Bundesgerichtshof Urteil, 10. Nov. 2015 - X ZR 88/13

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:101115UXZR88.13.0
bei uns veröffentlicht am10.11.2015
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 16/11, 04.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 88/13 Verkündet am:
10. November 2015
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2015:101115UXZR88.13.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2015 durch die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterinnen Schuster und Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. Juni 2013 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 2. Januar 1990 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 20. Dezember 1989 angemeldeten deutschen Patents 40 00 011 (Streitpatents). Es umfasst 55 Patentansprüche, von denen nach rechtskräftigem Abschluss eines vorangegangenen Nichtigkeitsverfahrens Patentanspruch 1 wie folgt lautet: "1. Vorrichtung zum Erregen von Schwingungen eines Vorrichtungsgestells (100, 222, 300) in einer vorgegebenen Richtung (126), umfassend:
a) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige erste Unwuchtkörper (104, 105),
b) in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige zweite Unwuchtkörper (107, 108), wobei die ersten und zweiten Unwuchtkörper im Betrieb synchron umlaufen , jedoch in ihrer relativen Winkellage während des Umlaufs gegeneinander verstellbar sind, wobei
c) ein Überlagerungsgetriebe und ein einen Stator und einen Rotor aufweisender Verstellmotor (244), dessen Rotor mit mindestens einem der Unwuchtkörper in Verbindung steht und nach Abschluss einer Verstellung mit den Unwuchtkörpern synchron umläuft und dem Verstellmotor bei eingehaltener Winkellage zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt oder von ihm abgeführt wird, vorgesehen sind, oder
d) mindestens zwei je einen Stator und einen Rotor aufweisende Verstellmotoren vorgesehen sind, deren Rotoren jeweils mit mindestens einem der ersten und zweiten Unwuchtkörper in Verbindung stehen und nach Abschluss einer Verstellung mit den Unwuchtkörpern synchron umlaufen und einem von diesen Verstellmotoren bei einge- haltener Winkellage zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und einem anderen abgeführt wird, wobei die Verstellmotoren gleichzeitig Antriebsmotoren sein können." Die Klägerin hat Teilnichtigkeitsklage erhoben, die sich gegen Patentan2 spruch 1, Alternative d, und 53 und die übrigen Ansprüche richtet, mit Ausnahme der Patentansprüche 43, 46 und aller übrigen Ansprüche, die sich nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1, Alternative d, 43 oder 46 rückbeziehen. Sie hat geltend gemacht, im Umfang der angegriffenen Ansprüche offenbare das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Weiterhin sei dieser Gegenstand nicht patentfähig.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang für nichtig erklärt.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt und das Streitpatent hilfsweise mit zwei Hilfsanträgen beschränkt verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Streitpatent betrifft Schwingungserreger, insbesondere zum Einrammen von Spundbohlen.
6
1. Nach der Beschreibung des Streitpatents sind Schwingungserreger im Stand der Technik bekannt, die in einem Gestell gelagerte, insbesondere zwei Unwuchten (Unwuchtkörperpaare) aufweisen und durch den Einsatz von Zahnrädern derart synchron laufen, dass sich die Fliehkräfte der (beiden) Unwuchten in einer ersten Richtung aufheben und in einer zweiten, zur ersten Richtung senkrecht stehenden Richtung eine Schwingung bewirken, so dass sie als "Richtschwinger" in einer Achse schwingen. Es ist wünschenswert, die von den Antriebsmotoren maximal abgebbare Leistung mit unterschiedlich hohen , bis hin zu sehr hohen Schwingungsfrequenzen in den Boden abgeben zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Prinzip bekannt, wonach man das Fliehmoment eines Unwuchtkörperpaares mit einem zweiten Unwuchtkörperpaar kombiniert und den Verdrehwinkel, zu dem die jeweiligen Fliehmomente der beiden Unwuchtkörperpaare zueinanderstehen, verändern kann. Dadurch können die Fliehmomente der beiden Unwuchtkörperpaare so zueinanderstehen , dass sie sich in einem Extrem addieren und im anderen Extrem gegenseitig aufheben. Dabei besteht ein Bedarf, den Winkel zwischen den Fliehmomenten während des Betriebs verändern zu können, was im Stand der Technik bereits realisiert wurde.
7
Das Streitpatent zeigt auf, dass dann, wenn die Fliehkräfte der beiden Unwuchtkörperpaare sich nicht vollständig gegenseitig aufheben und die eine Schwingung in der Schwingungsachse entsteht, dynamische Reaktionsdrehmomente auftreten, indem die Drehachsen der Unwuchten von dieser Schwingung selbst in Richtung der Schwingungsausschläge beschleunigt werden (Streitpatent, Sp. 2 Z. 66 bis Sp. 3 Z. 5). Die Reaktionsdrehmomente sind winkelabhängig , je nach dem in welchem Winkel die Unwucht zur Schwingungsachse des Schwingungserregers steht; sie können auf die Unwucht beschleunigend oder abbremsend wirken. Werden die Unwuchtkörperpaare von Hydraulikmotoren angetrieben, führt dies dazu, dass die beiden Paare zu einem relativen Stellwinkel von 180° zueinander tendieren, bei dem die Fliehkräfte der beiden Unwuchtkörperpaare sich gegeneinander aufheben (Streitpatent, Sp. 3 Z. 44 bis 49). Um eine Schwingung des Schwingungserregers in Richtung der Schwingungsachse zu erzielen, könnte einer der beiden Hydraulikmotoren mittels eines Druckbegrenzers abgebremst und aufgrund der sich einstellenden Drehmomentdifferenz eine Winkelverstellung zwischen den beiden Unwuchtkörperpaaren erzielt werden, so dass an den Unwuchtkörpern Reaktionsdrehmomente auftreten, die mit der Motor-Drehmomentdifferenz im Gleichgewicht stehen (Streitpatent, Sp. 3 Z. 49 bis 65). Da die Reaktionsdrehmomente bei Schwingungserregern, die beispielsweise für das Einrammen von Spundbohlen zum Einsatz kommen, eine erhebliche Größe erreichen können, wäre mit dem am Druckbegrenzer aufzubauenden Differenzdruck eine Energiemenge zu vernichten , die ein Mehrfaches der eigentlich in den Boden zu leitenden Arbeitsenergie ausmacht.
8
Das Reaktionsdrehmoment führt zusammen mit der Winkelgeschwindigkeit zu einer Leistung, die wegen der winkelabhängigen Schwankungen zwar stark variiert und sowohl als Beschleunigungs- als auch als Bremsleistung wirksam werden kann. Es führt über die Zeit der Umdrehungen zu einer Energie, die auch als Antriebsenergie genutzt werden kann und vom Streitpatent als "Blindleistung" bezeichnet wird. Das US-amerikanische Patent 3 564 932 (Anl. GSKH-8) zeigt einen Schwingungserreger mit gegeneinander verstellbaren Unwuchtkörperpaaren, bei dem ein Motor die Verstellung vornimmt, indem er mittels eines Überlagerungsgetriebes mit den Unwuchtwellen gekoppelt wird. Nach erfolgter Verstellung wird der Motor blockiert, so dass die dann mittels Zahnräder des Überlagerungsgetriebes miteinander gekoppelten Unwuchtkörperpaare synchron laufen. Die dynamischen Reaktionsdrehmomente werden dabei mit ihren Belastungsspitzen zwischen den Unwuchtkörperpaaren über die Zahnräder ausgetauscht, was zu Verschleiß und Lärmemissionen führt.
9
Dem Streitpatent liegt danach die Aufgabe zugrunde, einen Schwingungserreger mit verstellbaren Unwuchtkörperpaaren herzustellen, dessen Komponenten weniger belastet werden.
10
2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 in der angegriffenen Alternative d eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor: 1. Die Vorrichtung ist zum Erregen von Schwingungen eines Vorrichtungsgestells (100, 222, 300) in einer vorgegebenen Richtung (126) geeignet und umfasst 2. in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige erste Unwuchtkörper (104, 105) sowie 3. in dem Gestell gelagerte, durch wenigstens einen Antriebsmotor zum Umlauf antreibbare, synchron gegenläufige zweite Unwuchtkörper (107, 108). 4. Die ersten und zweiten Unwuchtkörper laufen im Betrieb synchron , können jedoch in ihrer relativen Winkellage während des Umlaufs gegeneinander verstellt werden. 5. Hierfür sind mindestens zwei je einen Stator und einen Rotor aufweisende Verstellmotoren vorgesehen, deren Rotoren jeweils mit mindestens einem der ersten und zweiten Unwuchtkörper in Verbindung stehen und nach Abschluss einer Verstellung mit den Unwuchtkörpern synchron umlaufen. 6. Einem von diesen Verstellmotoren wird bei eingehaltener Winkellage zum Aufrechterhalten hiervon durch Reaktionsdrehmomente bewirkte Leistung zugeführt und einem anderen abgeführt.
7. Die Verstellmotoren können gleichzeitig Antriebsmotoren sein.
11
3. Einige Merkmale bedürfen weiterer Erläuterung.
12
a) Die nach den Merkmalen 2 und 3 vorgesehenen Unwuchtkörper sind sowohl für die ersten Unwuchtkörper als auch für die zweiten Unwuchtkörper jeweils in gerader Zahl erforderlich, denn nur dann können sie synchron gegenläufig angetrieben werden. Durch den synchronen Gegenlauf von zwei Unwuchtkörpern als einem Unwuchtkörperpaar und einem zwischen den beiden Unwuchtkörpern bestehenden Relativwinkel von 180° wird ein Ausgleich zwischen den beiden Kreisschwingungen der Unwuchtkörpern erreicht, der zu einer Schwungkraft des jeweiligen Unwuchtkörperpaars in nur einer Achse führt.
13
b) Indem das erste Unwuchtkörperpaar mit dem zweiten grundsätzlich synchron läuft, der Relativwinkel der beiden Paare zueinander aber verstellt werden kann, kann ein Winkel eingestellt werden, bei dem die Fliehkräfte des einen Unwuchtkörperpaars die des anderen stets komplett kompensieren und umgekehrt. Weiterhin kann ein Winkel eingestellt werden, bei dem alle vier Unwuchten in Bezug auf die beiden Richtungen der für beide Paare gleichen Schwingungsachse stets in die gleiche Richtung gedreht sind und sich damit die Fliehkräfte der beiden Unwuchtkörperpaare addieren. Bei der Einstellung von Winkeln zwischen diesen beiden Extremlagen wird die Amplitude der Gesamtschwingung in der Schwingachse schrittweise erhöht beziehungsweise gesenkt.
14
Damit wird eine Veränderung der Amplitude der Gesamtschwingung bei laufenden Antriebsmotoren, gleicher Drehzahl und folglich gleicher Schwingungsfrequenz erreicht. Würde beim Anlaufen der Antriebsmotoren das Gesamtsystem sogleich in Schwingungen versetzt, dann würde die Frequenz der Schwingungen entsprechend der Beschleunigung der Drehzahl von Null bis zur Höchstdrehzahl steigen. Dies könnte zu störenden Schwingungsfrequenzen im Eigenfrequenz- beziehungsweise Resonanzbereich führen. Zur Vermeidung solcher Frequenzen, sieht der Gegenstand des Streitpatents ein zweites Unwuchtkörperpaar vor, mit dem die Amplitude der Schwingungen im Gesamtsystem bei laufender Drehzahl verändert werden und insbesondere für den Zeitraum des Anlaufens der Antriebsmotoren gleich Null sein kann.
15
c) Die in den Merkmalen 5 bis 7 vorgesehenen Motoren können beispielsweise sowohl hydraulische als auch elektrische Motoren sein, wie es das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Umstand, dass die Ausführungsbeispiele im Wesentlichen nur hydraulische Motoren vorsehen sowie das Schwingungssystem für jedwede Mittel zur Regelung der Schwingungsfrequenzen und -amplituden ein denkbar ungünstiges Umfeld bietet, insbesondere im Hinblick auf elektrotechnische Komponenten (Streitpatent, Sp. 6 Z. 47 bis 53), beschränkt den Gegenstand des Streitpatents nicht auf Vorrichtungen, die ausschließlich mit hydraulischen Motoren arbeiten.
