Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 15. März 2017 - 2 BvR 321/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170315.2bvr032117
bei uns veröffentlicht am15.03.2017

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Damit wird die einstweilige Anordnung vom 13. Februar 2017 gegenstandslos.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung von Vollstreckungsschutz in einem auf Räumung von Wohnraum gerichteten Zwangsvollstreckungsverfahren.

2

Am 30. Januar 2017 beantragte der Beschwerdeführer beim Vollstreckungsgericht im Hinblick auf eine vom Gerichtsvollzieher für Montag, den 13. Februar 2017, angekündigte Zwangsräumung Vollstreckungsschutz. Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 wies die Rechtspflegerin den Antrag zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag sei unzulässig, da er lediglich per Fax und nicht auch im "Original" eingegangen sei. Er sei zudem verfristet und unbegründet. Eine ärztliche Bescheinigung über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sei entgegen der Ankündigung nicht bei Gericht eingereicht worden.

3

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Zurückweisungsbeschluss sofortige Beschwerde und beantragte die einstweilige Aussetzung der Zwangsvollstreckung. Zur Begründung nahm er auf ein zuvor eingereichtes ärztliches Attest Bezug, wonach eine Räumung schwerwiegende, irreversible Gesundheitsschäden für den Beschwerdeführer zur Folge habe.

4

Die Rechtspflegerin half der sofortigen Beschwerde am 9. Februar 2017 nicht ab, da kein Grund gesehen werde, weshalb der Beschwerdeführer an der rechtzeitigen Beantragung von Räumungsschutz und an einer Wohnungssuche gehindert gewesen sei.

5

Am 10. Februar 2017 stellte das Landgericht - 2 T 80/17 - die Räumungsvollstreckung bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde einstweilen ein. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer erst im Laufe des 13. Februar 2017 bekannt.

I.

6

Mit seiner am Sonntag, dem 12. Februar 2017, erhobenen Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG durch die Entscheidungen des Amtsgerichts.

7

Die Kammer hat am Morgen des 13. Februar 2017 in Unkenntnis der landgerichtlichen Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen, mit der sie die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungstitel bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von drei Monaten, einstweilen eingestellt hat.

II.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Sie ist mangels Erschöpfung des Rechtswegs unzulässig (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

9

Die Rechtswegerschöpfung ist dem Beschwerdeführer zumutbar, nachdem das Landgericht die Zwangsvollstreckung vor der Räumung bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde einstweilen eingestellt hat.

10

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird die von der Kammer am 13. Februar 2017 erlassene einstweilige Anordnung gegenstandslos.

11

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

12

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.