Finanzgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Dez. 2014 - 11 V 3050/14 A (BG)
Tenor
Der Einheitswertbescheid für die wirtschaftliche Einheit A vom 09.04.2014 über die Ablehnung einer Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 wird bis einen Monat nach Zugang einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung mit der Maßgabe von der Vollziehung ausgesetzt, dass vorläufig für das Grundstück auf den 01.01.2014 von einem Einheitswert in Höhe von 767.412,00 € auszugehen ist.
Soweit der Einheitswertbescheid zwischenzeitlich vollzogen worden ist, wird die Vollziehung insoweit aufgehoben, als die Vollziehung von einem höheren Einheitswert als 767.412,00 € Euro ausgegangen ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
1
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin hat die wirtschaftliche Einheit A durch notariell beurkundeten Vertrag vom ….2013 von der B-GmbH zu einem Kaufpreis von 1.487.500,00 € käuflich erworben.
4Für die wirtschaftliche Einheit (damals noch mit einer geringeren Grundstücksgröße) hatte der Antragsgegner mit bestandskräftigem Wert- und Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 29.12.2010 auf den 01.01.2011 den Einheitswert im Sachwertverfahren i.H.v. 1.517.412,00 € festgestellt.
5Nach Erwerb durch die Klägerin erließ der Antragsgegner einen Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 09.04.2014 gegenüber der Antragstellerin und wies hierin auf unverändert weiter geltende Feststellungen zur Grundstücksart und zur Höhe des Einheitswertes (1.517.412,00 €) hin.
6Mit einem zweiten Bescheid vom 09.04.2014 lehnte der Antragsgegner eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 ab, weil die Fortschreibungsgrenzen nicht erreicht bzw. nicht überschritten würden.
7Mit am gleichen Tage beim Antragsgegner eingegangenem Schreiben vom 22.04.2014 hat die Antragstellerin eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung beantragt. Es handele sich um ein Geschäftsgrundstück, hierfür sei das Ertragswertverfahren anzuwenden. Nach den vorliegenden Unterlagen sei jedoch im Sachwertverfahren bewertet worden. Vorsichtshalber werde Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen seien zum 01.01.2014 81,4 % der vermietbaren Bürofläche vermietet; die restlichen Flächen stünden zur Vermietung zu vergleichbaren Konditionen bereit. § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG könne daher offensichtlich nicht zutreffen.
8Der Antragsgegner hat dem entgegengehalten, es handele sich hier nicht um ein einfaches Bürogebäude, sondern um ein Verwaltungsgebäude mit außergewöhnlich repräsentativer Darstellung mit Lichthöfen, offenen Übergängen, künstlerischen und gestalterischen Gegenständen, offenen Galerien und großen Fensterflächen. Für das Geschäftsgrundstück könne weder die gewählte Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden. Die Bewertung sei daher nach § 76 Abs. 3 S. 2 BewG korrekt im Sachwertverfahren durchgeführt worden. Der Einheitswert sei bereits mit Bescheid vom 29.12.2010 bestandskräftig festgestellt worden, so dass er nicht mehr angefochten werden könne. Eine Aussetzung der Vollziehung komme aus den dargelegten Gründen auch nicht in Betracht.
9Über den eingelegten Einspruch ist bislang nicht entschieden worden.
10Die Antragstellerin begehrt nunmehr beim Gericht die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung des festgesetzten Einheitswertes.
11Bei der Immobilie handele es sich um ein Geschäftsgrundstück mit Büroeinheiten, die variabel entsprechend den Bedürfnissen der Mieter zusammengestellt werden könnten. Die erworbene Immobilie habe 93 Büroeinheiten, von denen zum Jahreswechsel 2013/2014 74 vermietet seien (rund 80 % entsprechend der beigefügten Anlage). Damit seien von 3.675,61 m² Gesamtfläche 2.582,14 m² vermietet, also unter Berücksichtigung der nicht vermietbaren Gemeinschaftsflächen rund 70 %.
12Die Büros seien an 34 verschiedene Mieter vermietet. Von insgesamt 123 Stellplätzen könnten 53 nicht vermietet werden, weil sie nicht für eine Vermietung aufbereitet seien. Vom Rest (70 Stellplätze) seien 57 vermietet, also rund 80 %.