16
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
17
Die nach dem vorangegangenen Nichtigkeitsverfahren beanspruchte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, bei dem es sich um einen Diplomingenieur oder Physiker handele mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion , Entwicklung und praktischen Anwendung von Unwucht-Schwingungssystemen und der gegebenenfalls im Team mit einem Hydraulikspezialisten oder Elektroingenieur zusammenarbeite.
18
Der Gegenstand einer Erfindung sei nicht ausführbar offenbart, wenn sich für ihn kein Ausführungsbeispiel in der Patentschrift finden lasse und der nacharbeitende Fachmann ihn mangels genügender Informationen auch nicht mittels geläufiger Maßnahmen unter zumutbarem Aufwand, insbesondere ohne erfinderisches Zutun praktisch realisieren könne.
19
Der Gegenstand des Streitpatents beziehe sich hinsichtlich des Merkmals 6 allgemein auf eine unmittelbare Leistungsübertragung durch Verstellmotoren. Er beschränke sich nicht auf eine hydraulische Lösung, wie sie im Streitpatent mit hydraulischen Motoren beschrieben ist, sondern insbesondere auch auf elektrische Lösungen mit Elektromotoren, für die das Streitpatent kein konkret dargestelltes Ausführungsbeispiel enthalte. Der Fachmann könne auch nicht unter zumutbarem Aufwand die beanspruchte Lehre auf andere Weise realisieren , insbesondere werde ihm kein Weg - auch nicht ansatzweise - aufgezeigt, die Leistungsübertragung an den Verstellmotoren mittels Elektromotoren zu realisieren. Eine solche elektrische Lösung sei auch für einen Elektroingenieur keine Selbstverständlichkeit. Der Gegenstand des Streitpatents sei damit anhand der ausführbar an die Hand gegebenen hydraulischen Lösung so weit und unzulässig verallgemeinert, dass der Patentschutz über den tatsächlich geleisteten Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausgehe.
20
Zwar sei es für eine ausführbare Lehre nicht erforderlich, dass alle denkbaren , unter den Wortlaut eines Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausführbar im Streitpatent dargestellt werden. Vielmehr sei es ausreichend, wenn zumindest ein Lösungsweg zur Nacharbeit der beanspruchten Erfindung offenbart werde. Der Patentschutz müsse aber insoweit auf einen konkret offenbarten Weg beschränkt bleiben, wenn eine generalisierende Formulierung bei wertender Betrachtung nicht mehr Teil einer der Allgemeinheit zugänglich gemachten Lösung ist, sondern sich als Verallgemeinerung eines vom Erfinder nur konkret aufgezeigten Beitrags zur Technik darstellt, der durch die allgemein beanspruchte Lehre nicht mehr repräsentiert werde.
21
Diesen Anforderungen werde die Gesamtoffenbarung der Streitpatentschrift nicht gerecht. Die Beschreibungen zu einer hydraulischen Lösung könnten kein Vorbild für eine Ausführung auf elektrotechnischer Basis bieten. Der Fachmann könne auch im Team mit einem Elektroingenieur aus den im Streitpatent gezeigten hydraulischen Schaltbildern als Lösungsprinzip keine Hinweise oder auch nur eine punktuelle Offenbarung oder Ausgestaltung für eine elektrische Lösung entnehmen. Eine solche Ausgestaltung bedürfte einer eigenständigen technischen Entwicklung aus dem Stand der Technik, so dass diese nicht durch die im Streitpatent gezeigte hydraulische Lösung repräsentiert werde.
22
III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand. Die Lehre von Patentanspruch 1, Alternative d ist so deutlich und vollständig offenbart , dass ein Fachmann sie ausführen kann.
23
Es kann offen bleiben, ob der Fachmann aufgrund seines Fachwissens zusammen mit der im Streitpatent für eine hydraulische Lösung gegebenen Beschreibung in der Lage wäre, eine elektrotechnische Lösung des Merkmals 6 zu realisieren. Eine die Ausführbarkeit für den Fachmann aufzeigende Offenbarung ist auch im Hinblick auf die gesamte beanspruchte Breite von Patentanspruch 1, Alternative d zu bejahen, weil die Beschreibung des Streitpatents mit der hydraulischen Lösung ein Ausführungsbeispiels für den Gegenstand dieser Alternative des Patentanspruchs 1 offenbart.
24
1. Für die deutliche und vollständige Offenbarung einer Erfindung ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren, unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen mit Hilfe der im Patent offenbarten Informationen ausgeführt werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es regelmäßig den Anforderungen von § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG, wenn zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung für einen Gegenstand oder ein Verfahren mit einer generisch definierten technischen Eigenschaft oder Anweisung offenbart ist, die erstmals der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird (vgl. BGH, Urteile vom 3. Mai 2001 - X ZR 168/97, BGHZ 147, 306 unter IV - Taxol; vom 11. Mai 2010 - X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 36 - Polymerisierbare Zementmischung). Etwas anders gilt nur dann, wenn aus fachmännischer Sicht keine technische Lehre in verallgemeinerter Form offenbart ist, die anhand eines Ausführungsbeispiels veranschaulicht ist. Der durch das Patent geschützte Bereich mag dann zwar im Patentanspruch generalisierend umschrieben sein, wäre damit aber über die erfindungsgemäße , dem Fachmann in der Beschreibung lediglich ganz konkret an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinert. Der Patentschutz ist dann auf diesen konkret offenbarten Weg beschränkt.
25
Im Regelfall, in dem der Gegenstand in verallgemeinerter Form beansprucht werden kann, weil das oder die Ausführungsbeispiele aus fachlicher Sicht als Ausführungsformen der Erfindung erkannt werden, darf der durch den Patentanspruch vermittelte Schutz lediglich nicht über das hinausgehen, was dem Fachmann als allgemeinste Form derjenigen technischen Lehre erscheint, die zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems vorgeschlagen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2013 - X ZB 8/12, BGHZ 198, 205 Rn. 21 - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Die Verallgemeinerung muss vom Fachmann als solche als prägender Bestandteil der Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems verstanden werden können (vgl. MeierBeck in Festschrift Ullmann, Der zu breite Patentanspruch, 2006, S. 495, 500 f.; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 34 Rn. 84). Der Patentschutz muss demgegenüber dann auf den konkret offenbarten Weg beschränkt werden, wenn eine generalisierende Formulierung im Patentanspruch den durch das Patent geschützten Bereich über die erfindungsgemäße, dem Fachmann in der Beschreibung an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinern würde. In einem solchen Fall beansprucht der Satz Geltung, dass der mögliche Patentschutz durch den Beitrag zum Stand der Technik begrenzt wird (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 2010 - Xa ZR 100/05, BGHZ 184, 300 Rn. 23 mwN - Thermoplastische Zusammensetzung; vom 27. November 2012 - X ZR 58/07, BGHZ 195, 364 Rn. 28 - Neurale Vorläuferzellen II).
26
2. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen ist die Lehre von Patentanspruch 1, Alternative d in allgemeiner Form in vollem Umfang anhand des beschriebenen Ausführungsbeispiels mit hydraulischen Motoren ausführbar offenbart.
27
Der Gegenstand von Patentanspruch 1, Alternative d betrifft Schwingungserreger , die gemäß Merkmal 6 eine von Reaktionsdrehmomenten bewirkte Leistungsübertragung mittels Verstellmotoren vorsehen, wobei diese Motoren gleichzeitig Antriebsmotoren sein können. Mit der Erfindung einer solchen Leistungsübertragung leistet das Streitpatent einen Beitrag zum Stand der Technik und es löst das zugrunde liegende Problem, eine Leistungsübertragung mit weniger Verschleiß und Lärm zu erreichen, sowohl mit Hilfe von hydraulischen als auch mit Hilfe von elektrischen Motoren. Die Lösung mit Hydraulikmotoren ist, worüber zwischen den Parteien Einvernehmen herrscht, ausführbar offenbart. Der Patentschutz ist aber nicht mit der Begründung auf diesen konkret offenbarten Weg beschränkt, dass der durch das Patent geschützte Bereich aus fachmännischer Sicht ansonsten über die erfindungsgemäße, in der Beschreibung an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinert würde. Vielmehr wird aus fachlicher Sicht erkannt, dass ein allgemeineres motorisches Wirkungsprinzip anhand des Hydraulikantriebs vorgestellt wird, auch wenn Hydraulikmotoren am Anmeldetag für den Einsatzzweck durchaus besonders prädestiniert gewesen sein mögen. Das gilt schon deshalb, weil in der Streitpatentschrift auch Elektroantriebe angesprochen sind. Schon die auf Spalte 5 Zeile 21 ff. der Beschreibung erläuterte Energieumwandlung von hydraulischer oder elektrischer Energie in Stellenergie ist entgegen den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erhobenen Bedenken ein diesbezüglich fachlich unmissverständlicher Hinweis. Soweit an anderer Stelle (Beschreibung Sp. 6 Z. 41 ff.) gegen elektrotechnische Komponenten sprechende Bedenken artikuliert werden, unterstreicht dies die Möglichkeit von deren Einsatz, auch wenn Hydraulikmotoren - wie sich aus dem Urteil des OLG Düsseldorf im Verletzungsprozess und der dortigen Sachverständigenbefragung ergibt - seinerzeit schon aus wirtschaftlichen Gründen besonders interessant gewesen sein dürften. Ein "Weglehren" vom Gegenstand des Streitpatents, den die Klägerin darin gesehen wissen möchte, liegt in diesem Hinweis nicht. Ein von einem bestimmten Vorschlag wegführender technischer Lösungsansatz im Stand der Technik mag von indizieller Bedeutung für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sein, hat aber mit der Frage der ausführbaren Offenbarung nichts zu tun. Aus dem genannten im Verletzungsprozess ergangenen Urteil und den darin in Bezug genommenen Ausführungen des dortigen Sachverständigen ergibt sich im Übrigen, dass die Umsetzung der Erfindung unter Einsatz von Elektromotoren zwar anderen Voraussetzungen unterliegt, als die im Streitpatent primär aufgezeigte Lösung mit Hydraulikmotoren. Auch das steht vor dem Hintergrund der vom Patentgericht festgestellten Zusammensetzung des Personenkreises, der sich am Anmeldetag des Streitpatents mit der Weiterentwicklung des Stands der Technik befasste (oben II), entgegen den von der Klägerin diesbezüglich erhobenen Bedenken , der Ausführbarkeit nicht entgegen.
28
Soweit die Klägerin in die mündliche Erörterung der Ausführbarkeit den Begriff des pneumatischen Motors geworfen hat, kann dahinstehen, ob der Fachmann dessen Einsatz ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Für die Reichweite der ausführbaren Offenbarung der Erfindung ergibt sich daraus nach dem vorstehend Ausgeführten aber ohnehin nichts Abweichendes.
29
IV. Da das Patentgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht abschließend befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen, auch zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG). Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit unterblieben ist (BGH, Urteil vom 7. Juli 2015 - X ZR 64/13, GRUR 2015, 1095 Rn. 39 - Bitratenreduktion). Gröning Grabinski Hoffmann Schuster Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.06.2013 - 4 Ni 16/11 -

