Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 01. Feb. 2010 - 3 B 86/09

bei uns veröffentlicht am01.02.2010

Gründe

1

Der Kläger wendet sich als Gesamtvollstreckungsverwalter gegen die Zuordnung eines zur Wohnungswirtschaft genutzten und von kommunalen Wohnungsunternehmen verwalteten Grundstücks, als dessen Eigentümerin die Gemeinschuldnerin im Grundbuch eingetragen ist, an die beigeladene Stadt. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil die Beigeladene nach Art. 22 des Einigungsvertrages - EV - i.V.m. § 1a Abs. 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - einen Anspruch auf Zuordnung habe. Dieser Anspruch werde unter anderem nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beschluss des staatlichen Notariats aus dem Jahre 1956, mit dem das Fiskalerbrecht festgestellt und aufgrund dessen das Grundstück in Volkseigentum überführt worden sei, im Jahre 2000 aufgehoben und ein Erbschein an eine private Erbin erteilt worden sei; denn für die Vermögenszuordnung sei die Situation am Stichtag des 3. Oktober 1990 maßgeblich, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit des vermögensrechtlichen Zustandes zu diesem Zeitpunkt ankomme.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

3

Der Kläger hält sinngemäß für klärungsbedürftig, ob zum zuordnungsfähigen Vermögen auch als Eigentum des Volkes eingetragenes Grundvermögen gehöre, wenn diese Eintragung auf einem Beschluss des staatlichen Notariats über eine - mangels zu ermittelnder Erben - bestehende Fiskalerbschaft beruhe und dieser Beschluss im Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung von Amts wegen aufgehoben worden sei. Da der seinerzeitige Beschluss des Notars nach § 1964 Abs. 2 BGB nur eine Vermutung für das Fiskalerbrecht begründet habe, die im Falle der Aufhebung des Beschlusses zu einer Berichtigung des Grundbuchs von Amts wegen nach § 22 der Grundbuchordnung - GBO - führe, erscheine es widersinnig und mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar, noch Zuordnungsentscheidungen zu treffen, obwohl mittlerweile offensichtlich sei, dass Eigentum des Volkes nicht bestanden habe.

4

Die aufgeworfene Frage kann der Rechtssache schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen, weil sie sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen würde; denn sie vernachlässigt die in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch - EGBGB - geregelte Ausschlussfrist. Nach dieser Vorschrift erwirbt die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder des Privatrechts das Eigentum an einem Grundstück, wenn im Grundbuch Eigentum des Volkes eingetragen ist, ohne dass Volkseigentum entstanden ist, wenn die Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt ist und sie bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine rechtshängige Klage des wirklichen Eigentümers oder einen beim Grundbuch eingereichten und durch eine Bewilligung des eingetragenen Eigentümers oder des Verfügungsberechtigten oder die einstweilige Verfügung eines Gerichts begründeten Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs angegriffen worden ist. Diese Vorschrift gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 280/02 - VIZ 2003, 344 ff., sowie Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 91/03 - VIZ 2004, 128 ff.), die sich der Senat zu eigen macht, auch im Falle der "widerlegten" Fiskalerbschaft. Da die wirkliche Erbin hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts erst nach Ablauf dieser Frist Grundbuchberichtigungsansprüche verfolgt und darüber hinaus in der Folgezeit sogar anerkannt hat, keinen Grundbuchberichtigungsanspruch zu haben, ist somit der Zuordnungsberechtigte Eigentümer geworden, wenn nicht vor Ablauf der Ausschlussfrist ein Dritter wirksam Eigentum erworben hat, vgl. Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Da es einen solchen wirksamen Zwischenerwerb eines Dritten hier nicht gegeben hat und insbesondere die Privatisierung der als Eigentümerin eingetragenen Treuhandgesellschaft nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts erst am 7. August 1992 und damit nach Inkrafttreten des mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz eingefügten § 1a Abs. 4 VZOG geschah, hat das Verwaltungsgericht die Beigeladene zutreffend als Eigentümerin des Grundstücks und damit als Zuordnungsberechtigte nach Art. 22 EV i.V.m. § 1a Abs. 4 VZOG angesehen (vgl. Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 - BVerwG 3 C 4.07 - Buchholz 428.2 § 1a VZOG Nr. 17).

5

Der vom Kläger seiner Grundsatzfrage zugrunde gelegte Widerspruch zwischen materieller Rechtslage und Zuordnungsberechtigung entfällt hier somit schon deswegen, weil die Erbin ihre Rechte nicht gewahrt hat und daher über keine private Rechtsposition mehr verfügt, die der Zuordnungsfähigkeit des Grundstücks entgegengehalten werden kann.

