Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Aug. 2017 - 9 C 18/16

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:160817B9C18.16.0
bei uns veröffentlicht am16.08.2017

Gründe

1

Die Aussetzung beruht auf § 94 VwGO. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Aussetzung beschließen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Bei der Prüfung der Gültigkeit eines Bebauungsplans nach § 47 Abs. 1 VwGO geht es zwar nicht um ein solches Rechtsverhältnis, sondern um die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage; § 94 VwGO ist insoweit aber entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2000 - 4 B 75.00 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 15 S. 6 m.w.N.).

2

Die Gültigkeit des von der Beklagten am 19. September 2016 als Satzung beschlossenen und am 17. November 2016 bekannt gegebenen Bebauungsplans "Radwegabschnitt Groß Breese", auf dessen Grundlage sie am 12. Dezember 2016 die Einleitung eines Enteignungsverfahrens beschlossen hat, ist vorgreiflich für den Folgenbeseitigungsanspruch des Klägers, der den Streitgegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens bildet. Denn der Kläger würde, die Wirksamkeit des Bebauungsplans unterstellt, von der Beklagten etwas herausverlangen, was er ihr alsbald zurückzugewähren hätte. Der Vorgreiflichkeit steht nicht entgegen, dass die Bekanntgabe des Bebauungsplans erst nach der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts als dem grundsätzlich maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erfolgt ist. Denn bei dem nachträglichen Inkrafttreten eines Bebauungsplans handelt es sich um eine Rechtsänderung, die das Revisionsgericht im gleichen Umfang zu beachten hat, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie jetzt entschiede (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2007 - 6 C 34.06 - Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 2 Rn. 12 m.w.N.).

3

Im Rahmen des dem Senat in § 94 VwGO eingeräumten richterlichen Ermessens erweist sich die Aussetzung als sachgerecht. Sie ermöglicht es dem sachnäheren Bausenat des Oberverwaltungsgerichts, sich vorrangig mit der Gültigkeit des - dem Brandenburger Landesrecht zugeordneten - Bebauungsplans auseinanderzusetzen. Zudem vermeidet sie die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, die bei einem Nebeneinander von Normenkontrolle und Individualklage nicht auszuschließen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2000 - 4 B 75.00 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 15 S. 6). Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 1993 - 4 C 24.91 - (BVerwGE 94, 100), auf das sich der Kläger für seinen abweichenden Standpunkt beruft, behandelt eine grundlegend andere Fallkonstellation, die dadurch gekennzeichnet war, dass die Unwirksamkeit des damaligen Bebauungsplans bei der Entscheidung über den Folgenbeseitigungsanspruch bereits rechtskräftig feststand. Für die hier vorzunehmende Ermessensentscheidung ist dieses Urteil daher unbehelflich.

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 94


Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Telekommunikationsgesetz - TKG 2021 | § 42 Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung


(1) Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung umfassen die langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einen angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, einschließlich einer angemessenen Verzinsung d

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Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung umfassen die langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einen angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind.

(2) Aufwendungen, die nicht in den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung enthalten sind, werden zusätzlich zu Absatz 1 nur berücksichtigt, soweit und solange hierfür eine rechtliche Verpflichtung besteht oder das die Genehmigung beantragende Unternehmen eine sonstige sachliche Rechtfertigung nachweist. Zu berücksichtigende Aufwendungen können auch Gebühren für Beschlusskammerverfahren sein.

(3) Bei der Festlegung der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt die Bundesnetzagentur insbesondere

1.
die Kapitalstruktur des regulierten Unternehmens,
2.
die Verhältnisse auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten und die Bewertung des regulierten Unternehmens auf diesen Märkten,
3.
die Erfordernisse hinsichtlich der Rendite für das eingesetzte Kapital, wobei auch die leistungsspezifischen Risiken des eingesetzten Kapitals gewürdigt werden sollen; dies umfasst auch die Berücksichtigung etwaiger spezifischer Investitionsrisiken gemäß § 38 Absatz 5 Nummer 1,
4.
die langfristige Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf die Wettbewerbssituation auf den Telekommunikationsmärkten,
5.
eine EU-weite Harmonisierung der Methoden bei der Bestimmung des Zinssatzes.

(4) Aufwendungen, die auf einem Wechsel in der Person des Unternehmens beruhen, können weder bei der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung gemäß Absatz 1 noch als Aufwendungen gemäß Absatz 2 berücksichtigt werden.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.