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Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 119


(1) Ergibt die Begründung des angefochtenen Urteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Berufung zurückzuweisen. (2) Insoweit die Berufung für begründet erachtet wir

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(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

Berichtigt durch Beschluß
vom 22. Mai 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 168/97 Verkündet am:
3. Mai 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Taxol
IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2; EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. b; Art. 83
Bei einem Patent für ein chemisches Syntheseverfahren kann ein bestimmter Verfahrensschritt
in Form einer an sich geläufigen, allgemein bezeichneten Reaktion (hier: Veresterung) auch
dann allgemein beansprucht werden, wenn bekannte Möglichkeiten, diese Reaktion durchzuführen
, versagen, in der Patentschrift aber ein ausführbarer Weg zur Durchführung der Reaktion
nacharbeitbar offenbart ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Fachmann auch andere
Wege zur Durchführung der Reaktion zur Verfügung standen.
BGH, Urt. v. 3. Mai 2001 - X ZR 168/97 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2001 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Melullis,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Berufungen im übrigen wird auf die Berufungen der Parteien das am 14. August 1997 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Das europäische Patent 0 336 840 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit seine Patentansprüche über folgende Fassung hinausgehen: "1. Verfahren zur Herstellung von Taxol der Formel dadurch gekennzeichnet, daß man ein (2R, 3S)-3-Phenylisoserinderivat der allgemeinen Formel worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausge-

2

wählt unter den Methoxymethyl-, 1-Ethoxyethyl-, Benzyloxy- ! " #%$& ' ( *)+ , .-/ 01 #12 -13 *) 2,2,2-Trichlorethoxycarbonylresten, bedeutet, mit einem Taxanderivat der allgemeinen Formel

worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausge-

3

wählt unter den Trialkylsilylresten, von denen jeder Alkylteil 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthält, verestert, um zu dem Ester der allgemeinen Formel

worin R2 und R3 wie vorstehend definiert sind, zu gelangen, dessen Schutzgruppen R2 und R3 man mit Wasserstoffatomen mittels einer Mineralsäure in Lösung in einem 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthaltenden aliphatischen Alkohol ersetzt, wobei man bei einer Temperatur um 0° C arbeitet, wonach man das Taxol isoliert, wobei man zur Herstellung des Taxanderivates der allgemeinen Formel (IV) ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umsetzt, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt erhaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin -III anschließt.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1 zur Herstellung des Esters der allgemeinen Formel (V), wie in Anspruch 1 definiert, dadurch gekennzeichnet, daß man in Gegenwart eines Kondensationsmittels , ausgewählt unter den Carbodiimiden und den reaktiven Carbonaten, und eines Aktivierungsmittels, ausgewählt unter den Dialkylaminopyridinen, in einem aromatischen organischen Lösungsmittel, ausgewählt unter Benzol, Toluol, den Xylolen, Ethylbenzol, Isopropylbenzol und Chlorbenzol, bei einer Temperatur zwischen 60 und 90° C arbeitet.
3. Verfahren zur Herstellung eines Taxanderivats der allgemeinen Formel

dadurch gekennzeichnet, daß man ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umsetzt, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt erhaltenen 7-Trialkylsilyl-10desacetylbaccatin -III anschließt.
4. Verfahren zur Herstellung eines Taxanderivates der allgemeinen Formel (IV) nach Patentanspruch 1, bei dem ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umgesetzt wird, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt enthaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin-III anschließt, dadurch gekennzeichnet, daß man Halogentrialkylsilan bei einer Temperatur um 20° C unter Arbeiten in einem basischen organischen Lösungsmittel wie Pyridin, oder in einem inerten organischen Lösungsmittel, wie Chloroform oder Dichlorethan, in Gegenwart eines tertiären Amins umsetzt.
5. Verfahren zur Herstellung eines Taxanderivates der allgemeinen Formel (IV) nach Patentanspruch 1, bei dem ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umgesetzt wird, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt enthaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin-III anschließt, dadurch gekennzeichnet, daß die Acetylierung von 7-Trialkylsilyl-10-

desacetylbaccatin-III mit Hilfe von Acetylchlorid unter Arbeiten bei einer Temperatur um 0° C durchgeführt wird, wobei man in einem basischen organischen Lösungsmittel, wie Pyridin, oder in einem inerten organischen Lösungsmittel, wie Methylenchlorid , Chloroform oder Dichlorethan, in Anwesenheit eines tertiären Amins arbeitet."
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 5. April 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in Frankreich vom 6. April 1988 angemeldeten europäischen Patents 0 336 840 (Streitpatents), das ein Verfahren zur Herstellung von Taxol betrifft. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Französisch:

