Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 27. März 2013 - 2 BvR 2757/11

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2013:rk20130327.2bvr275711
published on 27/03/2013 00:00
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 27. März 2013 - 2 BvR 2757/11
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Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den Anspruch eines Gefangenen auf Krankenbehandlung. Die Voraussetzungen, unter denen sie zur Entscheidung anzunehmen wäre (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), liegen nicht vor. Zwar erscheint der angegriffene Beschluss der Strafvollstreckungskammer nicht unbedenklich. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Annahme der Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt wäre (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

2

1. Das Landgericht hat unter anderem einen Anspruch auf die Durchführung eines operativen Eingriffs mit der Begründung verneint, der Beschwerdeführer leide zwar unter ernstzunehmenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die Erkrankungen hätten aber nicht die Dringlichkeit, die ihnen der Beschwerdeführer beimesse. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass ohne die von ihm verlangte Behandlungsmaßnahme Verschlimmerungen zu befürchten oder bereits eingetreten seien. Dass eine fachärztliche Behandlung - teilweise aufgrund von fehlenden Kapazitäten des zuständigen Vollzugskrankenhauses - auch nach mehreren Monaten unterblieben sei, verletzte daher keine Rechte des Beschwerdeführers.

3

Mit dieser vom Oberlandesgericht gebilligten Auffassung wird verkannt, dass ein - grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteter - Anspruch auf Krankenbehandlung nicht nur zur Verhütung von Verschlimmerungen, sondern unabhängig davon zur Heilung und zur Linderung von Krankheitsbeschwerden besteht (§ 58 Satz 1 StVollzG), und dass die daraus folgenden Ansprüche eines Gefangenen nicht durch defizitäre Behandlungskapazitäten beschränkt, sondern umgekehrt diese den Behandlungsnotwendigkeiten anzupassen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2012 - 2 BvR 683/11 -, juris Rn. 3 m.w.N.).

4

2. Nachdem der Beschwerdeführer eine ihm zwischenzeitlich angebotene Durchführung der Operation ohne nachvollziehbaren Grund abgelehnt hat, ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde, der grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), zur Durchsetzung seiner Grundrechte jedoch nicht geboten (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

5

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung. (2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen, a) soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,b) wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angez

Annotations

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

Gefangene haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt insbesondere

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
4.
medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation sowie Belastungserprobung und Arbeitstherapie, soweit die Belange des Vollzuges dem nicht entgegenstehen.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.