6

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist es aber auch offenkundig und bedürfte keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass zu dem den Vorschriften der Vermögenszuordnung unterliegenden Vermögen das bei Wirksamwerden des Beitritts vorhandene Volkseigentum selbst für den Fall gehört, dass eine für den Fiskus streitende Erbvermutung, die Grundlage für die Überführung des Vermögensgegenstandes in Volkseigentum war, nachträglich widerlegt wird. Maßgeblich ist allein, dass ein als Eigentum des Volkes eingetragener Vermögensgegenstand am 3. Oktober 1990 dem Verwaltungsvermögen oder dem Finanzvermögen unterfiel (Art. 21, 22 EV), unabhängig davon, ob das Volkseigentum rechtmäßig begründet worden war (Beschluss vom 4. Juli 1995 - BVerwG 7 B 255.95 - Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 10), aber auch unabhängig davon, ob diese Grundbucheintragung richtig war; denn die Vermögenszuordnung bezweckt die Abwicklung des gesamten zum Stichtag tatsächlich vorgefundenen volkseigenen Verwaltungs- und Finanzvermögens. Es regelt insbesondere, wem die (vorläufige) Verfügungsbefugnis über die betreffenden Gegenstände zusteht, und muss schon deswegen umfassend sein. Entschieden wird im Vermögenszuordnungsverfahren jedoch nur, welcher heutigen staatlichen oder sonst zuordnungsfähigen Stelle ein Vermögenswert des ehemaligen Staatsvermögens zu Eigentum zusteht oder zu Eigentum übertragen wird. Die Rechte privater Dritter an dem Vermögenswert sind nicht Gegenstand der Entscheidung. Deshalb ist in § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG geregelt, dass der Vermögenszuordnungsbescheid solche Rechte unberührt lässt. Sie können unbeschadet der Zuordnung weiterverfolgt werden. An diese Rechtslage knüpft auch die erwähnte Regelung über die Ausschlussfrist in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an, der in seinem Satz 2 ausdrücklich voraussetzt, dass bereits ein Zuordnungsbescheid hinsichtlich des umstrittenen Grundstücks ergangen sein kann.

7

Die vom Kläger befürchteten Verwerfungen zwischen einer in dieser Weise umfassend verstandenen Vermögenszuordnung und den Interessen privater Berechtigter bestehen daher nicht.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundbuchordnung - GBO | § 22


(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung. (2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch

Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG | § 2 Verfahren


(1) Über den Vermögensübergang, die Vermögensübertragung oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 erläßt die zuständige Stelle nach Anhörung aller neben dem Antragsteller sonst in Betracht kommenden Berechtigten einen Bescheid, der allen Verfahrensbeteiligt

Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG | § 1a Begriff des Vermögens


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1964 Erbvermutung für den Fiskus durch Feststellung


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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2003 - V ZR 91/03

bei uns veröffentlicht am 17.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 91/03 Verkündet am: 17. Oktober 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: nein BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 14. März 2003 - V ZR 280/02

bei uns veröffentlicht am 14.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL V ZR 280/02 Verkündet am: 14. März 2003 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) Vermögensgegenstände im Sinne dieses Gesetzes sind bebaute und unbebaute Grundstücke sowie rechtlich selbständige Gebäude und Baulichkeiten (Grundstücke und Gebäude), Nutzungsrechte und dingliche Rechte an Grundstücken und Gebäuden, bewegliche Sachen, gewerbliche Schutzrechte sowie Unternehmen. Dazu gehören ferner Verbindlichkeiten, Ansprüche sowie Rechte und Pflichten aus Schuldverhältnissen, soweit sie Gegenstand der Zuteilung nach den in § 1 bezeichneten Vorschriften sind.

(2) Wenn Bürger nach Maßgabe von § 310 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik ihr Eigentum an einem Grundstück oder Gebäude aufgegeben haben und dieser Verzicht genehmigt worden ist, so bilden die betreffenden Grundstücke oder Gebäude Vermögen im Sinne dieses Gesetzes und der in § 1 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften. § 310 Abs. 2 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gilt für diese Grundstücke nicht. Vorschriften, nach denen ein Verzicht auf Eigentum rückgängig gemacht werden kann, bleiben auch dann unberührt, wenn das Grundstück nach Maßgabe dieses Gesetzes zugeordnet ist oder wird.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß, wenn nach anderen Vorschriften durch staatliche Entscheidung ohne Eintragung in das Grundbuch vor dem Wirksamwerden des Beitritts Volkseigentum entstanden ist, auch wenn das Grundbuch noch nicht berichtigt ist.