"1. Procédé de préparation du taxol de formule:

caractérisé en ce que l’on estérifie un dérivé de la phényl-3 isosérine (2R,3S) de formule générale :

dans laquelle R représente un groupement protecteur de la

2

fonction hydroxy choisi parmi les radicaux méthoxyméthyle, éthoxy-1 éthyle, benzyloxyméthyle, (4 5 6 798;: < thyl-silyléthoxy) méthyle, tétrahydropyrannyle, trichloro-2,2,2 éthoxycarbonyle, par un dérivé dutaxane de formule générale:

dans laquelle R représente un groupement protecteur de la

3

fonction hydroxy choisi parmi les radicaux trialkylsilyle dont chaque partie alkyle contient 1 à 3 atomes de carbone, pour obtenir l’ester de formule générale:

dans laquelle R et R sont définis comme précédemment dont
2
3 on remplace les groupements protecteurs R et R par des
2
3 atomes d’hydrogène d’un acide minéral en solution dans un alcool aliphatique contenant 1 à 3 atomes de carbone en opérant à une température voisine de 0° C, puis isole le taxol." In der deutschen Übersetzung der Patentschrift lautet dieser Patentanspruch wie folgt: "1. Verfahren zur Herstellung von Taxol der Formel dadurch gekennzeichnet, daß man ein (2R,3S)-3-Phenylisoserinderivat der allgemeinen Formel worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausge-

2

wählt unter den Methoxymethyl-, 1-Ethoxyethyl-, Benzyloxy- = > ? @ A B C D EGF C H I imethylsilylethoxy)-methyl-, Tetrahydropyranyl-, 2,2,2-Trichlorethoxycarbonylresten, bedeutet, mit einem Taxanderivat der allgemeinen Formel

worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausge-

3

wählt unter den Trialkylsilylresten, von denen jeder Alkylteil 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthält, umsetzt, um zu dem Ester der allgemeinen Formel

worin R2 und R3 wie vorstehend definiert sind, zu gelangen, dessen Schutzgruppen R2 und R3 man mit Wasserstoffatomen mittels einer Mineralsäure in Lösung in einem 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthaltenden aliphatischen Alkohol ersetzt, wobei man bei einer Temperatur um 0° C arbeitet, wonach man das Taxol isoliert."
Wegen der unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 – 8 wird auf die Patentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf zahlreiche Unterlagen, wegen derer auf das angefochtene Urteil verwiesen wird, geltend gemacht, das Streitpatent offenbare die Erfindung nicht so vollständig, daß ein Fachmann sie im beanspruchten Umfang ausführen könne. Zudem beruhe es nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Sie hat deswegen die Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland beantragt.
Die Beklagte hat das Patent vor dem Bundespatentgericht nur eingeschränkt mit fünf Patentansprüchen in deutscher Sprache verteidigt: Dabei hat sie in Patentanspruch 1 das Wort “umgesetzt” durch “verestert” ersetzt und am Ende dieses Patentanspruchs angefügt:

", wobei man zur Herstellung des Taxanderivates der allgemeinen Formel (IV) ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umsetzt, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt erhaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin-III anschließt."
In dem Patentanspruch 5 in der Fassung des erteilten Patents entsprechenden verteidigten Patentanspruch 2 hat sie eine Alternative für die Schutzgruppe R (Methoxymethylcarbonylrest) gestrichen. Der verteidigte Patentan-

2

spruch 3 entsprach Patentanspruch 6 des erteilten Patents. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, soweit diese sich gegen das Streitpatent im verteidigten Umfang richtet.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß es den Patentansprüchen die Fassung der verteidigten Patentansprüche 2 und 3 (als neue Patentansprüche 1 und 2) gegeben hat. Das Urteil des Bundespatentgerichts ist bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Band 2 Seite 105 ff, veröffentlicht.
Gegen das angefochtene Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent - nunmehr weitergehend als in erster Instanz - mit Patentanspruch 1, wie er ihrer Verteidigung vor dem Bundespatentgericht zugrunde lag, den Patentansprüchen 2, 4 und 5 des erteilten Patents, letztere in neuer Numerierung als Patentansprüche 3 und 4, sowie mit Patentansprüchen 6 und 7, die den Patentansprüchen 7 und 8 des erteilten Patents, jedoch mit geänderten Rückbeziehungen, entsprechen. Sie beantragt, insoweit das Urteil des Bundespatentgerichts abzuändern und (sinngemäß) die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit einem eingeschränkten Patentanspruch 1 sowie für den Fall, daß das Streitpa-

tent mit den verteidigten Patentansprüchen 3 und 4 keinen Bestand hat, mit dem im Tenor als Patentanspruch 3 wiedergegebenen Patentanspruch, der in eingeschränkter Form dem Patentanspruch 6 des erteilten Patents entspricht. Die Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihren Antrag weiter, das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Parteien treten jeweils dem Rechtsmittel der Gegenseite entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr. E. Sch., Institut für organische Chemie, Technische Universität C., ein schriftliches Gutachten erstattet , das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Nichtigkeitsklägerin hat in erster Instanz gutachtliche Stellungnahmen von Professor Dr. S. B., Direktor des Instituts für Organische Chemie der Technischen Universität B., Professor E. C., H. University, C., Prof. Dr. H. W., Direktor des Instituts für Organische Chemie der Universität K., und Professor A. F. H., University College D., vorgelegt. Die Beklagte hat ihrerseits Stellungnahmen von Professor J. L., Collège de France, Professor K. C. N., The Scripps Research Institute, L. J., und Professor Dr. E. W., Institut für Organische Chemie der Universität H., vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässigen Rechtsmittel der Parteien führen zur Abänderung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Demnach haben die verteidigten Verfahrensansprüche Bestand, wobei die nachgeordneten Verfahrensansprüche durch Patentanspruch 1 mitgetragen werden und für den nebengeordneten, auf die Herstellung eines Zwischenprodukts gerichteten Verfahrensanspruch die gleichen Erwägungen wie für den verteidigten

Patentanspruch 1 gelten. Dagegen haben die verteidigten, auf Zwischenprodukte gerichteten Sachansprüche, keinen Bestand.
I. Das Streitpatent betrifft ein halbsynthetisches Verfahren zur Herstellung von Taxol sowie verschiedene Zwischenprodukte, die bei diesem Herstellungsweg anfallen.
1. Taxol® (C H NO internationaler Freiname: Paclitaxel) ist eine Sub- 47 51 14; stanz der in Patentanspruch 1 angegebenen Formel, die um 1970 erstmals im Rahmen eines Forschungsprogramms des National Cancer Institute in den Vereinigten Staaten von Amerika aus der Rinde einer im Nordwesten der Vereinigten Staaten und in Kanada vorkommenden Eibenart (Taxus brevifolia) isoliert wurde. Taxol weist eine hohe cytostatische Aktivität auf, die es zu einer wichtigen Substanz bei der Chemotherapie von Tumorerkrankungen macht. Taxol ist 1971 in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben worden; eine Patentierung als Stoff ist nicht erfolgt. Die präparative Zugänglichkeit von Taxol aus natürlichen Quellen ist gering und kann den Bedarf für therapeutische Anwendungen bei weitem nicht decken. Deshalb sind Verfahren zur synthetischen oder halbsynthetischen Herstellung von Taxol von Bedeutung.
Taxol ist ein Derivat des Taxan der allgemeinen Formel

wobei R (an der zehnten Bindungsstelle) einen Acetylrest (CH CO; Essigsäu-

3

reanhydrid) und R1 (an der dreizehnten Bindungsstelle) einen Rest der Summenformel –OCO-CHOH-CH-(C H )-NHCOC H ) (2’R,3’S) bedeutet. Als Aus- 6 5 6 5 gangsprodukt für die Synthese steht in ausreichendem Umfang 10-Desacetylbaccatin III (im folgenden: 10-DAB-III) zur Verfügung, das sich in größeren Mengen aus den Nadeln der Eibenart Taxus baccata gewinnen läßt. Bei dieser Verbindung stellen R ein Wasserstoffatom und R1 einen Hydroxy-Rest (OH) dar. 10-DAB-III wie auch das nur in verhältnismäßig geringen Mengen verfügbare Baccatin III, bei dem R einen Acetylrest der Formel CH COO- und R1 eine

3

Hydroxy-Gruppe bedeuten (vgl. Streitpatent, Beschreibung S. 2 Z. 1-35), zeigen nicht die therapeutischen Wirkungen von Taxol.
2. Die Beschreibung des Streitpatents verweist auf die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 253 739, in der die Darstellung von Taxol oder von 10-Desacetyl-Taxol aus einem Taxanderivat der allgemeinen Formel

beschrieben ist, wobei die Darstellung von Baccatin III oder von 10-DAB-III ausgeht, das Gegenstand dieser Anmeldung ist. In diesem Fall müssen in einem Zwischenschritt die (therapeutisch nicht wirksamen) Diastereomere ab-

geteilt werden. Deshalb führt das eingesetzte Baccatin III oder 10-DAB-III nicht zu Taxol mit der geforderten Struktur (Beschreibung S. 2 Z. 36-54).
Die Beschreibung des Streitpatents verweist weiter darauf, daß es aus einer Veröffentlichung von Denis et al. in Journal of Organic Chemistry Bd. 51 Nr. 1, 1986, S. 46ff, bekannt gewesen sei, wie man die (abweichend formulierte ) Seitenkette von Taxol, auch als Ester, darstellen kann; dort sei die Benutzung dieser Verbindung zur Teilsynthese von Taxol ausgehend von 10-DAB-III zwar vorgeschlagen, die Voraussetzungen, unter denen diese Synthese zu verwirklichen sei, seien aber nicht angegeben.
3. Durch das Streitpatent soll demgegenüber, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beschreibung ergibt, ein Weg aufgezeigt werden, wie Taxol mit guter Ausbeute aus verfügbaren Ausgangsmaterialien synthetisiert werden kann.
4. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung ein Verfahren zur
1. Herstellung von Taxol der Formel

