Bundessozialgericht Beschluss, 26. Sept. 2014 - B 10 EG 4/14 B

bei uns veröffentlicht am26.09.2014

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Januar 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt weiteres Elterngeld, weil die Beklagte ihr nur Elterngeld für den 9. bis 14. Lebensmonat ihrer am 2009 geborenen Tochter gewährt hat. Die Gewährung für die vorangegangenen Monate lehnte die Beklagte ab, weil Elterngeld nach § 7 Abs 1 BEEG rückwirkend nur für die letzten 3 Bezugsmonate vor Antragstellung gezahlt werden könne und der Antrag nicht rechtzeitig eingegangen sei(Bescheid vom 1.9.2010).

2

Die Klägerin widersprach mit dem Vortrag, bereits am 3.4.2010 um 17:00 Uhr sei ein Elterngeldantrag in einen genau bezeichneten Postkasten Hannover eingeworfen worden und beantragte die Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 7 Abs 1 BEEG.

3

Die nach erfolglosem Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das SG nach Anhörung der Klägerin und Zeugenvernehmung ihres Ehemannes ab, weil die Klägerin die Zweiwochenfrist des § 27 Abs 2 S 1 SGB X für den Wiedereinsetzungsantrag versäumt habe.

4

Im von ihr angestrengten Berufungsverfahren hat das LSG Niedersachsen-Bremen die Klägerin erneut angehört sowie die Zeugenvernehmung ihres Ehemannes wiederholt und auf dieser Grundlage die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 22.1.2014). Die Klägerin habe für den streitbefangenen Zeitraum die Antragsfrist versäumt und könne auch keine Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 7 Abs 1 BEEG verlangen. Die behauptete frühere Absendung eines Elterngeldantrags an die Beklagte habe sie nicht glaubhaft gemacht. Insofern überwögen vielmehr unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren in der maßgeblichen Gesamtbetrachtung die Zweifel, die gegen ihre Angaben sprächen, weil durchgreifende Ungereimtheiten und Unklarheiten verblieben.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie macht geltend, das LSG habe ihr rechtliches Gehör verletzt, weil es ihren Vortrag nicht in vollem Umfang zur Kenntnis genommen und deshalb auch nicht umfassend gewürdigt habe. Das Berufungsgericht habe in seinem Urteil an der Richtigkeit der Angaben ihres Prozessbevollmächtigten über dessen anfängliche irrtümliche Falschbezeichnung eines Zeugen gezweifelt, ohne diese Zweifel durch eine Zeugenvernehmung des Prozessbevollmächtigten auszuräumen. Zudem habe das LSG die Zeugenaussage ihres Ehemannes in beiden Instanzen übergangen. Schließlich habe das LSG sein Urteil auf die verfassungswidrige Norm des § 7 Abs 1 BEEG gestützt, der gegen die Art 3, 6 und 20 Abs 1 GG verstoße. Insbesondere stelle es eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar, dass der Gesetzgeber im Elterngeldrecht anders als inzwischen beim Kindergeld weiterhin eine Ausschlussfrist normiert habe.

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

1. Ein Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen ihr rechtliches Gehör hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt.

8

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Schon daran fehlt es. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Andererseits gibt es keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2 S 3 = NJW 2000, 3590, 3591; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3). Schließlich gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass der Kläger gehört, nicht jedoch erhört wird. Art 103 Abs 1 GG verpflichtet das Gericht insbesondere nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten oder seiner Tatsachenwürdigung zu folgen (vgl BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - Juris mwN).

9

Angesichts dessen hat die Beschwerde nicht substantiiert dargelegt, welchen Vortrag der Klägerin das LSG unter Verletzung rechtlichen Gehörs übergangen haben sollte. Die Beschwerde wirft dem Berufungsgericht vor, es hätte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Zeugen vernehmen müssen, anstatt im Urteil seine Angaben (über die anfängliche, später korrigierte Falschbezeichnung eines Zeugen) und damit auch die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Damit rügt die Beschwerde allerdings nicht die Verletzung rechtlichen Gehörs, sondern wendet sich gegen die Beweiswürdigung des LSG. Sie übersieht dabei, dass nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel von vornherein nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann. Unabhängig davon hat es die Beschwerde versäumt, die von ihr kritisierte umfangreiche Beweiswürdigung des LSG vollständig wiederzugeben und sich damit umfassend auseinanderzusetzen. Ihre lediglich auszugsweise Wiedergabe des angefochtenen Urteils verwehrt es dem Senat, die vermeintliche Gehörsverletzung allein auf der Grundlage des Beschwerdevortrags zu überprüfen.

10

Dasselbe ist dem Vorwurf der Beschwerde entgegenzuhalten, das LSG habe das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, indem es die gerichtliche Zeugenvernehmung ihres Ehemannes in zwei Instanzen ignoriert und bei seiner Beweiswürdigung übergangen habe. Der darin liegende Angriff auf die Beweiswürdigung des LSG kann der Beschwerde wegen § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Auch lässt die Beschwerde wiederum eine substantiierte Auseinandersetzung mit der vollständigen Beweiswürdigung des LSG vermissen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin selber darlegt, das LSG habe zumindest einen Teil der Zeugenaussage ihres Ehemannes in seinem Urteil gewürdigt und als glaubhaft befunden.

11

2. Ebenso wenig hat die Klägerin die der Sache nach behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hinreichend dargelegt.

12

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

13

Wer insoweit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechte beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Norm aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden (vgl BSG Beschluss vom 12.7.2013 - B 1 KR 123/12 B - Juris; Beschluss vom 5.12.2012 - B 1 KR 14/12 B - NZS 2013, 318). Die Beschwerde hat dabei aufzuzeigen, wie der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl BFH Beschluss vom 13.10.2009 - X B 77/09 - BFH/NV 2010, 656-657).

14

Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Sie behauptet lediglich pauschal die Verfassungswidrigkeit der Norm des § 7 Abs 1 BEEG, ohne auf die Rechtsprechung des BSG zu Antragsfristen in anderen Rechtsgebieten(vgl etwa BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 91/11 R - Juris zur Pflegeversicherung; BSG Urteil vom 24.11.2005 - B 12 RA 9/03 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 5 zum Beitragsrecht) und speziell der Vorläuferregelung von § 7 Abs 1 BEEG im Erziehungsgeld einzugehen. In diesem Zusammenhang setzt sich die Beschwerde insbesondere nicht mit dem Normzweck des § 7 Abs 1 BEEG auseinander, die Auszahlung von Elterngeld im zeitlichen Zusammenhang mit dem Grund der Leistung sicherzustellen(vgl BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 6/07 R - SozR 4-7833 § 4 Nr 1, SozR 4-1300 § 27 Nr 3 unter Hinweis auf BT-Drucks 16/1889, S 25). Deshalb befasst sich die Beschwerde erst recht nicht mit der Frage, inwieweit dieses grundsätzlich legitime Ziel des Gesetzgebers die von ihr behaupteten, ohnehin nicht hinreichend substantiiert dargelegten Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen vermag.

15

Soweit die Beschwerde schließlich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung behauptet, weil das Kindergeldrecht inzwischen im Gegensatz zum Elterngeldrecht keine Ausschlussfristen für die Antragstellung mehr vorsehe, hat sie nicht substantiiert dargelegt, warum das Antragsverfahren bei der nach dem Willen des Gesetzgebers ausschließlich auf die Frühphase der Elternschaft (vgl BT-Drucks 16/1889, S 2) gerichteten Sozialleistung Elterngeld aus verfassungsrechtlich zwingenden Gründen genauso ausgestaltet sein müsste, wie bei der von Verfassungswegen auf Dauer gebotenen Freistellung des steuerrechtlichen Existenzminimums einerseits bzw der einkommensteuerrechtlichen Familienförderung (vgl BFH Beschluss vom 31.1.2007 - III B 167/06 - BFH/NV 2007, 865) durch die Kindergeldzahlung andererseits. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen Nichtannahmebeschluss des BVerfG (vom 6.11.2003 - 2 BvR 1240/02 - Juris) ins Feld führt, übergeht sie die darin enthaltene Betonung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Gewährung staatlicher Sozialleistungen wie dem Elterngeld.

16

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

17

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

18

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

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(1) Elterngeld ist schriftlich zu beantragen. Es wird rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist. Im Antrag ist anzugeben, für welche Lebensmonate Basiselterngeld, für welche Lebensmonate Elterngeld Plus oder für welche Lebensmonate Partnerschaftsbonus beantragt wird.

(2) Die im Antrag getroffenen Entscheidungen können bis zum Ende des Bezugszeitraums geändert werden. Eine Änderung kann rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats verlangt werden, in dem der Änderungsantrag eingegangen ist. Sie ist außer in den Fällen besonderer Härte unzulässig, soweit Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 kann für einen Lebensmonat, in dem bereits Elterngeld Plus bezogen wurde, nachträglich Basiselterngeld beantragt werden. Im Übrigen finden die für die Antragstellung geltenden Vorschriften auch auf den Änderungsantrag Anwendung.

(3) Der Antrag ist, außer im Fall des § 4c und der Antragstellung durch eine allein sorgeberechtigte Person, zu unterschreiben von der Person, die ihn stellt, und zur Bestätigung der Kenntnisnahme auch von der anderen berechtigten Person. Die andere berechtigte Person kann gleichzeitig

1.
einen Antrag auf Elterngeld stellen oder
2.
der Behörde anzeigen, wie viele Monatsbeträge sie beansprucht, wenn mit ihrem Anspruch die Höchstgrenzen nach § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b überschritten würden.
Liegt der Behörde von der anderen berechtigten Person weder ein Antrag auf Elterngeld noch eine Anzeige nach Satz 2 vor, so werden sämtliche Monatsbeträge der berechtigten Person ausgezahlt, die den Antrag gestellt hat; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Absatz 2 nur die unter Berücksichtigung von § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b vom Gesamtanspruch verbleibenden Monatsbeträge erhalten.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist.

