. Im Fall des FG Hamburg vom 13. September 2002 (VI 189/00) sei im Wege einer Anrufungsauskunft Einigkeit darüber erzielt worden, dass bei gleichgelagerter Pilotenausbildung „faktische Ausbildungsverhältnisse“ begründet würden. Dass eine Schulung der hier anstehenden Art sowohl selbstständiger wie ausschließlicher Gegenstand eines (faktischen) Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses sein könne, dürfte unstreitig sein.

19
2. Zum erforderlichen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang
20

Bei öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnissen mache die eigentliche Schulung das zentrale Element des steuerlich anzuerkennenden Dienstverhältnisses aus - und nicht die geleistete Arbeit -, wenn sie denn überhaupt anfallen bzw. verwertbar sein solle. Deshalb erfordere ein Ausbildungsdienstverhältnis einen „öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang“. Die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer trage unbestritten dieser Forderung in besonderer Strenge Rechnung. Das Vorliegen einer „Berufsausbildung“ bestätige auch das BMF-Schreiben vom 4. November 2005.

21
3. Nicht jede Fliegerausbildung basiere auf einem Ausbildungsdienstverhältnis.
22

Vom Kläger werde auf die zwei unterschiedlichen Ausbildungswege für Piloten verwiesen.

23
a) Die Ausbildung an einer privatwirtschaftlichen eigenständigen Fliegerschule
24

Diese erfolge - vergleichsweise einem Studium an einer staatlichen oder privaten Bildungsanstalt - voll auf eigene Kosten und Risiko, ohne jede Bezuschussung oder Sachbezug, da keine (Ver-)Bindung zu einem potenziellen späteren Arbeitgeber bestehe. Der Absolvent müsse sich nach der Ausbildung am Arbeitsmarkt um eine Anstellung bemühen. Diese Sachlage bestehe im Fall des Urteils des Hessischen FG vom 15. Februar 1996. Dieser Pilotenausbildung liege bei einer privaten Fliegerschule ein Auftragsverhältnis des zu Schulenden zu Grunde.

25
b) Die Schulung der Flugschüler durch eine Fluggesellschaft selbst oder eine konzerneigene Flugschule zur Rekrutierung ihres eigenen Pilotenbedarfs.
26

Dieses unter gravierender Bezuschussung und de facto gegebener Einstellungsgarantie. Nach der erfolgreichen Ausbildung werde dem Absolventen von der X „automatisch“ gemäß Kapazitätsplan ein Arbeitsvertrag als Co-Pilot angeboten. Denn erst die Übernahme als Co-Pilot löse die Darlehensrückzahlung und -verzinsung aus. Dabei sei naturgemäß eine gewisse Zeitspanne (beim Kläger seien es zwei Jahre gewesen) zu überbrücken, da die Schulungskapazitäten der X-eigenen Flugschule zu keiner Zeit mit dem jeweiligen betrieblichen Nachwuchsbedarf praktisch übereinstimmen könnten. Hier müsse es der Fluggesellschaft rechtlich möglich sein, die Absolventen gemäß Kapazitätsplan - wie er auch vorliege - einzustellen, wobei sich die Aspiranten für ein freies Flugzeug eintragen könnten.

27
4. Lohnzahlung
28

Das Finanzamt vertrete die Auffassung, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis Lohnzahlungen voraussetze, woran es hier fehle. Anzuknüpfen sei hier wieder an die unterschiedlichen Varianten der nach neuem Recht anerkannten Dienstverhältnisse. Diese würden eine Gestaltungsvielfalt hinsichtlich praktizierter Entlohnungen bzw. Vergütungen zeigen. So reiche die vom Auszubildenden übernommene Vergütung vom vollen gezahlten Lohn für erbrachte, produktive Arbeit bis zur rein sozial begründeten Vergütung (§ 17 BBiG) zum notwendigen Lebensunterhalt, der keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung gegenüberstehe (Unterhaltszuschüsse, Beihilfen). Alle diese Leistungen hätten gleichwohl steuerlich relevanten Lohncharakter. Die Lohnsteuer biete hier also eine Auffangposition unterschiedlichster Bezüge, die nichts mit der Arbeit zu tun hätten müssen - aber so versteuert würden.

29

Höhe, Art und Zeitraum, für den die Vergütung im Rahmen des Ausbildungsdienstverhältnisses zu zahlen sei, müssten je nach Art des Ausbildungsdienstverhältnisses somit sehr unterschiedlich gestaltet sein, um den jeweiligen Ausbildungsverhältnissen gerecht zu werden und um gleichwohl als steuerlicher Lohn zugeordnet zu werden. Das BBiG z.B. setze für die Höhe „Angemessenheit“ nach § 17 Abs. 1 BBiG voraus. Was die Art angehe, sage z.B. § 17 Abs. 2 BBiG, dass bis 75 % des Bruttobetrages als steuerlich anerkannter Sachbezug erbracht werden könnten. Art und Umfang der steuerlichen Sachbezüge seien je nach Ausbildungssituation vielschichtig und unterschiedlich hoch, insbesondere bei anfallenden Lebenshaltungskosten (externe Unterbringung und Verpflegung in firmeneigenen Unterkünften, Reise- und Schulungskosten, Bekleidung, Finanzierung der Ausbildung etc.). Somit trage die 75 %-Grenze hier den fallweisen privatwirtschaftlichen Belangen Rechnung. Die 75 %-Grenze für Ausbildungsverhältnisse nach dem BBiG gelte nur dort. Entscheidend für Art und Umfang der Sachbezüge seien allein die jeweiligen individuellen Gegebenheiten. Dies gelte auch bei der Ausbildung von Piloten. Deren Sachbezüge seien - abgesehen von den Darlehenszinsen - namentlich in der Anlage 2 zum Schulungsvertrag „Nebenleistung“ aufgeführt. Eine genaue Bezifferung dieser Sachbezüge sei bislang wohl deshalb unterblieben, weil diese Betragsangaben bis 2003 steuerlich nicht von Bedeutung gewesen seien und weil sich die danach ergebenden steuerpflichtigen Sachbezüge in vollem Umfang auch wieder als Werbungskosten absetzen lassen würden. Aus einer so unterbliebenen Bezifferung der Sachbezüge könne nicht die steuerliche Folgerung gezogen werden, dass solche überhaupt nicht vorlägen. Eine Bezifferung könne jedoch ohne weiteres hinsichtlich der Darlehenszinsen erfolgen: Zur zinslosen Darlehensgewährung, die von der Mitte der Ausbildung (Ausbildungsdauer 23 Monate) bis zum Berufseintritt (bei geplanten zwei Jahren Wartezeit) etwa drei Jahre umfasse, wäre ein Zins von 5 % auf 40.903,00 EUR zu berücksichtigen (R 31 Abs. 11 LStR), insgesamt 6.135,00 EUR.

30

Was den Zeitraum angehe, müsse nicht während der genauen Ausbildungszeit eine entsprechende Vergütung laufend gewährt werden (so BFH vom 19. April 1996 in dem Falle, dass in einem zur Ausbildung erforderlichen vorgeschalteten Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) keine Vergütung geleistet worden sei, was hinsichtlich der geforderten Ausbildungsvergütung während der Ausbildungszeit unschädlich gewesen sei). Bei der Pilotenausbildung hingegen gelte für den Sachbezug aus dem Darlehen, dass dieses vom Fälligkeitszeitpunkt bis zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Konzern zins- und tilgungsfrei gestellt werde, also nachlaufende Sachbezüge. Weiter heiße es in § 5 Abs. 6 des Darlehensvertrages, dass die X auf Darlehensrückzahlung und Zinsen verzichte, wenn sie dem Absolventen aus betrieblichen Gründen nicht „innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung“ einen Cockpit-Arbeitsplatz anbiete.

31

Der Kläger begehrt die folgenden Werbungskosten:

32

Schulungskosten

40.903,00 EUR

Schulungsaufenthalt in Phoenix, USA vom Februar bis Juli 2004

        

erste drei Monate Verpflegungspauschale, 90 Tage x 36,00 EUR

3.240,00 EUR

Telefonate im Schätzwege (20 x 6 Monate)

120,00 EUR

sonstige Nebenkosten geschätzt

     100,00 EUR

vorweggenommene Werbungskosten

44.483,00 EUR

33

Der BFH habe mit Urteil VI R 8/09 vom 23. August 2011 die Kosten für die Pilotenausbildung in diesem und ähnlich gelagerten Fällen als vorweggenommene Werbungskosten anerkannt. Zur Abhilfe habe sich das beklagte Finanzamt nicht veranlasst gesehen, da die angeführten BFH-Urteile nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt (BStBl) II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden seien.

34

Statt einer solchen Veröffentlichung habe der Gesetzgeber reagiert und im Bundesgesetzblatt (BGBl) am 13. Dezember 2011 das „Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie Änderungen steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz, BeitrRL-UmsG) verabschiedet. In Art. 2 dieses „Nichtanwendungsgesetzes“ seien Änderungen von §§ 4, 9 EStG und die Neufassung von § 12 Nr. 5 EStG - jeweils in § 52 EStG rückwirkend auf den 1. Januar 2004 - beschlossen worden. Der Gesetzgeber und das BMF hätten die Rechtmäßigkeit einer solchen Gesetzesrückwirkung damit begründet, dass es lediglich eine „Klarstellung“ an der vorangegangenen Gesetzesänderung aus 2004 (insbesondere § 12 Nr. 5 EStG) gewesen sei.

35

Mit der Nichtabhilfe durch das Finanzamt habe die Rechtsänderung eine echte Rückwirkung entfaltet, die in besonders krasser Weise den Vertrauensschutz des Klägers negativ beeinträchtige. In diesem Zusammenhang werde auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 2010 zur rückwirkenden Verlängerung der steuerauslösenden Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahren verwiesen. Eine Rechtsnorm entfalte dann eine echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolgen mit belastender Rückwirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten solle (Rückwirkung von Rechtsfolgen). Der Prozessbevollmächtigte und der Kläger hätten aus prozessökonomischen Gesichtspunkten und allein aufgrund der besonderen absolut identischen Gegebenheiten zu dem BFH-Fall VI R 8/09 das Ruhen des Verfahrens mit dem beklagten Finanzamt übereinstimmend beschlossen. Die beiderseitige Intension habe somit nur darin liegen können, den Ausgang des BFH-Falles für das hier anhängige Verfahren zu Grunde zu legen - im Positiven wie im Negativen. Die relevante BFH-Entscheidung wurde vom BFH am 26. Oktober 2011 veröffentlicht und sei dem Finanzamt bereits vor dem 20. September 2011 bekannt gewesen. Erst am 13. Dezember 2011 sei dann die belastende Gesetzesänderung verkündet worden. Es könne nicht zu Lasten des Klägers akzeptiert werden, dass dieser sein Verfahren vor dem Finanzgericht habe ruhen lassen, und dass er allein aus diesem Grunde nicht - spätestens im Revisionsverfahren - unter anderem mit dem Fall VI R 8/09 am 23. August 2011 ein für ihn positives Urteil bekommen habe. Vom Kläger hätte zudem nicht die Skepsis erwartet werden können, wonach sich der Gesetzgeber in 2011 veranlasst gesehen habe, seine Gesetzgebung aus 2004 „reparieren“ zu müssen. Von einer bloßen Klarstellung könne dabei schon deshalb keine Rede sein, da die Eingriffe in die ursprüngliche Gesetzesfassung die bislang bestehende Rechtslage gerade auch materiell verändert und damit zu einer belastenden Rückwirkung für die Betroffenen geführt hätten.

36

Ganz allgemein stoße auch die neue Gesetzesregelung durch das BeitrRL-UmsG weiterhin auf die bereits geäußerten verfassungsmäßigen Bedenken im Hinblick auf die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips. Die Beachtung des objektiven Nettoprinzips sei vom Grundsatz steuerlich anerkannt. Es werde verwiesen auf das BVerfG (Beschluss vom 6. Juli 2010, 2 BvL 13/09 - die beschränkte Absetzbarkeit der Kosten eines Arbeitszimmers betreffend oder Urteil vom 9. Oktober 2008, 2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08 - die beschränkte Absetzbarkeit der Fahrtkosten zur Arbeitsstelle ab dem 21. Entfernungskilometer betreffend). Das BVerfG habe die Einschränkung der steuerlichen Absetzbarkeit der jeweiligen Aufwendung als Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip gewertet und die Haushaltskonsolidierung ausdrücklich nicht als Rechtfertigungsgrund für die restriktive Absetzbarkeit akzeptiert.

37

Das FG Münster (5 K 3975/09 F) führt aus: „Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung - so auch Abzugsverbote für beruflich veranlasste Aufwendungen - bedürfen eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes. Der Gesetzgeber kann sich hierbei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen.“ Das heiße nicht, dass sachlich gerechtfertigte Gründe einfach über eine undefinierte Typisierung oder Pauschalierung außer acht gelassen werden könnten. So habe auch das BVerfG im Beschluss vom 6. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass die Gleichbehandlung nicht überschritten werden dürfe und dass bei der Typisierung Grenzen zu beachten seien.

38

Diese besonderen Rechtfertigungsgründe für die Anerkennung der Piloten-Ausbildungskosten als „Erwerbsaufwendungen“ im Sinne des objektiven Nettoprinzips lägen bei einer Pilotenausbildung in einer im täglichen Leben fast einmaligen Konstellation vor und würden sich damit einer allgemeinen Pauschalierung und Gleichbehandlung entziehen. Dies im Hinblick auf die fast beispiellose unvermeidbare Höhe von über 44.000,00 EUR und deren Zwangsläufigkeit für denjenigen, der diesen speziellen Ausbildungsweg wähle, dies mitunter verbunden mit einem hohen finanziellen Risiko, im Falle mangelnder Eignung oder aufgrund späterer Berufsunfähigkeit. Demgegenüber würden allgemein, z.B. die universitären Ausbildungskosten (ohne Lebenshaltung) vollständig oder weitestgehend von der Allgemeinheit getragen und seien im Übrigen der Höhe nach oft gestaltbar.

39

Das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 sei im Anschluss an die BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 erfolgt, aber vor der EStG-Änderung vom 14. Dezember 2011 durch das BeitrRL-UmsG. Hinzuweisen sei insbesondere auf Tz. 44-51 des obigen Finanzgerichtsurteils und dessen Relevanz zum Streitfall, dessen Ruhen am 31. August 2011 beendet gewesen sei. Eine zeitnahe Finanzgerichtsentscheidung des Gerichts bis zum 14. Dezember 2011 wäre auf der gleichen Rechts- und Sachverhaltsgrundlage erfolgt wie die des Finanzgerichts Hamburg.

40

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nehme und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setze (BFH vom 9. August 1989, I R 181/85; vom 4. November 1975, VII R 28/72, BFHE 117, 317), auf das der andere vertraue und aufgrund dessen er unwiderruflich disponiert habe (Tipke/Lang, § 214.1, 654). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben könne indes nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig sei, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssten.

41

Dem schließe sich das Finanzamt in seinem Schreiben vom 25. Januar 2012 im Umkehrschluss an: „Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen kann ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das ist dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schutzwürdiges Vertrauen bilden konnte.“

42

Der Kläger sowie der Revisionskläger aus VI R 8/09 seien persönlich gut bekannt. Sie hätten den gleichen Piloten-Lehrgang im X-Konzern absolviert und hätten sich entschlossen, unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten in absolut identischer Rechtslage die Absetzbarkeit ihrer Ausbildungskosten zu betreiben. Den Ausgang der Revision VI R 8/09 hätten der Kläger und das Finanzamt mit der hier anhängigen Klage dadurch, dass sie mit Gerichtsbeschluss vom 6. März 2009 ein Ruhen des Verfahrens beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht vereinbarten, „bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 8/09 anhängigen Verfahrens“ verknüpft. Damit sei unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine beiderseitige Bindung an die spätere Revisionsentscheidung hergestellt worden. Denn nur die durch den BFH zu entscheidende Rechtsfrage selbst habe für das Ruhen des Verfahrens bestimmend sein können. Es seien keine anderen rechtsrelevanten Erkenntnisse zu erwarten gewesen, die sonst ein Ruhen des Verfahrens gerechtfertigt hätten. In diesem Zusammenhang sei noch gesagt, dass sich Kläger und Revisionskläger darin einig gewesen seien, bei für sie negativem Ausgang der Revision deren Kosten zu teilen.