1.1 wobei man ein (2R,3S)-3-Phenylisoserinderivat der allgemeinen Formel

1.1.1 in dem R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion be-

2

deutet,
1.1.2 die ausgewählt ist unter den Methoxymethyl-, 1Ethoxyethyl -, Benzyloxymethyl-, (ß-Trimethylsilylethoxy)- methyl-, Tetrahydropyranyl-, 2,2,2-Trichlorethoxycarbonylresten ,
1.2. mit einem Taxanderivat der allgemeinen Formel

1.2.1 in dem R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion

3

enthält,
1.2.2 die ausgewählt ist unter den Trialkylsilylresten, von denen jeder Alkylteil 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthält,

1.2.3 wobei man zur Herstellung dieses Taxanderivates
1.2.3.1 ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umsetzt ,
1.2.3.2 wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt erhaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin-III anschließt ,
1.3. verestert,
1.3.1 um zu dem Ester der allgemeinen Formel

zu gelangen,
1.3.2 worin R und R wie vorstehend definiert sind,
2
3 2. dessen Schutzgruppen R und R man mit Wasserstoffa-
2
3 tomen ersetzt 2.1 mittels einer Mineralsäure 2.2 in Lösung in einem 1 bis 3 Kohlenstoffatome enthaltenden aliphatischen Alkohol 2.3 wobei man bei einer Temperatur um 0° C arbeitet, 3. wonach man das Taxol isoliert.
5. Hieraus ergibt sich, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, ein Syntheseverfahren mit vier Schritten.

a) In einem ersten Schritt erfolgt zunächst der Schutz der 7-HydroxyGruppe des 10-DAB-III. Diese Verbindung weist in den Positionen 7, 10 und 13 drei sekundäre Alkohol-Funktionen (Hydroxy-Gruppen) auf. Während die 13Hydroxy -Gruppe aus sterischen Gründen von geringerer Reaktivität ist, ist eine Differenzierung hinsichtlich des Reaktionsvermögens zwischen den HydroxyGruppen in Position 7 und in Position 10 schwierig. Eine weitere HydroxyGruppe in Position 1 ist als tertiäre Gruppe von geringer Reaktivität und kann deshalb außer Betracht bleiben. Um Baccatin-III als weiteres Zwischenprodukt zu erhalten, muß die 10-Hydroxy-Gruppe mit Essigsäure zu einer AcetylGruppe verestert werden. Die vom Streitpatent gelehrte (Merkmal 1.2.3.1) Silylierung der 7-Hydroxy-Gruppe blockiert diese zeitweise chemisch und ermöglicht es damit, die Acetylierung selektiv an der 10-Hydroxy-Gruppe durchzuführen. Das Reagens Halogentrialkylsilan führt selektiv zum Ersatz des Wasserstoffatoms in der 7-Position, die eine etwas größere Reaktivität aufweist. Nach einem von der Nichtigkeitsklägerin vorgelegten Versuchsbericht, auf den sich auch der gerichtliche Sachverständige stützt, liefert die Silylierung hier zu 85,4% das gewünschte Zwischenprodukt 7-Triethylsilyl-10-DAB-III.


b) In einem zweiten Schritt wird dieses Zwischenprodukt in der 10Stellung acetyliert (Merkmal 1.2.3.2).

c) Im dritten Schritt wird das nunmehr erhaltene 7-Trialkylsilyl-baccatinIII (ein Alkohol) mit dem (2R,3S)-3-Phenylisoserinderivat, einer Carbonsäure, die mit einer Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion versehen ist (“TaxolSeitenkette” ), unter Abspaltung von Wasser verestert. Bei der Veresterung handelt es sich an s ich um eine Standardreaktion der organischen Synthese, die vorliegend aber nicht ohne weiteres zum Erfolg führt. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen liegt ein “kritischer Fall” vor, weil sich, wie allerdings erst durch eine Nachveröffentlichung (Denis u.a., J. Am. Chem. Soc. 1988, 5917, 5918; K1) bekannt geworden ist, die zu veresternde 13Hydroxy -Gruppe in einer Höhlung des Molekülgerüsts befindet und zudem durch eine Wasserstoffbrückenbildung mit der 4-Acetyl-Gruppe stabilisiert wird, was die Bindungsbildung extrem erschwert. Zum Erfolg führen hier die von Patentanspruch 2 erfaßten und zum Teil in einem Ausführungsbeispiel beschriebenen Veresterungsmethoden, bei der in Gegenwart eines Kondensationsmittels (Carbodiimids, insbesondere Dicyclohexylcarbodiimids, oder reaktiven Carbonats, wie Dipyridil-2-carbonat), und eines Aktivierungsmittels (eines Dialkylaminopyridins, wie 4-Dimethylaminopyridin) in einem aromatischen organischen Lösungsmittel (Benzol, Toluol, Xylol, Ethylbenzol, Isopropylbenzol oder Chlorbenzol) bei einer Temperatur zwischen 60° C und 90° C gearbeitet wird (vgl. Patentschrift S. 5 Z. 6-11). Im Nachhinein sind weitere Möglichkeiten der Realisierung der Esterbildung genannt worden.

d) Da die bisher durchgeführten drei Verfahrensschritte zu einem von Taxol verschiedenen Molekül mit Schutzgruppen in der 7-Position des TaxanGerüsts (Silyl-Rest) und an der Hydroxy-Funktion des Phenylisoserin-Teils (Seitenkette) führen, müssen in einem vierten Schritt die beiden Schutzgrup-

pen abgespalten werden, wie dies in der Merkmalsgruppe 2 angegeben wird. Schließlich kann das Taxol isoliert werden (Merkmal 3).
II. Die Patentinhaberin verteidigt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in zulässiger Weise. Dies gilt zunächst für den Übergang auf die deutschsprachige Fassung anstelle der französischen (st. Rspr., u.a. BGHZ 118, 221, 222 f – Linsenschleifmaschine; BGHZ 133, 79, 81 Bogensegment ). Die Verwendung des Begriffs “verestern” ist dabei ohne weiteres durch die maßgebliche französische Fassung des Patentanspruchs 1 gedeckt, in dem ebenfalls von “verestern” (“en ce que l’on estérifie ...”) die Rede ist. Der angefügte Anspruchsteil
"wobei man zur Herstellung des Taxanderivates der allgemeinen Formel (IV) ein Halogentrialkylsilan mit 10-Desacetylbaccatin-III umsetzt, wonach sich die Acetylierung des als Zwischenprodukt erhaltenen 7-Trialkylsilyl-10-desacetylbaccatin-III anschließt"
entspricht Patentanspuch 6 des erteilten Patents und ist in den ursprünglichen Unterlagen (Beschreibung S. 5 Z. 1-5) als eine von zwei möglichen Alternativen als zur Erfindung gehörend offenbart; gegen die in dieser Ä nderung liegende Beschränkung bestehen daher keine Bedenken. Daß die bereits in Patentanspruch 1 enthaltene Angabe “mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen” nicht nochmals wiederholt wird, ist dabei unschädlich. Der Senat hat in Patentanspruch 2 die ersichtlich versehentliche Angabe “Formel (IV)” in “Formel (V)” berichtigt. Auch der hilfsweise zu den Stoffansprüchen verteidigte Patentanspruch ist durch die ursprünglichen Unterlagen und das erteilte Patent gedeckt. Die nicht verteidigte ursprüngliche weitere Fassung des Streitpatents ist auf Grund der von der Beklagten vorgenommenen Selbstbeschränkung nicht Gegenstand der sachlichen Prüfung im Berufungsverfahren.

III. 1. Der Gegenstand des so verteidigten Patentanspruchs 1 ist neu (Art. 52, 54 EPÜ). Der Senat tritt insoweit der von Sachkunde getragenen und überzeugenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten bei. Insbesondere offenbart keine der Entgegenhaltungen eine Silylierung von 10-DAB-III bei der Hydroxy-Gruppe in der 7-Position. Auch die Nichtigkeitsklägerin hat im Verfahren fehlende Neuheit nicht geltend gemacht.
2. a) Der Senat kann nicht feststellen, daß dieser Gegenstand für den Fachmann, einen - erforderlichenfalls im Team arbeitenden - promovierten Chemiker mit Erfahrung auf dem Gebiet der Naturstoffsynthese, naheliegend gewesen wäre (Art. 52, 56 EPÜ). Für die Bejahung einer erfinderischen Leistung genügt es bei einem mehrschrittigen Syntheseverfahren bereits, daß ein Verfahrensschritt nicht durch den Stand der Technik in seiner Gesamtheit nahegelegt war. Dies trifft jedenfalls für den Verfahrensschritt nach Merkmal 1.2.3.1 zu, nach dem ein Halogentrialkylsilan mit 10-DAB-III umgesetzt wird. Deshalb kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob sich weitere Verfahrensschritte ebenfalls nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergaben. Auch in der in Schweden ergangenen Entscheidung von Stockholms Tingsrätt vom 16. Oktober 1998 (ENPR 2001, 1 ff, Tz. 236 ff) ist deswegen im Ergebnis, wenngleich mit im einzelnen abweichender Begründung, erfinderische Tätigkeit bejaht worden.
aa) Aus Sénilh u.a., C. R. Acad. Sc. Paris, t. 299, Série II, n° 15, 1984, S. 1039 – 1043 (K 3) war die halbsynthetische Gewinnung von Taxol-Analoga ausgehend von aus den Nadeln von Eiben (taxus baccata) gewonnenem 10DAB -III (Tetraol) im Prinzip bekannt. Die Veröffentlichung beschreibt (S. 1040), daß die chemische Reaktionsfähigkeit von Tetraol wenig bekannt sei, insbe-