(1) Elterngeld ist schriftlich zu beantragen. Es wird rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist. Im Antrag ist anzugeben, für welche Lebensmonate Basiselterngeld, für welche Lebensmonate Elterngeld Plus oder für welche Lebensmonate Partnerschaftsbonus beantragt wird.

(2) Die im Antrag getroffenen Entscheidungen können bis zum Ende des Bezugszeitraums geändert werden. Eine Änderung kann rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats verlangt werden, in dem der Änderungsantrag eingegangen ist. Sie ist außer in den Fällen besonderer Härte unzulässig, soweit Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 kann für einen Lebensmonat, in dem bereits Elterngeld Plus bezogen wurde, nachträglich Basiselterngeld beantragt werden. Im Übrigen finden die für die Antragstellung geltenden Vorschriften auch auf den Änderungsantrag Anwendung.

(3) Der Antrag ist, außer im Fall des § 4c und der Antragstellung durch eine allein sorgeberechtigte Person, zu unterschreiben von der Person, die ihn stellt, und zur Bestätigung der Kenntnisnahme auch von der anderen berechtigten Person. Die andere berechtigte Person kann gleichzeitig

1.
einen Antrag auf Elterngeld stellen oder
2.
der Behörde anzeigen, wie viele Monatsbeträge sie beansprucht, wenn mit ihrem Anspruch die Höchstgrenzen nach § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b überschritten würden.
Liegt der Behörde von der anderen berechtigten Person weder ein Antrag auf Elterngeld noch eine Anzeige nach Satz 2 vor, so werden sämtliche Monatsbeträge der berechtigten Person ausgezahlt, die den Antrag gestellt hat; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Absatz 2 nur die unter Berücksichtigung von § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b vom Gesamtanspruch verbleibenden Monatsbeträge erhalten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Nach dem Vortrag des Klägers hat das LSG Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 16.6.2011 den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ohne Anrechnung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 1.11.1995 bis 29.5.1998 verneint.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

3

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 16.8.2011 und 15.9.2011 genügt der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht, denn er hat den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

5

Der Kläger rügt einen "Rechtsverstoß gegen § 202 SGG i. V. m. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und "gegen Art. 103 Abs. 1 GG". Die Entscheidung des LSG stelle einen Verstoß gegen das "aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot dar". Die Beurteilung sei "offensichtlich sachwidrig und somit objektiv willkürlich". Das LSG stütze sich auf widersprüchliche Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers vom 19.8.2010, "ohne diese Auskünfte zu begründen". Damit fehlten eigene Erwägungen des LSG dazu, "warum ab dem 12.08.1994 - 31.12.1994 die Anwartschaftszeit gem. § 104 AFG nicht erfüllt ist". Auch die Behauptung des Berufungsgerichts, er habe im Zeitraum vom 1.7.1994 bis 30.9.1995 lediglich an 316 Tagen (statt der erforderlichen 360) Kalendertagen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung oder gleichwertigen Anwartschaftszeit gestanden, beruhe auf Willkür. Zudem sei das LSG in seinem Urteil nicht auf den von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs eingegangen". Damit fehlten "Urteilsgründe i. S. v. § 551 Nr. 7 ZPO a. F." und sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt. Zudem mache er als "einen weiteren Verfahrensfehler" des LSG einen "Verstoß gegen § 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 AFG" geltend. Wegen der Widersprüchlichkeit der Aussagen hätte das LSG seinen ehemaligen Arbeitgeber vom Amts wegen "zur mündlichen Verhandlung beiladen" müssen.

6

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht hinreichend dargelegt.

7

Sofern der Kläger einen Verstoß gegen "§ 551 Nr. 7 ZPO a. F." geltend macht, rügt er sinngemäß eine Verletzung des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Eine Entscheidung ist jedoch nicht schon dann im gerügten Sinne nicht mit Gründen iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz fasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, behandelt hat(BSGE 76, 233, 234 = SozR 3-1750 § 945 Nr 1 S 3 mwN). Die Begründungspflicht ist selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen oder zum tatsächlichen Geschehen, wovon der Kläger offensichtlich ausgeht, falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (Senatsbeschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - BeckRS 2008, 51032 RdNr 7). Aus dem Urteil des LSG war nach dem Vorbringen des Klägers ersichtlich, dass und warum das LSG die Auskünfte des Arbeitgebers verwertet hat. Sofern er meint, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht und "sachwidrig" bzw "willkürlich" auf die seiner Ansicht nach widersprüchlichen Aussagen seines ehemaligen Arbeitgebers gestützt und ihnen in der Beurteilung einen falschen Aussagegehalt beigemessen, liegt hierin keine Gehörsrüge, sondern im Kern die Rüge mangelhafter Beweiswürdigung. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann ein geltend gemachter Verfahrensmangel nicht auf die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden und der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht zum Erfolg verhelfen. Ebenso wenig rechtfertigt die Zulassung der Revision, dass der Kläger die Entscheidung des LSG für falsch hält (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

8

Dass das LSG seiner Rechtsansicht und dem von ihm "vorgetragenen eigenen Weg zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs" nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird (Senatsbeschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - BeckRS 2011, 73125 RdNr 9). Art 103 Abs 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BVerfG NZS 2010, 497 RdNr 17).

9

Soweit der Kläger einen Verstoß des LSG gegen "§ 104 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 168 Abs. 1 AFG" rügt, macht er keinen Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, und damit keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend. Vielmehr wendet er sich mit seinem Verbringen abermals gegen den sachlichen Inhalt des Urteils. Die Rüge der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde.

10

Auch die zumindest sinngemäß geltend gemachte unzureichende Sachaufklärung (Verstoß gegen § 103 SGG) des LSG hat der Kläger nicht ansatzweise dargelegt. Eine entsprechende Rüge ist nach der Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Teils SGG nur dann beachtlich, wenn sie "sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Eine Ausnahme hiervon sieht weder das Gesetz noch die Rechtsprechung des BSG vor. Dass der Kläger einen derartigen Beweisantrag gestellt hat, behauptet er nicht.

11

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. September 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, die Kosten für das von ihr in der Zeit von Dezember 2007 bis Februar 2009 selbst beschaffte Arzneimittel Sandoglobulin in Höhe von 6700 Euro erstattet zu bekommen, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, ein Sachleistungsanspruch sei nicht gegeben. Die Voraussetzungen einer zulassungsüberschreitenden Anwendung des - zwischenzeitlich nicht mehr produzierten - Arzneimittels Sandoglobulin bei Multipler Sklerose (MS) seien ebenso wenig gegeben wie die einer grundrechtsorientierten Leistungserweiterung. Für das im betroffenen Zeitraum privatärztlich verordnete Sandoglobulin lasse sich ein Kostenerstattungsanspruch auch nicht aus dem Umstand früherer Kostenübernahmen auf der Grundlage von Kassenrezepten ableiten (Beschluss vom 10.9.2012).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG.

4

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG)beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN; BSG Beschluss vom 19.9.2007 - B 1 KR 52/07 B - Juris RdNr 4 ). Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

5

Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage:

        

"Hat ein Versicherter Anspruch auf Leistungen außerhalb des Leistungskataloges der GKV, wenn diese der Vermeidung einer notstandsähnlichen Situation und/oder gravierenden Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit dienen?"

6

Der erkennende Senat lässt es offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert. Sie zeigt jedenfalls den Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit (hier: Verstoß gegen den Schutz der Gesundheit durch Art 2 Abs 2 GG) der höchstrichterlichen Auslegung einer Vorschrift beruft, wie es hier die Klägerin im Kern macht, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 und BSG vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 5.12.2012 - B 1 KR 14/12 B - NZS 2013, 318, Juris RdNr 5 mwN). Die Klägerin zeigt schon den Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen nicht auf und erörtert nicht die Sachgründe ihrer Ausgestaltung. Sie setzt sich auch nicht näher mit der Rechtsprechung des BVerfG auseinander. Nicht nur das BSG beantwortet die aufgeworfene Rechtsfrage im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) in ständiger Rechtsprechung dahingehend, dass für die grundrechtsorientierte Leistungserweiterung eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliegen muss (vgl BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 31-32 - D-Ribose; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 23 - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 8 RdNr 16 mwN - Mnesis/Idebenone; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32 - "Lorenzos Öl"; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 45 f mwN - ADHS/Methylphenidat; BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19 RdNr 23 - BTX/A; zur zulassungsüberschreitenden Anwendung des Immunglobulins Venimmun bei MS insbesondere BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 16 RdNr 29 ff). Diese Rechtsprechung zur Versorgung mit Arzneimitteln hat das BVerfG vielmehr bestätigt (vgl zB BVerfG SozR 4-2500 § 31 Nr 17, zur Versorgung mit Immunglobulinen bei MS). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann zwar dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN; BSG Beschluss vom 27.1.2012 - B 1 KR 47/11 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 5.2.2013 - B 1 KR 72/12 B - RdNr 7), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zB BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - Juris RdNr 5, zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR). Daran fehlt es aber hier im erforderlichen Umfang. Denn die Beschwerdebegründung verweist lediglich auf eine Eilentscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7.3.2011 - L 4 KR 48/11 B ER -, ohne sich näher mit den einschlägigen einfachgesetzlichen Normen und der Rechtsprechung des BVerfG zu beschäftigen.