(4) Zur Wohnungswirtschaft genutztes volkseigenes Vermögen, das sich nicht in der Rechtsträgerschaft der ehemals volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befand, diesen oder der Kommune aber zur Nutzung sowie zur selbständigen Bewirtschaftung und Verwaltung übertragen worden war, steht nach Maßgabe des Artikels 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages im Eigentum der jeweiligen Kommune. Artikel 22 Abs. 4 Satz 2 bis 6 des Einigungsvertrages gilt entsprechend. Ein Grundstück gilt als zur Wohnungswirtschaft genutzt im Sinne des Satzes 1 oder des Artikels 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages auch dann, wenn es mit Gebäuden bebaut ist, die ganz oder überwiegend Wohnzwecken dienen und am 3. Oktober 1990 nicht nur vorübergehend leerstanden, jedoch der Wohnnutzung ganz oder teilweise wieder zugeführt werden sollen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Wird der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt, so hat das Nachlassgericht festzustellen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist.

(2) Die Feststellung begründet die Vermutung, dass der Fiskus gesetzlicher Erbe sei.

(1) Zur Berichtigung des Grundbuchs bedarf es der Bewilligung nach § 19 nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung.

(2) Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers oder eines Erbbauberechtigten darf, sofern nicht der Fall des § 14 vorliegt oder die Unrichtigkeit nachgewiesen wird, nur mit Zustimmung des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten erfolgen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 91/03 Verkündet am:
17. Oktober 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2
Die gesetzliche Regelung, nach der bei Eintragung von Volkseigentum in das
Grundbuch der wirkliche Eigentümer sein Eigentum nach Ablauf einer Ausschlußfrist
verliert, ist nicht verfassungswidrig.
BGH, Urt. v. 17. Oktober 2003 - V ZR 91/03 - OLG Jena
LG Erfurt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 18. März 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist alleinige Erbin nach dem am 18. Dezember 1969 in Weimar verstorbenen P. A. L. .
Nach dessen Tod stellte das Staatliche Notariat Weimar durch Beschluß vom 17. August 1970 fest, daß - nachdem alle bekanntgewordenen Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten - ein anderer Erbe als die Deutsche Demokratische Republik nicht vorhanden sei. Zum Nachlaß von P. A. L. zählten mehrere Grundstücke, für die am 3. Oktober 1990 in das Grundbuch Eigentum des Volkes in Rechtsträgerschaft einer LPG eingetragen war. Am 19. Juni 1997 wurde das Eigentum auf Ersuchen des Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben auf die Klägerin umgeschrieben.
Nachdem der Beklagten am 24. März 1999 ein Erbschein erteilt worden war, wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Weimar vom 8. Februar 2001 der das Fiskuserbrecht betreffende Beschluß des Staatlichen Notariats Weimar vom 17. August 1970 aufgehoben. Am 12. April 2001 wurde die Beklagte als Eigentümerin der Grundstücke in das Grundbuch eingetragen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, zur Berichtigung des Grundbuchs ihrer Eintragung als Eigentümerin der Grundstücke zuzustimmen. Sie ist der Ansicht, sie habe als Abwicklungsberechtigte gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Berichtigung des Grundbuchs (§ 894 BGB). Sie habe als Abwicklungsberechtigte auf Grund des - auch im gegebenen Fall einer unwirksamen Fiskuserbschaft anwendbaren - Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB das Eigentum an den Grundstücken erworben. Zwar sei die Beklagte als Erbin Eigentümerin der Grundstücke gewesen , sie habe es aber versäumt, ihre Rechte in der vorgeschriebenen Form
vor Ablauf der Ausschlußfrist gerichtlich geltend zu machen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB seien nicht begründet. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

II.


1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB zugesprochen. Das Grundbuch ist unrichtig, weil es für die im Streit befindlichen Grundstücke entgegen der tatsächlichen Rechtslage die Beklagte und nicht die Klägerin als Eigentümerin ausweist. Zwar ist die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst Alleinerbin nach P. A. L. und damit auch Eigentümerin der zum Nachlaß zählenden Grundstücke geworden, sie hat ihr Eigentum jedoch mit Ablauf der Ausschlußfrist nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an die Klägerin als Abwicklungsberechtigte verloren.

