Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Nov. 2016 - 2 B 63/15
Gericht
Gründe
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Die allein auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der Kläger, der sich seit Juli 2014 im Ruhestand befindet, wendet sich gegen eine Übernahmeverfügung des Beklagten auf der Grundlage des Sächsischen Personalüberhangsgesetzes vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 141). Danach sollte er als Direktor eines staatlichen Umweltfachamts (Besoldungsgruppe A 16) aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit beim beigeladenen Land mit Wirkung zum 1. Februar 2009 in den Dienst des beklagten Landkreises übernommen werden. Zuvor hatte ihm das Land im Dezember 2006 Altersteilzeit bewilligt, deren Arbeitsphase im September 2009 endete.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Übernahmeverfügung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Übernahmeverfügung aufgehoben und zur Begründung unter anderem ausgeführt: Der Klage mangele es nicht am Rechtsschutzbedürfnis, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Gesetzgeber künftig die Versorgung der kommunalen Beamten anders als die der Beamten des Landes regeln werde. In der Sache sei die Übernahmeverfügung rechtswidrig, weil dem Kläger kein seinem Status entsprechendes Amt übertragen worden sei und bei Erlass der Übernahmeverfügung festgestanden habe, dass ein solches Amt nicht habe übertragen werden können.
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2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
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Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob bei einem den Kläger derzeit nicht belastenden Rechtsakt
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"mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Jahre hinaus ausgeschlossen sein muss, dass sich eine Rechtslage ändern wird, um vom Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses auszugehen",
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kommt eine solche grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Soweit diese Frage abstrakt klärungsfähig ist, lässt sie sich mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln sowie unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es hierzu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf.
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Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Gestaltungsklage kann mit der Begründung, der erstrebte Verwaltungsakt bringe dem Kläger keinen Nutzen, nur verneint werden, wenn die Nutzlosigkeit tatsächlich oder rechtlich außer Zweifel steht. Die Nutzlosigkeit des Rechtsmittels muss eindeutig sein. Im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3> für die Verpflichtungsklage).
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Das Rechtsschutzbedürfnis wird für jede Verfahrenshandlung verlangt, um den Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen aber nur solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der Kläger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, die Klage also nutzlos ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2003 - 6 C 18.02 - Buchholz 448.0 § 48 WPflG Nr. 3 S. 3 betr. die Aufhebung eines Alarmeinberufungsbescheids durch ein Kreiswehrersatzamt und Urteil vom 8. Juli 2009 - 8 C 4.09 - Buchholz 451.61 KWG Nr. 25 Rn. 24 betr. eine Anfechtungsklage gegen bankenaufsichtsrechtliche Verfügungen).
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Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Aufhebung einer beamtenrechtlichen Übernahmeverfügung, die zu einem Dienstherrnwechsel führt, kann nicht verneint werden. Ein Beamter, den ein prinzipiell lebenslanges Band mit seinem Dienstherrn verbindet, muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, einen Verwaltungsakt, der gegen seinen Willen einen Dienstherrnwechsel anordnet, einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.
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Im Übrigen hängt die Beantwortung der Frage, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine Übernahmeverfügung auf der Grundlage des Sächsischen Personalüberhangsgesetzes mit rechtlichen oder tatsächlichen Nachteilen verbunden sein kann und der Beamte deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis für eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat, von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Damit ist eine allgemeinverbindliche über den Einzelfall hinausweisende Aussage nicht möglich. Dies ergibt sich auch aus der Beschwerdebegründung, die die Antwort auf die aufgeworfene Frage unter anderem darin sucht, dass der Kläger mit seinem Begehren ein konkretes praktisches Ziel nicht erreichen kann, weil der Beigeladene bestimmte Umstände vorgetragen hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Sind Wehrübungen als Bereitschaftsdienst nach § 6 Absatz 6 angeordnet worden,
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können Zurückstellungen nach § 12 Absatz 2 und 4 widerrufen werden, es sei denn, dass die Heranziehung zum Wehrdienst für den Wehrpflichtigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde; - 2.
können nach § 13b bisher nicht zum Wehrdienst herangezogene Wehrpflichtige gemustert und einberufen werden; - 3.
hat der Widerspruch gegen den Musterungsbescheid keine aufschiebende Wirkung; - 4.
ist bei der Einberufung Wehrpflichtiger, die bereits in den Streitkräften gedient haben, § 23 Satz 2 und 3 nicht anzuwenden; als Untersuchung gilt die Einstellungsuntersuchung; - 5.
haben männliche Personen, die das 17. Lebensjahr vollendet haben, auf Anordnung der Bundesregierung - a)
Vorsorge dafür zu treffen, dass Mitteilungen der Wehrersatzbehörde sie unverzüglich erreichen, auch wenn sie der Wehrüberwachung nicht unterliegen, - b)
die Genehmigung des zuständigen Karrierecenters der Bundeswehr einzuholen, wenn sie die Bundesrepublik Deutschland verlassen wollen, - c)
unverzüglich zurückzukehren, wenn sie sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, und sich beim zuständigen oder nächsten Karrierecenter der Bundeswehr zu melden.
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ihren ständigen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, - 2.
außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bei einer deutschen Dienststelle oder einer über- oder zwischenstaatlichen Organisation beschäftigt sind oder - 3.
mit Genehmigung einer obersten Bundes- oder Landesbehörde oder einer von ihr bestimmten Stelle - a)
sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufhalten oder - b)
die Bundesrepublik Deutschland verlassen.
(2) Im Spannungs- oder Verteidigungsfall gelten Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 5 und folgende Vorschriften:
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die Meldebehörden übermitteln dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr zur Vorbereitung von Einberufungen und Heranziehungen die Daten nach § 15 Absatz 3; - 2.
die Meldung nach § 24 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 ist innerhalb von 48 Stunden zu erstatten; § 24 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zweiter Halbsatz ist nicht anzuwenden; - 3.
ein Wehrpflichtiger, der seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beantragt hat, kann zum Zivildienst einberufen werden, bevor über den Antrag entschieden worden ist; - 4.
eine Zurückstellung nach § 12 Absatz 2, 4, 5 oder 7 wird unwirksam; eine erneute Zurückstellung nach § 12 Absatz 4 ist zulässig, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für den Wehrpflichtigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde; - 5.
ein Wehrpflichtiger, der nach § 12 Absatz 2 vom Wehrdienst zurückgestellt worden ist, wird auf Antrag zum Sanitätsdienst einberufen; - 6.
ein Wehrpflichtiger, der sich zum freiwilligen Eintritt in die Bundeswehr meldet, kann von einem Bataillonskommandeur oder einem Offizier in entsprechender Dienststellung als Soldat, der auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leistet, mit dem untersten Mannschaftsdienstgrad oder mit seinem letzten in der Bundeswehr erreichten Dienstgrad eingestellt werden, wenn die Einberufung durch das Karrierecenter der Bundeswehr nicht möglich ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
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vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
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die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.