7

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2011 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte, an einer hochgradigen Subfertilität leidende Kläger und dessen privat krankenversicherte Ehefrau unternahmen zwei erfolglose extrakorporale Fertilisationsversuche mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI). Die Beklagte trug nur hälftig die Kosten für am Körper des Klägers und extrakorporal vorgenommene Maßnahmen, lehnte aber die hälftige Übernahme der Kosten für am Körper der Ehefrau vorgenommene Behandlungsmaßnahmen ab. Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm die bei seiner Ehefrau entstandenen Kosten hälftig zu erstatten und die bei ihr durch eine dritte ICSI-Behandlung zukünftig entstehenden Kosten hälftig zu übernehmen, in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit noch auf Kostenübernahme für die Zukunft, weil § 27a SGB V nach der Rechtsprechung des BSG Versicherten nur Anspruch auf Übernahme von Kosten für Maßnahmen gewähre, die den eigenen Körper beträfen oder extrakorporal erfolgten. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz oder Art 6 Abs 1 GG ergebe sich nicht daraus, dass privat krankenversicherte Männer mit Fertilitätsstörungen nach der Rechtsprechung des BGH auch Anspruch auf Kostenübernahme für den Körper der Frau betreffende Maßnahmen hätten (Urteil vom 14.12.2011).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung im Urteil des LSG.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz(Revisionszulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).

4

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Dem entspricht das Beschwerdevorbringen nicht. Der Kläger formuliert schon keine Rechtsfrage. Es wirft unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 3.3.2004 (BGHZ 158, 166) allenfalls sinngemäß die Frage auf,

        

ob in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und in der privaten Krankenversicherung versicherte Männer hinsichtlich einer Fertilitätsstörung leistungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden dürfen.

Der Kläger macht jedoch nicht deutlich, dass es zur Klärung dieser Frage eines Revisionsverfahrens bedarf. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch klärungsbedürftig sein, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - Juris RdNr 7). Der Kläger legt nicht dar, dass trotz der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Anspruchs nach § 27a SGB V - hier zur Rechtslage, wenn Ehegatten unterschiedlichen Systemen zur Absicherung im Krankheitsfall angehören(vgl dazu BSGE 88, 51, 57 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 16 f; SozR 4-2500 § 27a Nr 1 RdNr 10 ff; SozR 4-2500 § 13 Nr 17 RdNr 16 ff) - noch Klärungsbedarf verbleibt. Er setzt sich nicht mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung auseinander. Er stellt lediglich darauf ab, dass seinem Begehren nach der Rechtsprechung des BGH für die private Krankenversicherung stattzugeben sei, und die Klärung der sich daraus ergebenden "Divergenz" grundsätzliche Bedeutung habe. Zudem meint er ohne nähere Begründung, das BSG habe die strikte Trennung nach den jeweiligen Versicherungsverhältnissen in seinem Urteil vom 17.6.2008 (SozR 4-2500 § 13 Nr 17) angeblich "aufgeweicht".

5

Wer sich - wie der Kläger - auch auf die Verfassungswidrigkeit (hier: Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz) der höchstrichterlichen Auslegung einer Vorschrift beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 10/10 B - Juris RdNr 6). An alledem fehlt es. Die Beschwerdebegründung beschränkt sich auf den Hinweis, das Recht der privaten Krankenversicherung eröffne nach der Rechtsprechung des BGH weitergehende Ansprüche als die Vorschrift des § 27a SGB V in der Auslegung durch das LSG. Das LSG verletzte, da es die gebotene verfassungskonforme Auslegung unterlasse, den allgemeinen Gleichheitssatz, indem es der Rechtsprechung des BSG folge. Die Beschwerdebegründung geht damit auf die vom BVerfG aufgestellten Voraussetzungen für einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG nicht ein und setzt sich nicht näher mit der Auslegung der §§ 27, 27a SGB V durch das BSG auseinander. Die Beschwerdebegründung nimmt auch nicht in den Blick, dass der Gesetzgeber im Bereich der GKV - auch vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes - über einen weiten, nur ausnahmsweise eingeengten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum verfügt (vgl zB BSGE 92, 46 RdNr 34 = SozR 4-2500 § 61 Nr 1 RdNr 35; BSG Beschluss vom 2.11.2006 - B 1 KR 111/06 B - Juris RdNr 8 und 11 mwN; zum erweiterten Behandlungsanspruch bei tödlich verlaufenden Krankheiten: BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ferner bestand Anlass für eine Auseinandersetzung damit, dass die Ungleichbehandlung der GKV-Versicherten gegenüber auf andere Weise abgesicherten Personen Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für unterschiedliche Sicherungssysteme gegen Krankheit ist. Das BVerfG hat aber dem Gesetzgeber grundsätzlich zugestanden, Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung in der GKV in bestimmter Weise festzulegen (BVerfGE 18, 38, 45 f; 18, 257, 265 ff; 18, 366 = SozR Nr 54, 55, 56 zu Art 3 GG). Auch das BSG hat wiederholt betont, dass es im Ermessen des Gesetzgebers liegt, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz dann den Eigenarten der Systeme entsprechend unterschiedlich auswirkt (BSGE 38, 149, 150 = SozR 2200 § 1267 Nr 3 S 10; BSGE 41, 157, 158 f = SozR 5420 § 2 Nr 2 S 2; BSGE 47, 259, 260 f = SozR 3100 § 40a Nr 6 S 16 f; BSG Beschluss vom 2.11.2006 - B 1 KR 111/06 B - Juris RdNr 9 mwN).

6

2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz ist nicht ausreichend dargetan. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - RdNr 4 mwN). Die Darlegung einer Abweichung von der Rechtsprechung des BGH reicht nicht aus.

7

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

8

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Elterngeld ist schriftlich zu beantragen. Es wird rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist. Im Antrag ist anzugeben, für welche Lebensmonate Basiselterngeld, für welche Lebensmonate Elterngeld Plus oder für welche Lebensmonate Partnerschaftsbonus beantragt wird.

(2) Die im Antrag getroffenen Entscheidungen können bis zum Ende des Bezugszeitraums geändert werden. Eine Änderung kann rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats verlangt werden, in dem der Änderungsantrag eingegangen ist. Sie ist außer in den Fällen besonderer Härte unzulässig, soweit Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 kann für einen Lebensmonat, in dem bereits Elterngeld Plus bezogen wurde, nachträglich Basiselterngeld beantragt werden. Im Übrigen finden die für die Antragstellung geltenden Vorschriften auch auf den Änderungsantrag Anwendung.

(3) Der Antrag ist, außer im Fall des § 4c und der Antragstellung durch eine allein sorgeberechtigte Person, zu unterschreiben von der Person, die ihn stellt, und zur Bestätigung der Kenntnisnahme auch von der anderen berechtigten Person. Die andere berechtigte Person kann gleichzeitig

1.
einen Antrag auf Elterngeld stellen oder
2.
der Behörde anzeigen, wie viele Monatsbeträge sie beansprucht, wenn mit ihrem Anspruch die Höchstgrenzen nach § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b überschritten würden.
Liegt der Behörde von der anderen berechtigten Person weder ein Antrag auf Elterngeld noch eine Anzeige nach Satz 2 vor, so werden sämtliche Monatsbeträge der berechtigten Person ausgezahlt, die den Antrag gestellt hat; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Absatz 2 nur die unter Berücksichtigung von § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b vom Gesamtanspruch verbleibenden Monatsbeträge erhalten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist vorrangig ein Anspruch der Klägerin auf Altersrente für langjährig Versicherte und dabei insbesondere, ob sie die Wartezeit von 35 Jahren aufgrund zusätzlich anzuerkennender Berücksichtigungszeiten wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege erfüllt hat.

2

Die 1939 geborene Klägerin bezog für ihren 1972 geborenen, im Januar 2002 verstorbenen schwerbehinderten Sohn seit November 1979 Hilfe zur Pflege (Pflegegeld); die Sozialhilfeleistung wurde Ende der 1980er Jahre wegen Überschreitens der Einkommensgrenze eingestellt. Anlässlich der Übersendung eines Versicherungsverlaufs bat die Klägerin nach einem von ihr vorgelegten Schreiben vom 15.3.1989 die LVA Hannover (deren Rechtsnachfolge im Jahr 2005 die DRV Braunschweig-Hannover antrat - im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) um Auskunft, ob für ihren pflegebedürftigen Sohn weitere Beitragszeiten anerkannt werden könnten; eine Antwort hat sie nach ihren Angaben nicht erhalten. Nach Inkrafttreten des SGB XI übersandte ihr die beigeladene Pflegekasse am 6.3.1995 ein Antragsformular zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen samt Beratungsblatt. Die Klägerin reichte den Antrag vom 25.3.1995 an die Beigeladene zurück und gab dabei an, ihren Sohn seit 1979 im Umfang von derzeit 17,5 Stunden pro Woche zu pflegen. Ihren am 5.7.1996 gestellten Antrag auf rückwirkende Anerkennung ihrer Pflegetätigkeit ab 1.11.1979 als rentenversicherungspflichtige Beschäftigung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.2.1997 ab, weil die Klägerin weder den erforderlichen Antrag für eine - ohnehin erst ab 1.1.1992 in Frage kommende - Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege gestellt noch in dieser Zeit freiwillige Beiträge, die in Pflichtbeiträge umgewandelt werden könnten, entrichtet habe. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

3

Im März 2002 beantragte die Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da lediglich 31 Jahre und 11 Monate an rentenrechtlichen Zeiten auf die hierfür erforderliche Wartezeit von 35 Jahren anzurechnen seien (Bescheid vom 28.3.2002, Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002). Ab 1.7.2004 bewilligte sie Regelaltersrente auf der Grundlage von 14,8049 persönlichen Entgeltpunkten iHv monatlich - einschließlich Zuschuss zur privaten Krankenversicherung - 414,51 Euro (Rentenbescheid vom 23.6.2004).

