Bundesverfassungsgericht Beschluss, 04. Okt. 2011 - 2 BvC 9/11

bei uns veröffentlicht am04.10.2011

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg ist.

Der Antrag auf Zulassung eines Beistandes wird zurückgewiesen.

Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.

Der Beschwerdeführerin wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.000 € (in Worten: eintausend Euro) auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Beschwerde betrifft die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009.

2

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2009 legte die Beschwerdeführerin Einspruch gegen die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag ein. Zur Begründung nahm sie Bezug auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Aktenzeichen 1 BvR 1472/09.

3

Mit am 13. Januar 2010 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenem Schreiben rügt die Beschwerdeführerin die Untätigkeit des Deutschen Bundestages hinsichtlich ihres Wahleinspruchs. Sie beantragt, die angefochtene Bundestagswahl für nichtig zu erklären und eine Wiederholung der Wahl anzuordnen. Außerdem erstrebt sie die Feststellung, dass der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages in verfassungsrechtlich erheblicher Weise verfahrensfehlerhaft gehandelt habe, indem er über die Wahlprüfungsbeschwerde nicht in angemessener Zeit entschieden habe. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf ihre Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG.

4

Mit Beschluss vom 10. Februar 2011 wies der Deutsche Bundestag den Wahleinspruch als unsubstantiiert zurück. Der Vortrag der Beschwerdeführerin lasse keinen Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften erkennen. Die Wahlbeanstandung gehe nicht über unbelegte Vermutungen und bloße Andeutungen der Möglichkeit von Wahlfehlern hinaus.

5

Mit Schreiben vom 12. März 2011 bittet die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den Bundestagsbeschluss darum, dem verfassungsgerichtlichen Verfahren Fortgang zu geben. Außerdem beantragt sie, ihr Herrn Dr. rer. nat. G. als Beistand beizuordnen. Hinsichtlich der Wahlanfechtung trägt die Beschwerdeführerin vor, es gehe um Menschenrechtsverletzungen seit 1966 sowie um eine gerichtsbekannte Anhörung aus dem Jahre 1970.

II.

6

Der Antrag auf Zulassung eines Beistandes wird zurückgewiesen, weil auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zulassung objektiv sachdienlich und subjektiv notwendig ist (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 4 BVerfGG; BVerfGE 68, 360 <361>).

III.

7

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig.

8

Sie ist bereits nicht wirksam erhoben, weil es an den nach § 48 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen Beitrittserklärungen von einhundert Wahlberechtigten fehlt. Die Beschwerdeführerin hat keine Beitrittserklärungen beigefügt.

9

Soweit die Beschwerdeführerin die Sachbehandlung durch den Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages rügt, ist die Wahlprüfungsbeschwerde auch unstatthaft. Zulässiger Gegenstand eines Wahlprüfungsverfahrens kann nur die Gültigkeit der Wahl zum Deutschen Bundestag sein (vgl. Art. 41 Abs. 1 GG, § 48 Abs. 1 BVerfGG).

10

Die Wahlprüfungsbeschwerde entspricht zudem nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 Halbsatz 2 BVerfGG, weil die Beschwerdeführerin einen Wahlfehler nicht darlegt (vgl. BVerfGE 48, 271 <280>; 58, 175 f.; 79, 173 f.).

IV.

11

Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Nach dieser Vorschrift kann das Bundesverfassungsgericht eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung einer Wahlprüfungsbeschwerde - wie hier - einen Missbrauch darstellt.

12

Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist es, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit von Bedeutung sind und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht gehalten, hinzunehmen, dass es bei der Erfüllung dieser Aufgaben durch - wie hier - an gravierenden Zulässigkeitsmängeln leidende Beschwerden behindert wird (stRspr; vgl. nur BVerfGK 3, 219 <221 f.>).

13

Der Beschwerdeführerin war zuzumuten, vor Einlegung der Wahlprüfungsbeschwerde deren Zulässigkeitsvoraussetzungen zu ermitteln. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 48 Abs. 1 BVerfGG hätte sich die Unzulässigkeit der Wahlprüfungsbeschwerde der Beschwerdeführerin geradezu aufdrängen müssen. Im Hinblick darauf ist die verhängte Missbrauchsgebühr auch der Höhe nach angemessen.


14

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34


(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei. (2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 41


(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat. (2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig. (3) Das

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 48


(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlu

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(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag kann der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, eine wahlberechtigte Person oder eine Gruppe von wahlberechtigten Personen, deren Einspruch vom Bundestag verworfen worden ist, eine Fraktion oder eine Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassung des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht erheben; die Beschwerde ist innerhalb dieser Frist zu begründen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

(3) Erweist sich bei Prüfung der Beschwerde einer wahlberechtigten Person oder einer Gruppe von wahlberechtigten Personen, dass deren Rechte verletzt wurden, stellt das Bundesverfassungsgericht diese Verletzung fest, wenn es nicht die Wahl für ungültig erklärt.

(1) Die Wahlprüfung ist Sache des Bundestages. Er entscheidet auch, ob ein Abgeordneter des Bundestages die Mitgliedschaft verloren hat.

(2) Gegen die Entscheidung des Bundestages ist die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht zulässig.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag kann der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, eine wahlberechtigte Person oder eine Gruppe von wahlberechtigten Personen, deren Einspruch vom Bundestag verworfen worden ist, eine Fraktion oder eine Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassung des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht erheben; die Beschwerde ist innerhalb dieser Frist zu begründen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

(3) Erweist sich bei Prüfung der Beschwerde einer wahlberechtigten Person oder einer Gruppe von wahlberechtigten Personen, dass deren Rechte verletzt wurden, stellt das Bundesverfassungsgericht diese Verletzung fest, wenn es nicht die Wahl für ungültig erklärt.

(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 32) mißbräuchlich gestellt ist.

(3) Für die Einziehung der Gebühr gilt § 59 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend.

(1) Die Beschwerde gegen den Beschluß des Bundestages über die Gültigkeit einer Wahl, die Verletzung von Rechten bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl, soweit sie der Wahlprüfung nach Artikel 41 des Grundgesetzes unterliegen, oder den Verlust der Mitgliedschaft im Bundestag kann der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist, eine wahlberechtigte Person oder eine Gruppe von wahlberechtigten Personen, deren Einspruch vom Bundestag verworfen worden ist, eine Fraktion oder eine Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfaßt, binnen einer Frist von zwei Monaten seit der Beschlußfassung des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht erheben; die Beschwerde ist innerhalb dieser Frist zu begründen.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

(3) Erweist sich bei Prüfung der Beschwerde einer wahlberechtigten Person oder einer Gruppe von wahlberechtigten Personen, dass deren Rechte verletzt wurden, stellt das Bundesverfassungsgericht diese Verletzung fest, wenn es nicht die Wahl für ungültig erklärt.