43

Mit dem Antrag des Finanzamts auf Klagabweisung setze es sich in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, d.h. seiner Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens, mit der daraus abgeleiteten Akzeptanz des erwarteten Revisionsergebnisses, auf das der Kläger entscheidend vertraut habe. Dieser Rechtsgrundsatz (venire contra factum proprium) gelte uneingeschränkt auch im Steuerrecht. Eine einseitige Wahlfreiheit je nach Revisionsausgang könne das Finanzamt im Nachhinein nicht für sich beanspruchen. Es könne sich nicht auf die durch die Nichtveröffentlichung fehlende Bindungswirkung berufen. Diese sei faktisch nach Treu und Glauben am 28. Juli 2011 entstanden.

44

Der allgemeine Grundsatz, wonach ein Ruhen des Gerichtsverfahrens für die Parteien keine Bindungswirkung im Prozessfortgang erzeuge (§ 110 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-), bleibe dabei ebenso unberührt wie derjenige, dass BFH-Urteile von der Finanzverwaltung nicht über den Einzelfall hinaus angewandt werden müssten.

45

Im Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. Dezember 2011 heiße es zur Geltung des Vertrauensschutzes: „So tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, namentlich dann zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte.“ Der Umkehrschluss führe zum Ergebnis, dass ein Rückwirkungsverbot in den Fällen bestehe, in denen ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand geltenden Rechts bestehe oder bestehen könne. Hätte der Kläger mit der jetzigen Rechtspositionierung des Finanzamts auch nur vage gerechnet, so hätte er über seinen Berater, der ja klägerseitig bereits mit der obigen Revision befasst gewesen sei, den eigenen Fall besonders leicht mit der Revision VI R 8/09 ebenfalls beim BFH anhängig machen können. Selbst unter der zeitlichen Annahme, dass das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht bis Ende der ersten Jahreshälfte 2011 für ihn negativ entschieden hätte, wäre auch sein Fall in die Entscheidung des BFH vom 28. Juli 2011 einbezogen worden - mit für ihn zweifellos positivem Ausgang.

46

Der Kläger beantragt, den Bescheid zum 31. Dezember 2004 vom 9. August 2006 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 zu ändern, vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 44.483,00 EUR zu berücksichtigen und den verbleibenden Verlustvortrag auf 47.859,00 EUR festzustellen.

47

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

48

Zur Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 sowie den Schriftsatz vom 13. Juli 2007 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 20. September 2011 teilte das Finanzamt mit, dass die Erteilung eines Abhilfebescheides derzeit nicht möglich sei. Die angeführten BFH-Urteile seien nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bis zur Veröffentlichung im BStBl II über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden.

49

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinien sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRL-UmsG vom 7. Dezember 2011, BGBl I 2011, 2592) werde in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 bzw. § 12 Nr. 5 EStG geregelt, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittle, nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar seien. Diese gesetzliche Regelung sei rückwirkend ab 2004 anzuwenden mit der Folge, dass die aufgeführten BFH-Urteile über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus keine Bedeutung hätten.

50

Mit dieser Anwendungsregelung werde das Vertrauen der Steuerpflichtigen in bestehende Regelungen nicht verletzt. Dem Gesetzgeber komme die Befugnis zu, durch gesetzliche Bestätigung der früheren Rechtsanwendungspraxis einer diese verwerfenden Entscheidung des BFH für davor liegende Zeiträume ihre über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu nehmen (Beschluss des BVerfG vom 12. Mai 2009, 1 BvL 1/00, BFH/NV 2009, 1382).

51

Eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen könne ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das sei dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schützenswertes Vertrauen bilden konnte. Einen solchen Fall habe das BVerfG angenommen, wenn der Gesetzgeber mit einer auch bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume betreffenden Regelung die Rechtslage wieder hergestellt habe, wie sie zuvor bis zu einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den BFH sowohl in der Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung als auch der daran orientierten Rechtsanwendungspraxis auf Seiten des Steuerpflichtigen entsprochen gehabt habe (Beschluss vom 15. Oktober 2006, 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187).

52

Durch Beschluss vom 3. März 2009 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim BFH anhängigen Verfahrens VI R 8/09 angeordnet. Das Verfahren wurde am 31. August 2011 fortgeführt.

53

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 1 Band ESt-Akte Bezug genommen. Diese war beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe

54

Die Klage ist unbegründet.

55

Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1, 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat die Änderung der Feststellung hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Recht abgelehnt. Die Aufwendungen für die -nicht auf einem Dienstverhältnis beruhende- erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten im Veranlagungszeitraum 2004 gem. § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 i.V.m. § 52 Abs. 23d, Abs. 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 (EStG n.F.) sind somit nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig.

56

Nach § 10 d Abs. 4 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen. In die Höhe des festzustellenden Betrages fließen die nach § 10 d Abs. 1 und 2 EStG maßgeblichen Beträge sowie ein bereits bestehender Verlustvortrag aus Vorjahren ein. Negative Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG können bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) durch den Überschuss von Werbungskosten über die Einnahmen entstehen. Zu den Werbungskosten nach § 9 EStG können auch Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen gehören, sofern sie beruflich veranlasst sind. Erzielt der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, so können dennoch Werbungskosten vorliegen (vorweggenommene Werbungskosten). In diesem Fall müssen sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit stehen (BFH vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BStBl II 2006, 764

57

Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist jedoch gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. ausgeschlossen. Die Neureglung vom 7. Dezember 2011 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.) vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl. I 2011, 2592). Gemäß Artikel 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes trat sie am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft.

58

1. Nach § 9 Abs. 6 EStG n.F. sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG n.F. dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 4.000 Euro als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Die Vorschriften sind nach § 52 Absätze 23d und 30a EStG in der durch Art. 2 Nr. 34 Buchst. d und g des BeitrRLUmsG geänderten Fassung bereits für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden  (vgl. Finanzgericht -FG- des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

59

2. Der Kläger hat seine Ausbildung zum Berufspiloten nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert.

60

Die Regelung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG n.F. beruht auf der gesetzgeberischen Erwägung, dass im Rahmen eines (Ausbildungs-) Dienstverhältnisses angefallene Aufwendungen der Erzielung von gegenwärtigen Einnahmen dienen (Loschelder in Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 12 Rn. 60). Der Gesetzgeber orientierte sich dabei an der langjährigen Rechtsprechung des BFH zu Ausbildungs-Dienstverhältnissen (BT-Drs. 15/3339, 11; BFH-Urteil vom 21. Januar 1972 VI R 337/70, BFHE 104, 203, BStBl. II 1972, 261 und vom 3. Dezember 1974 VI R 159/74, BFHE 114, 428, BStBl. II 1975, 356).

61

Ein Dienstverhältnis liegt nach § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Ausbildungs-Dienstverhältnis ist von der Rechtsprechung bspw. bei Finanzanwärtern, Rechtsreferendaren, Lehramtskandidaten und Zeitsoldaten bejaht worden (siehe v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 9 EStG Rn. B 295 m.w.N., FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201).

62

Aufwendungen für die Berufsausbildung können danach dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Berufsausbildung in der Weise Gegenstand des Dienstverhältnisses ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber ihn bezahlt, in der Teilnahme an den Berufsausbildungsmaßnahmen besteht (BFH-Urteil vom 15. April 1996 VI R 99/95, BFH/NV 1996, 804). Voraussetzung hierfür ist, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an der beruflichen Ausbildung oder zum Studium den Gegenstand eines entgeltlichen Dienstverhältnisses bildet (h. M., vgl. z. B. Loschelder in Schmidt, 32. Aufl. 2013, § 12 Rz. 60; H/H/R § 12 Rz. 177; Lademann § 12 Rz. 85).

63

Unter Anwendung dieser Grundsätze befand sich der Kläger im Streitjahr 2004 nicht in einem Dienstverhältnis. Er hat einen Schulungsvertrag mit der X abgeschlossen. Damit aber wurde weder ein Dienstverhältnis mit der X noch aufgrund des Darlehensvertrages ein „Dienstverhältnis“ mit seiner späteren Arbeitgeberin, der X AG, begründet. Der Kläger hat keinen Arbeitsvertrag geschlossen; er wurde weder eingestellt (§ 10 Abs. 1 BBiG) noch wurde eine Vergütung vereinbart (§ 17 BBiG).

64

Der Schulungsvertrag mit der X begründete kein Dienstverhältnis, weil der Kläger weder der X seine Arbeitskraft schuldete noch von ihr Arbeitslohn bezogen hat. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) Sachleistungen in gewissem Umfang auf die Bruttovergütung angerechnet werden können (siehe § 17 BBiG), so ändert dies nichts daran, dass nicht die X dem Kläger eine Vergütung schuldet, sondern vielmehr der Kläger einen Teil der Schulungskosten zu vergüten hatte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570).

65

Der Kläger war in der Zeit seiner Ausbildung bei der X auch nicht Arbeitnehmer der X AG. Es wurde lediglich ein Darlehensvertrag und kein Arbeitsvertrag geschlossen, so dass das Studium auch nicht verpflichtender Gegenstand eines Arbeitsvertrages war (BFH-Urteil vom 16. Januar 2013 VI R 14/12, BFHE 240, 125). Tatsächlich haben der Kläger und die X in dem Schulungsvertrag nur die Durchführung einer Ausbildung zum Piloten vereinbart (§ 1 des Schulungsvertrags). In diesem Schulungsvertrag wird auch ausdrücklich hervorgehoben, dass dem Kläger erst nach der erfolgreichen Schulung ein Beschäftigungsverhältnis innerhalb des X-Konzerns angeboten werde (siehe § 14 sowie § 11 Abs. 1 des Schulungsvertrags und § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 5 des Darlehensvertrags zum Schulungsvertrag). Dieses ist nicht ausreichend (vg. Kratzsch in Frotscher, Praxiskommentar, § 12 Rn. 171; Kurzeja in Littmann, Bitz, Pust, Das EStR, § 12 Rn. 237 und Fissenewert in HHR, § 12 Anm. 177 m.N. aus der FG-Rechtsprechung). Folglich bestand nach den vertraglichen Vereinbarungen keine Verpflichtung zur Erbringung eigener Dienstleistungen.

66

Dem Kläger ist einzuräumen, dass durch die Belastung des Flugschülers mit einem erheblichen Teil der Schulungskosten ein starker wirtschaftlicher Druck ausgeübt wird; dies kann aber nicht der rechtlichen Verpflichtung zur Teilnahme an einer Ausbildungsmaßnahme, wie sie für ein Ausbildungs-Dienstverhältnis prägend ist, gleichgestellt werden. Der Kläger befindet sich insoweit nicht in einer entscheidend anderen Situation als Flugschüler, die ihre Ausbildung nicht bei einer Tochtergesellschaft eines Luftfahrtunternehmens absolvieren und keine Finanzierungshilfe von einem Luftfahrtunternehmen erhalten. Ob der Verzicht auf Zinsen bzw. Teile des Darlehns im Hinblick auf die spätere Beschäftigung bei der X bzw. einer Tochtergesellschaft steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln ist, braucht hier nicht geklärt zu werden.

67

Die Aussicht auf die spätere Einstellung bei der X AG nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung genügt für die Anwendung des § 12 Nr. 5 2. Halbsatz EStG nicht, da während der gesamten Ausbildung gerade kein Dienstverhältnis bestand. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von Fällen, in denen für einen Teil der Ausbildung keine Vergütung gezahlt wird (siehe BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 96/82, BStBl. II 1986, 184).

68

3. Die gesetzlichen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und § 52 Absätze 23d und 30a EStG n.F. verstoßen nach Überzeugung des Senates nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

69

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, sogenannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187; vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 127,1). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) einer besonderen Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen werden darf (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (vgl. BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn die geltende Rechtslage, die durch die rückwirkend geltende Vorschrift geändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; vom 17. Januar 1979 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77, BVerfGE 50, 177). Dem Gesetzgeber ist es unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes daher erst recht nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228). Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Treten belastende Rechtsfolgen einer Vorschrift erst nach ihrer Verkündung ein, werden aber tatbestandlich von einem schon verwirklichten Sachverhalt ausgelöst (tatbestandliche Rückanknüpfung), spricht man von einer unechten Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., BVerfGE 127,1).

70

Im Streitfall handelt es sich - ausgehend von diesen Grundsätzen - um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn der Kläger konnte kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.

71

Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Von diesen Grundsätzen ausgehend konnte der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden. §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. regeln das Verbot des Abzugs von Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten. Die Vorschriften ersetzen die zum Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) eingeführten § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Die Vorgängerregelungen beruhten auf einer Empfehlung des Finanzausschusses, wonach Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als Kosten der privaten Lebensführung im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zur Höhe von 4.000 Euro wirksam sein sollten (BT-Drs. 15/3339). Anlass für diese Empfehlung der Neuordnung der Behandlung von Ausbildungskosten war die seinerzeit jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausbildungskosten. Der BFH hatte zuvor seine Rechtsprechung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten dahingehend geändert, dass Ausbildungskosten nicht mehr als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung anzusehen waren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sein sollten (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Der Finanzausschuss begründete seine Empfehlung damit, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre. Sie stelle die Vorsorge für die persönliche Existenz dar und diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben, weshalb die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehören würden (BT-Drs. 15/3339, S. 10). Die Empfehlungen wurden vom Gesetzgeber unverändert übernommen und traten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in Kraft. Der Gesetzgeber - oder jedenfalls der Finanzausschuss - verfolgte demnach mit der Einführung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. ebenfalls das Ziel, den Abzug von Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten nicht zuzulassen.

72

§ 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. waren nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend zu verstehen, dass der Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten beabsichtigt war. Von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wurden die Regelungen auch dahingehend verstanden und angewandt (vgl. nur FG Münster Urteile vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496; vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteile vom 4. Mai 2010, 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686 und vom 20. April 2011 2 K 1020/09, juris; FG Baden-Württemberg Urteil vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Düsseldorf Urteile vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31. August 2007 1 K 1899/06, EFG 2007, 1870; Niedersächsisches FG Urteil vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431).

73

Nach einhelliger Auffassung der Finanzgerichte verstoßen die gem. § 52 Abs. 23d und 30a EStG in der Fassung des BeitrRLUmsG rückwirkend bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwendenden Vorschriften der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 in der Fassung des BeitrRLUmsG auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Auch liegt kein Verstoß gegen sonstiges Verfassungsrecht vor (FG des Saarlandes, Urteil vom 4. April 2012 2 K 1020/09, Juris; FG Köln, Urteil vom 22. Mai 2012 13 K 3413/09, EFG 2012, 1735; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2012 10 K 4245/11, EFG 2013, 433; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011, 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; FG Rheinland-Pfalz, Gerichtsbescheid vom 7. Mai 2013 3 K 2361/11, Juris).

