Bundessozialgericht Beschluss, 07. Dez. 2017 - B 5 R 378/16 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:071217BB5R37816B0
bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. September 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

2

Bei dem 1979 geborenen Kläger bestehen seit einem Autounfall im Mai 2000 verschiedenste Gesundheitsstörungen. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 ist festgestellt. Nach mehreren in der Vergangenheit erfolglos gestellten Rentenanträgen lehnte die Beklagte zuletzt einen Antrag des Klägers vom 23.3.2013 auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit ab, weil bis zum Zeitpunkt des Unfalls lediglich zehn Monate Pflichtbeiträge geleistet wurden (Bescheid vom 3.5.2013, Widerspruchsbescheid vom 22.5.2014). Im Klageverfahren vor dem SG hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn über die Möglichkeit der Nachzahlung von Beiträgen zu informieren. Nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei ihm dafür "Wiedereinsetzung" zu gewähren. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.9.2015). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Zeitpunkt des Leistungsfalls am Tag des Autounfalls sei die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt gewesen. Auch bei Nachentrichtung freiwilliger Beiträge könne diese nicht erfüllt werden, weil die Nachentrichtung erst für die Zeit ab Vollendung des 16. Lebensjahres möglich sei. Der Kläger käme auch dann nur auf insgesamt 55 Monate und damit zu wenige Pflichtbeiträge. Das LSG hat nach mündlicher Verhandlung in Abwesenheit des unter Anordnung des persönlichen Erscheinens geladenen Klägers und seines Prozessbevollmächtigten entschieden. In der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 29.9.2016 heißt es dazu: "Die Vorsitzende weist darauf hin, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine telefonische Nachricht in der Geschäftsstelle des Gerichts hinterlassen hat, dass ihm die Anreise aus dringenden privaten Gründen nicht pünktlich möglich ist und er sich verspäten wird. Er bringt den Kläger in seinem Fahrzeug mit." In den Entscheidungsgründen des Urteils führt das LSG aus, es habe sich an der Entscheidung nach einer telefonischen Ankündigung der Verspätung des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten nicht gehindert gesehen. Selbst wenn ein Beteiligter sein Erscheinen angekündigt habe und unter besonderen Schwierigkeiten versuche, den Termin wahrzunehmen, müsse sich das Gericht nicht gehalten sehen, mehr als 30 Minuten zu warten. Das LSG habe in Anbetracht der angekündigten, aber nur vage mit privaten Umständen begründeten Verspätung sogar 35 Minuten bis zum Aufruf der Sache gewartet (Urteil vom 29.9.2016).

3

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und beruft sich auf Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wegen Verstößen gegen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG). Der Kläger trägt dazu vor, er sei unter Anordnung seines persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Am Morgen der mündlichen Verhandlung habe sein Prozessbevollmächtigter, ein alleinerziehender Vater, den 11jährigen Sohn wegen eines akuten Notfalls in der Notaufnahme des Krankenhauses vorstellen müssen. Sein Prozessbevollmächtigter wohne und arbeite 105 km vom Sitz des LSG entfernt. Für die Anreise mit dem Pkw sei eine Fahrtzeit von etwa einer Stunde und 25 Minuten einzuplanen. Als der Prozessbevollmächtigte festgestellt habe, dass er zu der um 10.00 Uhr terminierten mündlichen Verhandlung nicht mehr pünktlich erscheinen konnte, habe er seine Büroleiterin beim LSG anrufen lassen, um das Gericht von einer voraussichtlichen Säumnis von wahrscheinlich zwei Stunden zu unterrichten. Er habe fernmündlich aus dringenden Gründen eine Terminverlegung beantragen lassen. Der Büroleiterin sei am Telefon mitgeteilt worden, dass der Termin nicht aufgehoben werde, sondern man auf die Anreise des Klägers und des Prozessbevollmächtigten warten werde. Als der Prozessbevollmächtigte zusammen mit dem Kläger um 10.50 Uhr den Sitzungssaal erreicht habe, sei bereits durch Urteil entschieden gewesen. Eine Gehörsverletzung liege schon darin, dass das LSG den fernmündlich gestellten Verlegungsantrag abgelehnt habe. Seinen Anspruch auf rechtliches Gehör habe das LSG zudem dadurch verletzt, dass es trotz ausdrücklichem Hinweis, auf die Beteiligten zu warten, die mündliche Verhandlung geschlossen und über die Berufung entschieden habe.