a) Die Voraussetzungen des gesetzlichen Eigentumserwerbs nach dieser Vorschrift sind erfüllt. Zwar war zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch nicht Eigentum des Volkes vermerkt. Dies ist jedoch unschädlich, weil es der Anwendung des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht entgegensteht, wenn der Abwicklungsberechtigte, zu dessen Gunsten der Eigentumserwerb erfolgt, selbst als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, ZOV 2003, 171). Abwicklungsberechtigte ist hier die Klägerin. Wem diese Position zukommt, bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften insbesondere des Vermögenszuordnungsgesetzes (MünchKomm-BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB
Rdn. 14). Die Klägerin ist als Tochtergesellschaft der - nach § 1 Abs. 6 TreuhG, §§ 3, 4 3. DVO z. TreuhG zuständigen (Busche, RVI, § 1 TreuhG Rdn. 53, § 23 a TreuhG Rdn. 4) - Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben von dieser mit der Verwaltung und Verwertung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Nutzflächen beauftragt (vgl. Pressemitteilung des BMF vom 20. März 2003, abgedruckt in VIZ 2003, 322). Ihr konnte mithin nach § 7 Abs. 5 VZOG das Eigentum für die hier umstrittenen Flächen zugeordnet werden (vgl. Senat, Beschl. v. 27. März 2003, V ZB 1/03, WM 2003, 1955), was nach den in den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen auch geschehen ist.