sondere das Verhalten der drei Hydroxy-Gruppen in der 7-, 10- und 13Position. Eine Acetylierung in Essigsäureanhydrid oder Pyridin bei Umgebungstemperatur führe zu einem 50:50-Gemisch des 7-Monoacetats und des 7-, 10Diacetats. Es wird weiter darauf verwiesen, daß die 13-Hydroxy-Gruppe weniger reaktionsfähig ist als die beiden anderen Sekundär-Hydroxy-Gruppen. Eine Anregung für eine Silylierung der 7-Hydroxy-Gruppe gibt die Veröffentlichung nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht.
bb) Denis u.a., J. Org. Chem. 1986, 51, 46-50 (K 4), beschreiben die effektive, enantioselektive Synthese der Taxol-Seitenkette als Schritt der Taxol -Synthese, wobei auch eine Teilsynthese von Taxol aus 10-DAB-III angesprochen wird (S. 47/48). Auch hier findet sich keine Anregung für eine Silylierung der 7-Hydroxy-Gruppe.
cc) Die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 253 738 (K 5) offenbart Taxolderivate, insbesondere Taxotere, und beschreibt die Herstellung von Taxol-Analoga aus 10-DAB-III. U.a. ist die Veresterung eines Baccatin -III-Derivats, bei dem in 7-Position die Hydroxy-Gruppe durch einen Trichlorethoxycarbonylrest (-OCOOCH CCl ) ersetzt ist und bei dem die Hy- 2 3 droxy-Gruppe in 10-Position ebenfalls durch einen solchen Rest oder durch einen Acteylrest substituiert ist, mit Zimtsäure beschrieben. Die Veresterung erfolgt dabei nach der Carbodiimid-Methode (S. 3 Z. 57 ff), wie sie auch das Streitpatent lehrt. Eine selektive Silylierung ist, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angegeben hat, auch hier nicht vorgesehen und durch die Möglichkeit gleicher Substitution der Hydroxy-Gruppen in 7- und 10Position eher fernliegend.

dd) Die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 126 587 (K 6) beschreibt die Herstellung von ß-Lactam-Verbindungen (PenemVerbindungen ), bei denen Schutzgruppen u.a. für eine Hydroxy-Gruppe, eingesetzt werden, als die die Beschreibung (S. 4 Z. 13 ff) u.a. 2,2,2Trichlorethoxycarbonyl und Trialkylsilylgruppen als bevorzugt nennt. Die Klägerin möchte damit die Austauschbarkeit dieser Schutzgruppen belegen. Hinweise auf eine selektive Silylierung finden sich auch hier nicht.
ee) Der Beitrag von Lalonde/Chan in Synthesis 1985, 817 ff (K 7) beschreibt die Verwendung von siliziumorganischen Reagenzien als Schutzgruppen bei der organischen Synthese und dabei insbesondere auch die Verwendung von Silyl-Schutzgruppen, namentlich von Trimethyl- und Triethylsilylgruppen , zum Schutz von Hydroxy-Gruppen. Dabei ist (S. 818) auch am Beispiel der Prostaglandin-Synthese die selektive Silylierung bestimmter HydroxyGruppen beschrieben. Nach den überzeugenden Angaben des gerichtlichen Sachverständigen läßt sich diesem Beispiel jedoch nicht mehr als die dem Fachmann bereits vertraute Information entnehmen, daß verschiedene Hydroxy -Gruppen bei unterschiedlicher Umgebung mit einem Reagens mit unterschiedlicher Geschwindigkeit reagieren können. Das Beispiel S. 821 übergehend linke/rechte Spalte zeigt einen dem Merkmal 1.2.2 entsprechenden Reaktionsverlauf , nämlich den Schutz einer bestimmten Hydroxy-Gruppe durch eine Triethylsilyl-Schutzgruppe, jedoch bei einer anderen Umsetzung (BirchReduktion ). Ein Hinweis auf eine Anwendung bei der Taxol-Synthese findet sich nach den überzeugenden Angaben des gerichtlichen Sachverständigen in der Veröffentlichung nicht.
ff) Die Veröffentlichung von Guéritte-Voegelein u.a. in Tetrahedon Bd. 42 (1986), 4451 ff (K 10) betrifft die Synthese von Taxon-Analoga ausgehend von 10-DAB-III und Baccatin-III; auch die Verwendung dieser Substanzen für

die Herstellung von Taxol ist angesprochen. Sie entspricht damit dem Erfindungsgedanken des Streitpatents, jedoch ohne eine Lösung aufzuzeigen, da sie nicht beschreibt, wie eine selektive Acetylierung der Hydroxy-Gruppe in 10Position erreicht werden kann, sondern bei der Erkenntnis verharrt, daß zwischen der 7- und der 10-Hydroxy-Gruppe hinsichtlich der Acylierung keine Selektivität besteht. Die Nichtigkeitsklägerin hat demgegenüber aus dieser Veröffentlichung eine höhere Reaktivität der 7-Hydroxy-Gruppe gegenüber der 10Hydroxy -Gruppe abgeleitet, was der gerichtliche Sachverständige für die Acetylierung (nicht aber für die Silylierung) unter Verneinung eines präparativ nutzbaren Unterschieds bestätigt hat.
gg) Die Veröffentlichung von Oshima u.a. in Chem. Pharm. Bull. 32 (1984), 3518 ff (K 13) berichtet für ein Vitamin-D3-Derivat von einer selektiven Silylierung, die bei einer bestimmten, äquatorial angeordneten Hydroxy-Gruppe gelingt, während eine andere Hydroxy-Gruppe nicht reagiert. Ein unmittelbarer Bezug zur selektiven Silylierung von 10-DAB-III besteht nicht. Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu in überzeugender Weise ergänzend ausgeführt, daß sich die selektive Silylierung in dieser Entgegenhaltung zwanglos aus der äquatorialen Stellung der Hydroxy-Gruppe gegenüber der axialen Stellung der nicht silylierten Hydroxy-Gruppe sowie den Einfluß einer angularen MethylGruppe erklärt, was dem Fachmann geläufig sei. Auf die Situation bei 10-DABIII ist dies, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angegeben hat, nicht übertragbar, weil es infolge der dort vorhandenen komplexen Ringstruktur keine entsprechenden, dem Fachmann bekannten Regeln gab und dieser deshalb auf das Ergebnis von Laborexperimenten angewiesen war.
hh) Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem Streitpatent nicht näher und sind für die Beurteilung der erfinderischen Leistung ohne Belang.


b) Auch aus der Zusammenschau der genannten Entgegenhaltungen läßt sich nicht feststellen, daß der Fachmann unter Berücksichtigung seiner Fachkenntnisse in naheliegender Weise zu der Erkenntnis gelangen konnte, die Hydroxyl-Gruppe in 7-Position selektiv zu silylieren.
Hierfür läßt sich schon deshalb keine hinreichende Anregung feststellen, weil der Fachmann zwar aus dem Stand der Technik Hinweise ableiten konnte, daß die Hydroxy-Gruppe in 7-Position insgesamt eine etwas größere Reaktivität aufweist als die Hydroxy-Gruppe in 10-Position, es demgegenüber aber an weitergehenden Hinweisen fehlte, daß und in welcher Weise diese höhere Reaktivität für eine Schutzgruppenbildung nutzbar gemacht werden konnte. Das Reaktionsverhalten bei der Alkylierung konnte der Fachmann dabei nicht ohne weiteres heranziehen, denn eine Alkylierung der Hydroxy-Gruppe in 7-Position mußte für ihn unerwünscht erscheinen. Allerdings vermag der Senat auf Grund der Angaben des gerichtlichen Sachverständigen nicht der Auffassung der in Schweden ergangenen Entscheidung beizutreten, daß der Fachmann die Schlußfolgerungen in der Veröffentlichung von Guéritte-Voegelein u.a. in Tetrahedon Bd. 42 (1986), 4451 (K 10) nicht weiter überprüft hätte. Wie der gerichtliche Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat, war hier trotz der in dieser Veröffentlichung enthaltenen Ä ußerung (S. 4452 unter I.), die Daten zeigten, daß zwischen den C-7- und C-10-Hydroxyl-Gruppen keine Selektivität gegenüber Acylierungsmitteln bestehe, vom Fachmann durchaus zu erwarten, die Ergebnisse dieser Untersuchung kritisch zu überprüfen und über Wege nachzudenken, wie eine selektive Acylierung in der 10-Position zu erreichen sein konnte. Es läßt sich aber nicht feststellen, daß es für den Fachmann ohne erfinderische Leistung möglich war, die im Streitpatent unter Schutz gestellten Schutzgruppen für die Hydroxy-Gruppe in der 7-Position aufzufinden. Zwar hat der gerichtliche Sachverständige angegeben, daß der Fachmann SilylGruppen als wirksame und in Gegenwart anderer Schutzgruppen selektiv wie-

der abspaltbare Schutzgruppen der Hydroxy-Gruppe kannte. Er hat jedoch betont, daß sich der für das Verfahren des Streitpatents essentielle selektive Schutz der 7-Hydroxy-Funktion in 10-DAB-III dem Stand der Technik nicht entnehmen läßt. So hat dies jedenfalls im Ergebnis auch das sachkundig besetzte Bundespatentgericht gesehen. Der gerichtliche Sachverständige hat weiter angegeben, der Fachmann hätte mit viel Fleiß die im Streitpatent unter Schutz gestellte Lösung auffinden können; dies schließt aber die nicht widerlegbare Möglichkeit ein, daß es für ihn nicht im Sinn des Art. 56 EPÜ naheliegend war, zu dieser Lösung zu gelangen. Hierfür spricht nicht zuletzt, daß es nach mehreren dokumentierten Fehlschlägen geraumer Zeit bedurfte, diese aufzufinden, obwohl ersichtlich auf diese Weise die aus der geringen Verfügbarkeit von Baccatin-III zu erwartenden Probleme erheblich gemildert werden konnten und mit einem großen Bedarf an Taxol in der Zukunft zu rechnen war. Daß, wie die Klägerin meint, dem Fachmann das Auffinden der geeigneten Schutzgruppen mit wenigen Routineversuchen möglich gewesen wäre, kann der Senat auf Grund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht feststellen.
Die Veröffentlichung von Oshima u.a. in Chem. Pharm. Bull. 32 (1984), 3518 ff (K 13) betrifft die selektive Silylierung von Vitamin-D -Derivaten. Sie

3

konnte, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angeben hat, dem Fachmann schon wegen der dort anders gelagerten Verhältnisse keinen Hinweis bieten, wie er die sich bei der Hemisynthese von Taxol stellenden Probleme anzugehen hatte.
IV. Auch der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. b EPÜ liegt nicht vor. Dem Bundespatentgericht kann in seiner rechtlichen Bewertung nicht beigetreten werden, daß die im verteidigten Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, daß ein Fachmann sie nicht ausführen könne (Art. 84

EPÜ). Auch in der in Schweden ergangenen Entscheidung ist das Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrunds verneint worden.
Das Bundespatentgericht hat seine gegenteilige Auffassung damit begründet , daß im Hinblick auf die im verteidigten Patentanspruch 1 des Streitpatents verwendete allgemeine Formulierung der Fachmann davon ausgehe, daß übliche Methoden der Veresterung zum Erfolg führten. Für den Fachmann sei aber am Anmeldetag lediglich das spezielle Verfahren des Ausführungsbeispiels in der Beschreibung des Streitpatents gangbar gewesen. Demgegenüber erscheint es bereits zweifelhaft, ob der Fachmann in Kenntnis des Stands der Technik überhaupt Anlaß zu der Annahme hatte, daß mehr oder weniger beliebige Veresterungsverfahren zum Erfolg führen konnten, nachdem in der Literatur auf sehr spezielle Verfahren hingewiesen worden war (vgl. Denis u.a., J. Org. Chem. 1986, 51, 46, 47 Fn. 20, 21 (K 4); Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 253 738) und auch die Beschreibung des Streitpatents insoweit eine sehr spezielle Verfahrensführung angibt. Auch der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend erläutert, daß der Fachmann weiß, daß keine Veresterungsmethode in allen Fällen funktioniert, und daß er sich deshalb immer Gedanken darüber machen wird, wie im Einzelfall vorzugehen ist.
Im übrigen erweist sich aber auch die rechtliche Beurteilung durch das Bundespatentgericht als nicht zutreffend.
Das Bundespatentgericht meint, daß ein Patent dann, wenn sich im Nichtigkeitsverfahren herausstelle, daß seine Lehre in einem begrenzten Umfang nicht ausführbar gewesen sei, in diesem Umfang für nichtig zu erklären sei. Dies trifft jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden nicht zu.

Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung stellt ein Syntheseverfahren unter Schutz, bei dem eine Hydroxy-Gruppe des 10DAB -III zur Erreichung einer selektiven Acylierung vorübergehend blockiert wird und bei der in einem späteren Verfahrensschritt (Merkmal 1.3) das so erhaltene Taxanderivat mit einem Phenylisoserinderivat verestert wird. Der Patentanspruch ist somit auf ein Syntheseverfahren gerichtet, bei dem eine bestimmte Umsetzung (Veresterung, d.h. die Umsetzung eines Alkohols mit einer Carbonsäure) zweier definierter Komponenten stattfindet. Die Beschreibung offenbart hierzu spezielle und näher beschriebene, für den Fachmann ausführbare Wege, diese Veresterung durchzuführen. Auch wenn dabei der Bereich des dem Fachmann auf Grund seines allgemeinen Fachwissen Geläufigen verlassen wird, werden mithin in der Patentschrift (an sich aus Spezialliteratur grundsätzlich bekannte) Wege zur Durchführung der Veresterung gewiesen. Arbeitete der Fachmann diese nach, konnte er die Veresterungsreaktion mit Erfolg durchführen. Dies genügt unter Ausführbarkeitsgesichtspunkten, denn das Europäische Patentübereinkommen fordert wie das deutsche Recht lediglich , daß ein gangbarer Weg zur Ausführung der Erfindung zu offenbaren ist (u.a. BGHZ 100, 67, 71 – Tollwutvirus; Sen.Urt. v. 9.2.1993 – X ZR 40/90, Umdruck S. 8; EPA T 292/85 ABl. EPA 1989, 275 = GRUR Int. 1990, 61, 64 Polypeptid-Expression I; EPA T 238/88 ABl. EPA 1992, 709 = GRUR Int. 1993, 482 Kronenether; vgl. zum früheren Recht Sen. Urt. v. 4.7.1989 - X ZR 95/87, GRUR 1989, 899, 900 - Sauerteig).
Selbst wenn der Fachmann, wie es das Bundespatentgericht annimmt, auf Grund der Anspruchsformulierung der irrigen Auffassung gewesen wäre, er könne auf andere, geläufige Veresterungsverfahren zurückgreifen, änderte dies nichts daran, daß ein gangbarer Weg ausreichend beschrieben und das Veresterungsproblem mit der Offenbarung im Streitpatent zu lösen ist (vgl. zum

Ausreichen der Angabe eines Lösungswegs auch Sen. Beschl. vom 16.6.1998 - X ZB 3/97, GRUR 1998, 899, 900 – Alpinski). Bei einem Patent auf ein chemisches Syntheseverfahren kann nämlich ein bestimmter Verfahrensschritt in Form einer an sich geläufigen, allgemein bezeichneten Reaktion auch dann allgemein beansprucht werden, wenn bekannte Möglichkeiten, diese Reaktion durchzuführen, versagen, in der Patentschrift aber ein ausführbarer Weg zur Durchführung der Reaktion nacharbeitbar offenbart ist. Die abweichende Auffassung der Klägerin, der sich das Bundespatentgericht angeschlossen hat, müßte in letzter Konsequenz dazu führen, daß der Schutz eines Verfahrenspatents neben dem Fachmann geläufigen Verfahrensabläufen immer nur den konkreten, im Patent offenbarten Verfahrensgang erfassen dürfte. Dies stellt jedenfalls dann, wenn ein bestimmtes Verfahren erstmals der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird, grundsätzlich keine angemessene Belohnung der erfinderischen Leistung dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Fachmann zum Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt oder bei Veröffentlichung der Patentschrift auch andere Wege zur Durchführung der Reaktion zur Verfügung standen und ob es überhaupt andere Wege gibt, diese Veresterung mit brauchbarer Ausbeute durchzuführen, wie es die Beklagte unter Vorlage eines Versuchsberichts geltend macht. Der auf eine möglicherweise mißverständliche Stelle in Benkard, PatG GebrMG 9. Aufl. § 35 Rdn. 23 gestützten Auffassung des Bundespatentgerichts vermag der Senat deshalb nicht beizutreten.
Auch die umstrittene Frage, welche Folgen ein zu breit gefaßter Patentanspruch für das Nichtigkeitsverfahren haben könnte (vgl. House of Lords R.P.C. 1997, 1 ff, auszugsweise in GRUR Int. 1998, 412, 418 Biogen v. Medeva ; Gerechtshof Den Haag BIE 1999, 394, 397), stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist mit den Fällen, in denen – etwa in den v on der Klägerin angezogenen Entscheidungen der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA T 435/91 ABl. EPA 1995, 188 ff =

GRUR Int. 1995, 591, 592 – Reinigungsmittel; EPA T 409/91 ABl. EPA 1994, 653, 659 = GRUR Int. 1994, 957, 959 f – Dieselkraftstoffe) - ein “funktionelles Merkmal” oder eine allgemein umschriebene Klasse von Ausgangsstoffen oder Endprodukten im Patentanspruch genannt war, schon deshalb nicht vergleichbar , weil der Fachmann durch die Offenbarung in der Patentschrift in die Lage versetzt wird, die Veresterung als solche durchzuführen; daß dies mit jeglicher Veresterungsmethode gelingen werde, konnte der Fachmann nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen von vornherein nicht erwarten. Im übrigen ist nach geltendem Recht eine “unangemessene Breite” der Patentansprüche kein Nichtigkeitsgrund (vgl. Brandi-Dohrn GRUR Int. 1995, 541; Roberts EIPR 1994, 371; Busse § 34 PatG Rdn. 84 a.E.).
V. 1. Der nunmehr als Patentanspruch 3 verteidigte frühere Patentanspruch 4 betrifft Ester der allgemeinen Formel

worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausgewählt unter den

2

MethoxyJ K L M%N O P*QSRTP*UVL M W%X&N K L M N O P*QZY[K1\ ]TN O W%XTN J K L M%N O P*Q ^G_ P ` a9b;J K L M N O silylethoxy)- methyl-, Tetrahydropyranyl-, 2,2,2-Trichlorethoxycarbonylresten, und R eine