4

Die ursprünglich gegen die ablehnenden Bescheide vom 28.3. bzw 17.12.2002 gerichtete Klage nahm die Klägerin - nach Sachverhaltsaufklärung auch zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen Beratungsmangels - in der mündlichen Verhandlung am 22.4.2004 zurück, widerrief diese Erklärung aber mit Schreiben vom selben Tag. Das SG wies mit Urteil vom 25.8.2005 die Klage als in der Sache unbegründet ab, wobei es offenließ, ob eine Anfechtung der Klagerücknahme überhaupt möglich sei. Ihre Berufung gegen diese Entscheidung nahm die Klägerin im März 2006 zurück.

5

Mit Schreiben vom 13.7.2006 beantragte die Klägerin eine Überprüfung der ablehnenden Rentenbescheide vom 28.3. bzw 17.12.2002 sowie des Bewilligungsbescheids über Regelaltersrente vom 23.6.2004, da das Erfordernis eines Antrags für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege zu einer Ungleichbehandlung führe und daher verfassungswidrig sei. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 31.7.2006, Widerspruchsbescheid vom 6.10.2006).

6

Das SG hat die auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte sowie einer höheren Regelaltersrente gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 16.12.2008). Es hat sich in seiner Entscheidung ausschließlich mit dem Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte auseinandergesetzt und ausgeführt, ein gewichtiges Indiz für die Verfassungsmäßigkeit der bis zum 31.3.1995 geltenden Regelung in § 57 Abs 2 SGB VI sei ihre quasi wortgleiche Wiederholung in § 249b SGB VI. In Bezug auf Art 14 GG sei fraglich, ob der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts überhaupt eröffnet sei; jedenfalls aber sei das Grundrecht aufgrund zulässiger Gemeinwohlerwägungen nicht verletzt. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sei eine Fristsetzung zweckmäßig, da sowohl für den Versicherten als auch für den Versicherungsträger Gewissheit bestehen müsse, dass nach Ablauf eines bestimmten Datums keine Anträge und ggf Neuberechnungen hinsichtlich Rentenanträgen oder bestehender Renten mehr erfolgen könnten. Zudem lasse sich im Nachhinein in der Regel nur mit größten Schwierigkeiten oder gar nicht mehr aufklären, ob und in welchem Umfang Pflege geleistet worden sei. Ebenso wenig sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt, da der Versicherte es selbst in der Hand habe, durch sein Verhalten die Berücksichtigungszeiten zu erlangen. Aus denselben Gründen stehe auch der Gleichheitsgrundsatz der Regelung nicht entgegen.

7

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 14.7.2010). Im Berufungsurteil, das sich lediglich mit dem Anspruch auf höhere Regelaltersrente befasst, ist im Wesentlichen ausgeführt, die zur Überprüfung gestellten Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig, da die Klägerin mit ihrem Antrag vom "5.6.1996" (gemäß Tatbestand zutreffend: 5.7.1996) die Antragsfrist nach § 249b S 1 SGB VI - bis 30.6.1995 - versäumt habe. Eine Wiedereinsetzung nach § 27 Abs 1 SGB X scheitere daran, dass die Jahresfrist gemäß Abs 3 der Vorschrift abgelaufen sei. Auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei nicht gegeben, weil der Beklagten gegenüber der Klägerin keine Pflicht zur Spontanberatung oblegen habe; seit Inkrafttreten der Vorschrift zu den Pflege-Berücksichtigungszeiten am 1.1.1992 habe diese weder Kontakt mit der Klägerin noch Kenntnis davon gehabt, dass sie Pflegetätigkeiten ausführe. Eine klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeit zugunsten der Klägerin habe sich der Beklagten auch angesichts der schon Jahre zurückliegenden Anfrage vom 15.3.1989 nicht aufdrängen müssen. Zudem fehle es daran, dass eine Pflichtverletzung zumindest gleichwertig einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil verursacht habe; insoweit hat das LSG auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

8

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin in erster Linie, das fristgebundene Antragserfordernis für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege im Zeitraum 1.1.1992 bis 31.3.1995 gemäß § 57 Abs 2 SGB VI aF bzw § 249b S 2 SGB VI sei mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Denn das Gesetz behandele die Gruppe der Pflegepersonen hinsichtlich der Anerkennung von Pflegezeiten als Berücksichtigungszeiten anders als die Gruppe der Kinder erziehenden Versicherten, die für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 57 Abs 1 SGB VI aF keine Ausschlussfristen beachten müssten, diese vielmehr auch noch im Rahmen späterer Kontenklärungsverfahren erstmals geltend machen könnten. Es bestünden keine hinreichend gewichtigen Sachgründe zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Das Interesse der Rentenversicherungsträger an einer möglichst zeitnahen Feststellung der maßgeblichen Umstände genüge hierfür nicht, weil nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast es ohnehin zu Lasten der Pflegeperson gehe, wenn später diese Umstände nicht mehr nachweisbar seien. Die Ausschlussfrist erschwere daher die Anerkennung einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege in unnötiger Weise. Auch der laut Gesetzesbegründung angestrebte Gleichklang mit den Voraussetzungen für eine freiwillige Beitragszahlung von Pflegepersonen (§ 177 SGB VI aF bzw § 279e SGB VI - letztgenannte Norm zum 31.12.2011 aufgehoben) könne die Antragsfrist nicht rechtfertigen: Was im Beitragsrecht zur Vermeidung der nachträglichen Veränderung einer bereits durchgeführten Versicherung sachgerecht sei, lasse sich auf die Anrechnung einer Berücksichtigungszeit nicht übertragen, da diese keine Beitragszahlung voraussetze.

9

Eine Ungleichbehandlung ergebe sich aber auch im Vergleich zu anderen beitragsfreien Zeiten (Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten, Zurechnungszeiten), bei denen allesamt kein fristgebundenes Antragserfordernis normiert sei. Auch hierfür seien sachlich rechtfertigende Gründe nicht ersichtlich. Vielmehr indiziere die singuläre Behandlung der Pflege-Berücksichtigungszeiten einen Systembruch und damit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Da wegen des klaren Wortlauts keine verfassungskonforme Auslegung möglich sei, bedürfe es einer Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung.

10

Ungeachtet dessen habe das LSG zu Unrecht einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verneint. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, sie - die Klägerin - anlässlich ihres Auskunftsersuchens vom 15.3.1989 und weiterer Kontakte in den Jahren 1992, 1993 und 1994 über die Ausschlussfrist zu beraten. Wegen des "Meistbegünstigungsprinzips" hätte ihre Anfrage nach weiteren "Beitragszeiten" für den pflegebedürftigen Sohn umfassend - auch mit einem Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung beitragsloser Berücksichtigungszeiten - beantwortet werden müssen, zumal die zum 1.1.1992 erfolgte Einführung der Berücksichtigungszeiten wegen Pflege damals bereits in Kraft getreten gewesen sei. Es sei der Sozialverwaltung zumutbar, eine aktuell bearbeitete Akte auf noch unerledigte Anträge und Auskunftsersuchen zu überprüfen. Dass die Akte zwischenzeitlich "verlegt" gewesen sei, dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen. Aufgrund des unterbliebenen Hinweises auf einen möglichen Antrag nach § 57 Abs 2 SGB VI aF sei ihr ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden. Denn bei Kenntnis dieses Erfordernisses hätte sie einen solchen Antrag in jedem Fall gestellt. Da nur dessen Fehlen zur Nichterfüllung der Wartezeit für eine Altersrente für langjährig Versicherte geführt habe, sei sie im Wege des Herstellungsanspruchs so zu stellen, als ob sie rechtzeitig die Anerkennung der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.3.1995 als Berücksichtigungszeit wegen Pflege beantragt habe.

11

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Juli 2010, das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 16. Dezember 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Oktober 2006 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den Ablehnungsbescheid vom 28. März 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2002 zurückzunehmen und ab 1. Juli 2002 Altersrente für langjährig Versicherte zu gewähren,

hilfsweise, die genannten Urteile und Bescheide aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 23. Juni 2004 zurückzunehmen und höhere Regelaltersrente unter Anrechnung des Zeitraums vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995 als Berücksichtigungszeit wegen Pflege zu gewähren.

12

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, ein möglicher Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung hinsichtlich des Antragserfordernisses von Zeiten der Pflege und Zeiten der Kindererziehung könne darin liegen, dass die Erziehung eines Kindes durch einen Elternteil im Regelfall unterstellt werden könne, während der Nachweis der Pflege eines Angehörigen für lange zurückliegende Zeiträume schwierig sei. Im Übrigen sei vorrangig das Bestehen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu prüfen. Sie - die Beklagte - habe jedoch keine Beratungspflichten verletzt. Sie könne auch nach Auswertung bereits mikroverfilmter Aktenbestandteile nicht feststellen, dass das von der Klägerin angeführte Schreiben vom 15.3.1989 überhaupt bei ihr eingegangen sei. Der Rechtsmeinung, dass der Rentenversicherungsträger bei jedem neuen "Geschäftsvorfall" den bisherigen Vorgang ohne konkreten Anlass vollständig darauf zu überprüfen habe, ob durch zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderungen alte Aktenbestandteile eine neue Relevanz erhalten hätten, sei aus zeitlichen und arbeitstechnischen Gründen nicht zu folgen.

14

Die Beigeladene verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden vorinstanzlichen Entscheidungen, sieht aber von einer eigenen Antragstellung ab.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, denn der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 31.7.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.10.2006 ist rechtmäßig (§ 170 Abs 1 S 1 iVm § 54 Abs 2 S 1 SGG). Die Klägerin kann von der Beklagten weder die Rücknahme des eine Altersrente für langjährig Versicherte versagenden Bescheids vom 28.3.2002 und Gewährung entsprechender Leistungen ab 1.7.2002 beanspruchen noch (im Sinne des Hilfsantrags) die Zahlung höherer Regelaltersrente ab 1.7.2004 unter Änderung des Bescheids über die Regelaltersrente vom 23.6.2004. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es abgelehnt hat, den Zeitraum vom 1.1.1992 bis 31.3.1995, in dem die Klägerin ihren behinderten Sohn pflegte, oder Teile davon als Berücksichtigungszeit wegen Pflege iS des § 249b SGB VI anzuerkennen.