b) Die Beklagte hat die Buchposition der Klägerin bis zum Ablauf der Ausschlußfrist am 30. September 1998 nicht durch Klage oder einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs angegriffen. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Ausnahme von der Ausschlußfrist zugunsten der Beklagten unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt.
aa) Der Senat hat bereits die Aufhebung eines Beschlusses betreffend das Fiskuserbrecht vor dem 30. September 1998 als nicht ausreichend zur Fristwahrung angesehen (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO). Vorliegend kann nichts anderes gelten, zumal diese Maßnahme - ebenso wie die Erteilung des Erbscheins zugunsten der Beklagten - hier sogar erst nach Ablauf der Ausschlußfrist erfolgt ist.
bb) Der von der Revision angesprochene Widerspruch zwischen der Ausschlußfrist und einem etwaigen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz besteht nicht, vielmehr sind insoweit die Rechte der Beklagten
durch Art. 237 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB gewahrt. Hätte die Beklagte einen Anspruch nach dem Vermögensgesetz angemeldet und wäre dieses Verfahren noch nicht beendet, so wäre auf Grund der genannten Vorschrift der Ablauf der Ausschlußfrist gehemmt. Für eine solche Ablaufhemmung läßt sich indessen auch den Ausführungen der Revision, die lediglich auf einen etwa gestellten Restitutionsantrag hinweisen kann, nichts entnehmen.
cc) Die gesetzlich geregelte Ausschlußfrist bedarf auch nicht etwa zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer Verlängerung über den 30. September 1998 hinaus. Zwar durfte die Beklagte auf Grund der Senatsrechtsprechung (BGHZ 132, 245; 136, 228) davon ausgehen, daß eine Ersitzung von Volkseigentum jedenfalls nicht vor dem 1. Januar 2006 drohte. Das Vertrauen auf eine ungefährdete Eigentümerposition war aber spätestens mit Verkündung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes am 23. Juli 1997 gegenstandlos geworden, das seither eine Heilung von Fehlern beim Erwerb zu Volkseigentum unter ersitzungsähnlichen Bedingungen ermöglicht. Daß der Beklagten im Anschluß daran zur Wahrung ihrer Rechte nur noch wenig mehr als ein Jahr Zeit verblieb, erscheint nicht unverhältnismäßig, wenn im Blick behalten wird, daß sie auch nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland auf Grund der unklaren Rechtslage keine gesicherte und damit uneingeschränkt schützenswerte Rechtsposition erlangen konnte (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633 für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB).
dd) Schließlich steht auch der Gesetzeszweck der Herbeiführung insbesondere von Rechtssicherheit der Anwendung der Ausschlußfrist im vorliegenden Fall nicht entgegen. Entscheidet sich der Gesetzgeber wie hier für eine
Ausschlußfrist, so verwirklicht sich das Ziel der Rechtssicherheit in zeitlicher Hinsicht mit deren Ablauf. Daß die Beklagte als frühere Eigentümerin trotz des zwischenzeitlichen Fristablaufs ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch erreichen konnte, bleibt demnach ohne Bedeutung. Anders liegen die Dinge selbstredend vor Ablauf der Ausschlußfrist; war am 30. September 1998 der tatsächliche Eigentümer - auch wenn er als Dritter auf Grund eines wirksamen Zwischenerwerbs Eigentum erlangt hatte (vgl. dazu Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO) - eingetragen, so fehlt es an den Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB und im übrigen wegen der bereits geklärten Rechtslage auch an einem Regelungsbedarf hinsichtlich der Eigentumszuordnung.
2. Die von der Revision vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Erwerbstatbestands aus Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB teilt der Senat nicht. Obwohl die Bestimmung entscheidungserheblich ist, kommt daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht wegen Mißachtung des Initiativrechts insbesondere des Bundesrates aus Art. 76 Abs. 1 GG formell verfassungswidrig.
aa) Zu Recht weist die Revision allerdings darauf hin, daß den Fachausschüssen des Bundestages kein Gesetzesinitiativrecht zukommt. Sie dürfen daher eine ihnen zur Beratung zugewiesene Gesetzesvorlage nicht in einer Weise umgestalten, die auf ein faktisches Initiativrecht hinausläuft und eine Beschneidung der in Art. 76 Abs. 1 GG geregelten Initiativrechte zur Folge hat
(BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann [Stand: November 1996], Art. 76 Rdn. 133; vgl. auch BVerfGE 72, 175, 189; 101, 297, 307 für den Vermittlungsausschluß nach Art. 77 Abs. 2 GG). Zwar stellt es keine Verletzung, sondern lediglich eine sachliche Beschränkung des Initiativrechts dar, wenn eine Gesetzesvorlage nach den Ausschußberatungen nur in wesentlich veränderter Form in das Plenum gelangt (BVerfGE 1, 144, 155). Das weitreichende Umgestaltungsrecht der Fachausschüsse findet seine Grenze aber in Änderungen, die zu einer "Denaturierung" der Gesetzesvorlage führen (BonnerKommGG /Schmidt-Jorzig/Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 99; Bryde, JZ 1998, 115, 117), weil diese in sachlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht einmal mehr in ihren Grundzügen erhalten geblieben ist (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/ Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 99). Danach ist entscheidend, daß die Regelungsidee des Initianten gewahrt wird. Seine thematische Vorgabe, mithin die von dem Initianten als regelungsbedürftig eingeschätze Materie, darf nicht angetastet werden (BonnerKomm-GG/Schmidt-Jorzig/Schürmann, aaO, Art. 76 Rdn. 100).
bb) Die damit gezogene Grenze wurde jedoch - entgegen der Ansicht der Revision - während des Gesetzgebungsverfahrens, das zum Erlaß des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes (WoModSiG) und in dessen Rahmen auch zur Einstellung des Art. 237 § 2 Abs. 2 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche führte, noch eingehalten.
(1) Träger der Gesetzesinitiative war der Bundesrat, der gemäß Art. 76 Abs. 1 GG den Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes einbrachte. Der nach diesem Entwurf zu regelnde Sachbereich betraf Nachbesserungen auf dem Gebiet des Investitions- und Eigentumsrechts der neuen Bundesländer. Es sollten die
Situation der Nutzer von Immobilien und die Investitionsmöglichkeiten auf anmeldebelasteten Grundstücken (vgl. § 3 Abs. 3 VermG) verbessert und durch Einfügung einer Heilungsvorschrift auch Schutz vor den Folgen zivilrechtlich unwirksamer oder zumindest zweifelhafter Handlungen insbesondere staatlicher Organe der DDR gewährt werden (Entwurfsbegründung, BTDrucks. 13/2022, S. 8, 14 f). Die Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, an den der Entwurf nach der ersten Lesung im Bundestag überwiesen worden war, lautete dahin, den Gesetzentwurf des Bundesrates - nicht hingegen die von der Revision weiter angeführte Gesetzesvorlage der PDS - in der Fassung des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes anzunehmen (Beschlußempfehlung , BT-Drucks. 13/7275, S. 4). Auch dieser Gesetzentwurf in der Ausschußfassung war nachfolgend Gegenstand der zweiten und dritten Lesung des Bundestages, wurde in der Schlußabstimmung angenommen und schließlich - mit Änderungen nach Anrufung des Vermittlungsausschusses - vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates als Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 beschlossen. Nach Auffassung der Mehrheit der Abgeordneten im Rechtsausschuß waren zwar Regelungen zugunsten der Nutzer von Grundstücken in den neuen Bundesländern entbehrlich , weil deren Interessen durch die geltenden Vorschriften hinreichend Rechnung getragen sei. Gleichwohl wurden aber Neuregelungen im Bereich des Investitions- und Eigentumsrechts für notwendig gehalten, um insbesondere Schwierigkeiten bei der Modernisierung von Wohnraum auf anmeldebelasteten Grundstücken und Probleme im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Mängeln bei der Überführung in Volkseigentum einer Lösung zuzuführen (Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/7275, S. 17, 21, 35). Danach ist im Zuge der Beratungen des Rechtsausschusses zwar die Absicht einer Verbesserung der Situation der Nutzer von Immobilien im Beitrittsgebiet aufgegeben worden,
der zu regelnde Sachbereich hat gleichwohl gegenüber dem Entwurf eines Nutzerschutzgesetzes keine entscheidende Veränderung erfahren. Weiterhin wird die Materie des Investitions- und Eigentumsrechts in den neuen Bundesländern speziell auf den Sachgebieten der Aufwendungen zur Modernisierung von Wohnraum bzw. der Heilung zivilrechtlicher Mängel geregelt, wobei der Verzicht auf das Ziel des Nutzerschutzes lediglich zu inhaltlich weniger weitreichenden Vorschriften führte. So wurden die nach dem Entwurf für ein Nutzerschutzgesetz ohne inhaltliche Grenzen zulässigen Modernisierungen auf Fälle beschränkt, in denen der Anmelder das Objekt trotz entsprechenden Angebots nicht zurücknimmt, und für Modernisierungen im Erstattungsweg wurde eine betragsmäßige Obergrenze vorgesehen (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449 f). Für die Heilung zivilrechtlicher Mängel wurde die umfassende - allein an dem Vertrauen auf den Bestand des Erwerbs in der DDR orientierte - Vorschrift des Entwurfs für ein Nutzerschutzgesetz (dort Art. 3 Nr. 2 lit. c, BTDrucks. 13/2022) durch eine weniger weitgehende zweistufige Regelung in Form eines Bestandsschutzes mit Ausschlußfrist (Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 u. Abs. 2 Nr. 3 der Ausschußfassung, BT-Drucks. 13/7275, später unter Erweiterung des Bestandsschutzes als Art. 237 § 1 und § 2 EGBGB Gesetz geworden) ersetzt (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 452).
cc) Überdies würden die Veränderungen des Gesetzentwurfes des Bundesrates selbst dann nicht zur Nichtigkeit des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes führen, wenn sie einen Mangel des Gesetzgebungsverfahrens begründen könnten. Im Unterschied zu inhaltlichen Fehlern ist ein Gesetz bei Verfahrensverstößen mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit nur bei einem evidenten Mangel nichtig (BVerfGE 34, 9, 25; 91, 148, 175). An der Evidenz fehlt es aber im vorliegenden Fall, weil sich die hier aufgeworfene Frage einer
etwaigen Denaturierung der Gesetzesvorlage nur nach eingehender Prüfung des Gesetzgebungsverfahrens beantworten läßt.

b) Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verstößt auch nicht seinem Inhalt nach gegen die Verfassung (MünchKomm-BGB/Busche, aaO, Art. 237 EGBGB Rdn. 20 f; a.A. Horst, DtZ 1997, 183, 185 f).
aa) Die Vorschrift steht insbesondere mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Bei Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB handelt es sich nicht um eine Enteignung, sondern um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Regelung stellt im Unterschied zur Enteignung, nicht auf die zukünftige Verwendung eines Objekts ab, sondern auf die tatsächliche und rechtliche Beziehung zu ihm (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1632 für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB). Die im Vergleich zur Bestandsschutzregelung des Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB (vgl. zu deren Verfassungsmäßigkeit in Fällen zivilrechtlich fehlerhaften Ankaufs zu Volkseigentum BVerfG, WM 1998, 1631, 1632 f; Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 f) weniger einschneidende Ausschlußfrist ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung durch besonders gewichtige Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und genügt auch im übrigen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Es soll für die Fälle des faktischen Übergangs in Volkseigentum für Grundbuchklarheit, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden gesorgt werden (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02, aaO, 172). Zur Erreichung dieser im besonderen öffentlichen Interesse liegenden Zwecke ist die Vorschrift geeignet, erforderlich und - mit Blick auf die bereits erwähnte ungesicherte Rechtsposition - den früheren Eigentümern auch zumutbar (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633).

bb) Ebensowenig wird der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verletzt. Dem geregelten Sachbereich entspricht weder eine vergleichbare Rechtslage in den alten Bundesländern, noch war der Gesetzgeber durch das Fehlen sachlicher Gründe gehindert, die Regelung auf den aktuellen Bestand der noch offenen Rechtsbeziehungen zu beschränken (vgl. BVerfG, WM 1998, 1631, 1633; Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, aaO).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Vermögensgegenstände im Sinne dieses Gesetzes sind bebaute und unbebaute Grundstücke sowie rechtlich selbständige Gebäude und Baulichkeiten (Grundstücke und Gebäude), Nutzungsrechte und dingliche Rechte an Grundstücken und Gebäuden, bewegliche Sachen, gewerbliche Schutzrechte sowie Unternehmen. Dazu gehören ferner Verbindlichkeiten, Ansprüche sowie Rechte und Pflichten aus Schuldverhältnissen, soweit sie Gegenstand der Zuteilung nach den in § 1 bezeichneten Vorschriften sind.

