Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 07. Feb. 2011 - 1 BvR 188/11

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110207.1bvr018811
07.02.2011

Gründe

1

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

2

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Auch in einem Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Der Antrag auf Eilrechtsschutz hat jedoch keinen Erfolg, wenn eine Verfassungsbeschwerde unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfGE 71, 158 <161>; 111, 147 <152 f.>; stRspr). Maßgebend für die Beurteilung der offensichtlichen Unzulässigkeit oder Unbegründetheit ist der Verfahrensstand im Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2001 - 1 BvQ 35/01 -, NJW 2002, S. 356).

3

2. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Denn die Verfassungsbeschwerde ist bei derzeitigem Verfahrensstand nach Aktenlage offensichtlich unbegründet.

4

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beschwerdeführer durch die angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 4 GG verletzt ist.

5

a) Art. 19 Abs. 4 GG selbst ist nicht verletzt. Die insoweit maßgeblichen Prüfungsanforderungen (vgl. BVerfGK 5, 237 <242>) haben die Verwaltungsgerichte nicht erkennbar missachtet.

6

b) Die Anwendung des einfachen Rechts durch die Verwaltungsgerichte lässt in diesem Zusammenhang auch keine Verletzung von Art 7 Abs. 4 GG erkennen.

7

aa) Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ist die Genehmigung einer privaten Schule unter anderem dann zu erteilen, wenn die wissenschaftliche Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht. Verlangt wird auch insoweit nicht eine Gleichartigkeit mit öffentlichen Schulen, sondern nur eine Gleichwertigkeit (vgl. BVerfGE 90, 107 <122>). Unter Berücksichtigung dessen erweist sich die im Ausgangsverfahren angewendete Vorschrift des § 120 Abs. 2 SchulG M.-V. als einfachgesetzliche Konkretisierung der Anforderungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Dabei kann offen bleiben, ob von Verfassungs wegen die Feststellung der Gleichwertigkeit der Ausbildung an formalisierte Ausbildungsgänge und Prüfungen gebunden werden darf. Jedenfalls enthält § 120 Abs. 2 Satz 2 SchulG M.-V. eine Öffnungsklausel dahingehend, dass der Nachweis der erforderlichen Eignung eines Lehrers auch aufgrund anderweitig erbrachter Leistungen geführt werden kann.

8

bb) Die Verwaltungsgerichte haben festgestellt, dass hinsichtlich beider in Rede stehender Lehrerinnen die Voraussetzungen des § 120 Abs. 2 SchulG M.-V. durch den Beschwerdeführer nicht nachgewiesen seien, insbesondere auch der Nachweis anderweitig erbrachter Leistungen im Sinne des § 120 Abs. 2 Satz 2 SchulG M.-V. nicht geführt worden sei. Die dem zugrunde liegende Rechtsanwendung und Tatsachenwürdigung ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (vgl. BVerfGE 68, 361 <372>; stRspr). Ein Begründungsmangel der angegriffenen Entscheidungen, der auf eine Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Art. 7 Abs. 4 GG hindeuten könnte, ist nicht aufgezeigt und auch sonst nicht festzustellen. Weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch sonst ergeben sich im Übrigen Anhaltspunkte dafür, dass die Tatsachenwürdigung der Verwaltungsgerichte schlechterdings unhaltbar wäre und deshalb von Verfassungs wegen beanstandet werden müsste.

9

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 07. Feb. 2011 - 1 BvR 188/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 07. Feb. 2011 - 1 BvR 188/11

Referenzen - Gesetze

Bundesverfassungsgericht Ablehnung einstweilige Anordnung, 07. Feb. 2011 - 1 BvR 188/11 zitiert 4 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 7


(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. (2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. (3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausn

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

Referenzen

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.