16

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der eine Rücknahme vorangegangener Entscheidungen ablehnende Bescheid der Beklagten vom 31.7.2006 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.10.2006), und zwar sowohl hinsichtlich einer Korrektur des Altersrente für langjährig Versicherte versagenden Bescheids vom 28.3.2002 als auch in Bezug auf eine Änderung des Regelaltersrente bewilligenden Bescheids vom 31.7.2006. Die Klägerin hat von Anfang an stets eine Überprüfung beider Bescheide verlangt. Bei sachgemäßer Auslegung (vgl § 123 SGG) war ihr Begehren von vornherein als - ihr Ziel weitestgehend verwirklichender - Hauptantrag auf Gewährung von Altersrente für langjährig Versicherte unter Einbeziehung des Zeitraums 1.1.1992 bis 31.3.1995 (39 Monate) als Berücksichtigungszeit wegen Pflege zu behandeln. Nur für den Fall von dessen Ablehnung sollte höhere Regelaltersrente unter Einbeziehung möglichst vieler Monate einer Berücksichtigungszeit wegen Pflege eingefordert werden. Die Beklagte hat zumindest im Widerspruchsbescheid vom 6.10.2006 auch über dieses umfassende Begehren entschieden (vgl § 95 SGG). Wenn sich - wie hier - das SG nur mit dem Hauptantrag befasst und den Hilfsantrag übergangen hat, war das Berufungsgericht ohne vorheriges Urteilsergänzungsverfahren (vgl § 140 SGG) verpflichtet, auch über den Hilfsantrag zu entscheiden (§ 157 S 1 SGG - s hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 157 RdNr 2a). Auch wenn sich das LSG in seinem Urteil ausschließlich mit dem (Hilfs-)Antrag auf höhere Regelaltersrente auseinandergesetzt hat, muss bei sachgerechter Zusammenschau davon ausgegangen werden, dass es den im Tatbestand seines Urteils wiedergegebenen Hauptantrag nicht übergangen, sondern - zumindest konkludent - ebenfalls als nicht begründet beurteilt hat. Denn mit der Ablehnung jeglicher Berücksichtigungszeiten wegen Pflege mussten notwendigerweise sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag der Klägerin scheitern. Damit ist aber auch der Hauptantrag Gegenstand der Überprüfung im Revisionsverfahren (zur vereinzelt bejahten Möglichkeit des "Heraufholens" vom LSG versehentlich übergangener Verfahrensgegenstände in die Revisionsinstanz vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 27).

17

2. Als Rechtsgrundlage für eine Aufhebung des Altersrente für langjährig Versicherte versagenden Bescheids vom 28.3.2002 oder für eine Änderung des Bescheids über die Regelaltersrente vom 23.6.2004 kommt nur § 44 Abs 1 S 1 SGB X in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt worden ist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

18

Ihrer Anwendung steht auch in Bezug auf den Bescheid vom 28.3.2002 nicht entgegen, dass dessen Rechtmäßigkeit bereits Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens war, das rechtskräftig mit einer Abweisung der Klage als unbegründet endete (Urteil des SG Lüneburg vom 25.8.2005 zum Az S 4 RJ 86/04 WA - zuvor S 4 RJ 8/03). Zwar ist dadurch der genannte Bescheid für die Beteiligten in der Sache bindend geworden (§ 77 SGG). Eine Bindung besteht jedoch nur, "soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist". In diesem Sinne ist § 44 SGB X eine gesetzliche Bestimmung, die eine Durchbrechung der Bindungswirkung zulässt(vgl BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29 S 91, 94). Sie vermittelt einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts unabhängig davon, ob dieser durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 96, 227 = SozR 4-2600 § 315a Nr 3, RdNr 14; BSGE 97, 54 = SozR 4-2700 § 8 Nr 18, RdNr 12 - jeweils mwN). Aus dem Urteil des 9. Senats vom 3.2.1988 (BSGE 63, 33, 35 = SozR 1300 § 44 Nr 33 S 89) ergibt sich nichts Gegenteiliges.

19

3. Die Beklagte hat mit der Ablehnung eines Anspruchs auf Altersrente für langjährig Versicherte im Bescheid vom 28.3.2002 iS des § 44 Abs 1 S 1 SGB X das Recht nicht unrichtig - was hier allein in Betracht kommt -, sondern zutreffend angewandt.

20

a) Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Altersrente für langjährig Versicherte ist § 236 Abs 1 SGB VI(gemäß § 300 Abs 2 SGB VI hier noch anzuwenden in der ab 1.1.2000 geltenden Fassung des RRG 1999 vom 16.12.1997, BGBl I 2998; ab 1.1.2002 s auch Neubekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754). Vor dem 1.1.1948 geborene Versicherte haben nach S 1 der Vorschrift frühestens Anspruch auf eine solche Rente, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Nach S 2 bis 4 (aaO) wird diese Altersgrenze für nach dem 31.12.1936 geborene Versicherte nach Maßgabe der Anlage 21 zum SGB VI angehoben, wobei eine vorzeitige Inanspruchnahme möglich ist (mit entsprechenden Abschlägen gemäß § 77 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a SGB VI). Anlage 21 zum SGB VI enthält für Versicherte, die zwischen Januar 1939 und Dezember 1947 geboren sind, nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung - ebenso wie für im Dezember 1938 und im Januar 1948 Geborene - eine Anhebung der Altersgrenze auf 65 Jahre sowie die Möglichkeit zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente ab dem 63. Lebensjahr.

21

Die 1939 geborene Klägerin hatte am 1.7.2002 ihr 63. Lebensjahr vollendet und erfüllte somit die altersmäßige Voraussetzung für eine (vorzeitige) Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte. Sie hatte jedoch, wie das SG festgestellt und worauf das LSG Bezug genommen hat, zu diesem Zeitpunkt ohne Berücksichtigung der streitbefangenen Berücksichtigungszeiten wegen Pflege ihres Sohnes im Zeitraum 1.1.1992 bis 31.3.1995 lediglich 31 Jahre und 11 Monate an rentenrechtlichen Zeiten (§ 51 Abs 3 SGB VI)aufzuweisen, die auf die Wartezeit von 35 Jahren angerechnet werden können. Ein Anspruch der Klägerin auf eine Altersrente für langjährig Versicherte ab 1.7.2002 besteht somit nur, wenn bis dahin wenigstens weitere 37 Monate an rentenrechtlichen Zeiten, zu denen gemäß § 54 Abs 1 Nr 3 SGB VI auch Berücksichtigungszeiten gehören, anzurechnen wären. Das ist jedoch nicht der Fall.

22

b) Eine Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege im Zeitraum 1.1.1992 bis 31.3.1995 (= 39 Monate) kommt nicht in Betracht.

23

Nach § 249b S 1 SGB VI(in der ab 1.4.1995 und bis heute unverändert geltenden Fassung des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 26.5.1994, BGBl I 1014; zuvor weitgehend inhaltsgleich mWv 1.1.1992 § 57 Abs 2 SGB VI idF des RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261) sind Berücksichtigungszeiten "auf Antrag" auch Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines Pflegebedürftigen in der Zeit vom 1.1.1992 bis zum 31.3.1995, solange die Pflegeperson (1.) wegen der Pflege berechtigt war, Beiträge zu zahlen oder die Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zu beantragen, und (2.) nicht zu den in § 56 Abs 4 SGB VI genannten Personen gehört, die von der Anrechnung einer Kindererziehungszeit ausgeschlossen sind. Gemäß S 2 der Vorschrift wird die Zeit der Pflegetätigkeit von der Aufnahme der Pflegetätigkeit an als Berücksichtigungszeit angerechnet, wenn der Antrag bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach Aufnahme der Pflegetätigkeit gestellt wird.

24

aa) Hiernach ist - ungeachtet weiterer Voraussetzungen insbesondere hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Pflegetätigkeit - die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege von einem Antrag der Pflegeperson (nicht: der zu pflegenden Person) abhängig (zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung RdNr 41 ff), zu deren Gunsten die Zeit rentenrechtlich wirksam werden soll (Dankelmann in juris-PK SGB VI, 2. Aufl 2013, § 249b RdNr 44). Die zeitliche Wirkung des Antrags ergibt sich aus § 249b S 2 SGB VI. Um bei einem Beginn der Pflegetätigkeit vor 1992 - wie im vorliegenden Fall - den vollen denkbaren Zeitraum (1.1.1992 bis 31.3.1995) als Berücksichtigungszeit gutgeschrieben zu erhalten, hätte die Klägerin einen entsprechenden Antrag spätestens am 31.3.1992 stellen müssen, da bei einer bereits länger als drei Monate - hier: seit November 1979 - aufgenommenen Pflegetätigkeit die Berücksichtigungszeit erst ab dem Tag des Antragseingangs angerechnet werden kann (Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 249b RdNr 3, 18, Stand Juni 2012). Eine Antragstellung nach diesem Zeitpunkt hätte nur zu einer entsprechend kürzeren Berücksichtigungszeit führen können; letztmöglicher Antragszeitpunkt (zur Anerkennung einer Berücksichtigungszeit für den Monat März 1995) war demnach der 31.3.1995 (vgl Löschau in ders, SGB VI, Stand August 2013, § 249b RdNr 17; Bergner ua, KomGRV, § 249b SGB VI Anm 3, Stand Oktober 2003; Försterling in Ruland/Försterling, Gemeinschaftskomm zum SGB VI, § 249b RdNr 13, Stand Mai 2005). Das von den Vorinstanzen für maßgeblich gehaltene Datum 30.6.1995 ist hier nicht einschlägig. Vielmehr markiert es lediglich den letzten denkbaren Antragszeitpunkt für den Fall, dass eine Pflegetätigkeit erst im März 1995 begann.