(2) Wenn Bürger nach Maßgabe von § 310 Abs. 1 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik ihr Eigentum an einem Grundstück oder Gebäude aufgegeben haben und dieser Verzicht genehmigt worden ist, so bilden die betreffenden Grundstücke oder Gebäude Vermögen im Sinne dieses Gesetzes und der in § 1 Abs. 1 bezeichneten Vorschriften. § 310 Abs. 2 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik gilt für diese Grundstücke nicht. Vorschriften, nach denen ein Verzicht auf Eigentum rückgängig gemacht werden kann, bleiben auch dann unberührt, wenn das Grundstück nach Maßgabe dieses Gesetzes zugeordnet ist oder wird.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß, wenn nach anderen Vorschriften durch staatliche Entscheidung ohne Eintragung in das Grundbuch vor dem Wirksamwerden des Beitritts Volkseigentum entstanden ist, auch wenn das Grundbuch noch nicht berichtigt ist.

(4) Zur Wohnungswirtschaft genutztes volkseigenes Vermögen, das sich nicht in der Rechtsträgerschaft der ehemals volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befand, diesen oder der Kommune aber zur Nutzung sowie zur selbständigen Bewirtschaftung und Verwaltung übertragen worden war, steht nach Maßgabe des Artikels 22 Abs. 1 des Einigungsvertrages im Eigentum der jeweiligen Kommune. Artikel 22 Abs. 4 Satz 2 bis 6 des Einigungsvertrages gilt entsprechend. Ein Grundstück gilt als zur Wohnungswirtschaft genutzt im Sinne des Satzes 1 oder des Artikels 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages auch dann, wenn es mit Gebäuden bebaut ist, die ganz oder überwiegend Wohnzwecken dienen und am 3. Oktober 1990 nicht nur vorübergehend leerstanden, jedoch der Wohnnutzung ganz oder teilweise wieder zugeführt werden sollen.

(1) Über den Vermögensübergang, die Vermögensübertragung oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 erläßt die zuständige Stelle nach Anhörung aller neben dem Antragsteller sonst in Betracht kommenden Berechtigten einen Bescheid, der allen Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe des Absatzes 5 zuzustellen ist. Der Bescheid kann auch nach Veräußerung des Vermögenswerts ergehen. In diesem Fall ist der Erwerber, bei einem Unternehmen dessen gesetzlicher Vertreter, anzuhören. Der Bescheid kann die ausdrückliche Feststellung enthalten, daß ein Erwerb des zugeordneten Vermögensgegenstandes durch eine Person, die nicht Begünstigte der Zuordnung sein kann, unwirksam ist. Er ergeht ansonsten vorbehaltlich des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechte Dritter oder im einzelnen bezeichneter Beteiligter an dem Vermögensgegenstand. Bei vorheriger Einigung der Beteiligten, die, ohne Rechte anderer Zuordnungsberechtigter zu verletzen, auch von den in § 1 genannten Bestimmungen abweichen darf, ergeht ein dieser Absprache entsprechender Bescheid. In diesen Fällen wird der Bescheid sofort bestandskräftig, wenn nicht der Widerruf innerhalb einer in dem Bescheid zu bestimmenden Frist, die höchstens einen Monat betragen darf, vorbehalten wird.

(1a) Die Feststellung nach § 1 Abs. 1 soll mit der Entscheidung über Ansprüche nach § 1 Abs. 4 verbunden werden. Erfordern Teile der Entscheidung Nachforschungen, die die Bescheidung anderer Teile der Entscheidung nachhaltig verzögern, so können diese, soweit möglich, gesondert beschieden werden. Wird über einen Anspruch entschieden, so überträgt die zuständige Behörde dem Berechtigten das Eigentum vorbehaltlich privater Rechte Dritter. Der Eigentumsübergang wird mit der Unanfechtbarkeit des Bescheides wirksam. Das Eigentum kann auch nach einer selbständig getroffenen Feststellung nach § 1 Abs. 1 zurückübertragen werden, wenn nicht über das Eigentum an dem Gegenstand verfügt worden und der Erwerber gutgläubig ist.