4

Der Senat hat dienstliche Stellungnahmen der die Verhandlung als Vorsitzende leitenden Richterin am LSG und von zwei Justizbeschäftigten sowie eine schriftliche Auskunft der Büroleiterin des Prozessbevollmächtigten eingeholt. Die Richterin am LSG Dr. W. hat angegeben, zu einem ihr nicht mehr genau erinnerlichen Zeitpunkt (gegen 10.00 Uhr) von der Geschäftsstelle die telefonische Information erhalten zu haben, dass sich der Prozessbevollmächtigte zusammen mit dem Kläger verspäte. Der Senat habe die auch sonst übliche Wartezeit bei nicht (pünktlichem) Erscheinen von Beteiligten zum fachlichen Austausch genutzt und mit der Sitzung um 10.35 Uhr begonnen. Über eine "Aufhebung des Termins" habe der Senat nicht zu entscheiden gehabt, da es hierzu - wie sie dem Protokoll entnehme - offenbar keinen Antrag gegeben habe. Über eine Aussage, dass "man auf die Anreise des Klägers … warten wird", sei ihr nichts bekannt (Stellungnahme vom 4.8.2017). Die Justizbeschäftigten Frau L. und Frau G. haben in ihren dienstlichen Stellungnahmen jeweils mitgeteilt, sich an die vom Kläger geschilderten Vorgänge am Vormittag des 29.9.2016 nicht mehr erinnern zu können (Stellungnahmen vom 31.7.2017 und vom 10.8.2017). Die Büroleiterin erinnert sich daran, dass sie auf der Geschäftsstelle des LSG angerufen und mitgeteilt habe, dass der Prozessbevollmächtigte "dringende familiäre Probleme hätte" und noch nicht wisse, wann er zum Verhandlungstermin eintreffen werde. Sie solle ausrichten, dass er um Verlegung des Termins bitte. Auf Nachfrage, wie lange er noch benötige, habe sie gesagt "auf jeden Fall 1 1/2 Stunden". Das sei eigentlich schon kurz vor dem Termin gewesen. Auf die Frage, "was wir dann jetzt machen" sei ihr mitgeteilt worden, es werde der Richterin vorgelegt. Sie könne sich noch erinnern, dass entweder im selben Telefonat oder nach Rückruf scherzhaft und freundlich gesagt worden sei, "er möge sich beeilen". Sie sei aufgrund der Antwort davon ausgegangen, dass der Gerichtstermin auf jeden Fall stattfinde und habe den Prozessbevollmächtigten daraufhin auf dem Handy angerufen. Er sei da schon mit dem Auto unterwegs gewesen und gleich weiter nach P. gefahren (Stellungnahme vom 6.10.2017).

5

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Es liegt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG)gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, müssen die Beteiligten die Möglichkeit erhalten, ihren Standpunkt in der mündlichen Verhandlung darzulegen. Liegt ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 SGG vor und wird diese ordnungsgemäß beantragt, begründet dies grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung(vgl BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG Urteil vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 7). Wird in einem solchen Fall ein Verfahrensbeteiligter daran gehindert, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, ist davon auszugehen, dass dies für eine aufgrund dieser Verhandlung ergangene Entscheidung ursächlich geworden ist (vgl BSG SozR 4-1750 § 227 Nr 1 RdNr 7). Das BSG hat hierzu bereits entschieden, dass dies auch ohne Vertagungsantrag gilt, wenn der Beteiligte, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war, sich zu dem Termin begründet entschuldigt hat (vgl BSG Urteil vom 27.1.1993 - 6 RKa 19/92 - Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 1.8.1978 - 7 RAr 42/77 - SozR 1500 § 62 Nr 8 = BSGE 47, 35, 37).

6

1. Indem das LSG, ohne den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, diese um 10.35 Uhr eröffnet und schließlich durch Urteil entschieden hat, wurde der Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 SGG)verletzt. Der unter Anordnung des persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung geladene Kläger durfte darauf vertrauen, dass er noch Gelegenheit zur Äußerung erhält. Ob darüber hinaus - wie von dem Kläger gerügt - auch weitere Nichtzulassungsgründe wegen der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegen, kann dahingestellt bleiben.

7

Der Kläger wurde zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG ausweislich der in den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 21.7.2016 geladen. Dabei war nach der richterlichen Verfügung vom 18.7.2016 das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Das persönliche Erscheinen wurde auch nicht aufgehoben. Aus den Akten des LSG, insbesondere aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung geht nicht hervor, dass das Gericht die Notwendigkeit, den Kläger selbst anzuhören, in der Folge anders beurteilt hat. Das LSG hat vielmehr auch nach der telefonischen Mitteilung am Morgen der mündlichen Verhandlung, dass sich der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter verspäten werden, nicht zu erkennen gegeben, dass es die persönliche Anwesenheit des Klägers nicht mehr als erforderlich ansah.

8

Vorrangiger Zweck einer Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung ist es insbesondere, die Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 111 RdNr 2). Eine solche Anordnung ist nicht der Regelfall, sondern steht im Ermessen des Vorsitzenden (§ 111 Abs 1 S 1 SGG). Dabei steht ihm ein großer Entscheidungsspielraum zu. Das Gericht ist nämlich grundsätzlich nicht verpflichtet, dafür Sorge zu tragen - etwa durch Anordnung des persönlichen Erscheinens unter Übernahme der Fahrtkosten -, dass jeder Beteiligte auch persönlich vor dem Gericht auftreten kann (vgl BSG Beschluss vom 4.5.2017 - B 3 KR 5/17 B - Juris RdNr 11). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers vorliegend geboten war. Jedenfalls hat das LSG mit dieser Anordnung dem Kläger vermittelt, ihn persönlich hören zu wollen. Das LSG durfte deshalb in diesem Termin nicht "ohne Weiteres" in der Sache entscheiden (vgl BSG Beschluss vom 26.5.2014 - B 12 KR 67/13 B - Juris RdNr 17; BSG Beschluss vom 31.1.2008 - B 2 U 311/07 B - Juris RdNr 5).

9

Dies gilt vorliegend gerade auch im Hinblick darauf, dass bei der durch den Vorsitzenden vorzunehmenden Abwägung, ob dem Kläger das persönliche Erscheinen zuzumuten ist, auch die Entfernung des Wohnorts des Klägers Berücksichtigung findet (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 111 RdNr 2b). Der Kläger wohnt vom Gerichtssitz des LSG mehr als 100 km entfernt. Auch unabhängig von den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers ist eine Anreise über diese Entfernung mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Der Kläger musste deshalb davon ausgehen, dass seine persönliche Anhörung für das Gericht von besonderer Bedeutung war.

10

Auch nach dem Telefonanruf der Büroleiterin seines Prozessbevollmächtigten bei Gericht und der Mitteilung, dieser werde sich zusammen mit dem mitreisenden Kläger verspäten, wurde die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht aufgehoben. Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, dass er an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann und auch persönlich gehört wird (vgl BSG Urteil vom 22.9.1999 - B 5 RJ 22/98 R - Juris RdNr 21). Wenn das Gericht in einer solchen Konstellation entscheiden will, ohne den Kläger zu hören, muss es ihn zuvor unterrichten (vgl BSG Urteil vom 1.8.1978 - 7 RAr 42/77 - SozR 1500 § 62 Nr 8 = BSGE 47, 35, 37). Ohne einen derartigen Hinweis hätte das LSG den Termin aufheben oder vertagen müssen (vgl BSG Urteil vom 16.12.1993 - 13 RJ 37/93 - RdNr 18). Dies ist nicht geschehen.

11

2. Der Kläger hat zudem ausreichend zum Ausdruck gebracht, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu wollen und war für sein Zuspätkommen auch begründet entschuldigt.

12

Der Kläger hat in seiner Beschwerdebegründung vorgetragen, sein Prozessbevollmächtigter habe dessen Büroleiterin am Morgen der mündlichen Verhandlung beim LSG anrufen lassen, um das Gericht von einer voraussichtlichen Säumnis von wahrscheinlich zwei Stunden zu unterrichten. In der Niederschrift der öffentlichen Sitzung vom 29.9.2016 wird die telefonische Nachricht im Auftrag des Prozessbevollmächtigten mit dem Inhalt wiedergegeben, dass "die Anreise aus dringenden privaten Gründen nicht pünktlich möglich ist und er sich verspäten wird. Er bringt den Kläger in seinem Fahrzeug mit". Auch die eingeholten Stellungnahmen der Büroleiterin des Klägers und der die mündliche Verhandlung leitenden Richterin am LSG bestätigen, dass dem Gericht die verspätete Anreise des im Wagen seines Prozessbevollmächtigten mitfahrenden Klägers noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung telefonisch mitgeteilt wurde: Die Büroleiterin erinnert sich daran, dass sie auf der Geschäftsstelle des LSG angerufen und mitgeteilt habe, dass der Prozessbevollmächtigte noch nicht wisse, wann er zum Verhandlungstermin eintreffen werde. Sie solle ausrichten, dass er um Verlegung des Termins bitte. Die Büroleiterin ging dabei kurz vor dem Termin von einer Verspätung von "auf jeden Fall 1 1/2 Stunden" aus. Die Richterin am LSG Dr. W. hat in ihrer Stellungnahme in Übereinstimmung dazu angegeben, zu einem ihr nicht mehr genau erinnerlichen Zeitpunkt (gegen 10.00 Uhr) von der Geschäftsstelle die telefonische Information erhalten zu haben, dass sich der Prozessbevollmächtigte zusammen mit dem Kläger verspäte.

13

Mit der Information an das Gericht, der Kläger reise zusammen mit seinem Prozessbevollmächtigten im Auto an und beide verspäteten sich, wurde auch der Wille des Klägers, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, deutlich zum Ausdruck gebracht. Die angekündigte Verspätung wird im Berufungsurteil zwar als "nur vage mit privaten Umständen begründet" beschrieben (Urteilsumdruck, S 7). Entsprechend trägt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung auch lediglich vor, sein Prozessbevollmächtigter habe fernmündlich aus "dringenden Gründen" eine Terminverlegung beantragt. Die Büroleiterin des Prozessbevollmächtigten erinnert sich in ihrer Stellungnahme immerhin daran, dass sie dem LSG mitgeteilt habe, dass der Prozessbevollmächtigte "dringende familiäre Probleme hätte". Dem LSG war jedenfalls bekannt, dass der Kläger im Wagen seines Prozessbevollmächtigten zur mündlichen Verhandlung anreiste. Der Kläger ist nicht selbstständig auf dem Weg zur mündlichen Verhandlung gewesen. Er konnte angesichts der weiten Entfernung und der erst am Morgen der mündlichen Verhandlung begründeten Verspätung offensichtlich auch nicht mehr rechtzeitig umdisponieren und unabhängig von seinem Prozessbevollmächtigten anreisen. Der Kläger war deshalb am Vormittag der mündlichen Verhandlung kurzfristig und für das Gericht auch erkennbar auf die Mitfahrgelegenheit im Auto seines Prozessbevollmächtigten angewiesen.

14

3. Wird einem Beteiligten das rechtliche Gehör dadurch versagt, dass es ihm nicht ermöglicht wird, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, so ist davon auszugehen, dass dies für eine aufgrund dieser Verhandlung ergangenen Entscheidung ursächlich geworden ist (vgl BSG Beschluss vom 26.6.2007 - B 2 U 55/07 B - SozR 4-1750 § 227 Nr 1, RdNr 7). Der mündlichen Verhandlung als "Kernstück" des Verfahrens kommt ein besonderer Rechtswert zu. Führt die verfahrensfehlerhafte Vorgehensweise des Gerichts dazu, dass ein Beteiligter an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen kann, sind hiervon in wechselseitiger Bedingtheit von Form und Inhalt seine Äußerungsmöglichkeiten zum gesamten Verfahrensstoff und gerade in mündlicher Form betroffen (vgl BSG Beschluss vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33 = SozR 3-1750 § 227 Nr 2, RdNr 18). Gründe, welche die Ursächlichkeit des gerügten Verfahrensmangels der Verletzung des rechtlichen Gehörs für das angefochtene Urteil ausschließen könnten, sind nicht ersichtlich.

15

4. Nach § 160a Abs 5 SGG wird im Falle des Vorliegens der - hier nach alledem gegebenen - Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

16

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht1.das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür

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Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

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(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen. (2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen

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Tenor Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Mai 2018 aufgehoben.

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Juli 2010 wird das Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der am 30.3.1960 geborene Kläger bezieht von dem Beklagten seit Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Am 13.10.2008 erhob er eine Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart, mit der er sich gegen Sanktionen sowie die Untätigkeit und verzögerte Bearbeitung seiner Angelegenheiten durch den Beklagten wandte. Die Klage wies das SG nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 11.12.2009 ab. Gegen den Gerichtsbescheid legte der Kläger Berufung ein und machte geltend, dass der Tatbestand im Gerichtsbescheid teilweise fehlerhaft sei. Eine umfassende Begründung reiche er im Laufe der Folgewoche nach. Im Februar 2010 telefonierte er mit der Geschäftsstelle und teilte mit, er habe eine schwere Erkrankung und bitte um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist. In der Folge entschuldigte er sich aus Krankheitsgründen erneut und legte ein Attest des behandelnden Arztes Dr. J. K vom 29.3.2010 vor, wonach er wegen einer Lungenentzündung und eines Wirbelsäulensyndroms voraussichtlich bis 9.4.2010 arbeitsunfähig sei und auch keinen Gerichtstermin wahrnehmen könne. Am 12.5.2010 teilte der Kläger mit, er fühle sich nicht imstande das Haus zu verlassen, um sich weitere Unterlagen zur Begründung der Berufung zu verschaffen. Daraufhin wurde ihm fernmündlich erneut Verlängerung zur Begründung der Berufung bis zum 1.6.2010 gewährt.

2

Am 18.6.2010 bestimmte der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14.7.2010, 9:00 Uhr. Mit Schreiben vom 10.7.2010, das bei Gericht am 13.7.2010 einging, beantragte der Kläger Terminverlegung um eine Woche. Er trug vor, es sei ihm momentan wieder nicht möglich selbstständig das Bett zu verlassen und an der Verhandlung teilzunehmen. Es seien zustehende Leistungen nicht ausgezahlt worden, sodass er weder die notwendigen Medikamente noch die Fahrkosten zahlen könne. Am 13.7.2010 versuchte der Berichterstatter den Kläger zweimal telefonisch zu erreichen, um ihn unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Bundsfinanzhofes (BFH) vom 7.4.2004 (Az: I B 111/03) darauf hinzuweisen, dass die Verlegungsgründe in verschiedener Hinsicht (vor allem durch Vorlage eines nachvollziehbaren Attests) glaubhaft zu machen seien. Er erreichte den Kläger nicht. In einem Schreiben vom 12.7.2010, das bei Gericht ebenfalls am 13.7.2010 einging, nahm der Kläger Bezug auf ein Telefongespräch mit der Geschäftsstelle am Morgen des 12.7. und teilte mit, dass nunmehr sein Telefonanschluss gesperrt sei und er nur noch über ein fremdes Fax kommunizieren könne.

3

Am 14.7.2010 erschien zum Termin zur mündlichen Verhandlung für den Kläger niemand. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung mit Urteil vom selben Tage ab. Dem Vertagungsgesuch habe der Senat nicht nachkommen müssen. Auch in der Sache habe die Berufung keinen Erfolg, weil das SG die Klage zutreffend als unzulässig angesehen habe.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde. Er macht die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, weil das LSG seinem Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen seiner Erkrankung und seiner fehlenden Möglichkeit, die Fahrkosten zum Termin zu bestreiten, nicht nachgekommen ist. Zudem macht er die Verletzung von § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend und hält die Klage insgesamt für zulässig. Insbesondere seien LSG und SG fehlerhaft davon ausgegangen, dass eine Klageerweiterung nach § 99 SGG nicht zulässig gewesen sei.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig und begründet. Auf die Beschwerde des Klägers war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (vgl § 160a Abs 5 SGG).

6

Der Kläger hat formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG)gerügt, vom LSG nicht ausreichend rechtlich gehört worden zu sein (§ 62 SGG) . Er hat die Verletzung des § 62 SGG hinreichend bezeichnet; die Rüge trifft auch zu. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 Satz 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, wenn dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 110 RdNr 11; BVerwG NVwZ-RR 1995, 549).

7

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung oder -vertagung vorliegen (Leitherer, aaO, § 110 RdNr 4b) und diese beantragt wird bzw ein unvertretener Beteiligter wenigstens seinen Willen zum Ausdruck bringt, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu wollen (vgl BSG vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11). Ein iS des § 227 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ordnungsgemäß gestellter Vertagungsantrag mit einem hinreichend substanziiert geltend gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung(BSG vom 10.8.1995, SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - Juris RdNr 16 und vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11). Die Behandlung von Anträgen auf Terminsverlegung hat dabei der zentralen Gewährleistungsfunktion der mündlichen Verhandlung für den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör zu genügen (vgl hierzu BSG vom 16.11.2000, SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 58), insbesondere, wenn - wie vorliegend - eine mündliche Verhandlung vor dem SG nicht stattgefunden hat. Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Rüge ist jedoch, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1).

8

Der Kläger hat in seinem Gesuch auf Terminsverlegung um eine Woche darauf hingewiesen, dass er wegen Krankheit zum Termin nicht erscheinen könne, er aber unbedingt an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wolle (zur Anerkennung von Krankheit als erheblicher Grund iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO: BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R; BSG vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R; BSG vom 25.3.2003 - B 7 AL 76/02 R; BSG vom 21.7.2005 - B 11a/11 AL 261/04 B; alle veröffentlicht in Juris; vgl auch BSG vom 6.12.1983, SozR 1750 § 227 Nr 2). Ob daneben die fehlende Möglichkeit die Fahrkosten aufzubringen, einen erheblichen Grund zur Verlegung des Termins darstellt, ist jedenfalls für den Fall eines so kurzfristig gestellten Gesuchs zweifelhaft, braucht vorliegend aber nicht entschieden zu werden. Dabei hat der Kläger vorgetragen, das Bett aufgrund seiner Erkrankung nicht verlassen zu können, sodass die Auswirkung der Erkrankung - nicht zum Termin erscheinen zu können - schlüssig vorgetragen ist. Zwar hat der Kläger seine Erkrankung nicht durch Atteste der behandelnden Ärzte belegt. Eine Erkrankung als Verlegungsgrund ist aber nicht zwingend bei Antragstellung durch Attest glaubhaft zu machen, denn nach § 202 SGG iVm § 227 Abs 2 ZPO sind die erheblichen Gründe erst auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen. Der Kläger hat im Übrigen seinerseits alles ihm Obliegende getan, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Er hat offenbar am 12.7.2010 (mithin zwei Tage vor dem Termin) mit der Geschäftsstelle des Gerichts telefoniert, um Klarheit über sein Vertagungsgesuch zu gewinnen. Er musste als unvertretener Beteiligter nicht allein aufgrund der Kürze der noch verbleibenden Zeit davon ausgehen, dass dem Vertagungsgesuch zwingend ein Attest beizufügen gewesen wäre.

9

Anderes kann gelten, wenn offenkundig Prozessverschleppungsabsicht besteht. Hiervon konnte das LSG jedoch nach dem bisherigen Stand des Berufungsverfahrens nicht ohne Weiteres ausgehen. Der Kläger hatte zwar zweimal um Verlängerung der vom Gericht gesetzten Frist zur Begründung der Berufung gebeten und die Berufung auch bis zum Termin nicht begründet. Er hatte diesen Vortrag im März 2010 jedoch mit ärztlichen Unterlagen belegt, die das Gericht nicht (für ihn erkennbar) in Zweifel gezogen hat. Soweit beim Gericht bereits im Laufe des schriftlichen Verfahrens der Eindruck entstanden sein sollte, die Gründe für die verzögerten Stellungnahmen des Klägers seien aus prozesstaktischen Motiven vorgeschoben, hätte es seiner Pflicht entsprochen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass weiterer Aufschub und ggf eine Verlegung des Termins nur nach entsprechender Glaubhaftmachung durch im einzelnen nachvollziehbare Atteste in Betracht komme. Ohne dass es dem unvertretenen Kläger zuvor Hinweise dahin gegeben hatte, dass sein bisheriger Vortrag im Hinblick auf seine Erkrankungen künftig nicht mehr als ausreichend angesehen werde, durfte es auch den kurzfristig gestellten Vertagungsantrag nicht übergehen.

10

Aus der vom LSG zitierten Rechtsprechung des BFH, der sich das Bundessozialgericht (BSG) insoweit bereits angeschlossen hat, folgt kein anderes Ergebnis. BFH und BSG haben die strengeren Voraussetzungen bei der Prüfung kurzfristig gestellter Terminverlegungsgesuche auf die Fälle beschränkt, in denen der Kläger anwaltlich vertreten ist. Wenn der Betroffene nicht anwaltlich vertreten ist, ist das Gericht auch bei kurzfristig gestellten Anträgen zu einem Hinweis oder zur Aufforderung an den Betroffenen, seinen Vortrag zu ergänzen, oder zu eigenen Nachforschungen verpflichtet (vgl zuletzt BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B - Juris RdNr 13 unter Hinweis auf BSG vom 28.4.1999, USK 99111 S 650 f = Juris RdNr 17; BSG vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - Juris RdNr 17; BSG vom 21.7.2009 - B 7 AL 9/09 B - Juris RdNr 5; ebenso BFH vom 19.8.2003, DStRE 2004, 540, 541 = Juris RdNr 21 iVm 25). Andernfalls hat es dem Vertagungsantrag nachzukommen. Der Berichterstatter am LSG hat zwar versucht, den Kläger zu erreichen, aber erfolglos, sodass die aufgezeigten Voraussetzungen nicht vorlagen.

11

Die angefochtene Entscheidung kann auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt der anberaumten mündlichen Verhandlung in der Tat verhandlungsunfähig war. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran gehindert hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Entscheidung beeinflusst hat; einer Angabe, welches Vorbringen durch das beanstandete Verfahren verhindert worden ist, bedarf es nicht (vgl nur BSG vom 16.11.2000, SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62).

12

Der Senat kann offen lassen, ob die gerügten weiteren (Verfahrens)Fehler vorliegen.

13

Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.

Vor jeder Entscheidung ist den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren; die Anhörung kann schriftlich oder elektronisch geschehen.

(1) Der Vorsitzende kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung anordnen sowie Zeugen und Sachverständige laden. Auf die Folgen des Ausbleibens ist dabei hinzuweisen.

(2) Die Ladung von Zeugen und Sachverständigen ist den Beteiligten bei der Mitteilung des Termins zur mündlichen Verhandlung bekanntzugeben.

(3) Das Gericht kann einem Beteiligten, der keine natürliche Person ist, aufgeben, zur mündlichen Verhandlung oder zu einem Termin nach § 106 Absatz 3 Nummer 7 einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2013 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über einen vom LSG in dem angefochtenen Urteil verneinten Anspruch des Klägers auf Erlass seiner Beitragsschulden in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

2

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen LSG vom 7.5.2013 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3

Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen.

4

Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 7.10.2013 ausschließlich auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

5

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug(vgl zB BSGE 2, 81, 82; 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (BSG SozR Nr 79 zu § 162 SGG; BSG SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

6

Der Kläger macht Verletzungen seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs, seines Anspruchs auf ein faires Verfahren, des "Willkürverbots", der gerichtlichen "Fürsorge- und Hinweispflicht" und des "Aufklärungsgrundsatzes" geltend. Er hat jedoch die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend bezeichnet.

7

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG)und das aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren gebieten, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs 1 S 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, wenn dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 6 mwN). Der Kläger behauptet nicht, dass die Ladung zur mündlichen Verhandlung die vorgenannten Hinweise nicht enthalten habe. Zudem trägt er selbst vor, dass sein Antrag auf Terminsverlegung vom 16.4.2013 mit Gerichtsschreiben vom 19.4.2013 abgelehnt worden sei. Solange aber ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist, dürfen und müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin auch stattfindet (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8).

8

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung vorliegen und diese beantragt wird. Ein iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO(iVm § 202 S 1 SGG) ordnungsgemäß gestellter Antrag auf Terminsverlegung mit einem hinreichend substantiiert geltend gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 40/98 R - Juris RdNr 16; BSG vom 12.2.2003 - B 9 SB 5/02 R - Juris RdNr 11). Solche Gründe hat der Kläger in seiner Beschwerdebegründung jedoch nicht dargetan. Er trägt selbst vor, dass sein Prozessbevollmächtigter bereit und in der Lage gewesen wäre, zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 7.5.2013 "im Gerichtssaal präsent" zu sein.

9

Ein Verfahrensmangel wird auch nicht iS von § 160a Abs 2 S 3 SGG bezeichnet, soweit der Kläger meint, dass die von seinem Prozessbevollmächtigten am Tag der mündlichen Verhandlung ca zwei Stunden vor Beginn des Termins schriftsätzlich gestellten Ablehnungsgesuche gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und gegen die Richterin am LSG Dr. K. (als Berichterstatterin) zu einer Terminsaufhebung hätten führen müssen (vgl in diesem Zusammenhang allgemein auch Thüringer LSG vom 28.3.2007 - L 1 U 809/02 - Juris RdNr 31 mwN zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Ablehnungsgesuchs, das allein den Zweck verfolgt, eine Terminsverlegung zu erzwingen). Das die abgelehnten Richter treffende Handlungsverbot nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 47 Abs 1 ZPO bewirkt lediglich, dass der abgelehnte Richter an weiteren Verfahrensschritten bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht mitwirken darf, und zwar ab Eingang bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung(vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 17 RdNr 17 mwN), und dass eine Endentscheidung in der Sache erst nach Bescheidung des Ablehnungsgesuchs ergehen darf (vgl BGH vom 21.6.2007 - V ZB 3/07 - MDR 2008, 111; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 60 RdNr 13a).

10

Ein Verstoß gegen das Handlungsverbot der abgelehnten Richter R. und Dr. K. behauptet der Kläger nicht. Vielmehr trägt er selbst vor, dass das LSG erst nach Ablehnung der vorgenannten Ablehnungsgesuche mit der "geschäftsplanmäßigen" Besetzung (also mit den beiden abgelehnten Richtern) die mündliche Verhandlung fortgesetzt, zur Sache verhandelt und das die Berufung zurückweisende Urteil verkündet habe.

11

Mit der Rüge, dass das LSG vorab in der mündlichen Verhandlung über die kurz vor Beginn des Termins schriftsätzlich gestellten Ablehnungsgesuche ohne die beiden abgelehnten Richter mit einer "falschen" Richterin als Vorsitzende entschieden habe, hat er - auch sinngemäß - keinen Verstoß gegen § 202 Abs 1 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO aufgezeigt. Dass das Berufungsgericht in mündlicher Verhandlung unter Vorsitz von Richterin am LSG B. als vom Kläger nicht abgelehntes Mitglied des zuständigen Spruchkörpers, zwei weiteren Berufsrichtern als geschäftsplanmäßige Vertreter und den ehrenamtlichen Richtern über die Befangenheitsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und die Richterin am LSG Dr. K. entschieden hat, ist Folge des die abgelehnten Richter treffenden Handlungsverbots. Denn gemäß § 60 Abs 1 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem die abgelehnten Richter angehören, (grundsätzlich) ohne deren Mitwirkung(zu den Ausnahmen bei völlig ungeeigneten bzw offensichtlich unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Befangenheitsgesuchen s Keller, aaO, § 60 RdNr 10d mwN). Dies ist vorliegend aber auch nach dem Vorbringen des Klägers geschehen. Dass bei der Besetzung des über die Ablehnungsgesuche entscheidenden Spruchkörpers gegen den Geschäftsverteilungsplan des LSG und/oder gegen die Mitwirkungsgrundsätze des zuständigen Spruchkörpers verstoßen worden ist, hat der Kläger nicht in der erforderliche Weise dargetan.

12

Auch mit der Rüge, dass ihm vor der Entscheidung des LSG über die Ablehnungsgesuche die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter nicht zur Kenntnis- und Stellungnahme übersandt worden seien, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß bezeichnet. Zwar ist dem ablehnenden Beteiligten vor einer Entscheidung über den abgelehnten Richter zu dessen dienstlichen Äußerung (vgl § 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO) grundsätzlich Gehör zu gewähren (zu den möglichen Ausnahmen vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4 RdNr 12; Keller, aaO, § 60 RdNr 11c; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl 2013, § 46 RdNr 1, jeweils mwN). Dies ist nach dem Vortrag des Klägers nicht geschehen.