25

Sämtliche möglichen Antragszeitpunkte hat die Klägerin jedoch versäumt. Denn sie hat einen Antrag auf Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege erst am 5.7.1996 bei der Beklagten gestellt.

26

bb) Auch die Regelungen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) kommen der Klägerin nicht zugute. Dies gilt schon deshalb, weil bei Einreichung des Antrags auf Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege im Juli 1996 die Jahresfrist gemäß § 27 Abs 3 SGB X längst abgelaufen war.

27

cc) Ebenso wenig kann sie auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beanspruchen, so behandelt zu werden, als ob sie den Antrag auf Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege bereits am 31.3.1992 - dem spätesten Zeitpunkt, um die erforderlichen 37 Monate solcher Zeiten angerechnet zu erhalten - gestellt hätte.

28

In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass das richterrechtliche Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch neben der gesetzlichen Wiedereinsetzungsregelung in § 27 SGB X (soweit einschlägig) anwendbar ist. Der Herstellungsanspruch erfordert eine Pflichtverletzung eines Sozialleistungsträgers und einen hierdurch beim Betroffenen hervorgerufenen rechtlichen Nachteil auf dem Gebiet des Sozialrechts; als Rechtsfolge ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde, wobei dies nur durch eine an sich zulässige Amtshandlung geschehen darf (BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 13 RdNr 26 mwN; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 12 AL 2/12 R - Juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-4300 § 28a Nr 5 vorgesehen).

29

Die genannten Voraussetzungen liegen auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG, die von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurden und daher für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), nicht vor. Als Pflichtverletzung, die gegebenenfalls einen Herstellungsanspruch auslösen kann, kommt vorliegend nur eine unzureichende Beratung der Klägerin durch die Beklagte über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Erlangung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege in Betracht (vgl § 14 SGB I).

30

(1) Die Klägerin macht insoweit geltend, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 15.3.1989 ua um Auskunft gebeten, ob für ihren Sohn "weitere Beitragszeiten anerkannt werden könnten, da er seit 1979 schwerbehindert und pflegebedürftig ist", hierauf aber keine Antwort erhalten. Bei ordnungsgemäßer Behandlung ihres Auskunftsersuchens wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, auch zu sonstigen anerkennungsfähigen Zeiten im Zusammenhang mit dem geschilderten Sachverhalt umfassend Auskunft zu geben und dabei auf die Möglichkeiten der Beantragung beitragsloser Berücksichtigungszeiten wegen Pflege hinzuweisen. Das LSG-Urteil enthält jedoch keine Feststellungen dazu, dass diese Anfrage die Beklagte überhaupt erreicht hat. Im Tatbestand (S 2 aaO) ist lediglich der oben erwähnte Vortrag der Klägerin wiedergegeben; die Entscheidungsgründe (S 7 aaO) enthalten keine weitergehenden Feststellungen zum Inhalt der Anfrage oder dazu, ob sie bei der Beklagten - was diese ausdrücklich in Frage stellt - eingegangen ist. Dennoch bedarf es keiner Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung.

31

Denn selbst wenn die Tatsachenbehauptungen der Klägerin zu ihren Gunsten als wahr unterstellt werden, ergibt sich aus ihnen kein Herstellungsanspruch. Zwar stünde dann ein Beratungsmangel iS von § 14 SGB I - in Gestalt der Nichterteilung einer erbetenen Beratung - fest. Dies hätte jedoch zum damaligen Zeitpunkt im Frühjahr 1989 nicht kausal zu einem sozialrechtlichen Nachteil bei der Klägerin führen können. Bei Durchführung der Beratung hätte die Beklagte der Klägerin damals lediglich mitteilen können, dass nach geltender Rechtslage keine weiteren Beitragszeiten oder sonstige rentenrechtlichen Zeiten wegen der Pflegebedürftigkeit ihres Sohnes anzuerkennen seien. Hieraus hätte sich für die Klägerin kein Erfordernis einer späteren Antragstellung zur Erlangung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege erschlossen, was zur Folge hat, dass ohne die (behauptete) Pflichtverletzung kein für die Klägerin günstigerer Rechtszustand eingetreten wäre, der mit Hilfe des Herstellungsanspruchs nunmehr verwirklicht werden könnte.

32

Die Beklagte war im März 1989 auch nicht dazu verpflichtet, auf eine möglicherweise künftig günstigere, mit dem Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung verbundene Rechtslage hinzuweisen, falls der am 7.3.1989 erstmals in das Gesetzgebungsverfahren eingebrachte Entwurf des RRG 1992 (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom 7.3.1989, BT-Drucks 11/4124) in Gestalt der dort in § 57 Abs 2 SGB VI neu aufgenommenen Regelung geltendes Recht würde. Denn der Anspruch auf Beratung nach § 14 SGB I umfasst nur die Beratung über die bestehenden "Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch", nicht aber auch über den Inhalt von bloßen Gesetzentwürfen, die weder vom Parlament verabschiedet noch verkündet sind(s BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 5 RdNr 9 - zum Fall einer neu eingeführten antragsabhängigen Leistung nach dem LBliGG Sachsen - sowie BSG SozR 3-3200 § 86a Nr 2 S 6 - zum Fall der 1987 neu eingeführten antragsabhängigen Arbeitslosenbeihilfe nach § 86a Abs 1 S 2 SVG iVm § 100 Abs 1 AFG für Soldaten auf Zeit).

33

Nichts anderes ergibt sich, wenn der Zeitraum nach Verkündung des RRG 1992 am 28.12.1989 (vgl BGBl I 1989 Nr 60 S 2261) in den Blick genommen wird. Dann wäre zwar die (unterstellte) Anfrage der Klägerin immer noch unbeantwortet gewesen. Außerdem hätte die Beklagte auf eine zu diesem Zeitpunkt gestellte Anfrage der Klägerin mitteilen müssen, dass nach der gesetzlichen Regelung ab 1992 Zeiten der nicht erwerbsmäßigen Pflege im Umfang von regelmäßig mindestens 10 Stunden pro Woche auf einen entsprechenden - fristgebundenen - Antrag hin entweder als Pflichtbeitragszeiten oder als Berücksichtigungszeiten (§ 57 Abs 2 iVm § 177 SGB VI aF)angerechnet werden können (vgl BSG SozR 4-3800 § 1 Nr 9 RdNr 35; s hierzu auch Bergner ua, KomGRV, § 14 SGB I RdNr 5 S 8, Stand März 2007). Gleichwohl vermag - jedenfalls in einer Konstellation wie der hier vorliegenden - eine fehlende Antwort der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 15.3.1989 einen Herstellungsanspruch nicht zu begründen.

34

Denn wenn ein Betroffener, der auf ein Auskunftsersuchen keine Antwort erhält, nach einer angemessenen Wartefrist die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Aufklärung, ob seine Anfrage bei dem zur Beratung verpflichteten Leistungsträger überhaupt angekommen ist oder welche Gründe für das Ausbleiben einer Antwort bestehen, nicht wahrnimmt, so kann er aus dem Unterbleiben der Beratung keinen Herstellungsanspruch mehr herleiten. Ein Betroffener in solcher Lage hat Kenntnis von seinem Informationsdefizit; ihm kann deshalb zugemutet werden, seine Anfrage in angemessener Frist zu wiederholen, zumal er sein Beratungsbegehren gegenüber der Behörde nötigenfalls prozessual durchsetzen kann (BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 24; s auch Schmidt-De Caluwe, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1992, S 514, der einen Herstellungsanspruch nur bejaht, wenn die versäumte Frist "zwischenzeitlich" - also innerhalb der angemessenen Wartefrist - abgelaufen ist). Eine Nachfrage wegen der bislang unterbliebenen Antwort liegt auch deshalb nahe, weil es hierfür die unterschiedlichsten Gründe geben kann: Neben dem (pflichtwidrigen) Unterlassen einer rechtzeitigen Auskunft kann auch das Auskunftsersuchen oder die Auskunft auf dem Postweg oder behördenintern verloren gegangen sein; denkbar ist ferner, dass die Anfrage von der Klägerin versehentlich nicht abgeschickt oder die Antwort von ihr übersehen oder versehentlich vernichtet wurde.

35

Nicht vertieft zu werden braucht in diesem Zusammenhang, ob die Beschränkung des Herstellungsanspruchs aus dem generellen Vorrang des Primärrechtsschutzes im Verhältnis zwischen Bürger und Staat herzuleiten ist, der es dem Bürger versagt, eine rechtswidrige staatliche Beeinträchtigung freiwillig hinzunehmen und stattdessen hierfür Schadensersatz zu verlangen (vgl BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 17 mwN), ob die Begrenzung des Herstellungsanspruchs aus Nebenpflichten und Obliegenheiten folgt, die sich auch für den Leistungsberechtigten aus dem Sozialrechtsverhältnis ergeben (so BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 75/12 R - RdNr 24 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 16 Nr 13 vorgesehen), oder ob es in diesen Fällen bereits an der Kausalität der behördlichen Pflichtverletzung iS einer wesentlichen - zumindest gleichwertigen - Bedingung für die Beeinträchtigung eines sozialen Rechts fehlt (so BSGE 91, 1 = SozR 4-2600 § 115 Nr 1 - Leitsatz 2 und RdNr 62). Im Ergebnis besteht jedenfalls Übereinstimmung, dass unter den genannten Voraussetzungen kein Herstellungsanspruch wegen unterlassener Beratung besteht.