74

Der Senat teilt diese Auffassung ausdrücklich und folgt der nicht näher dargelegten Auffassung des Klägers, das Gesetz bedürfe der verfassungsrechtlichen Überprüfung, nicht. Denn wie ausgeführt, hat der Kläger von dieser historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen ausgehend, keine Dispositionen im Vertrauen auf ein in den Streitjahren geltendes Recht getroffen. Im Streitjahr 2004 konnte der Kläger in Anbetracht der §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG a.F. nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte legten die gesetzlichen Regelungen einheitlich dahingehend aus, dass ein Verbot des Werbungskostenabzugs bestand. Der BFH wich von dieser Gesetzesauslegung mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011 ab und begründete seine Entscheidungen mit einer systematischen Auslegung des Gesetzes, die zuvor in der Rechtsprechung und Literatur nicht erkannt worden war. Zuvor waren ausschließlich verfassungsrechtliche Zweifel an § 12 Nr. 5 EStG a.F. geäußert worden, die aber von den Finanzgerichten nicht als derart stark eingestuft worden waren, dass eine konkrete Normenkontrolle i.S.d. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG eingeleitet worden wäre. Demnach ist durch die gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz der allgemeine Rechtszustand wiederhergestellt worden, der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 galt.

75

Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, deren Ergebnis er für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 langjährig geübte Rechtspraxis in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).

76

4. Auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist nicht gegeben. Der Senat hat bei der Entscheidung über die Klage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen, wenn die Änderung eines gebundenen Verwaltungsakts begehrt wird (BFH-Urteil vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BStBl II 1977, 706; FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686). Im vorliegenden Fall sind deshalb § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG n.F. anzuwenden.

77

Das einvernehmliche Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die Revision zu VI R 8/09 führt zu keiner Bindungswirkung hinsichtlich der dortigen Entscheidung, da lediglich das Verfahren als solches ruhte. Dem Finanzamt als Beteiligten des Verfahrens steht das Recht zu, aufgrund verwaltungsinterner Anweisung dem Klageantrag (trotz Änderung der BFH-Rechtsprechung) nicht zu entsprechen.

78

5. Zwar führt die Neuregelung der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. möglicherweise in verschiedenen Fällen zu Ungleichbehandlungen, sie verstoßen nach der Überzeugung des Senates jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. das objektive Netto-Prinzip.

79

Im Einkommensteuerrecht folgt aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip das objektive und subjektive Nettoprinzip. Dieses besagt wiederum, dass der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, also der Unterschiedsbetrag aus den Einnahmen und den Erwerbsaufwendungen (objektives Nettoprinzip) und nach Abzug der die Existenz sichernden Aufwendungen (subjektives Nettoprinzip) unterworfen werden kann. Bislang hat das BVerfG offengelassen, ob das objektive Nettoprinzip Verfassungsrang hat; jedenfalls hat es festgestellt, dass der Gesetzgeber dieses Prinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen kann (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 231 ff.). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG Urteil vom 09. Dezember 2008 2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 232).

80

Die in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. angelegte Unterscheidung zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium einerseits und sonstigen Fortbildungskosten andererseits  ist eine im gesetzgeberischen Ermessenspielraum liegende Typisierung, der eine generalisierende Beurteilung der erstmaligen Berufsausbildung als Grundlage für die berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen zugrunde liegt. Dem Steuerpflichtigen werden durch die erstmalige Berufsausbildung erstmals Kenntnisse und Fähigkeiten für die Teilnahme am Erwerbsleben vermittelt, was eine Grundvoraussetzung für seine Lebensführung ist. Typisierend geht der Gesetzgeber dabei davon aus, dass die Aufwendungen noch keinen konkreten Einnahmen, sondern zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer allgemeinen Ausbildung gegenüberstehen. Demnach werden die Aufwendungen als Lebensführungskosten mit einfach handhabbaren Abgrenzungskriterien zur Ermöglichung eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs angesehen (so zu § 12 Nr. EStG a.F. FG Düsseldorf Urteile vom 3. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201 und vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, Juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686; der BFH hat diese Frage in seinen Urteilen vom 28. Juli 2011 (VI R 5/10, BFH/NV 2011, 1776; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1782; VI R 59/09, NV, Juris; VI R 7/10, BFH/NV 2011, 1779) ausdrücklich offengelassen; kritisch beispielsweise Bergkemper, Der Betrieb 2011, 1947 (1948 f.)).

81

Regelmäßig stehen Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses, sondern dienen – wie auch im Falle des Klägers – losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer „Ausbildung“ (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

82

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die von dem Kläger absolvierte Ausbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tätigkeit als Berufspilot und den entsprechenden Einkünften führen würde. Ein derart konkreter Bezug zwischen der Ausbildung bzw. dem Studium und der späteren Berufsausübung ist nicht bei jedem Ausbildungsgang gegeben. So führen viele Studiengänge nicht zu einer bestimmten Berufstätigkeit und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Steuerpflichtiger nach abgeschlossener Berufsausbildung etwa den Beruf mangels Arbeitsplatz nicht ausüben kann und er somit keine steuerpflichtigen Einnahmen aus dem erlernten Beruf erzielen wird. Die Berücksichtigung des – vorliegend gegebenen – konkreten Zusammenhangs zwischen den Ausgaben und den künftigen Einnahmen des Klägers wäre mit dem Geltungsanspruch einer generalisierenden und typisierenden Norm nicht zu vereinbaren (vgl. hierzu auch FG Münster Urteil vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

83

Auch der Umstand, dass der Kläger für seine Ausbildung besonders hohe Aufwendungen tragen musste, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Gesetzgeber ist im Rahmen von generalisierenden und typisierenden Regelungen anhand des oben geschilderten Normalfalls nicht verpflichtet, für bestimmte Einzelfälle Sonderregelungen herbeizuführen, wenn es insoweit an sachgerechten Unterscheidungskriterien mangelt. So liegt es hier. Der Gesetzgeber hat mit § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. eine Regelung geschaffen, die – zumindest in der überwiegenden Anzahl der Fälle – Abgrenzungsprobleme vermeidet. Im Rahmen dieser Generalisierung und Typisierung sind einzelfallbedingte Nachteile in Kauf zu nehmen, auch wenn sie für den Betroffenen im Einzelfall eine Härte darstellen (so auch zu § 12 Nr. 5 EStG a.F. FG Saarland Urteil vom 4. Mai 2010 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686).

84

Die Ausbildungskosten des Klägers sind demnach gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F. im Rahmen des Höchstbetrages von 4.000 Euro als Sonderausgaben abzugsfähig, was sich im Rahmen der Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG indes nicht auswirkt.

85

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

86

Die Revision wird in Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren VI R 2/12 gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011 (14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686), VI R 8/12 gegen des Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011 (5 K 3975/09 F, a.a.O.), VI R 38/12 gegen das Urteil des FG Köln vom 22. Mai 2012 (15 K 3413/09, Juris), VI R 52/12 gegen das Urteil des FG München vom 15. März 2012 (12 K 2840/11, Juris) und VI R 2/13 gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 26. November 2012 (10 K 4245/11, EFG 2013, 433) gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.


Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um den Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

2

Der in der Wohnung seiner Eltern in A mit Zweitwohnsitz gemeldete ledige Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte seit dem Sommersemester 2003 zunächst an der Universität B und später an der Universität C ein Jurastudium als Erststudium. Am jeweiligen Studienort, an dem er jeweils mit Hauptwohnsitz gemeldet war, unterhielt er eine sog. "Studentenbude" von knapp 25 qm.

3

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen und Erklärungen zur Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge für die Streitjahre 2004 und 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.461 € (2004) bzw. 3.865 € (2005) als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend. Hiervon entfielen 4.476 € (2004) bzw. 2.649 € (2005) auf Miete und Strom für die Wohnung am Studienort und 192 € (2004) bzw. 140 € (2005) auf Telefonkosten. Das zunächst zuständige Finanzamt C erkannte die erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an, setzte die Einkommensteuer für 2004 und 2005 auf 0 € fest und stellte --jeweils unter Fortschreibung des zum 31. Dezember 2003 festgestellten Verlustvortrags-- die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 auf jeweils 1.661 € fest.

4

Im anschließenden beim Finanzgericht C geführten Klageverfahren erklärte der Kläger bisher nicht angegebene Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2.085 € (2004) und 2.780 € (2005) sowie aus selbständiger Arbeit von 1.000 € (2005) nach. Der inzwischen durch einen Wohnortwechsel des Klägers zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte daraufhin mit geänderten Bescheiden vom 2. November 2009 die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 auf 997 € und auf den 31. Dezember 2005 auf 0 € fest. In diesen Bescheiden, die gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sind, blieben die Studienkosten weiterhin unberücksichtigt.

5

Mit der daraufhin an das Finanzgericht (FG) verwiesenen Klage begehrte der Kläger, seine Studienkosten als vorweggenommene Betriebsausgaben abzuziehen. Das FG wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1433 veröffentlichten Urteil vom 18. April 2012  10 K 4400/09 F ab.

6

Dagegen richtet sich die Revision. Der Kläger macht geltend, seine Studienkosten müssten als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, andernfalls werde gegen das Nettoprinzip verstoßen. Denn sein Studium der Rechtswissenschaften habe final im Zusammenhang mit seiner späteren, inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden. Die in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) --EStG-- erfolgte angebliche "Klarstellung", dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung bzw. ein Erststudium ohne vorangegangene Berufsausbildung keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten seien, sei in seinem Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil die in § 52 Abs. 12, Abs. 23d und Abs. 30a EStG angeordnete Geltung der vorgenannten Vorschriften ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gegen das Rückwirkungsverbot verstoße und daher verfassungswidrig sei.

7

Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Bescheide vom 2. November 2009 über die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zum 31. Dezember 2004 bzw. zum 31. Dezember 2005 dahin zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von 5.461 € (für 2004) und in Höhe von 3.865 € (für 2005) festgestellt wird.

8

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die angefochtenen Bescheide vom 2. November 2009 über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 FGO).

11

1. Zutreffend geht das FG davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen des Klägers um solche für ein Erststudium handelt, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Es handelt sich daher um Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für die Streitjahre 2004 und 2005 geltenden Fassung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Zwar ist nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557, und VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Dass die hier streitigen Aufwendungen indes keine (vorweggenommenen) Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind, ordnet § 12 Nr. 5 i.V.m. § 4 Abs. 9 EStG ausdrücklich an. In § 4 Abs. 9 EStG heißt es dazu: "Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind keine Betriebsausgaben"; entsprechend ist auch § 12 Nr. 5 EStG formuliert.

12

§ 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sind gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach der Verkündung des BeitrRLUmsG, d.h. am 14. Dezember 2011, in Kraft getreten und gemäß § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden. Die Auffassung des FG, bei den Aufwendungen des Klägers handele es sich um Sonderausgaben, ist revisionsrechtlich daher nicht zu beanstanden.

13

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die gesetzliche Neuregelung betreffend Aufwendungen für ein Erststudium bzw. eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses, die der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 und Abs. 30a EStG geschaffen hat, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden (so auch Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und 14 K 587/13, EFG 2013, 1745; vom 22. Mai 2012  15 K 3413/09, EFG 2012, 1735; Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686; im Ergebnis ebenso Förster, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 486; Trossen, Finanz-Rundschau --FR-- 2012, 501; ders. in EFG 2012, 614; Fischer, jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

14

a) Die Neuregelungen verstoßen insbesondere nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot. Da die Rechtsfolgen der Neuregelungen mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten sollen --hier: Veranlagungszeiträume 2004 und 2005-- handelt es sich um einen Fall der sog. echten Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Eine solche ist grundsätzlich unzulässig, denn bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Norm, zumindest bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, müssen die von einem Gesetz Betroffenen grundsätzlich darauf vertrauen können, dass ihre auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, m.w.N.).

15

b) Dieses Rückwirkungsverbot kann jedoch durchbrochen werden, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte, etwa weil die Rechtslage unklar und verworren war; auch ist es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, welche vor der Änderung einer Rechtsprechung einer einheitlichen Rechtspraxis und gefestigter Rechtsprechung entsprach (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. Oktober 2008  1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2009, 187, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 23. November 1999  1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239; BVerfG-Entscheidung vom 19. Dezember 1961  2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261).

16

c) Im Streitfall hat der Gesetzgeber mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seine bisherige Auffassung zum Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzugsverbot für Kosten der Erstausbildung, die er bereits in früheren Jahren vertreten und die er im Rahmen des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze (AOÄndG) vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) nochmals bestätigt hat, erneut bekräftigt. Mit dem AOÄndG hatte der Gesetzgeber Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung im neu gefassten § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zur Höhe von 4.000 € im Kalenderjahr zum Sonderausgabenabzug zugelassen und gleichzeitig § 12 EStG durch eine neue Nr. 5 ergänzt, wonach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium als nichtabzugsfähige Ausgaben zu bewerten sind, es sei denn, diese Maßnahmen finden im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Diese Regelung trat gemäß Art. 6 des AOÄndG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in Kraft. Diesem grundsätzlichen Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung entsprach auch die langjährige Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 17. April 1996 VI R 94/94, BFHE 180, 341, BStBl II 1996, 450, m.w.N.; vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, und vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884). Diese langjährige Rechtsanwendungspraxis hat der BFH endgültig erst im Juli 2011 aufgegeben und entschieden, das seit 2004 geltende grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten eines Studiums und einer Erstausbildung stehe der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium selbst dann nicht entgegen, wenn diese Maßnahmen unmittelbar im Anschluss an die Schulausbildung durchgeführt werden (BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561; VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557). Auf diese geänderte Rechtsprechung hat der Gesetzgeber reagiert und mit der Neufassung von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG lediglich seinen bereits 2004 zu Tage getretenen Willen verdeutlicht. Demgemäß sieht der Gesetzgeber die gesetzlichen Änderungen im BeitrRLUmsG auch lediglich als Klarstellung an (vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 26. Oktober 2011 zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

17

Für den Kläger bestand daher kein schutzwürdiges Vertrauen in die durch die vorgenannten BFH-Urteile vom 28. Juli 2011 geschaffene Rechtslage. Auch wenn der BFH ab 2002 die Grenze zwischen den nur als Sonderausgaben abziehbaren Ausbildungskosten und den unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Fortbildungskosten in Richtung Fortbildungskosten verschoben hat, hat der BFH die grundsätzliche Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, welches zugleich eine Erstausbildung vermittelt, erstmalig mit den vorstehend genannten Entscheidungen vom 28. Juli 2011, d.h. weit nach Ablauf der Streitjahre 2004 und 2005, bejaht. Zutreffend geht das FG deshalb davon aus, dass der Kläger aus der Rechtsprechung des BFH aus den Jahren vor 2011 kein schutzwürdiges Vertrauen herleiten kann.

18

Nämliches gilt für die geänderte Rechtsprechung des BFH aus dem Juli 2011. Für die Streitjahre 2004 und 2005 kann sie schon deshalb nicht vertrauensschaffend sein, da sie zum damaligen Zeitpunkt noch niemandem bekannt sein konnte. Ein Vertrauenstatbestand hätte sich deshalb erstmals ab Veröffentlichung der Urteile ab dem 17. August 2011 entwickeln können. Nicht zuletzt aufgrund der sofort aufgekommenen steuerpolitischen Diskussion (vgl. BTDrucks 17/6978 und 17/7259) konnte der Kläger auf den Fortbestand der durch die neuen BFH-Urteile geschaffenen Rechtslage aber nicht vertrauen, zumal die Neuregelung der §§ 4, 9 und 12 EStG im Rahmen der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum BeitrRLUmsG vom 26. Oktober 2011 bereits weniger als drei Monate nach Veröffentlichung der geänderten BFH-Rechtsprechung bekannt geworden ist (so auch Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris; Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1).

19

d) Die gesetzlichen Neuregelungen in § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG sowie § 52 Abs. 12 Satz 11 bzw. § 52 Abs. 30a EStG verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.