(2) Ist Gegenstand des Bescheides ein Grundstück oder ein Gebäude, so sind diese in dem Bescheid gemäß § 28 der Grundbuchordnung zu bezeichnen; die genaue Lage ist anzugeben. Wird ein Grundstück einem oder mehreren Berechtigten ganz oder teilweise zugeordnet, so ist dem Bescheid ein Plan beizufügen, aus dem sich die neuen Grundstücksgrenzen ergeben. § 113 Abs. 4 des Baugesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden.

(2a) Ist ein Grundstück einem oder mehreren Berechtigten zugeordnet oder zuzuordnen, so kann über die Zuordnung auch durch Bescheid mit Zuordnungsplan ganz oder teilweise entschieden werden. Der Bescheid muß dann über die Zuordnung aller oder der jeweiligen Teile des Grundstücks in einem Bescheid entscheiden. Dies gilt entsprechend, wenn mehrere Grundstücke in einem zusammenhängenden Gebiet, die nicht alle der Zuordnung unterliegen müssen, mit abweichenden Grundstücksgrenzen zugeordnet oder zuzuordnen sind. In diesen Fällen sind auch solche Berechtigte, die keinen Antrag gestellt haben, an dem Verfahren zu beteiligen.

(2b) In den Fällen des Absatzes 2a ist dem Bescheid ein Zuordnungsplan beizufügen, der nachweisen muß:

1.
die von dem Zuordnungsplan erfaßten Grundstücke,
2.
die neuen Grundstücksgrenzen und -bezeichnungen,
3.
die jetzigen Eigentümer der neu gebildeten Grundstücke,
4.
die zu löschenden, die auf neue Grundstücke zu übertragenden und die neu einzutragenden Rechte.
Auf Antrag des Berechtigten sind aus den ihm zukommenden Flächen in dem Zuordnungsplan nach seinen Angaben Einzelgrundstücke zu bilden, die ihm dann als Einzelgrundstücke zuzuordnen sind. Der Zuordnungsplan muß nach Form und Inhalt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster geeignet sein oder den Erfordernissen des § 8 Abs. 2 des Bodensonderungsgesetzes entsprechen; § 5 Abs. 5 des Bodensonderungsgesetzes gilt sinngemäß. § 18 Abs. 3 und § 20 des Bodensonderungsgesetzes gelten mit der Maßgabe, daß im Falle der ergänzenden Bodenneuordnung allein die Sonderungsbehörde für die Fortschreibung zuständig ist, entsprechend. In einem Zuordnungsbescheid mit Zuordnungsplan in Gebieten des komplexen Wohnungsbaus oder Siedlungsbaus können dingliche Rechte an Grundstücken im Plangebiet und Rechte an einem ein solches Grundstück belastenden Recht aufgehoben, geändert oder neu begründet werden, soweit dies zur Durchführung oder Absicherung der Zuordnung erforderlich ist.

(2c) Ist über eine Zuordnung nach Absatz 2 Satz 3 durch Aufteilungsplan entschieden worden, so erläßt die zuständige Stelle auf Antrag eines Begünstigten einen Bestätigungsbescheid mit einem der Vermögenszuordnung nach dem Aufteilungsplan entsprechenden Zuordnungsplan nach den Absätzen 2a und 2b.

(3) Der Bescheid wirkt für und gegen alle an dem Verfahren Beteiligten.

(4) Das Verfahren ist auf Antrag eines Beteiligten vorübergehend auszusetzen, wenn diesem die für die Wahrnehmung seiner Rechte erforderliche Sachaufklärung im Einzelfall nicht ohne eine Aussetzung des Verfahrens möglich ist.

(5) Für das Verfahren ist das Verwaltungsverfahrensgesetz, § 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes jedoch nur, wenn die in dessen Absatz 1 Nr. 1 und 2 vorausgesetzten Umstände nicht später als zwei Jahre nach Eintritt der Bestandskraft eingetreten sind, und für Zustellungen das Verwaltungszustellungsgesetz anzuwenden. Zustellungen sind nach § 4 oder 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes vorzunehmen. Ist der Empfänger einer Zustellung nicht im Inland ansässig oder vertreten, so erfolgt die Zustellung, sofern nicht besondere völkervertragliche Regelungen etwas Abweichendes vorschreiben, nach Absendung einer Abschrift des Bescheides durch Aufgabe des Bescheides zur Post mit Einschreiben; die Zustellung gilt nach Ablauf von zwei Wochen ab der Aufgabe zur Post als erfolgt.

(6) Ein Widerspruchsverfahren findet nicht statt.

(7) Für Zuordnungsbescheide nach diesem Gesetz findet § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung.