Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 09. Aug. 2010 - 2 B 36/10
Gericht
Tenor
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Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
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Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
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Die auf den Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW gestützte Beschwerde des Beklagten kann keinen Erfolg haben, weil der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt.
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In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis bestätigt. Mit seiner Beschwerde macht der Beklagte geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 GVG. Der Senat für Disziplinarsachen sei nicht vorschriftsgemäß besetzt gewesen, weil die Mitwirkung einer Beamtenbeisitzerin an der Berufungsentscheidung gegen gesetzlichen Vorgaben und den Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts verstoßen habe.
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Die vom Beklagten beanstandete Mitwirkung der Staatsarchivamtsrätin K. als Beamtenbeisitzerin an der Sitzung am 17. Februar 2010 als Vertreterin einer zunächst vorgesehenen Beamtenbeisitzerin verletzt das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schon deshalb nicht, weil sie vorschriftsgemäß gewesen ist. Zum einen ist die Mitwirkung Frau K. nicht gesetzlich ausgeschlossen gewesen. Zum anderen hat ihre Heranziehung den Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans entsprochen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Der beim Oberverwaltungsgericht gebildete Senat für Disziplinarsachen entscheidet als Berufungsgericht mit drei Richtern und zwei Beamtenbeisitzern (§ 45 Abs. 1 Satz 2, § 51 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW). Die Beamtenbeisitzer sollen der Laufbahn des betroffenen Beamten angehören (§ 51 Abs. 2 Satz 2, § 47 Abs. 4 LDG NRW).
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Die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen heranzuziehen sind, bestimmt das Präsidium des Gerichts vor Beginn des Geschäftsjahres. Dies gilt gleichermaßen für die Beamtenbeisitzer in Disziplinarsachen (§ 30 Abs. 1 VwGO, § 3 Abs. 1 LDG NRW). Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Oberverwaltungsgerichts für das Jahr 2010 richtet sich die Heranziehung der Beamtenbeisitzer nach der mit der Zuweisung beschlossenen Liste. Dabei ist vom Beginn der Liste auszugehen und mit dem nächsten Beamtenbeisitzer in der jeweils maßgeblichen Reihe fortzufahren (vgl. S. 44 des Geschäftsverteilungsplans).
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Da in der Sitzung am 17. Februar 2010 die erste Verhandlung in diesem Jahr in einer Disziplinarsache gegen einen Beamten der Laufbahn des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung stattgefunden hat, sind nach § 51 Abs. 2 Satz 2, § 47 Abs. 4 LDG NRW und dem Geschäftsverteilungsplan diejenigen Beamtenbeisitzer zur Mitwirkung bestimmt gewesen, die an der Spitze der Liste für diese Laufbahn stehen. Dies sind Steueramtsrat W. und die am Sitzungstag unvorhergesehen verhinderte Steueroberamtsrätin R., als deren Vertreterin Frau K. herangezogen worden ist (vgl. S. 6 der Liste).
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Der Vortrag des Beklagten, bereits Frau R. sei nicht zur Mitwirkung bestimmt gewesen, beruht darauf, dass er auf die Regelungen des Geschäftsverteilungsplans für die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter des 3. Senats abstellt. Diese Regelungen sind jedoch nicht anzuwenden, soweit dieser Senat als Senat für Disziplinarsachen im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 2, § 51 LDG NRW tätig wird. Für die Heranziehung der Beamtenbeisitzer des Senats für Disziplinarsachen enthält der Geschäftsverteilungsplan die dargestellten besonderen Regelungen.
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Für die Fälle der unvorhergesehenen Verhinderung eines zur Mitwirkung bestimmten ehrenamtlichen Richters kann das Präsidium des Gerichts eine Hilfsliste aus ehrenamtlichen Richtern aufstellen, die am Gerichtssitz oder in seiner Nähe wohnen. Der Vertreter ist dann nach dieser Hilfsliste zu bestimmen. Dies gilt auch für die Mitwirkung der Beamtenbeisitzer in Disziplinarsachen (§ 30 Abs. 2 VwGO, § 3 Abs. 1 LDG NRW).
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Ein ehrenamtlicher Richter ist verhindert im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGO, wenn er nachvollziehbar darlegt, die Teilnahme an der Sitzung sei ihm aus beruflichen oder privaten Gründen nicht zuzumuten. Eine Nachprüfung der Angaben durch das Gericht ist im Regelfall nicht geboten (Urteile vom 12. Dezember 1973 - BVerwG 6 C 104.73 - BVerwGE 44, 215 <217 f.> = Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 7 S. 9 f.; vom 28. Februar 1984 - BVerwG 9 C 136.82 - Buchholz 310 § 30 VwGO Nr. 18 S. 6 ff. und vom 25. April 1991 - BVerwG 7 C 11.90 - BVerwGE 88, 159 <165> = Buchholz 300 § 21i GVG Nr. 1 S. 5). Die Verhinderung ist unvorhergesehen, wenn sie so plötzlich eintritt, dass nicht mehr die Möglichkeit besteht, den in der Hauptliste folgenden Richter zu laden (Urteil vom 12. Dezember 1973 a.a.O. S. 218 f. bzw. S. 10). Danach hat der Senat für Disziplinarsachen Frau R. wegen des von ihr angegebenen Trauerfalls als unvorhergesehen verhindert ansehen und für die Bestimmung des Vertreters auf die Hilfsliste der Beamtenbeisitzer zurückgreifen können.