20

aa) Zutreffend geht die Vorinstanz davon aus, dass der Gesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem objektiven und nach dem subjektiven Nettoprinzip bemisst. Unabhängig davon, ob dem Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt oder nicht, zählt doch die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des Nettoprinzips zu den Grundentscheidungen des Gesetzgebers. Soweit es um die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung geht, bedürfen Ausnahmen besonderer, sachlich begründeter Rechtfertigung. Als solche kommen insbesondere Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1, 2/07, 2 BvL 1, 2/08, BVerfGE 122, 210). Eine Typisierung ist eine normative Zusammenfassung bestimmter in wesentlichen Elementen gleich gearteter Lebenssachverhalte. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210).

21

bb) Auf eine solche Typisierung hat sich der Gesetzgeber mit den Neuregelungen von § 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG durch das BeitrRLUmsG bezogen; nämliches hatte er bereits mit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und mit der Neuschaffung des § 12 Nr. 5 EStG durch das AOÄndG im Jahr 2004 ausdrücklich getan (vgl. BTDrucks 15/3339, S. 10) und seine damalige Auffassung mit der Neufassung der Vorschriften durch das BeitrRLUmsG lediglich nochmals klargestellt (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf, BTDrucks 17/7524, S. 10 f.).

22

cc) Der Senat hat keine Bedenken, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung der Vorschriften realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zu Grunde gelegt hat. Durch die Zuordnung der Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. für ein Erststudium zu den Sonderausgaben und damit die Beschränkung des Abzugs auf 4.000 € im Jahr (ab Veranlagungszeitraum 2012 6.000 €) dürfte sich in der überwiegenden Zahl der Fälle in Folge der Versagung des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs keine relevante steuerliche Auswirkung ergeben, auch wenn der Sonderausgabenabzug bei fehlenden positiven Einkünften regelmäßig ins Leere läuft; auch sorgt die Typisierung für mehr Steuergerechtigkeit und vermeidet Widersprüche zu anderen gesetzlichen Regelungen (vgl. Trossen in FR 2012, 501; im Ergebnis ähnlich Förster in DStR 2012, 486; Fischer in jurisPR-SteuerR 38/2012, Anm. 1; Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686; Urteil des FG Münster in EFG 2012, 612; Urteile des FG Köln in EFG 2012, 1735; in EFG 2013, 1745; vom 17. Juli 2013  14 K 3720/12, juris, und Urteil des FG des Saarlandes vom 4. April 2012  2 K 1020/09, juris). Dafür spricht nicht zuletzt, dass Berufsausbildungskosten noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung im Rahmen eines bereits zugesagten Dienstverhältnisses stehen, sondern losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung" dienen (Urteil des FG Düsseldorf in EFG 2012, 686, m.w.N.). Es handelt sich damit um sog. gemischt veranlasste Aufwendungen, die nicht zwangsläufig dem objektiven Nettoprinzip unterfallen, weil ein unmittelbarer und direkter Anknüpfungspunkt an eine spätere Berufstätigkeit fehlt und möglicherweise auch private Interessen für die Aufwendungen eine Rolle spielen (Urteil des FG Münster in EFG 2012, 1433). Demgemäß steht es dem Gesetzgeber im Rahmen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit grundsätzlich frei, ob er Aufwendungen für die berufliche Erstausbildung oder ein Erststudium wegen ihrer Veranlassung durch die Erwerbstätigkeit den Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuordnet oder ob er die private (Mit-)Veranlassung systematisch in den Vordergrund stellt und demgemäß eine Zuordnung der Aufwendungen zu den Sonderausgaben vornimmt (BVerfG-Beschluss vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; in diesem Sinne auch Förster in DStR 2012, 486). Die Entscheidung des Gesetzgebers, den mit einer Erstausbildung verbundenen Aufwendungen nur durch den Sonderausgabenabzug Rechnung zu tragen, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und beinhaltet auch keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip (Förster in DStR 2012, 486; Trossen in FR 2012, 501).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung von Verlustvorträgen aus vorweggenommenen Werbungskosten.
Der Kläger absolvierte 2007 und 2008 eine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten. Einkünfte erzielte er in den Streitjahren nicht; seit Januar 2009 arbeitet er als Berufspilot. In der Einkommensteuererklärung 2007 machte er Kosten für seine Berufsausbildung als vorweggenommene Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 31.257,55 Euro geltend, in der Einkommensteuererklärung 2008 in Höhe von 43.203,56 Euro. Die Kosten wurden im Einzelnen nachgewiesen.
In den Einkommensteuerbescheiden berücksichtigte das beklagte Finanzamt die Aufwendungen jeweils in Höhe von 4.000 Euro als Sonderausgaben und setzte die Einkommensteuer mit 0 Euro fest. Am 27. Mai 2010 erging außerdem ein Bescheid, mit dem der Beklagte die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2007 ablehnte. Ein gleichlautender Ablehnungsbescheid zum 31. Dezember 2008 erging am 31. Mai 2010.
Die hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einsprüche des Klägers ruhten auf seinen Antrag hin zunächst, weil beim Bundesfinanzhof (BFH) ein Beschwerdeverfahren anhängig war. Mit Schreiben vom 17. September 2011 bat der Kläger um Fortführung der Rechtsbehelfsverfahren, da am 28. Juli 2011 mit den Entscheidungen des BFH VI R 38/10 und VI R 7/10 der Ruhensgrund entfallen sei. Nachdem das beklagte Finanzamt daraufhin mitgeteilt hatte, dass es die Entscheidung über die Einsprüche entsprechend einer Anweisung der Oberfinanzdirektion bis zu einer Abstimmung der Behörden auf Bundesebene vorerst zurückstellen wolle, erhob der Kläger am 14. Dezember 2011 Untätigkeitsklage. Mit Einspruchsentscheidung vom 26. März 2012 wurden die Einsprüche sodann zurückgewiesen.
Der Kläger begründet seine Klage sinngemäß damit, dass nach Auffassung des BFH auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen seien. Die als Reaktion auf diese zutreffende Rechtsprechung am 14. Dezember 2011 in Kraft getretene Neufassung der §§ 4 Abs. 9 und 9 Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) sei rückwirkend für offene Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden und verstieße damit gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Der Gesetzgeber erachte dies als zulässig, weil damit lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Praxis entsprochen habe. Als „Kompensation“ werde der Sonderausgabenabzug auf 6.000 Euro angehoben; dies gelte allerdings erst für Veranlagungszeiträume ab 2012 und biete daher keine Argumentationsbasis für die Streitjahre, zumal in einnahmelosen Jahren ein Sonderausgabenabzug nicht zum Tragen käme. Es liege eine unzulässige echte Rückwirkung vor, da in ein tatsächlich und rechtlich abgeschlossenes Geschehen eingegriffen werde. Darüber hinaus verstieße die gesetzliche Neuregelung auch gegen das Verbot willkürlicher Typisierung, da von ihr alle (jungen) Steuerpflichtigen betroffen in Entscheidungen bezüglich eines Ausbildungsweges seien. Es werde aus fiskalischen, nicht jedoch steuertechnischen Vereinfachungsgründen eine Pauschalierung vorgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid über die Ablehnung der Feststellung des Verlustvortrages vom 27. Mai 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen Verlustvortrag in Höhe von 31.258 Euro auf den 31. Dezember 2007 festzustellen,
2. den Bescheid über die Ablehnung der Feststellung des Verlustvortrages vom 31. Mai 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, einen Verlustvortrag in Höhe von 74.462 Euro auf den 31. Dezember 2008 festzustellen,
3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf die gesetzliche Neuregelung, nach der ein Werbungskostenabzug ausscheide. Die Neuregelung sei auf die Streitjahre anzuwenden, eine unzulässige Rückwirkung liege nicht vor. Der Gesetzgeber weise in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hin, dass nur die Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung der gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe.
Die Beteiligten haben übereinstimmend mit Schriftsätzen vom 6. bzw. 8. November 2012 auf die mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
10 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten (Gerichtsakte, Einkommensteuerakte, Rechtsbehelfsakte) sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit allen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

11 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
12 
1. Der Beklagte hat die gesonderte Feststellung eines Verlustvortrags zu Recht abgelehnt. Nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.
13 
Der Kläger hat jedoch in den Streitjahren keine negativen Einkünfte erzielt. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten sind nicht als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig, so dass keine Werbungskostenüberschüsse angefallen sind.
14 
a) Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. ausgeschlossen. Maßgeblich sind im Streitfall § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (EStG n.F.). Die Neureglung wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.) vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl. I 2011, 2592).Gemäß Artikel 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes traten sie am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft. Sie sind daher im Streitfall anzuwenden, in dem am 14. Dezember 2011 Klage erhoben wurde.
15 
Nach § 9 Abs. 6 EStG n.F. sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG n.F. dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Diese Regelungen sind gemäß Artikel 2 Nr. 34 lit. d) des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden, also auch für die Streitjahre 2007 und 2008.
16 
Der Kläger hat seine Ausbildung zum Berufspiloten außerhalb eines Dienstverhältnisses absolviert. Die - dem Grunde und der Höhe nach unstreitig entstandenen - Aufwendungen hierfür sind daher nach §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. keine abziehbaren Werbungskosten.
17 
b) Die Neuregelung verstößt nach Überzeugung des Senates nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
18 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, sogenannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187; vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 127,1). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) einer besonderen Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen werden darf (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (vgl. BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn die geltende Rechtslage, die durch die rückwirkend geltende Vorschrift geändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; vom 17. Januar 1979 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77, BVerfGE 50, 177). Dem Gesetzgeber ist es unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes daher erst recht nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228). Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Treten belastende Rechtsfolgen einer Vorschrift erst nach ihrer Verkündung ein, werden aber tatbestandlich von einem schon verwirklichten Sachverhalt ausgelöst (tatbestandliche Rückanknüpfung), spricht man von einer unechten Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., BVerfGE 127,1).
19 
Im Streitfall handelt es sich - ausgehend von diesen Grundsätzen - um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn der Kläger konnte kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.
20 
Der Senat schließt sich dabei der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F (Entscheidungen der FG -EFG- 2012, 686) an (ebenso FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).
21 
Das FG Düsseldorf führt in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 aus:
22 
„Von diesen Grundsätzen ausgehend konnte der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden. §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. regeln das Verbot des Abzugs von Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten. Die Vorschriften ersetzen die zum Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) eingeführten § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Die Vorgängerregelungen beruhten auf einer Empfehlung des Finanzausschusses, wonach Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als Kosten der privaten Lebensführung im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zur Höhe von 4.000 Euro wirksam sein sollten (BT-Drs. 15/3339). Anlass für diese Empfehlung der Neuordnung der Behandlung von Ausbildungskosten war die seinerzeit jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausbildungskosten. Der BFH hatte zuvor seine Rechtsprechung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten dahingehend geändert, dass Ausbildungskosten nicht mehr als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung anzusehen waren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sein sollten (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Der Finanzausschuss begründete seine Empfehlung damit, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre. Sie stelle die Vorsorge für die persönliche Existenz dar und diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben, weshalb die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehören würden (BT-Drs. 15/3339, S. 10). Die Empfehlungen wurden vom Gesetzgeber unverändert übernommen und traten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in Kraft. Der Gesetzgeber - oder jedenfalls der Finanzausschuss - verfolgte demnach mit der Einführung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. ebenfalls das Ziel, den Abzug von Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten nicht zuzulassen.
23 
§ 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. waren nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend zu verstehen, dass der Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten beabsichtigt war. Von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wurden die Regelungen auch dahingehend verstanden und angewandt (vgl. nur FG Münster Urteile vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496; vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteile vom 4. Mai 2010, 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686 und vom 20. April 2011 2 K 1020/09, juris; FG Baden-Württemberg Urteil vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Düsseldorf Urteile vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31. August 2007 1 K 1899/06, EFG 2007, 1870; Niedersächsisches FG Urteil vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431). (…)
24 
Von dieser historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen ausgehend hat der Kläger keine Dispositionen im Vertrauen auf ein in den Streitjahren geltendes Recht getroffen. In den Streitjahren 2005 bis 2007 konnte der Kläger in Anbetracht der §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG a.F. nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte legten die gesetzlichen Regelungen einheitlich dahingehend aus, dass ein Verbot des Werbungskostenabzugs bestand. Der BFH wich von dieser Gesetzesauslegung mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011 ab und begründete seine Entscheidungen mit einer systematischen Auslegung des Gesetzes, die zuvor in der Rechtsprechung und Literatur nicht erkannt worden war. Zuvor waren ausschließlich verfassungsrechtliche Zweifel an § 12 Nr. 5 EStG a.F. geäußert worden, die aber von den Finanzgerichten nicht als derart stark eingestuft worden waren, dass eine konkrete Normenkontrolle i.S.d. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG eingeleitet worden wäre. Demnach ist durch die gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz der allgemeine Rechtszustand wiederhergestellt worden, der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 galt.“
25 
Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, deren Ergebnis er für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 langjährig geübte Rechtspraxis in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).
26 
Diese Ausführungen gelten auch für die Aufwendungen, die der Kläger im vorliegenden Verfahren in den Jahren 2007 und 2008 für seine erstmalige Berufsausbildung getragen hat.
27 
Der Kläger konnte auch kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten aufgrund geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung bilden. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung existierte in der Frage der Erstausbildungskosten nicht. Der BFH änderte seine Rechtsprechung erst beginnend mit seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2002 (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403). Der Gesetzgeber hatte seinem Willen, dass Aufwendungen für eine Erstausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, nur als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen sind, noch weit vor den Streitjahren mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) Ausdruck verliehen. Zu der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, entschied der BFH erst mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011, also nach Ablauf der Streitjahre und Abgabe der Steuererklärungen. Gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen im Jahr 2004 konnte der Kläger aber nicht sicher sein, ob der BFH die zunächst eingeschlagene Richtung beibehalten würde (FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612).
28 
c) Zwar führen die Neuregelung der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG möglicherweise in verschiedenen Fällen zu Ungleichbehandlungen, sie verstoßen nach der Überzeugung des Senates jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
29 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG konkretisiert sich nach der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere durch zwei eng miteinander verbundene Grundgedanken: das Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.
30 
Für die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung ist es unerheblich, ob Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als gemischt veranlasste Aufwendungen angesehen werden, weil sie mangels eines unmittelbaren Anknüpfungspunktes an eine spätere Berufstätigkeit nicht zwangsläufig beruflich veranlasst sind, oder ob sie als in erster Linie beruflich veranlasste Aufwendungen eingeordnet werden. Geht man davon aus, dass gemischte Aufwendungen vorliegen, liegt in der Ungleichbehandlung schon kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip; die vom Gesetzgeber getroffene Belastungsentscheidung ist dann folgerichtig. Andernfalls ist die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips in jedem Fall durch die mit der Regelung verfolgten Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse gerechtfertigt. Die Zuordnung der Aufwendungen für eine Erstausbildung zu den Sonderausgaben und damit die Abzugsbeschränkung trägt dem typischen jährlichen Ausbildungsaufwand Rechnung. Zudem sorgt die Typisierung für Vereinfachung und vermeidet Widersprüche zu anderen steuerlichen Regelungen. Sie führt zu mehr Steuergerechtigkeit, da die Abgrenzung zwischen Fällen mit einem zur späteren Berufstätigkeit vordergründig bestehendem Veranlassungszusammenhang und Fällen ohne eines solchen Veranlassungszusammenhangs schwierig ist (insgesamt so auch Trossen, in Finanzrundschau -FR- 2012, 501; FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612; FG Düsseldorf Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686).
31 
2. Das BVerfG hat in mehreren Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zum Abzug von Erstausbildungskosten und die Auslegung der FG bestätigt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. Dezember 1973 1 BvR 348/73, HFR 1974, 170; vom 8. Juli 1993, 2 BvR 773/93, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1994, 847; BVerfG-Urteil vom 22. Mai 1984 1 BvR 523/84, NJW 1994, 847).
32 
Der Senat schließt sich überdies den von Ismer (FR 2011, 846) geäußerten Bedenken zu den Entscheidungen des BFH in seinen Urteilen vom 28. Juli 2011 an (ebenso Reiß, in FR 2011, 863). Ismer führt zusammenfassend aus: „Wenngleich das Ergebnis rechtspolitisch durchaus wünschenswert erscheinen mag, sind die Entscheidungen dennoch abzulehnen. Sie sind mit dem klaren Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ebenso unvereinbar wie mit der Entstehungsgeschichte des § 12 Nr. 5 EStG. Ihnen liegt daher keine zutreffende Auslegung zugrunde. Vielmehr werden die Grenzen zur unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem überschritten. Sollte der Senat entscheidungserhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG gehabt haben, hätte er die Frage daher im Wege eines konkreten Normenkontrollantrags dem BVerfG vorlegen müssen.“
33 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
34 
4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Soweit ersichtlich, ist zur maßgeblichen Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen; es sind jedoch Revisionsverfahren beim BFH anhängig (VI R 2/12 und VI R 8/12).