36

Eine solche Konstellation liegt hier vor, sofern das tatsächliche Vorbringen der Klägerin als wahr unterstellt wird. Diese hat mit ihrer Revision selbst nicht vorgetragen, dass sie ihre (behauptete) Anfrage vom 15.3.1989, die von der Beklagten unbeantwortet geblieben sei, zu irgendeinem späteren Zeitpunkt erneuert oder Informationen zu den Gründen der unterbliebenen Antwort eingeholt habe; auch das LSG hat solches nicht festgestellt. Damit scheidet ein Herstellungsanspruch als Folge einer unterlassenen Beantwortung des Schreibens der Klägerin vom 15.3.1989 durch die Beklagte aus. Wie zu entscheiden wäre, wenn die Antragsfrist gerade in dem Zeitraum abgelaufen wäre, während dessen die Klägerin mit einer Antwort durch die Beklagte auch ohne Nachfrage hat rechnen dürfen, kann dahinstehen; zum hier maßgeblichen Zeitpunkt Ende März 1992 war dies jedenfalls nicht mehr der Fall.

37

(2) Weiterhin leitet die Klägerin eine Pflicht der Beklagten zur Beratung über das Antragserfordernis hinsichtlich der Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege ab 1.1.1992 daraus ab, dass nach Verkündung des RRG 1992 erneut Kontakte in rentenrechtlichen Angelegenheiten stattgefunden hätten, nämlich im Zusammenhang mit einem Antrag vom 2.11.1992 auf Beitragsnachzahlung bei Heiratserstattung und weiteren Vorgängen in den Jahren 1993 und 1994; jedenfalls zu diesen Zeitpunkten hätte die Beklagte sie über die bereits konkret eingetretene Änderung der Rechtslage beraten müssen.

38

Eine Würdigung dieses Sachverhalts durch das Revisionsgericht ist jedoch ausgeschlossen. Denn es handelt sich insoweit um völlig neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann (vgl BSGE 9, 266, 271; Lüdtke in ders, SGG, 4. Aufl 2012, § 163 RdNr 3). Im angefochtenen Urteil des LSG finden sich keinerlei Feststellungen zu solchen Kontakten. Dort ist - anders als hinsichtlich der Geltendmachung eines Herstellungsanspruchs aufgrund des Schreibens vom 15.3.1989 - nicht einmal ein entsprechendes Vorbringen der Klägerin in erster oder zweiter Instanz zur Untermauerung ihres Anspruchs erwähnt (vgl § 136 Abs 2 S 2 SGG). Wiederaufnahmegründe in Bezug auf diese tatsächlichen Umstände sind ebenfalls nicht ersichtlich.

39

Im Übrigen könnte ein Herstellungsanspruch aufgrund eines Beratungsfehlers der Beklagten anlässlich des ersten vorgetragenen Kontakts im November 1992 allenfalls dazu führen, dass die Klägerin so zu stellen wäre, als ob sie einen Antrag auf Anerkennung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege im November 1992 gestellt hätte. Das würde jedoch nicht genügen, um die bei ihr für eine Altersrente für langjährig Versicherte zusätzlich erforderlichen rentenrechtlichen Zeiten im Umfang von mindestens 37 Monaten zu erlangen (s oben 3. a).

40

4. Die Beklagte hat auch im Bescheid über die Regelaltersrente vom 23.6.2004 iS des § 44 Abs 1 S 1 SGB X das Recht nicht unrichtig, sondern zutreffend angewandt, indem sie bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte(§§ 70 ff SGB VI) für den Zeitraum 1.1.1992 bis 31.3.1995 keine Berücksichtigungszeiten wegen Pflege (§ 249b SGB VI)einbezog. Auch insoweit fehlt für eine Anrechnung solcher Berücksichtigungszeiten der erforderliche rechtzeitige Antrag; auf die obigen Ausführungen (unter 3. b) wird Bezug genommen.

41

5. Das Antragserfordernis in § 57 Abs 2 SGB VI(in der ab 1.1.1992 bis 31.3.1995 geltenden Fassung des RRG 1992) bzw nunmehr in § 249b SGB VI(in der ab 1.4.1995 geltenden Fassung des PflegeVG) verletzt kein Verfassungsrecht; es ist insbesondere mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar.

42

a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Er verlangt vom Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu regeln. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, vgl BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN).

43

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen über einen stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstab bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (BVerfGE 132, 179 RdNr 30; BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN). Differenzierungen bedürfen dabei stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Mithin muss eine Differenzierung nicht nur an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpfen, sondern es ist auch ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung erforderlich, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist (BVerfGE 132, 372 RdNr 45 mwN).

44

Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich dabei nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfGE 131, 239, 256 mwN). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit, um den es hier geht, kommt dem Gesetzgeber bei der Abgrenzung der begünstigten Personenkreise grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 130, 240, 254 mwN). Ihm sind jedoch umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (BVerfGE 122, 39, 52; 130, 131, 142). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist auch anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft (BVerfGE 129, 49, 69); sie ist darüber hinaus umso strenger, je mehr sich die zur Unterscheidung führenden personenbezogenen Merkmale den in Art 3 Abs 3 GG genannten Merkmalen annähern und je größer die Gefahr ist, dass die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt (BVerfGE 131, 239, 256). Bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung insbesondere auch davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfGE 127, 263, 280 = SozR 4-1300 § 116 Nr 2 RdNr 45 mwN). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers geht besonders weit, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedliche Regelung einstellen können; die Grenze bildet dann allein das Willkürverbot (BVerfGE 97, 271, 291 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 11).

45

b) Nach diesen Grundsätzen ist Prüfungsmaßstab hier allein das Willkürverbot. Das Unterscheidungsmerkmal "Antragserfordernis", das die Klägerin beanstandet, ist nicht personenbezogen, sondern knüpft an den Lebenssachverhalt der Verrichtung nicht erwerbsmäßiger Pflege in einem bestimmten zeitlichen Umfang durch jede beliebige Person an; es weist auch keinerlei Nähe zu einem der in Art 3 Abs 3 GG genannten Merkmale - Alter, Geschlecht, Abstammung usw - auf. Die unterschiedliche Behandlung - Erlangung rentenrechtlicher Zeiten ohne eigenen Beitrag, aber einmal mit und sonst ohne vorherigen Antrag - wirkt sich auch nicht in irgendeiner Weise auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten aus. Es handelt sich vielmehr um eine Regelung, die lediglich verschiedene Lebenssachverhalte (Pflege in Abgrenzung zu Kindererziehung oder sonstigen Tatbeständen, die eine beitragslose rentenrechtliche Zeit begründen) in Bezug auf die verfahrensrechtliche Verwirklichung ihrer Berücksichtigung beim Erwerb von Rentenrechten in unterschiedlicher Weise ausgestaltet (zum Willkürverbot als Beurteilungsmaßstab für verfahrensrechtliche Ausgestaltungen s BVerfGE 42, 64, 73 f; zur Anlegung eines "zurückgenommenen Prüfungsmaßstabs" bei der Beurteilung des Selbsttitulierungsrechts einiger öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten vgl BVerfGE 132, 372 RdNr 46). Die davon Betroffenen konnten sich zudem durch eigenes Verhalten, nämlich durch eine formlose Antragstellung (§ 9 SGB X - vgl Löschau in ders, SGB VI, Stand August 2013, § 249b SGB VI RdNr 18; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 249b RdNr 15, Stand Juni 2012) und damit ohne besonderen Aufwand auf die unterschiedliche Regelung einstellen.

46

c) Die Gewährung beitragsfreier Berücksichtigungszeiten wegen Pflege als zur Begründung oder Erhöhung von Rentenleistungen beitragendes Element für den Zeitraum 1.1.1992 bis 31.3.1995 nur nach vorheriger fristgebundener Antragstellung (und damit unter verfahrensrechtlich strengeren Voraussetzungen als bei zahlreichen anderen rentenrechtlich bedeutsamen Zeiten) ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

47

Das RRG 1992 hat erstmals geregelt, dass nicht erwerbsmäßige häusliche Pflegetätigkeit als rentenrechtlich bedeutsame Zeit berücksichtigt werden kann. Die Begründung des Gesetzentwurfs führt dazu aus, die neue Leistung stehe im Zusammenhang mit dem Ziel, die Versicherungsbedingungen für ehrenamtliche Pflegepersonen zu verbessern; deshalb sollte die Vergünstigung an die gleichen Voraussetzungen gebunden werden, die auch für die in § 177 SGB VI(bis 31.3.1995; anschließend § 279e SGB VI, der bis 31.12.2011 galt) neu geschaffene Möglichkeit einer Umwandlung freiwilliger Beiträge von Pflegepersonen in Pflichtbeiträge vorgesehen waren (BT-Drucks 11/4124 S 142 unter 2. sowie S 167 - zu § 57 Abs 2). Diese beitragsrechtliche Regelung sollte jedoch nur "auf Antrag und bei entsprechendem Nachweis" eröffnet werden (BT-Drucks 11/4124 S 143 unter 3.), denn den Rentenversicherungsträgern sei eine Überprüfung des Vorliegens der Pflegebedürftigkeit und der tatsächlichen Pflegeleistung - gemäß § 177 Abs 1 Nr 2 SGB VI aF regelmäßig wöchentlich mindestens 10 Stunden - selbst nicht möglich(BT-Drucks 11/4124 S 186 - zu § 172, der als § 177 SGB VI Gesetz wurde). Deshalb wurde in § 177 Abs 4 S 2 SGB VI aF ergänzend bestimmt, dass die Versicherten den Umfang der Pflegebedürftigkeit durch eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes(§ 275 SGB V) und den Umfang der Pflegetätigkeit durch die Bescheinigung einer von den Landesregierungen zu bestimmenden Stelle selbst nachzuweisen hatten.