3

Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausgewählt unter den Trialkylsilylresten , von denen jeder Alkylteil 1 bis 3 Kohlenstoffatome aufweist, bedeuten. Es handelt sich mithin um das Zwischenprodukt, das man nach der Veresterung

nach der Merkmalsgruppe 1, aber vor Durchführung der Verfahrensschritte der Merkmalsgruppe 2 und des Merkmals 3 erhält.
2. Der als Patentanspruch 4 verteidigte frühere Patentanspruch 5 betrifft ein Taxanderivat der allgemeinen Formel

worin R eine Schutzgruppe für die Hydroxylfunktion, ausgewählt unter den

3

Trialkylsilylresten, von denen jeder Alkylteil 1 bis 3 Kohlenstoffatome aufweist, bedeutet, mithin das Taxanderivat nach Merkmal 1.2.
3. Die fehlende Schutzfähigkeit der in den v erteidigten Patentansprüchen 3 und 4 geschützten, neuen Zwischenprodukte ergibt sich allerdings nicht schon daraus, daß diese besonderen, an den Schutz von Zwischenprodukten zu stellenden Anforderungen nicht genügten; im geltenden Recht richtet sich die Schutzfähigkeit von Zwischenprodukten nämlich grundsätzlich nach den allgemeinen, für den Stoffschutz geltenden Regeln. Die Klägerin macht jedoch mit Erfolg geltend, daß sich diese Zwischenprodukte für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben haben und es deshalb keiner erfinderischen Tätigkeit bedurfte, sie aufzufinden.
Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit entspricht, soweit sie aus 10-DAB-III hergestellt werden, den Erwägungen wie zum verteidigten Patent-

anspruch 1. Jedoch kann die Klägerin mit Recht darauf verweisen, daß eine Herstellung dieser Zwischenprodukte auch unmittelbar aus Baccatin-III möglich ist. Es war bekannt und wird auch in der Beschreibung des Streitpatents geschildert , diesen Weg zu gehen. Daß die Verfügbarkeit des Ausgangsstoffs Baccatin-III beschränkt ist, konnte den Fachmann nicht generell davon abhalten , diesen Weg weiterhin zu beschreiten. Dies gilt umso mehr, als bis zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents ein mit wirtschaftlichem Aufwand gangbarer Weg zur Teilsynthese von Taxol aus 10-DAB-III nicht bekannt war.
Wollte der Fachmann Taxol aus Baccatin-III synthetisieren, stellte sich für ihn, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angegeben hat, das Problem der Alkylierung der Hydroxy-Gruppe in der 10-Position von vornherein nicht, weil sich bei Baccatin-III der Acetylrest bereits an der richtigen Stelle, der Hydroxy-Gruppe in 10-Position, befindet. Deshalb bestand auf diesem Weg für ihn keine Notwendigkeit der selektiven Silylierung der Hydroxy-Gruppe in 7Position. Es stellte sich allerdings für den Fachmann das auf der Hand liegende Problem, zu verhindern, daß die Veresterung mit der Taxol-Seitenkette an der freien und stärker reaktiven Hydroxy-Gruppe in 7-Position statt in der gewünschten 13-Position auftrat. Für den Fachmann lag es – wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angegeben hat und wie es auch von der Beklagten nicht ernsthaft in Zweifel gezogen worden ist - auf der Hand, daß er Vorkehrungen treffen mußte, die Veresterung an der Hydroxy-Gruppe in 7Position zu verhindern und daß er diese Gruppe deshalb vorübergehend mit einer Schutzgruppe zu versehen hatte. Es lag für ihn weiter auf der Hand, daß an die Wahl dieser Schutzgruppe keine besonderen Anforderungen zu stellen waren und daß es der besonderen Maßnahme der Silylierung, wie sie das Streitpatent lehrt, an sich nicht bedurfte. Dieses Problem war zudem schon in der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 253 738 (K 5) in der Weise gelöst, daß in 7-Position die Hydroxy-Gruppe durch einen Trichlore-

thoxycarbonylrest (-OCOOCH CCl ) ersetzt wurde (Beschreibung S. 4 Z. 3-5). 2 3 Daraus folgt jedoch nicht, daß die Auswahl der – wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend angegeben hat - dem Fachmann geläufigen Schutzgruppen , wie sie die verteidigten Patentansprüche 3 und 4 lehrt, einen erfinderischen Gehalt aufwiese. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß aus dem Umstand, daß dem Fachmann auch andere und sogar näherliegende oder besseren Erfolg versprechende Lösungsalternativen zur Verfügung gestanden hätten, jedenfalls nicht ohne weiteres erfinderische Tätigkeit bei der Auswahl einer anderen, ebenfalls für sich betrachtet nicht erfinderischen Alternative abgeleitet werden kann (BGHZ 133, 57, 65 – Rauchgasklappe; Sen. Urt. v. 18.2.1997 - X ZR 25/95, bei Bausch Bd. 1 S. 445, 452 f.). Tragfähige Anhaltspunkte für eine Annahme dahin, daß diese weiteren Alternativen den Fachmann davon hätten abhalten können, die im Streitpatent gewählten Schutzgruppen in Betracht zu ziehen, sind nicht hervorgetreten.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf dem nach Art. 29 des 2.PatGÄ ndG übergangsweise weiterhin anzuwendenden § 110 Abs. 3 i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980, §§ 91, 92, 97 ZPO.
Jestaedt Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck BESCHLUSS X ZR 168/97 vom 22. Mai 2001 in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2001 durch die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck
beschlossen:
Das am 3. Mai 2001 verkündete Urteil wird wegen offenbarer Unrichtigkeit dahin berichtigt, daß in den neu gefaßten Patentansprüchen 4 und 5 jeweils das Wort "enthaltenen" durch das Wort "erhaltenen" ersetzt wird.
Jestaedt Melullis Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck
36
b) Auch dem weiteren Argument der Klägerin, die Beispiele des Streitpatents reichten nicht aus, um die Auswahlregel nach Merkmal d im gesamten Bereich als offenbart anzusehen, weil diese den Fachmann nicht allgemein lehrten, wie er die Säuren oder Säurederivate der Merkmalsgruppe a auszuwählen habe, damit sie mit entsprechenden reaktiven Füllstoffen der Merkmalsgruppe
b) zu einer ionischen Zementreaktion führen können, kann nicht gefolgt werden. Denn nach der Rechsprechung des Senats ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können. Vielmehr genügt es regelmäßig den Anforderungen des Art. 83 EPÜ, wenn - wie für den hiesigen Fall vorstehend ausgeführt - zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart worden ist (BGHZ 147, 306 (317) - Taxol; Sen.Urt. v. 1.10.2002 - X ZR 112/99, GRUR 2003, 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II). Ein dem Sachverhalt der Entscheidung "Thermoplastische Zusammensetzung" (BGH, Urt. v. 25.2.2010 - Xa ZR 100/05 Tz. 23, GRUR 2010, 414) vergleichbarer oder ähnlicher Fall ist hier nicht zu beurteilen.
21
Ob die Fassung eines Patentanspruchs, die eine Verallgemeinerung enthält, zulässig ist, richtet sich mithin im Einzelfall danach, ob damit ein Schutz begehrt wird, der über dasjenige hinausgeht, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zugrunde liegende Problem gelöst wird (EPA Technische Beschwerdekammer, Entscheidung vom 9. März 1994 - T 435/91, GRUR Int. 1995, 591 Rn. 2.2.1 - Reinigungsmittel/ UNILEVER; vom 8. Mai 1996 - T 694/92, GRUR Int. 1997, 918 Rn. 5 - Modifying plant cells/MYCOGEN; Meier-Beck, Festschrift für Ullmann, 2006, 495, 502).
28
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt die ausführbare Offenbarung eines von mehreren denkbaren Wegen zur Verwirklichung eines "generisch" beanspruchten Verfahrensschritts, wenn dieser Schritt bei wertender Betrachtung in seiner allgemeinen Bedeutung zur Problemlösung gehört. Der Patentschutz muss nur dann auf den konkret offenbarten Weg beschränkt werden, wenn eine generalisierende Formulierung im Patentanspruch den durch das Patent geschützten Bereich über die erfindungsgemäße, dem Fachmann in der Beschreibung an die Hand gegebene Lösung hinaus verallgemeinern würde. In einem solchen Fall beansprucht der Satz Geltung, dass der mögliche Patentschutz durch den Beitrag zum Stand der Technik begrenzt wird (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 - Xa ZR 100/05, BGHZ 184, 300 = GRUR 2010, 414 Rn. 23 - Thermoplastische Zusammensetzung).

(1) Ergibt die Begründung des angefochtenen Urteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Berufung zurückzuweisen.

(2) Insoweit die Berufung für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(3) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Nichtigkeitssenat erfolgen.

(4) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Der Bundesgerichtshof kann in der Sache selbst entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Er hat selbst zu entscheiden, wenn die Sache zur Endentscheidung reif ist.

39
Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 60-62 - Polymerschaum I). Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.