Gründe

11 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
12 
1. Der Beklagte hat die gesonderte Feststellung eines Verlustvortrags zu Recht abgelehnt. Nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.
13 
Der Kläger hat jedoch in den Streitjahren keine negativen Einkünfte erzielt. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten sind nicht als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig, so dass keine Werbungskostenüberschüsse angefallen sind.
14 
a) Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG n.F. ausgeschlossen. Maßgeblich sind im Streitfall § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (EStG n.F.). Die Neureglung wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl.) vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl. I 2011, 2592).Gemäß Artikel 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes traten sie am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft. Sie sind daher im Streitfall anzuwenden, in dem am 14. Dezember 2011 Klage erhoben wurde.
15 
Nach § 9 Abs. 6 EStG n.F. sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG n.F. dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 9c, 10 Abs. 1 Nrn. 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b EStG nichts anderes bestimmt ist. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG n.F. bis zu 6.000 Euro als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Diese Regelungen sind gemäß Artikel 2 Nr. 34 lit. d) des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden, also auch für die Streitjahre 2007 und 2008.
16 
Der Kläger hat seine Ausbildung zum Berufspiloten außerhalb eines Dienstverhältnisses absolviert. Die - dem Grunde und der Höhe nach unstreitig entstandenen - Aufwendungen hierfür sind daher nach §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. keine abziehbaren Werbungskosten.
17 
b) Die Neuregelung verstößt nach Überzeugung des Senates nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
18 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden. Eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung entfaltet eine Rechtsnorm, wenn sie Rechtsfolgen für Zeiträume anordnet, die vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegen und abgeschlossen sind, sogenannte Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2009, 187; vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE- 127,1). Gesetze mit echter Rückwirkung, die die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändern, bedürfen mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) einer besonderen Rechtfertigung. In der Rechtsprechung des BVerfG sind jedoch verschiedene Fallgruppen anerkannt, in denen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot durchbrochen werden darf (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Insbesondere tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurück, wenn ein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts nicht oder nicht mehr bestehen konnte (vgl. BVerfG-Urteil vom 23. November 1999 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239). Eine Änderung mit Rückwirkung ist auch dann zulässig, wenn die geltende Rechtslage, die durch die rückwirkend geltende Vorschrift geändert wurde, unklar und verworren war (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 14. Mai 1986 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200; vom 17. Januar 1979 1 BvR 446/77, 1 BvR 1174/77, BVerfGE 50, 177). Dem Gesetzgeber ist es unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes daher erst recht nicht verwehrt, rückwirkend eine Rechtslage festzuschreiben, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und einheitlichen Rechtspraxis entsprach (BVerfG-Beschlüsse vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228). Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält (BVerfG-Beschluss vom 15. Oktober 2008 1 BvR 1138/06, HFR 2009, 187). Treten belastende Rechtsfolgen einer Vorschrift erst nach ihrer Verkündung ein, werden aber tatbestandlich von einem schon verwirklichten Sachverhalt ausgelöst (tatbestandliche Rückanknüpfung), spricht man von einer unechten Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 Bvl 14/02 u.a., BVerfGE 127,1).
19 
Im Streitfall handelt es sich - ausgehend von diesen Grundsätzen - um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn der Kläger konnte kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihm getätigten Aufwendungen für seine Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.
20 
Der Senat schließt sich dabei der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F (Entscheidungen der FG -EFG- 2012, 686) an (ebenso FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612; vgl. auch BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).
21 
Das FG Düsseldorf führt in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2011 aus:
22 
„Von diesen Grundsätzen ausgehend konnte der Kläger kein schützenswertes Vertrauen auf die Abzugsfähigkeit seiner Ausbildungsaufwendungen als Werbungskosten bilden. §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG n.F. regeln das Verbot des Abzugs von Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten. Die Vorschriften ersetzen die zum Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) eingeführten § 12 Nr. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Die Vorgängerregelungen beruhten auf einer Empfehlung des Finanzausschusses, wonach Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium als Kosten der privaten Lebensführung im Wege des Sonderausgabenabzugs bis zur Höhe von 4.000 Euro wirksam sein sollten (BT-Drs. 15/3339). Anlass für diese Empfehlung der Neuordnung der Behandlung von Ausbildungskosten war die seinerzeit jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Ausbildungskosten. Der BFH hatte zuvor seine Rechtsprechung zur steuerlichen Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten dahingehend geändert, dass Ausbildungskosten nicht mehr als steuerlich unbeachtliche Kosten der Lebensführung anzusehen waren, sondern unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig sein sollten (BFH-Urteile vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl. II 2003 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl. II 2004, 884). Der Finanzausschuss begründete seine Empfehlung damit, dass die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung gehöre. Sie stelle die Vorsorge für die persönliche Existenz dar und diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position im Leben, weshalb die Aufwendungen schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehören würden (BT-Drs. 15/3339, S. 10). Die Empfehlungen wurden vom Gesetzgeber unverändert übernommen und traten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 in Kraft. Der Gesetzgeber - oder jedenfalls der Finanzausschuss - verfolgte demnach mit der Einführung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 und § 12 Nr. 5 EStG a.F. ebenfalls das Ziel, den Abzug von Kosten für die erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten nicht zuzulassen.
23 
§ 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. waren nach ihrem Wortlaut und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend zu verstehen, dass der Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen als Werbungskosten beabsichtigt war. Von der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten wurden die Regelungen auch dahingehend verstanden und angewandt (vgl. nur FG Münster Urteile vom 6. Mai 2010 3 K 3347/07 F, EFG 2010, 1496; vom 24. Februar 2011 11 K 4489/09 F, EFG 2011, 1237; FG Saarland Urteile vom 4. Mai 2010, 1 K 2357/05, EFG 2010, 1686 und vom 20. April 2011 2 K 1020/09, juris; FG Baden-Württemberg Urteil vom 19. Januar 2010 11 K 4253/08, EFG 2010, 788; FG Hamburg Urteil vom 25. November 2009 5 K 193/08, EFG 2010, 873; FG Düsseldorf Urteile vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201, vom 10. November 2009 14 K 2361/06 F, juris; FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 17. Dezember 2008 8 K 6331/06 B, EFG 2009, 570; FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 31. August 2007 1 K 1899/06, EFG 2007, 1870; Niedersächsisches FG Urteil vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431). (…)
24 
Von dieser historischen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen ausgehend hat der Kläger keine Dispositionen im Vertrauen auf ein in den Streitjahren geltendes Recht getroffen. In den Streitjahren 2005 bis 2007 konnte der Kläger in Anbetracht der §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG a.F. nicht davon ausgehen, dass die von ihm getragenen Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten anerkannt würden. Die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte legten die gesetzlichen Regelungen einheitlich dahingehend aus, dass ein Verbot des Werbungskostenabzugs bestand. Der BFH wich von dieser Gesetzesauslegung mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011 ab und begründete seine Entscheidungen mit einer systematischen Auslegung des Gesetzes, die zuvor in der Rechtsprechung und Literatur nicht erkannt worden war. Zuvor waren ausschließlich verfassungsrechtliche Zweifel an § 12 Nr. 5 EStG a.F. geäußert worden, die aber von den Finanzgerichten nicht als derart stark eingestuft worden waren, dass eine konkrete Normenkontrolle i.S.d. Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG eingeleitet worden wäre. Demnach ist durch die gesetzliche Neuregelung durch das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz der allgemeine Rechtszustand wiederhergestellt worden, der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 galt.“
25 
Es widerspricht weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, deren Ergebnis er für nicht sachgerecht hält. Nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzt hier die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Bestätigung der alten Rechtspraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG-Beschlüsse 23. Januar 1990 1 BvL 4 bis 7/87, BVerfGE 81, 228; vom 21. Juli 2010 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die gesetzliche Festschreibung der vor den Entscheidungen des BFH vom 28. Juli 2011 langjährig geübte Rechtspraxis in verfassungsrechtlich erheblicher Weise die gerade auch im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätze der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268) verletzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BStBl. II 2012, 577).
26 
Diese Ausführungen gelten auch für die Aufwendungen, die der Kläger im vorliegenden Verfahren in den Jahren 2007 und 2008 für seine erstmalige Berufsausbildung getragen hat.
27 
Der Kläger konnte auch kein schutzwürdiges Vertrauen in die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten aufgrund geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung bilden. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010, 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369). Eine gefestigte, langjährige Rechtsprechung existierte in der Frage der Erstausbildungskosten nicht. Der BFH änderte seine Rechtsprechung erst beginnend mit seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2002 (BFH-Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl. II 2003, 403). Der Gesetzgeber hatte seinem Willen, dass Aufwendungen für eine Erstausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, nur als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen sind, noch weit vor den Streitjahren mit dem Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl. I 2004, 1753) Ausdruck verliehen. Zu der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, entschied der BFH erst mit seinen Entscheidungen vom 28. Juli 2011, also nach Ablauf der Streitjahre und Abgabe der Steuererklärungen. Gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen im Jahr 2004 konnte der Kläger aber nicht sicher sein, ob der BFH die zunächst eingeschlagene Richtung beibehalten würde (FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612).
28 
c) Zwar führen die Neuregelung der §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG möglicherweise in verschiedenen Fällen zu Ungleichbehandlungen, sie verstoßen nach der Überzeugung des Senates jedoch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
29 
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG konkretisiert sich nach der Rechtsprechung des BVerfG insbesondere durch zwei eng miteinander verbundene Grundgedanken: das Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit.
30 
Für die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung ist es unerheblich, ob Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als gemischt veranlasste Aufwendungen angesehen werden, weil sie mangels eines unmittelbaren Anknüpfungspunktes an eine spätere Berufstätigkeit nicht zwangsläufig beruflich veranlasst sind, oder ob sie als in erster Linie beruflich veranlasste Aufwendungen eingeordnet werden. Geht man davon aus, dass gemischte Aufwendungen vorliegen, liegt in der Ungleichbehandlung schon kein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip; die vom Gesetzgeber getroffene Belastungsentscheidung ist dann folgerichtig. Andernfalls ist die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips in jedem Fall durch die mit der Regelung verfolgten Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse gerechtfertigt. Die Zuordnung der Aufwendungen für eine Erstausbildung zu den Sonderausgaben und damit die Abzugsbeschränkung trägt dem typischen jährlichen Ausbildungsaufwand Rechnung. Zudem sorgt die Typisierung für Vereinfachung und vermeidet Widersprüche zu anderen steuerlichen Regelungen. Sie führt zu mehr Steuergerechtigkeit, da die Abgrenzung zwischen Fällen mit einem zur späteren Berufstätigkeit vordergründig bestehendem Veranlassungszusammenhang und Fällen ohne eines solchen Veranlassungszusammenhangs schwierig ist (insgesamt so auch Trossen, in Finanzrundschau -FR- 2012, 501; FG Münster Urteil vom 20. Dezember 2011 5 K 3975/09 F EFG 2012, 612; FG Düsseldorf Urteil vom 14. Dezember 2011 14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686).
31 
2. Das BVerfG hat in mehreren Entscheidungen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zum Abzug von Erstausbildungskosten und die Auslegung der FG bestätigt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 10. Dezember 1973 1 BvR 348/73, HFR 1974, 170; vom 8. Juli 1993, 2 BvR 773/93, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1994, 847; BVerfG-Urteil vom 22. Mai 1984 1 BvR 523/84, NJW 1994, 847).
32 
Der Senat schließt sich überdies den von Ismer (FR 2011, 846) geäußerten Bedenken zu den Entscheidungen des BFH in seinen Urteilen vom 28. Juli 2011 an (ebenso Reiß, in FR 2011, 863). Ismer führt zusammenfassend aus: „Wenngleich das Ergebnis rechtspolitisch durchaus wünschenswert erscheinen mag, sind die Entscheidungen dennoch abzulehnen. Sie sind mit dem klaren Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ebenso unvereinbar wie mit der Entstehungsgeschichte des § 12 Nr. 5 EStG. Ihnen liegt daher keine zutreffende Auslegung zugrunde. Vielmehr werden die Grenzen zur unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem überschritten. Sollte der Senat entscheidungserhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG gehabt haben, hätte er die Frage daher im Wege eines konkreten Normenkontrollantrags dem BVerfG vorlegen müssen.“
33 
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
34 
4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Soweit ersichtlich, ist zur maßgeblichen Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen; es sind jedoch Revisionsverfahren beim BFH anhängig (VI R 2/12 und VI R 8/12).

(1)1Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 10 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).2Soweit ein Ausgleich der negativen Einkünfte nach Satz 1 nicht möglich ist, sind diese vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen.3Dabei wird der Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und des zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Absatz 3 Satz 1 gemindert.4Ist für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den zweiten dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraum bereits ein Steuerbescheid erlassen worden, so ist er insoweit zu ändern, als der Verlustrücktrag zu gewähren oder zu berichtigen ist.5Das gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem die negativen Einkünfte nicht ausgeglichen werden.6Auf Antrag des Steuerpflichtigen ist von der Anwendung des Verlustrücktrags nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt abzusehen.

(2)1Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag).2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, tritt an die Stelle des Betrags von 1 Million Euro ein Betrag von 2 Millionen Euro.3Der Abzug ist nur insoweit zulässig, als die Verluste nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind und in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht nach Satz 1 und 2 abgezogen werden konnten.

(3) (weggefallen)

(4)1Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist gesondert festzustellen.2Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag.3Zuständig für die Feststellung ist das für die Besteuerung zuständige Finanzamt.4Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Absatz 10, § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und § 351 Absatz 2 der Abgabenordnung sowie § 42 der Finanzgerichtsordnung gelten entsprechend.5Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von Satz 4 berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.6Die Feststellungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist; § 181 Absatz 5 der Abgabenordnung ist nur anzuwenden, wenn die zuständige Finanzbehörde die Feststellung des Verlustvortrags pflichtwidrig unterlassen hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Kosten für eine erstmalige Berufsausbildung zum Berufspiloten als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte als erstmalige Berufsausbildung in den Jahren 2005 bis 2007 eine Ausbildung zum Flugzeugführer erfolgreich und stand seit Oktober 2007 in einem Anstellungsverhältnis als Flugzeugführer. Er begehrte für die Streitjahre (2005 bis 2007) die Feststellung verbleibender Verlustvorträge. Für die Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 erklärte er, keine Einnahmen erzielt zu haben, und machte für 2005 Ausbildungskosten in Höhe von 2.168 € und für 2006 solche in Höhe von 27.634 € als Werbungskosten geltend. Für 2007 erklärte er Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 4.164 € und Werbungskosten in Form von Ausbildungskosten in Höhe von 44.485 € sowie weitere Werbungskosten in Höhe von 4.110 €.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte eine Verlustfeststellung ab und setzte mit Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre die Einkommensteuer jeweils auf 0 € fest. Die Ausbildungskosten wurden darin nicht als Werbungskosten, sondern lediglich als Sonderausgaben in Form von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung berücksichtigt, im Jahr 2005 in Höhe von 2.168 € und in den Jahren 2006 und 2007 in Höhe von jeweils 4.000 €.

5

Die Einsprüche gegen die Ablehnung der Anträge auf gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember der Jahre 2005 bis 2007 blieben erfolglos.

6

Die dagegen erhobene Klage auf Verpflichtung des FA, die verrechenbaren Verluste gesondert festzustellen (2005: 2.167,84 €; 2006: 27.633,53 €; 2007: 44.484,50 €), hat das FG aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 686 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten seien nicht als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) --BeitrRLUmsG-- bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig, so dass keine Ausgabenüberschüsse angefallen seien. Die vor dem BeitrRLUmsG geltenden Regelungen stünden dem Abzug der Ausbildungsaufwendungen des Klägers als Werbungskosten zwar nicht entgegen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dazu sei der Werbungskostenabzug nicht ausgeschlossen, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der später auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestünde (vgl. Senatsurteile vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, BFHE 234, 262, BStBl II 2012, 553; VI R 8/09, BFH/NV 2011, 2038; VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561; VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26, und VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27).

7

Diese Vorschriften seien im Streitfall aber nicht mehr maßgeblich. Denn bei der Entscheidung über eine Verpflichtungsklage sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen, also die am 14. Dezember 2011 geltende Rechtslage, demnach § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach ihrer Verkündung, also am 14. Dezember 2011, in Kraft getreten seien.

8

§ 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG seien nicht verfassungswidrig. Es handele es sich zwar um eine echte Rückwirkung. Denn durch die im Jahr 2011 in Kraft getretenen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG werde in die abgeschlossenen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2010 eingegriffen, die bereits entstandene Steuerschuld für die Jahre 2005 bis 2007 im Nachhinein abgeändert. Diese echte Rückwirkung sei hier aber verfassungsrechtlich zulässig.

9

§ 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG verstießen auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in der Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips und des daraus entwickelten objektiven Nettoprinzips. Die in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG angelegte Unterscheidung zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium einerseits und sonstigen Fortbildungskosten andererseits sei eine im gesetzgeberischen Ermessensspielraum liegende Typisierung.

10

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen (Verfassungs-)Rechts.

11

Das streitgegenständliche Gesetz greife in bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume 2004 bis 2010 ein. Insoweit liege eine echte Rückwirkung des Gesetzes vor. Das schutzwürdige Interesse des Klägers sei durch die Rückwirkung verletzt. Er habe alle Dispositionen getroffen und die Ausbildungskosten bestritten. Dabei habe er schon auf das Urteil des Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403) vertrauen dürfen.

12

Schließlich werde auch das objektive Nettoprinzip verletzt. Denn Kosten für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer seien Erwerbsaufwendungen. Die Begrenzung des objektiven Nettoprinzips sei nicht gerechtfertigt.

13

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F aufzuheben, den Ablehnungsbescheid vom 9. Oktober 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2010 aufzuheben und das FA zu verpflichten, folgende verrechenbare Verluste gesondert festzustellen: für das Jahr 2005: 2.167,84 €, für das Jahr 2006: 27.633,53 €, für das Jahr 2007: 44.484,50 €.

14

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

15

Der Kläger habe kein schützenswertes Vertrauen bilden können hinsichtlich der Berücksichtigung seiner Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten.

Entscheidungsgründe

16

B. Entscheidung des Senats

17

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

18

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

19

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

20

Nach einfachem Recht müsste die Revision des Klägers zurückgewiesen werden. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Werbungskostenabzug für die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten ausgeschlossen ist. § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753) --AOÄndG-- stehen einem Werbungskostenabzug zwar nicht entgegen. Aber bei der Entscheidung über eine Verpflichtungsklage ist, so zutreffend das FG, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen. Dieser Zeitpunkt war im Streitfall der 14. Dezember 2011. Zu diesem Zeitpunkt waren § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG schon in Kraft getreten. Denn das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt vom 13. Dezember 2011 verkündet (BGBl I 2011, 2592) und trat gemäß Art. 25 Abs. 4 BeitrRLUmsG am Tag nach der Verkündung in Kraft, also am 14. Dezember 2011.

21

Der Abzug der Aufwendungen des Klägers für seine erstmalige Berufsausbildung ist durch § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG ausgeschlossen. Denn danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Ein solches Dienstverhältnis liegt hier nicht vor. Das Abzugsverbot kommt mithin zur Anwendung, eine Berücksichtigung des Abzugs der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten scheidet daher aus.

22

Die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Ausbildung des Klägers zum Berufspiloten als Sonderausgaben in Höhe von 4.000 € führt zu keiner Verlustfeststellung. Denn nur negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, führen nach § 10d Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EStG zu einem verbleibenden Verlustvortrag. Im Gesamtbetrag der Einkünfte sind indessen keine Sonderausgaben enthalten (§ 2 Abs. 3, 4, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

23

Sollte § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dagegen verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers begründet. Die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Ausbildung zum Berufspiloten wären dann als vorweggenommene Werbungskosten für seine ab Oktober 2007 aufgenommene Tätigkeit als Berufspilot im vom FG festgestellten Umfang zu berücksichtigen. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

24

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

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II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

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1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

27

Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

28

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

29

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

30

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

31

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

32

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

33

2. Die Rechtsentwicklung

34

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

35

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

36

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

37

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

38

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

39

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

40

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

41

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

42

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

43

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

44

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

45

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

46

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

47

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

48

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

49

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

50

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

51

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

52

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

53

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil in BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile in BFH/NV 2012, 19; in BFH/NV 2012, 26).

54

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

55

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

56

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

57

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

58

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

59

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

60

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

61

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

62

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestandes muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

63

2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

64

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

65

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

66

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

67

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

68

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

69

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

70

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

71

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

72

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

73

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

74

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

75

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

76

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

77

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

78

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

79

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

80

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

81

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

82

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

83

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

84

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

85

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

86

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

87

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

88

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

89

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

90

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

91

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

92

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

93

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

94

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

95

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

96

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

97

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

98

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

99

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

100

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

101

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

102

Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

103

d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

104

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

105

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

106

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

107

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

108

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

109

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

110

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

111

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

112

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

113

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

114

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

115

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

116

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

117

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

118

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

119

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

120

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

121

IV. Verfassungskonforme Auslegung

122

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

123

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Erststudium nach dem Abitur, das nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet, als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) studierte nach seinem Abitur in den Jahren 2002 bis 2004 zunächst an der Universität A und in den Jahren 2004 bis 2008 an der B in C internationale Betriebswirtschaftslehre. Der Studiengang an der B sah eine enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis vor und beinhaltete zwei Auslandssemester sowie drei Praktika. Im Anschluss an sein am 4. Juli 2008 erfolgreich abgeschlossenes Studium erhielt der Kläger zum 1. November 2008 eine Festanstellung als Assistent des Vertriebsvorstands einer AG; dort war er bis 30. Juni 2011 tätig.

4

Der Kläger machte mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2007) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.612 € und Werbungskosten in Höhe von 19.528 € geltend. Die Werbungskosten ergaben sich aus den Aufwendungen für Arbeitsmittel (Absetzungen für Abnutzung auf PC 723 €, Fachliteratur pauschal 150 €, Studiengebühren 5.120 €) sowie aus den Kosten für das Auslandssemester in Australien (Zimmermiete 5.000 €; Verpflegungsmehraufwand für 180 Tage x 39 € = 7.020 €; Flugkosten 1.515 €).

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im streitigen Einkommensteuerbescheid bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 920 € und legte damit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 692 € zu Grunde. Die durch den Studienaufenthalt in Australien entstandenen Aufwendungen berücksichtigte er nur mit 4.000 € als Sonderausgaben in Form von Berufsausbildungskosten. Mit anderen Einkünften des Klägers betrug damit der Gesamtbetrag der Einkünfte 12.437 €. Davon wurde ein verbliebener Verlustvortrag zum 31. Dezember 2006 in Höhe von 8.993 € abgezogen, der aus in den Vorjahren anerkannten Berufsausbildungskosten des Klägers stammte. Nachdem das FA keine weiteren Werbungskosten berücksichtigt hatte, stellte es den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 mit weiterem Bescheid auf 0 € fest.

6

Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 612 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Der Kläger habe zum einen die Aufwendungen für seine Berufsausbildung nur teilweise schlüssig dargelegt, nämlich im Ergebnis lediglich in Höhe von 14.552 €.

7

Zum anderen habe das FA die Aufwendungen zu Recht nur als Sonderausgaben und nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit behandelt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzlichen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und §§ 52 Abs. 23d und 30a des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) bestünden nicht.

8

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung von Bundesrecht. Die Aufwendungen für sein Studium seien vorweggenommene Werbungskosten. Soweit dem § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG entgegenstehe, verstoße dies gegen Verfassungsrecht.

9

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des FG Münster vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F sowie den Bescheid über die Ablehnung der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 vom 3. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2009 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2007 in Höhe von 18.278 € festzustellen.

10

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Die Neuregelungen durch das BeitrRLUmsG seien nicht verfassungswidrig. Die dort getroffene Unterscheidung zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium einerseits und für sonstige Fortbildungskosten andererseits sei eine im gesetzgeberischen Ermessensspielraum liegende Typisierung.

Entscheidungsgründe

12

B. Entscheidung des Senats

13

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

14

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

15

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

16

Nach einfachem Recht wäre die Revision des Klägers unbegründet. Denn das FG hat zutreffend entschieden, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG den Werbungskostenabzug für die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen ausschließt.

17

Sollte allerdings § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers jedenfalls insoweit begründet, als der Kläger nach der Würdigung des FG die Aufwendungen für seine Berufsausbildung schlüssig dargelegt hat, nämlich im Ergebnis in Höhe von 14.552 €. Nach den Feststellungen des FG bestand zwischen dem Studium und der späteren Berufstätigkeit auch ein konkreter Veranlassungszusammenhang, der den Abzug der Aufwendungen für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten rechtfertigt. Denn der Studiengang des Klägers sah unter anderem eine enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis vor und beinhaltete zwei Auslandssemester sowie drei Praktika und verschaffte dem Kläger im Anschluss an das am 4. Juli 2008 erfolgreich abgeschlossene Studium zum 1. November 2008 eine Festanstellung als Assistent des Vertriebsvorstands einer AG, für die er bis 30. Juni 2011 tätig war. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

18

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1985  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

19

II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

20

1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

21

Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

22

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

23

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

24

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

25

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

26

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

27

2. Die Rechtsentwicklung

28

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

29

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403) zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

30

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

31

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

32

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

33

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

34

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

35

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

36

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

37

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

38

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

39

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

40

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

41

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

42

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

43

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

44

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

45

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

46

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

47

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15. September 2011 VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26).

48

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

49

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

50

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

51

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

52

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

53

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

54

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

55

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

56

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

57

2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

58

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

59

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

60

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

61

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

62

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

63

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

64

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

65

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

66

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

67

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

68

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

69

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

70

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

71

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

72

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

73

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

74

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

75

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

76

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

77

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

78

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

79

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

80

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

81

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

82

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

83

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

84

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

85

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

86

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

87

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

88

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

89

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

90

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

91

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

92

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

93

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

94

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

95

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

96

Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

97

d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

98

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

99

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

100

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

101

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

102

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

103

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

104

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

105

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

106

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

107

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

108

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

109

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

110

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

111

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

112

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

113

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

114

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

115

IV. Verfassungskonforme Auslegung

116

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

117

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist, ob eine Ausbildung zum Berufspiloten, die zwar nach Beginn eines Studiums begonnen, jedoch schon vor dem Ende des Studiums erfolgreich abgeschlossen wurde, als erstmalige Berufsausbildung gilt.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) studierte seit 2001 an der Universität A BWL mit Schwerpunkt Verkehrswissenschaften. In der Zeit vom 15. Februar bis 26. Juni 2006 studierte er an der B in C. Nachdem er dort alle Prüfungen abgelegt hatte, flog er bereits am 22. April 2006 von C nach A zurück. Der Kläger erhielt am 13. August 2007 von der Universität A das Thema seiner Diplomarbeit; er reichte die Arbeit am 10. September 2007 beim Prüfungsamt ein, erhielt dafür am 13. November 2007 die Note "gut" und schloss damit am gleichen Tag die Diplomprüfung ab. Die letzte Prüfungsleistung wurde laut Prüfungsamt am 10. September 2007 durch Einreichung der Diplomarbeit erbracht (s. Schreiben der Universität A vom 2. Mai 2012).

4

Am 3. März 2006 schloss der Kläger mit der E-GmbH (E) nach erfolgreichem Auswahlverfahren eine Vereinbarung über seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer. Am 24. April 2006 begann in der Flugschule T die 18-monatige, in drei Vollzeit-Semester eingeteilte Ausbildung, deren Kosten der Kläger selbst zu tragen hatte. E bot dem Kläger für den Fall der erfolgreich abgeschlossenen Schulung und eines entsprechenden Bedarfs an Piloten und Copiloten einen weiterführenden Schulungsvertrag zum Erwerb der Musterberechtigung auf einem bei E geflogenen Flugzeugmuster sowie einen Cockpitarbeitsplatz an. Nach abgeschlossener Ausbildung war der Kläger seit September 2007 bei E als Verkehrsflugzeugführer beschäftigt und vom 9. bis 14. September 2007 in G beim sog. "Type Rating".

5

Der Kläger machte mit seiner Einkommensteuererklärung 2006 die Ausbildungskosten zum Berufspiloten in Höhe von insgesamt 20.246 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend und beantragte die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2006.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ab und setzte die Einkommensteuer 2006 unter Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben in Höhe von 4.000 € auf 0 € fest.

7

Mit der Einkommensteuererklärung für 2007 beantragte der Kläger die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2007 und machte als Werbungskosten Aufwendungen in Höhe von insgesamt 31.594 € geltend, davon entfielen 28.584 € auf Berufsausbildungskosten.

8

Das FA berücksichtigte auch hier die Berufsausbildungskosten nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben in Höhe von 4000 €.

9

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1735 veröffentlichten Gründen abgewiesen.

10

Nach §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) dürften Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für sein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, nicht als Werbungskosten abgezogen werden, soweit dieses nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

11

Die rückwirkend ab 2004 geltenden Regelungen (§ 52 Abs. 23d und 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG) ließen keinen Verfassungsverstoß erkennen. Das FG nahm insoweit Bezug auf die Ausführungen des FG Düsseldorf in dessen Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F (EFG 2012, 686, m. Anm. Korte, Revision VI R 2/12) und des FG Münster in dessen Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F (EFG 2012, 612, m. Anm. Trossen, Revision VI R 8/12).

12

Hier liege eine Erstausbildung vor, weil der Kläger seine weitere Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer bereits vor dem förmlichen Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudiums begonnen habe und ausweislich seiner Einkommensteuererklärung in 2007 noch an 80 Tagen zur Universität gefahren sei, also etwa ein bis zwei Tage pro Woche. Der Kläger sei also bis zum Abschluss der Diplomprüfung im Studienbetrieb involviert gewesen.

13

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen (Verfassungs-)Rechts.

14

Zum einen seien die Ausbildungskosten des Klägers als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil die Neuregelung durch das BeitrRLUmsG in verfassungswidriger Weise rückwirke und darüber hinaus gegen das objektive Nettoprinzip verstoße. Im Weiteren liege im Streitfall mit der Ausbildung als Berufspilot eine Zweitausbildung vor. Denn der Kläger habe zuvor ein Studium absolviert und erst danach die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer begonnen.

15

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Köln aufzuheben und unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2006 vom 28. Dezember 2007 und auf den 31. Dezember 2007 vom 25. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31. Dezember 2006 auf 20.246 € und auf den 31. Dezember 2007 auf 11.836 € festzustellen, sowie unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 25. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 die Einkommensteuer 2007 auf 0 € festzusetzen.