48

Das gesetzgeberische Ziel einer Verknüpfung der neuen beitragsfreien Vergünstigung der Berücksichtigungszeiten wegen Pflege (mit zumeist rentenrechtlich nur geringen Auswirkungen) mit der gleichzeitig neu geschaffenen Möglichkeit einer verbesserten Beitragszahlung durch die Pflegepersonen auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht ist nicht zu beanstanden und keinesfalls willkürlich. Die insoweit unterschiedliche Behandlung der Berücksichtigungszeiten wegen Pflege gegenüber den - ebenfalls durch das RRG 1992 eingeführten - Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§ 57 Abs 1 SGB VI aF, nunmehr § 57 SGB VI) erklärt sich dadurch, dass hinsichtlich des letztgenannten Sachverhalts eine gesonderte Beitrags(umwandlungs)regelung nicht besteht. In Bezug auf Pflegepersonen im Bereich nicht erwerbsmäßiger häuslicher Pflege, die bereits vor Einführung der Pflegeversicherung unter bestimmten Umständen für ihren Einsatz aus der Geldleistung nach § 57 SGB V aF honoriert werden konnten(s die Übersicht in BT-Drucks 12/5262 S 68 ff, insbesondere die Hinweise auf § 55 und § 57 SGB V in der vom 1.1.1989 bis 31.3.1995 geltenden Fassung), lag es nahe, ihnen auch eine eigene Beitragsleistung zur rentenrechtlichen Absicherung zu eröffnen und diese Form der eigenverantwortlichen Vorsorge durch parallele verfahrensrechtliche Regelungen zu befördern. Die Antragsgebundenheit der beitragslosen Berücksichtigungszeit wegen Pflege ermöglichte es den Rentenversicherungsträgern, die Pflegepersonen zeitnah über deren (begrenzte) rentenrechtlichen Wirkungen sowie über die zusätzlich bestehenden beitragsrechtlichen Möglichkeiten für eine verbesserte soziale Absicherung aufzuklären. Im Hinblick darauf trifft der Einwand der Klägerin nicht zu, dass der vom Gesetzgeber hergestellte Sachzusammenhang zwischen den Berücksichtigungszeiten wegen Pflege (§ 57 Abs 2 SGB VI aF)und den Beitragsregelungen wegen Pflege (§ 177 SGB VI aF) einen Regelungsgleichklang in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht rechtfertigen könne, weil die ergänzende Beitragszahlung keine notwendige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Berücksichtigungszeit sei (in diesem Sinne auch Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 249b RdNr 16, Stand Juni 2012).

49

Die oben wiedergegebene Begründung zum RRG 1992 zeigt zudem auf, dass der Gesetzgeber die besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen (Antrag, Vorlage bestimmter Nachweise) für die Gewährung von Vergünstigungen für nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege geschaffen hat, weil er eine Überprüfung der materiellen Voraussetzungen - insbesondere des Umfangs der tatsächlich erbrachten Pflegetätigkeit - durch den Rentenversicherungsträger selbst für nicht durchführbar hielt. Auch das ist frei von Willkür. Dass dabei die von Anfang an vollumfängliche (rückwirkende) Anrechnung einer Pflegezeit von der Beachtung einer - mit drei Monaten relativ kurz bemessenen - Antragsfrist abhängig gemacht wurde, beruht auf dem Sachgrund, dass die Feststellung des Umfangs einer nicht erwerbsmäßig im häuslichen Bereich ausgeübten Pflegetätigkeit in länger zurückliegenden Zeiträumen nicht zuletzt wegen jederzeit möglicher gesundheitlich bedingter Änderungen des Pflegebedarfs besonders schwierig ist (vgl Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Teil II - Bd 3, § 249b SGB VI RdNr 10, Stand Februar 1996). Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, eine solche Regelung sei nicht erforderlich, weil die Folgen einer eventuellen Beweislosigkeit nach den Regeln der objektiven Beweislast ohnehin von der Pflegeperson zu tragen seien. Der Gesetzgeber handelt nicht sachwidrig, wenn er die Inanspruchnahme materieller Vergünstigungen an die Beachtung zumutbarer verfahrensrechtlicher Vorkehrungen knüpft und damit das Ziel verfolgt, den Umfang künftiger Streitigkeiten von vornherein zu begrenzen. Die Grundsätze der Beweislast kämen dagegen erst zur Anwendung, wenn alle bestehenden Möglichkeiten der Sachaufklärung von Amts wegen in gegebenenfalls für die Solidargemeinschaft der Rentenversicherten kostenaufwändigen, für die Pflegeperson aber kostenfreien Verfahren (vgl § 64 Abs 1 SGB X, §§ 183, 184, 193 Abs 4 SGG)ausgeschöpft wären.

50

Der weitere Einwand, es handele sich bei dem fristgebundenen Antragserfordernis für die Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Pflege um eine systemwidrige singuläre Ausnahmeregelung, da alle anderen beitragsfreien Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne diese Einschränkung berücksichtigt werden könnten, trifft nicht zu. Auch die Inanspruchnahme von Kindererziehungszeiten ist in bestimmten Konstellationen gleichfalls von einem fristgebundenen Antrag abhängig. Im Falle gemeinsamer Erziehung können sie einem Elternteil durch übereinstimmende Erklärung rückwirkend nur für bis zu zwei Kalendermonate vor deren Abgabe zugeordnet werden (§ 56 Abs 2 S 5 und 6 SGB VI),wobei die Abgabe der Erklärung nach den Regeln über die Antragstellung erfolgt (§ 56 Abs 2 S 7 SGB VI). Zudem sind auch bestimmte Pflichtbeitragszeiten an einen rechtzeitigen Antrag geknüpft (Antragspflichtversicherung nicht nur vorübergehend selbstständig Tätiger gemäß § 4 Abs 2 iVm Abs 4 S 1 Nr 1 SGB VI: frühestens ab Antragstellung; Antragspflichtversicherung nicht oder ohne Krankengeldanspruch in der GKV Versicherter gemäß § 4 Abs 3 S 1 Nr 2 iVm Abs 4 S 1 Nr 2 SGB VI: Rückwirkung auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit nur bei Antragstellung innerhalb von drei Monaten). Im Übrigen stellt eine Systemwidrigkeit für sich allein keinen Gleichheitsverstoß dar, da der Gesetzgeber bei Vorliegen plausibler Gründe ohne Verletzung des Art 3 Abs 1 GG von sonst verfolgten Regelungsprinzipien abweichen kann (BVerfGE 81, 156, 207 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 19; s hierzu auch Heun in Dreier, GG, Bd 1, 3. Aufl 2013, Art 3 RdNr 37; Axer, SGb 2013, 669, 675).

51

Die zwar bei den meisten rentenrechtlichen Zeiten nicht übliche, als solche aber auch nicht singuläre Verknüpfung der zum 1.1.1992 neu eingeführten Berücksichtigungszeiten wegen Pflege mit einem fristgebundenen Antragserfordernis entbehrt schließlich auch nicht deshalb einer sachlichen Rechtfertigung, weil - wie die Klägerin vorträgt - die Versicherten mit einer solchen Regelung nicht rechnen konnten. Der damit angesprochene, im Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) verankerte Verfassungsgrundsatz des Vertrauensschutzes (s hierzu BVerfG vom 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - Juris RdNr 32, 41) ist nicht verletzt, wenn der Gesetzgeber - wie hier - einen Lebensbereich erstmalig einer Regelung zuführt. Dann kann sich schutzwürdiges Vertrauen auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen noch nicht gebildet haben. Vielmehr ist es dem Bürger zuzumuten, sich über die konkreten Bedingungen, unter denen das Gesetz einen neuartigen Vorteil gewährt, kundig zu machen und dabei die Informationsangebote der zur Aufklärung der Bevölkerung über ihre sozialen Rechte verpflichteten Leistungsträger (vgl § 13 SGB I) zu nutzen.

52

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG. Der Beigeladenen sind keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten, zumal sie keinen Sachantrag gestellt hat (vgl Senatsurteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 19/01 R - Juris RdNr 44 ; s auch BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Elterngeld ist schriftlich zu beantragen. Es wird rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist. Im Antrag ist anzugeben, für welche Lebensmonate Basiselterngeld, für welche Lebensmonate Elterngeld Plus oder für welche Lebensmonate Partnerschaftsbonus beantragt wird.

(2) Die im Antrag getroffenen Entscheidungen können bis zum Ende des Bezugszeitraums geändert werden. Eine Änderung kann rückwirkend nur für die letzten drei Lebensmonate vor Beginn des Lebensmonats verlangt werden, in dem der Änderungsantrag eingegangen ist. Sie ist außer in den Fällen besonderer Härte unzulässig, soweit Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 kann für einen Lebensmonat, in dem bereits Elterngeld Plus bezogen wurde, nachträglich Basiselterngeld beantragt werden. Im Übrigen finden die für die Antragstellung geltenden Vorschriften auch auf den Änderungsantrag Anwendung.

(3) Der Antrag ist, außer im Fall des § 4c und der Antragstellung durch eine allein sorgeberechtigte Person, zu unterschreiben von der Person, die ihn stellt, und zur Bestätigung der Kenntnisnahme auch von der anderen berechtigten Person. Die andere berechtigte Person kann gleichzeitig

1.
einen Antrag auf Elterngeld stellen oder
2.
der Behörde anzeigen, wie viele Monatsbeträge sie beansprucht, wenn mit ihrem Anspruch die Höchstgrenzen nach § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b überschritten würden.
Liegt der Behörde von der anderen berechtigten Person weder ein Antrag auf Elterngeld noch eine Anzeige nach Satz 2 vor, so werden sämtliche Monatsbeträge der berechtigten Person ausgezahlt, die den Antrag gestellt hat; die andere berechtigte Person kann bei einem späteren Antrag abweichend von § 5 Absatz 2 nur die unter Berücksichtigung von § 4 Absatz 3 in Verbindung mit § 4b vom Gesamtanspruch verbleibenden Monatsbeträge erhalten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.