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Die Kriterien für die Anwendung der Hilfsliste in Verhinderungsfällen sind vom Präsidium des Gerichts festzulegen. Es kann bestimmen, dass die Hilfsliste nach der Reihenfolge abgearbeitet und derjenige ehrenamtliche Richter als Vertreter bestimmt wird, der als erster für die Sitzungsteilnahme zur Verfügung steht, so dass die Verhandlung möglichst ohne Verzögerung begonnen werden kann. Jedenfalls in eiligen Fällen genügt es, dass das Gericht den nach der Hilfsliste als nächsten in Betracht kommenden Richter einmal fernmündlich zu erreichen versucht. Bleibt dies erfolglos, kann es in der Reihenfolge der Hilfsliste fortfahren (Urteil vom 28. Februar 1984 a.a.O. S. 6 f.).
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Nach den Angaben des Berufungsgerichts in dem Nichtabhilfebeschluss vom 28. April 2010 werden nur Beamtenbeisitzer mit dienstlichem Wohnsitz im Regierungsbezirk M. als Vertreter herangezogen. Diese Beschränkung entspricht § 30 Abs. 2 VwGO. Nach der Vertretungsregelung des Geschäftsverteilungsplans ist bei Verhinderung eines Beamtenbeisitzers am Tag der Sitzung der nächst bereite Beamtenbeisitzer mit dienstlichem Wohnsitz im Regierungsbezirk M. ohne Rücksicht auf den Verwaltungszweig, die Laufbahn und das Geschlecht heranzuziehen (vgl. S. 44 des Geschäftsverteilungsplans).
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Der Begriff des nächst bereiten Beamtenbeisitzers ist im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend bestimmt. Als „nächst bereit“ ist derjenige Beamtenbeisitzer heranzuziehen, der nach der Reihenfolge der Hilfsliste als erster erreicht wird und in der Lage ist, unverzüglich beim Gericht zu erscheinen. Das Berufungsgericht hat in dem Nichtabhilfebeschluss vom 28. April 2010 dargelegt, dass dies Frau K. gewesen ist.
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Der Verzicht auf das Erfordernis der Zugehörigkeit des Vertreters zur Laufbahn des betroffenen Beamten in Verhinderungsfällen verstößt nicht gegen § 47 Abs. 4 LDG NRW. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine „Soll-Regelung“ handelt, kann in begründeten Ausnahmefällen davon abgesehen werden, dass die mitwirkenden Beamtenbeisitzer derselben Laufbahn wie der betroffene Beamte angehören. Ein derartiger Ausnahmefall ist jedenfalls bei der unvorhergesehenen Verhinderung eines zur Mitwirkung bestimmten Beamtenbeisitzers gegeben. Hier ist es schon wegen des gesetzlichen Gebots, Disziplinarverfahren beschleunigt durchzuführen (§ 4 Abs. 1 LDG NRW), gerechtfertigt, die Sitzung mit einem laufbahnfremden Beamtenbeisitzer durchzuführen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Gerichtskosten gesetzlich betragsgenau festgelegt sind (§ 75 Satz 1 LDG NRW, Nr. 10 und 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu diesem Gesetz).
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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
(1) Das Präsidium des Verwaltungsgerichts bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen heranzuziehen sind.
(2) Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste aus ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in seiner Nähe wohnen.
(1) Das Präsidium ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner gewählten Mitglieder anwesend ist.
(2) Sofern eine Entscheidung des Präsidiums nicht rechtzeitig ergehen kann, werden die in § 21e bezeichneten Anordnungen von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter getroffen. Die Gründe für die getroffene Anordnung sind schriftlich niederzulegen. Die Anordnung ist dem Präsidium unverzüglich zur Genehmigung vorzulegen. Sie bleibt in Kraft, solange das Präsidium nicht anderweit beschließt.
(1) Das Präsidium des Verwaltungsgerichts bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres die Reihenfolge, in der die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen heranzuziehen sind.
(2) Für die Heranziehung von Vertretern bei unvorhergesehener Verhinderung kann eine Hilfsliste aus ehrenamtlichen Richtern aufgestellt werden, die am Gerichtssitz oder in seiner Nähe wohnen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.