16

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Die rückwirkende Anwendung der gesetzlichen Neuregelung sei zulässig.

Entscheidungsgründe

18

B. Entscheidung des Senats

19

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

20

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

21

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

22

Nach einfachem Recht müsste die Revision des Klägers zurückgewiesen werden. Denn das FG hat zutreffend entschieden, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten vom Werbungskostenabzug ausschließt.

23

Der vorlegende Senat folgt auch der Auffassung des FG, dass die Ausbildung des Klägers zum Berufspiloten dessen Erstausbildung ist. Denn diese war nach den bindenden Feststellungen des FG im September 2007 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger das Studium der Betriebswirtschaftslehre noch nicht erfolgreich abgeschlossen. Dies war erst am 13. November 2007 der Fall.

24

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des vorlegenden Senats, dass unter dem Tatbestandsmerkmal Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen ist. Es befindet sich in Berufsausbildung, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet; zu dieser Vorbereitung gehören alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 27. Oktober 2011 VI R 52/10, BFHE 235, 444, BStBl II 2012, 825, Rz 14, m.w.N.). Dementsprechend ist ein Erststudium ein Studium, das zugleich eine erstmalige Berufsausbildung vermittelt. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, unter II.3.) die Frage noch offen gelassen, ob ein nicht abgeschlossenes Studium schon die Voraussetzung eines Erststudiums erfülle. Wenn indessen von Gesetzes wegen auf die Abfolge der nacheinander stattfindenden Berufsausbildungen abzustellen ist, liegt i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nur vor, wenn diese Berufsausbildung auch abgeschlossen ist. Gehört zu dieser Berufsausbildung auch ein formaler Abschluss durch eine Prüfung, ist auch noch diese Teil der Berufsausbildung und erst mit deren Bestehen die Berufsausbildung abgeschlossen. Der Senat folgt insoweit der schon vorliegenden Rechtsprechung der FG (Urteile des Niedersächsischen FG vom 3. November 2011  11 K 467/09, EFG 2012, 305; des FG Münster vom 9. November 2011  2 K 862/09 F, EFG 2012, 504, Revision VI R 61/11), wonach ein ohne Abschluss gebliebenes Studium keine Erstausbildung ist. Damit gilt: Eine erstmalige Berufsausbildung i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG setzt voraus, dass diese auch abgeschlossen ist. Für das Erststudium i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gilt Entsprechendes, denn insoweit erfordert das Gesetz, dass das Erststudium "zugleich eine Erstausbildung vermittelt".

25

Sollte § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dagegen verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers begründet. Die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Ausbildung zum Berufspiloten wären dann als vorweggenommene Werbungskosten für seine ab September 2007 aufgenommene Tätigkeit als Berufspilot zu berücksichtigen. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

26

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

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II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

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1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

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Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

30

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

31

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

32

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

33

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

34

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

35

2. Die Rechtsentwicklung

36

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

37

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403) zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

38

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

39

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

40

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

41

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

42

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

43

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

44

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

45

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

46

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

47

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

48

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

49

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

50

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

51

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

52

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

53

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

54

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

55

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15. September 2011 VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26).

56

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

57

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

58

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

59

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

60

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

61

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

62

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

63

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

64

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

65

2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

66

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

67

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

68

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

69

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

70

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

71

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

72

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

73

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

74

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

75

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

76

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

77

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

78

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

79

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

80

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

81

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

82

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

83

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

84

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

85

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

86

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

87

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

88

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

89

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

90

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

91

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

92

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

93

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

94

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

95

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

96

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

97

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

98

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

99

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

100

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

101

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

102

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

103

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

104

Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

105

d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

106

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

107

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

108

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

109

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

110

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

111

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

112

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

113

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

114

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

115

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

116

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

117

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

118

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

119

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

120

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

121

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

122

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

123

IV. Verfassungskonforme Auslegung

124

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

125

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist, ob vom Steuerpflichtigen selbst getragene Aufwendungen für eine Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte in den Streitjahren (2007, 2008) als seine erstmalige Ausbildung eine solche zum Berufspiloten. In diesen beiden Streitjahren erzielte der Kläger noch keine Einkünfte; er war erst ab Januar 2009 als Berufspilot tätig. Die Kosten für seine Berufsausbildung machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2007 als vorweggenommene Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 31.257 € geltend, mit der Einkommensteuererklärung 2008 machte er Kosten in Höhe von 43.203 € geltend, die er jeweils auch im Einzelnen nachgewiesen hat.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre die Berufsausbildungskosten jeweils nur in Höhe von 4.000 € als Sonderausgaben und setzte die Einkommensteuer mit 0 € fest. Mit weiteren Bescheiden lehnte das FA die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2007 sowie zum 31. Dezember 2008 ab.

5

Die dagegen eingelegten Einsprüche ruhten zunächst wegen beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängiger Verfahren. Nach den Urteilen des vorlegenden Senats vom 28. Juli 2011 VI R 38/10 (BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561) und VI R 7/10 (BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557) erhob der Kläger am 14. Dezember 2011 Untätigkeitsklage, weil das FA noch nicht über die Einsprüche entschieden hatte. Das FA wies sodann mit Einspruchsentscheidung vom 26. März 2012 die Einsprüche zurück.

6

Mit der dagegen erhobenen Klage brachte der Kläger im Wesentlichen vor, dass nach Auffassung des BFH auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen seien. Die als Reaktion auf diese Rechtsprechung in das Gesetz eingefügten §§ 4 Abs. 9 und 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592), die rückwirkend für offene Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden seien, verstießen als unzulässige echte Rückwirkung gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

7

Das FG hat mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 433 veröffentlichten Gründen die Klage abgewiesen. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten seien gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Die --dem Grunde und der Höhe nach unstreitig entstandenen-- Aufwendungen hierfür seien daher nach §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keine abziehbaren Werbungskosten.

8

Die Neuregelung verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

9

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen (Verfassungs-)Rechts. § 9 Abs. 6 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG verstießen gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

10

Die Neuregelung verstoße schließlich auch gegen das Rückwirkungsverbot, da sie ab Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar sei; es liege insoweit eine echte Rückwirkung vor, weil die Neuregelung in tatsächlich und rechtlich abgeschlossene Geschehen eingreife. Zwingende Gründe des Gemeinwohls seien hierfür nicht ersichtlich.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Baden-Württemberg aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Verluste der Streitjahre 2007 und 2008 im beantragten Umfang festzustellen.

12

Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

13

Das Urteil des FG entspreche der geltenden Rechtslage. Die streitigen Vorschriften seien nicht verfassungswidrig.

Entscheidungsgründe

14

B. Entscheidung des Senats

15

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

16

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

17

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

18

Nach einfachem Recht wäre die Revision unbegründet. Denn das FG hat zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung zum Berufspiloten nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind und daher auch nicht als verbleibender Verlustabzug auf den 31. Dezember 2007 und auf den 31. Dezember 2008 festzustellen sind.

19

Sollte § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dagegen verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers begründet. Die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Ausbildung zum Berufspiloten wären dann als vorweggenommene Werbungskosten für seine ab Januar 2009 aufgenommene Tätigkeit als Berufspilot im vom FG festgestellten Umfang zu berücksichtigen. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

20

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

21

II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

22

1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

23

Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

24

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

25

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

26

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

27

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

28

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

29

2. Die Rechtsentwicklung

30

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

31

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403) zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

32

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

33

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

34

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

35

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

36

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

37

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

38

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

39

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

40

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

41

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

42

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

43

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

44

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

45

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

46

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

47

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

48

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

49

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15. September 2011 VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26).

50

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

51

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

52

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

53

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

54

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

55

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

56

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

57

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

58

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

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2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

60

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

61

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

62

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

63

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

64

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

65

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

66

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

67

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

68

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

69

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

70

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

71

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

72

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

73

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

74

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

75

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

76

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

77

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

78

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

79

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

80

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

81

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

82

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

83

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

84

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

85

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

86

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

87

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

88

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

89

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

90

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

91

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

92

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

93

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

94

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

95

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

96

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

97

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

98

Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

99

d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

100

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

101

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

102

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

103

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

104

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG, vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359; Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

105

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

106

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

107

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

108

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

109

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

110

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

111

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

112

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

113

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

114

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

115

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

116

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

117

IV. Verfassungskonforme Auslegung

118

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

119

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.

Tatbestand

1

A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts --FG-- und Vortrag der Beteiligten)

2

Streitig ist, ob Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen sind.

3

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) vereinbarte mit der X-GmbH Anfang August 2003 einen Schulungsvertrag über seine fliegerische Grundschulung zum Verkehrsflugzeugführer als seine erstmalige Berufsausbildung nach den Standards der X-AG. Die X-AG trug die Kosten der Schulung zum Verkehrsflugzeugführer, der Kläger musste daran allerdings einen Eigenanteil von 40.903 € leisten, der zwölf Monate nach Schulungsbeginn fällig wurde. Während der Schulung hatte der Kläger mit Ausnahme eines Zuschusses zur Kantinenverpflegung von der X-GmbH kein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen. Zur Finanzierung des Eigenanteils hatte die X-AG Anfang August 2003 dem Kläger ein Darlehen über 40.903 € zugesagt, das bei Fälligkeit des Eigenanteils im August 2004 dafür verwendet wurde. Bis zum Beginn eines Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer im X-Konzern war das Darlehen zins- und tilgungsfrei. Schließlich sah der Schulungsvertrag vor, dass dem Kläger nach erfolgreicher Schulung entweder bei der X-AG oder einer unter den Konzerntarifvertrag für das Cockpitpersonal fallenden Gesellschaft ein Arbeitsplatz angeboten werde. Im Juli 2006 bot die X-AG dem Kläger einen Arbeitsplatz an.

4

Der Kläger machte mit seiner Einkommensteuererklärung für 2004 die von ihm getragenen Schulungskosten von 40.903 € sowie die Fahrtkosten von rund 120 € als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Er vertrat die Auffassung, dass zwischen ihm und der X-AG ein Ausbildungsdienstverhältnis i.S. von § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592) entsprechend dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) in der für das Streitjahr (2004) gültigen Fassung begründet worden sei, zumal auch die Zinsfreiheit des Darlehens sowie die verbilligte Beköstigung als geldwerte Vorteile/Sachbezüge unstreitig der Lohnsteuer zu unterwerfen seien.

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte im Einkommensteuerbescheid für 2004 die Einkommensteuer auf 0 € fest; er berücksichtigte dabei die Schulungskosten nur als Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von 4.000 €. Den Abzug der geltend gemachten Schulungskosten als Werbungskosten lehnte er ab, weil die Schulung weder ein Zweitstudium noch ein Ausbildungsdienstverhältnis sei. Weiter stellte das FA mit Bescheid über die gesonderte Feststellung den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 2004 in Höhe von 3.376 € fest; Grundlage dafür waren negative Einkünfte aus dem Veranlagungszeitraum 2003.

6

Der Kläger machte dagegen im Einspruchsverfahren im Ergebnis erfolglos geltend, dass angesichts des Schulungs- und Darlehensvertrags sowie der Rechnung über die Schulungskosten die steuerlichen Voraussetzungen für ein Ausbildungsdienstverhältnis vorlägen.

7

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von 44.483 €, die sich im Wesentlichen aus den Schulungskosten in Höhe von 40.903 €, aus Verpflegungsmehraufwand durch den Schulungsaufenthalt in den USA in Höhe von 3.240 € sowie aus geschätzten Telefonkosten in Höhe von 120 € und geschätzten sonstigen Nebenkosten in Höhe von 100 € zusammensetzten. Der Kläger machte insbesondere geltend, dass ein Ausbildungsdienstverhältnis vorliege, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 2011 VI R 8/09 (BFH/NV 2011, 2038) in einem annähernd identischen Streitfall die Kosten zur Ausbildung als Berufspilot als Werbungskosten abziehbar gewesen seien sowie dass die durch das BeitrRLUmsG geschaffenen Neuregelungen gegen das objektive Nettoprinzip verstießen.

8

Das FG hat aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1995 veröffentlichten Gründen die Klage abgewiesen.

9

Das FA habe die Änderung der Feststellung hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu Recht abgelehnt. Die Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung zum Berufspiloten im Veranlagungszeitraum 2004 seien gemäß § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 i.V.m. § 52 Abs. 23d, Abs. 30a EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig. Die Ausbildung finde nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt. Die gesetzlichen Neuregelungen verstießen auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

10

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung materiellen (Verfassungs)Rechts. Er trägt vor, entgegen der Auffassung des FG liege im Streitfall ein Ausbildungsdienstverhältnis vor, und begründet dies im Einzelnen. Die gesetzlichen Neuregelungen verstießen überdies gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und gegen das objektive Nettoprinzip.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Schleswig-Holstein aufzuheben und den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 dahin abzuändern, dass ein Verlustvortrag in Höhe von 47.859 € festgestellt wird.

12

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Zur Begründung nimmt das FA in vollem Umfang auf das Urteil des FG Bezug.

Entscheidungsgründe

14

B. Entscheidung des Senats

15

Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) geboten.

16

Der Senat ist davon überzeugt, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise mindern.

17

I. Beurteilung am Maßstab des einfachen Rechts und Entscheidungserheblichkeit

18

Nach einfachem Recht müsste die Revision des Klägers zurückgewiesen werden. Denn das FG hat zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für dessen Ausbildung zum Berufspiloten nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind und daher auch nicht den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2004 erhöhen.

19

Der Kläger absolvierte die Ausbildung zum Berufspiloten als seine erstmalige Berufsausbildung auch nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger ein zinsfreies Darlehen und eine verbilligte Verköstigung hat in Anspruch nehmen können. Das FG hat insoweit zutreffend entschieden, dass nach § 1 Abs. 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Typische von der Rechtsprechung anerkannte Ausbildungsdienstverhältnisse liegen etwa bei Finanzanwärtern, Rechtsreferendaren, Lehramtskandidaten und Zeitsoldaten vor. Charakteristisch dafür ist, dass Gegenstand des Dienstverhältnisses die Berufsausbildung ist, dass die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die ihn der Arbeitgeber bezahlt, die Teilnahme an Berufsausbildungsmaßnahmen umfasst und die Verpflichtung zur Teilnahme an der beruflichen Ausbildung oder zum Studium Gegenstand eines entgeltlichen Dienstverhältnisses ist. Die an diesem Rechtsmaßstab ausgerichtete Würdigung des FG, dass angesichts dieser Voraussetzungen kein Ausbildungsdienstverhältnis vorliege, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt für die Erwägung des FG, dass weder mit dem Schulungsvertrag noch mit dem Darlehensvertrag ein Dienstverhältnis begründet worden sei, ebenso wie für die, dass weder ein Arbeitsvertrag geschlossen noch eine Einstellung oder eine Vergütung vereinbart worden sei; zu Recht hat das FG schließlich den Umstand herangezogen, dass der Kläger auch keine Arbeitskraft geschuldet, keinen Arbeitslohn bezogen habe und kein Arbeitnehmer geworden sei. Zutreffend verweist zuletzt das FG auf den vertraglich ausdrücklich festgehaltenen Umstand, dass dem Kläger erst nach erfolgreichem Abschluss der Schulung ein Beschäftigungsverhältnis im Konzern angeboten werde, und darauf, dass sich insoweit der Streitfall von Fällen unterscheide, in denen für einen Teil der Ausbildung keine Vergütung gezahlt werde.

20

Sollte § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dagegen verfassungswidrig sein und für nichtig erklärt werden, wäre die Revision des Klägers begründet. Die dem Kläger entstandenen Kosten für seine Ausbildung zum Berufspiloten wären dann als vorweggenommene Werbungskosten für seine ab Juli 2006 in Aussicht genommene Tätigkeit als Berufspilot zu berücksichtigen. Aber auch dann, wenn das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen, dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere Regelung schaffte.