13Es handele sich um ein Geschäftsgrundstück, dafür sehe § 76 Abs. 1 BewG die Bewertung im Ertragswertverfahren vor. Bei vermieteten Räumen ergebe sich die Jahresrohmiete aus der vereinbarten Miete, dies betreffe über 70 % der vermieteten Flächen mit 34 Mietern. Bei den (noch) unvermieteten Räumen sei die übliche Miete anzusetzen, diese könne unschwer aus den 34 Vergleichsobjekten im selben Hause abgeleitet werden. Die alternative Bewertung im Sachwertverfahren, so wie bisher vom Antragsgegner vorgenommen, komme nur dann zum Tragen, wenn weder die Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden könne. Ein solcher Fall liege, wie vorstehend ausgeführt, jedoch nicht vor. Auch die nicht vermieteten Flächen stünden praktisch ausschließlich zur Büronutzung durch Dritte zur Verfügung. Damit handele es sich in vollem Umfang um ein Bürohaus.
14Die Bewertung sei auf den 01.01.1964 vorzunehmen, was das über einschlägige Sammlungen von Mietwerten verfügende Finanzamt ohne Probleme bewerkstelligen könnte.
15Solch einen Fundus habe die Antragstellerin nicht. Sie sei auch nicht in der Lage, aus den aktuell anfallenden Mieten auf die für den 01.01.1964 maßgeblichen Mieten zu schließen. Deshalb habe sie den Einheitswert in der beigefügten Anlage auf 440.061,73 € geschätzt.
16Der Antragstellerin komme es allerdings nicht darauf an, dass der von ihr berechnete Wert eingesetzt werde. Es gehe ihr vielmehr darum, das Finanzamt endlich zu gesetzlichem Handeln zu bewegen. Deshalb habe sie im Eilverfahren nur eine Herabsetzung des Einheitswerts um 750.000 € beantragt, so dass vorläufig weiterhin 767.412,00 € (1.517.412,00 € laut Bescheid vom 09.04.2014 abzgl. 750.000,00 €) angesetzt bleiben könnten.
17Der vom Antragsgegner in der bisherigen Höhe festgesetzte Einheitswert auf den 01.01.2014 sei auch verfassungswidrig festgesetzt.
18Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
19den Einheitswertbescheid für die wirtschaftliche Einheit A vom 09.04.2014 über die Ablehnung einer Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 bis einen Monat nach Zugang einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung mit der Maßgabe von der Vollziehung auszusetzen, dass vorläufig für das Grundstück A auf den 01.01.2014 von einem Einheitswert in Höhe von 767.412,00 € auszugehen ist und,
20soweit der Bescheid bereits vollzogen ist, insoweit die Vollziehung aufzuheben;
21hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.
22Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
23den Antrag abzuweisen.
24Die Antragstellerin habe im … 2013 ein Grundstück von insgesamt 10.194 m² erworben. Das Grundstück sei mit Gebäuden einer ehemaligen Schachtanlage bebaut. Diese seien nach Schließung des Schachtes einer anderen Nutzung (Verwaltungsgebäude) zugeführt worden. Zugleich mit der Zurechnungsfortschreibung für den Verkauf sei eine Wertfortschreibung geprüft worden, da bei dem bisherigen Eigentümer eine andere Grundstücksgröße bewertet war.
25Bei Geschäftsgrundstücken im Sinne des § 75 Abs. 3 BewG sei der Einheitswert nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BewG regelmäßig im Ertragswertverfahren zu ermitteln.
26Bürohäuser seien nüchterne Zweckgebäude, die unter Verzicht auf jegliche Sonderausstattung gebaut würden. Nach § 76 Abs. 3 BewG sei jedoch für solche Gruppen von Geschäftsgrundstücken oder in solchen Einzelfällen bebauter Geschäftsgrundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch eine übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden könne, das Sachwertverfahren anzuwenden.
27Bei dem hier zu beurteilenden Gebäude handele es sich um den seltenen Fall umgebauter und modernisierter Zweckgebäude ehemaliger Bergwerksanlagen. Die Anordnung des Modernisierungsplanes des damaligen Architekten mit den künstlerischen und gestalterischen Gegenständen, offenen Übergängen, offenen Galerien, großen Fensterflächen, Lichthöfen und die Einbeziehung eines Restaurantbetriebs innerhalb eines besonderen Gewerbegebietes sei kein nüchterner Zweckbau, der allein aus ertragsorientierten Gesichtspunkten modernisiert worden sei.
28Diese Feststellung habe bereits der Bausachverständige des Finanzamtes bei einer Ortsbesichtigung am 11.02.2003 getroffen. In dem Verfahren beim Finanzgericht Düsseldorf betreffend den Einheitswertbescheid auf den 01.01.2002 seien die Bewertungsgrundlagen festgelegt worden. Dabei habe das Finanzgericht ebenfalls das Sachwertverfahren zugrundegelegt.
29II.
30I. Bei verständiger Würdigung des Antragsbegehrens geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin mit ihrem Einspruch nur den zweiten Einheitswertbescheid vom 09.04.2014 angefochten hat, nach dem eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 nicht in Betracht kommt, weil die Grenzen des § 22 BewG nicht erreicht bzw. nicht überschritten werden. Über diesen Einspruch, der infolge des gestellten Antrages auf Wertfortschreibung auf eine Herabsetzung des Einheitswertes entgegen der Sachbehandlung durch das Finanzamt gerichtet ist, wird der Antragsgegner noch zu entscheiden haben. Da sich die Antragstellerin ersichtlich nicht gegen die zum 01.01.2014 vorgenommene Zurechnungsfortschreibung in dem weiteren Bescheid vom 09.04.2014 wendet, dürfte ein Einspruch gegen diesen Bescheid nicht eingelegt worden sein.
31II. Der unter obiger Auslegung des Einspruchsbegehrens dementsprechend auszulegende Antrag auf Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung des eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 ablehnenden Einheitswertbescheides vom 09.04.2014 ist begründet.
32Vorläufiger Rechtsschutz ist vor dem Hintergrund eines grundrechtskonformen effektiven Rechtsschutzes auch dann durch Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn eine Wertfortschreibung abgelehnt wird (BFH-Beschluss vom 10.04.1991 II B 66/89, BFHE 164, 101, BStBl. II 1991, 549 vergleiche auch noch BFH-Beschluss vom 24.04.1991, II B 185/90, BFH/NV 1991, 697 zur abgelehnten Artfortschreibung; ferner Gräber, 7. Auflage 2010, § 69 FGO Rn. 55 unter „Einheitswertbescheide“).
33Bei einem begründeten Antrag ist der Ablehnungsbescheid dann mit der Maßgabe von der Vollziehung auszusetzen, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache von einem Einheitswert in Höhe von X Euro ausgegangen wird (BFH-Beschluss vom 10.04.1991 II B 66/89 a. a. O.).
34Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfrage auslösen. Der Erfolg braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg. Es brauchen insbesondere nicht erhebliche Zweifel in dem Sinne zu bestehen, dass eine Aufhebung des Verwaltungsaktes mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs im summarischen Verfahren ebenso wenig auszuschließen ist, wie der Misserfolg (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 69 Rn. 89 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 S. 3 FGO).
351. Bei Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 09.04.2014.
36a) Infolge der wohl geänderten tatsächlichen Verhältnisse (nunmehr Vermietung an fremde Dritte zu Bürozwecken nach Schließung des Schachtanlagebetriebs) ist es durchaus möglich, dass das Gebäude nunmehr abweichend von den Verhältnissen zum 01.01.2002 (damaliges Klageverfahren vor dem Finanzgericht) im Ertragswertverfahren zu bewerten ist. Das Grundstück könnte ein Geschäftsgrundstück im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 2 BewG darstellen, dessen Wert im Ertragswertverfahren nach Maßgabe der §§ 78-82 BewG zu ermitteln ist.
37Die tatsächliche Vermietung des überwiegenden Anteils an der Gesamtfläche des Gebäudes an eine Vielzahl von Mietinteressenten spricht dafür, dass für das Grundstück eine Jahresrohmiete ermittelt und die übliche Miete geschätzt werden kann mit der Folge, dass entgegen der Ansicht des Antragsgegners eine Wertermittlung im Sachwertverfahren nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG zum Stichtag 01.01.2014 möglicherweise ausscheidet.
38b) Im Hinblick auf die Höhe des vorläufig zu Grunde zu legenden Einheitswertes ist ein Betrag i.H.v. 767.412,00 € anzusetzen.
39Der Senat folgt hier im Grundsatz der Berechnung der Antragstellerin (vergleiche hier die Anlage: „A Zusammenstellung“, Bl. 10 der FG Akte).
40Die dort von der Antragstellerin als Schätzwert angesetzten Mietwerte nach den Wertverhältnissen zum 01.01.1964 erscheinen nach den Erfahrungen des Senats zu Mietwerten im Hauptfeststellungszeitpunkt für Büro und Lagerflächen, Sonderflächen und Stellplatzflächen plausibel; einen möglicherweise genaueren Mietspiegel zum Hauptfeststellungszeitpunkt hat der Antragsgegner bisher nicht vorgelegt.
41Hinzu kommt, dass die Antragstellerin im Eilverfahren nicht den von ihr so errechneten Einheitswert i.H.v. 440.061,73 € zu Grunde gelegt wissen will, sondern nur einen deutlich höheren Einheitswert i.H.v. 767.412,00 € (= Wert laut Bescheid vom 09.04.2014: 1.517.412,00 € abzgl. 750.000,00 €), was einen Mietwert für Büroflächen (= im Streitfall hauptsächlich vermietete Flächen) von mindestens 2,30 €/m² (= 4,50 DM/m²) voraussetzt.
42Damit wird etwaigen Unsicherheiten zur Höhe der anzusetzenden Mietwerte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinreichend Rechnung getragen.
432. Auch wenn man in Übereinstimmung mit der Handhabung des Antragsgegners weiterhin das Sachwertverfahren als rechtmäßige Grundlage der Bewertung ansehen würde, ist eine Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung entsprechend dem gestellten Antrag geboten.
44Es bestehen nämlich in Bezug auf den Stichtag 01.01.2014 verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die der Einheitsbewertung zu Grunde liegenden Normen des Sachwertverfahrens und die Antragstellerin hat auch für diesen „atypischen“ Fall der Rechtswidrigkeit ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung des Ablehnungsbescheides.
45a) Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts, hat das Finanzgericht dessen Vollziehung im Regelfall auszusetzen.
46Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt werden. Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen (so BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 unter Hinweis auf BFH-Beschluss in BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454, unter III.).
47Ist dies der Fall, ist die Gewährung von Aussetzung der Vollziehung zwar nicht ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 25.08.2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826, m.w.N.). Sie setzt aber nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus (so BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 mit zahlreichen Nachweisen seiner ständigen Rechtsprechung).
48b)
49aa) Der BFH hat in Fällen, in denen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen, in verschiedenen Fallgruppen dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen den Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt, und zwar unter anderem dann, wenn der BFH die vom Kläger als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hatte (BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 11.06.2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663; vom 22.12.2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367; vom 30.11.2004 IX B 120/04, BFHE 208, 213, BStBl II 2005, 287, und vom 31.01.2007 VIII B 219/06, BFH/NV 2007, 914).
50bb) Diese besondere Fallgruppe liegt auch im Streitfall vor.
51Mit Beschluss vom 22.10.2014 II R 16/13 (Juris) hat der Bundesfinanzhof die im dortigen Streitfall anzuwendenden Vorschriften über die Einheitsbewertung (§§ 19 bis 21, 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 2 BewG, Art. 2 Absatz 1 S. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13.08.1965 in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes vom 22.07.1970) dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, weil er davon überzeugt ist, dass diese Bestimmungen am Stichtag 01.01.2009 nicht mehr den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen haben.
52Der Senat schließt sich im hier zu entscheidenden Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung vollinhaltlich dem Vorlagebeschluss des BFH an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Mit den zur Prüfung vorgelegten Vorschriften der §§ 19-21 BewG wird zwangsläufig auch das im jetzigen Streitfall angewendete Sachwertverfahren nach § 76 Abs. 3 i.V.m. §§ 83-90 BewG erfasst (vergleiche hierzu auch die eingehenden Ausführungen des BFH im Vorlagebeschluss). Was für den Stichtag 01.01.2009, gilt erst recht für den Stichtag 01.01.2014.
53Auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO dies bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht voraussetzt, liegt jedenfalls im Streitfall ein besonders berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor, das die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung selbst unter Zugrundelegung der restriktiven BFH-Rechtsprechung bei verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der der Bewertung zu Grunde liegenden Gesetzesnormen rechtfertigt.
54Die vom BFH vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebotes im Sinne von Art. 3 GG zu Recht als wesentlich festgestellten Wertverzerrungen bei der Einheitsbewertung im Sachwertverfahren aufgrund des zum Bewertungsstichtag 50 Jahre andauernden Hauptfeststellungszeitpunktes zeigen sich im vorliegenden Fall besonders deutlich. Das Sachwertverfahren führte schon nach älteren Feststellungen der Bundesregierung teilweise zu Werten, die um mehr als 100 % über den Werten des Ertragswertverfahrens liegen, (vergleiche dazu Jakob, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, BMF Schriftenreihe, Bd. 48, 1992 Seite 65, zitiert im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91 zur Verfassungswidrigkeit der ungleichen Besteuerung des einheitsbewerteten und des zu Gegenwartswerten erfassten Vermögens bei Vermögen- und Erbschaftssteuer, Juris).
55Im Streitfall hat die Anwendung des Sachwertverfahrens auf das nach Aktenlage mit einem Gebäude Baujahr 1954 bebaute Grundstück zu einem Einheitswert geführt, der mit 1.517.412,00 € sogar gut 2 Prozent über dem im … 2013 vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 1.487.500,00 € liegt, wobei dieser Kaufpreis nach dem glaubhaften Vorbringen der Antragstellerin unter Einschluss zahlreicher Inventargegenstände zustande gekommen ist. Dieser hohe im Wert verzerrte Einheitswert kommt insbesondere auch dadurch zu Stande, dass bei der Bewertung im Sachwertverfahren eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt nach § 85 S. 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.
563. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Düsseldorf Beschluss, 17. Dez. 2014 - 11 V 3050/14 A (BG)
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Wert des Grundstücks ist vorbehaltlich des Absatzes 3 im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 bis 82) zu ermitteln für
- 1.
Mietwohngrundstücke, - 2.
Geschäftsgrundstücke, - 3.
gemischtgenutzte Grundstücke, - 4.
Einfamilienhäuser, - 5.
Zweifamilienhäuser.
(2) Für die sonstigen bebauten Grundstücke ist der Wert im Wege des Sachwertverfahrens (§§ 83 bis 90) zu ermitteln.
(3) Das Sachwertverfahren ist abweichend von Absatz 1 anzuwenden
- 1.
bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach Absatz 1 zu bewertenden Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern unterscheiden; - 2.
bei solchen Gruppen von Geschäftsgrundstücken und in solchen Einzelfällen bebauter Grundstücke der in § 75 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Grundstücksarten, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 geschätzt werden kann; - 3.
bei Grundstücken mit Behelfsbauten und bei Grundstücken mit Gebäuden in einer Bauart oder Bauausführung, für die ein Vervielfältiger (§ 80) in den Anlagen 3 bis 8 nicht bestimmt ist.
(1) Bei der Bewertung bebauter Grundstücke sind die folgenden Grundstücksarten zu unterscheiden:
- 1.
Mietwohngrundstücke, - 2.
Geschäftsgrundstücke, - 3.
gemischtgenutzte Grundstücke, - 4.
Einfamilienhäuser, - 5.
Zweifamilienhäuser, - 6.
sonstige bebaute Grundstücke.
(2) Mietwohngrundstücke sind Grundstücke, die zu mehr als achtzig Prozent, berechnet nach der Jahresrohmiete (§ 79), Wohnzwecken dienen mit Ausnahme der Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser (Absätze 5 und 6).
(3) Geschäftsgrundstücke sind Grundstücke, die zu mehr als achtzig Prozent, berechnet nach der Jahresrohmiete (§ 79), eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.
(4) Gemischtgenutzte Grundstücke sind Grundstücke, die teils Wohnzwecken, teils eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser sind.
(5) Einfamilienhäuser sind Wohngrundstücke, die nur eine Wohnung enthalten. Wohnungen des Hauspersonals (Pförtner, Heizer, Gärtner, Kraftwagenführer, Wächter usw.) sind nicht mitzurechnen. Eine zweite Wohnung steht, abgesehen von Satz 2, dem Begriff "Einfamilienhaus" entgegen, auch wenn sie von untergeordneter Bedeutung ist. Ein Grundstück gilt auch dann als Einfamilienhaus, wenn es zu gewerblichen oder öffentlichen Zwecken mitbenutzt wird und dadurch die Eigenart als Einfamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
(6) Zweifamilienhäuser sind Wohngrundstücke, die nur zwei Wohnungen enthalten. Die Sätze 2 bis 4 von Absatz 5 sind entsprechend anzuwenden.
(7) Sonstige bebaute Grundstücke sind solche Grundstücke, die nicht unter die Absätze 2 bis 6 fallen.
(1) Der Wert des Grundstücks ist vorbehaltlich des Absatzes 3 im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 bis 82) zu ermitteln für
- 1.
Mietwohngrundstücke, - 2.
Geschäftsgrundstücke, - 3.
gemischtgenutzte Grundstücke, - 4.
Einfamilienhäuser, - 5.
Zweifamilienhäuser.
(2) Für die sonstigen bebauten Grundstücke ist der Wert im Wege des Sachwertverfahrens (§§ 83 bis 90) zu ermitteln.
(3) Das Sachwertverfahren ist abweichend von Absatz 1 anzuwenden
- 1.
bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach Absatz 1 zu bewertenden Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern unterscheiden; - 2.
bei solchen Gruppen von Geschäftsgrundstücken und in solchen Einzelfällen bebauter Grundstücke der in § 75 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Grundstücksarten, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 geschätzt werden kann; - 3.
bei Grundstücken mit Behelfsbauten und bei Grundstücken mit Gebäuden in einer Bauart oder Bauausführung, für die ein Vervielfältiger (§ 80) in den Anlagen 3 bis 8 nicht bestimmt ist.
(1) Jahresrohmiete ist das Gesamtentgelt, das die Mieter (Pächter) für die Benutzung des Grundstücks auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten haben. Umlagen und alle sonstigen Leistungen des Mieters sind einzubeziehen. Zur Jahresrohmiete gehören auch Betriebskosten (z. B. Gebühren der Gemeinde), die durch die Gemeinde von den Mietern unmittelbar erhoben werden. Nicht einzubeziehen sind Untermietzuschläge, Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs-, Warmwasserversorgungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie des Fahrstuhls, ferner alle Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters, die nicht die Raumnutzung betreffen (z. B. Bereitstellung von Wasserkraft, Dampfkraft, Preßluft, Kraftstrom und dergleichen), sowie Nebenleistungen des Vermieters, die nur einzelnen Mietern zugute kommen.
(2) Statt des Betrags nach Absatz 1 gilt die übliche Miete als Jahresrohmiete für solche Grundstücke oder Grundstücksteile,
- 1.
die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind, - 2.
die der Eigentümer dem Mieter zu einer um mehr als zwanzig Prozent von der üblichen Miete abweichenden tatsächlichen Miete überlassen hat.
(3) (weggefallen)
(4) (weggefallen)
(5) Bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen gelten für die Höhe der Miete die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt.
(1) Der Einheitswert wird neu festgestellt (Wertfortschreibung), wenn der in Deutscher Mark ermittelte und auf volle hundert Deutsche Mark abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahrs ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 5.000 Deutsche Mark, oder um mehr als 100.000 Deutsche Mark, nach unten um mehr als den zehnten Teil, mindestens aber um 500 Deutsche Mark, oder um mehr als 5.000 Deutsche Mark, abweicht.
(2) Über die Art oder Zurechnung des Gegenstandes (§ 19 Abs. 3 Nr. 1 und 2) wird eine neue Feststellung getroffen (Artfortschreibung oder Zurechnungsfortschreibung), wenn sie von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und es für die Besteuerung von Bedeutung ist.
(3) Eine Fortschreibung nach Absatz 1 oder Absatz 2 findet auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung statt. § 176 der Abgabenordnung ist hierbei entsprechend anzuwenden. Dies gilt jedoch nur für die Feststellungszeitpunkte, die vor der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes liegen.
(4) Eine Fortschreibung ist vorzunehmen, wenn dem Finanzamt bekannt wird, daß die Voraussetzungen für sie vorliegen. Der Fortschreibung werden vorbehaltlich des § 27 die Verhältnisse im Fortschreibungszeitpunkt zugrunde gelegt. Fortschreibungszeitpunkt ist
- 1.
bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Beginn des Kalenderjahrs, das auf die Änderung folgt; - 2.
in den Fällen des Absatzes 3 der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird, bei einer Erhöhung des Einheitswerts jedoch frühestens der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird.
(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.
(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.
(1) Der Wert des Grundstücks ist vorbehaltlich des Absatzes 3 im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 bis 82) zu ermitteln für
- 1.
Mietwohngrundstücke, - 2.
Geschäftsgrundstücke, - 3.
gemischtgenutzte Grundstücke, - 4.
Einfamilienhäuser, - 5.
Zweifamilienhäuser.
(2) Für die sonstigen bebauten Grundstücke ist der Wert im Wege des Sachwertverfahrens (§§ 83 bis 90) zu ermitteln.
(3) Das Sachwertverfahren ist abweichend von Absatz 1 anzuwenden
- 1.
bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach Absatz 1 zu bewertenden Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern unterscheiden; - 2.
bei solchen Gruppen von Geschäftsgrundstücken und in solchen Einzelfällen bebauter Grundstücke der in § 75 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Grundstücksarten, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 geschätzt werden kann; - 3.
bei Grundstücken mit Behelfsbauten und bei Grundstücken mit Gebäuden in einer Bauart oder Bauausführung, für die ein Vervielfältiger (§ 80) in den Anlagen 3 bis 8 nicht bestimmt ist.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Der Wert des Grundstücks ist vorbehaltlich des Absatzes 3 im Wege des Ertragswertverfahrens (§§ 78 bis 82) zu ermitteln für
- 1.
Mietwohngrundstücke, - 2.
Geschäftsgrundstücke, - 3.
gemischtgenutzte Grundstücke, - 4.
Einfamilienhäuser, - 5.
Zweifamilienhäuser.
(2) Für die sonstigen bebauten Grundstücke ist der Wert im Wege des Sachwertverfahrens (§§ 83 bis 90) zu ermitteln.
(3) Das Sachwertverfahren ist abweichend von Absatz 1 anzuwenden
- 1.
bei Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern, die sich durch besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von den nach Absatz 1 zu bewertenden Einfamilienhäusern und Zweifamilienhäusern unterscheiden; - 2.
bei solchen Gruppen von Geschäftsgrundstücken und in solchen Einzelfällen bebauter Grundstücke der in § 75 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Grundstücksarten, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete nach § 79 Abs. 2 geschätzt werden kann; - 3.
bei Grundstücken mit Behelfsbauten und bei Grundstücken mit Gebäuden in einer Bauart oder Bauausführung, für die ein Vervielfältiger (§ 80) in den Anlagen 3 bis 8 nicht bestimmt ist.
(1) Für Grundbesitz findet die nächste Hauptfeststellung der Einheitswerte nach § 21 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 8 auf den Beginn des Kalenderjahres 1964 statt (Hauptfeststellung 1964). Bei der Hauptfeststellung 1964 gilt bei der Bewertung von Grundstücken im Wege des Ertragswertverfahrens, wenn die Jahresrohmiete auf Grund der Mietpreisfreigabe nach § 15 des Zweiten Bundesmietengesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung von Fristen des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 29. Juli 1963 (Bundesgesetzbl. I S. 524) in der Zeit bis zum 1. Januar 1964 erhöht worden ist, die vor dieser Erhöhung geltende Jahresrohmiete als Jahresrohmiete vom 1. Januar 1964. Der Zeitpunkt der auf die Hauptfeststellung 1964 folgenden nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes wird abweichend von § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes durch besonderes Gesetz bestimmt.
(2) Fortschreibungen der nach Absatz 1 festgestellten Einheitswerte, Nachfeststellungen und Aufhebungen von Einheitswerten des Grundbesitzes werden nach den §§ 22 bis 23a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 9 bis 11 erstmals auf den Zeitpunkt vorgenommen, von dem an die Einheitswerte nach Artikel 3 Abs. 1 erstmals der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
(3) Vorbehaltlich des Absatzes 4 sind erstmals anzuwenden
- 1.
§ 23b des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11, die Vorschriften des Artikels 1 Nr. 17, 19 und 21 und § 79 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 26 bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes 1964, - 2.
§ 24a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 13 bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den in Absatz 2 bezeichneten Zeitpunkt.
(4) Für die Zwecke von Steuern, bei denen die nach Absatz 1 oder Absatz 2 festgestellten Einheitswerte noch nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, werden weiterhin Fortschreibungen der bisherigen Einheitswerte des Grundbesitzes und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes nach den bisherigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes und den zu ihnen ergangenen Durchführungsvorschriften vorgenommen. Wertfortschreibungen auf den 1. Januar 1970, 1. Januar 1971, 1. Januar 1972 und auf den 1. Januar 1973 werden abweichend von § 22 des Bewertungsgesetzes in der bisher geltenden Fassung nur vorgenommen, wenn der Wert entweder um mehr als ein Viertel oder um mehr als 200.000 Deutsche Mark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht, der nach den bisherigen Vorschriften festgestellt worden ist. Wenn der Wert nach unten abweicht, muß die Wertabweichung mindestens 3.000 Deutsche Mark, wenn der Wert nach oben abweicht, mindestens 50.000 Deutsche Mark betragen. Wird bei einer wirtschaftlichen Einheit die Grundstücksfläche verkleinert oder vergrößert, so wird der Einheitswert ohne Rücksicht auf diese Grenzen neu festgestellt, wenn der neue Wert um mindestens 1.000 Deutsche Mark von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts abweicht. Die Fortschreibung auf Null Deutsche Mark bei Wegfall der wirtschaftlichen Einheit bleibt unberührt. Die Vorschriften des Artikels 3 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes vom 22. Juli 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 1118) sind auch bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten auf den 1. Januar 1972 und auf den 1. Januar 1973 anzuwenden.
(5) Bei der Feststellung von Einheitswerten nach geltendem Recht auf den 1. Januar 1965 oder einen späteren Zeitpunkt richtet sich die Zugehörigkeit der Tierbestände zum landwirtschaftlichen Vermögen nach § 28 Abs. 3 Nr. 4 in Verbindung mit § 39a des Bewertungsgesetzes in der Fassung dieses Gesetzes; § 29 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes in der vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung ist nicht mehr anzuwenden. Fortschreibungen aus diesem Grunde sind auf den 1. Januar 1965, 1. Januar 1966 und 1. Januar 1967 auf Antrag, auf den 1. Januar 1968 oder einen späteren Zeitpunkt von Amts wegen ohne Rücksicht auf Fortschreibungsgrenzen durchzuführen.
(6) Bei einer Stichtagsbewertung nach § 23 Abs. 4 des Erbschaftsteuergesetzes auf einen früheren Zeitpunkt als den Zeitpunkt, der in dem in Absatz 1 Satz 2 erwähnten Gesetz für die Erbschaftsteuer bestimmt wird, gilt Absatz 4 entsprechend.
(7) Bei der Einheitsbewertung von Mineralgewinnungsrechten und von gewerblichen Betrieben gilt für die Anwendung der Vorschriften des Bewertungsgesetzes folgendes:
- 1.
Es sind anzuwenden - a)
§ 21 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 8 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Hauptfeststellung der Einheitswerte von Mineralgewinnungsrechten oder von gewerblichen Betrieben vorgenommen wird, - b)
§ 22 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 9 und § 23a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach der in Buchstabe a bezeichneten Hauptfeststellung Fortschreibungen und Aufhebungen von Einheitswerten von Mineralgewinnungsrechten oder von gewerblichen Betrieben vorgenommen werden, - c)
§ 24a des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 13 von dem Zeitpunkt an, auf den erstmals nach der in Buchstabe a bezeichneten Hauptfeststellung Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten von Mineralgewinnungsrechten vorgenommen werden.
- 2.
Die bisherigen Vorschriften des Bewertungsgesetzes und die zu ihnen ergangenen Durchführungsvorschriften sind weiterhin bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen der Einheitswerte von Mineralgewinnungsrechten und von gewerblichen Betrieben auf einen früheren als auf den in Nummer 1 Buchstabe a bezeichneten Zeitpunkt anzuwenden.
(8) Bei der Ermittlung des Gesamtvermögens und des Inlandsvermögens ist § 74 Abs. 1 Nr. 3 in der Fassung des Artikels 1 Nr. 24 von dem Zeitpunkt an anzuwenden, von dem an die nach Absatz 1 festgestellten Einheitswerte zugrunde gelegt werden.
(9) Bis zur Bildung des Bewertungsbeirates, längstens bis zum 31. Dezember 1966, werden seine Aufgaben durch den vorläufigen Bewertungsbeirat erledigt, der auf Grund des Gesetzes über die Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirates vom 28. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 682) gebildet worden ist. Bis zur Bildung der Gutachterausschüsse, längstens bis zum 31. Dezember 1966, werden ihre Aufgaben durch die Gutachterausschüsse erledigt, die nach dem bisherigen § 35 des Bewertungsgesetzes und nach § 8 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vom 2. Februar 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 81) in der zur Zeit geltenden Fassung gebildet worden sind.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Die Wertminderung wegen Alters bestimmt sich nach dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt und der gewöhnlichen Lebensdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung. Sie ist in einem Prozentsatz des Gebäudenormalherstellungswertes auszudrücken. Dabei ist von einer gleichbleibenden jährlichen Wertminderung auszugehen.
(2) Als Alter des Gebäudes gilt die Zeit zwischen dem Beginn des Jahres, in dem das Gebäude bezugsfertig geworden ist, und dem Hauptfeststellungszeitpunkt.
(3) Als Wertminderung darf insgesamt kein höherer Betrag abgesetzt werden, als sich bei einem Alter von siebzig Prozent der Lebensdauer ergibt. Dieser Betrag kann nur überschritten werden, wenn eine außergewöhnliche Wertminderung vorliegt.
(4) Ist die restliche Lebensdauer eines Gebäudes infolge baulicher Maßnahmen verlängert, so ist der nach dem tatsächlichen Alter errechnete Prozentsatz entsprechend zu mindern.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.