13

Weitere Voraussetzung für eine zulässige Gehörsrüge ist jedoch die Darlegung, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 35/11 B - Juris RdNr 7 mwN; stRspr). Dies hat der Kläger nicht getan. Vielmehr hätte er bzw sein Prozessbevollmächtigter die Gelegenheit wahrnehmen können, in der mündlichen Verhandlung zu den dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter Kenntnis und ggf Stellung zu nehmen. Dass das LSG ihm (dem Kläger) bzw seinem Prozessbevollmächtigen im Termin diese Möglichkeit verwehrt hätte, behauptet der Kläger nicht.

14

Zwar verletzt ein Gericht Art 103 Abs 1 GG, wenn es sich bei seiner Entscheidung über die Ablehnung eines Richters allein auf eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters stützt, die die Verfahrensbeteiligten nicht kennen, weil es seiner Entscheidung dann Feststellungen zugrunde legt, zu denen rechtliches Gehör nicht gewährt wurde (vgl BVerfGE 24, 56, 61 f; 89, 28, 36). Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch auch nach Vortrag des Klägers nicht gegeben. Aus dem in der Beschwerdebegründung wörtlich wiedergegebenen Beschluss des LSG über die Ablehnung der Ablehnungsgesuche des Klägers gegen den Vorsitzenden Richter am LSG R. und die Richterin am LSG Dr. K. lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht sich bei seiner Entscheidung auf die dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter gestützt bzw Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, die es diesen dienstlichen Äußerungen entnommen hat. Gegenteiliges wird auch in dem Beschwerdevortrag nicht behauptet.

15

Die gerügte Verletzung einer "Fürsorge- und Hinweispflicht" des Berufungsgerichts hat der Kläger ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Er hat schon nicht aufgezeigt, warum das LSG den anwaltlich vertretenen Kläger über mögliche verfahrensrechtliche Fehlvorstellungen seines Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die rechtlichen Wirkungen und die mögliche prozessuale Behandlung seiner am Tag der mündlichen Verhandlung - ca zwei Stunden vor Beginn des anberaumten Termins und damit gewissermaßen "in letzter Minute" - gestellten Ablehnungsgesuche vorab noch hätte aufklären können und müssen. Vielmehr hätte sein Prozessbevollmächtigter gerade in der vorgetragenen besonderen Situation, solange eine Terminsaufhebung noch nicht erfolgt war, nicht darauf vertrauen dürfen, dass das Gericht allein wegen der Ablehnungsgesuche den Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben würde. Denn solange der Termin nicht aufgehoben war, musste der Bevollmächtigte mit seiner Durchführung rechnen und vorsorglich zum Termin erscheinen, um die Rechte des Klägers vertreten zu können (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris RdNr 8). Der Kläger trägt selbst vor, dass es seinem Prozessbevollmächtigten zeitlich möglich gewesen wäre, den Termin wahrzunehmen.

16

Soweit der Kläger schließlich eine "Verletzung des Aufklärungsgrundsatzes" im Zusammenhang mit der in der mündlichen Verhandlung vom Berufungsgericht aufgehobenen Anordnung seines persönlichen Erscheinens rügt, bezeichnet er auch einen solchen Verfahrensmangel nicht in einer zulässigkeitsbegründenden Weise.

17

Die Anordnung des persönlichen Erscheinens steht nach § 111 Abs 1 SGG im Ermessen des Gerichts (bzw des Vorsitzenden) und dient vorrangig der Sachaufklärung. Die Anordnung hat nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten sicherzustellen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 111 RdNr 2 mwN). Aus der Anordnung des persönlichen Erscheinens kann aber nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass ohne das Erscheinen der Beteiligten keine Sachentscheidung des Gerichts ergehen könnte oder dürfte (BSG vom 31.1.2008 - B 2 U 311/07 B - Juris RdNr 4). Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht, wenn es das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Termin angeordnet hat und dieser nicht erscheint, in diesem Termin "ohne Weiteres" in der Sache entscheiden darf (BSG aaO - Juris RdNr 5). So war es vorliegend jedoch nicht. Vielmehr hat das LSG in der mündlichen Verhandlung ausweislich der in der Beschwerdebegründung erwähnten Sitzungsniederschrift die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers erst dann aufgehoben, nachdem es nach Befragung der Terminsvertreterin der Beklagten durch Hinweis des Vorsitzenden zu Protokoll festgestellt hatte, dass die nach seiner Rechtsauffassung "notwendigen weiteren Angaben" nunmehr vorlägen. Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entnehmen, welches weitere Vorbringen gerade die persönliche Anwesenheit des Klägers nunmehr noch erforderlich machte.

18

Sollte der Kläger darüber hinaus noch eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) rügen wollen, benennt er jedenfalls keinen Beweisantrag, den er im Berufungsverfahren gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten hat (vgl dazu allgemein BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5).

19

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.