21

Angesichts dessen ist die Entscheidung des vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber möglichen Entscheidungsvarianten den --bis dahin weiter ausgesetzten-- Prozess in Richtung einer für den betroffenen Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst. Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655; vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, m.w.N.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

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II. Die im Streitfall maßgeblichen Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung

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1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften

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Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.

25

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§ 10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 € im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab 2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.) waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4.000 € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.

26

Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach § 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:

27

"Soweit in den §§ 9c, 10 Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

28

§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:

29

"Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden

1. ...
5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden."

30

2. Die Rechtsentwicklung

31

§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und Ausbildungskosten andererseits.

32

a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 zwischen den als Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen Beruf.

33

Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden, damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen kann.

34

Berufsausbildungskosten wurden dagegen angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu wechseln. Derartige Aufwendungen stünden --so die damalige Rechtsprechung-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei --ohne weitere Begründung-- davon ausgegangen, dass "die Erlangung der für den Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört, die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig sind" (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24. Juni 1937 IV A 20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning, Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68 ff.).

35

Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen werde damit eine andere (höherrangige) berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe. Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines akademischen Grades oder des Titels "graduiert" abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden (Senatsurteil vom 23. August 1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II 1979, 773).

36

In der praktischen Anwendung führten diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium (Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen Berufstätigkeit angestrebten "Spezialisierung", wenn etwa der Humanmediziner Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden (Senatsurteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965), oder der Diplom-Bauingenieur Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19. Juni 1997 IV R 4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239).

37

Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten, nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten. Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt, die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, m.w.N.; ausführlich zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).

38

b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe. Insbe-sondere würden den mittlerweile eingetretenen tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Schließlich führe die Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.

39

c) Der Senat änderte beginnend mit dem Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 diese Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf die Erzielung von Einkünften gerichtete Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). In einem weiteren Urteil entschied dann der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27. Mai 2003 VI R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202). Diese Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764). Danach waren die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884; VI R 58/02, juris).

40

Der Senat begründete die Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten enthalte.

41

Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Nach dem Gesetz habe der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, unter II.3.).

42

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges (BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.

43

Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F., der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.

44

Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht § 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringe.

45

Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom 8. Juli 1993  2 BvR 773/93 (Die Information --INF-- 1993, 549, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar erklärt. Die Entscheidung enthalte aber --entsprechend der Aufgabenstellung des BVerfG-- keine Aussage zur Auslegung des einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf. Daher sei es "zweifelhaft, ob früher getroffene höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden können" (Beschluss vom 22. Mai 1984  1 BvR 523/84, INF 1984, 406).

46

d) Das AOÄndG vom 21. Juli 2004 führte § 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1. Januar 2004 (Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. € gerechnet (BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks 15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002 zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen Befähigung sollten allerdings den Kosten der Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).

47

aa) Streitfälle zur Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 (BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), VI R 31/07 (BFH/NV 2009, 1797), VI R 79/06 (juris), VI R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796) und VI R 49/07 (BFH/NV 2009, 1799).

48

Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden (Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816). Denn nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind", so dass der Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten. § 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten Sphäre entstamme.

49

§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten "Neuordnung" der Ausbildungskosten habe maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien, die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinde.

50

bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs unberührt ließen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 38/10, BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561). Demnach könnten Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab entstandenen Werbungskosten führen (Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557), wie etwa Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15. September 2011 VI R 15/11, BFH/NV 2012, 27) und Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Urteile vom 28. Juli 2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19; vom 15. September 2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26).

51

(1) Der Senat begründete dies im Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561, Rz 13 ff.). Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a,... §§ 33... nichts anderes bestimmt ist". § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.

52

(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer Betracht (Birk, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 65, 71; Reiß, Finanz-Rundschau --FR-- 2011, 863, 864; Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler, FR 2011, 862).

53

e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert.

54

Unter Bezugnahme auf die öffentliche Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des Finanzausschusses vom 21. September 2011 sowie auf ein nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des Finanzausschusses vom 24. Oktober 2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3 ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. € zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 € auf 6.000 € angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).

55

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

56

Nach Überzeugung des Senats verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen Gebots der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis 4.).

57

Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist (5.).

58

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV 2006, Beilage 4, 481, ständige Rechtsprechung). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8. Juni 2004  2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; in BVerfGE 116, 164, <180>).

59

Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2/07, 1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233>; BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; jeweils m.w.N.).

60

2. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den (privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind, danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben, Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage (klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche Lebensführungskosten, "die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen".

61

a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in § 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23. Januar 1990  1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237>, BStBl II 1990, 483; vom 4. Dezember 2002  2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, <48>, BStBl II 2003, 534, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. November 1998  2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290>, BStBl II 1999, 502; in BVerfGE 107, 27, <48>).

62

b) Für den Bereich des subjektiven Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>, m.w.N.). Wieweit über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48>). Jedenfalls hatte das BVerfG schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen Aufwendungen "berücksichtigen". Diese Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <48 f.>).

63

Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen "allgemeinen Kosten der Lebensführung" müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden, dass durch solche Aufwendungen die steuerliche Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies für die Ausbildungskosten für die Kinder des Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu übernehmen oder "wenigstens bei der Besteuerung der Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit anzuerkennen" (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27, <48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26. Januar 1994  1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307). Dies muss nach Auffassung des vorlegenden Senats erst recht für die eigenen Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.

64

Allgemein gilt: Für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49>).

65

3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber eröffneten Typisierungsbefugnis bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.

66

a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur --wie in § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt-- bei Aufwendungen für eine Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle Ausbildungen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für die Ausbildung zu einem "Beruf" sind geradezu prototypisch "beruflich" veranlasst.

67

b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <238 f.>, m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Bei diesen Wegekosten mag --jedenfalls bei typisierender Betrachtung-- die berufliche Mitveranlassung umso stärker zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.

68

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die --wie regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium-- erkennbar keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

69

aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Denn in solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

70

bb) Dieser berufliche Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15. November 2005 IX R 3/04, BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258; vom 28. März 2007 IX R 46/05, BFH/NV 2007, 1490; Einkünfte aus Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254). Bei Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19. Februar 2009 IV R 18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654; vom 18. August 2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).

71

Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30. September 1998  2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, <95>, m.w.N.). Die Versagung eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar (Urteil des vorlegenden Senats vom 18. April 1996 VI R 75/95, BFHE 180, 349, BStBl II 1996, 529). Das geltende Recht unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.

72

Unabhängig von der jeweils betroffenen Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn "gleichsam ins Blaue hinein" studiert wird (Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden können (Urteil vom 26. Januar 2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349; Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056).

73

c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen Berufsausbildung --sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form des Erststudiums-- einerseits und nachfolgenden Ausbildungen andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus. Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen, geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte Berufsausbildung stets einen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt damit --insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht-- beruflich veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals getätigt wird.

74

aa) Die derart typisierende Regelung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>).

75

bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet. Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne Dienstverhältnis.

76

Die Literatur wendet daher auch ein, dass die Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das Erststudium als Lebensführungskosten "zum besseren Durchstehen des Lebenskampfes" qualifiziert worden seien (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97, 101, "Wiederbelebung der Lebenskampfthese"; Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 8 Rz 264).

77

(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll das Abzugsverbot "die Grundentscheidung des Gesetzgebers" verdeutlichen, dass die erste Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten begründet, sondern vielmehr mit den "Grundsätzen des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung unterliegen" (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch damit erklärt wird, dass der "Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln", bleibt die Grundlage für diesen "typischerweise nicht hinreichend konkreten" Veranlassungszusammenhang offen. Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite, dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O., S. 224).

78

(2) Die vermeintliche Typik eines nicht hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten für diese dort --im Rahmen des Dienstverhältnisses-- ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339, 11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen Gründen die so wesentliche private Veranlassung der Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S. 224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2007, 3, 12 f.).

79

(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen könne, sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14. Dezember 2011  14 K 4407/10 F, EFG 2012, 686, Vorentscheidung im Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom 20. Dezember 2011  5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612; ebenso BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232>). Dieser typische maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten stünden regelmäßig noch nicht im direkten Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern dienten losgelöst von einem späteren Anstellungsverhältnis zunächst primär der individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer "Ausbildung", nimmt tatsächlich gegebene Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte, einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens "schwerpunktmäßig" veranlasst (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang "ausblendet", um ein gewünschtes Ergebnis zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).

80

(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale "erstmalige Berufsausbildung", "Erststudium", "im Rahmen eines Dienstverhältnisses" schon für sich weiteren Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der späteren, der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508). Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits, wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012, 486, 491).

81

Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu berücksichtigen, dass auch eine angestrebte Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen (vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht zugrunde gelegt.

82

(5) Im Ergebnis genügt damit die Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen. Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen einer möglichen "Hinwegtypisierung" sind damit überschritten.

83

(6) Die Verfassungsmäßigkeit der mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2. März 1993 VI B 126/92, der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b BVerfGG i.d.F. vom 12. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt, so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen den --als Werbungskosten abziehbaren-- Berufsfortbildungskosten und den --als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren-- Berufsausbildungskosten nicht die gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt (ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer "Beruf" im Sinne der bisherigen Rechtsprechung anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984, 406).

84

Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Neuregelungen über den Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778). Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische Beträge nach Kassenlage zu normieren.

85

cc) Ausweislich der Begründung im Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und dessen "Klarstellung" durch § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.). Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR 2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen. Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher --wie oben ausgeführt-- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat.

86

dd) Verbleibt als Regelungszweck allein, Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der Einnahmenvermehrung letztlich jede --auch eine willkürliche-- steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller Leistungsfähigkeit enthält allein dieser Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <233>). Deshalb kann jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks 17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG, dessen "Klarstellung" § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks 17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei (so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101 f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders. in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).

87

4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung einfachrechtlich durch "Hinwegtypisierung" aus dem Anwendungsbereich des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit.

88

Denn gemessen an den vorstehend dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b) gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.

89

a) Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008  2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125), so dass der Steuerpflichtige nicht auf das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand für die eigene, auf --künftige-- Existenzsicherung gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden. Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen, die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87>, BStBl II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7. Juli 1992  1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1, <38>; BVerfG-Beschluss vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170>, BStBl II 1993, 413). Denn was für die Ausbildungskosten der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534; in BVerfGE 89, 346, <354 f.>, BStBl II 1994, 307), muss erst recht für die Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach gelten.

90

Selbst wenn die Aufwendungen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210) als gemischt --nämlich sowohl beruflich als auch privat-- veranlasst zu qualifizieren wären oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten, können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig "hinwegtypisiert" werden, wie die Belastung durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <241>, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, <234 f.>, m.w.N.).

91

b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass existenznotwendiger Aufwand in angemessener, realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125; vom 16. März 2005  2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268; vom 10. November 1998  2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984  1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223>, BStBl II 1984, 357; vom 17. Oktober 1984  1 BvR 527/80, 1 BvR 528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82, 60, <88>, BStBl II 1990, 653). Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf --realitätsgerecht-- zu bemessen. Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls realitätsgerecht zu bemessen.

92

c) Der von Verfassungs wegen gebotenen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000 €/6.000 € die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs, sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist, der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen, regelmäßig --noch-- keine eigenen Einkünfte erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.

93

aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand, um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat (mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit, dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten, steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte (BVerfG-Beschluss vom 19. Februar 1991  1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395). Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung führen (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08, BFHE 227, 137, BStBl II 2010, 282 zur Einordnung der Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz ihres Werbungskostencharakters).

94

bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den Erwerbsaufwendungen zählen, die zu berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet, diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert, nicht.

95

(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Er hat dies ausdrücklich damit begründet, "der geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung zu tragen" (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen neuerdings verstärkt erhobene Studien- und Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der auf 6.000 € angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen die Möglichkeit geben soll, "die höheren Kosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten" (so BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers, dass "Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzliche Berücksichtigung finden". Jedes erste Studium sollte danach "steuerlich wirksam werden". Den Anforderungen des modernen Berufslebens sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten künftig bis zu einem Betrag von 4.000 € abgezogen werden könnten; damit würden Ausbildungs– oder Studiengänge mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder Studiengebühren und Lernmittel angemessen berücksichtigt.

96

(2) Der Regelungszweck der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand einkom-mensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 € auf 6.000 € lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio. € auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10 000 Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).

97

(3) Die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich, in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig über eigene Einkünfte verfügen, können ihre Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste feststellen lassen. Zum anderen führt die Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen Grenzsteuersatz.

98

(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR 2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des Höchstbetrags auf 4.000 € erscheine zwar auf den ersten Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S. 226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung und Einkommensteuerrecht, S. 84).

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Im Ergebnis wäre ein solcher Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte. Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich entstandener Aufwendungen.

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d) Die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € als Sonderausgaben --ebenso wenig der Ausschluss als Werbungskosten-- genügt auch nicht etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10; ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 164). Denn ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413), können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie Förderleistungen die grundsätzlich gegebene Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt, realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen. Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3 EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153,<176>, BStBl II 1993, 413). Vergleichbar damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf; sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb lässt sich der Ausschluss des veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser Anspruch geht in zahlreichen Fällen --insbesondere bei teuren Ausbildungen-- ins Leere.

101

In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723; ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz, FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485 ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301) wurde ebenso wie sodann auch in der Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.). Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen werden und künftig gewährleistet ist, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt werden.

102

e) Im Lichte der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.

103

5. Die Neuregelungen zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstößt.

104

a) Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt BVerfG-Beschluss vom 17. Dezember 2013  1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2014, 359). Danach ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, m.w.N.).

105

b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor, wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, <18 f.>, BStBl II 2011, 76; vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319>, BStBl II 2012, 932). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen waren, und ändert nachträglich die entstandene Einkommensteuerschuld.

106

c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008 liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.

107

aa) Ausgehend davon, dass das Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359, Rz 64 ff., m.w.N.).

108

Typisierte Formen eines solchen fehlenden Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird.

109

bb) Nach Auffassung des Senats entfällt vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2. Mai 2012  2 BvL 5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.

110

(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre 2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).

111

(2) Seit dem Urteil vom 4. Dezember 2002 in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 entsprach es zwar einer gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c; Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 zur erstmaligen Berufsausbildung in Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit dem AOÄndG vom 21. Juli 2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen.

112

(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18. Juni 2009 in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung seien "im Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder". Unter Berücksichtigung einer "hiernach gebotenen verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet" (Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797, II.2.d). Angesichts dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung des Senats durch die Urteile vom 18. Juni 2009 konnte sich bei den Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des vorlegenden Senats vom 18. Juni 2009 verwiesen. Die Urteile belegten eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen habe (BTDrucks 17/7524, 16).

113

(4) Diese Einschätzung gilt nach Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 und in BFH/NV 2009, 1797 ausdrücklich daran festgehalten worden war, dass für den Abzug der Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig. Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.

114

(5) Schließlich lässt sich ein von Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 zur Reichweite des Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich veröffentlichten Urteils lautet: "§ 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen." Angesichts dessen kommt es nicht mehr darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen oberster Gerichte --trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts-- ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).

115

Entsprechendes gilt für den Umstand, dass eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771; Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038; Ehehalt, Der Betrieb 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007, 882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab, a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer, a.a.O., S. 405).

116

Soweit der vorlegende Senat schließlich mit Urteilen vom 28. Juli 2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten (dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der geänderten langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7. Dezember 2011 und schloss den Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165, Rz 17 f.

117

cc) Angesichts dessen lässt der vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen, FR 2012, 501, 504 f.).

118

IV. Verfassungskonforme Auslegung

119

Nach Auffassung des vorlegenden Senats scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte, kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005  2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).

120

Der vorlegende Senat sieht schon angesichts des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb), nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium vom Abzug ausschließe. Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben– sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände: § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben von 4.000 € auf 6.000 € anhebt (BTDrucks 17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von über 1 Mrd. € war schließlich auch ausweislich der Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden Senats aus.